4a O 33/06 – Kühlen von Schüttgut

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1622
Landgericht Düsseldorf

Teilverzichts- und Schlussurteil vom 5. April 2011, Az. 4a O 33/06

Die Klägerin wird mit den Ansprüchen gegen die Beklagte zu 1) auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung aus dem Gebrauchsmuster DE 20 2004 020 XXX U1 abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 51 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und die gesamten außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) und die Beklagte zu 1) 49 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin meldete am 08.05.2003 beim Europäischen Patentamt in München „ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Fördern einer Schüttgutschicht auf einem Rost“ zum Patent an. Die Patentanmeldung erhielt die Registernummer EP 1 475 XXX A1. Die der Patentanmeldung zugrunde liegende Erfindung war von Arbeitnehmern der Klägerin entwickelt worden, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob auch der Beklagte zu 2), damals noch Arbeitnehmer der Klägerin, als Miterfinder an der Erfindung beteiligt war und die Klägerin ihm gegenüber die Erfindung wirksam in Anspruch nahm.

Die Klägerin reichte am 15.06.2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Gebrauchsmusteranmeldung betreffend eine „Anordnung bestehend aus einem Brennofen und einer diesem nachgeordneten Vorrichtung zum Kühlen eines Schüttgut mit Gas“ ein. Das Gebrauchsmuster DE 20 2004 020 XXX U1 wurde am 11.08.2005 unter Inanspruchnahme des Anmeldetags der europäischen Patentanmeldung EP 1 509 XXX A1 vom 05.04.2004 und unter Inanspruchnahme der Priorität des EP 1 475 XXX A1 vom 08.05.2003 im Gebrauchsmusterregister eingetragen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.05.2009 teilte der Beklagte zu 2) der Klägerin mit, er gehe davon aus, dass die der EP 1 475 XXX A1 zugrunde liegende Erfindung mangels wirksamer Inanspruchnahme frei geworden sei, und gab der Klägerin Gelegenheit, seinen Miterfinderanteil zu erwerben. Dies lehnte die Klägerin mit anwaltlichen Schreiben vom 12.05.2009 und 22.06.2009 ab. Daraufhin schlossen der Beklagte zu 2) und die Beklagte zu 1) eine Rechteübertragungsvereinbarung, mit der der Beklagte zu 2) seine Rechte an der Erfindung und den daraus entstandenen Schutzrechten und Anmeldungen einschließlich der aus seiner Mitinhaberschaft entstandenen Ansprüche gegen die Klägerin der Beklagten zu 1) übertrug. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage B 32 Bezug genommen.

Die Beklagte zu 1) forderte daraufhin die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 27.10.2009 erfolglos auf, ihr die als Mitinhaberin des Gebrauchsmusters DE 20 2004 020 XXX U1 zustehende Rechtsstellung einzuräumen. Durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe entstanden der Beklagten zu 1) außergerichtliche Kosten von 3.713,60 EUR (1,8 Geschäftsgebühr bei einem Gegenstandswert von 250.000,00 EUR zuzüglich Auslagenpauschale).

Ursprünglich hat die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es zu unterlassen,

Vorrichtungen zum Kühlen von Schüttgut, die einen eine Schicht des Schüttguts in einer vom Aufgabeende zum Abgabeende gerichteten Förderrichtung fördernden Rost aufweist, der eine Mehrzahl von nebeneinander angeordneten, gesondert in Förderrichtung vor und zurück angetriebenen Planken umfasst und von unten nach oben von Kühlluft durchströmt ist, die oberhalb der Schicht zur Wärmerückgewinnung abgeführt wird,

in Deutschland herzustellen, von Deutschland aus anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder in Deutschland zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken nach Deutschland einzuführen und/oder in Deutschland zu besitzen,

bei denen die Rostoberfläche mit guthaltenden Vertiefungen ausgerüstet ist, die Luftdurchtrittsöffnungen enthalten, und der Rost von demjenigen Bautyp ist, der frei ist von Förderorganen oberhalb des Rosts und bei denen der Antrieb der Planken so gesteuert ist, dass der Rückhub benachbarter Planken ungleichzeitig und der Vorhub gleichzeitig stattfindet;

2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das vorgenannte Verbot der Beklagten zu 1) Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR oder Ordnungshaft anzudrohen, wobei die Ordnungshaft an ihrer Geschäftsführung zu vollziehen ist und im Einzelfall bis zu sechs Monaten und insgesamt bis zu zwei Jahren betragen kann;

3. festzustellen, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch seit dem 25.08.2005 begangene Handlungen, die unter den Antrag zu 1) fallen, entstanden ist und noch entstehen wird;

4. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 25.08.2005 begangen hat, und zwar durch Vorlage eines geordneten nach Kalendervierteljahren aufgeschlüsselten Verzeichnisses mit

a) den Herstellungsmengen und -zeiten,

b) den einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei geeignete Belege über die Lieferbeziehung vorzulegen sind,

c) den einzelnen Angeboten, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) Angaben über die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) den nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den gelieferten Produkten nicht zurechenbare Kostenfaktoren gemindert sein darf.

Widerklagend hat die Beklagte zu 1) ursprünglich – neben der Verurteilung der Klägerin zur Zahlung außergerichtlicher Kosten – beantragt,

I. die Klägerin zu verurteilen, durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Beklagten zu 1) als Mitinhaberin des deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2004 020 XXX U1 betreffend eine Vorrichtung zum Kühlen von Schüttgut als Mitinhaberin zu bewilligen;

II. festzustellen, dass der Beklagten zu 1) ein Mitbenutzungsrecht an dem Gebrauchsmuster DE 20 2004 020 XXX U1 zusteht.

Im Wege der Widerwiderklage hat die Klägerin ursprünglich beantragt,

5. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, es zu unterlassen, an Arbeitnehmererfinder der Klägerin – hilfsweise: während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses – mit dem Zweck des Informationsaustausches über die Rechtsinhaberschaft am deutschen Gebrauchsmuster 20 2004 020 XXX – hilfsweise: über Einzelheiten der Inanspruchnahme der Diensterfindung, die dem Gebrauchsmuster 20 2004 020 XXX zugrunde liegt – heranzutreten, ohne dass zuvor der Arbeitnehmererfinder mit demselben Zweck in Bezug auf die betreffende Erfindung zuvor an die Beklagte herangetreten war;

6. der Beklagten zu 1) für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten und im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten, anzudrohen;

7. festzustellen, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer 5. genannten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Im Wege der Drittwiderwiderklage hat die Klägerin ursprünglich beantragt,

2.1 den Beklagten zu 2) zu verurteilen, es zu unterlassen, Dritten den Erwerb von Rechten am deutschen Gebrauchsmuster 20 2004 020 XXX in Aussicht zu stellen, insbesondere Angebotserklärungen über eine Übertragung solcher Rechte abzugeben;

2.2. dem Beklagten zu 2) für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zu Ziffer 2.1 ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten und im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren anzudrohen;

2.3. festzustellen, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer 2.1. genannten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Auf den Löschungsantrag der Beklagten zu 1) beim DPMA wurde das Gebrauchsmuster DE 20 2004 020 XXX U1 gelöscht. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Löschungsentscheidung wurde vom Bundespatentgericht mit Beschluss vom 06.05.2010 zurückgewiesen und anschließend von der Klägerin zurückgenommen.

Daraufhin hat die Klägerin erklärt,

auf die mit den Klageanträgen zu 1. bis 4. geltend gemachten Ansprüche zu verzichten.

Die Beklagte zu 1) hat insofern beantragt,

Verzichtsurteil zu erlassen.

Die Widerklageanträge zu I. und II. und die Widerwiderklageanträge zu 5. bis 7. haben die Beklagte zu 1) und die Klägerin übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und gegenseitige Kostenanträge gestellt.

Weiterhin haben die Klägerin und der Beklagte zu 2) die Drittwiderwiderklageanträge zu 2.1 bis 2.3 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und gegenseitige Kostenanträge gestellt.

Die Beklagte zu 1) beantragt nunmehr nur noch im Wege der Widerklage,

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte zu 1) 3.713,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A
Nachdem die Klägerin hinsichtlich der ursprünglichen Klageanträge zu 1 bis 4 den Verzicht auf die geltend gemachten Klageansprüche erklärt hat, war durch (Teil-) Verzichtsurteil zu entscheiden.

B
Im Übrigen war in der Sache nur über den mit der Widerklage erhobenen Zahlungsantrag der Beklagten zu entscheiden.
Dieser Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

I.
Der Widerklageantrag zu III. ist zulässig.

Die gemäß § 33 ZPO erforderlichen Voraussetzungen für den widerklagend geltend gemachten Zahlungsantrag sind erfüllt. Im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage am 29.01.2010 bestand durch die rechtshängige Klage ein Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1). Die noch rechtshängige Klage und die ursprünglichen Widerklageanträge zu I. bis III. betrafen dieselbe Prozessart. Weiterhin steht der nun noch anhängige Widerklageantrag zu III. jedenfalls mit den gegen den Klageanspruch vorgebrachten Verteidigungsmitteln im rechtlichen Zusammenhang. Ein solcher ist gegeben, wenn die geltend gemachten Forderungen auf ein gemeinsames Rechtsverhältnis zurückzuführen sind, beide also aus dem gleichen Rechtsverhältnis hervorgehen, ohne dass die völlige Identität des unmittelbaren Rechtsgrunds vorhanden sein muss. Ein rein tatsächlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang genügt hingegen nicht (Zöller/Vollkommer, ZPO 28. Aufl.: § 33 Rn 15 m.w.N.).

Die Beklagte zu 1) hat mit dem ursprünglichen Widerklageantrag zu I. die Bewilligung ihrer Eintragung als (Mit-)Inhaber des Gebrauchsmusters DE 20 2004 020 XXX U1 im Register verlangt. Sie hat dazu vorgetragen, die Klägerin habe die dem Gebrauchsmuster zugrundeliegende Erfindung nicht wirksam gegenüber dem Beklagten zu 2) in Anspruch genommen und der Beklagte zu 2) habe seine Rechte an der frei gewordenen Erfindung der Beklagten zu 1) übertragen. Auf diesen Rechtsgrund hat die Beklagte zu 1) nicht nur den ursprünglichen Widerklageantrag zu I., sondern auch die weiteren Widerklageanträge zu II. und III. gestützt. Dieser Zusammenhang allein zwischen den verschiedenen Widerklagen genügt entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) jedoch noch nicht, um die Konnexität im Sinne von § 33 Abs. 1 ZPO zu begründen, selbst wenn ohne weiteres davon auszugehen ist, dass der auf die Umschreibung des Registers bezüglich des Gebrauchsmusters DE 20 2004 020 XXX U1 gerichtete Widerklageantrag zu I. wiederum im rechtlichen Zusammenhang mit den auf das Gebrauchsmuster gestützten Klageanträgen steht. Denn eine Widerklage ist kein Verteidigungsmittel, sondern Verteidigung beziehungsweise (Gegen-)Angriff an sich (Zöller/Greger, ZPO 28. Aufl.: § 282 Rn 2).

Der den Widerklageanträgen zugrundeliegende Lebenssachverhalt begründet jedoch darüber hinaus ein Verteidigungsmittel, weil der an einer Erfindung Berechtigte im Verletzungsprozess den Einwand erheben kann, das Schutzrecht oder dessen Anmeldung sei ihm gegenüber unberechtigt erlangt (Benkard/Melullis, PatG 10. Aufl.: § 8 PatG Rn 15) oder er sei gar als (Mit-)Inhaber zur Benutzung berechtigt (Benkard/Scharen/Grabinski, PatG 10. Aufl.: § 139 PatG Rn 9). Diesen Einwand der Vindikation beziehungsweise des (Mit-)Benutzungsrechts hat die Beklagte zu 1) mit Erhebung der Widerklage auch gegen die Klageansprüche geltend gemacht. Da der Widerklageantrag zu III. auf demselben Rechtsgrund wie der Einwand der Vindikation beziehungsweise des (Mit-)Benutzungsrechts beruht, steht er mit ihnen in einem rechtlichen Zusammenhang im Sinne von § 33 Abs. 1 ZPO.

II.
Der Zahlungsantrag der Beklagten zu 1) ist jedoch unbegründet.

1.
Die Beklagte zu 1) hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 3.713,60 EUR.

a)
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB. Die von der Beklagten zu 1) mit dem noch rechtshängigen Widerklageantrag geltend gemachten Rechtsanwaltskosten stellen keinen Verzugsschaden dar, weil sich die Klägerin mit der Umschreibung des Registers und der Eintragung einer Mitinhaberschaft der Beklagten zu 1) nicht in Verzug befand. Dies wird auch von der Beklagten zu 1) nicht behauptet.

b)
Der Zahlungsanspruch ergibt sich aber auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte zu 1) macht geltend, sie habe den freigewordenen Miterfinderanteil des Beklagten zu 2) erworben. Wie dieser sei auch sie dadurch in ihren Eigentumsrechten betroffen gewesen, dass sie nicht als Miteigentümerin in die Rolle eingetragen und von der Klägerin wegen Gebrauchsmusterverletzung in Anspruch genommen worden sei. Diese Eigentumsstörung führe zu einem Schaden, zu dessen Beseitigung die Beklagte zu 1) die Klägerin vorprozessual habe auffordern müssen. Zu den Kosten der Schadensbeseitigung zählten auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, da die Beklagte zu 1) nicht in ihren Rechten verletzt wurde und daher die außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten nicht als Teil eines vermeintlich entstandenen Schadens geltend machen kann.

Da die Beklagte zu 1) mit dem Zahlungsantrag die Kosten der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Eintragung einer Mitinhaberschaft an dem Gebrauchsmuster DE 20 2004 020 XXX U1 verlangt, kann der vermeintlich schadensersatzauslösende Eingriff in das von der Beklagten zu 1) behauptete Recht des Erfinders an der Erfindung nur mit der Anmeldung des Gebrauchsmusters DE 20 2004 020 XXX U1 durch die Klägerin am 15.06.2005 erfolgt sein. Durch die Anmeldung wurde aber allenfalls der Beklagte zu 2), nicht aber die Beklagte zu 1), in seinen Rechten verletzt, weil der Beklagte zu 2) seine Rechte an der – nach Auffassung der Beklagten – frei gewordenen Erfindung noch nicht der Beklagten zu 1) übertragen hatte. Diese Übertragung erfolgte erst am 18.09.2009. Gegenstand der Übertragungsvereinbarung war auch der vermeintliche Anspruch auf Eintragung einer Mitinhaberschaft an dem Gebrauchsmuster DE 20 2004 020 XXX U1, also quasi der „Anspruch auf Beseitigung einer bereits eingetretenen Eigentumsstörung.“ Damit konnte die Beklagte zu 1) gegen die Klägerin bezüglich des Gebrauchsmusters DE 20 2004 XXX U1 allenfalls aus übergegangenem Recht gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 398 BGB vorgehen. Da gegenüber der Beklagten zu 1) selbst keine Eigentumsverletzung erfolgte beziehungsweise keine Rechte aus der Erfindung beeinträchtigt wurden, beruhen auch die von der Beklagten zu 1) geltend gemachten Kosten für die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe bei der Eintragung einer Mitinhaberschaft für das Gebrauchsmuster DE 20 2004 020 XXX U1 nicht auf einer Verletzung der Beklagten zu 1) in ihren Rechten.

Soweit auf Seiten des Beklagten zu 2) Schadensersatzansprüche durch die Anmeldung des Gebrauchsmusters DE 20 2004 020 XXX U1 entstanden sein sollten, sind davon die der Beklagten zu 1) entstandenen Rechtsanwaltskosten nicht umfasst, weil die Anwaltskosten durch die Auftragserteilung der Beklagten zu 1) entstanden, nicht aber durch den Beklagten zu 2).

2.
Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB beziehungsweise § 291 S. 1 BGB.

D
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

I.
Nachdem die Klägerin auf die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche verzichtet hat, waren ihr die Kosten anteilig aufzuerlegen. Der auf den noch rechtshängigen Teil der Widerklage entfallende Kostenanteil war hingegen der Beklagten zu 1) aufzuerlegen.

II.
Soweit die Widerklage, die Widerwiderklage und die Drittwiderwiderklage übereinstimmend für erledigt erklärt wurden, war über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Demnach gilt hinsichtlich der einzelnen Anträge Folgendes:

1.
Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hatten die Widerklageanträge zu I. und II. keine Aussicht auf Erfolg. Mit diesen Anträgen begehrte die Beklagte zu 1) zu ihren Gunsten die Bewilligung der Eintragung einer Mitinhaberschaft an dem Gebrauchsmuster DE 20 2004 020 XXX U1 im Register und die Feststellung eines Mitbenutzungsrechts am selben Gebrauchsmuster. Die Widerklage war in dieser Hinsicht von vornherein unbegründet, da das Gebrauchsmuster DE 20 2004 020 XXX U1 nie bestand. Haben die sachlichen Voraussetzungen für die Entstehung des Gebrauchsmusterschutzes bei der Eintragung nicht vorgelegen, so ist in Wahrheit ein Schutzrecht nie entstanden. Die Eintragung erweckt nur den Schein eines solchen (Benkard/Goebel, PatG 10. Aufl.: § 15 GebrMG Rn 2). Die Entscheidung auf Löschung des Gebrauchsmusters erfolgt daher rückwirkend und beseitigt das eingetragene Schutzrecht von Anfang an (BGH GRUR 1963, 255, 257 – Kindernähmaschine; GRUR 1963, 519, 521 – Klebemax; GRUR 1979, 869 – Oberarmschwinge). Entsprechend ist für eine Erledigung in der Hauptsache kein Raum (BGH GRUR 1963, 494 – Rückstrahler Dreieck). In Ermangelung eines bestehenden Schutzrechts kann aber auch nicht die Eintragung einer Mitberechtigung an einem solchen Schutzrecht oder die Feststellung eines Mitbenutzungsrechts verlangt werden.

Die vorstehenden Grundsätze finden auch in Anbetracht der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Erledigung des Rechtsstreits Anwendung (BGH NJW 2003, 3134; NJW 2010, 2422). Für die Aufrechnung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass trotz der Rückwirkung der Aufrechnung erst die Aufrechnungserklärung und nicht bereits die Aufrechnungslage das erledigende Ereignis darstellt, weil erst durch die Aufrechnungserklärung die materiell-rechtliche Wirkung, dass die sich gegenüberstehenden Forderungen erlöschen, eintritt, die Rückwirkung der Aufrechnung aber nur auf einer Fiktion („gilt“) beruht, die ebenfalls erst mit der Aufrechnungserklärung eintritt (BGH NJW 2003, 3134, 3135). Ebenso hat der Bundesgerichtshof zur Erhebung der Verjährungseinrede entschieden, dass diese das erledigende Ereignis auch dann darstellt, wenn die Verjährung der Klageforderung bereits im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit eingetreten war, weil der Eintritt der Verjährung für sich genommen weder Auswirkungen auf das Bestehen noch auf die Durchsetzbarkeit des Anspruchs hat, sondern die Durchsetzbarkeit erst mit der Erhebung der Verjährungseinrede, die zudem in das Belieben des Schuldners gestellt ist, gehindert wird. Auch die Rückwirkung tritt erst mit der Erhebung der Verjährungseinrede ein (BGH NJW 2010, 2422, 2424). Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil die Schutzfähigkeit eines Gebrauchsmusters von Amts wegen zu prüfen ist und die Eintragung eines Gebrauchsmusters unabhängig von einem anhängigen Löschungsverfahren von Anfang an nur zu einem Scheinrecht ohne Schutzwirkungen führt, wenn die Voraussetzungen für die Eintragung des Gebrauchsmusters nicht vorlagen.

2.
Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist auch hinsichtlich der gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Widerwiderklage der Klägerin davon auszugehen, dass sie ohne Erfolg geblieben wäre.

a)
Die Klägerin hatte gegen die Beklagte zu 1) auch vor der Löschung des Gebrauchsmusters weder einen Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 8 UWG noch einen Schadensersatzanspruch aus §§ 3, 9 UWG. Es fehlt an einem wettbewerbswidrigen Verhalten der Beklagten zu 1). Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Widerwiderklageanträge vorgetragen, die Beklagte zu 1) habe mit dem Beklagten zu 2) so wie auch aus den an Herrn A und Herrn B gesandten Schreiben (Anlage K 40) ersichtlich Kontakt aufgenommen. In diesem Schreiben schreibt ein Patentanwalt Dr. C: „Aus dem öffentlichen Register des DPMA haben wir erfahren, dass Sie eine Erfindung zu einem neuartigen Kühler gemacht haben. Wir würden gerne Kontakt mit Ihnen aufnehmen.“ Ein solches Schreiben stellt entgegen der Auffassung der Klägerin keine gezielte Behinderung des Mitbewerbers im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG dar. Unter einer Behinderung ist die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten eine Mitbewerbers zu verstehen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 29. Aufl.: § 4 Rn 10.6). Als gezielt ist eine Behinderung anzusehen, wenn bei objektiver Würdigung aller Umstände die Maßnahme in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung, sondern auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers gerichtet ist (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 29. Aufl.: § 4 Rn 10.7).

Nach diesen Grundsätzen kann in dem Verhalten der Beklagten zu 1) keine gezielte Behinderung der Klägerin gesehen werden. Es ist schon nicht ersichtlich, inwiefern die wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit der Klägerin allein durch eine Kontaktaufnahme mit einem ihrer Arbeitnehmer mit dem Zweck des Informationsaustausches über die Rechtsinhaberschaft an einem bestimmten Gebrauchsmuster der Klägerin beeinträchtigt werden kann. Auch wenn diese Kontaktaufnahme dazu dient, sich über Einzelheiten der Inanspruchnahme der dem Gebrauchsmuster zugrundeliegenden Diensterfindung – so der Hilfsantrag – auszutauschen, kann darin allein noch keine unlauteres Verhalten gesehen werden. Es ist grundsätzlich zulässig, an Arbeitnehmer heranzutreten, um sich über Einzelheiten der Inanspruchnahme der von ihnen im Betrieb getätigten Diensterfindungen auszutauschen. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn die damit verfolgten Zwecke oder die angewandten Mittel oder Methoden als unlauter anzusehen sind. Dazu fehlt aber jeglicher Vortrag. Vielmehr ergeht sich die Klägerin lediglich in Mutmaßungen über die Kontaktaufnahme zum Beklagten zu 2), so dass auf diesen Vortrag die geltend gemachten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nicht gestützt werden können. Nachdem aber für die Beklagte zu 1) aufgrund der Gespräche mit dem Beklagten zu 2) die Möglichkeit bestand, dass die Diensterfindung des Beklagten zu 2) und der übrigen Miterfinder frei geworden war, war sie nicht gehindert, auch an die übrigen Miterfinder heranzutreten, um über eine Übertragung der Diensterfindung beziehungsweise des Gebrauchsmusters DE 20 2004 020 XXX U1 verhandeln zu können.

Dass die Beklagte zu 1) im vorliegenden Fall mit dem Beklagten zu 2) in dem Glauben, die der EP 1 475 XXX A1 zugrundeliegende Diensterfindung sei frei geworden, eine Übertragungsvereinbarung schloss und anschließend versuchte, die entsprechenden Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen zu vindizieren, offenbart ebenfalls keine unlauteren Zwecke und lässt auch keine unlauteren Mittel oder Methoden erkennen. Das Wettbewerbsrecht darf nicht dazu dienen, die Übertragung einer frei gewordenen Diensterfindung zu verhindern, auch wenn ein Wettbewerber von dieser Übertragung profitiert. Dass die Beklagte zu 1) durch ihre Kontaktaufnahme mit dem Beklagten zu 2) und anderen Miterfindern „zum Stellen höherer Ansprüche aufgehetzt habe“, ist nicht ersichtlich.

b)
Ob neben den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen überhaupt noch Ansprüche aus §§ 823 ff BGB wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht kommen können, kann dahinstehen, weil es nach den vorstehenden Ausführungen jedenfalls an einem Eingriff in den Gewerbebetrieb fehlt.

3.
Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ohne die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache mit der Drittwiderklage Erfolg gehabt hätte.

Ob die Drittwiderwiderklage ursprünglich zulässig war, kann dahinstehen. Jedenfalls war sie nach dem bisherigen Sach- und Streitstand unbegründet.

a)
Der Klägerin standen Unterlassung- und Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 2) aus §§ 3, 8, 9 UWG von Anfang an nicht zu, weil das Verhalten des Beklagten zu 2) keine geschäftliche Handlung darstellt. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Der Beklagte zu 2) handelte beim Abschluss der Übertragungsvereinbarung weder zugunsten eines eigenen noch eines fremden Unternehmens, sondern lediglich als Verbraucher im Eigeninteresse. Dass seine Vereinbarung gegebenenfalls der Beklagten zu 1) als seiner Vertragspartnerin Vorteile bringen konnte, ändert nichts daran, dass der Beklagte zu 2) mit der beabsichtigten Übertragung nur zu seinem eigenen Interesse handelte. Erst recht handelte er nicht zugunsten seines neuen Arbeitgebers. Als geschäftliche Handlungen kann nicht jedes Verhalten qualifiziert werden, das in irgendeiner Weise für ein Unternehmen vorteilhaft ist.

b)
Ansprüche aus § 823 BGB wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bestanden ebenfalls nicht. Es fehlt an einem Eingriff in einen solchen Gewerbebetrieb und an der Zielgerichtetheit eines etwaigen Eingriffs.

c)
Der Anspruch konnte sich schließlich auch nicht aus einer Verletzung von arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitsverpflichtungen (§ 10 des Arbeitsvertrages) ergeben. Es ist nicht vorgetragen, welche Tatsachen der Beklagte zu 2) weitergegeben haben soll und warum es sich dabei um Geschäftsgeheimnisse oder vertrauliche Informationen gehandelt haben soll.

E
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
Gesamtstreitwert: 1.520.000,00 EUR (die Widerklage wirkt sich gemäß §§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 S. 3 GKG nicht streitwerterhöhend aus)
Einzelstreitwerte:
Klage: 1.500.000,00 EUR
Widerklage: 1.500.000,00 EUR
Widerwiderklage: 10.000,00 EUR
Drittwiderwiderklage: 10.000,00 EUR