4a O 85/13 – Flaschenumsetzung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2353

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. November 2014, Az. 4a O 85/13

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Streitwert wird auf 110.000,00 EUR festgesetzt.

TATBESTAND

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der ABC A-B-C GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) und macht aus dem deutschen Patent DE 10 2004 047 XXX B4 (Anlage K 2, im Folgenden: Klagepatent), dessen Inhaberin die Schuldnerin ist, Ansprüche auf Auskunft sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht geltend. Das Klagepatent wurde am 29. September 2004 angemeldet und am 30. März 2006 offengelegt. Die Patenterteilung wurde am 26. April 2012 veröffentlicht. Die Beklagte hat das Klagepatent, welches ein Verfahren zum Umsetzen von Flaschen sowie eine Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens betrifft, durch Schriftsatz vom 19. Dezember 2013 (Anlage B 1) durch Erhebung einer Nichtigkeitsklage angegriffen, über die noch nicht entschieden ist.

Die Ansprüche 1 und 15 des Klagepatents lauten:

„1. Verfahren zum Umsetzen von Flaschen (2) aus Flaschenkästen (3) eines ersten Typs mit einer ersten Anzahl von Gefachen zur Aufnahme jeweils einer Flasche (2) in Flaschenkästen (4) eines zweiten Typs mit einer gegenüber der ersten Anzahl kleineren zweiten Anzahl von Gefachen zur Aufnahme jeweils einer Flasche (2), dadurch gekennzeichnet, dass an einer Arbeits- oder Umsetzposition (8) jeweils eine erste Flaschenkastengruppe aus Flaschenkästen (3) des ersten Typs sowie eine zweite und eine dritte Flaschenkastengruppe aus Flaschenkästen (4) des zweiten Typs bereitgestellt werden, dass die Anzahl der Flaschenkästen (4) in der zweiten und dritten Flaschenkastengruppe jeweils identisch, aber unterschiedlich von der Anzahl der Flaschenkästen (3) der ersten Flaschenkastengruppe ist, dass mit einem Mehrfachgreifer (11) sämtliche Flaschen (2) aus den Flaschenkästen (3) der ersten Flaschenkastengruppe entnommen und dann außerhalb der Flaschenkästen (3, 4) am Mehrfachgreifer (11) zu einer in die Gefache der Flaschenkästen (4) des zweiten Typs passende Flaschengruppen (G1 – G5) formiert werden, und dass dann die Flaschen der formierten Flaschengruppen (G1 – G5) in die Flaschenkästen (4) der zweiten Flaschenkastengruppe sowie überzählige Flaschen (2.1) in die Flaschenkästen (4) der dritten Flaschenkastengruppe eingesetzt werden.

15. Vorrichtung zum Umsetzen von Flaschen gemäß einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 14, gekennzeichnet durch einen Mehrfachgreifer (11) mit einer der Anzahl von Greiferelementen (12), die mindestens gleich der Anzahl in einem Arbeitsgang umzusetzenden Flaschen (2) ist und der zwischen den an der Umsetzposition bereitstehenden Flaschenkastengruppen für das Umsetzen zumindest in vertikaler Richtung sowie in horizontaler Richtung bewegbar ist.“

Nachstehend verkleinert wiedergegebene Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und illustrieren dessen technische Lehre anhand eines Ausführungsbeispiels:

Figur 1 zeigt eine klagepatentgemäße robotergestützte Anlage zum Umsetzen von Flaschen aus Zwanziger- in Elfer-Flaschenkästen in vereinfachter Draufsicht. Figur 2 ist eine schematische Darstellung des klagepatentgemäßen Verfahrens.

Die Beklagte betreibt in B eine Bierbrauerei und in dieser Anlagen zum Umsetzen von Getränkeflaschen aus Zwanziger- in Elfer-Flaschenkästen (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Nachstehend verkleinert wiedergegeben ist eine als Anlage K 6 zur Gerichtsakte gereichte vereinfachte Draufsicht auf den Aufbau der angegriffenen Ausführungsform:

Die angegriffene Ausführungsform arbeitet in der Weise, dass auf einem von zwei, in der obigen Darstellung oben wiedergegebenem Transportband Zwanziger-Flaschenkästen in Gruppen von jeweils drei Kästen der Umsetzstation zugeführt werden. In einem ersten Umsetzzyklus werden alle Flaschen aus allen drei Kästen durch einen Mehrfachgreifer mit 60 Greifelementen herausgehoben. Während einer Bewegung des Mehrfachgreifers werden die 60 Flaschen umgruppiert und zu Elfer-Flaschenkästen transportiert, welche in Gruppen von jeweils fünf Kästen auf dem in obiger Darstellung unten abgebildeten Transportband der Umsetzstation zugeführt werden. Insgesamt 55 der Flaschen werden in die fünf Elferkästen einer Gruppe eingesetzt, die übrigen fünf werden in Gefache einer Abstellfläche abgestellt. Die entleerten Zwanziger- und die befüllten Elferkästen werden sodann abtransportiert und ein neuer Umsetzungszyklus beginnt. Nach elf solchen Zyklen werden die dann insgesamt 55 auf der Abstellfläche befindlichen Flaschen in eine Gruppe von fünf Elferkästen eingesetzt.

Die Klägerin ist der Auffassung, das von der angegriffenen Ausführungsform ausgeführte Verfahren verwirkliche das Anspruch 1 des Klagepatents gelehrte Verfahren und die angegriffene Ausführungsform mache wortsinngemäß von der technischen Lehre des Anspruchs 15 des Klagepatents Gebrauch. In Entsprechung dieser Lehre würden bei der angegriffenen Ausführungsform eine zweite und eine dritte Flaschenkastengruppe aus Flaschenkästen des zweiten Typs dadurch bereitgestellt, dass zunächst – wie es unstreitig geschieht – elf Gruppen von Elferkästen und sodann eine zwölfte Gruppe von Elferkästen über den Transporteur zur Arbeits- oder Umsetzposition herangeführt werden. Die zweiten Flaschenkastengruppen unterschieden sich in der dritten Flaschenkastengruppe durch den Zeitpunkt ihrer Heranführung. Dass gleichzeitig die zweite und die dritte Flaschenkastengruppe herangeführt werden müssten, sei durch das Klagepatent ebenso wenig gefordert wie das Vorsehen je eines Transporteurs für die zweite und die dritte Flaschenkastengruppe. Klagepatentgemäß würden deshalb bei der angegriffenen Ausführungsform überzählige Flaschen, die nach Entnahme aus der ersten Flaschenkastengruppe nicht in Kästen der zweiten Flaschenkastengruppe eingesetzt werden können, in der Weise in die dritte Flaschenkastengruppe eingesetzt, dass sie zunächst in Gefache der Abstellfläche, die exakt den Gefachen der dritten Flaschenkastengruppe nachgebildet seien, eingesetzt und zu einem späteren Zeitpunkt von dort wieder entnommen und schließlich in die dritte Flaschenkastengruppe eingesetzt werden. Das Klagepatent umfasse auch einen solchen Zwischenschritt des Abstellens auf einer Abstellfläche.

Außerdem meint die Klägerin, das Klagepatent werde sich im Zuge des parallelen Nichtigkeitsverfahrens als rechtsbeständig erweisen.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie seit dem 1. Mai 2006 in der Bundesrepublik Deutschland ein Verfahren zum Umsetzen von Flaschen aus Zwanziger-Flaschenkästen in Elfer-Flaschenkästen angewendet hat, bei dem
a. an einer Arbeits- oder Umsetzposition bereitgestellt werden
a.1. eine erste Flaschenkastengruppe aus Zwanziger-Flaschenkästen,
a.2. eine zweite und eine dritte Flaschenkastengruppe aus Elfer-Flaschenkästen,
b. die Anzahl der Elfer-Flaschenkästen in der zweiten und dritten Flaschenkastengruppe jeweils identisch, aber unterschiedlich von der Anzahl der Zwanziger-Flaschenkästen der ersten Flaschenkastengruppe ist,
c. mit einem Mehrfachgreifer zunächst sämtliche Flaschen aus den Zwanziger-Flaschenkästen der ersten Flaschenkastengruppe entnommen werden,
d. sodann sämtliche entnommenen Flaschen außerhalb der Flaschenkästen am Mehrfachgreifer zu einer in die Gefache der Elfer-Flaschenkästen passende Flaschengruppen formiert werden,
e. sowie anschließend die Flaschen der formierten Flaschengruppen in die Flaschenkästen der zweiten Flaschenkastengruppe und überzählige Flaschen in die Flaschenkasten der dritten Flaschenkastengruppe eingesetzt werden,

und zwar unter Angabe der Art und des Umfangs verübter eigener Verfahrensbenutzungshandlungen, insbesondere unter Angabe der Anzahl der Zwanziger-Flaschenkästen, aus denen Flaschen in Elfer-Flaschenkästen umgesetzt worden sind, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kalenderjahren;

II. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen

1. über die Herkunft der von ihr betriebenen Vorrichtungen mit einem Mehrfachgreifer, der mindestens 60 Greifelemente aufweist und zwischen den an der Umsetzposition bereitstehenden Flaschenkastengruppen für das Umsetzen sowohl in vertikaler Richtung als auch in horizontaler Richtung bewegbar ist, zur Durchführung eines Verfahrens zum Umsetzen von Flaschen aus Zwanziger-Flaschenkästen in Elfer-Flaschenkästen, bei dem
a. an einer Arbeits- oder Umsetzposition bereitgestellt werden,
a.1. eine erste Flaschenkastengruppe aus Zwanziger-Flaschenkästen,
a.2. eine zweite und eine dritte Flaschenkastengruppe aus Elfer-Flaschenkästen,
b. die Anzahl der Elfer-Flaschenkästen in der zweiten und dritten Flaschenkastengruppe jeweils identisch, aber unterschiedlich von der Anzahl der Zwanziger-Flaschenkästen der ersten Flaschenkastengruppe ist,
c. mit einem Mehrfachgreifer zunächst sämtliche Flaschen aus den Zwanziger-Flaschenkästen der ersten Flaschenkastengruppe entnommen werden,
d. sodann sämtliche entnommene Flaschen außerhalb der Flaschenkästen am Mehrfachgreifer zu einer in die Gefache der Elfer-Flaschenkästen passende Flaschengruppe formiert werden,
e. sowie anschließend die Flaschen der formierten Flaschengruppen in die Flaschenkästen der zweiten Flaschenkastengruppe und überzählige Flaschen in die Flaschenkästen der dritten Flaschenkastengruppe eingesetzt werden,

insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer;

2. über die Anzahl der von ihr seit 1. Mai 2006 bestellten und erhaltenen, vorstehend in Ziffer ll./1. beschriebenen Vorrichtungen sowie die Zeitpunkte der jeweiligen lnbetriebnahmen;

III. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die zu Ziffer I. bezeichneten und in der Zeit vom 1. Mai 2006 bis 31. Mai 2012 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

IV. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu Ziffer 1. bezeichneten und seit dem 1. Juni 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entsteht;

V. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von 3.560,40 EUR nebst fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise: den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent DE 10 2004 047 XXX B4 erhobenen Nichtigkeitsklage (Az. 1 Ni 26/14 des BPatG) auszusetzen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform und das auf ihr ausgeführte Verfahren machten von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Diese setze voraus, dass in einem einzigen Arbeitszyklus sämtliche Flaschen aus der ersten Flaschenkastengruppe, also aus Kästen des ersten Typs, entnommen und in die zweite und dritte Flaschenkastengruppe, also in Kästen des zweiten Typs, eingesetzt würden. Das wiederum erfordere die in diesem Sinne gleichzeitige Bereitstellung von Flaschenkästen aus der ersten, zweiten und dritten Gruppe an der Arbeits- oder Umsetzposition. Ein Zwischenschritt, wie ihn die angegriffenen Ausführungsform – unstreitig – durch das Abstellen eines Teils der entnommenen Flaschen auf einer Abstellfläche ausführt, sei nicht mehr vom Schutzbereich des Klagepatents umfasst.

Ferner meint die Beklagte, das Klagepatent werde sich im Zuge des parallelen Nichtigkeitsverfahrens als nicht rechtsbeständig erweisen. Seine technische Lehre sei nicht neu, beruhe jedenfalls aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht aus §§ 9, 33 Abs. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140a PatG, §§ 242, 259 BGB nicht zu. Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Umsetzen von Flaschen sowie eine Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens.

Wie das Klagepatent in seinen einleitenden Passagen ausführt, sind in der Getränkeindustrie unter anderem zwei Arten von Flaschenkästen bekannt, nämlich Zwanziger-Flaschenkästen zum Aufnehmen von zwanzig Flaschen in Gefachen, welche in fünf Reihen mit jeweils vier Gefachen angeordnet sind, sowie Elfer-Flaschenkästen zur Aufnahme von elf Flaschen in drei parallelen Reihen von Gefachen, deren beide äußere jeweils vier und deren mittlere auf Lücke versetzt drei Gefache aufweisen. Bei vielen Getränkeherstellern sind die bestehenden Anlagen für die Verarbeitung von Zwanziger-Flaschenkästen ausgelegt.

Aus der zum Stand der Technik gehörenden DE 296 17 XXX U1 ist eine Vorrichtung zum Umpacken von Gegenständen bekannt, in deren Betrieb Flaschen aus Flaschenkästen eines ersten Typs mit einem Mehrfachgreifer entnommen und auf einen Flaschentisch gestellt werden, über den sie zu einer Abgabestation befördert werden, um dort schließlich in Gruppen durch einen weiteren Mehrfachgreifer in einen Flaschenkasten eines zweiten Typs eingesetzt zu werden. Die DE 102 10 XXX A1 voroffenbart eine Verfahren und eine Vorrichtung zum Umsetzen von Flaschen, wobei ein Greifarm mit zueinander verfahrbaren Packtulpen verwendet wird.

Ohne diesen Stand der Technik zu kritisieren formuliert es das Klagepatent als technische Aufgabe (Absatz [0007]), ein Verfahren aufzuzeigen, mit dem Flaschen problemlos aus Flaschenkästen eines Typs – beispielsweise Zwanzigerkästen – in Flaschenkästen eines anderen Typs – beispielsweise Elferkästen – umgesetzt werden können.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

1. Verfahren zum Umsetzen von Flaschen (2)
a. aus Flaschenkästen (3) eines ersten Typs mit einer ersten Anzahl von Gefachen zur Aufnahme jeweils einer Flasche (2),
b. in Flaschenkästen (4) eines zweiten Typs mit einer gegenüber der ersten Anzahl kleineren zweiten Anzahl von Gefachen zur Aufnahme jeweils einer Flasche (2),
dadurch gekennzeichnet,
2. dass an einer Arbeits- oder Umsetzposition (8) jeweils bereitgestellt werden
a. eine erste Flaschenkastengruppe aus Flaschenkästen (3) des ersten Typs
b. eine zweite und eine dritte Flaschenkastengruppe aus Flaschenkästen (4) des zweiten Typs,
3. dass die Anzahl der Flaschenkästen (4) in der zweiten und dritten Flaschenkastengruppe jeweils identisch, aber unterschiedlich von der Anzahl der Flaschenkästen (3) der ersten Flaschenkastengruppe ist,
4. dass mit einem Mehrfachgreifer (11) sämtliche Flaschen (2) aus den Flaschenkästen (3) der ersten Flaschenkastengruppe entnommen und dann außerhalb der Flaschenkästen (3, 4) am Mehrfachgreifer (11) zu einer in die Gefache der Flaschenkästen (4) des zweiten Typs passende Flaschengruppen (G1-G5) formiert werden,
5. dass dann die Flaschen der formierten Flaschengruppe (G1 – G5) in die Flaschenkästen (4) der zweiten Flaschenkastengruppe sowie überzählige Flaschen (2.1) in die Flaschenkästen (4) der dritten Flaschenkastengruppe eingesetzt werden.

Zur Durchführung dieses Verfahrens schlägt das Klagepatent ferner in seinem Unteranspruch 15 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Vorrichtung mit einem Mehrfachgreifer,
2. der Greifelemente in einer Anzahl aufweist, die mindestens gleich der Anzahl der in einem Arbeitsgang umzusetzenden Flaschen ist,
3. der zwischen den an der Umsetzposition bereitstehenden Flaschenkastengruppen für das Umsetzen sowohl in vertikaler Richtung als auch in horizontaler Richtung bewegbar ist,
4. zur Durchführung eines Verfahrens zum Umsetzen von Flaschen (2)
a. aus Flaschenkästen (3) eines ersten Typs mit einer ersten Anzahl von Gefachen zur Aufnahme jeweils einer Flasche (2),
b. in Flaschenkästen (4) eines zweiten Typs mit einer gegenüber der ersten Anzahl kleineren zweiten Anzahl von Gefachen zur Aufnahme jeweils einer Flasche (2),
wobei
c. an einer Arbeits- oder Umsetzposition (8) jeweils bereitgestellt werden
c1. eine erste Flaschenkastengruppe aus Flaschenkästen (3) des ersten Typs
c2. eine zweite und eine dritte Flaschenkastengruppe aus Flaschenkästen (4) des zweiten Typs,
d. die Anzahl der Flaschenkästen (4) in der zweiten und dritten Flaschenkastengruppe jeweils identisch, aber unterschiedlich von der Anzahl der Flaschenkästen (3) der ersten Flaschenkastengruppe ist,
e. mit einem Mehrfachgreifer (11) sämtliche Flaschen (2) aus den Flaschenkästen (3) der ersten Flaschenkastengruppe entnommen und dann außerhalb der Flaschenkästen (3, 4) am Mehrfachgreifer (1 ) zu einer in die Gefache der Flaschenkästen (4) des zweiten Typs passende Flaschengruppen (G1 – G5) formiert werden,
f. dann die Flaschen der formierten Flaschengruppe (G1 – G5) in die Flaschenkästen (4) der zweiten Flaschenkastengruppe sowie überzählige Flaschen (2.1) in die Flaschenkästen (4) der dritten Flaschenkastengruppe eingesetzt werden.

II.

Zwischen den Parteien steht – zu Recht – allein die Verwirklichung der Merkmale 2.b. und 5. des Verfahrensanspruchs 1 sowie der Merkmal 4.c.bb. und 4.f. des abhängigen Vorrichtungsanspruchs 15 im Streit. Die Verwirklichung dieser streitigen Merkmale lässt sich indes nicht feststellen.

1.
Die technische Lehre des Klagepatents setzt hinsichtlich der streitigen Merkmale zwingend voraus, dass die aus der ersten Flaschenkastengruppe entnommenen Flaschen in einem einzigen Verfahrenszyklus in die zweite und die dritte Flaschenkastengruppe eingesetzt werden, und dass deshalb innerhalb eines Verfahrenszyklus neben Kästen der ersten Gruppe sowohl Kästen der zweiten als auch der dritten Gruppe an der Arbeits- und Umsetzposition bereitgestellt werden.

Der für die Bestimmung des Schutzbereichs maßgebliche Anspruchswortlaut (§ 14 PatG) lässt aus fachmännischer Sicht den engen Zusammenhang zwischen Merkmal 2.b. und 5. im Verfahrensanspruch und zwischen Merkmal 4.c2. und 4f. im Vorrichtungsanspruch erkennen: Damit die Gruppe der (gemäß Merkmal 4. bzw. 4.e.) aus der ersten Flaschenkastengruppe entnommenen und formierten Flaschen in die zweite und die dritte Flaschenkastengruppe eingesetzt werden können, müssen alle drei Flaschenkastengruppen an der Arbeits- oder Umsetzposition bereitgestellt werden. Die – zwischen den Parteien streitige – Frage, ob das Einsetzen in die zweite und dritte Flaschenkastengruppe gleichzeitig, nämlich innerhalb eines Arbeitszyklus und ohne Zwischenschritte hinsichtlich der dritten Flaschenkastengruppe geschehen muss, oder in mehreren Arbeitszyklen und unter Einschluss von Zwischenschritten geschehen kann, wird daher durch Merkmal 2.b. und Merkmal 5. (bzw. durch Merkmal 4.c2. und Merkmal 4.f.) einheitlich beantwortet: Das Erfordernis eines gleichzeitigen Einsetzens der einmal entnommenen Flaschen in die zweite und in die dritte Flaschenkastengruppe setzt die gleichzeitige Bereitstellung der beiden Gruppen voraus.

Mit Blick auf Merkmal 5. des Verfahrensanspruchs und Merkmal 4.f. des Vorrichtungsanspruchs erkennt der Fachmann die Verknüpfung zwischen dem insoweit gelehrten Einsetzen der Flaschen und deren Entnahme, wie sie in Merkmal 4. (bzw. 4.e.) gelehrt wird: Der in Merkmal 4. (bzw. 4.e.) zur Bezeichnung der entnommenen Flaschen benutzte Begriff der „formierten Flaschengruppe“ wird in Merkmal 5. (bzw. 4.f.) wieder aufgegriffen. Außerdem wird das Einsetzen gemäß Merkmal 5. (bzw. 4.f.) mit der vorhergehenden Entnahme gemäß Merkmal 4. (bzw. 4.e.) durch die Konjunktion „dann“ verbunden, was aus fachmännischer Sicht lehrt, dass dieselbe Gruppe von Flaschen, die gemäß Merkmal 4. (bzw. 4.e.) in dem zeitlich darauf folgenden Verfahrensschritt wieder eingesetzt wird, und zwar gemäß Merkmal 5. (bzw. 4.f.) in Kästen der zweiten Gruppe sowie, nämlich hinsichtlich der „überzähligen“ Flaschen in Kästen der dritten Gruppe. Aus den Kästen der ersten Gruppe entnommen werden gemäß Merkmal 4. (bzw. 4.e.) alle Flaschen, die sich in der ersten Flaschenkastengruppe befinden. Demnach müssen auch alle diese Flaschen in Kästen der zweiten und dritten Gruppe eingesetzt werden, keine der entnommenen Flaschen ist vom Einsetzen ausgenommen.

Ein Verfahren, bei dem zwar zunächst alle Flaschen aus der ersten Kastengruppe entnommen, aber nicht alle diese Flaschen vollständig in Flaschenkästen der zweiten und dritten Gruppe eingesetzt, die nach Befüllung der zweiten Flaschenkastengruppe überzähligen Flaschen vielmehr erst in einem Zwischenschritt gesammelt und dann, wenn die notwendige Anzahl überzähliger Flaschen erreicht ist, in Kästen der dritten Gruppe eingesetzt werden, fällt hingegen nicht in den Schutzbereich des Klagepatents, weil es niemals gleichzeitig, nämlich nicht innerhalb desselben Arbeitszyklus sowohl Merkmal 4. (bzw. 4.e.) als auch Merkmal 5. (bzw. 4.f.) erfüllt: In dem Arbeitszyklus, in dem in einem solchen Verfahren die Flaschen entnommen und ein Teil von ihnen in die zweite Flaschenkastengruppe eingesetzt werden, fehlt es an einer Verwirklichung des Merkmals 5. (bzw. 4.f.) , weil es an einem Einsetzen von Flaschen in die dritte Flaschenkastengruppe fehlt. In einem weiteren Arbeitszyklus hingegen, in dem die nach mehreren Arbeitszyklen angesammelten überzähligen Flaschen in die dritte Flaschenkastengruppe eingesetzt werden, ist Merkmal 4. (bzw. 4.e.) mangels einer Entnahme von Flaschen aus Kästen der ersten Gruppe nicht erfüllt.

Die Notwendigkeit einer Verwirklichung der Merkmale innerhalb eines einzigen Arbeitszyklus folgt wiederum aus der wie dargelegt engen Verknüpfung zwischen den in Merkmal 4. (bzw. 4.e.) und Merkmal 5. (bzw. 4.f.) gelehrten Verfahrensschritten. Die Identität der formierten Flaschengruppe in beiden Verfahrensschritten sowie deren Verknüpfung durch die Konjunktion „dann“ geben aus fachmännischer Sicht eine dichte und abschießende Abfolge des klagepatentgemäßen Verfahrens vor. Zwischen diese beiden Verfahrensschritte darf klagepatentgemäß kein weiterer Schritt treten. Namentlich dürfen die einmal entnommenen Flaschen nicht im Zuge eines Zwischenlagerns außerhalb der zweiten und dritten Flaschenkastengruppe abgesetzt und dann nochmals wieder aufgenommen werden. Eine Stütze für das Verständnis, dass sämtliche einmal entnommen Flaschen stattdessen bis zum Einsetzen in die Kästen der zweiten und dritten Gruppe am Mehrfachgreifer verbleiben sollen, ergibt sich, wie der Fachmann zusätzlich erkennt, aus der Angabe in Merkmal 4. (bzw. 4.e.), dass die entnommenen Flaschen am Mehrfachgreifer formiert werden sollen. Wäre auch ein zwischenzeitliches Absetzen aller oder eines Teils der entnommenen Flaschen möglich, könnten die Flaschen auch in einem solchen Zwischenschritt formiert werden.

Zusätzlich belegt wird dies durch das Adverb „jeweils“, welches in Merkmal 2. (bzw. 4.c.) auf die erste Flaschenkastengruppe ebenso bezogen ist wie auf die zweite und die dritte Flaschenkastengruppe. Der Fachmann nimmt diese adverbiale Bestimmung ernst und misst ihr vor dem oben dargestellten technischen Hintergrund die Bedeutung bei, dass aus jeder der in Bezug genommenen Flaschenkastengruppen innerhalb des gleichen maßgeblichen Zeitraums, also innerhalb eines Arbeitszyklus, Kästen an der Arbeits- oder Umsetzposition bereit gestellt werden müssen.

Der auf den Verfahrensanspruch rückbezogene Vorrichtungsanspruch 15 enthält überdies die Angabe der „Anzahl der in einem Arbeitsgang umzusetzenden Flaschen“. Die Flaschen, deren Anzahl durch die Anzahl der vollständig zu entleerenden Gefache der ersten Flaschengruppe bestimmt wird, sollen also in eben dieser Anzahl vom Mehrfachgreifer mit dessen in mindestens dieser Zahl vorhandenen Greiferelementen ergriffen und sodann in einem Arbeitsgang umgesetzt werden. Das Umsetzen in einem – einzigen – Arbeitsgang ist aber nur möglich, wenn sowohl das Entnehmen als auch das Einsetzen gleichzeitig in dem Sinne geschieht, dass es nicht von Zwischenschritten unterbrochen wird.

Ein Beleg für die dargestellte Auslegung ergibt sich ferner daraus, dass sich das Klagepatent von der als Stand der Technik in Absatz [0005] gewürdigten DE 296 17 XXX U1 (Anlage K 4 im parallelen Nichtigkeitsverfahren) abgrenzt. Diese Druckschrift lehrt die Entnahme von Flachen aus Kästen eines ersten Flaschenkastentyps durch einen Mehrfachgreifer gefolgt vom Aufstellen der entnommen Flaschen auf einem Flaschentisch, von dem aus die Flaschen zu einer Abgabestation befördert werden, wo wiederum ein Mehrfachgreifer die Flaschen in Kästen eines zweiten Flaschenkastentyps einsetzt. Der Unterschied zu der im Klagepatent Verfahrensabfolge liegt, wie der Fachmann erkennt, darin, dass zwischen dem Entnehmen der Flachen aus einem ersten Flaschenkastentyp und dem Einsetzen in einen zweiten Flaschenkastentyp Zwischenschritte liegen, nämlich das Aufsetzen der entnommenen Flaschen auf einem Flaschentisch sowie die Beförderung der Flaschen zu einer Abgabestation. Die Lehre der DE 296 17 XXX U1 setzt damit zwar nicht voraus, dass die Flaschen umgruppiert werden müssen, solange sie von einem Mehrfachgreifer ergriffen sind, denn die Umgruppierung kann während der Beförderung zur und/oder bei der Bereitstellung an der Abgabestation geschehen. Stattdessen sind die genannten Zwischenschritte ebenso erforderlich wie das Vorsehen von Vorrichtungsbestandteilen, mit denen diese Zwischenschritte ausgeführt werden können, namentlich der Flaschentisch und die Mittel zur Beförderung der Flaschen an eine Abgabestation. Erkennbar liegt die Abgrenzung der klagepatentgemäßen zu diesem Stand der Technik aber darin, dass ein Abstellen der Flaschen als Zwischenschritt eine Maßnahme ist, die durch die klagepatentgemäße Lehre, insbesondere nämlich durch die Formierung der Flaschen am Mehrfachgreifer und die gleichzeitige Bereitstellung von Flaschenkästen der ersten, zweiten und dritten Gruppe innerhalb desselben Arbeitszyklus überwunden wird.

Auch die abhängigen Unteransprüche belegen die dargestellte Auslegung des Verfahrensanspruchs 1 und des Vorrichtungsanspruchs 15. Die Unteransprüche 8 und 9 geben eine Reihenfolge des Einsetzens der Flaschen in die zweite und dritte Flaschenkastengruppe vor. Während gemäß Unteranspruch 8 zunächst die überzähligen Flaschen in die dritte Gruppe eingesetzt werden sollen, sollen gemäß Unteranspruch 9 zunächst die Kästen der zweiten Gruppe durch Einsetzen eines Teils der entnommenen Flaschen vollständig befüllt werden, ehe sodann überzählige Flaschen in die dritte Flaschenkastengruppe eingesetzt werden. Dem entnimmt der Fachmann, dass eine zeitliche Flexibilität zwar darin bestehen kann, eine Abfolge innerhalb des Einsetzens der Flaschen vorzusehen, das es aber nicht möglich ist, zwischen dem Einsetzen von Flaschen in die zweite und die dritte Flaschenkastengruppe eine Entnahme von Flaschen aus der ersten Flaschenkastengruppe vorzusehen. Das Einsetzen kann mithin gleichzeitig oder erst in die zweite und dann in die dritte Flaschenkastengruppe oder umgekehrt geschehen. Insgesamt kann das Einsetzen in die zweite und in die dritte Flaschenkastengruppe aber nicht durch ein Entnehmen aus der ersten Flaschenkastengruppe unterbrochen werden.

Schließlich stützt auch die im Klagepatent formulierte Aufgabestellung die genannte Auslegungsweise: Dass das Klagepatent bestrebt ist, ein Verfahren zu lehren und damit zu beanspruchen, dass durch den Verzicht auf Zwischenschritte und zusätzliche Vorrichtungsbestandteile gegenüber dem Stand der Technik vereinfacht ist, ergibt sich aus der Formulierung der Aufgabenstellung, welche (Absatz [0007]) auf ein problemloses Umsätzen von Flaschen aus Kästen eines ersten in Kästen eines zweiten Typs und umgekehrt gerichtet ist. Die Ausführung von Zwischenschritten und die Bereithaltung geeigneter Vorrichtungsbestandteile erhöht hingegen, wie der Fachmann erkennt, den konstruktiven Aufwand.

2.
Demnach verwirklicht die angegriffene Ausführungsform die Merkmal 2.b. und 5. (bzw. 4.c2. und 4.f.) nicht: Sie führt unstreitig ein Verfahren aus, bei dem zwischen dem Entnehmen aller in einer ersten Gruppe von Zwanziger-Kästen und dem Einsetzen in eine zweite und eine dritte Gruppe von Elfer-Kästen ein Zwischenschritt ausgeführt wird, nämlich das Abstellen der fünf Flaschen, die bei jeder Entnahme der insgesamt 60 Flaschen aus den drei Zwanziger-Kästen der ersten Gruppe nicht in die fünf Elfer-Kästen der zweiten Gruppe eingesetzt werden können. Erst wenn auf der Abstellfläche nach insgesamt elf Arbeitszyklen sich eine Anzahl von 55 überzähligen Flaschen angesammelt hat, werden diese Flaschen in die fünf Elfer-Kästen einer dritten Gruppe eingesetzt. Damit verwirklicht das von der angegriffenen Ausführungsform ausgeführte Verfahren elf Arbeitszyklen lang Merkmal 5. (bzw. 4.f.) nicht, weil in jedem dieser Zyklen nicht alle entnommenen Flaschen eingesetzt werden. In dem darauffolgenden zwölften Zyklus fehlt es an einer Verwirklichung des Merkmals 5. (bzw. 4.f.) deshalb, weil in diesem zwölften Zyklus keine Flaschen in eine dritte Flaschenkastengruppe eingesetzt werden.

III.

Einer Entscheidung über den hilfsweise gestellten Aussetzungsantrag bedarf es, weil die Klage mangels Verletzung des Klagepatents abzuweisen ist, demnach nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.