4 O 256/02 – Kunststoffeimerdeckel

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 159

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. Mai 2003, Az. 4 O 256/02

Rechtsmittelinstanz: 2 U 60/03

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 12.500,– EUR vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Sicherheit auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbringen.

IV.

Der Streitwert wird auf 300.000,– EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung unter anderem für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 565 967, das auf einer am 20. Oktober 1993 veröffentlichten Anmeldung vom 2. April 1993 beruht und dessen Erteilung am 26. Juli 1995 bekanntgemacht worden ist. Das Klagepatent betrifft ein topfförmiges Gefäß mit Deckel. Nach Durchführung eines Einspruchsverfahrens hat der – im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende – Patentanspruch 1 folgende Fassung erhalten:

„Topfförmiges Gefäß, insbesondere Eimer (1), mit einem Deckel (6), dessen Rand (5) mit einem an dem Gefäßrand (3) angeformten und nach außen hin vorstehenden Befestigungsflansch (4) oder dergleichen rastend verbindbar ist, wobei in der Raststellung des Deckels (6) eine an dessen umlaufenden Rand (5) angeformte, nach innen vorstehende Leiste (13) satt und dichtend um die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) herumgreift und an dem Gefäßrand (3) mindestens ein Werkzeug (14) zum Lösen des Deckels (6) angeordnet ist,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,

dass als Werkzeug eine an dem Gefäßrand (3) angelenkte Lasche (14) vorgesehen ist, die durch eine Schwenkbewegung aus einer dem Gefäß nahen Sperrstellung nach außen den Deckelrand (5) in diesem Bereich nach außen über die Außenkante (18) hinweg in eine freigebende Lösestellung anhebt, wobei die mit der Leiste (13) zusammenwirkende Wirkfläche (Außenseite 21) der Lasche (14) in deren Sperrstellung vom Drehpunkt (Filmscharnier 15) der Lasche (14) fort von der Längsachse des Gefäßes beabstandet ist und wobei mindestens die eine der beiden den jeweils benachbarten Stirnkanten (26) der beiden Enden des Befestigungsflansches (4) gegenüberstehenden Kanten (25) der Lasche (14) mit dem zugehörigen Flanschende (26) über dünnwandige, als Originalitäts-Verschluß dienende und damit leicht abreißbare Kunststoffstege (27) oder einen durchgehenden Kunststofffilm verbunden ist.“

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 4 bis 6 der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Erfindungsgegenstand anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Die Beklagte vertreibt Kunststoffeimer, deren nähere Ausgestaltung sich aus dem von der Klägerin als Anlage K 6 überreichten Musterstück ergibt. Sie ist außerdem Inhaberin des am 8. Oktober 2001 angemeldeten deutschen Patents 101 50 390, dessen Patentanspruch 1 wie folgt lautet:

„Behälter mit einer nach oben weisenden Öffnung (12), an deren Rand ein umlaufender Flansch (14) vorgesehen ist, der zur Aufnahme eines Deckels (30) zum Verschließen des Behälters (10) vorzugsweise durch Verrasten ausgebildet ist, wobei der Flansch (14) in zumindest einem Bereich von einem Werkzeug (20) unter Bildung zweier Flanschenden (68, 70) unterbrochen ist, das eine an dem Behälter (10) an einem ersten Scharnier (24) angelenkte Lasche (22) aufweist, die derart angeordnet ist, dass ein aufgesetzter Deckel (30) durch eine Verschwenkung der Lasche (22) nach außen im Bereich des Werkzeugs (20) parziell anhebbar ist, um ein Öffnen des Deckels (30) zu erleichtern,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,

dass die Lasche (22) von einem Sicherungshebel (23) umschlossen ist, der gegenüber der Lasche (22) und den beiden Flanschenden (68, 70) verschwenkbar an der Wandung (13) des Behälters (10) an zweiten Scharnieren (43, 44) aufgenommen ist, die gegenüber dem ersten Scharnier (24) nach unten in Richtung zum Boden (15) des Behälters (10) hin versetzt angeordnet sind, und dass der Sicherungshebel (23) über mindestens ein Indikatorelement (25, 27), vorzugsweise über mindestens einen Abrißsteg, mit der Lasche (22) verbunden ist, um eine erstmalige Relativbewegung zwischen Sicherungshebel (23) und Lasche (22) anzuzeigen.”

Die nachstehenden Abbildungen (Figuren 1, 3 bis 6) zeigen eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die angegriffenen Kunststoffeimer wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Mit ihrer Klage nimmt sie die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung und Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

I.

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung der (näher bezeichneten) Ordnungsmittel zu unterlassen,

Eimer mit einem Deckel, dessen Rand mit einem am Eimerrand angeformten und nach außen hin vorstehenden Befestigungsflansch rastend verbindbar ist, wobei in der Raststellung des Deckels eine an dessen umlaufenden Rand angeformte, nach innen vorstehende Leiste satt und dichtend um die Außenkante des Befestigungsflansches herumgreift,

gewerbsmäßig zu verwenden,

bei denen am Eimerrand eine Lasche verschwenkbar angelenkt ist, welche durch eine Schwenkbewegung aus einer dem Eimer nahen Sperrstellung nach außen den Deckelrand in diesem Bereich nach außen über die Außenkante hinweg in eine freigebende Lösestellung anhebt, wobei sich die mit dem Deckel zusammenwirkende Wirkfläche der Lasche in einem Abstand vom Eimerrand befindet und die beiden Stirnkanten des Eimerrandes mit den ihnen gegenüberliegenden Seitenrändern der Lasche durch abbrechbare Stege verbunden sind, wobei der Eimerrand an beiden Seiten im Abstand von der Lasche Einschnitte aufweist und unterhalb der Lasche durch einen Steg weitergeführt ist;

2.

ihr (der Klägerin) Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26. August 1995 vorgenommen hat, und zwar unter Angabe der Anzahl der bezogenen Eimer, deren Lieferzeiten und Lieferpreise sowie der Anzahl der vertriebenen Behältnisse;

II.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr (der Klägerin) für die zu I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 20. November 1993 bis 19. November 2000 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen und ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr (der Klägerin) durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 20. November 2000 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Rücksicht auf eine gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage (1 Ni 22/02 (EU)) bittet sie hilfsweise darum, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen.

Sie bestreitet den Verletzungsvorwurf und führt hierzu aus: Abrissstege seien bei dem angegriffenen Eimer ausschließlich zwischen der Lasche und dem Sicherungshebel vorhanden, wobei der Letztere nicht Teil des Befestigungsflansches sei. Infolge dessen könne keine Rede davon sein, dass die Kunststoffstege – wie vom Klagepatent gefordert – die Außenkanten der Lasche mit den zugehörigen Flanschenden des Befestgungsflansches verbinden. Soweit an den Außenseiten des Sicherungshebels Fortsätze angeordnet seien, handele es sich um bloße Rastnasen, die – dies ist unstreitig – nicht an die benachbarten Enden des Befestigungsflansches angeschlossen seien. Eine äquivalente Benutzung des Klagepatents scheide unter den gegebenen Umständen gleichfalls aus. Sicherungshebel und Lasche könnten gemeinsam jedenfalls in einem gewissen Umfang (der zum Öffnen des Eimers ausreiche) angehoben werden, ohne dass die Abrissstege (Indikatorelemente) beschädigt würden. Ein Originalitätsverschluß, wie ihn das Klagepatent lehre, sei deshalb nicht gegeben. Das Vorsehen eines gesonderten Sicherungshebels sei überdies für einen Durchschnittsfachmann auf der Grundlage des Klagepatents auch nicht naheliegend gewesen. Dies zeige bereits die Tatsache, dass auf die angegriffene Ausführungsform in Würdigung des Klageschutzrechts ein eigenes Patent (DE 101 50 390) erteilt worden sei. In jedem Fall werde jedoch die anhängige Nichtigkeitsklage zum Erfolg führen, weshalb der Rechtsstreit hilfsweise zumindest auszusetzen sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung und Schadenersatz nicht zu, weil der angegriffene Kunststoffeimer keinen Gebrauch von der technischen Lehre des Klagepatents macht.

I.

Das Klagepatent betrifft ein – insbesondere als Eimer ausgestaltetes – topfförmiges Gefäß mit einem Deckel und einem am Gefäßrand angeordneten Werkzeug zum Lösen des Deckels aus einer Rast- bzw. Sperrstellung in eine Lösestellung.

Nach den Erläuterungen der Klagepatentschrift kann bei topfförmigen Gefäßen im Allgemeinen der Deckel an seinem unteren Rand erfasst und von dem Rand des Gefäßes abgezogen werden. Hierbei bestehen die konträren Bedingungen, dass sich der Deckel einerseits mit noch vertretbarem Kraftaufwand öffnen lassen muß, und dass andererseits ein hinreichend fester Veschluß des Gefäßes gewährleistet zu sein hat. Ferner besteht zunehmend das Bedürfnis, die Behältnisse mit einem Originalitäts-Verschluß zu versehen, der anzeigt, ob das Behältnis bereits geöffnet worden ist oder nicht.

Ausgehend hiervon stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, sowohl einen intensiven Verschluß zwischen Gefäßrand und Deckel zu gewährleisten als auch ein leichtes Abheben des Deckels vom Gefäßrand zu ermöglichen. Gleichzeitig soll der Verschluß mit einer einfachen und effektiven Originalitäts-Sicherung ausgestattet sein.

Zur Lösung dieser technischen Probleme sieht Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Topfförmiges Gefäß, insbesondere Eimer (1), mit einem Deckel (6).

(2) An dem Gefäßrand (3) ist

(a) ein Befestigungsflansch (4) oder dergleichen angeformt, der nach außen hin vorsteht,

(b) sowie mindestens ein Werkzeug (14) zum Lösen des Deckels (6).

(3) Am umlaufenden Rand (5) des Deckels (6) ist eine Leiste (13) angeformt, die nach innen vorsteht.

(4) In der Raststellung des Deckels (6) umgreift die Leiste (13) satt und dichtend die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4).

(5) Als Werkzeug zum Lösen des Deckels (6) ist eine Lasche (14) vorgesehen, die am Gefäßrand (3) angelenkt ist.

(6) Die Lasche (14) hebt durch eine Schwenkbewegung aus einer dem Gefäß (1) nahen Sperrstellung nach außen den Deckelrand (5) in diesem Bereich nach außen über die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) hinweg in eine freigebende Lösestellung an.

(7) Die mit der Leiste (13) zusammenwirkende Wirkfläche (Außenseite 21) der Lasche (14) ist in deren Sperrstellung vom Drehpunkt (Filmscharnier 15) der Lasche (14) fort von der Längsachse des Gefäßes (1) beabstandet.

(8) Das Gefäß (1) besitzt einen Originalitätsverschluß.

(9) Der Originalitätsverschluß wird gebildet aus dünnwandigen, leicht abreißbaren Kunststoffstegen (27) oder einem durchgehenden Kunststofffilm.

(10) Die Kunststoffstege (27) bzw. der Kunststofffilm verbinden

(a) mindestens eine der beiden Kanten (25) der Lasche (14), die den jeweils benachbarten Stirnkanten (26) der beiden Enden des Befestigungsflansches (4) gegenüberstehen,

(b) mit dem zugehörigen Flanschende (26) des Befestigungsflansches (4).

II.

Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Mit Recht steht die Beklagte auf dem Standpunkt, dass es an dem Merkmal (10) fehlt, wonach die gegenüberliegenden Kanten einer als Öffnungswerkzeug dienenden Lasche einerseits und die Stirnkanten des Befestigungsflansches andererseits über als Originalitätsverschluß dienende Kunststoffstege verbunden sein sollen.

1.

Wie das von der Klägerin selbst vorgelegte Musterstück (Anlage K 6) beweist, befinden sich dünnwandige, verschiedene Bauteile des Eimers verbindende und demgemäß potenziell als Originalitätsverschluß wirkende Kunststoffstege ausschließlich zwischen den Seitenkanten der Lasche und den benachbarten Schenkeln des Sicherungshebels. Die Außenkanten des Sicherungshebels ihrerseits sind lediglich mit Rastnasen versehen, die zwar eine Arrettierung des Sicherungshebels hinter der Rückseite des Befestigungsflansches erlauben, die jedoch keine abreißbare Verbindung zwischen dem Sicherungshebel und den benachbarten Stirnkanten des Befestigungsflansches herstellen. Im Wortsinn des Merkmals (10) könnte deshalb nur dann davon die Rede sein, dass die Kunststoffstege die Lasche einerseits mit den Enden des Befestigungsflansches andererseits verbinden, wenn der Sicherungshebel (d.h. genauer seine in der Längsachse des Gefäßes verlaufenden Schenkel) als Teile des Befestigungsflansches angesehen werden könnten. Dies ist jedoch – wie die Beklagte zu Recht bemerkt – nicht der Fall. Wie sich aus den Merkmalen (2 a) und (4) ergibt, zeichnet sich der erfindungsgemäße Befestigungsflansch dadurch aus, dass er

– am Gefäßrand angeformt ist,

– nach außen hin vorsteht

– und eine Außenkante besitzt, die in der Raststellung des Deckels von der Deckelleiste satt und dichtend umgriffen wird.

Als „Befestigungsflansch“ können in Anbetracht dessen bei der angegriffenen Ausführungsform nur diejenigen Teile betrachtet werden, die eben diesen Anforderungen gerecht werden, das heißt insbesondere eine Außenkante aufweisen, welche im Zusammenwirken mit der Leiste des Deckels den geforderten (satten und dichten) Rasteingriff herstellen. Mit Blick auf die Seitenschenkel des Sicherungshebels lässt sich dies nicht bejahen. Anders als die ihm benachbarten Bereiche verfügt der Sicherungshebel selbst nicht über eine Rastkante, die im Zusammenwirken mit der Leiste des Deckels den Verschluß des Behälters herbeiführt. Dort, wo sich jenseits des Sicherungshebels die Rastkante des Befestigungsflansches befindet, springt der Sicherungshebel in seinem Verlauf zurück, was zur Folge hat, dass in diesem Bereich keine satte und dichte Verrastung zwischen der Deckelleiste und dem Eimerrand stattfinden kann.

2.

Dafür, dass die bei der angegriffenen Ausführungsform gegebene Abwandlung vom Anspruchswortlaut unter Äquivalenzgesichtspunkten in den Schutzbereich des Klagepatents einzubeziehen ist, hat die Klägerin – trotz der Hinweise und Erörterungen im Verhandlungstermin vom 22. April 2003 – nichts Stichhaltiges vorgetragen.

a)

Zwar spricht vieles dafür, dass die angegriffene Ausführungsform dieselben Wirkungen wie die patentgemäße Lösung erzielt. Mit Blick auf den Originalitätsverschluss bestehen sie in Folgendem: Wenn die Lasche (14) nach außen geschwenkt wird, reißen die Kunststoffstege (27) ab. Dieses Abreißen ist ein effektiver Nachweis dafür, dass die Lasche (14) aus ihrer Ruhestellung verschwenkt worden ist und somit die Vermutung besteht, dass der Deckel (6) – gegebenenfalls in unbefugter Weise – von dem Eimerrand (3) abgehoben wurde. Umgekehrt lässt eine Unversehrheit der Stege (27) darauf schließen, dass ein – gegebenenfalls unerlaubtes – Abheben des Eimerdeckels (6) nicht stattgefunden hat und der Eimer folglich noch originalverpackt ist. Die bei der angegriffenen Ausführungsform gewählte Konstruktion eines Öffnungswerkzeuges in Form einer Lasche (22), die von einem U-förmigen Sicherungshebel (23) umgeben ist, wobei zwischen dem Sicherungshebel (23) und der Lasche (22) Abrissstege (25, 27) angeordnet sind, hat exakt dieselbe Wirkung. Durch die Abrissstege (25, 27), d.h. deren Versehrtheit oder Unversehrtheit, kann eine mögliche Bewegung des Öffnungswerkzeuges erkannt werden. Zu einem Abreißen der Kunststoffstege führt dabei

– sowohl eine Bewegung des Sicherungshebels (23), und zwar unabhängig davon, ob sie nach innen oder außen in Bezug auf die Längsachse des Eimers erfolgt,

– als auch eine Bewegung der Lasche (22) relativ zum Sicherungshebel (23),

– als auch eine Bewegung von Lasche (22) und Sicherungshebel (23) gemeinsam, jedenfalls dann, wenn die Bewegung in Bezug auf die Längsachse des Eimers nach außen erfolgt.

Die in Bezug auf die letztgenannte Handhabungsvariante gegenteilige Auffassung der Beklagten, dass die Lasche (22) zusammen mit dem Sicherungshebel (23) angehoben werden kann, ohne dass es zu einem Abreißen der Kunststoffstege (25, 27) kommt, ist nicht zutreffend. In der eigenen Patentschrift der Beklagten (Spalte 5 Zeilen 38 bis 51) heißt es ausdrücklich:

„Sollte trotz entsprechender Öffnungshinweise auf dem Behälter in unerwünschter Weise versucht werden, den Deckelrand (32) einfach durch gewaltsames Hochreißen von Lasche (22) und Sicherungshebel (23) nach oben anzuheben, so kann dies zwar grundsätzlich nicht vollständig ausgeschlossen werden, würde jedoch einen erheblich größeren Kraftaufwand erfordern. Auch in diesem Fall würde ein erstmaliges Öffnen der Lasche (22) dauerhaft angezeigt, da die zweiten Scharniere (43, 44) unterhalb des ersten Scharniers (24) angeordnet sind und in diesem Fall die Lasche und der Sicherungshebel infolge der Festlegung an räumlich gegeneinander versetzten Scharnieren um unterschiedliche Winkel verschwenkt werden, was somit gleichfalls zur Zerstörung der Indikatorelemente führen würde.“

Die zitierten Bemerkungen sind – wie auch das als Anlage K 6 vorgelegte Musterstück zeigt – zutreffend. Die versetzte Lagerung der Lasche (22) einerseits und des Sicherungshebels (23) andererseits bewirkt zwingend, dass die beiden Elemente sich bei einer Auslenkung nach außen um räumlich voneinander beabstandete Drehachsen bewegen. Dies wiederum führt bereits bei einer relativ geringen Auslenkung von Lasche und Sicherungshebel dazu, dass sich ein Versatz zwischen denselben derart bildet, dass die Befestigungspunkte der Kunststoffstege (25, 27) an der Lasche (22) einerseits und dem Sicherungshebel (23) andererseits nicht mehr fluchten. Folge dessen ist, dass es unweigerlich zu einem Abreißen der Kunststoffstege zwischen Lasche (22) und Sicherungshebel (23) kommt.

Bei der gegebenen Sachlage besteht eine Vermutung dahingehend, dass bei gänzlich unversehrten Kunststoffstegen zwischen Lasche und Sicherungshebel der Eimer noch nicht geöffnet worden ist. Im umgekehrten Fall, d.h. bei beschädigten Abrisselementen, kann demgegenüber nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass der Eimer geöffnet wurde. Die Kunststoffstege können nämlich, ohne dass der Deckel abgehoben wurde, auch allein deshalb zerrissen sein, weil der Sicherungshebel (23) relativ zur Lasche (22) nach innen verschwenkt worden ist. Der Wirkung als Originalitätsverschluß steht dieser Umstand indessen nicht entgegen. Auch beim Gegenstand der Erfindung des Klagepatents können die Kunststoffstege beschädigt werden, ohne dass der Eimer geöffnet worden ist, z.B. dadurch, dass die Lasche in Bezug auf die Längsachse des Eimers nach innen gedrückt wird. Der Zweck eines Originalitätsverschlusses besteht auch nicht darin, in jedem Fall sicher erkennen zu können, ob der Eimer bereits geöffnet worden ist oder nicht; es geht vielmehr darum, optisch (anhand der intakten Kunststoffstege) zuverlässig feststellen zu können, dass ein betreffender Eimer noch nicht geöffnet wurde. Diese Feststellung (die auch nur potenziell geöffnete Eimer ersichtlich macht) erlaubt – in gleicher Weise wie der unmittelbare Gegenstand des Klagepatents – auch die angegriffene Ausführungsform.

b)

Das Klagevorbringen lässt demgegenüber nicht die Erkenntnis zu, dass es einem durchschnittlichen Fachmann anhand der Klagepatentschrift möglich gewesen ist, die bei der streitbefangenen Ausführungsform verwirklichte Abwandlung des Merkmals (10), bei der zwischen der Lasche (22) und einem Sicherungshebel (23) dünnwandige, als Originalitätsverschluß dienende Kunststoffstege angeordnet sind, aufzufinden.

Gegen ein Naheliegen spricht bereits der Umstand, dass das Deutsche Patent- und Markenamt in Kenntnis und Würdigung des Klagepatents auf die angegriffene Ausführungsform ein eigenes Patent erteilt hat, dessen kennzeichende Merkmale sich in derjenigen Abwandlung erschöpfen, welche die Äquivalenz ausmachen. Neben dem Vorhandensein eines Sicherungshebels und dessen Verbindung mit der Lasche über Kunststoffstege gehört hierzu auch die Anordnung der Scharniere von Lasche und Sicherungshebel in unterschiedlichen Ebenen. Auch die letztgenannte Maßnahme ist unverzichtbar, weil ohne diese Anordnung der Scharniere nicht gewährleistet wäre, dass bei einem Verschwenken von Lasche und Sicherungshebel gemeinsam die Kunststoffstege zerreißen.

In Übereinstimmung mit dem Erteilungsbeschluss ist auch in der Sache nicht zu erkennen, aufgrund welcher naheliegender Überlegungen, die an der in der Klagepatentschrift beschriebenen Erfindung anknüpfen, der Fachmann zu der streitgegenständlichen Abwandlung gelangen sollte. Zwar wird der Fachmann prinzipiell Überlegungen dazu anstellen, wie er unter Beibehaltung der erfindungsgemäßen Vorteile aus dem Anspruchswortlaut des Klagepatents hinausgelangen kann. Er wird dabei möglicherweise auch in Erwägung ziehen, zwischen der Lasche und den Enden des Befestigungsflansches ein zusätzliches Bauteil einzufügen, weil er auf diese Weise vermeidet, dass die Kunststoffstege die Lasche mit dem Befestigungsflansch (unmittelbar) verbinden. Eine solche Lösung wäre indessen nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen tauglich:

Zum einen dann, wenn die Zwischenteile (z.B. in Form von in der Längsachse des Eimers verlaufenden Streifen) in sich derart starr und unbeweglich wären, dass sie bei einem Verschwenken der Lasche nach außen von dieser nicht mitgenommen würden. In einem derartigen Fall würden die Kunststoffstege zerreißen und damit der Originalitätsverschluß sichtbar betätigt, wenn die Lasche relativ zur Längsachse des Eimers nach außen verschwenkt würde. Dass bei der angegriffenen Ausführungsform mit Blick auf die Seitenschenkel des Sicherungshebels eine starre Anordnung im genannten Sinne gegeben ist, behauptet die Klägerin selbst nicht und ist anhand des überreichten Musterstücks auch nicht ersichtlich.

Zum Zweiten wäre denkbar, die Kunststoffstreifen zwischen Lasche und Befestigungsflansch zwar nicht starr, dafür die Kunststoffstege jedoch derart dünn auszubilden, dass sie bei einer Bewegung der Lasche in jedem Fall zerreißen. Dass solche Verhältnisse bei der angegriffenen Ausführungsform gegeben sind, gibt das Vorbringen der Klägerin gleichfalls nicht her. Im übrigen ist fraglich, ob die besagte Lösung gegebenenfalls deshalb ungeeignet ist und vom Fachmann deswegen nicht ernstlich in Betracht gezogen würde, weil besonders dünn ausgebildete Kunststoffstege allzu leicht zerstört werden könnten, z.B. bereits beim normalen Transport des Eimers oder dergleichen, so dass übermäßig oft zu Unrecht eine Betätigung des Originalitätsverschlusses signalisiert würde, obwohl der Eimer tatsächlich nicht geöffnet worden ist.

Bei der angegriffenen Ausführungsform wird eine Beschädigung der Kunststoffstege beim gleichzeitigen Anheben von Lasche und Sicherungshebel offensichtlich dadurch erzwungen, dass beide Bauteile in unterschiedlichen Ebenen angelenkt sind. Dass und wie der Durchschnittsfachmann zu einer solchen Abwandlung gelangen soll, ist von der Klägerin auch auf die Erörterungen im Verhandlungstermin vom 22. April 2003 hin nicht erläutert worden. Es ist insbesondere nicht dargelegt, dass die Klagepatentschrift selbst irgendwelche Anregungen in dieser Richtung enthält oder die bei der Abwandlung realisierte Konstruktion als solche zum allgemeinen Wissen des Durchschnittsfachmanns am Prioritätstag gehört hat.

3.

Das Vorbringen der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 7. Mai 2003 ist verspätet und hat bei der Urteilsfindung außer Betracht zu bleiben (§ 296 a ZPO). Es rechtfertigt auch keine Wiedereröffnung der ordnungsgemäß geschlossenen mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 709, 108 ZPO.

Dr. L3 M2 L2