4c O 3/14 – Implantat mit Gewinde

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2220

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. April 2014, Az. 4c O 3/14

Leitsätze (nichtamtlich):

Grundsätzlich beginnt die Dringlichkeitsfrist für den Antragsteller in dem Augenblick zu laufen, in dem er Kenntnis von der schutzrechtsverletzenden Ausführungsform erhält. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass es der Dringlichkeit einer einstweiligen Unterlassungsverfügung nicht zwingend entgegensteht, dass der Patentinhaber vor Anbringung seines Verfügungsantrages zunächst die erstinstanzliche Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung abwartet, wenn der Rechtsbestand des Verfügungspatents streitig ist und ein vor der aufrechterhaltenden Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung eingereichtes Verfügungsbegehren mutmaß- lich keine Erfolgsaussicht hat (OLG Düsseldorf, InstGE 10, 124 – Inhalator).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

TATBESTAND:

Die Verfügungsklägerin ist Mitglied der Schweizer A B-Gruppe, die sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Dentalimplantaten befasst. Die Verfügungsklägerin ist Inhaberin des Europäischen Patents EP 1 030 XXX (Anlage HE 6, in deutscher Übersetzung als Anlage HE 7 vorgelegt; im Folgenden: Verfügungspatent), das unter Inanspruchnahme einer schwedischen Priorität vom 11. November 1997 (SE 9704XXX) am 3. November 1998 angemeldet wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Verfügungspatents wurde am 22. Februar 2006 veröffentlicht. Das Verfügungspatent betrifft Implantate mit Gewinden, mit denen eine sichere Verankerung im Knochen erzielt wird. Es wurde der Verfügungsklägerin als alleiniger Inhaberin von der vormaligen Patentinhaberin, einem mit der Verfügungsklägerin verbundenen Unternehmen, mit einer „Declaration of Transfer“ vom 15. Oktober 2010 (Anlage HE 9) übertragen.
Auf den Einspruch unter anderem der Muttergesellschaft der Verfügungsbeklagten hat das Verfügungspatent ein Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt durchlaufen. Mit Beschluss vom 13. Januar 2009 hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts das Verfügungspatent erheblich beschränkt. Auf die Beschwerde der damaligen Patentinhaberin sowie zweier Einsprechender gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts mit Entscheidung vom 3. September 2013 (Anlage HE 11) den Schutzumfang des Verfügungspatents gemäß dem Antrag der Verfügungsklägerin im Beschwerdeverfahren wieder weiter gefasst. Die vollständige, begründete Entscheidung der Beschwerdekammer vom 9. Dezember 2013, die in der englischen Verfahrenssprache abgefasst ist und in ihrem Tenor vollständig dem Antrag der Verfügungsklägerin im Beschwerdeverfahren entspricht, ist der Verfügungsklägerin zu Händen ihrer Patentanwälte am 10. Dezember 2013 zugegangen.
Die Verfügungsbeklagte hat gegen das Verfügungspatent mit Schriftsatz vom 28. März 2014 (Anlage AG 21) Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist.
Anspruch 1 des Verfügungspatents in der durch die Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung lautet:

A. Mit Gewinde versehenes Implantat (3) zur Erzielung einer zuverlässigen Verankerung in der Knochensubstanz (1) im menschlichen Körper, wobei
B. das Außengewinde an dem Implantat mit der Seitenwand (2b) eines Loches (2) in der Knochensubstanz für die zuverlässige Verankerung und das Einheilen des Implantats insbesondere in die weiche Knochensubstanz zusammenwirken kann,
C. das Implantatgewinde eine leichte Konizität hat und das Implantatgewinde (3b, 3d‘, 3e) und die leichte Konizität sich entlang des größten Teils der Länge des Implantats (3) erstrecken, um Knochensubstanz in im wesentlichen radialen Richtungen (R) als eine Funktion des Ausmasses, bis zu welchem das Implantat in das Loch (2) in den Knochen eingeschraubt ist, nach außen zu zwängen,
D. das konische Implantatgewinde (3b, 3d‘) zwei oder mehr Gewindespiralen umfasst, die ein enges Gewinde auf dem Implantat bereitstellen, und
E. das mit einem Gewinde versehene Implantat (3) einen Bereich an der Spitze (3a, 3a‘ umfasst), der in den übrigen Bereich übergeht,
F. wobei das Implantatgewinde (3d, 3d‘, 3e) in dem Bereich an der Spitze (3a, 3a‘) eine stärkere Konizität hat als in dem übrigen Bereich (3b).

Die nachfolgend eingeblendete verkleinerte Figur 2 verdeutlicht den Gegenstand des Verfügungspatents anhand eines Ausführungsbeispiels. Sie zeigt eine strukturelle Konstruktion eines erfindungsgemäßen Implantats mit dem dazugehörigen Gewinde, wobei das Implantat bereits in den Kieferknochen eingeschraubt worden ist und beim Einschrauben ein Gewinde an der Wand des Loches im Kieferknochen oder in der Seitenwand des Loches erzeugt hat:

Die Verfügungsbeklagte vertreibt in Deutschland Dentalimplantate ihrer englischen Muttergesellschaft E Limited, u.a. die Serien „C“ und „D“, die sie mit der deutschsprachigen Broschüre „E Implantate – D und C“ (Anlage HE 1) bewirbt. Die unter den Serienbezeichnungen „D“ und „C“ angebotenen Dentalimplantate gibt es mit unterschiedlichen Längen und Durchmessern, u.a. den folgenden:

C:

Art.-Nr.:
Maße:
XXX24 Ø 3,5 mm x 15 mm
XXX30 Ø 4,0 mm x 15 mm
XXX36 Ø 4,5 mm x 15 mm
XXX42 Ø 5,0 mm x 15 mm

D:

Art.-Nr.:
Maße:
XXX82 Ø 3,5 mm x 9 mm
XXX83 Ø 3,5 mm x 11 mm
XXX84 Ø 3,5 mm x 13 mm
XXX85 Ø 3,5 mm x 15 mm
XXX86 Ø 3,5 mm x 17 mm
XXX88 Ø 4,0 mm x 9 mm
XXX89 Ø 4,0 mm x 11 mm
XXX90 Ø 4,0 mm x 13 mm
XXX91 Ø 4,0 mm x 15 mm
XXX92 Ø 4,0 mm x 17 mm
XXX94 Ø 4,5 mm x 9 mm
XXX95 Ø 4,5 mm x 11 mm
XXX96 Ø 4,5 mm x 13 mm
XXX97 Ø 4,5 mm x 15 mm
XXX98 Ø 4,5 mm x 17 mm
XXX00 Ø 5,0 mm x 9 mm
XXX01 Ø 5,0 mm x 11 mm
XXX02 Ø 5,0 mm x 13 mm
XXX03 Ø 5,0 mm x 15 mm
XXX06 Ø 5,5 mm x 9 mm
XXX07 Ø 5,5 mm x 11 mm
XXX08 Ø 5,5 mm x 13 mm

(zusammen nachfolgend bezeichnet als „angegriffene Ausführungsformen“, und die oben aufgeführten Implantate der Serie „C“ bezeichnet als „angegriffene Ausführungsform 1“ und die oben aufgeführten Implantate der Serie „D“ als „angegriffene Ausführungsform 2“).
Im November 2013 erwarb die Verfügungsklägerin über die A B Deutschland GmbH bei der Verfügungsbeklagten ausweislich der als Anlage HE 5 vorgelegten Rechnung vom 26. November 2013 aus der Serie „C“ ein Implantat mit den Abmessungen Ø 4,5 mm x 13 mm (Art.-Nr. XXX35) und ein Implantat mit den Abmessungen Ø 5,0 mm x 13 mm (Art.-Nr. XXX35) zu Untersuchungszwecken.
Mit Schriftsatz vom 29. Januar 2014 stellte die Verfügungsklägerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Sie vertritt die Ansicht, dass sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund vorliege. Ein Verfügungsanspruch sei gegeben, weil die angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre nach dem Verfügungspatent wortsinngemäßen Gebrauch machten. Darüber hinaus sei der Rechtsbestand des Verfügungspatents hinreichend gesichert. Auch die vorzunehmende Interessenabwägung müsse zu ihren Gunsten erfolgen. Insbesondere stehe der Dringlichkeit der beantragten Verfügung nicht entgegen, dass sie den Antrag erst Monate nach der Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts gestellt habe. Denn erst die gründliche Durchsicht der schriftlichen, begründeten Entscheidung der Beschwerdekammer und der Testkauf aktueller Implantate bei der Verfügungsbeklagten habe eine Prüfung der Erfolgschancen eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte ermöglicht. Vor Durchführung des Beschwerdeverfahrens sei der Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht gesichert gewesen, weil auch zwei der Einsprechenden Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung eingelegt hätten, so dass theoretisch auch die Möglichkeit der Vernichtung des Verfügungspatents im Beschwerdeverfahren bestanden habe. Außerdem sei gemäß ihrer Untersuchungen lediglich jeweils ein Implantat der Verfügungsbeklagten aus den Serien „C“ und „D“ unter den Schutzbereich in der von der Einspruchsabteilung eingeschränkten Fassung des Verfügungspatents gefallen, so dass ein Angriff zum damaligen Zeitpunkt noch nicht sinnvoll gewesen sei.

Die Verfügungsklägerin beantragt,
im Wege der einstweiligen Verfügung,

I. es der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von 5 € bis zu 250.000,00 €, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu untersagen,
mit einem Gewinde versehene Dentalimplantate zur Erzielung einer zuverlässigen Verankerung in der Knochensubstanz im menschlichen Körper, die folgende Merkmale aufweisen:
• das Implantat weist ein Außengewinde auf;
• das Außengewinde an dem Implantat kann mit der Seitenwand eines Loches in der Knochensubstanz für die zuverlässige Verankerung und das Einheilen des Implantats insbesondere in die weiche Knochensubstanz zusammenwirken;
• das Implantatgewinde hat eine leichte Konizität;
• das Implantatgewinde und die leichte Konizität erstrecken sich entlang des größten Teils der Länge des Implantats;
• um Knochensubstanz in im wesentlichen radialen Richtungen als eine Funktion des Ausmaßes, bis zu welchem das Implantat in das Loch in den Knochen eingeschraubt ist, nach außen zu zwängen;
• das konische Implantatgewinde umfasst zwei oder mehr Gewindespiralen;
• die zwei oder mehr Gewindespiralen stellen ein enges Gewinde auf dem Implantat bereit;
• das mit einem Gewinde versehene Implantat umfasst einen Bereich an der Spitze und einen übrigen Bereich;
• der Bereich an der Spitze geht in den übrigen Bereich über;
• das Implantatgewinde weist in dem Bereich an der Spitze eine stärkere Konizität auf als in dem übrigen Bereich;

das sind die nachfolgend aufgeführten Dental-Implantate der Serie E „C“:
Art.-Nr. XXX24 Ø 3,5 mm x 15 mm
Art.-Nr. XXX30 Ø 4,0 mm x 15 mm
Art.-Nr. XXX36 Ø 4,5 mm x 15 mm
Art.-Nr. XXX42 Ø 5,0 mm x 15 mm

und der Serie E „D“:
Art.-Nr. XXX82 Ø 3,5 mm x 9 mm
Art.-Nr. XXX83 Ø 3,5 mm x 11 mm
Art.-Nr. XXX84 Ø 3,5 mm x 13 mm
Art.-Nr. XXX85 Ø 3,5 mm x 15 mm
Art.-Nr. XXX86 Ø 3,5 mm x 17mm
Art.-Nr. XXX88 Ø 4,0 mm x 9 mm
Art.-Nr. XXX89 Ø 4,0 mm x 11 mm
Art.-Nr. XXX90 Ø 4,0 mm x 13 mm
Art.-Nr. XXX91
Art.-Nr. XXX92 Ø 4,0 mm x 15 mm
Ø 4,0 mm x 17 mm
Art.-Nr. XXX94 Ø 4,5 mm x 9 mm
Art.-Nr. XXX95 Ø 4,5 mm x 11 mm
Art.-Nr. XXX96 Ø 4,5 mm x 13 mm
Art.-Nr. XXX97 Ø 4,5 mm x 15 mm
Art.-Nr. XXX98 Ø 4,5 mm x 17 mm
Art.-Nr. XXX00 Ø 5,0 mm x 9 mm
Art.-Nr. XXX01 Ø 5,0 mm x 11 mm
Art.-Nr. XXX02 Ø 5,0 mm x 13 mm
Art.-Nr. XXX03 Ø 5,0 mm x 15 mm
Art.-Nr. XXX06 Ø 5,5 mm x 9 mm
Art.-Nr. XXX07 Ø 5,5 mm x 11 mm
Art.-Nr. XXX08 Ø 5,5 mm x 13 mm

ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
II. der Verfügungsbeklagten aufzugeben, der Verfügungsklägerin innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 15.10.2010 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses folgender Angaben:
1. Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen,
2. Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen,
3. Menge der erhaltenen oder bestellten und/oder ausgelieferten Erzeugnisse,
4. Preise, die für die Erzeugnisse bezahlt wurden;

III. der Verfügungsbeklagten aufzugeben, die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. bezeichneten Gegenstände an einen von der Verfügungsklägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der vorläufigen Verwahrung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung oder einer einvernehmlichen Einigung der Parteien über das Bestehen des gesicherten Vernichtungsanspruchs der Verfügungsklägerin herauszugeben;
IV. der Verfügungsbeklagten aufzugeben, die von ihr bereits in Verkehr gebrachten, unter Ziffer I. bezeichneten Gegenstände gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf ihren rechtsverletzenden Zustand mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten zu übernehmen, die Verfügungsklägerin laufend über Maßnahmen und das Ergebnis ihrer Rückrufaktion zu unterrichten, erstmals binnen fünf Werktagen nach Zustellung dieser Anordnung unter Vorlage ihrer Rückrufaufforderungen, und die Erzeugnisse nach erfolgter Rückgabe an einen von der Verfügungsklägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zur Verwahrung zum Zwecke der Sicherung des Vernichtungsanspruchs herauszugeben.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen,
hilfweise: die Vollziehung der einstweiligen Verfügung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von mindestens 3 Mio. € zuzulassen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, die Verfügungsklägerin könne ihren Angriff nicht auf das Verfügungspatent in der von der Beschwerdekammer aufrecht erhaltenen Form stützen, weil die von der Beschwerdekammer geänderte Fassung der Patentansprüche noch nicht zu einer Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang nach der maßgeblichen Regel 82 der Ausführungsverordnung zum Patentübereinkommen und Art. 100 Abs. 3, 103 EPÜ geführt habe. Da die Verfügungsbeklagte die erforderliche Gebühr noch nicht beglichen und die Übersetzungen noch nicht eingereicht habe, sei noch keine Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß Art. 101 Abs. 3 EPÜ ergangen.
Darüber hinaus sei das Verfügungspatent in der eingeschränkten Fassung mangels erfinderischer Tätigkeit und wegen unzulässiger Erweiterung in Bezug auf die Offenlegungsschrift WO 99/23XXX (Anlage AG 11) nicht rechtsbeständig. Die Lehre des Anspruchs 1 des Verfügungspatents sei angesichts der US-Schrift 5,427,XXX (Anlage AG 6) in Kombination mit der WO 97/03XXX (Anlage AG 8) nicht erfinderisch. Gleiches gelte im Hinblick auf eine Kombination der US 5,427,XXX mit der DE 42 38 XXX A1 (Anlage AG 18).
Die Verfügungsbeklagte ist ferner der Auffassung, die Verfügungsklägerin habe die notwendige zeitliche Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht glaubhaft gemacht. Gegen eine Dringlichkeit des Antrags spreche, dass die Verfügungsklägerin bereits mit der (erstinstanzlichen) Einspruchsentscheidung des Europäischen Patentamts am 13. Januar 2009 im Hinblick auf die Frage der Dringlichkeit von einem hinreichenden Rechtsbestand des Verfügungspatents habe ausgehen können. Da der Antrag erst knapp vier Jahre später erhoben wurde, könne dieser nicht mehr als dringlich angesehen werden. Selbst wenn auf die Entscheidung der Beschwerdekammer abgestellt würde, habe die Verfügungsbeklagte auch nach der Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts im Einspruchsverfahren am 3. September 2013 zu lange mit der Stellung des vorliegenden Verfügungsantrags zugewartet, so dass die erforderliche Dringlichkeit nicht vorliege. Die Verfügungsklägerin habe bereits am Ende der mündlichen Verhandlung der Beschwerdekammer am 3. September 2013 mit dem Entscheidungstenor Kenntnis über den Bestand des Verfügungspatents erhalten und die Entscheidungsbegründung habe keinen Mehrwert bei ihrer Entscheidung, ob sie gegen die Verfügungsbeklagte vorgehen sollte oder nicht, gehabt. Schließlich sei der Verfügungsantrag aber selbst dann als verspätet anzusehen, wenn man auf den Zugang der Entscheidungsbegründung bei der Verfügungsklägerin am 9. Dezember 2013 abstellte, weil der Antrag erst sieben Wochen später gestellt worden sei.
Im Übrigen spreche auch die Interessenabwägung für die Verfügungsbeklagte. Neben den unmmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen, die der Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung auf die Verfügungsbeklagte habe und die zu einer nachhaltigen Schädigung der Marktposition der Verfügungsbeklagten führen würden, sei auch zu berücksichtigen, dass inzwischen eine Großzahl von Patienten mit Zahnimplantaten der Verfügungsbeklagten ausgestattet und kontinuierlich darauf angewiesen sei, bei Beschädigungen ihres Implantats ein gleiches Implantat zu erhalten. Mithin würde ein Vertriebsstopp auch zu erheblichen Versorgungsproblemen der Patienten führen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, aber unbegründet. Die Verfügungsklägerin hat weder das Vorliegen der gegen die Verfügungsbeklagte geltend gemachten Verfügungsansprüche, noch einen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendigen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.

I.
Die angegriffenen Ausführungsformen stimmen nicht wortsinngemäß mit der in Anspruch 1 des Verfügungspatents unter Schutz gestellten technischen Lehre überein.
1.
Das Verfügungspatent betrifft ein mit einem Gewinde versehenes Implantat zur Erzielung einer zuverlässigen Verankerung in der Knochensubstanz im menschlichen Körper, vorzugsweise im Kieferknochen. Der in Frage stehende Knochen ist in diesem Fall mit einem zuvor mit großer Präzision gebohrten Loch versehen, in dessen Seitenwand ein Innengewinde ausgebildet werden kann, das mit dem Außengewinde am Implantat für ein zuverlässiges Verankern und Einwachsen des Implantats in die Knochensubstanz zusammenwirken kann.
Aus dem Stand der Technik sind Implantate mit (selbstschneidenden) Gewinden zum Einsetzen bzw. Einschrauben in Löcher, die im (Kiefer-)Knochen ausgebildet worden sind, in großer Anzahl und in verschiedenen Gestaltungen bekannt. Dabei sind im Stand der Technik Implantatgewinde in unterschiedlicher Ausgestaltung bekannt, z.B. konusförmige oder zylindrische Gewinde, wobei letztere gewählt werden, um die Zahnwurzel nachzubilden, die sie ersetzen sollen. Die Implantate werden in Löcher eingesetzt, die zuvor in dem Kieferknochen eingebohrt worden sind, wobei für ein zylindrisches Implantat ein zylindrisches Loch und für ein konisches Implantat ein konisches Loch vorbereitet wird. Nachdem das Implantat in das gebohrte Loch eingeschraubt worden ist, folgt eine Zeitspanne des Einheilens (die sog. Osseointegration), die in der Regel drei bis sechs Monate beträgt, und in der das Knochengewebe in direktem Kontakt mit dem Implantat wächst und das Implantat dann dazu verwendet werden kann, eine prothetische Rekonstruktion zu tragen. Aus den im Stand der Technik verwendeten Verfahren ist es bereits bekannt, dass gute langlebige Ergebnisse erzielt werden, wenn die Osseointegration zwischen dem Knochen und dem Implantat mit einem engen Profil und kleiner Gewindesteigung der in Frage stehenden Gewindegänge stattfinden kann. Zum Stand der Technik gehören die WO-A1-9725933 und die WO-A1-9306786, die Implantate vorsehen, bei denen das Gewinde eine geringe Konizität mehr oder weniger entlang einem Teil der Länge des Implantats aufweist. In der WO 97/25933 (PCT/US97/00332) ist bereits vorgeschlagen worden, insbesondere in Verbindung mit dem harten Kieferknochen, dass der Körper, welcher das Gewinde trägt, mit einem nichtkreisförmigen (asymmetrischen) Querschnitt versehen sein sollte, wobei der Zweck der Nichtkreisförmigkeit ist, die Reibung zwischen dem Knochen und dem Implantat beim Einsetzen des Implantats zu reduzieren.
An den vorbekannten Verfahren kritisiert es das Verfügungspatent als nachteilig, dass bei der Verwendung von zylindrischen Implantaten in zylindrischen Löchern das Gewinde, welches in den meisten Fällen durch eine selbstschneidende Spitze des Implantats erzeugt wird, beim Einschrauben des Implantats abgerieben und mit diesem Abreiben das Gewinde aufgeweitet wird, hauptsächlich am Eingang und/oder der Mündung des Loches im Knochen. Dies führt dazu, dass das Implantat eine etwas lose Verankerung hat, insbesondere in weichen Knochen, was bedeutet, dass das Implantat eine geringe anfängliche Stabilität hat. Wenn konische Implantate mit einer konischen Vorbereitung verwendet werden, besteht der Nachteil – so das Verfügungspatent –, dass während der konischen Präparierung eine relativ hohe Wärmentwicklung auftritt. Da ein konischer Bohrer entlang des gesamten Umfangs schneidet, wird eine relativ hohe Wärme erzeugt und diese Negativwirkung wird weiter durch die Tatsache verstärkt, dass die Schneidgeometrie eines konischen Bohrers wegen des Auftretens eines geringen Oberflächendruckes, der am Umgang des konischen Bohrers auftritt, schlechter wird. Das heißt, dass der Bohrer nicht exakte Chips abschneiden kann, sondern stattdessen Knochen wegschabt und dies die Erzeugung größerer Wärmewirkung verursacht. Diese Wärme kann den Knochen zerstören und kann dazu führen, dass der dem gebohrten Loch am nächsten liegende Knochen abstirbt, wodurch die Chancen einer erfolgreichen Osseointegration drastisch verringert werden.
Ein weiterer Nachteil der aus dem Stand der Technik bekannten Lösungen besteht darin, dass es nicht möglich ist, einen Langzeiterfolg des Implantats vorherzusagen, weil bei den bekannten Implantaten das Problem bekannt ist, dass diese insbesondere im Fall von schwacher oder weicher Knochenqualität direkt nach dem Einsetzen nicht mit ausreichender Stabilität im Knochen sitzen. Wenn dies der Fall ist, können mikroskopische Bewegungen zwischen dem Implantat und dem umgebenden Knochengewebe auftreten, beispielsweise wenn der Knochen gebogen wird, was dann auftreten kann, wenn der Knochen Kaubelastungen ausgesetzt ist oder wenn der Patient eine herkömmliche Zahnprothese hat, die auf den Gaumen oberhalb des Implantats drückt. Dann ist es für das Implantat wichtig, eine ausreichende Anfangsstabilität zu haben.

Schließlich übt das Verfügungspatent noch Kritik an Implantaten mit dünneren Gewinden und einem größeren Gewindeprofil und damit einer größeren Gewindesteigung. Solche Implantate werden verwendet, um die Zeit für das Befestigen des Implantats zu verringern und damit der Gefahr zu begegnen, dass der Chirurg beim Befestigen des Implantats über einen längeren Zeitraum hinweg keine ruhige Hand bewahren kann und Taumelbewegungen ausführt. Weil das Loch für das Implantat mit großer Präzision gebohrt werden muss und die Temperatur im Knochen nicht zu hoch werden soll, wird beim Befestigen von Implantaten lediglich eine Rotationsgeschwindigkeit von 20-25 U/Min. angewendet, so dass die Zeit, die für das Befestigen eines Implantats erforderlich ist, eine Minute oder länger betragen kann. Die Anwendung von Implantaten mit einem dünneren Gewinde mit einer größeren Gewindesteigerung ist jedoch unter mehreren Aspekten von Nachteil: Es gibt weniger Gewindegänge und somit eine erhöhte Belastungskonzentration um jede Gewindespitze und auch bei einem gröberen Gewindeprofil einen größeren Unterschied zwischen dem Außen- und dem Innendurchmesser, was bei einem gegebenen Außendurchmesser des Implantats zu einem mechanisch schwächeren Implantat führt.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik hat es sich die Erfindung nach dem Verfügungspatent zur Aufgabe gemacht, die vorgenannten Probleme zu lösen und schlägt hierfür in Patentanspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Mit Gewinde versehenes Implantat (3)
a) zur Erzielung einer zuverlässigen Verankerung in der Knochensubstanz im menschlichen Körper,
2. das Implantat (3) weist ein Außengewinde auf;
3. das Außengewinde an dem Implantat kann mit der Seitenwand (2b) eines Loches (2) in der Knochensubstanz für die zuverlässige Verankerung und das Einheilen des Implantats insbesondere in die weiche Knochensubstanz zusammenwirken;
4. das Implantatgewinde (3b, 3 d‘, 3e) hat eine leichte Konizität;
5. das Implantatgewinde und die leichte Konizität erstrecken sich entlang des größten Teils der Länge des Implantats (3),
a) um Knochensubstanz in im wesentlichen radialen Richtungen (R) als eine Funktion des Ausmaßes, bis zu welchem das Implantat in das Loch (2) in den Knochen eingeschraubt ist, nach außen zu zwängen;
6. das konische Implantatgewinde (3b, 3d‘) umfasst zwei oder mehr Gewindespiralen,
a) die zwei oder mehr Gewindespiralen stellen ein enges Gewinde auf dem Implantat bereit;
7. das mit einem Gewinde versehene Implantat (3) umfasst die folgenden Bereiche
a) einen Bereich an der Spitze (3a, 3a‘),
b) einen übrigen Bereich (3b),
c) das Implantatgewinde (3d, 3d‘, 3e) weist in dem Bereich an der Spitze (3a, 3a‘) eine stärkere Konizität auf als in dem übrigen Bereich (3b).
2.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (InstGE 9, 140 – Olanzapin; InstGE 12, 114 – Harnkatheterset; bestätigt in: OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2011, 81 – Gleitsattelscheibenbremse II), dass der Erlass einer einstweiligen Verfügung insbesondere auf Unterlassung nur in Betracht kommt, wenn sowohl die Frage der Patentverletzung als auch der Bestand des Verfügungspatents im Ergebnis so eindeutig zugunsten des Antragstellers zu beantworten sind, dass eine fehlerhafte, in einem etwa nachfolgenden Hauptsacheverfahren zu revidierende Entscheidung nicht ernstlich zu erwarten ist (ebenso: OLG Karlsruhe, InstGE 11, 143 – VA-LVD-Fernseher).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Verfügungsklägerin hat eine Verletzung des Anspruchs 1 des Verfügungspatents durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Jedenfalls die wortsinngemäße Verwirklichung des – neben den Merkmalen 3, 5, 5a, 6, 6a und 8 – zwischen den Parteien im Streit stehenden Merkmals 4 durch die angegriffenen Ausführungsformen hat die Verfügungsklägerin nicht darzulegen vermocht.

a)
Merkmal 4 setzt voraus, dass das Implantatgewinde eine leichte Konizität aufweist. Dies bedeutet, dass das Implantatgewinde kegelförmig ausgestaltet ist, wobei sich die kegelförmige Gestaltung durchgängig, d.h. mit einem zum Bereich der Spitze hin stetig (graduell) abnehmenden Durchmesser auf der gesamten Länge des Gewindes erstreckt. Dieses Verständnis ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des Merkmals, als auch aus dem systematischen Zusammenhang von Merkmal 4 mit den Merkmalen 7 und 8. Nach seinem Wortlaut sieht Merkmal 4 eine „leichte Konizität“ vor und unterscheidet dabei nicht zwischen verschiedenen Bereichen des Gewindes. Dies hätte jedoch nahegelegen, wenn das Verfügungspatent nicht voraussetzt, dass sich die Konizität über das gesamte Gewinde erstreckt. Denn das Verfügungspatent teilt in Merkmal 7 das Gewinde in zwei verschiedene Bereiche, nämlich (i) einen Bereich an der Spitze und (ii) einen übrigen Bereich auf, wobei die beiden Bereiche ineinander übergehen. In Merkmal 8 ist vorgesehen, dass das Gewinde in dem einen der genannten Bereiche, dem Bereich an der Spitze, eine stärkere Konizität als in dem übrigen Bereich aufweisen muss. Da Merkmal 4 keine Angabe dazu enthält, dass sich die leichte Konizität nur auf einen Teil des Gewindes erstrecken soll, ergibt sich daher im Umkehrschluss, dass die in Merkmal 4 genannte „leichte Konizität“ in Bezug auf die gesamte Länge des Gewindes vorliegen muss, weil es ansonsten nahe gelegen hätte, den Bereich, in dem das Gewinde leicht konisch sein soll, in Merkmal 4 einzugrenzen bzw. zu benennen, so wie es Merkmal 8 mit dem Bereich der Spitze vorsieht.
Dass die leichte Konizität dabei stetig in eine Richtung ansteigen bzw. in die Gegenrichtung abnehmen muss, ergibt sich zum einen wiederum aus dem Wortlaut, weil Merkmal 4 gerade nicht die Möglichkeit der wechselnden Konizitäten, (d.h. abwechselnd ab- und zunehmende Kegelförmigkeit), die das Verfügungspatent in Abs. (0003) ausdrücklich als im Stand der Technik vorbekannt („unterschiedliche Konizitäten an ein und demselben Implantat“) nennt, in Merkmal 4 gerade nicht aufführt. Zum anderen spricht für diese Auslegung auch die Tatsache, dass das Verfügungspatent in Abs. [0015] im Rahmen der Erläuterung bevorzugter Ausführungsformen Angaben zum Grad der Konizität macht, hierbei aber wiederum keine wechselnden Konizitäten (d.h. ab- und zunehmende Durchmesser im Wechsel) aufführt oder mit entsprechenden Maßen vorschlägt.
Schließlich ergibt sich die dargestellte Auslegung auch unter technischen Gesichtspunkten. Der durchgängig graduell größer werdende Durchmesser des Implantatgewindes sorgt dafür – wie in Abs. [0015] und [0018] in der Verfügungspatentschrift dargelegt -, dass der Druck zwischen der Knochensubstanz und dem Implantat während des größten Teils des Vorgangs des Einschraubens einen im Wesentlichen konstanten oder nur leicht steigenden Wert hat. Weil der Druck zwischen dem Implantat und dem Gewinde im Knochen beim Eindrehen des Implantats nicht abfällt, erlaubt dies eine graduelle Vorrückkraft, die der Tendenz des Brechens brüchiger Gewindegänge im Knochen entgegenwirkt. Bei einem Wechsel der Konizitäten, d.h. einem zu- und wieder abnehmenden Durchmesser des Gewindes, würde es dagegen zu einem ungleichmäßigen Druck auf die Knochensubstanz während des Einschraubvorgangs durch das Gewinde kommen, was dem von dem Verfügungspatent verfolgten technischen Lösung gerade zuwiderliefe.
b)
Die Verwirklichung des Merkmals 4 durch die angegriffenen Ausführungsformen 1 (aus der Serie „C“) hat die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft gemacht. Sie hat nicht – z.B. anhand von Messungen – dargelegt, dass das Gewinde der angegriffenen Ausführungsformen 1 im Sinne der patentgemäßen Lehre zur Spitze hin stetig graduell einen abnehmenden, kegelförmigen Durchmesser aufweist. Vielmehr hat die Verfügungsbeklagte vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass das Gewinde der angegriffenen Ausführungsformen 1 gemäß der Herstellungsdaten nicht stetig, d.h. kontinuierlich zur Spitze hin mit einem abnehmenden Durchmesser konisch zuläuft, sondern dass sie vom Gewindehals gesehen zunächst in ihrem Durchmesser leicht zunehmen, um dann, auf ca. 1/3 der Länge des Implantatgewindes, mit einem graduell abnehmenden Durchmesser sich zur Spitze hin kegelförmig zu verjüngen und somit eine leichte „S-Form“ oder Taillierung vorsehen. Diesen Vortrag hat die Verfügungsbeklagte durch Vorlage von Messergebnissen und einer Zeichnung (Anlage AG 13) untermauert. Schließlich lässt sich die von der Verfügungsbeklagten dargelegte „Taillierung“ des Gewindes auch auf der in ihrem Prospekt (Anlage HE 1) enthaltenen bildlichen Darstellung eines Implantats der angegriffenen Ausführungsform 1 erkennen. Auch deshalb erscheinen die von der Verfügungsbeklagten vorgetragenen Abmessungen des Gewindes der angegriffenen Ausführungsformen 1 nachvollziehbar und bieten keinerlei Anlass, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln.
Auch in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen 2 (aus der Serie „D“) ist die Verfügungsklägerin ihrer Darlegungslast in Bezug auf die Verwirklichung von Merkmal 4 des Verfügungspatentanspruchs 1 nicht nachgekommen.
Zwar hat die Verfügungsklägerin in Bezug auf zwei der Modelle der angegriffenen Ausführungsformen 2 mit den Maßen Ø 4,5 mm x 13 mm und Ø 5,0 mm x 13 mm eigene Untersuchungen und Messungen durchgeführt, deren Ergebnis sie in der mündlichen Verhandlung dargestellt hat. Aus diesen Aufzeichnungen der Fa. E ergibt sich, dass bei den vermessenen Implantaten das Gewinde jeweils einen graduell steigenden Winkel zum Gewindehals hin aufweist. Jedoch stehen diese Messergebnisse den Untersuchungsergebnissen der Verfügungsbeklagten (Anlage AG 13) gegenüber, die nach ihrem – der Verfügungsbeklagten – Vortrag wiederum die Herstellungsdaten wiederspiegeln und die auch bei sämtlichen Modellen der angegriffenen Ausführungsformen 2 eine „Umkehrung“ der Konizität und damit eine leichte „S-Form“ der Implantatgewinde darlegen. Da die Untersuchungen und daraus hervorgegangenen Ergebnisse der Verfügungsbeklagten weder unplausibel, noch offensichtlich fehlerhaft erscheinen, ist der darlegungsbelasteten Verfügungsklägerin keine überzeugende Glaubhaftmachung gelungen, dass die angegriffenen Ausführungsformen 2 eine leichte Konizität entsprechend des Merkmals 4 der Verfügungspatentanspruchs 1 aufweisen, indem sie durchgängig einen graduell abnehmenden Durchmesser zur Spitze hin vorsehen. Die Tatsache, dass sich der wechselseitige Parteivortrag hinsichtlich der Ausgestaltung der Konizität des Implantatgewindes bei den Modellen der angegriffenen Ausführungsform 2 widerspricht, geht zu Lasten der beweispflichtigen Verfügungsklägerin.

II.
Darüber hinaus hat die Verfügungsklägerin auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass der Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zeitlich dringlich geboten erscheint.

1.
Wann die gebotene Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung vorliegt, lässt sich nicht allgemein, d.h. anhand fester Fristen, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse des Einzelfalls bestimmen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 366 – Simplify your Production). Maßgeblich ist dabei stets, ob der Antragsteller das Seinige getan hat, um seine Verbietungsrechte zügig durchzusetzen (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage 2013, Rdnr. 1801). Dabei kommt es nicht auf eine besondere Eile oder größtmögliche Schnelligkeit an. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Verletzte bei der Verfolgung seiner Ansprüche wegen einer Patentverletzung in einer solchen Weise nachlässig und zögerlich verhalten hat, dass aus objektiver Sicht der Schluss geboten ist, dem Verletzten sei an einer zügigen Durchsetzung seiner Rechte nicht gelegen, weswegen es auch nicht angemessen ist, ihm die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes zu gestatten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2013, PharmR 2013, 237, 240 – „Flupirtin-Maleat“). Grundsätzlich beginnt die Dringlichkeitsfrist für den Antragsteller in dem Augenblick zu laufen, in dem er Kenntnis von der schutzrechtsverletzenden Ausführungsform erhält (Kühnen, aaO, Rdnr. 1802). Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass es der Dringlichkeit einer einstweiligen Unterlassungsverfügung nicht zwingend entgegensteht, dass der Patentinhaber vor Anbringung seines Verfügungsantrages zunächst die erstinstanzliche Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung abwartet, wenn der Rechtsbestand des Verfügungspatents streitig ist und ein vor der aufrechterhaltenden Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung eingereichtes Verfügungsbegehren mutmaßlich keine Erfolgsaussicht hat (OLG Düsseldorf, InstGE 10, 124 – Inhalator). Der Verfügungskläger muss bei der Rechtsverfolgung keinerlei Risiko eingehen. Er muss das Gericht deshalb erst dann anrufen, wenn er verlässliche Kenntnis all derjenigen Tatsachen hat, die eine Rechtsverfolgung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erfolgversprechend machen, und wenn er die betreffenden Tatsachen in einer solchen Weise glaubhaft machen kann, dass ein Obsiegen sicher absehbar ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2013, PharmR 2013, 237, 241). Deshalb kann der Verfügungskläger grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden, Nachermittlungen erforderlichenfalls erst während des laufenden Verfahrens anzustellen und Glaubhaftmachungsmittel nötigenfalls nachträglich zu beschaffen. Allerdings muss der Verfügungskläger, sobald er den mutmaßlichen Verletzungssachverhalt kennt, diesem nachgehen, die notwendigen Aufklärungsmaßnahmen treffen und für deren Glaubhaftmachung sorgen. Auch hierbei darf er nicht dilatorisch agieren, sondern hat die erforderlichen Schritte jeweils zielstrebig in die Wege zu leiten und zu Ende zu führen (OLG Düsseldorf, aaO).

2.
Dass sie mit dieser erforderlichen Zielstrebigkeit bei der Vorbereitung der vorliegenden einstweiligen Verfügung vorgegangen ist, hat die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr ergibt eine Würdigung der vorgetragenen Gesamtumstände, dass sich die Verfügungsklägerin bei der Vorbereitung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung zögerlich verhalten hat, so dass aus Sicht der Kammer der Schluss naheliegt, dass der Verfügungsklägerin an einer zügigen Durchsetzung ihrer Rechte nicht gelegen war.
Die Verfügungsklägerin hat im Zeitpunkt der Verkündung der – vollständig gemäß dem Antrag der Verfügungsklägerin ergangenen – Entscheidung der Beschwerdekammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 3. September 2013 ausreichende Sicherheit über den Rechtsbestand und Umfang des Verfügungspatents erlangt. Während sie noch nicht gehalten war, nach Kenntnisnahme der Entscheidung der Einspruchsabteilung tätig zu werden, weil zu jenem Zeitpunkt zum einen der Rechtsbestand des Verfügungspatents noch nicht hinreichend gesichert war, da aufgrund der eingelegten Beschwerde zweier Einsprechender die Gefahr bestand, dass das Verfügungspatent von der Beschwerdekammer als nicht rechtsbeständig angesehen wird, und zum anderen der Aufwand für die Beantragung einer einstweiligen Verfügung in keinem Verhältnis dazu stand, dass nur jeweils ein Implantat aus den Serien „C“ und „D“ der Verfügungsbeklagten nach den Untersuchungen der Verfügungsklägerin den eingeschränkten Schutzbereich des Verfügungspatents verletzte, hätte die Verfügungsklägerin mit Kenntniserlangung vom Tenor der Entscheidung der Beschwerdekammer tätig werden können und müssen, um die Erfolgsaussichten einer einstweiligen Verfügung zügig zu prüfen und einen Antrag vorzubereiten. Da die Verfügungsklägerin bereits während des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens nach ihrem eigenen Vortrag Kenntnis von den angeblich das Verfügungspatent verletzenden angegriffenen Ausführungsformen hatte, bedurfte es nach dem 3. September 2013 höchstens noch eines Abgleichs der aktuell auf dem Markt befindlichen angegriffenen Ausführungsformen mit dem von der Beschwerdekammer antragsgemäß festgestellten Schutzumfang des Anspruchs 1 des Verfügungspatents sowie einer Entscheidung der jeweiligen Entscheidungsträger im Hause der Verfügungsklägerin, ob einstweiliger Rechtsschutz beantragt werden sollte. Dass für diesen Entscheidungs- und Abstimmungsprozess knapp fünf Monate notwendig waren, hat die Verfügungsklägerin nicht dargelegt und es ist auch nicht erkennbar, dass dieser Prozess bei stringenter Führung eine derartige Zeitspanne in Anspruch genommen hat. Da das Beschwerdeverfahren in der englischen Sprache geführt wurde, bestand für die Verfügungsklägerin keine Notwendigkeit, Übersetzungen der Entscheidung für ihre in verschiedenen Ländern der A-Gruppe ansässigen Entscheidungsträger anfertigen zu lassen. Die Durchführung eines Testkaufs, den die Verfügungsklägerin im November vornehmen ließ, war zudem innerhalb weniger Tage zu bewerkstelligen, da die angegriffenen Ausführungsformen grundsätzlich sofort lieferbar waren und nur geringe Kosten mit ihrem Erwerb verbunden waren. Dass die Verfügungsklägerin an den im Rahmen des Testkaufs erworbenen Implantaten der Verfügungsbeklagten selbst Untersuchungen vorgenommen oder Messungen in Auftrag gegeben hat, hat sie selbst nicht vorgetragen und Ergebnisse solcher etwaiger, vor Antragstellung durchgeführter Untersuchungen auch nicht vorgelegt.
Soweit die Verfügungsklägerin vorgetragen hat, sie habe die schriftlichen Gründe der Entscheidung der Beschwerdekammer für eine Evaluierung der Erfolgschancen einer einstweiligen Verfügung abwarten und bewerten müssen, ist zwar nicht erkennbar, welchen Mehrwert der Zugang der schriftlichen Gründe bei der Verfügungsklägerin bzw. ihren Vertretern am 10. Dezember 2013 für die Verfügungsklägerin im Rahmen ihrer Entscheidung für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes hatte, weil die Entscheidung der Beschwerdekammer wortwörtlich dem Antrag der Verfügungsklägerin entsprach. Aber selbst unter Berücksichtigung dieses Vortrags der Verfügungsklägerin zu ihren Gunsten hat sie nicht dargelegt, dass sie sich nach Zugang der begründeten Entscheidung der Beschwerdekammer um eine zügige Durchsetzung ihrer Rechte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes bemüht hat. Am 10. Dezember 2013 hatte die Verfügungsklägerin den Testkauf bereits durchgeführt und zwei Wochen Zeit für eine Begutachtung der erhaltenen angegriffenen Implantate gehabt. Da weder Übersetzungen anzufertigen waren, noch umfangreiche Untersuchungen durchgeführt wurden, bedurfte es wiederum lediglich einer Entscheidung im Hause der Verfügungsklägerin, ob einstweiliger Rechtsschutz beantragt werden sollte, sowie der Vorbereitung des Antrags durch Rechts- und Patentanwälte. Selbst unter Berücksichtigung von Zeitverzögerungen für einen solchen Abstimmungs- und Entscheidungsprozess aufgrund der Weihnachtsfeiertage und Urlaubsabwesenheiten sowie der Tatsache, dass die Entscheidungsträger im Unternehmen der Verfügungsklägerin an unterschiedlichen internationalen Standorten tätig sind, ist in Zeiten der elektronischen Kommunikation und der damit verbundenen Möglichkeiten der Durchführung von Telefon- und Videokonferenzen nicht erkennbar, dass die Verfügungsklägerin diesen Entscheidungsprozess nach Erhalt der Entscheidungsgründe am 10. Dezember 2013 mit der erforderlichen Zügigkeit durchgeführt hat. Die Tatsache, dass bis zur Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung volle sieben Wochen verstrichen sind, lässt nur den Rückschluss auf ein zögerliches Verhalten der Verfügungsklägerin zu, das gerade nicht erkennen lässt, dass ihr an einer zügigen Durchsetzung ihrer Rechte gelegen war. Mangels Glaubhaftmachung der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendigen Dringlichkeit erscheint es unter Würdigung und in einer Gesamtschau der Umstände daher nicht angemessen, der Verfügungsklägerin die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes zu gestatten

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 € festgesetzt.