4a O 232/10 – Winterweizen (Sortenschutz)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1683

Landgericht Düsseldorf
Teilanerkenntnis- und Teilurteil vom 28. Juli 2011, Az. 4a O 232/10

I. Der Beklagte wird auf sein Anerkenntnis hin verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, ob er im Wirtschaftsjahr 2007/2008 (Anbau zur Ernte 2008) in seinem Betrieb Erntegut, das er durch Anbau von Vermehrungsmaterial der für die nachfolgend bezeichneten Sortenschutzinhaber bzw. Nutzungsberechtigten jeweils geschützten, ebenfalls nachfolgend bezeichneten Sorten

Sortenschutzinhaber/
Nutzungsberechtigter Sorte Art EU-Sorte/ Deutsche Sorte
AGmbH & Co. KG B Winterweizen EU

im eigenen Betrieb gewonnen hat, als Vermehrungsmaterial verwendet hat (Nachbau) und bei den Sorten, mit denen er Nachbau betrieben hat, der Klägerin Auskunft über

– die Menge des von ihm verwendeten Saat- und Pflanzguts und
– im Falle der Fremdaufbereitung Name und Anschrift des Aufbereiters zu erteilen

sowie die erteilten Auskünfte durch geeignete Nachweise zu belegen.

II. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, ob er im Wirtschaftsjahr 2007/2008 (Anbau zur Ernte 2008) in seinem Betrieb Erntegut, das er durch Anbau von Vermehrungsmaterial der für die nachfolgend bezeichneten Sortenschutzinhaber bzw. Nutzungsberechtigten jeweils geschützten, ebenfalls nachfolgend bezeichneten Sorten

Sortenschutzinhaber/
Nutzungsberechtigter Sorte Art EU-Sorte/ Deutsche Sorte
CGmbH D Winterweizen EU

im eigenen Betrieb gewonnen hat, als Vermehrungsmaterial verwendet hat (Nachbau) und bei den Sorten, mit denen er Nachbau betrieben hat, der Klägerin Auskunft über

– die Menge des von ihm verwendeten Saat- und Pflanzguts und
– im Falle der Fremdaufbereitung Name und Anschrift des Aufbereiters zu erteilen

sowie die erteilten Auskünfte durch geeignete Nachweise zu belegen.

III. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 70,20 € zu zahlen. Hinsichtlich der übrigen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziffer II. und III. jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.200,00 €.

Tatbestand:

Die Klägerin macht als Vereinigung von Sortenschutzinhabern für verschiedene Sortenschutzinhaber und Inhaber von ausschließlichen Nutzungsrechten an Sortenschutzrechten Auskunfts- und Zahlungsansprüche gegen den Beklagten geltend.

Die Klägerin ist von der CGmbH und der AGmbH & Co. KG zur Wahrnehmung derer Rechte gegenüber Landwirten im Zusammenhang mit dem von diesen etwa betriebenen Nachbau ihrer Sorten beauftragt und ermächtigt worden, diese Rechte im eigenen Namen geltend zu machen.

Im April 2008 (Anlage K 2) forderte die Klägerin den Beklagten auf, für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 Auskunft über einen etwaigen Nachbau zu erteilen. Da der Beklagte dies unterließ, mahnte die Klägerin die ersuchte Auskunft mit Schreiben vom 21.11.2008 (Anlage K 3) unter Fristsetzung zum 08.12.2008 an; nach Fristablauf forderte die Klägerin, nunmehr über ihre Prozessbevollmächtigten, den Beklagten nochmals zur Auskunft auf (Anlage K 4).

Die Klägerin behauptet, auch hinsichtlich der Sorte D habe im Wirtschaftsjahr 2007/2008 Sortenschutz bestanden. Der Beklagte habe am 04.11.2005 4,5 dt Z-Saatgut der Winterweizensorte D bei der E F-genossenschaft G eG erworben. Sie ist der Ansicht, die Nullauskunft des Beklagten lasse den Auskunftsanspruch nicht entfallen, da diese von vornherein unglaubhaft – weil nachweislich unwahr – sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, ob er im Wirtschaftsjahr 2007/2008 (Anbau zur Ernte 2008) in seinem Betrieb Erntegut, das er durch Anbau von Vermehrungsmaterial der für die nachfolgend bezeichneten Sortenschutzinhaber bzw. Nutzungsberechtigten jeweils geschützten, ebenfalls nachfolgend bezeichneten Sorten

Sortenschutzinhaber/
Nutzungsberechtigter Sorte Art EU-Sorte/ Deutsche Sorte
CGmbH D Winterweizen EU
AGmbH & Co. KG B Winterweizen EU

im eigenen Betrieb gewonnen hat, als Vermehrungsmaterial verwendet hat (Nachbau) und bei den Sorten, mit denen er Nachbau betrieben hat, der Klägerin Auskunft über

– die Menge des von ihm verwendeten Saat- und Pflanzguts und
– im Falle der Fremdaufbereitung Name und Anschrift des Aufbereiters zu erteilen

sowie die erteilten Auskünfte durch geeignete Nachweise zu belegen.

2. an die Klägerin 130,50 € zu zahlen.

Der Beklagte hat den Klageantrag zu 1. hinsichtlich der Winterweizensorte B anerkannt und beantragt im Übrigen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die streitgegenständliche Sorte D im Wirtschaftsjahr 2007/2008 Sortenschutz genossen habe. Er habe zu keiner Zeit die Sorte D eingekauft oder nachgebaut.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist auch hinsichtlich des – nicht anerkannten – Auskunftsanspruch hinsichtlich der Winterweizensorte D begründet. Der Rechtsstreit hat sich insoweit durch die Nullauskunft des Beklagten nicht erledigt.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Auskunftsanspruch gem. § 10 a Abs. 6 SortG, Art. 14 Abs. 3, 6. Gedankenstrich GemSortV i.V.m. Art. 8 GemNachbV. Hiernach ist der Beklagte, der Nachbau betreibt, verpflichtet, dem Sortenschutzinhaber auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen, ob und wenn ja mit welchen Sorten und in welchem Umfang er auf seinen wirtschaftlichen Flächen Nachbau betreibt, soweit die Klägerin über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass die den Gegenstand der Klageanträge bildende Sorte im hier maßgeblichen Wirtschaftsjahr von dem Beklagten aufbereitet worden ist (vgl. EuGH, GRUR 2005, 236 – Saatgut-Treuhand/Brangewitz).

Die Winterweizensorte D stand für das streitgegenständliche Wirtschaftsjahr 2007/2008 unter Sortenschutz. Dies hat die Klägerin mittels des eingereichten Auszugs aus dem Register des Gemeinschaftlichen Sortenamtes (Anlage K 5) hinreichend belegt, so dass sich der Beklagte auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen nicht beschränken durfte.

Die Klägerin hat zudem hinreichend dargelegt, dass der Beklagte am 04.11.2005 4,5 dt Z-Saatgut der Winterweizensorte D bei der E F-genossenschaft G eG erworben hat (siehe Anlage K 7). Hierauf hat sich der Beklagte, welcher anfangs pauschal bestritt, die Sorte D jemals eingekauft oder nachgebaut zu haben, nicht mehr erklärt. Vor dem Hintergrund des substantiierten Sachvortrags der Klägerin konnte sich der Beklagte nicht mehr auf sein lediglich pauschales Bestreiten zurückziehen; er hätte vielmehr konkret Stellung zu dem neuen Vortrag der Klägerin nehmen müssen. Es ist mithin davon auszugehen, dass der Vortrag der Klägerin zu dem Erwerb des Saatguts der Winterweizensorte D zutreffend ist.

Dass der Beklagte im November 2005 4,5 dt Z-Saatgut der Winterweizensorte D erwarb stellt einen hinreichenden Anhaltspunkt dafür dar, dass der Beklagte auch im Wirtschaftsjahr 2007/2008 noch in Besitz von Saatgut dieser Sorte war und dieses aufbereitet hat.

Der Auskunftsanspruch der Klägerin besteht zudem weiterhin, obwohl der Beklagte in seiner Klageerwiderung vom 07.01.2011 erklärt hat, er habe die Winterweizensorte D zu keinem Zeitpunkt erworben oder angebaut. Diese Erklärung ist im Hinblick auf den von der Klägerin dargelegten Erwerb von 4,5 dt des Saatguts im November 2005 nachweislich unwahr, weshalb sie zwecks Erfüllung des Auskunftsanspruchs der Klägerin nicht genügt (vgl. BGH, GRUR 2001, 841, 844 – Anspruch auf Drittauskunft m.w.N).

Der Umfang der Auskunftsverpflichtung ergibt sich aus Art. 8 Abs. 2 GemNachbV. Die Verpflichtung zur Vorlage von Nachweisen folgt aus Art. 14 Abs. 1 GemNachbV.

Hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten ergibt sich der Anspruch dem Grunde nach aus dem Verzug des Beklagten, welcher die Auskünfte trotz Fälligkeit und Mahnung seitens der Klägerin nicht erteilte, §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB.

Hinsichtlich der Höhe ist der von der Klägerin gewählte Regelsatz der 1,3er Gebühr nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des Streitwertes ist jedoch ein Abschlag vorzunehmen, weil die Klägerin außergerichtlich nur den Auskunftsanspruch verfolgt hat. Auch wenn der Auskunftsanspruch im Sortenschutzrecht ein selbständiger, nichtakzessorischer Anspruch ist, der selbständig eingeklagt werden kann, verhält es sich bei einem solchen Auskunftsverlangen nicht anders als bei den übrigen Auskunftsverlangen: das Interesse der Klägerin zielt nicht allein darauf ab, die Auskunft zu erhalten, sondern sie verfolgt ihren Auskunftsanspruch, um im nachfolgenden Schritt ihre Schadensersatzforderung zu beziffern. Es ist folglich auch nur ein Teilwert des Streitwerts der Hauptsache anzusetzen, welcher hier nach den Grundsätzen, dass das Interesse umso höher zu bewerten ist, je geringer die Kenntnisse und das Wissen der Klägerin um die zur Begründung des Leistungsanspruchs maßgeblichen Tatsachen sind (vgl. Herget in Zöller, Zivilprozessordnung, 28. Auflage, § 3 Rn. 16), mit ½ anzusetzen ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 1, 709 S. 1 ZPO.

Streitwert: 1.000,00 EUR