4a O 196/12 – Drahtlose Kommunikationseinrichtung II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2240

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. Mai 2014, Az. 4a O 196/12

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

TATBESTAND

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen der Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents 1 070 XXX (im Folgenden Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung (nur die Beklagte zu 2)), Feststellung der Schadensersatzpflicht und der Entschädigungspflicht dem Grunde nach in Anspruch.

Die internationale Anmeldung des Klagepatents erfolgte unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 08.04.1998 am 07.04.1999. Die Patentanmeldung wurde in englischer Verfahrenssprache am 24.01.2001 offengelegt. Die Eintragung wurde am 26.06.2002 bekannt gegeben. Der deutsche Teil des Klagepatents wird unter dem Aktenzeichen DE 699 01 XXX T2 geführt.

Die Klägerin ist ein in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässiges Unternehmen. Ursprüngliche Inhaberin des Klagepatents war die A B C mit Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika. Es erfolgte eine Übertragung der Anmeldung auf die nunmehr im Register eingetragene Patentinhaberin, D Co. Ltd. (im Folgenden Patentinhaberin), mit Geschäftssitz in Japan am 25.06.2002. Dieses Datum entspricht der Umtragung im Register.

Das Klagepatent steht in Kraft. Über zwei von der Beklagten zu 2) und der E Technologies Co. Ltd. initiierte Nichtigkeitsverfahren ist noch nicht entschieden. Die Klägerin verteidigt nach ihrem Vortrag das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren nur eingeschränkt dahingehend, dass sie die Klagepatentansprüche 1 und 2 kombiniert.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Drahtloses Kommunikationsgerät mit auf HTML-Basierter Mensch-Maschine-Schnittstelle“. Die Patentansprüche 1 – 4 lauten in ihrer deutschen Übersetzung wie folgt:

1. Drahtlose Kommunikationseinrichtung (100), die folgendes aufweist:

ein Bildschirmdisplay (136);

einen Speicher (126);

einen Prozessor (124), der mit dem Bildschirmdisplay (136) und dem Speicher (126) gekoppelt ist;

eine Mehrzahl von Anwenderschnittstellenseiten (104), die in dem Speicher (126) gespeichert und in einer Auszeichnungssprache codiert sind, wobei ausgewählte von den Anwenderschnittstellenseiten Zugang zu Telekommunikationsfunktionen der drahtlosen Kommunikationseinrichtung (100) ermöglichen;

und einen Markup-Language-Browser (107), der von dem Prozessor ausgeführt wird und kommunikativ mit dem Speicher (126) und dem Bildschirmdisplay (136) gekoppelt ist und der:

entweder die gespeicherten Anwenderschnittstellenseiten (104) aus dem Speicher oder entfernt gespeicherte Seiten, die in der Auszeichnungssprache codiert sind, über ein Telekommunikationsnetz liest; gelesene Seiten decodiert, um Anwenderschnittstellenelemente auf dem Bildschirmdisplay (136) anzuzeigen; und

als Reaktion auf eine Anwendereingabe zu einem angezeigten Anwenderschnittstellenelement eine Telekommunikationsfunktion bewirkt.

2. Markup-Language-Browser nach Anspruch 1, der ferner folgendes aufweist:

ein Shell zum Empfang einer URL, die eine Protokollkomponente und eine Datenkomponente hat, wobei die Daten einen auszuführenden Befehl oder einen abzurufenden Inhalt bezeichnen, wobei das Shell die Datenkomponente an ein Protokollsteuerprogramm entsprechend der Protokollkomponente leitet und den abgerufenen Inhalt an ein Inhaltssteuerprogramm zur Verarbeitung leitet;

eine Mehrzahl von Protokollsteuerprogrammen, wobei jedes Protokollsteuerprogramm mit dem Shell gekoppelt ist, um eine URL zu empfangen und entweder den von der Datenkomponente bezeichneten Inhalt abzurufen und den abgerufenen Inhalt an das Shell zu leiten oder den von der Datenkomponente bezeichneten Befehl auszuführen;

und eine Mehrzahl von Inhaltssteuerprogrammen, wobei jedes Inhaltssteuerprogramm mit dem Shell gekoppelt ist, um abgerufenen Inhalt zu empfangen und den abgerufenen Inhalt zu verarbeiten, um den Inhalt an ein Bildschirmdisplay abzugeben.

3. Markup-Language-Browser nach Anspruch 2, wobei:
die Mehrzahl von Protokollsteuerprogrammen folgendes aufweist:

ein Telefonprotokollsteuerprogramm, das eine URL von dem Shell empfängt und die URL decodiert, um eine Telefoniefunktion der Kommunikationseinrichtung zu aktivieren;

ein Dateiprotokollsteuerprogramm, das eine URL von dem Shell empfängt und die URL decodiert, um Daten, die in einem Speicher der drahtlosen Kommunikationseinrichtung gespeichert sind, zu lesen;

ein Ferndateiprotokollsteuerprogramm, das eine URL von dem Shell empfängt und von der Datenkomponente der URL adressierten Inhalt abruft, der entfernt von der drahtlosen Kommunikationseinrichtung gespeichert ist; und

wobei die Mehrzahl von Inhaltssteuerprogrammen folgendes aufweist:

ein Auszeichnungsspracheninhalt-Steuerprogramm, das Auszeichnungsspracheninhalt empfängt, der einer URL entspricht, und den Inhalt auf dem Bildschirmdisplay anzeigt.

4. Markup-Language-Browser nach Anspruch 3, wobei die Mehrzahl von Protokollsteuerprogrammen folgendes aufweist:

ein Meldungsprotokollsteuerprogramm, das eine URL von dem Shell empfängt und einen von den Daten bezeichneten Befehl ausführt, um eine alphanumerische Meldungsanzeige oder Übertragungsfunktion der Kommunikationseinrichtung zu aktivieren; und

ein Konfigurationsprotokollsteuerprogramm, das eine URL von dem Shell empfängt und eine Konfigurationseinstellung der Kommunikationseinrichtung entsprechend der Datenkomponente der URL etabliert.

Die nachfolgend (verkleinert) wiedergegebenen Figuren 1, 2 und 3 der Klagepatentschrift zeigen bevorzugte Ausführungsformen.

Figur 1 zeigt eine oberste Softwareschicht und die Systemarchitektur einer drahtlosen Kommunikationseinrichtung gemäß der vorliegenden Erfindung.

Figur 2 stellt ein Beispiel einer Anwenderschnittstellen-Seite für eine drahtlose Kommunikationseinrichtung gemäß der vorliegenden Erfindung dar.

Figur 3 gibt eine detaillierte Software-Architektur einer Mensch-Maschine-Schnittstelle einer drahtlosen Kommunikationseinrichtung gemäß der vorliegenden Erfindung wieder.

Die Beklagte zu 1) hat ihren Sitz in der Volksrepublik China und vertreibt wie die Beklagte zu 2) in Deutschland zahlreiche Mobiltelefone. Die Beklagte zu 2) hat ihren Sitz in Düsseldorf. Sie zeichnet sich im Impressum der Internetseite www.F-deutschland.de für diese verantwortlich. Dort wird beispielsweise das Mobiltelefon „F G W“ (angegriffene Ausführungsform) beworben. Gegenstand der Klage sind nach den Ausführungen der Klägerin alle Geräte der Beklagten, die von den Merkmalen des Klagepatents Gebrauch machen. Das Mobiltelefon „F G W“ benutzt wie andere Modelle der Beklagten das Betriebssystem und die Softwareplattform H der Firma I für mobile Geräte wie Smartphones, Mobiltelefone. Wegen der Bedienungsanleitung des Mobiltelefons „F G W“ wird auf die Anlage K 10 Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, sie sei ausschließliche Lizenznehmerin der Patentinhaberin. Der ausschließliche Lizenzvertrag datiere vom 21.05.2010. Dies habe die Patentinhaberin bestätigt, wie es sich aus den Dokumenten der Anlagen K 1 und K 14 ergebe. Vorsorglich habe die Patentinhaberin der Klägerin mit Vereinbarung vom 11./.14.11.2013 nochmals eine exklusive Lizenz eingeräumt und sämtliche Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche für Verletzungshandlungen vor dem 21.05.2010 nochmals abgetreten.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.

Die Beklagten haben einer Klagerücknahme durch die Umstellung der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2013 gestellten Anträge in Bezug auf die Beschränkung des Unterlassungsantrags und die darauf zurückbezogenen Anträge widersprochen. Im Übrigen haben sie einer Klagerücknahme durch die Klägerin zugestimmt.

Die Klägerin beantragt, nachdem sie sich zur Begründung des Verletzungsvorwurfs in ihrem Hauptantrag zunächst nur auf eine Verwirklichung der Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 gestützt hat, nunmehr in Kombination der Klagepatentansprüche 1 und 2

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

drahtlose Kommunikationseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten,

in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, die folgendes aufweisen:

ein Bildschirmdisplay, einen Speicher, einen Prozessor, der mit dem Bildschirm-Display und dem Speicher gekoppelt ist;
eine Mehrzahl von Anwenderschnittstellenseiten, die in dem Speicher gespeichert und in einer Auszeichnungssprache kodiert sind, wobei ausgewählte von den Anwenderschnittstellenseiten Zugang zu Telekommunikationsfunktionen der drahtlosen Kommunikationseinrichtung ermöglichen; und

einen Markup-Language-Browser, der von dem Prozessor ausgeführt wird und kommunikativ mit dem Speicher und dem Bildschirmdisplay gekoppelt ist, und der:

die gespeicherten Anwenderschnittstellenseiten aus dem Speicher oder entfernt gespeicherte Seiten, die in der Auszeichnungssprache kodiert sind, über ein Telekommunikationsnetzwerk liest;

gelesene Seiten dekodiert, um Anwenderschnittstellenelemente auf dem Bildschirmdisplay anzuzeigen; und

als Reaktion auf eine Anwendereingabe zu einem angezeigten Anwenderschnittstellenelement eine Telekommunikationsfunktion bewirkt;

und wenn der Markup-Language-Browser ferner folgendes aufweist:

ein Shell zum Empfang einer URL, die eine Protokollkomponente und eine Datenkomponente hat, wobei die Daten einen auszuführenden Befehl oder einen abzurufenden Inhalt bezeichnen, wobei das Shell die Datenkomponente an ein Protokollsteuerprogramm entsprechend der Protokollkomponente leitet und den abgerufenen Inhalt an ein Inhaltssteuerprogramm zur Verarbeitung leitet;

eine Mehrzahl von Protokollsteuerprogrammen, wobei jedes Protokollsteuerprogramm mit dem Shell gekoppelt ist, um eine URL zu empfangen und entweder den von der Datenkomponente bezeichneten Inhalt abzurufen und den abgerufenen Inhalt an das Shell zu leiten oder den von der Datenkomponente bezeichneten Befehl auszuführen; und

eine Mehrzahl von Inhaltssteuerprogrammen, wobei jedes Inhaltssteuerprogramm mit dem Shell gekoppelt ist, um abgerufenen Inhalt zu empfangen und den abgerufenen Inhalt zu verarbeiten, um den Inhalt an ein Bildschirmdisplay abzugeben;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. Bezeichneten Handlungen seit dem 25. Juni 2002 begangen haben und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnung) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) sowie in Bezug auf die zu 1. bezeichneten und seit dem 26. Juli 2002 begangenen Handlungen unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die bezahlten Preise zu a) sowie die Verkaufsstellen zu b) erst für den Zeitraum seit dem 1. September 2008 anzugeben sind,

wobei die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) entsprechende Belege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben, wobei bei den vorzulegenden Kopien geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von diesen zu bezeichnenden und ihnen gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkretes Befragen mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. (nur die Beklagte zu 2) die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter 1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 2 – Kosten herauszugeben;

4. die unter 1. bezeichneten, seit dem 30. April 2006 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.

II. Es wird festgestellt,

1. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 25. Juni 2002 bis 25. Juli 2002 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der D Co. Ltd. Tokyo durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26. Juli 2002 bis zum 21. Mai 2010 und der Klägerin seit dem 21. Mai 2010 entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Das Urteil wird gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines vom Gericht festzusetzenden Betrages insgesamt für vorläufig vollstreckbar erklärt, wobei die einzelnen titulierten Ansprüche gegen Teilsicherheitsleistung wie folgt vollstreckt werden können:

1. die titulierten Ansprüche auf Unterlassung gemäß Antrag I.1., Vernichtung bzw. Herausgabe gemäß Antrag I.3. und Rückruf gemäß Antrag I.4. zusammen gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines hierfür vom Gericht insgesamt festzusetzenden Betrages;

2. der titulierte Anspruch auf Rechnungslegung gemäß Antrag 1.2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines vom Gericht hierfür festzusetzenden Betrages, welcher EUR 50.000 nicht übersteigt, und

3. wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Wegen der von der Klägerin gestellten „insbesondere“-Anträge, mit denen sie ihren Angriff hilfsweise auf Ausführungsformen beschränkt, deren Markup-Language-Browser zusätzlich die Merkmale der Unteransprüche 3 und/oder 4 verwirklicht, wird auf die Akten verwiesen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise
den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über das gegen das Klagepatent anhängige Nichtigkeitsverfahren beim Bundespatentgericht auszusetzen.

Die Beklagten erklären sich zur Aktivlegitimation und zur Erteilung einer Lizenz an die Klägerin mit Nichtwissen.

Sie sind der Auffassung, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform, einem Smartphone weder um eine drahtlose Kommunikationseinrichtung im Sinne des Klagepatents handele, noch dass es über ein limitierendes Bildschirmdisplay in diesem Sinne verfüge. Auch sei nicht dargelegt, dass in der angegriffenen Ausführungsform ein Markup-Language-Browser (im Folgenden auch kurz: MLB) arbeite, der in der Lage sei, sowohl gespeicherte Anwenderschnittstellenseiten aus dem Speicher oder entfernt gespeicherte Seiten, die in einer Auszeichnungssprache kodiert seien, über ein Telekommunikationsnetzwerk auszulesen. Diese Funktionen würden jeweils über unterschiedliche, voneinander unabhängige Programme des H-Systems ausgeführt. Dementsprechend habe die Klägerin auch nicht dargelegt, dass die in der Merkmalsgruppe 2 beanspruchten Komponenten (Shell, Protokollsteuerprogramme, Inhaltssteuerprogramme) im H-System vorhanden seien und in der durch die Fassung des Anspruchs vorgegebenen Weise zusammenarbeiteten. Im Übrigen werde das Klagepatent sich als nicht rechtsbeständig erweisen.

Die Klägerin tritt dem und dem hilfsweise gestellten Aussetzungsantrag entgegen.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf deren Schriftsätze und die mit diesen und anlässlich der mündlichen Verhandlung überreichten Anlagen Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Soweit die Beklagten sich zur Prozessfähigkeit der Klägerin zunächst mit Nichtwissen erklärt haben, sind sie hierauf nach Vorlage der anwaltlich beglaubigten Kopie des Certificate of Formation (Anlage K 12) sowie des Existence Certificate (Anlage K 13) nicht mehr zurückgekommen. Gleichermaßen haben sie auf den Vortrag der Klägerin nicht erwidert, dass diese sich bei der Verfolgung der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche innerhalb des sich aus Art. 1 des Certificate of Formation ersichtlichen Geschäftszweckes bewegt. Ob die Rechtsfigur des Handelns „ultra vires“ in den Vereinigten Staaten von Amerika zwischenzeitlich weitgehend aufgegeben wurde, wie die Klägerin behauptet, ist vor diesem Hintergrund nicht entscheidungserheblich.

Die Klage ist allerdings nicht begründet.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Feststellung zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung sowie der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs.1 und 3, 140b PatG, Art. II § 1 Abs. 1 und 2 IntPatÜG i. V. m. §§ 242, 259 BGB nicht zu, da die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch machen. Dies gilt sowohl für den ursprünglich alleine geltend gemachten Patentanspruch 1, also auch für die von der Klägerin mit ihrer Replik angekündigte Fassung der Anträge, nach der sie eine Kombination der Merkmale der Ansprüche 1 und 2 zur Entscheidung stellt.

Ob in der, in der Duplik angekündigten, Umstellung der Anträge durch die Klägerin eine teilweise Klagerücknahme zu sehen ist, die der Zustimmung der Beklagten bedarf, muss vor diesem Hintergrund nicht entschieden werden. Gleichermaßen nicht erheblich für die Entscheidung ist daher auch die Frage, ob die Klägerin ausschließliche Lizenznehmerin der Patentinhaberin ist und ihr sämtliche Ansprüche aus dem Klagepatent für Verletzungsverhandlungen in der Vergangenheit zustehen, wozu sich die Beklagten mit Nichtwissen erklärt haben.

I.
Das Klagepatent betrifft Schnittstellen, die aus Textauszeichnungs- bzw. Markup-Sprachen konstruiert sind.

Wie die Patentbeschreibung einleitend ausführt, werden drahtlose Kommunikationseinrichtungen für persönliche Kommunikationsbedürfnisse zunehmend vorherrschend. Diese Einrichtungen umfassten beispielsweise Zellulartelefone, alphanumerische Pager, Handflächen-PC und persönliche Informationsmanager bzw. PIM sowie andere kleine tragbare Kommunikations- und Recheneinrichtungen. Drahtlose Kommunikationseinrichtungen seien inzwischen in Bezug auf ihre Merkmale sehr ausgereift und unterstützen zum Prioritätszeitpunkt nicht nur Punkt-zu-Punkt-Grundkommunikationsfunktionen wie Telefonanrufe, sondern auch anspruchsvollere Kommunikationsfunktionen wie E-Mail, Empfangen und Senden von Telefaxen, Internetzugang und Browsing im World Wide Web und dergleichen. Im Allgemeinen hätten drahtlose Kommunikationseinrichtungen Software, die verschiedene Handgerätfunktionen sowie die Telekommunikationsverbindung mit der Basisstation verwalte. Die Software, die die gesamten Telefonfunktionen verwalte, werde typischerweise als Telefonkeller bezeichnet, und die Software, die die Bildschirmanzeige verwalte und Anwendereingaben über Tastenbetätigung verarbeite, werde als die Mensch- Maschine-Schnittstelle oder MMI bezeichnet. Die MMI sei die oberste und am meisten sichtbare Schicht der Software der drahtlosen Kommunikationseinrichtung. Da drahtlose Kommunikationseinrichtungen allgemein einen sehr erwünschten und kleinen Formfaktor erreicht hätten, liege der ausschlaggebende Faktor für eine erfolgreiche Einrichtung wahrscheinlich in ihrem Set von Leistungsmerkmalen und dem einfachen Gebrauch. Daher sei die Fähigkeit, drahtlose Kommunikationseinrichtungen rasch zu entwickeln, zu prüfen und zu liefern, die sowohl einfach im Gebrauch seien als auch ein umfangreiches Set von Leistungsmerkmalen hätten – Attribute, die häufig im Widerspruch zueinander ständen – für ein erfolgreiches Betriebsverhalten des Produkts wesentlich.

Drahtlose Kommunikationseinrichtungen seien jedoch mit vielen verschiedenen Herausforderungen und Implementierungsfragen verbunden, die bei größeren rechnerbasierten Systemen wie etwa Notebooks und Tischrechnern, die gleichartige Telekommunikationsmerkmale haben könnten, nicht aufträten. Diese Herausforderungen hinsichtlich der Konstruktion umfassten die Ausbildung der Anwenderschnittstelle, die Personalisierung der Einrichtungen für bestimmte Dienstabläufe, die Integration des Zugangs zum Internet und zum World Wide Web mit anderen Kommunikationsfunktionalitäten und den Prozess der Softwareentwicklung. Im Hinblick auf Konstruktionseinschränkungen der Anwenderschnittstelle fährt das Klagepatent fort, hätten drahtlose Kommunikationseinrichtungen, anders als Tisch- und Notebookrechner einen Formfaktor, der eine sehr kleine Größe der Bildschirmanzeige erforderlich mache. Tischrechner hätten typischerweise Displays mit einer Bildschirmgröße von mindestens 14″ und einer Auflösung von typischerweise zwischen 640 x 480 und 1024 x 768 Pixel. Dagegen hätten drahtlose Kommunikationseinrichtungen typischerweise eine Bildschirmgröße zwischen 25 x 25 mm und 80 x 120 mm und Auflösungen zwischen 90 x 60 und 120 x 120 Pixel oder ungefähr 3 bis 8% der Größe des Tischrechner- oder Notebookbildschirms. Als direkte Folge hiervon müsse die Konstruktion der Anwenderschnittstelle der drahtlosen Kommunikationseinrichtung Zugang zu im wesentlichen den gleichen Merkmalen wie Tischrechner ermöglichen, beispielsweise zu E-Mail, Fax und Web-Browsing, jedoch mit nur einem Bruchteil der Bildschirmfläche zur Anzeige von Text, Bildern, Piktogrammen und dergleichen. Dieses Problem der Ausbildung der Anwenderschnittstelle derart, dass diese Merkmale gegeben seien, sei besonders bedeutsam, wenn Web-basierter Inhalt zu handhaben sei, da herkömmlicher Web-basierter Inhalt wie etwa Formate die größere Bildschirmgröße von herkömmlichen Tischrechnern annehme. Die Anzeige von solchen Formaten auf dem kleinen Bildschirm einer drahtlosen Kommunikationseinrichtung führe zu wirrem und schwer zu nutzendem Inhalt.

Eine weitere Begrenzung der Anwenderschnittstelle von drahtlosen Kommunikationseinrichtungen sei die extrem beschränkte Menge von Eingaben, die für den Anwender verfügbar seien. Herkömmliche Tisch- oder Notebookrechner hätten Cursor-basierte Zeigereinrichtungen wie etwa eine Computermaus, Trackballs, Joysticks und dergleichen und eine vollständige Tastatur. Das ermögliche die Navigation des Webinhalts durch Anklicken und Ziehen von Scrollbalken, das Anklicken von Hypertextlinks und das Springen von einem Tabstopp zum nächsten mittels der Tastatur zwischen Formatfeldern wie etwa HTML-Formaten. Drahtlose Kommunikationseinrichtungen hätten eine sehr begrenzte Anzahl von Eingaben, typischerweise Auf- und Abtasten und ein bis drei Dialogtasten bzw. Softkeys.

Es sei, so das Klagepatent, daher erwünscht, eine Softwarearchitektur für die MMI einer drahtlosen Kommunikationseinrichtung anzugeben, die die Kundenanpassung und die Anwendung der Anwenderschnittstelle mit Webinhalt unter Berücksichtigung der begrenzten Bildschirmauflösung und Eingabefunktionalität der drahtlosen Kommunikationseinrichtung ermögliche.

In Bezug auf die Integration von Internet/Webfunktionalität mit der Fernsprechübertragung böten seit dem Aufkommen des Internets und des World Wide Web die leistungsfähigsten drahtlosen Kommunikationseinrichtungen vollständigen Zugang zum Internet und die Fähigkeit, direkt durch das World Wide Web zu browsen. Moderne Einrichtungen böten den Zugang zum Internet und zum World Wide Web durch eine strikt modale Schnittstelle, wobei der Anwender eine Wahl treffen müsse zwischen der Verwendung der drahtlosen Kommunikationseinrichtung in einer Browserbetriebsart und in ihrem eigenen Telekommunikationsmodus zur Durchführung von Telefonanrufen, dem Zugriff auf ein gespeichertes Telefonbuch, dem Senden von Faxen und dergleichen. Im „Browser-Modus“ könne der Anwender keine Telefonnummer wählen, um einen Telefonanruf zu tätigen; im Sprachübertragungsmodus könne der Anwender entsprechend nicht auf eine Website zugreifen. Somit sei es dem Anwender nicht möglich, die drahtlose Kommunikationseinrichtung auf eine nahtlose Weise zu betätigen, die das Herunterladen und Manipulieren von Webinhalten im Zusammenhang mit den Telefonfunktionen ermögliche, wie etwa das Einbetten eines Elements eines Webinhalts, das beim Browsen in das Telefonbuch des Anwenders oder in eine E-Mailnachricht einzufügen sei. Es sei somit erwünscht, eine MMI anzugeben, bei der Zugangsmerkmale zum Internet und zum World Wide Web nahtlos mit der Fernsprechübertragung und anderen Steuervorgängen der drahtlosen Kommunikationseinrichtung integriert seien, so dass ein Anwender jederzeit Zugriff auf jedes Merkmal der drahtlosen Kommunikationseinrichtung habe.

Zur Frage der Software-Technik der MMI führt die Patentbeschreibung aus, dass eine MMI typischerweise als ein Modul in einem größeren Codesegment implementiert sei, das die Telefonsteuerungsfunktionen verwalte. Die MMI sei in derselben Computersprache wie der Rest der Telefonsteuerungs-Software codiert. Das erschwere die Modifizierung der MMI ohne Anwendung der gleichen Programmierkenntnisse und -werkzeuge, die zur Schaffung der gesamten Telefonsteuerungs-Software angewandt würden. Mit anderen Worten erfordere eine Änderung von irgend etwas in der MMI die Dienste eines Programmierers, der mit den die Basis bildenden Telefonieprogrammiereinzelheiten und der Computersprache vertraut sei. Da außerdem die MMI ein integraler Teil des Codes für die Telefonsteuerungs-Software sei, bedeutet die Implementierung von neuen Änderungen in der MMI die Kompilierung einer neuen Abbildung der gesamten Telefonsteuerungs-Software und die Prüfung des Ergebnisses, um sicherzustellen, dass die neuen MMI- Merkmale mit allen anderen Codemodulen kompatibel seien. Kurz gesagt, könnten Probleme, die durch Modifikation der MMI-Software hervorgerufen würden, potentiell zu einer Funktionsstörung des Handapparats und damit zu einer Unterbrechung des Dienstes im Netz zu anderen Benutzern führen. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Modifikationen könne die Änderung eines Teils der Telefonsteuerungs-Software in Fehlern und/oder der Notwendigkeit zur Zulassung eines neuen Typs der gesamten drahtlosen Kommunikationseinrichtung führen. Es sei daher erwünscht, eine Software-Architektur bereitzustellen, die das Design und die Implementierung der MMI-Funktionalität von der Implementierung der Telefonsteuerungs-Software trenne und dem Hersteller ermögliche, das MMI-Design rasch und sicher den Kundenwünschen anzupassen, um die Bedürfnisse eines bestimmten Kunden zu befriedigen.

In diesem Sinne führt die Klagepatentbeschreibung im Hinblick auf eine Kundenanpassung der MMI für Dienstebetreiber, insbesondere zu Zwecken einer „Markenauszeichnung“ weiter aus, dass in der Industrie der drahtlosen Kommunikationseinrichtungen die Dienstebetreiber wie etwa die Anbieter zellularer Dienste ein Interesse daran hätten, ihre Kunden durch aggressive Markenauszeichnung ihrer drahtlosen Kommunikationsprodukte anzuziehen und zu behalten und dem Anwender neue Fernsprechübertragungs-Features und Netzdienste anzubieten. Von diesen Diensten seien die wichtigen diejenigen, die dem Anwender einen zusätzlichen Wert vermittelten wie etwa Sprachbox, EMS, Internetzugang und dergleichen, wie oben erwähnt wurde. Die „Markenauszeichnung“ bestehe darin, Insignien, Logos oder andere Zeichen in die MMI der drahtlosen Kommunikationseinrichtung und ihre Merkmale einzubetten, wodurch sie gegenüber dem Anwender als vom Dienstebetreiber ausgehend kenntlich sei. Die Hersteller der drahtlosen Kommunikationseinrichtung, die typischerweise nur die fundamentalen Hardwarekomponenten lieferten, müssten daher dem Dienstebetreiber eine Möglichkeit bieten, diese Merkmale und Dienste in der drahtlosen Kommunikationseinrichtung durch Software-Programmierung zu integrieren, und müssten einen Mechanismus zur Markenbezeichnung der Merkmale bereitstellen. Ein Schlüsselproblem dabei sei, dass diese Dienste notwendigerweise hinsichtlich ihrer Funktionalität und Erfordernisse verschieden seien und die Aufgabe, den Anwendern eine aktuelle Palette von Diensten und Merkmalen zu bieten, eine schwierige sei. Hersteller von drahtlosen Kommunikationseinrichtungen gingen dieses Problem traditionell so an, dass sie eine spezielle Version der Steuerungssoftware der drahtlosen Kommunikationseinrichtung für jeden Dienstebetreiber schüfen, der diese drahtlose Kommunikationseinrichtung im Zusammenhang mit seinen eigenen Kommunikationsdiensten verkaufe. Jede spezielle Version der drahtlosen Kommunikationseinrichtung enthalte die Markenauszeichnung des Herstellers, des Diensteanbieters und Support für diejenigen Merkmale und Dienste, die vom Dienstebetreiber unterstützt würden. Jede dieser Versionen werde zu einem jeweils verschiedenen Softwaresegment, das geprüft, unterhalten und modifiziert werden müsse, wenn dem Verbraucher neue Merkmale oder Dienste geboten würden. Dadurch würden die Kosten der Softwareentwicklung und die Unterhaltungsaufgaben erheblich erhöht. Wenn der Hersteller der drahtlosen Kommunikationseinrichtung dem Dienstebetreiber nicht den Quellcode der MMI und der Telefonsteuerungssoftware zur Verfügung stelle, sei der Hersteller der drahtlosen Kommunikationseinrichtung selbst direkt mit der Markenauszeichnung und den Wünschen des Dienstebetreibers hinsichtlich des MMI- Designs befasst. Es sei daher erwünscht, eine Software- Architektur für eine MMI bereitzustellen, die es dem Hersteller der drahtlosen Kommunikationseinrichtung ermögliche, jedem Dienstebetreiber einen einzigen Telefonsteuerungs-Softwarekomplex zur Verfügung zu stellen, und es jedem Dienstebetreiber erlaube, selbständig und ohne Unterstützung durch den Hersteller der drahtlosen Kommunikationseinrichtung die MMI für die drahtlose Kommunikationseinrichtung zu konstruieren, zu implementieren und mit Markenauszeichnung zu versehen.

Als zum Stand der Technik gehörend beschreibt das Klagepatent ein System zum Zugang zum World Wide Web durch ein drahtloses Zellulartelefon, das in „Compact HTML for Small Information Appliances“ (W3C NOTE 09-Feb-1998) von Tomihisa Kamada von D Co., Ltd., beschrieben sei. Das Dokument schlage vor, dass Zellulartelefone „Compact HTML“ für den Zugang zum Internet nutzen könnten. Die vorgeschlagene „Compact HTML“ definiere eine Teilmenge der HTML für kleine Informationseinrichtungen wie intelligente Handys, intelligente Kommunikatoren, mobile persönliche digitale Assistenten usw. und schließe Features wie JPEG-Bilder, Tabellen, Frames und andere Funktionen aus, die hochauflösende Bildschirme oder einen großen Speicher zur Implementierung benötigten.

Dem Klagepatent liegt nach der durch die Klägerin vorgelegten Übersetzung daher die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, die zahlreichen Einschränkungen von herkömmlichen drahtlosen Kommunikationseinrichtungen durch Bereitstellen einer drahtlosen Kommunikationseinrichtung mit einer MMI, die auf einer Auszeichnungs- bzw. Markup-Sprache basiert, zu überwinden.

Dies geschieht nach den durch die Klägerin zuletzt mit ihrem Hauptantrag geltend gemachten Patentansprüchen 1 und 2 durch eine Kombination der folgenden Merkmale:

1. Drahtlose Kommunikationseinrichtung (100), die folgendes aufweist:

1a) (i) ein Bildschirmdisplay (136),
(ii) einen Speicher (126),
(iii) einen Prozessor (124), der mit dem Bildschirm-Display (136) und dem Speicher (126) gekoppelt ist,
1b) eine Mehrzahl von Anwenderschnittstellenseiten (104),
(i) die in dem Speicher (126) gespeichert sind,
(ii) die in einer Auszeichnungssprache kodiert sind,
(iii) wobei ausgewählte von den Anwenderschnittstellenseiten Zugang zu Telekommunikationsfunktionen der drahtlosen Kommunikationseinrichtung (100) ermöglichen.
1c) Einen Markup-Language-Browser (107),
(i) der von dem Prozessor ausgeführt wird
(ii) und kommunikativ mit dem Speicher (126) und dem Bildschirmdisplay (136) gekoppelt ist.
1 d) (Der Markup-Language-Browser) liest die gespeicherten Anwenderschnittstellenseiten (104) aus dem Speicher oder entfernt gespeicherte Seiten, die in der Auszeichnungssprache kodiert sind, über ein Telekommunikationsnetzwerk.
1 e) (Der Markup-Language-Browser) dekodiert gelesene Seiten, um Anwenderschnittstellenelemente auf dem Bildschirmdisplay (136) anzuzeigen.
1f) (Der Markup-Language-Browser) bewirkt als Reaktion auf eine Anwendereingabe zu einem angezeigten Anwenderschnittstellenelement eine Telekommunikationsfunktion.

2. Markup-Language-Browser (107) nach Anspruch 1, der folgendes aufweist:

2a) ein Shell (106) zum Empfang einer URL,

i) die eine Protokollkomponente und eine Datenkomponente hat, wobei die Daten einen auszuführenden Befehl oder einen abzurufenden Inhalt bezeichnen,
ii) wobei das Shell (106) die Datenkomponente an ein Protokollsteuerprogramm (112) entsprechend der Protokollkomponente leitet,
iii) und den abgerufenen Inhalt an ein Inhaltssteuerprogramm (114) zur Verarbeitung leitet;

2b) eine Mehrzahl von Protokollsteuerprogrammen (112),

i) wobei jedes Protokollsteuerprograrnm (112) mit dem Shell (106) gekoppelt ist, um eine URL zu empfangen,
ii) und entweder den von der Datenkomponente bezeichneten Inhalt abzurufen und den abgerufenen Inhalt an das Shell (106) zu leiten oder den von der Datenkomponente bezeichneten Befehl auszuführen; und

2c) eine Mehrzahl von Inhaltssteuerprogrammen (114),

i) wobei jedes Inhaltssteuerprogramm mit dem Shell (106) gekoppelt ist,
ii) um abgerufenen Inhalt zu empfangen und den abgerufenen Inhalt zu verarbeiten,
ii) um den Inhalt an ein Bildschirmdisplay abzugeben.

II.

Entgegen der Auffassung der Klägerin werden jedenfalls die Merkmale und Merkmalsgruppen 1 d) bis 1f) durch die angegriffene Ausführungsform nicht verwirklicht. Da sich auf Grundlage des durch die Klägerin erfolgten Tatsachenvortrags die tatrichterliche Feststellung nicht treffen lässt, dass die angegriffene Ausführungsform über einen Markup-Language-Browser im Sinne der genannten Merkmale verfügt, wird auch die Merkmalsgruppe 2 nicht verwirklicht. Selbst wenn ein Shell und eine Mehrzahl von Inhalts- und Steuerprogrammen feststellbar wäre, lässt sich nicht feststellen, dass diese Softwarekomponenten als Bestandteil eines Markup-Language-Browsers einem solchen zuzuordnen sind.

Vor diesem Hintergrund kann die zwischen den Parteien streitige Frage, ob auch weitere Merkmale der geltend gemachten Anspruchskombination durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht werden, dahinstehen.

1.
Die nach Anspruch 1 beanspruchte drahtlose Kommunikationseinrichtung weist einen Markup-Language-Browser (107) auf, der von einem ebenfalls beanspruchten Prozessor (124) ausgeführt wird und kommunikativ mit dem Speicher (126) und dem Bildschirmdisplay (136) gekoppelt ist und der entweder die gespeicherten Anwenderschnittstellenseiten (104) aus dem Speicher oder entfernt gespeicherte Seiten, die in einer Auszeichnungssprache codiert sind, über ein Telekommunikationsnetz liest; gelesene Seiten decodiert, um Anwenderschnittstellenelemente auf dem Bildschirmdisplay (136) anzuzeigen; und als Reaktion auf eine Anwendereingabe zu einem angezeigten Anwenderschnittstellenelement eine Telekommunikationsfunktion bewirkt.

Welche Programmstruktur der MLB im Sinne der Merkmale 1c) bis 1f) haben muss oder wie er sich in eine über ihn hinausgehende Softwarearchitektur einfügt, lässt sich der Formulierung von Anspruch 1 – für sich alleine genommen – zwar nicht entnehmen. Die geltend gemachte Anspruchskombination aus Anspruch 1 und 2 setzt zudem lediglich voraus, dass eine Kommunikationseinrichtung gemäß Anspruch 1 über eine Software oder eine Funktionseinheit verschiedener Softwarekomponenten verfügt, die in der Lage ist, von einem Prozessor (124) ausgeführt zu werden und die in den Merkmalen 1 d) bis 1f) im Einzelnen beanspruchten Funktionalitäten zu verwirklichen, sowie die die in der Merkmalsgruppe 2 genannten Funktionseinheiten aufweist.

Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch auf den Klagepatentanspruch 1 bzw. auf eine Kombination der Klagepatentansprüche 1 und 2 stützt, ist Gegenstand der Klage eine Kommunikationseinrichtung mit einem MLB, der durch die Merkmalsgruppen 2a) bis 2c) hinsichtlich seiner Programmstruktur weiter dahingehend konkretisiert sein kann, dass er eine Shell zum Empfang und zur selektiven Weiterleitung einer URL aufweist, eine Mehrzahl von Protokollsteuerprogrammen (bzw. -abwicklern) und eine Mehrzahl von Inhaltssteuerprogrammen (bzw. –abwicklern). Dabei ist jedes Protokollsteuerprogramm und jedes Inhaltssteuerprogramm mit dem Shell des MLB gekoppelt (Merkmale 2 b) i), 2 c) i)), um eine URL bzw. abgerufenen Inhalt zu empfangen (Merkmale 2 b) i), 2 c) ii)) und um abgerufenen Inhalt an das Shell zu leiten (Merkmal 2 b) ii)) oder zu verarbeiten, um ihn an ein Bildschirmdisplay abzugeben (Merkmla 2c) ii) und iii)).

Betrachtet ein Fachmann die so im Sinne der Merkmalsgruppe 2 beanspruchte „gekoppelte“ Programmstruktur in Zusammenhang mit den Merkmalen 1 d) bis 1 f), wird bereits aus dem Anspruchswortlaut deutlich, dass alle in diesem Zusammenhang genannten Funktionen von einer einzigen im Rahmen einer Programmstruktur identifizierbaren Funktionseinheit verwirklicht werden müssen. Diese bezeichnet das Klagepatent als Markup-Language-Browser (MLB).

Weitere Hinweise, was diese Funktionseinheit leisten muss und wo in der Softwarearchitektur sie verortet sein soll, erhält der Fachmann aus der Patentbeschreibung. Danach bietet der Browser bzw. MLB dem Anwender den primären Anwenderschnittstellenmechanismus und ermöglicht den Zugang sowohl zur Telekommunikation als auch zum Internet. Nach der allgemeinen Patentbeschreibung in Abschnitt [0018] führt der Browser folgende Operationen aus:

„Decodieren einer Auszeichnungssprachseite, die eine Tastenkennzeichnung aufweist, die eine von einer Mehrzahl von Tasten und eine Aktion bezeichnet; Speichern einer Verknüpfung zwischen der bezeichneten Taste und der Aktion; und als Reaktion auf den Empfang einer Anwendereingabe der bezeichneten Taste, Ausführen der mit der bezeichneten Taste verknüpften Aktion.“

In Abschnitt [0043] wird die Funktion des Browsers weiter konkretisiert:

„Der Browser 107 stellt die Grund-Anwenderschnittstelle der drahtlosen Kommunikationseinrichtung 100 bereit und ist für die Anzeige von Inhalt auf dem Bildschirmdisplay 136 gemäß der Definition durch die Anwenderschnittstelle-Definitionsdateien 104 und gemäß Abruf von fernen Sites wie etwa Webinhalt, auf den über ein Kommunikationslink zu einer entfernten Website zugegriffen wird, verantwortlich. Die Anwenderschnittstelle-Definitionsdateien 104 sind eine Gruppe von Inhalts- und Codedateien, die in einer Markup-Language wie HTML oder der nachstehend beschriebenen bevorzugten Variante HTMLp geschrieben sind und ausführbare eingebettete Codeobjekte enthalten können.“

Dafür, dass der MLB mit dem (gesamten) Betriebssystem der beanspruchten Telekommunikationseinrichtung gleichgesetzt werden kann, lässt sich der Klagepatentschrift kein Hinweis entnehmen. Überall dort, wo das Klagepatent Ausführungen zu der Schichtenarchitektur der Software einer beanspruchten drahtlosen Kommunikationseinrichtung macht, verdeutlicht es dem Fachmann, dass es sich bei dem MLB um eine abgrenzbare Funktionseinheit handelt, die auf einem herkömmlichen Echtzeitbetriebssystem aufbaut (oder -sitzt) und nicht mit diesem gleichgesetzt werden kann. So beschreibt das Klagepatent unter Bezugnahme auf Fig. 1 eine System- und Software-Architektur einer drahtlosen Kommunikationseinrichtung 100, die eine auf einer Markup-Language basierende MMI 102 gemäß der dem Klagepatent zugrunde liegenden Erfindung verwirklicht. Nach der Beschreibung der aus einem Prozessor 124, einem Speicher 126, einem Bildschirmdisplay 136 und einer Tastatur 128 bestehenden Systemhardware, die auf Figur 1 als unten liegend illustriert wird, widmet sich die Beschreibung der Ausführungsform den darüber liegenden Software-Schichten, die im Speicher 126 gespeichert sind und durch den Prozessor 124 der Einrichtung ausgeführt werden. Dabei beginnt es mit den in der Architektur unten liegenden Schichten (dem „Keller“ im Sinne des „Telefonkellers“, vgl. Abs. 0003): Hierzu gehört zunächst ein durch das Klagepatent als „herkömmlich“, das heißt im Stand der Technik bekanntes, Echtzeit-Betriebssystem 122, das Module zur Verwaltung der Energie, von Speichern, Threads (Kommunikationsverbindungen), Tastatureingaben und Taktgeberaktivitäten aufweist. Dieses Echtzeit-Betriebssystem stellt nach dem Klagepatent eine Standardanwendungsprogrammier-Schnittstelle bereit, damit höhere Komponenten der Schichtenarchitektur der Software, etwa die MMI (Mensch-Maschine-Schnittstelle), die die oberste und am meisten sichtbare Schicht der Software der drahtlosen Kommunikationseinrichtung ist (vgl. Abs. 0003), Funktionen der drahtlosen Kommunikationseinrichtung 100 anfordern und Daten gesendet und empfangen werden können. Nur unwesentlich „über“ der Schicht „Echtzeit-Betriebssystem“ 122 ist im Speicher ein Telefondienststeuermodul 120 gespeichert, das bei der Ausführungsform die primären Telefonsteuervorgänge bereitstellt. Hierzu zählen das Tätigen und Empfangen von Telefonanrufen, ggf. die Verwaltung von Vielfach-Telefonleitungen, ggf. die Verwaltung von Texten, die Überwachung von Telefonsignalen und andere Telefondienst-Grundfunktionen. Das Telefondienststeuermodul 120 hat einen herkömmlichen Telefonprotokollspeicher, der ein Luftschnittstellenprotokoll implementiert und bietet (ebenfalls) eine Anwendungsprogrammierstelle zu der MMI 102, um Zugriff auf diese Features zu bieten.

Die Patentbeschreibung führt zu den beiden Kellerkomponenten (Echtzeitbetriebssystem 122 und Telefondienststeuermodul 120) der Softwarearchitektur weiter aus, dass sie typischerweise von dem Hersteller der drahtlosen Kommunikationseinrichtung geliefert werden und ihre spezielle Implementierung für die Erfindung ohne Bedeutung ist. Bereits aufgrund dieses ausdrücklichen Hinweises scheint ausgeschlossen, dass ein die durch das Klagepatent offenbarte Erfindung nacharbeitender Fachmann das Betriebssystem einer Einrichtung mit dem MLB, auf den sich die Erfindung nach Fassung der Ansprüche 1 und 2 maßgeblich bezieht, gleichsetzt.

Entsprechend lassen sich der Patentbeschreibung auch im Weiteren ausschließlich detaillierte Anweisungen zu den höher liegenden Schichten der Softwarearchitektur entnehmen, denen das Klagepatent die MMI zuordnet. Die im Speicher 126 gespeicherte MMI der in Figur 1 illustrierten Ausführungsform umfasst eine Menge von Anwenderschnittstellen-Definitionsdateien 104, einen Browser 107, eine Gruppe von sogenannten tragbaren/übertragungsfähigen Komponenten 116 und eine Übertragbarkeitsschicht 118. Bei dem Browser 107 handelt es sich um einen Markup-Language-Browser im Sinne der Merkmale 1 c) bis 1 f). Entsprechend führt die Beschreibung aus, dass der Browser 107 einem Anwender den primären Anwenderschnittstellen-Mechanismus bietet und den Zugang sowohl zu Telekommunikationsfunktionen als auch zum Internet/WWW (vgl Abs. 0041, 0043). Die Übertragbarkeits- bzw. Übertragungsfähigkeitsschicht 118, die auf der Figur 1 ganz unten innerhalb der MMI 102 angeordnet ist, bildet eine Schnittstelle für den Browser mit seinen einzelnen Komponenten (Shell, URL-Ereignis-Speicher, Rückrufschlange, Protokollabwickler, Inhaltsabwickler, Übertragungsfähige, das heißt plattformunabhängige Komponenten 116) zu dem Echtzeit-Betriebssystem 122 und dem Telefonsteuermodul 120.

Dass der MLB im Sinne des Klagepatents nicht das Betriebssystem einer drahtlosen Kommunikationseinrichtung umfasst, bzw. mit diesem gleichzusetzen ist, ergibt sich weiter auch aus der Figur 3 zugeordneten Beschreibungsstelle. Danach umfasst der dort illustrierte Browser 107 drei Hauptelemente: die Shell 106, Protokollabwickler 112 und Inhaltsabwickler 114 (vgl. Abs. 0051). Daneben gibt es weitere Komponenten, die bereits anhand der Beschreibung von Figur 1 angesprochenen sogenannten übertragungsfähigen Komponenten 116 und die Übertragungsfähigkeitsschicht 118, für die auf Figur 3 weitere Teilkomponenten illustriert werden. All diese Softwarekomponenten gehören in Übereinstimmung mit der auf Figur 1 gezeigten Schichtenarchitektur zu einer anwendernahen, über dem im „Telefonkeller“ angeordneten Betriebssystem liegenden Softwareschicht. Die Schnittstelle nach „unten“ bildet die Übertragungsfähigkeitsschicht 118.

Die Gesamtheit der auf einer drahtlosen Kommunikationseinrichtung gemäß der Ansprüche 1 und 2 befindlichen Software, einschließlich des Betriebssystems als MLB im Sinne des Klagepatents zu begreifen, ließe sich auch nicht mit den durch das Klagepatent angestrebten Vorteilen in Übereinstimmung bringen: Mit der Zusammenfassung aller genannten Funktionen in den MLB lassen sich auf einer drahtlosen Kommunikationseinrichtung die durch das Klagepatent angestrebten Vorteile verwirklichen. So lässt sich mit ihr insbesondere die sogenannte modenlosen Anwenderschnittstelle MMI umsetzen, bei der im Gegensatz zu herkömmlichen MMI-Software-Architekturen drahtloser Kommunikationseinrichtungen zum Prioritätsdatum der Zugriff auf das Internet in die Fernsprechübertragungsfunktionen der patentgemäßen Kommunikationseinrichtung vollständig und nahtlos integriert ist. Da bei einer patentgemäßen Kommunikationseinrichtung Anwenderschnittstellenseiten, die Zugang zu Telekommunikationsfunktionen ermöglichen, in einer Auszeichnungssprache (etwa XML) kodiert gespeichert werden und der MLB diese Sprache wie HTML auslesen und verarbeiten kann, kann der Zugriff eines Benutzers auf Anwenderschnittstellenseiten (um TK-Funktionen zu nutzen) ebenso wie auf Web-Inhalt durch die gleiche Software-Funktionseinheit, nämlich den MLB realisiert werden, indem eine URL-Adresse aufgerufen wird (vgl. Abs. 0025). Dies ermöglicht auch, dass in HTML kodierte, auf einer Internetseite abrufbare Informationen, wie Telefonnummern und Namen, durch den MLB in einfacher Weise ausgelesen und als Anwenderschnittstellenelement auf einem Bildschirmdisplay angezeigt werden, um es dem Nutzer zu erlauben, durch eine einfache Eingabe, eine Telekommunikationsfunktion, etwa einen Telefonanruf auszulösen (vgl. Abs. 0026). Diese Funktionalität unterscheidet die durch das Klagepatent vorgeschlagen Softwarearchitektur deutlich vom Stand der Technik, bei dem die nunmehr dem Markup-Language-Browser zugeordneten Funktionalitäten außerhalb eines herkömmlichen Browsers, an beliebiger Stelle im Betriebssystem verortet waren.

Auch soweit das Klagepatent der Aspekt einer verbesserten Software-Technik der MMI in den Vordergrund stellt, der auch eine leichtere Anpassung der MMI durch unterschiedliche Diensteanbieter ermöglichen soll (vgl. Abs. 0011 bis 0014), gilt nichts anderes. Danach ist es ein durch die Erfindung angestrebter Vorteil, dass eine Software-Architektur für die MMI bereitgestellt wird, die es dem Hersteller der drahtlosen Kommunikationseinrichtung ermöglicht, jedem Dienstebetreiber einen einzigen Telefonsteuerungs-Softwarekomplex zur Verfügung zu stellen, der es diesem erlaubt, selbständig und ohne Unterstützung durch den Hersteller die MMI für die Kommunikationseinrichtung zu konstruieren, zu implementieren und mit „seiner Markenauszeichnung“ zu versehen (vgl. Abs. 0014). Dies wird nach der Beschreibung der mit der Erfindung verbundenen Vorteile dadurch erreicht, dass zur Definition der MMI eine Markup-Language (wie HTML oder XML) verwendet wird, deren Verwendung im Gegensatz zu einer niedrigeren Programmiersprache wie C nur ein sehr begrenztes Maß an Programmierfähigkeit erfordert und Änderungen von Eigenschaften der MMI ohne erneutes Kompilieren und Testen/Zertifizieren der „gesamten Telefonsteuerungssoftware“ ermöglicht (Abs. 0027). Da die MMI von dem unterlagerten Telefonsteuerungs- und Luftstellen-Kellerspeicher separat sei, bräuchten nur die Anwenderschnittstellenseiten getestet werden, die individuell geändert oder hinzugefügt werden sollten. Es liegt insoweit auf der Hand, dass bei dieser modularen bzw. Schichtenarchitektur der auf einer patengemäßen Ausführungsform installierten Software, der MLB als das entscheidende Instrument, was die auf einer Auszeichnungssprache basierenden Seiten der MMI nahtlos mit dem Zugriff auf Internetseiten verarbeiten und darstellen können soll, nicht gleichgesetzt werden kann mit einem herkömmlichen Betriebssystem bzw. der Gesamtheit der auf einer drahtlosen Einrichtung installierten Software.

Anderenfalls wäre, worauf die Beklagten zu Recht hingewiesen haben, auch nicht erkennbar, inwiefern sich eine patentgemäße Einrichtung – abgesehen von ihrer Displaygröße und der Begrenztheit der Eingabeelemente – von anderen, im Stand der Technik bekannten rechnerbasierten Systemen wie Notebooks und Tischrechnern, die nach dem Klagepatent über „gleichartige“ Telekommunikationsmerkmale verfügen können, abgrenzt (vgl. Abs. 0005). Eine Lehre, nach der die Softwarearchitektur herkömmlicher Rechner, bei der die in den Ansprüchen 1 und 2 beanspruchten Funktionen von unterschiedlichen, voneinander unabhängigen, „dezentral“ angeordneten Programmen verwirklicht werden, schlicht auf mobile, drahtlose Kleingeräte übertragen werden soll, lässt sich dem Klagepatent nicht entnehmen.

2.
Legt man diese Auslegung zugrunde, trägt das Vorbringen der Klägerin nicht die tatrichterliche Feststellung, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Dem Vortrag der Klägerin vermag die Kammer nicht zu entnehmen, dass die angegriffene Ausführungsform über einen Markup-Language-Browser im Sinne der Merkmale 1 c) bis 1 f) verfügt. Demgemäß lässt sich auch nicht feststellen, dass ein solcher Markup-Language-Browser die zusätzlichen Merkmale der Merkmalsgruppe 2, also des nunmehr in Kombination mit Anspruch 1 geltend gemachten Anspruchs 2 des Klagepatents verwirklicht, und über die Komponenten „Shell, Mehrzahl von Protokollsteuerprogrammen, Mehrzahl von Inhaltssteuerprogrammen“ mit den ihnen zugewiesenen Funktionalitäten verfügt.

Zwar hat die Klägerin gestützt auf Screenshots der angegriffenen Ausführungsform im Einzelnen illustriert, warum nach ihrer Auffassung die angegriffene Ausführungsform in der Lage ist, gespeicherte Anwenderschnittstellenseiten aus dem Speicher oder entfernt gespeicherte Seiten, die in der Auszeichnungssprache kodiert sind, über das Internet auszulesen (vgl. Merkmal 1d)), gelesene Seite zu dekodieren und Anwenderschnittstellenelemente auf dem Display anzuzeigen (vgl. Merkmal 1e)) und auch als Reaktion auf eine Anwendereingabe zu einem angezeigten Anwenderschnittstellenelement eine Telekommunikationsfunktion zu bewirken (vgl. Merkmal 1f)). Ebenfalls finden sich im Vortrag der Klägerin Ausführungen dazu, dass das Dekodieren der aus dem Speicher ausgelesenen Seiten mit Hilfe des Programms „J“ erfolge und das Dekodieren entfernt gespeicherter Seiten mit Hilfe des Programms „K“ (vgl. Merkmal 1 e)). Weiterhin behauptet die Klägerin auch, dass das Programm L und weitere Komponenten einer „H-Middleware“ ein Shell zum Empfang einer URL im Sinne von Merkmal 2 a) bildeten und dass das Telefonprotokollsteuerprogramm „Phone.apk“, das „H-Dateiprotokollsteuerprogramm“ für den Zugriff auf lokal im Speicher des Mobiltelefons gespeicherten Inhalt, das „H-Ferndateiprotokollsteuerprogramm“ für den Zugriff auf Internetseiten, die „H-Meldungsprotokollsteuerprogramme“ für den Zugriff auf Nachrichten, etwa als Teil der Anwendungen „I Mail“ und „SMS/MMS“ und das „H-Konfigurationsprotokollsteuerprogramm“ eine Mehrzahl von Protokollsteuerprogrammen im Sinne der Merkmalsgruppe 2 b) darstellten. Schließlich sollen nach dem Vortrag der Klägerin das „H-Inhaltssteuerprogramm“ „J“ und „Hs HTML-Inhaltssteuerprogramm“ „WebView“ Programme sein, die die Funktionen der Merkmalsgruppe 2c) verwirklichen, nach der ein Markup-Language-Browser im Sinne des Klagepatents über eine Mehrzahl von Inhaltssteuerprogrammen verfügen soll. Die entsprechenden Funktionen und Komponenten hat sie des weiteren auch anhand der von ihr in das Verfahren 4a O 195/12 eingeführten und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Beispiele 1 und 2“ erläutert (vgl. Schriftsatz vom 17.03.2014, S. 18 und 21).

Die Klägerin hat aber bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar erklären können, woraus sich zwingend ergibt, dass die von ihr benannten Softwarekomponenten bzw. Programme Teil eines Markup-Language-Browsers sind, wie er in der Merkmalsgruppe 1 eingeführt wird, oder dass ein, einem solchen Markup-Language-Browser zugehöriges Shell gemäß der Merkmalsgruppe 2a) oder eine Mehrzahl von Protokoll- bzw. Inhaltssteuerprogrammen gemäß der Merkmalsgruppen 2b) und 2c), die an das Shell gekoppelt sind, bei den dem Markup-Language-Browser im einzelnen zugeschriebenen Funktionen mitwirken.

Dies kann nicht alleine daraus geschlossen werden, dass die angegriffene Ausführungsform über einen bestimmten Funktionsumfang verfügt, das heißt entsprechend der Merkmale 1 c) bis 1 f) in der Lage ist, lokal gespeicherte Anwenderschnittstellenseiten oder entfernt gespeicherte Internetseiten auszulesen, zu dekodieren und anzuzeigen und desweiteren eine Telekommunikationsfunktion, wie einen Anruf, auf eine Anwendereingabe hin auszulösen. Denn dass derartige Funktionen beobachtet werden können, besagt nichts darüber, welche auf der angegriffenen Ausführungsform implementierten Programme hierbei in welcher Form zusammenarbeiten.

In diesem Zusammenhang geht die Klägerin selbst davon aus, dass die Darstellung von im Speicher gespeicherten Anwenderschnittstellenseiten und von Internetseiten über zwei unterschiedliche Programme bzw. Programmroutinen des H-Betriebssystems erfolgt (Webview und J). Diese identifiziert die Klägerin zugleich als Inhaltssteuerprogramme im Sinne der Merkmalsgruppe 2c). Woraus sich die damit gemäß Merkmal 2c) i) zugleich behauptete Kopplung der beiden Programme an ein Shell allerdings ergeben soll, legt die Klägerin damit ebenso wenig dar, wie das Vorhandensein der darüber hinaus erforderlichen Zuordenbarkeit zu einem Markup-Language-Browser gemäß Merkmal 2. Möglich ist nach dem Vortrag der Klägerin daher ebenso gut, dass die beiden Programme im Rahmen einer dezentralen Software-Architektur als autonome Komponenten auf dem Betriebssystem H arbeiten, ohne an ein Shell eines Markup-Language-Browsers gekoppelt zu sein.

Damit aber hat die Klägerin an einem entscheidenden Punkt nicht substantiiert dargelegt, dass sich die Softwarearchitektur der angegriffenen Ausführungsform von der eines Betriebssystems unterscheidet, das zum Prioritätszeitpunkt auf herkömmlichen rechnerbasierten Vorrichtungen wie Tischrechnern oder Notebooks im Sinne des Klagepatents lief und bei dem die in Anspruch 1 genannten Funktionen durch eine Gruppe dezentral und autonom arbeitender Einzelprogramme realisiert werden können.

Letztlich beliebig ist nach dem Vortrag der Klägerin auch die Zuordnung der durch sie benannten Programmkomponenten zu den Merkmalen 2a), 2b) und 2c) im Rahmen der erläuterten Beispiele 1 und 2, welche nachfolgend bildlich verkleinert wiedergegeben sind und der in der mündlichen Verhandlung überreichten Anlage entnommen wurden.
Beispiel 1

Beispiel 2

Auch insoweit lässt sich nicht feststellen, dass das Betriebssystem H bei der Umsetzung der geschilderten Funktionen gerade nicht als modulares System mit mehreren Programmkomponenten arbeitet, die, ohne zuordenbarer Bestandteil eines Markup-Language-Browsers zu sein, autonom ihre Aufgaben erfüllen. Zu einer derartigen Feststellung sieht sich die Kammer bereits deshalb nicht in der Lage, weil die Klägerin schon zur Begründung der Verwirklichung von Merkmal 2 a) Programme aus verschiedenen Ordnern bzw. Klassen oder Libraries einem Shell zuordnen muss. So soll einerseits der L, der im H-Software-Stack Teil des Application Framework ist, Bestandteil der Shell sein. Zugleich ist dies in dem durch die Klägerin erläuterten Beispiel 2 aber auch die von der Klägerin als Programm bezeichnete Komponente WebCore, die Teil der Programmbibliothek WebKit ist und somit in der H-Systemarchitektur einer anderen Schicht zugeordnet ist, nämlich den Libraries (Bibliotheken) und nicht dem Application Framework. Insoweit hat die Klägerin insbesondere nicht nachvollziehbar dargelegt, dass und warum die Bibliothek WebKit als Teil der Libraries nicht dem Betriebssystem selbst zugeordnet ist und somit nach dem der patentgemäßen Lehre zugrunde liegenden Schichtenverständnis nicht Teil des Markup-Language-Browser sein kann. Insoweit ergibt sich aus ihren Ausführungen auch keine belastbare Erklärung dadurch, dass die Programmbibliotheken nach Auffassung der Klägerin zusammen mit der Application Framework eine sogenannte „H Middleware“ bilden sollen. Auch die Einführung dieses Begriffs entbindet nicht von der Notwendigkeit, bei der angegriffenen Ausführungsform eine klare Abgrenzung zwischen Betriebssystem und einem darzulegenden Markup-Language-Browser zu treffen.

Auch das Vorhandensein bzw. Wirken sogenannter Intents, die die Klägerin als URLs im Sinne der Merkmalsgruppe 2 begreifen möchte und die von Programmen des H-Systems, zum Teil unter Verwendung von Intent-Filtern verarbeitet werden, vermag ein anderes Ergebnis nicht zu begründen. Im Gegenteil: Dass einzelne Programmmodule (Acitvities, Services oder Broadcast-Receivers) von H über Intent-Filter verfügen, die nach den durch die Klägerin mit der Anlage K 11 in Übersetzung vorgelegten Passagen des H Developer Guides das System darüber informieren, mit welchen impliziten Intents als passiven Datenstrukturen das Programmmodul umgehen kann, spricht eher dagegen, dass es zugleich einen als zentrale Funktionseinheit ausgebildeten Markup-Language-Browser gibt, an den die Programmodule über eine Shell gekoppelt sind. Denn sofern eine solche Funktionseinheit vorhanden ist, ist nicht erklärbar, weshalb eine auf Seiten des Programmmoduls vorgesehene „passive“ Steuerungsmöglichkeit vorgesehen ist, mittels derer ungeeignete, implizite intents durch einzelne Programmmodule autonom aussortiert bzw. gefiltert werden.

Soweit die Klägerin anhand der von ihr auch in der mündlichen Verhandlung erörterten Beispiele 1 und 2 dargestellt hat, wie die von ihr als Shell, Protokollsteuerprogramme und Inhaltssteuerprogramme identifizierten Komponenten des Betriebssystems H einen Anruf aus dem Anrufprotokoll (Beispiel 1) bzw. ausgehend von der Darstellung einer Internetseite durch einen Browser (Beispiel 2) aufbauen, kann dahingestellt bleiben, ob ihre von den Beklagten in Teilen bestrittenen Ausführungen inhaltlich zutreffen. Denn auch insoweit ist nicht ersichtlich, wie ein Markup-Language-Browser im Sinne der Merkmale 1 c) bis 1 f) bei der angegriffenen Ausführungsform sinnvoll festgestellt, das heißt innerhalb der dort installierten Software abgegrenzt werden kann: In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Merkmalsgruppe 2 einen Markup-Language-Browser „im Sinne von Anspruch 1“ voraussetzt und diesen lediglich weiter spezifiziert. Somit kann, die Richtigkeit der Ausführungen der Klägerin unterstellt, nicht davon ausgegangen werden, dass jede Ansammlung einer Shell, einer Mehrzahl von Protokollsteuerprogrammen und einer Mehrzahl von Inhaltssteuerprogrammen innerhalb einer auf einem Hardwaresystem implementierten Softwarearchitektur zugleich einen Markup-Language-Browser im Sinne des Klagepatents darstellt. Dass ein MLB über die in Anspruch 2 zusätzlich definierten Merkmale verfügt, zeichnet ihn gegenüber dem in Anspruch 1 offenbarten MLB weiter aus, begründet für sich alleine aber nicht schon sein Vorhandensein. Es grenzt ihn mit seinen Funktionen auch nicht von den allgemeinen Fähigkeiten dezentraler Betriebssysteme ab.

In diesem Zusammenhang überzeugt auch nicht die von der Klägerin zuletzt in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung, dass es sich nur bei dem Linux Kernel des H-Systems um das eigentliche Betriebssystem handele und demgemäß die zwischen diesem und der Anwendungsschicht (Applications) liegenden Schichten Application Framework und Libraries insgesamt als „H Middleware“ eine Shell ausbildeten. Der Linux Kernel bildet schon dem Namen nach lediglich den Kern, also ein Fragment des H-Betriebssystems. Nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung handelt es sich bei dem Linux Kernel im Wesentlichen um eine Ansammlung von Treibern und dem Power Management. Dies steht in Übereinstimmung mit der Darstellung der Elemente im Linux Kernel auf der zwischen den Parteien ihrem Inhalt nach nicht in Streit stehenden Übersicht zur H System Architektur, die die Klägerin anlässlich der mündlichen Verhandlung zur Akte gereicht hat.

Danach hält die Kammer es bei Würdigung des gesamten Sachvortrages der Klägerin für möglich, dass die von der Klägerin für die angegriffene Ausführungsform identifizierten Funktionen und Programmmodule Ausdruck und Teil einer dezentral organisierten Programmstruktur sind und nicht auf das Vorhandensein eines Markup-Language-Browsers zurückzuführen. Dass es zwingend anders ist, hat die Klägerin nicht schlüssig, insbesondere nicht anhand des öffentlich verfügbaren und von ihr auszugsweise in Übersetzung vorgelegten H Developer Guides, dargelegt.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Hs) ZPO i. V. m. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Das Urteil ist gemäß §§ 709 S. 1 und 2, 108 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Die von den Parteien in der mündlichen Verhandlung beantragten Schriftsatzfristen zum jeweils letzten Schriftsatz des Prozessgegners vor der mündlichen Verhandlung brauchten nicht bewilligt zu werden, da die beiden Schriftsätze kein neues tatsächliches Vorbringen enthielten, auf dem das Urteil beruht.

Der Streitwert wird auf 5.000.000,- EUR festgesetzt. Hiervon entfallen 1.000.000,- auf die beantragte Feststellung der gesamtschuldnerischen Pflicht zur Schadensersatz- und Entschädigungsleistung. Die Aufteilung des Streitwerts ist notwendig, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (GRUR-RR 2008, 460, 461) bei den hier streitgegenständlichen Ansprüchen nur die gesamtschuldnerisch gegen die Beklagten geltend gemachten Ansprüche gebührenrechtlich eine Angelegenheit darstellen, für die eine Erhöhungsgebühr in Betracht kommt.

Die Ausführungen der Parteien in ihren nicht nachgelassenen Schriftsätzen boten keinen Anlass, die Verhandlung ausnahmsweise wiederzueröffnen, §§ 296a, 156 Abs. 1 ZPO.