4 O 128/02 – Verpackungen unter Vakuum

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 152

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Februar 2003, Az. 4 O 128/02

Rechtsmittelinstanz: 2 U 38/03

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– € -ersatzweise Ordnungshaft- oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

a)

Maschinen zum Herstellen von Verpackungen unter Vakuum mit zur Lagerung der Beutel eingerichteten Auflagen und Deckeln, die an zwei getrennten ringförmigen Fördereinrichtungen angeordnet sind, wobei die ringförmigen Wege der beiden Fördereinrichtungen auf zwei getrennten, übereinander liegenden horizontalen Ebenen verlaufen, und bei denen die Auflagen als nach oben offene, mit Deckeln verschließbare Becher zur an den Becherwänden anliegenden Aufnahme der vorgeformten, leeren Beutel ausgebildet sind und bei denen die Beutel vom Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die Becher bis nach dem Verschließen der Verpackung in den Bechern verbleiben,

b)

Maschinen zum Herstellen von Verpackungen unter Vakuum mit zur Lagerung der Beutel eingerichteten Auflagen und Deckeln, die an zwei getrennten Fördereinrichtungen angeordnet sind, wobei die eine Fördereinrichtung ringförmig ist, während die andere teilweise ringförmig und um eine quer zur Ebene der Fördereinrichtung gelegene Achse schwenkbar ist, wobei die ringförmigen Wege der beiden Fördereinrichtungen auf zwei getrennten, übereinander liegenden horizontalen Ebenen verlaufen, und bei denen die Auflagen als nach oben offene, mit Deckeln verschließbare Becher zur an den Becherwänden anliegenden Aufnahme der vorgeformten, leeren Beutel ausgebildet sind und bei denen die Beutel vom Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die Becher bis nach dem Verschließen der Verpackung in den Bechern verbleiben,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

2.

der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 08.05.1992 begangen hat, und zwar unter Angabe

a)

der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

b)

der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, Angebotsdaten und Angebotspreisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c)

der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Internet-Veröffentlichungen, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e)

der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den unter I.1 fallenden Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu der Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 08.05.1992 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

IV.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 250.000 € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

V.

Der Streitwert wird auf 250.000 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patentes 0 275 346 (Klagepatent, Anlage K1), mit dem Schutz auch für die Bundesrepublik Deutschland beansprucht wird. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 08.04.1992. Das deutsche Schutzrecht wird in der Rolle des Deutschen Patent- und Markenamtes unter der Nr. DE 37 78 142.1 geführt.

Das Klagepatent betrifft eine Maschine zum Herstellen von Verpackungen, die nach der Füllung unter Vakuum gesetzt und unter Vakuum verschlossen werden. Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

„Maschine zum Herstellen von Verpackungen unter Vakuum oder in kontrollierter Atmosphäre mit zur Lagerung der Beutel eingerichteten Auflagen (1-24) und Deckeln (I-X), die an zwei getrennten ringförmigen Fördereinrichtungen (25, 26) angeordnet sind, wobei die ringförmigen Wege der beiden Fördereinrichtungen (25, 26) auf zwei getrennten, übereinander liegenden horizontalen Ebenen verlaufen,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t,

dass die Auflagen als nach oben offene, mit den Deckeln (I-X) verschließbare Becher (1-24) zur an den Becherwänden anliegenden Aufnahme der vorgeformten, leeren Beutel ausgebildet sind und dass die Beutel vom Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die Becher (1-24) bis nach dem verschließen der Verpackung in den Bechern (1- 24) verbleiben.

Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht den Gegenstand der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels (Figur 1 des Klagepatents):

Die Beklagte stellt her und vertreibt Verpackungsmaschinen unter anderem vom Typ „Typ1“ und „Typ2“. Die Maschine vom Typ „Typ2“ war auf der Messe „interpack 2002“ in Düsseldorf ausgestellt. Im März 2002 hat die Beklagte auf ihrer Internetseite „www.B1.it“ eine Abbildung der Maschine des Typs „Typ1“ dargestellt sowie den englischsprachigen Hinweis, dass sie auf der Messe „interpack 2002“ in Düsseldorf vertreten sein wird.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Vermarktung und Vertrieb der oben benannten Verpackungsmaschinen aus dem Klagepatent auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte wie erkannt zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend: Ein Angebot der von ihr hergestellten „Typ1“ sei in Deutschland nicht erfolgt. Bei dem Internetauftritt handele es sich um eine ausschließlich nationale italienische Werbung. Insbesondere fehle es an einem Hinweis, dass diese Maschine anläßlich der Messe in Düsseldorf ausgestellt werden solle.

Die Verpackungsmaschine vom Typ „Typ2“ unterscheide sich wesentlich von der „Typ1“. Erstere mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Es fehle bereits an dem Merkmal, dass die Maschine zwei ringförmige Fördereinrichtungen habe, da die obere Fördereinrichtung lediglich ein Ringsegment darstelle, welches hin- und herverschwenkt werden müsse. Auch würden bei der „Typ2“ keine leeren Beutel in die als oben offenen Auflagen eingesetzt, da bei dieser Ausführungsform die Beutel zunächst befüllt würden, bevor sie dann in die als Container ausgebildete Auflagen der unteren Fördereinrichtungen fielen. Soweit in dem Klagepatent auch erwähnt werde, dass befüllte Beutel in die Auflagen eingesetzt werden könnten, stünde dies in einem offenen Widerspruch zu dem Wortlaut des Patentanspruches und sei nur erklärlich mit dem Gang des Erteilungsverfahrens, in dem diese Formulierung zunächst als eigenständiger Unteranspruch aufgeführt gewesen sei, was dann aber von der Klägerin aufgrund von seitens des Europäischen Patentamts geäußerten Bedenken nicht mehr weiter verfolgt worden sei.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Klagepatent betrifft eine Maschine zum Herstellen von Verpackungen unter Vakuum oder in kontrollierter Atmosphäre.

Nach den einleitenden Darlegungen in der Klagepatentschrift ist eine derartige Maschine bekannt aus der französischen Patentschrift FR-A-2 506 257 (Anlage K3), bei der die der Verpackung dienenden Beutel zunächst mit dem Füllgut befüllt werden, bevor sie dann zu einer Versiegelungsstation transportiert werden. In dieser Versiegelungsstation werden die befüllten Beutel auf einer Ablage abgelegt, über die eine Glocke gesetzt wird, so dass die Beutel unter ein Vakuum gesetzt werden können. Hiernach werden sie durch eine Verschweißung der Beutelfolie verschlossen.

Bei dieser Maschine ist nachteilig, dass es während des Transfers der gefüllten Beutel zu den Versiegelungsglocken zu Stockungen kommen kann, die den Produktionsablauf behindern.

Der Erfindung des Klagepatents liegt dementsprechend das technische Problem zugrunde, eine Maschine vorzuschlagen, die nicht störungsanfällig ist und mit der insbesondere auch pulverförmiges Füllgut einwandfrei verpackt werden kann.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent vor, dass die zu befüllenden Beutel leer in becherförmig ausgestaltete Auflagen eingeführt werden, die so ausgestaltet sind, dass die Beutel an den Becherwänden anliegen. Erst nach der Einbringung der Beutel in die becherförmigen Auflagen werden erstere mit dem Füllgut befüllt. Anschließend verbleiben die Beutel auch während der Dauer der weiteren Verarbeitungsschritte in der Auflage, so dass ein Transport zu einzelnen Arbeitsstationen entfällt.

Gegliedert in einzelne Merkmale gibt Patentanspruch 1 hierzu die Kombination folgender Merkmale an:

Maschine zum Herstellen von Verpackungen unter Vakuum oder in kontrollierter Atmosphäre,

mit

1. zwei getrennten ringförmigen Fördereinrichtungen, die auf zwei getrennten übereinander liegenden horizontalen Ebenen verlaufen,

2. mit zur Lagerung der Beutel eingerichteten Auflagen an der einen Fördereinrichtung,

3. Deckeln an der anderen Fördereinrichtung.

4. Die zur Lagerung der Verpackungsbeutel bestimmten Auflagen sind als nach oben offene Becher ausgebildet, die

a) mit den Deckeln verschließbar sind und

b) der an den Becherwänden anliegenden Aufnahme der vorgeformten leeren Beutel dienen.

5. Die Verpackungsbeutel verbleiben vom Zeitpunkt ihrer Aufnahme in die Becher bis nach dem Verschließen der Verpackung in den Bechern.

Mit der erfindungsgemäßen Maschine können die Beutel im Gegensatz zu der vorbekannten Maschine insbesondere nicht mehr während des Transfers verklemmen, da sie schon am Anfang des Arbeitszyklus direkt in die Becher eingegeben werden, in deren Innerem sie stabil verbleiben, ohne in irgendeiner Weise transferiert werden zu müssen.

II.

1.

Von dieser technischen Lehre macht die angegriffene Ausführungsform „Typ1“ Gebrauch.

Dass die von der Beklagten vertriebene Verpackungsmaschine „Typ1“ die Merkmale des Klagepatents verwirklicht, wird von der Beklagten nicht hinreichend bestritten. Die Klägerin hat unter Vorlage der „Gerichtlichen Beschreibung der Maschine Typ1“ (Anlage K8) substantiiert das Aussehen der angegriffenen Ausführungsform beschrieben. Aus dieser Beschreibung ergibt sich, dass sämtliche Merkmale des Klagepatents verwirklicht werden. Es handelt sich um eine Maschine zum Herstellen von Verpackungen unter Vakuum (Anl. K8, Bl. 14 letzter Abs., Z. 1) , die mit zwei getrennten ringförmigen Fördereinrichtungen ausgestattet ist, einem unteren in Form einer „Acht“ und einem oberen Förderer (Anl. K8, Bl. 15, 4.Abs.), die in übereinander liegenden horizontalen Ebenen verlaufen (Merkmal 1).

An der unteren Fördereinrichtung sind Becher angebracht (Anl. K8, Bl. 14, letzter Abs.), die der Lagerung der Beutel dienen (Anl. K8, Bl. 15, letzter Absatz), Merkmal 2, während an der oberen Fördereinrichtung gemäß Merkmal 3 Deckel angebracht sind (Anl. K8, Bl. 15, 3. Abs.).

Die angegriffene Ausführungsform weist entsprechend Merkmal 4 nach oben offen ausgeformte Becher aus, die mit Deckeln, die an der oberen Fördereinrichtung angebracht sind, verschließbar sind und der an den Becherwänden anliegenden Aufnahme der vorgeformten leeren Beutel dienen. Dies folgt aus der Beschreibung in Anlage K8, Bl. 15, letzter Abs., wonach die Beutel zunächst ausgebildet werden und dann in einen der vorbeilaufenden unteren Becher eingesetzt werden. Im weiteren Verlauf folgt dann ein Trichter – welcher der Befüllung der in die Becher eingebrachten Beutel dient – und andere Vorrichtungen, bevor dann die an der oberen Fördereinrichtung befindlichen Deckel jeweils auf einen Becher abgesenkt werden und diese verschließen.

Die Beutel bleiben in den Bechern, bis sie als Verpackung geschlossene Beutel durch eine Schiebevorrichtung auf ein Förderband transportiert, wobei die Beutel zuvor von den in den Bechern befindlichen beweglichen Böden angehoben werden, hierdurch wird auch das Merkmal 5 des Klagepatents verwirklicht.

Vor dem Hintergrund dieser detaillierten Beschreibung der Maschine „Typ1“ ist es nicht ausreichend, dass die Beklagte sich darauf beruft, dass aus der Abbildung der „Typ1“ auf ihrer Internetseite (Anlage K5) die Verwirklichung der Merkmale des Klagepatents nicht ersichtlich sei.

Die Beklagte hat die „Typ1“ auch in Deutschland angeboten. Anbieten bedeutet nicht nur ein „zum Verkauf halten“, sondern auch ein zum Kauf anbieten, wobei es letztlich nicht darauf ankommt, ob ein Gegenstand gekauft, gemietet oder geleast werden soll. Es kommt auf die Rechtsnatur des vorgesehenen Rechtsgeschäfts nicht an. Die Art des Anbietens ist hierbei unerheblich. Es kann mündlich, schriftlich oder auf andere Art erfolgen (vgl. Busse, PatG, 5.Aufl. § 9 Rn 72,73). Die Beklagte hat auf ihrer Internetseite ein Lichtbild der angegriffenen Ausführungsform abgebildet, bei dem der Interessent durch Anklicken des Bildes eine größere Abbildung mit den technischen Merkmalen der Maschine erhält (Anl. K6). Es ist weiterhin auf dieser Internetseite die Möglichkeit gegeben, mit der Beklagten Kontakt auf elektronischem Wege aufzunehmen. Dieses Angebot der angegriffenen Ausführungsform erfolgt auch im Inland, da es auf die Art des Anbietens im Inland nicht ankommt (Busse, a.a.O., Rn 133). Die Internetseite der Beklagten ist in das weltweite Netz (www.) eingestellt worden, so dass sie überall auf der Welt und damit auch in Deutschland aufgerufen werden kann. Dass es sich nicht lediglich um ein Angebot handelt, welches für Italien bestimmt war, wie die Beklagte behauptet, folgt auch daraus, dass der Internetauftritt der Beklagten zweisprachig erfolgt und der Hinweis gegeben ist, dass die Beklagte auf der Messe „interpack 2002“ in Düsseldorf ausstellt. Der Adressbestandteil „.it“ ist lediglich die Kenntlichmachung dafür, dass es sich um eine Internetseite handelt, die aus Italien stammt. Eine Bestimmung dieser Seite nur für Italien läßt sich daraus – entgegen der Auffassung der Beklagten – gerade nicht herleiten.

2.

Auch die weitere von der Klägerin angegriffene Ausführungsform „Typ2“ macht von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

Die von der Beklagten – unstreitig – auf der Messe „interpack 2002“ ausgestellte Verpackungsmaschine des Typs „Typ2“ verfügt über zwei übereinanderliegende Fördereinrichtungen (Merkmal 1), an denen sich einerseits die becherförmigen Auflagen und andererseits die die Becher verschließenden Deckel befinden. Zwar verfügt hier die untere Fördereinrichtung ebenfalls über becherförmig ausgestaltete Auflagen. Auch befinden sich hierzu darüber angeordnete Deckel, die dazu verwendet werden, die Becher zu schließen. Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, dass es als wahr unterstellt werden kann, dass die angegriffene Ausführungsform „Typ2“ der schematischen Darstellung der von der Beklagten als Anlage B 3 zu der Gerichtsakte gereichten Zeichnung entspricht. Damit kommt es auf den vorherigen Sachvortrag der Klägerin zu diesem Merkmal nicht mehr an. Im Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, ob die angegriffene Ausführungsform Merkmal 1 des Hauptanspruchs wortsinngemäß erfüllt, wie die Klägerin meint, denn jedenfalls liegt in der Ausführung durch die Beklagte eine äquivalente Verletzung dieses Merkmals. Gegen die Auffassung der Klägerin, der Wortlaut des Merkmals 1, die beiden Fördereinrichtungen müssten ringförmig ausgestaltet sein, beinhalte nicht, dass es sich um geschlossene Ringe handeln müsse, spricht, dass nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unter einem Ring eine geschlossene Figur verstanden wird. Auch wenn es Verwendungen dieses Begriffes gibt, die eine geöffnete Ausgestaltung eines Ringes zulassen, so ist es in diesen Fällen, auch nach den von der Klägerin im Termin hierzu überreichten Unterlagen (Anlage K 12) so, dass grundsätzlich dann klarstellend von einem „offenen“ Ring gesprochen wird.

Jedenfalls stellt aber die Ausführungsform der Beklagten eine äquivalente Verletzung des Klagepatents dar. Denn der Schutzbereich eines Patentes umfasst nach § 14 PatG nicht nur den wortlautgemäßen bzw. wortsinngemäßen (identischen) Gegenstand, sondern er schließt auch äquivalente (inhaltsgleiche) Ausführungsformen ein. Äquivalente (inhaltsgleiche) Mittel sind dabei solche, die den patentgemäßen Mitteln in ihrer technischen Funktion entsprechen und mit ihnen im wesentlichen gleichwirkend sind. Außerdem muss der Fachmann beim Studium der in den Patentansprüchen beschriebenen Erfindung die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel unter Einsatz seines Fachwissens auffinden können. Diese Voraussetzungen liegen hier im Hinblick auf das Merkmal 1 vor. Für die Verwirklichung der technischen Lehre ist es maßgeblich, dass die an der unteren ringförmigen Fördereinrichtung angeordneten becherförmig ausgestalteten Auflagen von den an der oberen Fördereinrichtung befestigten Deckeln verschlossen werden können, in dem Arbeitsbereich, in dem der Verpackungsinhalt unter Vakuum gesetzt wird und das Verschweißen der Verpackung erfolgt. Hierzu ist es aber gerade nicht zwingend erforderlich, dass auch die obere Fördereinrichtung –geschlossen- ringförmig ausgestaltet ist, da eben nur im Bereich eines Ringsegmentes eine ringförmige und simultane Bewegung mit den Auflagen gefordert ist, um eben in diesem Teilbereich einen vakuumdichten Verschluß zu ermöglichen. Dies ist für den Fachmann auch offenkundig.

Die Merkmale 2 und 3 werden unstreitig von der angegriffenen Ausführungsform verletzt.

Schließlich wird auch Merkmal 4 von der „Typ2“ verwirklicht. Auch die „Typ2“ verfügt über Auflagen, die zur Lagerung der Verpackungsbeutel bestimmt sind. Diese sind als nach oben offene Becher ausgebildet. Die Beklagte wendet hiergegen ein, dass die Auflagen bei der von ihr hergestellten Maschine so konstruiert seien, dass es sich um Container handele, in denen sich Becher befinden würden, die ihrerseits in den Containern vertikal beweglich angebracht sind und in deren Böden sich zwei Löcher befänden, die ein Entweichen der Luft beim Absenken der Verpackungsbeutel ermöglichten.

Demgegenüber weist das Klagepatent keine Hinweise dazu auf, wie die Auflagen im einzelnen ausgestaltet sein müssen, mit Ausnahme der Festlegung, dass es sich um nach oben offene Becher handeln muß. Es ist mit diesem weit gefaßten Merkmalsbestandteil jedoch nicht bestimmt, wie diese Becher an der Fördereinrichtung befestigt sein müssen. Die Anbringung der becherförmigen Auflagen kann auch in einem Container erfolgen, so dass dieser Teil des Merkmals 4 wortsinngemäß erfüllt ist.

Auch Merkmal 4 a) ist wortsinngemäß verwirklicht. Die an der angegriffenen Ausführungsform unstreitig befindlichen Deckel sind dazu bestimmt und geeignet, die Becher zu verschließen. Das Klagepatent lehrt nicht, dass zwischen den Bechern und den Deckeln eine hermetische Verschließung erreicht werden muß. Ein solcher, zur Erzeugung eines Vakuums erforderlicher, dichter Verschluß kann auch dadurch erreicht werden, dass die Dichtfläche zwischen dem Deckel und dem Container besteht, in dem sich der Becher zur Aufnahme der Verpackungsbeutel befindet.

Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht letztlich auch Merkmal 4 b) des Patentanspruchs. Das Klagepatent lehrt in seiner Beschreibung, dass die erfindungsgemäße Maschine in der Weise eingerichtet ist, dass „ein oder mehrere, entweder leere oder bereits vorher gefüllte Beutel schon am Anfang des Arbeitszyklus direkt in einen Becher eingegeben werden“ (Anlage K1, Sp. 3 Z. 28-31) und zeigt auch in der „Figur 17 eine abgewandelte Ausführungsform der Ausstattung, in der die direkte Eingabe der bereits gefüllten Beutel in den Becher“ (Anlage K1, Sp. 4 Z. 30-32) erfolgt. Dies spricht dafür, dass auch bereits befüllte Beutel in die Becher abgelegt werden dürfen. Da es sich um einen Sachanspruch handelt, genügt auch, dass die Becher so ausgebildet sind, dass sie leere Beutel anliegend aufnehmen können. Auch vor dem Hintergrund von Aufgabe und Lösung des Klagepatents ist nicht einzusehen, wieso die Ablage von gefüllten Beuteln in die Becher nicht ausreichen soll. Beanstandet am Stand der Technik ist die Transportvorrichtung, die die gefüllten Beutel zur Versiegelungsstation bringt. Bei diesem Transport und der Übergabe der Beutel kann es zu Stockungen kommen, die vermieden werden sollen. Sp. 2 Z. 5 –17 hebt dementsprechend hervor, dass der bisher notwendige Transfer problematisch ist, weil es zu Verklemmungen kommen kann. Solche Transfers (Transporte) sind auch dann entbehrlich, wenn die gefüllten Beutel nicht mittels eines besonderen Bandes oder dergleichen zur Versiegelungseinheit befördert werden, sondern direkt von der Füllstation in die Becher übergeben werden.

Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Entgegen der von der Beklagten im Termin geäußerten Auffassung stellt diese Übergabe in Form eines „Herabfallens“ des gefüllten Beutels in die leeren Becher keinen solchen Transport dar, wie er nach den Beschreibungen in der Klagepatentschrift als nachteilig im Stand der Technik bezeichnet wird. Durch die fehlende Übergabe befüllter Beutel auf / von entsprechenden Transporteinrichtungen kann es auch bei der angegriffenen Ausführungsform, wie es die technische Lehre des Klagepatents verlangt, nicht zu Verklemmungen kommen.

Vor diesem Hintergrund stellt es auch keinen offenen Widerspruch der oben zitierten Beschreibungsstellen zu dem Patentanspruch dar –wie die Beklagte meint-, da es –soweit es vorliegend darauf ankommt- in der Tat für die Vermeidung der Nachteile des Standes der Technik nicht darauf ankommt, ob leere oder bereits befüllte Beutel zu Beginn des Arbeitszyklus in die Becher abgesenkt werden.

Es kann auch der Gang des Erteilungsverfahrens vorliegend keine Berücksichtigung bei der Schutzbereichsbestimmung finden. Die ursprüngliche Fassung des Patentanmeldung sah die Ausführungsvariante, in der die bereits befüllten Beutel in die Becher abgesenkt werden, als Unteranspruch 9 vor. Erst nachdem das Europäische Patentamt im Erteilungsverfahren auf diesbezügliche Bedenken hingewiesen hatte, erfuhr das Klagepatent seine jetzige Form, in der der ehemalige Unteranspruch 9 zu einer nicht gesondert hervorgehobenen Beschreibungsstelle im Text wurde. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH (BGH, in: GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil-) sind solche Vorgänge im Erteilungsverfahren bei der Schutzbereichsbestimmung nicht einschränkend zu berücksichtigen. Eine Ausnahme hierzu wird danach nur im Falle eines Verzichts des Antragstellers möglich sein, wofür vorliegend aber keinerlei Anhaltspunkte gegeben sind.

III.

Da die Beklagte den Gegenstand des Klagepatents rechtswidrig benutzt hat, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG.

Die Beklagte ist weiterhin gewohnheitsrechtlich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr gem. § 139 PatG zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709, 108 ZPO.

Dr. L3 Dr. D M