4a O 125/01 – Monoklaner Maus-Antikörper

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 79

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. Mai 2002, Az. 4a O 125/01

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 220.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung unter anderem für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 153 114 (Anlage K 1; nachfolgend: Klagepatent), das auf einer am 8. Februar 1985 getätigten Anmeldung beruht und Prioritäten vom 8. Februar 1984 und vom 11. Januar 1985 in Anspruch nimmt. Die Anmeldung wurde am 28. August 1985 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 19. Juli 1989 veröffentlicht.

Die Beklagte hat gegen den deutschen Teil des Klagepatents beim Bundespatentgericht mit Schriftsatz vom 27. März 2002 (Anlage B 14) Nichtigkeitsklage erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist.

Das Klagepatent, das in Kraft steht, betrifft monoklonale Antikörper gegen menschlichen Brustkrebs, ihre Produktion und Verwendung, Hybridome zu ihrer Herstellung und Herstellung dieser Hybridome. Die hier interessierenden Patentansprüche 1 und 3 des in englischer Verfahrenssprache abgefassten Klagepatents haben in deutscher Übersetzung (Anlage K 1a) folgenden Wortlaut:

Patentanspruch 1:

„Monoklonaler Maus-Antikörper, der

(a) ein menschliches Brustkrebs-Antigen bindet, das von einem Vergleichsantikörper ebenfalls gebunden wird, der von einem der unter ATCC HBB8488, HBB8490, HBB8486, HBB8484, HBB8697, HBB8485, HBB8696 und HBB8662 erhältlichen Hybridome gebildet wird;

(b) einen G- oder M-Isotyp aufweist; und

(c) nach Konjugation mit der Ricin A-Kette zumindest gegen eine der Zellen MCF-7, CAmA-1, SKBR-3 oder BT-20 einen TCID 50%-Wert von weniger als 10 nM aufweist.“

Patentanspruch 3:

„Monoklonaler Antikörper nach Anspruch 1, der durch eines der nachstehenden Hybridome (a) HBB8488, (b) HBB8490, (c) HBB8486, (d) HBB8697, (e) HBB8484, (f) HBB8485, (g) HBB8696 und (h) HBB8662 gebildet wird, oder ein monoklonaler Antikörper, der mit einem der vorstehend genannten Antikörper funktionell äquivalent ist.“

Die Beklagte bietet an und vertreibt unter der Bezeichnung „H5xxxxxxx“ ein Medikament zur Behandlung von Brustkrebs beim Menschen. Die nähere Zusammensetzung und die Wirkungsweise dieses Medikaments ergibt sich aus dem von der Klägerin als Anlage K 3 vorgelegten Prospekt der Beklagten sowie der von der Beklagten als Anlage B 8 (deutsche Übersetzung Anlage B 8a) eingereichten Produktinformation.

Die Klägerin sieht hierin eine wortsinngemäße, jedenfalls aber äquivalente Verletzung des Patentanspruchs 1 des Klagepatents. Hilfsweise macht sie geltend, verwirkliche das angegriffene Medikament der Beklagten den Patentanspruch 3, 2. Alternative des Klagepatents.

Nachdem die Klägerin ursprünglich den Unterlassungsantrag dahingehend gestellt hat, die Beklagte bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 0 153 114 monoklonale Maus-Antikörper anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, die ein menschliches Brustkrebs-Antigen binden, das auch von einem Vergleichsantikörper gebunden wird, welcher von einem der Hybidrome erzeugt wird, die von ATCC unter den Zugriffsnummern HBB8488, HBB8490, HBB8486, HBB8484, HBB8697, HBB8485, HBB8696 und HBB8662 erhältlich sind, einen G- oder M-Isotyp aufweisen und einen TCID 50%-Wert auf eine der folgenden Zellen MCF-7, CAmA-1, SKBR-3 oder BT-20 in einer Konzentration von weniger als etwa 10 nM nach Konjugation an die Ricin A-Kette aufweisen, beantragt sie nunmehr,

I.

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 0 153 114

rekombinante humanisierte monoklonale murine Antikörper

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

die

(1) ein menschliches Brustkrebs-Antigen binden, das auch von einem Vergleichsantikörper gebunden wird, welcher von dem Hybridrom gebildet wird, das von ATCC unter den Zugriffsnummer HBB8696 erhältlich ist,

(2) einen G-Isotyp aufweisen und,

(3) wenn mit der Ricin A-Kette konjugiert, einen TCID 50%-Wert von weniger als ungefähr 10 nM mindestens gegen eine der Zellen MCF-7, CAmA-1, SKBR-3 oder BT-20 aufweisen,

hilfsweise,

wenn die monoklonalen Antikörper außerdem mit einem Antikörper, der durch das Hybridom HBB8696 gebildet wird, funktionell äquivalent sind, nämlich zusätzlich zu den zuvor unter (1) bis (3) aufgeführten Eigenschaften auch noch die Eigenschaften haben,

(4) den von dem Hybridom HB8696 gebildeten monoklonalen Antikörper zu kreuzblockieren,

(5) selektiv an menschliche Brustkrebszellen zu binden und

(6) an das gleiche Antigen zu binden, wie durch Immunpräzipation oder einen aus mehreren Schichten bestehenden Immuntest bestimmt wird;

2.

der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 22. Mai 1998 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Menge der die Antikörper gemäß Ziffer 1 enthaltenden Arzneimittel, aufgeschlüsselt nach Produktbezeichnung, Darreichungsform und Packungsgröße,

c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

II.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 22. Mai 1998 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von ihr gegen den deutschen Teil des europäischen Patents 153 114 erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagte bestreitet den Verletzungsvorwurf und macht geltend, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche weder wortsinngemäß noch äquivalent die Merkmale der Patentansprüche 1 und 3, 2. Alternative.

Jedenfalls werde sich das Klagepatent im anhängigen Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen.

Wegen des weiteren Vortrags beider Parteien wird auf die wechselseitig zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist sowohl nach ihrem Hauptantrag als auch nach ihrem Hilfsantrag unbegründet. Der Klägerin stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Auskunftserteilung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht zu, weil die Beklagte mit der angegriffenen Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht.

I.

Das Klagepatent betrifft monoklonale Antikörper gegen menschlichen Brustkrebs; diese Antikörper produzierende Hybridome, aus diesen Antikörpern hergestellte Immunochemikalien und diagnostische und therapeutische Verfahren, in denen diese Immunochemikalien verwendet werden.

Antikörper sind Serumproteine, die als Bestandteil des Immunsystems aller höheren Organismen, unter anderem bei Wirbeltieren Fremdkörper, d.h. Antigene (z.B. Viren, Bakterien) erkennen und binden können. Das Immunsystem hat primär die Aufgabe, den Organismus vor eindringenden körper-fremden Antigenen zu schützen. Jeder Antikörper hat eine hohe Bindungsspezifität für jeweils ein Antigen. Antikörper werden von B-Lymphozyten bzw. Plasmazellen synthetisiert, wobei jeder B-Lymphozyt nur Antikörper einer einzigen Spezifität produziert. Ein Antikörper besteht aus zwei identischen schweren (H-) Ketten und zwei identischen leichten (L-) Ketten. Die schweren Ketten sind länger, d.h. sie weisen mehr Aminosäuren auf als die leichten Ketten. Jede dieser Polypeptidketten weist variable (V) und konstante (C) Bereiche (Domänen) auf. Anhand der konstanten Bereiche lassen sich die Antikörper verschiedenen Klassen (Isotypen) zuordnen. Die Gesamtheit aller Antikörper wird als Immunglobuline bezeichnet. Bei den Immunglobulinen des Menschen werden die Klassen IgA (A), IgG (G), IgM (M), IgD (D) und IgE (E) unterschieden. Die variablen Bereiche der Polypeptidketten bilden die Antigen-Bindungsregion (CDR). Diese Antigen-Bindungsregion ist Ausdruck der jeweiligen Bindungsspezifität des Antikörpers.

Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, gebe es seit Mitte der 70-er Jahre zahlreiche Berichte über monoklonale Maus-Antikörper, die mit mit menschlichem Brustkrebs verbundenen Antigenen in Wechselwirkung treten. In diesen Berichten seien nach den Angaben der Klagepatentschrift Mäuse immunisiert und wiederholt mit menschlichen globulären Milchfettproteinen, Brustkrebs-Zelllinien oder Brustkrebs-Membranextrakten gespritzt worden. Die Milzzellen der immunisierten Mäuse seien mit Maus-Myelomzellen fusioniert und Hybridome auf der Basis besonderer Merkmale des Kulturmediums auf Brustkrebs oder Brustkrebs-Antigene selektiert worden. Wie die Klagepatentschrift hierzu angibt, unterscheidet sich das Verhalten dieser früheren Antikörper gegen normales Gewebe von dem Verhalten der erfindungsgemäßen Antikörper gegen normales Gewebe. Monoklonale Antikörper gegen menschliche Brustkrebszellen und ihre Verwendung in der Diagnose und Therapie seien auch in der europäischen Patentanmeldung 0 118 365 beschrieben.

Die Klagepatentschrift führt im Weiteren aus, dass in früherer Zeit vermutet oder darüber berichtet worden sei, Immuntoxine durch Bindung cytotoxischer Mittel an Antikörper herzustellen. Ein gesteigertes Interesse habe dabei jenen Immuntoxinen gegolten, bei denen monoklonale Antikörper über heterodoppelfunktionelle Mittel an die enzymatisch wirksamen Teile (A-Ketten) von bakteriellen oder pflanzlichen Toxinen gebunden seien.

Hiervon ausgehend liegt der Erfindung nach dem Klagepatent das technische Problem („die Aufgabe“) zugrunde, monoklonale Antikörper zur Verfügung zu stellen, die eine Bindungsspezifität für bestimmte menschliche Brustkrebs-Zellen aufweisen und zur Herstellung von Immuntoxinen gegen menschliche Brustkrebszellen geeignet sind.

Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

1.

Monoklonaler Maus-Antikörper, der

1.1

ein menschliches Brustkrebs-Antigen bindet, das von einem Vergleichsantikörper ebenfalls gebunden wird, der von einem der unter ATCC HBB 8488, HBB 8490, HBB 8486, HBB 8484, HBB 8697, HBB 8485, HBB 8696 und HBB 8662 erhältlichen Hybidrome gebildet wird;

1.2

einen G- oder M-Isotyp aufweist; und

1.3

nach Konjugation mit der Ricin A-Kette zumindest gegen eine der Zellen MCF-7, CAmA-1, SKBR-3 oder BT-20 einen TCID 50%-Wert von weniger als 10 nM aufweist.

In Patentanspruch 3 werden die folgenden Merkmale kombiniert:

1.

Monoklonaler Antikörper nach Anspruch 1,

1.1

der durch eines der nachstehenden Hybridome (a) HBB8488, (b) HBB 8490, (c) HBB8486, (d) HBB8697, (e) HBB8484, (f) HBB8485, (g) HBB8696 und (h) HBB8662 gebildet wird,

2.

oder ein monoklonaler Antikörper,

2.1

der mit einem der vorstehend genannten Antikörper funktionell äquivalent ist.

Nach den weiteren Darlegungen der Klagepatentschrift, sind die wichtigsten Eigenschaften monoklonaler Antikörper ihre Immunglobulin-Klasse, ihre Selektivität für menschliche Brustkrebszellen und der Bereich von menschlichen Brustkrebszellen, die von ihnen gebunden werden, sowie ihre Verwendbarkeit zur Herstellung von wirksamen Immuntoxinen gegen menschlichen Brustkrebs. Die zur Herstellung der erfindungsgemäßen Antikörper-produzierenden Fusionspartner werden dadurch erzeugt, dass Mäusen lebende menschliche Brustkrebszellen oder entsprechende Membranextrakte wiederholt verabreicht werden, so dass eine Immunisierung eintritt. Anschließend werden die Milzen aus den immunisierten Mäusen gesammelt. Aus diesen wird eine Zellsuspension hergestellt. Im Weiteren werden die gewünschten Hybridome unter Verwendung der allgemein bekannten Hybridoma-Technik hergestellt. Das Verfahren beinhaltet die Fusion von Tumorzellen, wie etwa verfügbare Mausmyelom-Zelllinien mit den besagten Milzzellen unter Verwendung eines Fusionsmittels. Nach der Fusion werden die Zellen von dem Fusionsmedium getrennt und zur Entfernung von nicht hybridisierten Elternzellen auf einem selektiven Wachstums-Medium, z.B. HAT-Medium, gezüchtet. Die Hybridome werden bei Bedarf vermehrt und Überstände werden durch übliche Immuntest-Verfahren unter Verwendung des immunisierenden Mittels als Antigen auf Aktivität gegen menschlichen Brustkrebs getestet. Antikörper-produzierende Hybridome können unter Verwendung bekannter Verfahren in vitro oder in vivo gezüchtet werden. Die monoklonalen Antikörper können unter Verwendung üblicher Immunglobulin-Reinigungsverfahren aus dem Kulturmedium bzw. der Körperflüssigkeit isoliert werden. Die Selektivität eines Antikörpers und der Bereich von menschlichen Brustkrebszellen, die von ihm gebunden werden, werden bestimmt, indem er gegen eine Reihe von menschlichen Brustkrebsgeweben und –zellen und normalen menschlichen Geweben oder Zellen der Brust oder anderer Gewebearten getestet wird. Antikörper, die an weniger als 1/3 der normalen Gewebe und Blutzellentypen stark binden, sind selektiv Brustkrebs-bindend. Die immunochemischen Derivate der erfindungsgemäßen Antikörper, die die größte Bedeutung haben, sind Immuntoxine, d.h. Konjugate des Antikörpers mit einer cytotoxischen Gruppe, und markierte Derivate, in denen die Markierung ein Mittel zur Identifizierung von markierten Antikörpern enthaltenden Immunkomplexen ist. Für diagnostische Zwecke werden zur in vitro-Atötung von menschlichen Brustkrebszellen die Konjugate dem Zellkultur-Medium typischerweise in einer Konzentration von etwa mindestens 10 nM zugegeben. Die Cytotoxizität kann durch übliche Verfahren zur Bestimmung des Vorliegens und des Ausmaßes von Brustkrebs erfasst werden. Die Antikörper und die markierten Antikörper können zum Nachweis des Vorliegens von Brustkrebs in einem Patienten oder zur Überwachung des Zustands eines solchen in einem Patienten bereits diagnostizierten Krebses in einer Vielzahl von Immuno-abbildenden Verfahren oder Immun-Testverfahren verwendet werden. Dabei können übliche direkte und indirekte Testverfahren verwendet werden. Direkte Tests beinhalten das Inkubieren einer Gewebeprobe oder von Zellen aus dem Patienten mit einem markierten Antikörper, der aufgrund seiner Markierung in der Probe nachgewiesen wird, während bei indirekten Tests die Gewebe- oder Zellprobe mit unmarkierten monoklonalen Antikörpern inkubiert wird und die Probe anschließend mit einem markierten, gegen den monoklonalen Antikörper gericheteten Antikörper behandelt und sodann auf das Vorliegen von markierten Immun-Komplexen getestet wird.

II.

Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln Patentanspruch 1 des Klagpatents. Sie macht auch nicht von der technischen Lehre des Patentanspruchs 3, 2. Alternative des Klagepatents Gebrauch.

1.

Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht jedenfalls nicht das Merkmal 1 der vorangestellten Merkmalsgliederung zu Patentanspruch 1 des Klagepatents.

Das Merkmal 1 besagt, dass es sich um einen monoklonalen Maus-Antikörper handelt.

Der Wortlaut des Patentanspruchs 1 gibt damit die Art des erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörpers vor. Der allgemeinen Beschreibung in der Klagepatentschrift entnimmt der Fachmann, dass das Klagepatent unter dem Ausdruck „monoklonaler Antikörper“ eine aus einer homogenen Antikörperpopulation bestehende Antikörperzusammensetzung versteht (Anlage K 1a, Seite 3, vorletzter Absatz). Wie die Klagepatentschrift ausführt, werden die erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörper durch Hybridome produziert (Anlage K 1a, Seite 5, 2. Absatz). Die Klagepatentschrift nimmt zur Herstellung der Hybridome auf die im Stand der Technik bereits bekannte Hybridoma-Technik Bezug (Anlage K 1a, Seite 4, Mitte; vgl. auch Römpp, Biotechnologie, 1993, Stichwort „Hybridoma-Technik“). Dieses Verfahren umfasst die Fusion einer Tumorzelle (Myelom) mit einer Antikörper-bildenden Zelle. Nach der Fusion werden die Zellen, sog. Hybridome, von einem beigefügten Fusionsmittel abgetrennt und zur Entfernung von nicht hybridisierten Elternzellen auf einem selektiven Wachstums-Medium wie z.B. HAT-Medium gezüchtet und können beliebig vermehrt werden (Anlage K 1a, Seite 4, letzter Absatz, bis Seite 5, erster Absatz). Der Fachmann entnimmt dem, dass er bei Anwendung dieses Verfahrens beliebig viele Antikörper produzieren kann, die alle eine einzige Spezifität aufweisen. Denn die zur Fusion verwendete Antikörper-bildende Zelle kann nur Antikörper einer einzigen Spezifität synthetisieren. Das aus der Fusion hervorgegangene Hybridom produziert daher jeweils identische Antikörper.

Des Weiteren gibt der Wortlaut des Patentanspruchs 1 vor, dass es sich um einen monoklonalen Maus-Antikörper handeln soll. Der Wortlaut legt daher bereits nahe, dass die erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörper ausschließlich aus Maussequenzen bestehen. Ein Hinweis darauf, dass etwa nur die Antigen-Bindungsstellen des monoklonalen Antikörpers, nicht aber auch dessen übrigen Sequenzen von der Maus abstammen müssen, wie die Klägerin meint, ist dem Wortlaut des Patentanspruchs nicht zu entnehmen. Das Merkmal 1.1 beschreibt zwar die spezifische Bindungsspezifität des erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörpers, trifft aber im Übrigen keine Aussage zu dessen Struktur.

In diesem Verständnis wird der Fachmann durch die zur Auslegung der Merkmale eines Patentanspruchs gemäß Art. 69 EPÜ heranzuziehende Beschreibung der Erfindung in der Klagepatentschrift bestätigt.

In der allgemeinen Beschreibung der Klagepatentschrift werden als Stand der Technik monoklonale Maus-Antikörper, die mit mit menschlichem Brustkrebs verbundenen Antigenen in Wechselwirkung treten, genannt. Das Klagepatent hebt insoweit hervor, dass sich das Verhalten dieser monoklonalen Antikörper gegen normales Gewebe von dem Verhalten der erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörper gegen normales Gewebe unterscheide. Ein besonderes Interesse der Wissenschaft bestehe an der Herstellung von Immuntoxinen durch Bindung cytotoxischer Mittel an Antikörper. Vor diesem Hintergrund nennt die Klagepatentschrift als einen Aspekt der Erfindung, einen monoklonalen Maus-Antikörper mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 zur Verfügung zu stellen (Anlage K 1a, Seite 2, 1. vollständiger Absatz). Als weiteren Aspekt nennt die Klagepatentschrift die als bevorzugte Ausführungsformen aufgezählten (Vergleichs-) Antikörper produzierenden Maus x Maus Hybridome und Nachkommen dieser Hybridome. Zudem soll das Klagepatent ein Verfahren zur Herstellung der besagten Hybridome betreffen. Ferner nennt die Klagepatentschrift als einen Aspekt der Erfindung Immuntoxine und ihre Herstellung durch Verbindung der besagten monoklonalen Antikörper mit einer cytotoxischen Gruppe. Schließlich nennt die Klagepatentschrift die Verwendung der monoklonalen Antikörper entweder für eine in vitro-Diagnose oder -Überwachung von menschlichem Brustkrebs oder für eine in vitro-Abtötung menschlicher Brustkrebszellen oder für direkte oder indirekte Immuntests zur in vitro-Bestimmung, ob eine menschliche Zelle eine Brustkrebszelle ist (Anlage K 1a, Seite 2, Mitte, bis Seite 3, Mitte).

Der Fachmann entnimmt dieser Aufstellung von erfindungsgemäßen Aspekten, dass es nach dem Klagepatent zunächst darauf ankommt, monoklonale Antikörper mit einer spezifischen Bindungsspezifität für ein bestimmtes Brustkrebs-Antigen, das auch von einem der in Merkmal 1 näher bestimmten Vergleichsantikörper gebunden wird, zu schaffen. Dadurch wird zum einen die Verwendung für therapeutische und diagnostische Zwecke verbessert. Zum anderen ist bei einer spezifischen Bindungsspezifität für ein bestimmtes Brustkrebs-Antigen das Verhalten des monoklonalen Antikörpers gegenüber normalen Gewebe anders als bei monoklonalen Antikörpern, die keine spezifische Bindungsspezifität aufweisen, worauf das Klagepatent in seiner Einleitung zum Stand der Technik abhebt (Anlage K 1a, Seite 1, Mitte). Denn eine Bindung an normales Gewebe ist zwar auch bei einer bestehenden Bindungsspezifität nicht ausgeschlossen, wie die Testergebnisse in der Klagepatentschrift, Tabelle I (Anlage K 1a, Seite 22), zeigen. Aber die Bindungsreaktion hinsichtlich normalen Gewebes ist eingeschränkt.

In der Klagepatentschrift werden insoweit allein monoklonale Maus-Antikörper und ihre Herstellung beschrieben, die ausschließlich Maussequenzen aufweisen. Zur Herstellung der die monoklonalen Antikörper produzierenden Hybridome werden ausschließlich Zellen von Mäusen verwendet (Anlage K 1a, Seite 4, Mitte). Dabei können die Antikörper-produzierenden Hybridome unter Verwendung verschiedener Verfahren in vitro oder in vivo gezüchtet werden. Das hierfür eingesetzte Ausgangsmaterial kann entweder eine Körperflüssigkeit oder ein Kulturmedium sein (Anlage K 1a, Seite 5, 1. vollständiger Absatz). In jedem Fall werden aber Mäuse mit lebenden menschlichen Brustkrebszellen oder Membranextrakten immunisiert. Eine weitere Behandlung der auf diese Weise gewonnenen monoklonalen Antikörper, etwa eine genetische Veränderung der Domänen beschreibt das Klagepatent nicht. Der Fachmann schließt daraus, dass es sich bei den erfindungsgemäßen monoklonalen Maus-Antikörpern um solche handelt, die ausschließlich Maussequenzen aufweisen.

Der Fachmann wird in diesem Verständnis bestärkt, weil das Klagepatent für die erfindungsgemäßen monoklonalen Maus-Antikörper lediglich in vitro-Verwendungen als erfindungsgemäße Vorteile beschreibt. Es werden diagnostische Bestimmungen durch direkte oder indirekte Immuntests beschrieben, die beide in vitro durchgeführt werden (Anlage K 1a, Seite 7, vorletzter Absatz; Seite 9, 1. Absatz). Im Rahmen der Beschreibung der Herstellung eines erfindungsgemäßen monoklonalen Maus-Antikörpers wird ein in vivo-Test der Konjugate, d.h. der Antikörper aus der Verbindung des erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörpers mit einem cytotoxischen Mittel ausschließlich bei Mäusen durchgeführt und aus diesem Testergebnis eine in vivo-Wirksamkeit jener Konjugate gegen menschliche Brustkrebszellen abgeschätzt (Anlage K 1a, Seite 19, 2. vollständiger Absatz). Der Fachmann entnimmt dem, dass bei den erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörpern eine in vivo-Verwendung vielleicht erwünscht wäre, letztlich aber nicht durchführbar ist. Denn bei Verabreichung monoklonaler Maus-Antikörper mit Sequenzen ausschließlich von der Maus im menschlichen Körper wird – wie der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens weiß – sofort eine Immunreaktion (HAMA) ausgelöst, die zu einer Neutralisierung der monoklonalen Maus-Antikörper führt und ihre Ausscheidung aus dem menschlichen Körper bedingt. Werden dem Fachmann vor diesem Hintergrund im Klagepatent als einzige Einsatzmöglichkeiten des erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörpers in vitro-Verwendungen aufgezeigt, so schließt er hieraus, dass lediglich monoklonale Antikörper rein murinen Ursprungs Gegenstand von Patentanspruch 1 sind.

Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass die Klagepatentschrift ausführt, dass eine Beschränkung des erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörpers hinsichtlich seiner Quelle und Herstellungsart nicht auf die in der Klagepatentschrift aufgeführten Beispiele beabsichtigt ist (Anlage K 1a, Seite 3, vorletzter Absatz). Damit stellt die Klagepatentschrift zunächst klar, dass die erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörper nach einem anderen Verfahren als der in der Klagepatentschrift beschriebenen Hybridoma-Technik hergestellt werden können. Als solche kommen zum Beispiel gentechnologische Verfahren in Betracht. Hinsichtlich der Quelle der erfindungsgemäßen monoklonalen Maus-Antikörper meint das Klagepatent den Ausgangsstoff zur Bildung des erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörpers. Ob mit dem Begriff des monoklonalen Maus-Antikörpers damit nur solche gemeint sind, die rein murinen Ursprungs sind, oder auch solche, bei denen lediglich die Antigen-Bindungsregionen aus Maussequenzen bestehen, ergibt sich aus der genannten Beschreibungsstelle der Klagepatentschrift nicht. Die Quellen des erfindungsgemäßen Antikörpers können in beiden Fällen unterschiedlich sein. Denn wie der Fachmann der Klagepatentschrift weiter entnehmen kann, können die monoklonalen Antikörper unter Verwendung üblicher Immunglobulin-Reinigungsverfahren, wie Ammoniumsulfatfällung, Gelelektrophorese, Dialyse, Chromatographie und Ultrafiltration aus den Kulturmedien bzw. Körperflüssigkeiten isoliert werden (Anlage K 1a, Seite 5 erster vollständiger Absatz). Als Quelle eines rein murinen monoklonalen Antikörpers kommen mithin Kulturmedien oder auch Körperflüssigkeiten in Betracht. Der Fachmann wird vor diesem Hintergrund der von der Klägerin herangezogenen Beschreibungsstelle keine anderslautende Aussage zum Gegenstand der Erfindung entnehmen, als ihm durch den übrigen Inhalt der Klagepatentschrift vermittelt wird. Diesem entnimmt der Fachmann nach den obigen Ausführungen, dass es sich bei den erfindungsgemäßen monoklonalen Maus-Antikörpern um solche handelt, die ausschließlich rein murinen Ursprungs sind.

Dass die auf dem Deckblatt der Klagepatentschrift als im Prüfungsverfahren berücksichtigten Entgegenhaltungen oder der in der Klagepatentschrift gewürdigte Stand der Technik monoklonale Maus-Antikörper mit einer anderen Zusammensetzung sowohl murinen als auch humanen Ursprungs betroffen hätten, und insoweit dem Fachmann ein anderes als das oben beschriebene Verständnis nahe legen würden, hat die Klägerin nicht dargelegt. Die von der Klagepatentschrift in Anspruch genommenen Prioritäten der US-A-577 976 (Anlage K 7) und US-A-690 750 (Anlage K 8) stimmen in ihren diesbezüglichen Ausführungen mit denen des Klagepatents überein, so dass sich aus ihnen ebenfalls kein anderes Verständnis des Fachmanns herleiten lässt.

Auch bei Berücksichtigung des von der Klägerin als Stand der Technik herangezogenen Aufsatz von Munro aus dem Jahre 1984 (Anlagenkonvolut K 10, Ziffer 6; deutsche Teilübersetzung Anlage K 10/V6) ergibt sich nichts anderes. Diese Druckschrift, die in der Klagepatentschrift weder gewürdigt noch erwähnt wird und infolgedessen gemäß Art. 69 S. 2 EPÜ nicht zur Auslegung des Patentanspruchs hergezogen werden kann, kann allein unter dem Gesichtspunkt berücksichtigt werden, dass die technische Lehre eines europäischen Patents aus der Sicht des Fachmanns zum Prioritätszeitpunkt auszulegen ist. Wird zugunsten der Klägerin angenommen, dass das Klagepatent insoweit die Priorität der US-A-690 750 (Anlage K 8) vom 11. Januar 1985 wirksam in Anspruch nehmen kann, nachdem die Klägerin ihren Antrag auf die Verwirklichung des Patentanspruchs 1 des Klagepatents in der im Merkmal 1.1 aufgeführten alternativen Ausführungsform eines monoklonalen Maus-Antikörpers, der ein menschliches Brustkrebs-Antigen bindet, das auch von dem Vergleichsantikörper gebunden wird, der von dem unter ATCC HBB8696 erhältlichen Hybridom gebildet wird, umgestellt hat und für diese alternative Ausführungsform der Vergleichsantikörper und das ihn bildende Hybridom erst in der US-A-690 750 offenbart sind (vgl. zu den Voraussetzungen einer wirksamen Prioritätsinanspruchnahme gem. Art. 87 f. EPÜ, Art. 4 PVÜ allgemein: BGH, Mitt. 2001, 5 50, 552 – Luftverteiler, m.w.N.), stellt sich Frage, ob der besagte Aufsatz von Munro überhaupt zum Fachwissen eines Fachmanns am 11. Januar 1985 gehört hat. Denn zum allgemeinen Fachwissen zählt allein derjenige Wissensstand, den der angesprochene Fachmann bei ordnungsgemäßem Ausbildungsgang zur sachgerechten Ausübung seines Berufsbildes aufweisen muss. Auf die Kenntnis des gesamten Standes der Technik kann hingegen nicht abgestellt werden (vgl. Benkard, Patentgesetz/Gebrauchsmustergesetz, 9. Auflage 1993, § 14 PatG, Rdnr. 63 m.w.N.). Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin im Hinblick darauf, dass es sich um das spezialisierte Gebiet der Biotechnologie handelt und der Aufsatz in der angesehenen Zeitschrift „Nature“ erschienen ist, unterstellt wird, dass der vom Klagepatent angesprochene Durchschnittsfachmann diesen Aufsatz zum Zweck seiner beruflichen Fortbildung vor dem Prioritätstag gelesen hat, legt der Aufsatz dem Fachmann kein anderes Verständnis hinsichtlich des in der Klagepatentschrift verwendeten Begriffs des monoklonalen Maus-Antikörpers nahe.

Der Aufsatz nimmt das Problem der Immunreaktion des menschlichen Körpers auf einen körperfremden Antikörper als Ausgangspunkt und beschreibt Untersuchungen aus dem Jahre 1984 (Druckschriften in Anlagenkonvolut K 10, Dokumente Nr. 14 und 15, deutsche Teilübersetzungen Anlage K 10/V14b und K 10/V15a) betreffend die Herstellung chimärer monoklonaler Antikörper (chimäre Maus-Mensch-Antikörper-Genkonstruktionen), deren Antigen-Bindungsstellen durch Aminosäuresequenzen gebildet würden, die von einem murinen monoklonalen Antikörper der gewünschten Bindungsspezifität definiert würden, während der Rest des Antikörpers so menschlich wie möglich sei. Munro beschreibt als Lösungswege zur Vermeidung der bekannten gesundheitsschädlichen Überempfindlichkeitsreaktionen, eine spezifische Unempfindlichkeit gegenüber murinen Immunglobulinen zu induzieren oder humane monoklonale Antikörper aus humanen Hybridomen zu wählen oder „eventuell“ mittels Gentechnik Antikörper zu gewinnen, bei denen der Rezeptor für die Antikörperbindung durch Sequenzen eines murinen monoklonalen Antikörpers der gewünschten Spezifität definiert ist, während die Struktur des restlichen Moleküls so human wie möglich ist (Anlage K 10/V6a, zweiter Absatz). In dem Aufsatz von Munro wird demnach zwischen monklonalen Antikörpern rein murinen Ursprungs, monoklonalen Antikörpern rein humanen Ursprungs und chimären Antikörpern, bei denen die Antigen-Bindungsstellen murinen Ursprungs sind, während der Rest des Moleküls humanen Ursprungs sein soll, differenziert. Ausgehend von dieser Kategorisierung monoklonaler Antikörper hat der Fachmann keinen Anlass, die Angaben der Klagepatentschrift, die ausschließlich die Verwendung und Herstellung eines monoklonalen Antikörpers rein murinen Ursprungs beschreibt und im Wortlaut des Patentanspruchs 1 auch auf einen monoklonalen Maus-Antikörper abstellt, nicht in dem Sinne verstehen, dass erfindungsgemäße monkolonale Antikörper allein solche Antikörper sind, die ausschließlich murinen Ursprungs sind.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf das von ihr als Anlage K 9 (deutsche Übersetzung Anlage K 9a) vorgelegte Privatgutachten berufen, in dem der Gutachter Prof. Dr. H2xxxxxxxx zu dem Ergebnis gelangt, dass die Lehre des Klagepatents humanisierte murine Antikörper umfasse (Anlage K 9a, Seite 7 am Ende). Der Gutachter begründet die von der Klägerin vertretene Auslegung nicht, sondern kommt nach der Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Erfindung die HAMA-Reaktion des menschlichen Körpers bekannt gewesen sei und unter Verweis auf den Aufsatz von Munro ohne weitere Begründung zu der von der Klägerin vertretenen Auslegung des Klagepatents (Anlage K 9a, Seite 7 Mitte). Damit werden die vorstehenden Gründe nicht widerlegt.

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2002 darauf verwiesen hat, dass die Klagepatentschrift an mehreren Stellen in der Beschreibung sowie in ihren Tabellen die Bedeutung der spezifischen Bindungsspezifität der erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörper als deren wesentliche Eigenschaft hervorhebe, woraus sich für den Fachmann ergebe, dass allein die Antigen-Bindungsstellen murinen Ursprungs sein müssen, während der Ursprung der restlichen Struktur des monoklonalen Antikörpers unerheblich sei, kann dem nicht beigetreten wird. Zwar will das Klagepatent einen monoklonalen Antikörper mit einer spezifischen Bindungsspezifität zur Verfügung stellen und grenzt sich damit, wie bereits oben ausgeführt wurde, vom Stand der Technik ab, der Antikörper offenbart, deren Bindungsverhalten von dem der erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörper abweicht (vgl. Anlage K 1a, Seite 1, zweiter Absatz am Ende). Diese Eigenschaft wird durch das Merkmal 1.1 des Patentanspruchs 1 näher konkretisiert. Die Frage des Bindungsverhaltens betrifft aber allein die Eigenschaft einer bestimmten Region des Antikörpers. Daraus kann nicht auf die übrige Struktur des Antikörpers und insbesondere dessen Ursprung geschlossen werden. Denn die übrige Struktur des Antikörpers kann murinen oder humanen Ursprungs sein, wie die Klägerin selbst ausführt, ohne dass dies die Bindungswirkung der Antigen-Bindungsstelle festlegen würde. Dass der Fachmann aus der Hervorhebung der Bedeutung der spezifischen Bindungsspezifität des erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörpers schließen würde, dass er in der Ausbildung des Antikörpers abgesehen von dessen Bindungsregionen frei wäre, kann im Hinblick auf die übrigen, bereits vorstehend angeführten Beschreibungsstellen der Klagepatentschrift nicht angenommen werden, die dem Fachmann vorgeben, dass es sich um einen monoklonalen Maus-Antikörper handeln soll.

Die angegriffene Ausführungsform verwendet als Antikörper Trastuzumab, bei dem es sich unstreitig um einen humanisierten monoklonalen Antikörper handelt, der zu 95% humanen und zu 5% murinen Ursprungs ist. Eine wortsinngemäße Verletzung scheidet daher aus.

Eine äquivalente Verwirklichung des Merkmals 1 ist ebenfalls nicht gegeben.

Dabei kann dahinstehen, ob die erforderliche Gleichwirkung des ausgetauschten Mittels mit dem erfindungsgemäßen Mittel vorliegt. Jedenfalls fehlt es an der Auffindbarkeit des ausgetauschten Mittels der angegriffenen Ausführungsform. Denn der Fachmann konnte nicht aufgrund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen beschriebenen Erfindung anknüpfen, das bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzte Mittel zur Lösung des Problems des Klagepatents als gleichwirkend auffinden (vgl. allgemin zu den Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz etwa: BGH, GRUR 1999, 977, 981 – Räumschild, m.w.N).

In der Klagepatentschrift findet sich kein Anhaltspunkt dafür, den Begriff des monoklonalen Maus-Antikörpers, wie er in Patentanspruch 1 aufgenommen worden ist und wie er mehrfach in der Klagepatentschrift verwendet wird, anders zu verstehen als dahingehend, dass es sich dabei um einen monoklonalen Antikörper rein murinen Ursprungs handelt. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf den Aufsatz von Munro (Anlagenkonvolut K 10, Ziffer 6; deutsche Teilübersetzung Anlage K 10/V6a) sowie den beiden von diesem Aufsatz in Bezug genommenen Veröffentlichungen von Boulianne et al. (Anlagenkonvolut K 10, Ziffer 15; deutsche Teilübersetzung Anlage K 10/V15a) und Morrison et al. (Anlagenkonvolut K 10, Ziffer 14; deutsche Teilübersetzung Anlage K 10/V14b) abstellt und geltend macht, aus diesen Druckschriften ergebe sich, dass chimäre monoklonale Antikörper bereits zu dem von ihr – der Klägerin – in Anspruch genommenen Prioritätszeitpunkt am 11. Januar 1985 bekannt und verfügbar gewesen seien, so dass der Fachmann vor diesem Hintergrund habe erkennen können, dass es nach der technischen Lehre des Klagepatents allein auf die spezifische Bindungsspezifität des erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörpers ankomme, während er die übrige Struktur des Antikörpers frei wählen könne, kann dem nicht beigetreten werden. Zwar genügt für die Einbeziehung einer angegriffenen Ausführungsform in den Schutzbereich eines Patents unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz, dass sich der Verletzungsgegenstand im Wege der Abstraktion auf eine allgemeine technische Lehre zurückführen lässt, die der Fachmann als zur Erfindung gleichwirkende Abwandlung auffinden konnte, wobei es unerheblich ist, ob darüber hinaus auch die spezielle Ausgestaltung dieses Prinzips, wie sie bei der angegriffenen Ausführungsform vorliegt, nahegelegen hat (vgl. BGH, GRUR 1991, 436, 440 – Befestigungsvorrichtung II; a.a.D. – Räumschild). Es kann aber im vorliegenden Fall nach dem von der Klägerin hierfür in Bezug genommenen druckschriftlichen Stand der Technik nicht festgestellt werden, dass es zu dem von ihr herangezogenen Prioritätstag am 11. Januar 1985 zur Kenntnis des Durchschnittsfachmanns gehört hätte, chimäre monoklonale Antikörper herzustellen oder zu verwenden, so dass der Fachmann chimäre monoklonale Antikörper als zur Erfindung des Klagepatents gleichwirkende Abwandlung hätte auffinden können und sich humanisierte monoklonale Antikörper gleichsam als Konkretisierung dieser allgemeinen Lehre darstellen würden.

Der Aufsatz von Munro beschäftigt sich mit dem Problem, dass die wiederholte Injektion eines körperfremden Antikörpers zu gesundheitsschädlichen Überempfindlichkeitsreaktionen führen kann, die es zu umgehen gilt. Neben dem möglichen Einsatz monoklonaler Antikörper der Quelle Ratte oder Maus unter gleichzeitiger Induzierung einer spezifischen Unempfindlichkeit gegenüber murinen Immunglobulinen oder humaner monoklonaler Antikörper beschreibt Munro die „eventuelle“ Möglichkeit, mittels Gentechnik Antikörper zu gewinnen, bei denen der Rezeptor für die Antikörperbindung durch Sequenzen eines murinen monoklonalen Antikörpers der gewünschten Spezifität definiert ist, während die Struktur des restlichen Moleküls „so human wie möglich“ ist (Anlage K 10/V6a, zweiter Absatz). Munro bezieht sich insoweit auf die Untersuchungen von Boulianne et al. und Morrison et al., die als „erste Arbeiten die funktionelle chimäre Antikörpermoleküle aus leichten und schweren Ketten beschreiben, bei denen die Gesamtheit der variablen Regionen der Maus und die konstanten Regionen dem Menschen entstammen“ (Anlage K 10/V6a, dritter Absatz). Munro bewertet die Ergebnisse dieser Arbeiten und stellt fest, dass auch bei dieser Zusammensetzung der Antikörper, bei denen die einzigen antigenen Determinanten in den variablen Regionen liegen, eine Immunantwort des menschlichen Körpers möglich sein kann. Es könne aber – so Munro weiter – vielleicht leichter sein, eine Unempfindlichkeit auf murine variable Regionen zu induzieren, wenn diese Teil der chimären Antikörper sind. Munro wagt insoweit den Ausblick, dass für den Fall, dass es möglich sein sollte, chimäre Antikörper mit murinen hypervariablen Regionen zu entwickeln, die Teil einer größeren humanen variablen Region sind, davon ausgegangen werden könne, dass sie zwar vom Immunsystem des menschlichen Körpers erkannt werden, aber insoweit die Hoffnung bestehe, dass diese Chimäre ausreichend „körpereigen“ seien, um ohne Sensibilisierung des Wirtes ihre Wirkung zu entfalten und Überempfindlichkeiten vermieden werden könnten (Anlage K 10/V6a, dritter Absatz am Ende). Diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass vor dem Hintergrund einer unerwünschten HAMA-Reaktion, d.h. die Reaktion des menschlichen Körpers auf die Verabreichung monoklonaler Maus-Antikörper, die ausschließlich Maus-Sequenzen aufweisen, bzw. der Erkenntnis, dass humane monoklonale Antikörper nicht die gewünschte Bindungsspezifität aufweisen, Bestrebungen vorhanden waren, Antikörper aus Sequenzen verschiedenen Ursprungs unter Verwendung der Gentechnik zusammenzusetzten. Die Ausführungen belegen aber insoweit lediglich, dass es in diese Richtung erste Versuche gegeben hat und die Zusammenhänge erforscht wurden. Von einer gesicherten Lehre betreffend die Herstellung und Eigenschaften chimärer monoklonaler Antikörper kann unter diesen Umständen nicht ausgegangen werden. Es handelt sich vielmehr um die ersten Versuche, die dem Fachmann einen Ausblick darauf gewähren, was in Zukunft gegebenenfalls einmal möglich sein wird und welche Verwendungsmöglichkeiten dann bestehen können. Dem Fachmann wird insoweit aber keine nacharbeitbare Lehre an die Hand gegeben.

Dem entspricht, dass auch die Erfinder des Klagepatents als Fachleute keinen klarstellenden Hinweis in die Klagepatentschrift aufgenommen haben, obwohl sich die von der Klägerin herangezogenen Veröffentlichungen auch an sie gewandt haben. Sie hätten in Kenntnis dieser Entwicklung betreffend chimäre monoklonale Antikörper die Möglichkeit gehabt, das Klagepatent entsprechend zu formulieren. Dies ist aber gerade nicht geschehen, wie bereits oben ausgeführt wurde. Allein aus dem Satz auf Seite 3, vorletzter Absatz der Klagepatentschrift gemäß Anlage K 1a, der zum Ausdruck bringt, dass eine Beschränkung des erfindungsgemäßen monoklonalen Antikörpers auf dessen Ursprung nicht beabsichtigt ist und der erst in das Prioritätsdokument US-A-690 750 aufgenommen wurde, ergibt sich eine derartige Klarstellung für den von dem Klagepatent angesprochenen Fachmann nicht. Ob mit dem Begriff des monoklonalen Maus-Antikörpers damit nur solche gemeint sind, die rein murinen Ursprungs sind, oder auch solche, bei denen lediglich die Antigen-Bindungsregionen aus Maussequenzen bestehen, lässt die Klagepatentschrift an dieser Stelle vielmehr offen, weil – wie ebenfalls bereits oben ausgeführt wurde – die Quellen des erfindungsgemäßen Antikörpers in beiden Fällen unterschiedlich sein können.

2.

Eine mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Verletzung des Patentanspruchs 3 in seiner zweiten Alternative durch die angegriffene Ausführungsform ist ebenfalls nicht gegeben.

Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht jedenfalls nicht das Merkmal 2 der oben wiedergegebenen Merkmalsgliederung.

Das Merkmal 2 besagt, dass es sich um einen monoklonalen Antikörper handelt.

Der Wortlaut des Patentanspruchs 3 lässt offen, ob es sich dabei um einen monoklonalen Maus-Antikörper in dem vorstehend unter Ziffer 1. dargestellten Sinne handelt oder hierunter auch ein humanisierter monoklonaler Antikörper fällt. Der Patentanspruch 3 betrifft zwei Alternativen. Er umfasst in seiner ersten Alternative gemäß dem Merkmal 1 monoklonale Antikörper nach Anspruch 1, die gemäß dem Merkmal 1.1 durch eines der aufgezählten Hybridome gebildet werden, und in seiner zweiten Alternative monoklonale Antikörper, die gemäß dem Merkmal 2.1 mit einem der in der ersten Alternative genannten Antikörper funktionell äquivalent ist. Mit diesem Verweis auf die Antikörper der ersten Alternative des Patentanspruchs 3 bleibt offen, ob sich der Patentanspruch 3 in seiner zweiten Alternative allein auf monoklonale Maus-Antikörper im Sinne des Patentanspruchs 1 beschränkt.

Die patentrechtliche Beurteilung hat sich daran zu orientieren, wie der Fachmann den Wortsinn nach dem Gesamtinhalt der Klagepatentschrift unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung versteht (vgl. BGH, GRUR 1999, 909, 911 m.w.N. – Spannschraube). Bei der Auslegung des Patentanspruchs ist insoweit nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Patentschrift dem Fachmann vermittelt. Entscheidend ist demnach nicht die sprachliche Bestimmung der in der Patentschrift verwendeten Begriffe, sondern das Verständnis des unbefangenen Fachmanns (vgl. BGH, a.a.O.). Maßgeblich ist, welchen Begriffsinhalt das Patent bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen Lehre zum technischen Handeln einem Merkmal zuweist (vgl. BGH, GRUR 2001, 232, 232 – Brieflocher).

Hiervon ausgehend wird der Fachmann im Streitfall, um den Sinngehalt des Merkmals 2 verstehen zu können, zu ermitteln suchen, was mit dem Merkmal erreicht werden soll. Das Verständnis des Fachmanns wird sich deshalb entscheidend an dem in der Patentschrift zum Ausdruck kommenden Zweck dieses Merkmals orientieren (vgl. BGH, a.a.O. – Spannschraube). Dabei wird der Fachmann nicht nur den Wortlaut der Patentansprüche, sondern den gesamten Inhalt der Klagepatentschrift zu Rate ziehen.

In der allgemeinen Beschreibung in der Klagepatentschrift heißt es zur Definition des Begriffs der funktionellen Äquivalenz, dass der hinsichtlich des als Beispiel angeführten monoklonalen Maus-Antikörpers gegen menschlichen Brustkrebs verwendete Ausdruck „funktionelles Äquivalent“ einen monoklonalen Antikörper bedeutet, der (a) den als Beispiel angeführten monoklonalen Antikörper kreuzblockiert, (b) selektiv an menschliche Brustkrebszellen bindet, (c) einen G- oder M-Isotyp aufweist, (d) an das gleiche Antigen bindet, wie durch Immunpräzipitation oder durch einen aus mehreren Schichten bestehenden Immuntest bestimmt, und (e) nach Konjugation mit der Ricin-A-Kette in einer Konzentration von weniger als 10 nM bei zumindest einer der Zelllinien MCF-7, CAMA-1, SKBR-3 oder BT-20 eine TCID von 50% aufweist (Anlage K 1a, Seite 3, letzter Absatz, bis Seite 4, erster Absatz). Dieser Beschreibungsstelle kann der Fachmann entnehmen, dass der in Patentanspruch 3 in seiner zweiten Alternative verwendete Begriff des monoklonalen Antikörpers einen monoklonalen Antikörper meint, der den als Beispiel angeführten monoklonalen Antikörper kreuzblockiert und die weiteren in der vorstehend wiedergegebenen Beschreibung genannten Anforderungen erfüllt. Dadurch erfolgt ein Rückbezug auf monoklonale Maus-Antikörper rein murinen Ursprungs, wie er in Patentanspruch 1 des Klagepatents gemeint ist.

Für dieses Verständnis spricht auch, dass sich – wie bereits unter Ziffer 1. ausgeführt wurde – aus dem gesamten Inhalt der Klagepatentschrift kein Anhaltspunkt dafür ergibt, unter dem Begriff des monoklonalen Antikörpers etwas anderes zu verstehen als einen monoklonalen Maus-Antikörper rein murinen Ursprungs. Es ist nicht ersichtlich und wurde von der Klägerin auch nicht dargetan, aus welchem Grund der Fachmann dem Begriff des monoklonalen Antikörpers in Patentanspruch 3, zweite Alternative unter diesen Umständen einen anderen Sinngehalt beilegen sollte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 10.225.837,00 Euro (20.000.000,00 DM).

Dr. G1xxxxxxx Dr. B2xxx M2xx