4a O 866/00 – Kurbelwellenlager

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 113

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. Februar 2002, Az. 4a O 866/00

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,– Euro vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch Wertpapiere, die nach § 234 Abs. 1, 3 BGB zur Sicherheitsleistung geeignet sind, oder durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Patents 34 26 208 (Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das auf eine Anmeldung vom 17.7.1984 zurückgeht und dessen Erteilung am 6.3.1986 veröffentlicht wurde. Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

Kurbelwellenlager für Brennkraftmaschinen, die aus einer Leichtmetall-Legierung bestehen und durch Lagerabschnitte eines Kurbelgehäuses sowie Lagerdeckeln gebildet werden, wobei die Lagerdeckel mittels im Abstand zueinander angeordneter Schrauben an den Lagerabschnitten gehalten sind und wenigstens in den Lagerdeckeln ein Kern aus einem eisenmetallischen Werkstoff eingegossen ist, der von den Schrauben durchdrungene Bohrungen umfasst,

dadurch gekennzeichnet, dass der Kern (10) Büchsen (14, 15) zur Aufnahme der Schrauben (8, 9) sowie ein sich zwischen den Büchsen (14, 15) erstreckendes Querteil (18) aufweist, das einen Kurbelwellenzapfen (1) unmittelbar umgibt, wobei die Büchsen (14, 15) sich an den an die horizontale Ebene (A-A) angrenzenden Lagerteilen (Lagerabschnitt 6 und/oder Lagerdeckel 7) abstützen.

Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift und zeigen in Figur 1 einen Teilquerschnitt einer Brennkraftmaschine im Bereich eines erfindungsgemäßen Kurbelwellenlagers, in Figur 2 einen Schnitt nach der Linie II – II der Figur 1, in Figur 3 einen Schnitt nach der Linie III – III der Figur 1 und in Figur 4 eine Schrägansicht eines erfingungsgemäßen Kerns eines Lagerdeckels des Kurbelwellenlagers:

Wegen der von der Klägerin „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 2, 6 und 11 wird auf die als Anlage K1 vorgelegte Klagepatentschrift verwiesen.

Teil des 2,5 L V6 Motors des von der Beklagten vertriebenen Automobil-Modells „F1xx M7xxxx“ ist ein Kurbelwellenlager, das in einem wissenschaftlichen Beitrag als „Kurbelgehäuse mit verschraubtem Strukturverband („Girdle-Design“) oder „Girdle“-Aluminiumrahmen mit integriertem Kurbelwellenlager“ beschrieben wird (vgl. Anlage K 5, Menne/Coventry/Rechs/Klauke, Motortechnische Zeitschrift 55 [1994], 403, 404). Zur weiteren Veranschaulichung wird auf die als Anlage K 6 und L 13 vorgelegten Fotografien verwiesen. Die als Anlage K 9 eingereichten Zeichnungen der angegriffenen Ausführungsform werden nachfolgend wiedergegeben:

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte durch den Vertrieb von Motoren, die mit dem „Girdle-Design“ ausgestattet sind, das Klagepatent wortlautgemäß, jedenfalls aber mit äquivalenten Mitteln verletzt.

Sie beantragt,

I.

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren zu vollziehen an ihren Vorständen, zu unterlassen,

Kurbelwellenlager für Brennkraftmaschinen, die aus einer Leichtmetall-Legierung bestehen und durch Lagerabschnitte eines Kurbelgehäuses sowie Lagerdeckeln gebildet werden, wobei die Lagerdeckel mittels im Abstand zueinander angeordneter Schrauben an die Lagerabschnitten gehalten sind und wenigstens in den Lagerdeckeln ein Kern aus einem eisenmetallischen Werkstoff eingegossen ist, der von den Schrauben durchdrungene Bohrungen umfasst;

im Geltungsbereich des deutschen Patents 34 26 208 anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen der Kern Büchsen zur Aufnahme der Schrauben sowie ein sich zwischen den Büchsen erstreckendes Querteil aufweist, das einen Kurbelwellenzapen unmittelbar umgibt, wobei die Büchsen sich an den an die horizontale Ebene angrenzenden Lagerteilen (Lagerabschnitt und/oder Lagerdeckel) abstützen,

insbesondere,

a) wenn sich an den Büchsen Spannmittel der Schrauben abstützen;

und/oder

b) wenn zur Erzielung einer ineinandergreifenden Verbindung zwischen jedem Lagerdeckel und dem Kern an letzterem ein oder mehrere Durchgangsöffnungen vorgesehen sind;

und/oder

c) die Lagerdeckel Bestandteil einer Brücke aus einer Leichtmetall-Legierung sind;

2.

der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorstehend unter I 1 bezeichneten Handlungen seit dem 6. April 1986 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Kurbelwellenlager sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Menge der selbst hergestellten (durch Einbau bestückten), erhaltenen oder bestellten, mit Kurbelwellenlagern gemäß I 1 ausgerüsteten Brennkraftmaschinen und/oder Kraftfahrzeuge, aufgeschlüsselt nach (Fahrzeug-)Typen und (Ein-)Bauzeiten sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen (und ggf. nach Typenbezeichnungen von Kurbelwellenlagern, Brennkraftmaschinen und/oder Kraftfahrzeugen) sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (und ggf. nach Typenbezeichnungen von Kurbelwellenlagern, Brennkraftmaschinen und/oder Kraftfahrzeugen) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagen und Stückzahlen pro Auflage pro Werbeträger, nach Verbreitungszeiten und Verbreitungsgebiet,

f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die vor dem 1. Mai 1992 begangenen Handlungen auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;

– die Angaben zu a) und b) nur für die Zeit seit dem 1. Juli 1990 zu machen sind;

II.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin durch die vorstehend unter I 1 bezeichneten, seit dem 6. April 1986 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird, wobei sich die Verpflichtung zum Schadensersatz für die vor dem 1. Mai 1992 begangenen Handlungen auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt.

hilfsweise

– im Verhältnis zu vorstehendem Unterlassungsantrag unter

I. 1. – die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an ihren Vorständen, zu unterlassen,

Kurbelwellenlager für Brennkraftmaschinen, die aus einer Leichtmetall-Legierung bestehen und durch Lagerabschnitte eines Kurbelgehäuses sowie Lagerdeckel gebildet werden, wobei die Lagerdeckel mittels im Abstand zueinadner angeordneter Schrauben an den Lagerabschnitten gehalten sind und wenigstens in den Lagerdeckeln ein Kern aus einem eisenmetallischen Stoff in der Weise eingefügt ist, dass er unter teilweisem Verzicht auf eine äußere leichtmetallische Umhüllung in Leichtmetallansätzen der Lagerdeckel gehalten ist, wobei der Kern von den Schrauben durchdrungene Bohrungen umfasst,

im Geltungsbereich des deutschen Patents 34 26 208 anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen der Kern Büchsen zur Aufnahme der Schrauben sowie ein sich zwischen den Büchsen erstreckendes Querteil aufweist, das einen Kurbelwellenzapfen unmittelbar in der Weise umgibt, dass der eisenmetallische Kern unter möglichst naher Heranführung an den Kurbelwellenzapfen die Lagerlauffläche des Lagerdecksl umfasst, wobei die Büchsen sich an den an die horizontale Ebene angrenzenden Lagerteilen (Lagerabschnitt und/oder Lagerdeckel) abstützen, und bei denen die Lagerdeckel Bestandteil einer Brücke aus einer Leichtmetall-Legierung sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie stellt eine Verletzung des Klagepatents in Abrede. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die Lehre des Klagepatents weder wortlautgemäß noch mit äquivalenten Mitteln, jedenfalls aber könne sie sich auf den sog. Formstein-Einwand berufen.

Hilfsweise sei die Verhandlung im Hinblick auf die von ihr gegen des Klagepatent erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsbegehren der Beklagten entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin stehen die gegenüber der Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatz nicht zu, weil die angegriffene Ausführungsform nicht Anspruch 1 des Klagepatents verwirklicht, §§ 9, 14, 139, 140b PatG (1981), 242, 259 BGB.

I.

Das Klagepatent befasst sich mit der Ausgestaltung von Kurbelwellenlager für Brennkraftmaschinen. Der Klagepatentschrift ist zu entnehmen, dass es im Stand der Technik bekannt war, Kurbelwellenlager aus einer Leichtmetall-Legierung zu fertigen, um das Gewicht der Brennkraftmaschine zu reduzieren. Wie aus der DE-OS 31 35 683 hervorgeht, weisen leichtmetallische Kurbelwellenlager jedoch den Nachteil auf, dass sie sich bei entsprechender Betriebstemperatur über vorgesehene Toleranzen hinaus ausdehnen, was zur Folge hat, dass das Lagerspiel zwischen dem Kurbelwellenzapfen der Kurbelwelle und den Lagern so groß wird, dass es zu unerwünschten Geräuschen kommt. Zur Vermeidung dieses Nachteils ist in der genannten Druckschrift vorgesehen, im Lagerdeckel der Kurbelwellenlager einen eisenmetallischen Kern einzugießen, der durch einen Streifen gebildet wird und sich quer zum Lagerdeckel sowie mit Abstand zum Kurbelwellenzapfen erstreckt. In der Klagepatentschrift wird hierzu kritisch angemerkt, dass die angestrebte Geräuschminderung mit einer solchen Ausführungsform nicht erreicht wird, weil sich die leichtmetallische Lagerlauffläche des Lagerdeckels nach wie vor ausdehnt und der Streifen aufgrund seiner geringen Versteifungs- und Abstützfunktion eine wirkungsvolle Spielvergrößerung des Lagers nicht verhindert.

In der Beschreibung wird außerdem auf die DE-AS 12 58 637 als vorbekanntem Stand der Technik hingewiesen, der einen Lagerdeckel offenbart, der an seinem Fußteil mit einem aus Eisen bestehenden Metallstreifen versehen ist, der zum Ausgleich des Lagerspiels dient. Hierzu heißt es sodann in der Beschreibung kritisch, dass auch dieser Metallstreifen nicht verhindern könne, dass sich die Lagerlauffläche im Rahmen unerwünschter Toleranzen ausdehnt.

Nach den Angaben in der Klagepatentschrift liegt der Erfindung daher das Problem (die Aufgabe) zugrunde, Kurbelwellenlager für Brennkraftmaschinen zu schaffen, die unter Beibehaltung eines günstigen Gewichtes so ausgestaltet sind, dass geräuscherhöhende Lagerspielveränderungen vermieden werden.

Das soll durch eine Vorrichtung mit den folgenden Merkmalen erreicht werden:

1. Kurbelwellenlager für Brennkraftmaschinen

1.1 die aus einer Leichtmetall-Legierung bestehen und

1.2 durch

1.2.1 Lagerabschnitte eines Kurbelgehäuses sowie

1.2.2 Lagerdeckeln

gebildet werden.

2. die Lagerdeckel sind mittels im Abstand zueinander angeordneter Schrauben an den Lagerabschnitten gehalten.

3. Ein Kern aus einem eisenmetallischen Werkstoff ist

3.1 wenigstens in den Lagerdeckeln eingegossen und

3.2 umfasst von den Schrauben durchdrungene Bohrungen.

4. Der Kern (10) weist auf

4.1 Büchsen (14, 15) zur Aufnahme der Schrauben (8, 9) sowie

4.2 ein sich zwischen den Büchsen (14, 15) erstreckendes Querteil (18),

4.3 das einen Kurbelwellenzapfen (11) unmittelbar umgibt,

4.4 wobei die Büchsen (14, 15) sich an den an die horizontale Ebene (A – A) angrenzenden Lagerteilen (Lagerabschnitt 6 und/oder Lagerdeckel 7) abstützen.

Nach den Angaben der Klagepatentschrift liegen die mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung erreichten Vorteile darin, dass der eisenmetallische Kern, der die Lagerlauffläche umfasst und durch die Büchsen und das Querteil dem Lagerdeckel (der Bestandteil einer das Kurbelgehäuse versteifenden leichmetallischen Brücke ist) eine hohe Steifigkeit verleiht, lediglich eine vertretbare, also keine störenden Lagergeräusche verursachende Lagerspielvergrößerung zulässt. Diese wird noch durch die Abstützung der Büchsen an den Lagerabschnitten bzw. der Spannmittel der Schrauben (Schraubenmutter, Schraubenkopf) an den Büchsen unterstützt. Durch die Querschnittswahl weist der Kern – bei relativ geringem Gewicht – eine hohe Festigkeit auf. Durch die Verzahnungen bildenden Erweiterungen und Ausnehmungen entlang der Büchsen und die Durchgangsöffnung wird eine gute Verbindung zwischen dem Lagerdeckel und dem Kern erzielt.

II.

Das von der Beklagten vertriebene Kurbelwellenlager fällt nicht in den Schutzbereich des Klagepatents, weil Merkmal 3.1 der vorstehenden Merkmalsgliederung weder wortlautgemäß noch äquivalent verwirklicht ist, § 14 PatG.

1. Der Merkmalsgruppe 1 ist zu entnehmen, dass die erfindungsgemäßen Kurbelwellenlager für Brennkraftmaschinen aus einer Leichtmetall-Legierung bestehen und durch Lagerabschnitte eines Kurbelgehäuses sowie Lagerdeckeln gebildet werden. Mithin sollen nicht nur die Lagerabschnitte des Kurbelgehäuses, sondern auch die Lagerdeckel aus einer Leichtmetall-Legierung bestehen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Lagerdeckel ausschließlich aus einer Leichtmetall-Legierung zu bilden sind. Denn Merkmal 3 sieht vor, dass (wenigstens) in den Lagerdeckeln ein Kern aus eisenmetallischem Werkstoff eingegossen ist. Die weitere Ausgestaltung des eisenmetallischen Kerns ergibt sich aus Merkmal 3.2 und der Merkmalsgruppe 4.

Durch den bimetallischen Aufbau der Lagedeckel mit Kern werden – wie der Durchschnittsfachmann aufgrund seines Fachwissens erkennt und den Erläuterungen in der Beschreibung der Klagepatentschrift entnimmt – zwei gegenläufige technische Funktionen erfüllt. Die Lagerdeckel sollen einerseits aus einer Leichtmetall-Legierung bestehen, um das Gewicht der Brennkraftmaschine zu reduzieren. Das war bereits im Stand der Technik bekannt (Klagepatentschrift, Sp. 2, Z. 9 ff.) und soll auch bei dem erfindungsgemäßen Kurbelwellenlager beibehalten werden (a.a.O., Sp. 2, Z. 40 ff.). Andererseits ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass in die Lagerdeckel ein Kern aus eisenmetallischem Werkstoff eingegossen ist, um diesen eine hohe Steifigkeit zu verleihen (a.a.O., Sp. 2, Z. 49 ff.). Eine solche Versteifung der Lagerdeckel ist erwünscht, weil ausschließlich aus einem leichtmetallischen Werkstoff bestehende Kurbelwellenlager den Nachteil aufweisen, dass sich bei entsprechender Betriebstemperatur das Lagerspiel zwischen dem Kurbelwellenzapfen und der Kurbelwelle so stark ausdehnt, dass es zu unerwünschten Geräuschbildungen kommt (Sp. 2, Z. 12 ff., 40 ff., 49 ff.).

Neben dem Werkstoff, aus dem der Kern besehen soll, ist auch dessen räumlich-körperliche Ausgestaltung für die angestrebte Stabilisierungsfunktion von Bedeutung. Im Stand der Technik war es bekannt, die aus einer Leichtmetall Legierung bestehenden Lagerdeckel mit einem Metallstreifen zu verbinden, der aus Eisen bestand und sich quer zum Laderdeckel sowie mit Abstand zum Kurbelwellenzapen erstreckte (Sp. 2, Z. 21 ff.). In der Beschreibung der Klagepatentschrift wird dieser Stand der Technik als unzureichend kritisiert, weil sich bei diesen vorbekannten Ausführungsformen die leichtmetallische Lagerlauffläche des Lagerdeckels nach wie vor ausdehnt und der Streifen aufgrund seiner geringen Versteifungs- und Abstützfunktion eine wirkungsvolle Spielvergrößerung des Lagers nicht verhindert (Sp. 2, Z. 26 ff.). Um diese Nachteile zu vermeiden, ist die in der Merkmalsgruppe 4 beschriebene räumlich-körperliche Ausgestaltung des aus einem eisenmetallilschen Werkstoff bestehenden Kerns vorgesehen. Danach soll der Kern Büchsen zur Aufnahme der Schrauben sowie ein sich zwischen den Büchsen erstreckendes Querteil aufweisen, das einen Kurbelwellenzapfen unmittelbar umgibt, wobei die Büchsen sich an den an die horizontale Ebene (A-A) angrenzenden Lagerteile abstützen.

Die Anordnung des Kerns aus einem eisenmetallischen Werkstoff in dem aus einer Leichtmetall-Legierung bestehenden Lagerdeckel wird in Merkmal 3.1 dahin beschrieben, dass der Kern in den Lagerdeckeln eingegossen ist. Der Fachmann versteht darunter einen Lagerdeckel, der einen eisenmetallischen Kern aufweist, der mit Ausnahme der Büchsen, soweit diese die Schrauben aufnehmen und sich an den an die horizontale Ebene (A-A) angrenzenden Lagerteilen abstützen, und mit Ausnahme des Querteils, soweit dieses den Kurbelwellenzapfen unmittelbar umgibt, vollständig von einer Leichtmetall-Legierung umhüllt ist. Dafür spricht nicht nur der Wortlaut des Merkmals 3.1, in dem von einem „Kern“ aus einem eisenmetallischen Werkstoff die Rede ist, der in den Lagerdeckeln „eingegossen“ sein soll. Das ergibt sich für den Fachmann vielmehr auch aus der technischen Funktion, die dem bimetallischen Aufbau des Lagerdeckels erfindungsgemäß zugrundeliegt. Danach soll zwar einerseits der eisenmetallische Kern eine geräuscherhöhende Lagerspielveränderungen ausschließende Versteifung des Lagerdeckels bewirken, andererseits aber der mit dem Einsatz einer Leichtmetall-Legierung einhergehende Vorteil eines geringen Gewichts weitestgehend beibehalten werden. Das führt zu der Überlegung, dass der eisenmetallische Kern nur insoweit erforderlich ist, wie dies zur Herbeiführung der gewünschten Versteifungsfunktion erforderlich ist. Erfindungsgemäß besteht diese Notwendigkeit bei den Büchsen, soweit diese die Schrauben aufnehmen und sich an den an die horizontale Ebene (A-A) angrenzenden Lagerteilen abstützen, und beim Querteil, soweit dieses den Kurbelwellenzapfen unmittelbar umgibt, weil dem Lagerdeckel dadurch eine hohe Steifigkeit verliehen wird, die lediglich eine vertretbare, also keine störende Lagergeräusche verursachende Lagerspielvergrößerung zulässt (vgl. a.a.O., Sp. 2, Z. 49 ff.). Dabei ist der Querschnitt des Kerns so zu wählen, dass er – bei relativ geringem Gewicht – eine hohe Festigkeit aufweist (a.a.O., Sp. 2, Z. 59 ff.). Für die übrigen Teile des Lagerdeckels gilt demgegenüber die allgemeine Anweisung, dass der Lagerdeckel aus einer Leichtmetall-Legierung zu bestehen hat, um das Kurbelwellenlager insgesamt möglichst leicht auszugestalten. Entsprechend wird Merkmal 3.1 vom Fachmann dahin verstanden, dass der Kern an den übrigen Stellen in den aus einer Leichtmetall-Legierung bestehenden Lagerdeckel eingegossen sein soll.

Entsprechend ist auch das erfindungsgemäße Ausführungsbeispiel ausgebildet, das in der Beschreibung erläutert (a.a.O., Sp. 3, Z. 17 ff.) und in den Figuren 1 bis 3 gezeigt wird. Wie Figur 2 und den Angaben in der Beschreibung entnommen werden kann, weist das Querteil einen eisenmetallischen Kern 10 auf, der – mit Ausnahme der Lauffläche 12 – in den aus einer Leichtmetall-Legierung bestehenden Lagerdeckel eingegossen ist (a.a.O., Sp. 3, Z. 29 ff.). Aus Figur 3 und der Beschreibung ergibt sich zudem, dass auch die Büchsen des Ausführungsbeispiels als Bestandteil des Kerns in den Lagerdeckel eingegossen sind (Sp. 3, Z. 61 ff.).

Bei der angegriffenen Ausführungsform ist das Merkmal 3.1 nicht verwirklicht. Das sog. „Girdle-Design“ weist – wie etwa aus den als Anlage K 9 vorgelegten und oben wiedergegebenen Zeichnungen ersichtlich – zwei sogenannte Leiterbäume auf, die aus einer Leichtmetall-Legierung (Aluminium-Legierung) gebildet sind. Die Leiterbäume verfügen jeweils über in einem Winkel von 90° zu den „Stämmen“ angeordnete Befestigungsansätze, die in gleichmäßigen Abständen aufeinander folgen und aus der Leichtmetall-Legierung der Leiterbäume bestehen. An ihren äußeren Enden sind die Befestigungsansätze U-förmig ausgestaltet. Darin nehmen sie die Enden eines Querteils (einer Sprosse) auf, das vollständig aus einem eisenmetallischem Werkstoff besteht. Die Parteien streiten darüber, ob lediglich der aus Eisenmetall bestehende Querteil oder aber „alles, was sich z.B. zwischen den … als „Leiterbäumen“ bezeichneten Teilen einer Leichtmetall-Brücke in querverlaufender Anordnung befindet“, mithin also das aus Eisenmetall bestehende Querteil und die aus einer Aluminium-Legierung gebildeten Befestigungsansätze als erfindungsgemäßer Lagerdeckel anzusehen ist. Selbst wenn insoweit mit der Klägerin von der letztgenannten Alternative ausgegangen wird, folgt daraus aber keine wortlautgemäße Verwirklichung des Merkmals 3.1. Denn auch dann ist der aus Eisenmetall bestehende Kern jedenfalls in seinem mittleren Teil nicht in den Lagerdeckel eingegossen bzw. wird nicht von einer Leichtmetall-Legierung umhüllt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die halbzylindrische Ausnehmung des aus Eisenmetall bestehenden Kerns eine aus aluminiumbeschichteten Stahl gebildete Lagerschale aufnimmt. Eine wortlautgemäße Verwirklichung des Merkmals 3.1 scheidet demanch aus.

2. Die Beklagte macht hilfsweise eine Verwirklichung des Merkmals 3.1 durch die angegriffene Ausführungsform mit äquivalenten Mitteln geltend. Wie sich aus der Fassung des Hilfsantrages ergibt, sieht sie das äquivalente Mittel darin, dass der Kern aus einem eisenmetallischen Werkstoff unter teilweisem Verzicht auf eine äußere leichtmetallische Umhüllung in Leichtmetallansätzen der Lagerdeckel gehalten ist. Darin kann ihr nicht gefolgt werden.

Nach der Rechsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine äquivalente Benutzung einer patentierten Erfindung vor, wenn der Fachmann das nicht wortlautgemäße Lösungsmittel aufgrund von Überlegungen, die sich an der in den Patentansprüchen umschriebenen Erfindung ausrichten, mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als gleichwirkend auffinden konnte (BGHZ, 98, 12, 19 – Formstein; BGHZ 125, 303 – Zerlegvorrichtung für Baumstämme). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es fehlt bereits an einer Gleichwirkung. Denn dadurch, dass der Lagerdeckel im mittleren Bereich nicht nur einen eisenmetallischen Kern aufweist, der in den in den aus einer Leichtmetall-Legierung bestehenden Lagerdeckel eingegossen ist, sondern vollständig aus Eisenmetall gebildet ist, wird auf den erfindungsgemäß angestrebten Vorteil verzichtet, einen möglichst leichten Lagerdeckel zu schaffen.

Auch die von der Klägerin im Termin vorgebrachte Überlegung, der Lagerdeckel der angegriffenen Ausführungsform habe schon deshalb ein relativ geringes Gewicht, weil auf die Umhüllung mit einer Leichtmetall-Legierung im mittleren Bereich des Deckels verzichtet worden sei, führt nicht weiter. Denn dieses Argument ändert nichts an dem Umstand, dass im mittleren Bereich des Deckels der angegriffenen Ausführungsform nicht nur der aus den Büchsen und einem Querteil bestehende Kern des Lagerdeckels aus Eisenmetall gebildet ist, sondern dies auch für die Teile gilt, in die nach der Lehre des Klagepatents der Kern einzugießen ist und die aus einer Leichtmetall-Legierung bestehen sollen, mithin die äußeren Teile im mittleren Bereich des Lagerdeckels der angegriffenen Ausführungsform, die nicht unmittelbar einen Kurbelwellenzapfen umgeben. Das hat zur Folge, dass der mit der Erfindung angestrebte Vorteil möglichst günstiger Gewichtsverhältnisse bei der angegriffenen Ausführungsform nicht erreicht wird.

Zudem hat die Klägerin nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich, aufgrund welcher – an der in Patentanspruch 1 umschriebenen Erfindung ausgerichteter – Überlegungen der Fachmann auf den Gedanken kommen konnte, den Lagerdeckel – entgegen den Anweisungen der technischen Lehre des Klagepatents – im mittleren Bereich vollständig aus Eisenmetall zu bilden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 2.518.219,30 Euro (5.000.000,– DM).

Dr. G5xxxxxxx F2xxxx Dr. B4xxx