4a O 111/01 – Papiermachergewebe II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 76

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. April 2002, Az. 4a O 111/01

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 32.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin (vgl. Anlagen K 3c und 3d) des mit Wirkung unter anderem für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 532 510 (Anlage K 2a; nachfolgend: Klagepatent), das auf einer am 15. März 1991 getätigten Anmeldung beruht und Unionsprioritäten vom 6. Juni 1990, 15. August 1990 und vom 14. Februar 1991 in Anspruch nimmt. Die Anmeldung wurde am 24. März 1993 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 9. November 1994 veröffentlicht. Die Veröffentlichung der deutschen Übersetzung unter DE 691 05 130 (Anlage K 2b) erfolgte am 23. März 1995.

Gegen den deutschen Teil des Klagepatents hat die Beklagte beim Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage erhoben, über die bislang nicht entschieden worden ist.

Das Klagepatent, das in Kraft steht, betrifft ein Papiermachergewebe mit flachen Maschinenrichtungsfaden. Der hier interessierende Patentanspruch 1 des Klagepatents hat in der deutschen Übersetzung (Anlage K 2b) folgenden Wortlaut:

„Industrielles Gewebe mit einem System von CMD- (Schuss-) Fäden und einem System von flachen, einfädigen MD- (Kett-) Fäden, die mit den CMD-Fäden in einem sich in ausgewählter Weise wiederholenden Muster verwoben sind, dadurch gekennzeichnet, dass die MD-Fäden aus paarweise vertikal ausgerichteten, oberen und unteren Fäden bestehen und dass die tatsächliche Kettfüllung wenigstens der oberen MD-Fäden im Bereich zwischen 80 und 125% liegt.“

Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift und zeigen ein Ausführungsbeispiel der Erfindung. Figur 1 zeigt eine schematische Ansicht einer Ausführungsform, Figur 2 zeigt eine Querschnittansicht des Gewebes nach Figur 1 längs der Schnittlinie 2-2 und Figur 3a zeigt eine Schnittansicht des Gewebes nach Figur 1 längs der Schnittlinie 3-3.

Die Beklagte bietet an und vertreibt unter der Bezeichnung „T3xxxxx“ ein industrielles Gewebe für Papiermaschinen. Die nähere Ausgestaltung dieses Gewebes, von dem die Klägerin ein Muster als Anlage K 4a zur Gerichtsakte gereicht hat, ergibt sich aus dem von der Klägerin als Anlage K 4b vorgelegten Prospekt der Beklagten sowie aus den nachstehend wiedergegebenen schematischen Zeichnungen, die die Beklagte als Anlage B 4 eingereicht hat, und die das angegriffene Gewebe zunächst in seinen einzelnen Bestandteilen nach Art einer Explosionszeichnung, sodann im Zustand einer gelockerten Verbindung der Gewebebestandteile und schließlich in einem festgezogenen Zustand zeigt. Die Zeichnungen wurden von der Beklagten jeweils mit Bezugsziffern gemäß dem Klagepatent versehen.

Die Klägerin sieht hierin eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents.

Die Klägerin hat zunächst als zusätzliche Anträge angekündigt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, Papiermaschinengewebe mit einem Einzellagenssystem von CMD-Fäden und einem System von flachen, monofilament-MD-Fäden, die mit den CMD-Fäden in einem sich wiederholenden, ausgewählten Muster verwoben sind, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen die MD-Fäden vertikal zueinander ausgerichtet, paarweise geschichtete, obere und untere Fäden haben und bei denen die tatsächliche Kettfüllung wenigstens der oberen MD-Fäden im Bereich zwischen 80 und 125% liegt, insbesondere wenn die oberen MD-Fäden mit Schleifen (Flottierungen) über eine ausgewählte Anzahl der CMD-Fäden so verwoben sind, dass die obere Fläche des Gewebes durch die Schleifen (Flottierungen) der oberen MD-Fäden beherrscht wird, und/oder die unteren MD-Fäden mit den CMD-Fäden in einem umgekehrten Bild der Wiederholung der oberen MD-Fäden verwoben sind, wobei an der Unterseite des Gewebes ebenfalls die Schleifen (Flottierungen) der MD-Fäden vorherrschen, und/oder die tatsächliche Kettfüllung der unteren MD-Fäden ebenfalls im Bereich zwischen 80 und 125% liegt, und/oder das Gewebe im Wesentlichen aus Monofilament-Fäden besteht, sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie – die Klägerin – für die Handlungen, deren Unterlassung sie – die Klägerin – begehrt und die die Beklagte in der Zeit vom 24. April 1993 bis zum 23. April 1995 begangen hat, eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

Die Klägerin beantragt weiterhin,

I.

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

industrielle Gewebe, welche ein System von CMD- (Schuss-) Fäden und ein System von flachen, einfädigen MD- (Kett-) Fäden umfasst, bei dem die MD-Fäden mit den besagten CMD-Fäden in einem sich in ausgewählter Weise wiederholenden Muster verwebt sind

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die besagten MD-Fäden aus paarweise vertikal ausgerichteten, oberen und unteren Fäden bestehen und bei denen die tatsächliche Kettfüllung wenigstens der besagten oberen MD-Fäden im Bereich zwischen 80 und 125% liegt,

insbesondere wenn

die besagten oberen MD-Fäden in Schleifen (Flottierungen) über eine ausgewählte Anzahl der besagten CMD-Fäden so verwoben sind, dass die obere Fläche des Gewebes durch die Schleifen (Flottierungen) der besagten oberen MD-Fäden beherrscht wird;

und/oder

die besagten unteren MD-Fäden mit den besagten CMD-Fäden in einem umgekehrten Bild der Wiederholung der besagten oberen MD-Fäden verwoben sind, wobei die Unterseite des Gewebes ebenfalls durch die Schleifen/Flottierungen der besagten MD-Fäden beherrscht wird;

und/oder

die tatsächliche Kettfüllung der besagten unteren MD-Garne ebenfalls im Bereich zwischen 80% und 125% liegt;

und/oder

das besagte Gewebe im Wesentlichen aus Monofilament-Fäden besteht;

und/oder

das besagte System von CMD-Fäden wenigstens obere und untere Lagen von CMD-Fäden umfasst;

und/oder

die besagten MD-Fäden mit Flottierungen über eine ausgewählte Zahl der besagten oberen Lage von CMD-Fäden verwebt sind, so dass die obere Oberfläche des Gewebes von Flottierungen der besagten oberen MD-Fäden beherrscht wird;

2.

ihr, der Klägerin, unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 24. April 1995 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

II.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 24. April 1995 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte bestreitet den Verletzungsvorwurf und macht geltend, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Im Übrigen erhebt sie die Einrede der Verjährung.

Jedenfalls werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen.

Wegen des weiteren Sachvortrags beider Parteien wird auf die wechselseitig zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht zu, weil die Beklagte mit der angegriffenen Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Papiermachergewebe mit flachen Längsfäden.

Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, bestehen Papierherstellungsmaschinen üblicherweise aus drei Abschnitten, nämlich aus dem Papierbildungsabschnitt, dem Pressabschnitt und dem Trocknungsabschnitt. Papiermaschinengewebe wird verwendet, um während des Herstellungsvorgangs eines Papiers die kontinuierliche Papierbahn durch die Papiermaschine hindurch zu transportieren. Die Anforderungen und die erwünschten Eigenschaften von Papiermaschinengeweben differieren entsprechend dem jeweiligen Abschnitt der Maschine, in dem die betreffenden Gewebe eingesetzt werden sollen.

Die Klagepatentschrift führt weiter aus, dass im Stand der Technik zahlreiche Webarten bekannt seien, mit denen unterschiedliche Ergebnisse erzielt würden. Beispielhaft nennt die Klagepatentschrift die US-A-4 438 788 (Anlage K 5), aus der ein Trocknungsgewebe mit drei Lagen von Schussfäden (CMD-Fäden) bekannt ist, die mit einem System von flachen, monofilen Kettfäden (MD-Fäden) derart verwebt sind, dass sowohl auf der Oberseite als auch auf der Unterseite des Gewebes Schleifen gebildet werden. Diese Schleifen bedingen eine glatte Oberfläche im Gewebe.

Die Klagepatentschrift hebt hervor, dass bei der Herstellung von Papiermaschinengewebe die Permeabilität eine wichtige Rolle spiele. Insbesondere bei Geweben, die für hohe Durchlaufgeschwindigkeiten in modernen Trocknungsanlagen ausgelegt seien, sei es wünschenswert, Trocknergewebe mit einer relativ niedrigen Permeabilität zu verwenden. Die Klagepatentschrift geht in diesem Zusammenhang zunächst auf die US-A-4 290 209 ein, aus der – nach den Angaben der Klagepatentschrift – die Verwendung flacher, monofiler Kettfäden bekannt sei, die nahe aneinander verwoben seien, um ein Gewebe mit verminderter Permeabilität zu erzielen. Zur weiteren Verringerung der Permeabilität würden in der Druckschrift weitere Vorkehrungen empfohlen, wie z.B. der Einsatz von Füllfäden, wobei die Verwendung flockiger, sperriger Füllfäden zu vermeiden sei, weil sie das Gewebe dafür empfänglich machen würden, fremde Substanzen aufzunehmen oder Wasser zurückzuhalten. Der in dieser Druckschrift genannte höchste, praktische Füllfaktor, d.h. das Verhältnis der Querschnittsbreite zur Höhe des einzelnen Kettfadens betrage 3:2 und liege vorzugsweise unter 2:1.

Des Weiteren geht die Klagepatentschrift auf die US-A-4 621 663 ein, die nach den Ausführungen der Klagepatentschrift ein gewebtes Grundgewebe beschreibe, welches die Oberfläche eines Trocknungsgewebes mit Fäden mit einem hohem Füllfaktor abstütze. Das Grundgewebe bestehe aus üblichen, runden Fäden und biete dem Gewebe eine strukturelle Abstützung und Stabilität. Die Fäden besäßen einen Füllfaktor in der Größenordnung von 5:1 und höher.

Aus der US-A-4 815 499, auf die die Klagepatentschrift schließlich eingeht, sei die Verwendung flacher Fäden im Zusammenhang mit einem Papierbildungsgewebe bekannt. Diese Druckschrift offenbare ein zusammengesetztes Gewebe, das aus einem oberen und einem unteren Gewebe bestehe, die mit Hilfe von Bindefäden miteinander verknüpft seien. Der Füllfaktor der flachen Kettfäden im oberen und unteren Gewebe liege unterhalb von 3:1.

Ferner legt die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung dar, dass Papiermaschinengewebe im Betrieb als endlose Bänder ausgebildet seien. Es bestünden zwar Webtechniken, mit denen die Gewebe von Anfang an endlos hergestellt werden könnten, es gebe aber praktische Begrenzungen bei der Gesamtgröße von endlos gewebten Geweben und es könnten Einbauschwierigkeiten auftreten, selbst wenn die Papiermaschineneinrichtung so ausgebildet sei, dass endloses Gewebe in sie eingebaut werden kann. Daher würden üblicherweise flache, gewebte Gewebe verwendet, die entgegengesetzte Enden aufweisen, die während des Einbaus des Gewebes in die Papiermaschine miteinander verbunden würden. Dafür werde ein Ende durch den schlangenlinienförmigen Pfad der Papiermaschineneinrichtung eingefädelt und dann mit seinem entgegengesetzten Ende verbunden. Im Stand der Technik seien hierfür verschiedene Verbindungstechniken bekannt. Die Klagepatentschrift führt aus, dass ein herkömmliches Verfahren zum Verbinden darin bestehe, die Kettfäden an jedem Ende des Gewebes zu einer Reihe von Schleifen auszubilden. Die Schleifen an den jeweiligen Gewebeenden würden dann während des Einbaus des Gewebes ineinander verzahnt, so dass sie einen Kanal bilden würden, durch den ein Stift geschoben werde, der so die Enden miteinander verriegele. Entsprechende Verfahren zur Herstellung einer jeweils unterschiedlichen Stift-Nahtverbindung seien aus der US-A-4 026 331, US-A-4 438 789, US-A-4 469 142, US-A-4 846 231, US-A-4 824 525 und der US-A-4 883 096 bekannt. Die Klagepatentschrift kritisiert hieran, dass bei diesen bekannten Verfahren die Kettfäden über das Ende des Gewebes vorstehen und nahe zu sich selbst in das Gewebe zurück gewebt würden. Die Schleifen hätten demzufolge einen Verwindungs- oder Verbiegungsfaktor und würden nicht vollständig rechtwinklig zur Ebene des Gewebes verlaufen. Es sei aber wünschenswert, dass die Kettfäden keine Verwirkung und/oder Verbiegung besäßen.

Hiervon ausgehend liegt der Erfindung nach dem Klagepatent das technische Problem („die Aufgabe“) zugrunde, ein Papiermaschinengewebe bereit zu stellen, bei dem die Permeabilität des Gewebes mit gewebten, flachen Kettfäden gesteuert und auch ohne sperrige Füllfäden vermindert werden kann bei einer hohen Stabilität des Gewebes, und das zudem eine gute Verbindungsmöglichkeit der entgegengesetzten Enden eines Gewebes bietet.

Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

Industrielles Gewebe

1.

mit einem System von CMD- (Schuss-) Fäden und einem System von flachen, einfädigen MD- (Kett-) Fäden;

2.

die MD-Fäden sind mit den CMD-Fäden in einem sich in ausgewählter Weise wiederholenden Muster verwoben;

3.

die MD-Fäden bestehen aus paarweise vertikal ausgerichteten, oberen und unteren Fäden, und

4.

die tatsächliche Kettfüllung wenigstens der oberen MD-Fäden liegt im Bereich zwischen 80 und 125%.

Wie die Klagepatentschrift weiter ausführt, verleihe das erfindungsgemäße eng verwobene Kettfädensystem aus flachen, monofilen Fäden dem Gewebe Stabilität und ermögliche die Verwendung von Kettfäden mit einem Querschnittsverhältnis über den bislang üblichen 3:1 im Bereich zwischen 2:1 und 6:1. Durch die enge Verwebung der Kettfäden bleibe ihre jeweilige Ausrichtung parallel zur Maschinenrichtung aufrechterhalten und die Durchlässigkeit des Gewebes werde vermindert. Denn die Ansammlung der oberen MD-Fäden drücke die unteren MD-Fäden in ihrer gestapelten Lage unterhalb der jeweiligen oberen MD-Fäden. Dies gelte in gleicher Weise für die unteren MD-Fäden in Bezug auf die oberen MD-Fäden. Da alle MD-Fäden bevorzugt eine einheitliche Größe hätten und jeweils in Bezug aufeinander eng verwoben würden, könne eine Kettfüllung der MD-Fäden von 200% erreicht werden. Die Webart mit gestapelten MD-Fäden ermögliche die Ausbildung von senkrecht stehenden Nahtschleifen innerhalb von MD-Fäden, die im Rahmen der Verbindung der entgegengesetzten Enden verwandt werden könnten.

Die Erfindung lässt sich anhand der Figuren 1, 2 und 3a näher erläutern. Bei diesem Ausführungsbeispiel weist das Gewebe eine obere, eine mittlere und eine untere Schicht von quer zur Maschinenrichtung verlaufenden Schussfäden (CMD-Fäden; 11, 12, 13; Bezugsziffern gemäß Klagepatent Anlage K 2b) auf, die mit einem System von Kettfäden (MD-Fäden, 14, 15, 16, 17, 18, 19) in einem ausgewählten Wiederholungsmuster verwoben sind. Die oberen MD-Fäden (14, 16, 18) bilden auf der Oberseite des Gewebes durch Verweben über die beiden oberen Schichten von CMD-Fäden (11, 12) Schleifen an der Oberseite des Gewebes, indem sie in das Gewebe hinein gerichtet werden und in einer inneren Umlenkung bzw. einem inneren Gelenk unter einem CMD-Faden der mittleren Schicht (12) bzw. unter einem CMD-Faden der oberen Schicht (11) entlanglaufen und danach wieder zur Oberfläche des Gewebes ansteigen. Die Verschleifungen der oberen MD-Fäden (14, 16, 18) über die obere Schicht von CMD-Fäden (11) sind so versetzt, dass alle CMD-Fäden der oberen und mittleren Schicht (11, 12) in die Verwebung einbezogen sind. Diese Fadenführung der oberen MD-Fäden (14, 16, 18) wird in einem ausgewählten Muster wiederholt. Die unteren MD-Fäden (15, 17, 19) bilden ebenfalls durch Verweben unter die beiden unteren Schichten von CMD-Fäden (12, 13) Schleifen, indem sie zunächst in das Gewebe hinein gerichtet werden, dort um ein inneres Gelenk über einen CMD-Faden der mittleren Schicht (12) und dann unter einem CMD-Faden der unteren Schicht (13) entlang laufen, um anschließend wieder zum mittleren CMD-Faden (12) geführt zu werden. Dadurch bilden sich Paare übereinander liegender MD-Fäden (14/15, 16/17, 18/19), wie sich insbesondere aus den Figuren 2 und 3a entnehmen lässt. In Bezug auf jedes Paar aufeinander liegender Fäden ist das innere Gelenk, das durch einen MD-Faden um einen CMD-Faden der mittleren Schicht (12) herum gebildet wird, durch die Schleife des anderen MD-Fadens um einen oberen bzw. unteren CMD-Fadens (11, 13) verdeckt.

II.

Mit der angegriffenen Ausführungsform macht die Beklagte von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht jedenfalls nicht das Merkmal 3 der vorangestellten Merkmalsgliederung.

Das Merkmal 3 besagt, dass in dem sich wiederholenden Muster die MD-Fäden aus paarweise vertikal ausgerichteten, oberen und unteren Fäden bestehen.

Damit gibt das Merkmal eine konkrete räumliche Anordnung der MD-Fäden zueinander vor. Wie die Klagepatentschrift ausführt, sollen wenigstens die oberen Kettfäden flache, monofile Fäden sein, die dicht beieinander gewebt sind, um die Durchlässigkeit des Gewebes zu vermindern und um die in Maschinenrichtung weisende Ausrichtung der aufeinanderliegenden Paare von Kettfäden festzulegen. Das gestapelte, eng verwobene Kettfädensystem – so die Klagepatentschriftschrift weiter – verleiht dem Gewebe Stabilität und ermöglicht die Verwendung von Kettfäden mit einem relativ hohen Maßverhältnis (sog. Füllfaktor, d.h. Verhältnis von Querschnittsbreite zur Höhe des Fadens) von größer als 3:1. Das Maßverhältnis liegt vorzugsweise im Bereich zwischen 2:1 und 6:1 (Anlage K 2b, Seite 5, 3. Absatz). Damit grenzt sich das Klagepatent von dem Stand der Technik gemäß der US-A-4 815 499 ab, bei dem nach den Angaben der Klagepatentschrift das Maßverhältnis unterhalb von 3:1 liegt (Anlage K 2b, Seite 3, 1. vollständiger Absatz). Die Verwendung von Fäden mit einem erhöhten Querschnittsverhältnis ermöglicht die Steuerung der Permeabilität des Gewebes (Anlage K 2b, Seite 12, 3. Absatz am Ende). Der Fachmann erkennt, dass ein hohes Querschnittsverhältnis der MD-Fäden eine verminderte Durchlässsigkeit des Gewebes bedingt, weil zum einen die größere Breite dieser Fäden weniger Lücken bezogen auf die Breite des Gewebes bedingt, durch die Flüssigkeit strömen kann, und zum anderen die relativ geringe Dicke der MD-Fäden es diesen ermöglicht, die CMD-Fäden wirkungsvoller zu umfassen, so dass Lücken zwischen beiden Fadenarten vermindert werden. Da der Querschnittsbereich der MD-Fäden über die Breite des Gewebes unabhängig von deren Dicke derselbe bleibt, bleibt die Festigkeit des Gewebes in Maschinenrichtung im Wesentlichen unverändert (vgl. Anlage K 2b, Seite 13, 1. und 3. Absatz).

Der Fachmann erkennt, dass aufgrund dieser Anordnung der MD-Fäden der Einsatz von Füllfäden, wie er nach den Ausführungen in der Klagepatentschrift im Stand der Technik z.B. in der US-A-4 290 209 beschrieben ist, entbehrlich ist. Die Klagepatentschrift führt insoweit aus, dass selbst bei Verwendung flacher, monofiler Kettfäden, die nahe aneinander verwoben sind, um ein Gebilde mit verminderter Permeabilität zu bilden, zusätzliche Auffüllfäden zur weiteren Verminderung der Permeabilität des Gewebes benötigt werden (vgl. Anlage K 2b, Seite 2, zweiter vollständiger Absatz). Die erfindungsgemäße Anordnung der MD-Fäden ermöglicht hingegen, die Permeabilität des Gewebes allein mittels der vorgesehenen MD-Fäden zu steuern. Wie bereits ausgeführt, kann durch Verwendung von MD-Fäden mit einem hohen Querschnittsverhältnis die Durchlässsigkeit des Gewebes vermindert werden, weil aufgrund der größeren Breite der Fäden weniger Lücken bezogen auf die Breite des Gewebes entstehen, durch die Flüssigkeit strömen kann, und flache MD-Fäden mit einer relativ geringen Höhe können die CMD-Fäden enger umfassen und so weitere Lücken zwischen beiden Fadenarten vermeiden. Auf diese Weise wird durch die Wahl des Querschnittsverhältnisses der MD-Fäden die Permeabilität des Gewebes steuerbar. Das Vorsehen von Füllfäden, die bei Verwendung anderer MD-Fäden ohne diese Eigenschaften vorzusehen sind, um vorhandene Lücken im Gewebe zu schließen, wird dadurch entbehrlich.

Den weiteren Ausführungen der Klagepatentschrift im Rahmen der Beschreibung von Ausführungsbeispielen kann der Fachmann entnehmen, dass das in Bezug aufeinander enge Verweben der oberen MD-Fäden die unteren MD-Fäden in ihrer Lage und Ausrichtung parallel zur Maschinenrichtung festhält (vgl. Anlage K 2b, Seite 11, letzter Absatz, und Seite 12, zweiter Absatz). Die Ansammlung der oberen MD-Fäden dient dazu, die unteren MD-Fäden unterhalb der jeweiligen oberen MD-Fäden zu drücken (Anlage K 2b, Seite 12, erster Absatz). Dazu verlaufen die unteren MD-Fäden jeweils direkt unter den oberen MD-Fäden in vertikal gestapelter Beziehung (Anlage K 2b, Seite 10, letzter Absatz). Es bilden sich MD-Fadenpaare (14/15, 16/17, 18/19), die in ihrer Lage doppelt festgelegt sind und auf diese Weise die Stabilität des Gewebes verbessern (vgl. Anlage K 2b, Seite 12, zweiter Absatz). Der Fachmann erkennt, dass bei dieser Anordnung die einzelnen MD-Fäden des Gewebes so ausgerichtet sind, dass sie in ihrer Lage fixiert werden. Der jeweilige oben liegende MD-Faden eines jeden Fadenpaares hält den unmittelbar unter ihm liegenden MD-Faden fest in seiner Position. Durch diese Stapelung der MD-Fäden erhält das Gewebe die vom Klagepatent erstrebte Stabilität.

Vor diesem Hintergrund versteht der Fachmann unter paarweise vertikal ausgerichteten, oberen und unteren Fäden Fadenpaare, die paarweise, in einem direkten Kontakt miteinander stehend, gestapelt im Gewebe liegen.

Dieses Verständnis wird durch die Ausführungsbeispiele in der Klagepatentschrift bestätigt, die dem Fachmann erfindungsgemäße Gewebe zeigen, bei denen die MD-Fäden paarweise direkt vertikal gestapelt über bzw. unter einem der CMD-Fäden liegen. So zeigen die Figuren 1 und 3a ein Gewebe, bei dem die die unteren MD-Fäden (15, 17, 19) jeweils direkt unter den oberen MD-Fäden (14, 16, 18) in vertikal gestapelter Beziehung bezüglich des CMD-Fadens 12 geführt werden. Die Figuren 5 und 7 zeigen eine entsprechende Anordnung der oberen und unteren MD-Fäden (22/ 23; 24/ 25), wobei die Fadenpaare hinsichtlich des CMD-Fadens 21a ausgerichtet sind. Auch die Figuren 15 und 16 der Klagepatentschrift zeigen entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2002 geäußerten Ansicht keine andere Anordnung der MD-Fäden. Beide Figuren zeigen nach den Darlegungen der Klagepatentschrift zu diesen Ausführungsbeispiele ein gestapeltes Paar von MD-Fäden (vgl. Anlage K 2b, Seite 26, erster vollständiger Absatz). Figur 15 der Klagepatentschrift zeigt ein erfindungsgemäßes Gewebe, bei dem die durch die MD-Fäden gebildeten Schleifen auf den gegenüberliegenden Seiten des Gewebes eine unterschiedliche Länge bilden. Figur 16 der Klagepatentschrift zeigt ein erfindungsgemäßes Gewebe, bei dem durch den gezeigten Verlauf der MD-Fäden auf einer Seite des Gewebes MD-Gelenke entstehen. Durch die Abwandlung der gestapelten MD-Fadenpaare entstehen Gewebe mit einem auf der oberen und unteren Seite unterschiedlichen Flächenmuster (vgl. Anlage K 2b, Seite 26, letzter Absatz). Entgegen der Ansicht der Klägerin liegen auch hier die MD-Fadenpaare in einer vertikalen, direkt aufeinanderliegenden Anordnung vor. Bei der Figur 15 sind der obere und untere MD-Faden (64/ 65) paarweise vertikal und unmittelbar aufeinanderliegend ausgerichtet hinsichtlich des CMD-Fadens 62. Bei der Figur 16 sind der obere und untere MD-Faden (74/ 75) paarweise vertikal und unmittelbar aufeinanderliegend ausgerichtet hinsichtlich des CMD-Fadens 72.

Diese parallel gestapelte Anordnung der MD-Fäden gilt für beide Seiten des Gewebes. Der Beschreibung in der Klagepatentschrift entnimmt der Fachmann, dass die unteren Kettfäden in einem umgekehrten Bild der oberen Kettfäden gewebt sind, bei denen ein jeder oberer Ketttfaden mit einem unteren Kettfaden in vertikal gestapelter Ausrichtung angeordnet ist (Anlage K 2b, Seite 5, erster vollständiger Absatz). Zwar schließt die Klagepatentschrift in diesem Zusammenhang nicht aus, die unteren Kettfäden in einem anderen Wiederholungsmuster zu weben, damit an der Unterseite des Gewebes eine unterschiedliche Oberfläche ausgebildet wird. Der Fachmann erkennt aber, dass damit nicht auf die vertikal gestapelte Ausrichtung der MD-Fadenpaare auf der Unterseite des Gewebes verzichtet wird. Denn die weiteren Darlegungen der Klagepatentschrift, die bereits angeführt wurden, differenzieren bei der Beschreibung der vertikal ausgerichteten MD-Fadenpaare nicht zwischen der Ober- und Unterseite des Gewebes. Auch die soeben dargestellten Figuren 15 und 16 der Klagepatentschrift zeigen einen Fadenverlauf, bei dem an der Ober- und Unterseite des Gewebes ein jeweils unterschiedliches Erscheinungsbild erzeugt wird, ohne dass die erfindungsgemäße Anordnung der MD-Fadenpaare bezüglich der Unterseite des Gewebes aufgegeben wird.

Bei der angegriffenen Ausführungsform besteht eine derartige paarweise vertikale Ausrichtung der MD-Fäden nur auf der Oberseite des Gewebes. Die MD-Fäden 22, 23 (Bezugsziffern gemäß Anlage B 4) sowie die MD-Fäden 24, 25 sind an der Oberseite des Gewebes jeweils paarweise um den CMD-Faden 21a vertikal gestapelt ausgerichtet. Auf der Unterseite des Gewebes findet keine paarweise vertikale Ausrichtung der MD-Fäden statt, weil lediglich die MD-Fäden 23, 25 des Untergewebes in das Obergewebe hinein geführt werden, wohingegen die MD-Fäden 22, 24 des Obergewebes nicht in das Untergewebe führen. Die Lage des CMD-Fadens F im Untergewebe verhindert auf der Gewebeunterseite ein direktes Aufliegen der MD-Fadenpaare 22/ 23 einerseits und 24/ 25 andererseits.

Soweit der bei Gericht am 2. April 2002 eingegangene, nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin neuen Tatsachenvortrag enthält, blieb dieser gemäß § 296a ZPO unberücksichtigt. Er gab auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt

bis zum 21. März 2002: 1.278.229,70 € (2.500.000,00 DM)

ab dem 22. März 2002: 1.000.000,00 €.

Dr. G1xxxxxxx Dr. B2xxx M2xx