4a O 430/06 – Aufwickelwelle

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1601

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 10. März 2011, Az. 4a O 430/06

I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

a) Aufwickelwellen mit einer hinterschnittenen Nut und Haltungerungselemente, die derartig elastisch ausgebildet sind, dass sie in eine Nutöffnung der hinterschnittenen Nut einklipsbar sind,

Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern, die geeignet sind,

im Zusammenhang mit Raffvorhängen mit einer Mehrzahl von Raffschnüren benutzt zu werden, welche Raffschnüre an der horizontalen Aufwickelwelle mittels in der hinterschnittenen Nut der Welle aufgenommen, untereinander unverbunden und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselementen gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind, und die Halterungselemente jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen sind,

b) Aufwickelwellen mit einer hinterschnittenen Nut

welche dazu geeignet sind,

zusammen mit Halterungselementen an Raffvorhängen mit einer Mehrzahl von Raffschnüren benutzt zu werden,

wobei die Raffschnüre an der horizontalen Aufwickelwelle mittels in der hinterschnittenen Nut der Welle aufgenommen, untereinander unverbunden und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselementen gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind, und die Halterungselemente jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen sind,

Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,

ohne

im Falle des Anbietens im Angebot darauf hinzuweisen, dass die Aufwickelwellen nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des Deutschen Gebrauchsmusters DE 202 21 XXX U1 zusammen mit Halterungselementen an Raffvorhängen mit einer Mehrzahl von Raffschnüren benutzt werden dürfen, wobei die Raffschnüre an der horizontalen Aufwickelwelle mittels mindestens einem in der hinterschnittenen Nut der Welle aufgenommen, untereinander unverbunden und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselemente gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind, und ein Halterungselement derartig elastisch ausgebildet ist, dass es in eine Nutöffnung der hinterschnittenen Nut einklipsbar ist, und die Halterungselemente jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen sind;

2. Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 15. Januar 2006 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten unter Aufschlüsselung der jeweiligen Typen, der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und –typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der Abnehmer sowie von Drittbeteiligten,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und –typenbezeichnungen, sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Verbreitungsgebiet, Auflagenhöhe und Verbreitungszeitraum, sowie aufgeschlüsselt hinsichtlich Internet-Werbung unter Angabe der Domains, der Schaltungszeiträume und der Zugriffszahlen,

d) der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Ziffer I.1. seit dem 15. Januar 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

V. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Im Übrigen ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

VI. Der Streitwert wird auf 100.000,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters DE 202 21 XXX (im Folgenden: Klagegebrauchsmuster), welches aus der am 10. Dezember 2002 angemeldeten Patentanmeldung DE 102 57 XXX A1 abgezweigt wurde. Das Gebrauchsmuster wurde am 10. November 2005 eingetragen und die Eintragung am 15. Dezember 2005 im Patentblatt bekannt gemacht. Das Klagegebrauchsmuster betrifft einen Raffvorhang.

Der hier geltend gemachte nebengeordnete Anspruch 2, der im Rahmen des Löschungsverfahrens neu eingeführt wurde und durch das Bundespatentgericht durch Beschluss vom 12. Mai 2010 bestätigt wurde, hat folgenden Wortlaut:

„Raffvorhang (1) mit einer Mehrzahl von Raffschnüren (5), die an einer horizontalen Aufwickelwelle (3) mittels in einer hinterschnittenen Nut (12) der Welle (3) aufgenommen, untereinander unverbunden und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselementen (14) gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre (5) an dem Raffvorhang (1) in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind, dadurch gekennzeichnet, dass ein Halterungselement (14) derart elastisch ausgebildet ist, dass es in eine Nutöffnung (13) der hinterschnittenen Nut (12) einklipsbar ist und dass die Halterungselemente jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen sind.“

Wegen des insbesondere geltend gemachten Unteranspruchs 7 wird auf den Beschluss des Bundespatentgerichts vom 12. Mai 2010 verwiesen.

Zur Veranschaulichung wird nachfolgende Zeichnung aus dem Klagegebrauchsmuster eingeblendet, die ein Ausführungsbeispiel eines gebrauchsmustergemäßen Raffvorhanges zeigt (Figur 1):

Die Beklagte stellt her und vertreibt Systeme bestehend aus Aufwickelwelle und Halterungselementen für Raffvorhänge sowie Systeme bestehend nur aus der Aufwickelwelle. Nachfolgend eingeblendet ist ein System mit Halterungselement (Anlage RIPA 14; im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen):
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte das Klagegebrauchsmuster mittelbar verletze, in dem sie die angegriffenen Ausführungsformen vertreibe, da sie zur Herstellung eines klagegebrauchsmustergemäßen Raffvorhangs dienten. Insbesondere seien bei den angegriffenen Ausführungsformen die Raffschnüre an einer horizontalen Aufwickelwelle mittels Halterungselementen gehaltert. Eine Unterscheidung zwischen „Führung“ und „Halterung“ gebe der Klagegebrauchsmusteranspruch nicht vor. Alles, was die Raffschnur beim „anfänglichen“ Drehen der Aufwickelwelle mitnehme, sei die Halterung der Raffschnur. Es komme allein auf die Ausgestaltung des Halterungselementes an. Die Funktion der selbsttätigen Endjustage sei keine zwingende Voraussetzung. Der im Anspruchswortlaut verwendete Plural in Bezug auf die Halterungselemente sei nicht zahlenmäßig zu verstehen. Wenigstens sei aber eine äquivalente Verletzung gegeben. Das Klagegebrauchsmuster gebe vor, die Anzahl der Halterungselemente in Anbetracht der Anzahl der Raffschnüre zu verändern, sodass auch eine Reduzierung auf ein Halterungselement dem Fachmann nahegelegt werde.

Die Eignung zur Herstellung eines klagegebrauchsmustergemäßen Raffvorhangs sei offensichtlich, da die Beklagte auf ihrer Internetseite die Halterungselemente als „Klickgleiter-Mitnehmer für Raffrollos“ bezeichne.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

a) Aufwickelwellen mit einer hinterschnittenen Nut und Halterungselementen, die derartig elastisch ausgebildet sind, dass sie in eine Nutöffnung der hinterschnittenen Nut einklipsbar sind,

Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern, die ausschließlich geeignet und bestimmt sind,

im Zusammenhang mit Raffvorhängen mit einer Mehrzahl von Raffschnürern benutzt zu werden, welche Raffschnüre an der horizontalen Aufwickelwelle mittels mindestens einem in der hinterschnittenen Nut der Welle aufgenommen, unverbunden zu einem anderen Element und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselement gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind, und ein Halterungselement jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen ist,

insbesondere, wenn

die Nut eine quer zu ihrer Längserstreckung gerichtete Öffnung aufweist, mit in dieser Querrichtung größere Erstreckung als die umgebende Nutöffnung, zum Herausnehmen der Halterungselemente;

b) Aufwickelwellen mit einer hinterschnittenen Nut,

welche dazu geeignet sind,

im Zusammenhang mit Raffvorhängen mit einer Mehrzahl von Raffschnürern benutzt zu werden, wobei die Raffschnüre an der horizontalen Aufwickelwelle mittels mindestens einem in der hinterschnittenen Nut der Welle aufgenommen, unverbunden zu einem anderen Element und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselementen gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind, und ein Halterungselement jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen ist,

Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,

ohne

aa) im Falle des Anbietens im Angebot darauf hinzuweisen, dass die Aufwickelwellen nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des Deutschen Gebrauchsmusters DE 202 21 XXX U1 zusammen mit Halterungselementen an Raffvorhängen mit einer Mehrzahl von Raffschnüren benutzt werden dürfen, wobei die Raffschnüre an der horizontalen Aufwickelwelle mittels mindestens einem in der hinterschnittenen Nut der Welle aufgenommen, unverbunden zu einem anderen Element und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselement gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind, und ein Halterungselement derartig elastisch ausgebildet ist, dass es in eine Nutöffnung der hinterschnittenen Nut einklipsbar ist, und jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen ist,

bb) im Falle der Lieferung den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Patentinhaberin zu zahlenden Vertragsstrafe von 10,00 € pro Aufwickelwelle, mindestens jedoch 5.100,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Aufwickelwelle nicht ohne Zustimmung der Patentinhaberin zusammen mit mindestens einem Halterungselement für Raffvorhänge zu verwenden, die mit den vorstehend unter aa) gezeichneten Merkmalen ausgestattet sind,

insbesondere, wenn

die Nut eine quer zu ihrer Längserstreckung gerichtete Öffnung aufweist, mit in dieser Querrichtung größeren Erstreckung als die umgebende Nutöffnung, zum Herausnehmen der Halterungselemente.

2. Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 15. Januar 2006 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten unter Aufschlüsselung der jeweiligen Typen, der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und –typenbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der Abnehmer sowie von Drittbeteiligten,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und –typenbezeichnungen, sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Verbreitungsgebiet, Auflagenhöhe und Verbreitungszeitraum, sowie aufgeschlüsselt hinsichtlich Internet-Werbung unter Angabe der Domains, der Schaltungszeiträume und der Zugriffszahlen,

d) der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Ziffer I.1. seit dem 15. Januar 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

3. die Beklagte zu verurteilen,

a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Aufwickelwellen mit einer hinterschnittenen Nut und Halterungselementen, die derartig elastisch ausgebildet sind, dass sie in eine Nutöffnung der hinterschnittenen Nut einklipsbar sind,

Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern, die ausschließlich geeignet und bestimmt sind,

im Zusammenhang mit Raffvorhängen mit einer Mehrzahl von Raffschnüren benutzt zu werden, welche Raffschnüre an der horizontalen Aufwickelwelle mittels in der hinterschnittenen Nut der Welle aufgenommen, untereinander unverbunden und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselementen gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind, und die Halterungselemente jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen sind,

insbesondere, wenn

die Nut eine quer zu ihrer Längserstreckung gerichtete Öffnung aufweist, mit in dieser Querrichtung größere Erstreckung als die umgebende Nutöffnung, zum Herausnehmen der Halterungselemente;

b) Aufwickelwellen mit einer hinterschnittenen Nut
welche dazu geeignet sind,

zusammen mit Halterungselementen an Raffvorhängen mit einer Mehrzahl von Raffschnüren benutzt zu werden,

wobei die Raffschnüre an der horizontalen Aufwickelwelle mittels in der hinterschnittenen Nut der Welle aufgenommen, untereinander unverbunden und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselementen gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind, und die Halterungselemente jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen sind,

Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,

ohne

aa) im Falle des Anbietens im Angebot darauf hinzuweisen, dass die Aufwickelwellen nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des Deutschen Gebrauchsmusters DE 202 21 XXX U1 zusammen mit Halterungselementen an Raffvorhängen mit einer Mehrzahl von Raffschnüren benutzt werden dürfen, wobei die Raffschnüre an der horizontalen Aufwickelwelle mittels mindestens einem in der hinterschnittenen Nut der Welle aufgenommen, untereinander unverbunden und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselemente gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind, und ein Halterungselement derartig elastisch ausgebildet ist, dass es in eine Nutöffnung der hinterschnittenen Nut einklipsbar ist, und die Halterungselemente jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen sind;

bb) im Falle der Lieferung den Abnehmer unter Auferlegung einer an die Patentinhaberin zu zahlenden Vertragsstrafe von 10,00 € pro Aufwickelwelle, mindestens 5.100,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Aufwickelwelle nicht ohne Zustimmung der Patentinhaberin zusammen mit Halterungselementen für Raffvorhänge zu verwenden, die mit den vorstehend unter aa) gezeichneten Merkmalen ausgestattet sind,

insbesondere, wenn

die Nut eine quer zu ihrer Längserstreckung gerichtete Öffnung aufweist, mit in dieser Querrichtung größerer Erstreckung als die umgebende Nutöffnung, zum Herausnehmen der Halterungselemente.

Die Anträge I.2 bis II. bleiben unverändert.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform keinen Gebrauch von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters mache. Das Klagegebrauchsmuster verstehe unter der Halterung der Raffschnüre an der Aufwickelwelle mittels Halterungselementen eine feste, kraftübertragende Befestigung an den Raffschnurenden, die bei der angegriffenen Ausführungsform nicht vorliege. Da bei der angegriffenen Ausführungsform einem Mitnehmer, d.h. einem Halterungselement, zwei Raffschnüre zugeordnet seien, seien zwei Halterungselemente zusammengesetzt und damit miteinander verbunden, was das Klagegebrauchsmuster nicht vorsehe. Zwar sei das Halterungselement bei der angegriffenen Ausführungsform frei verschieblich. Diese Verschieblichkeit diene aber – anders als vom Klagegebrauchsmuster bezweckt – nicht zur Selbstzentrierung.
Zumindest biete – was die Klägerin mit Nichtwissen bestreitet – die Beklagte die Aufwickelwellen auch mit anderen Halterungselementen, einem sog. Switch-Clip, an, sodass hier ein sog. Schlechthinverbot nicht in Betracht komme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 24 Abs. 1, 11 Abs. 2 GebrMG, auf Auskunft und Rechnungslegung nach § 24b Abs. 1, Abs. 3 GebrMG i.V.m. §§ 242, 259 BGB sowie dem Grunde nach auf Schadensersatz nach § 24 Abs. 2 GebrMG gegen die Beklagte, soweit die Beklagte Systeme mit oder für mindestens zwei Halterungselemente anbietet oder vertreibt. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

I.
Die Erfindung betrifft einen Raffvorhang mit einer Mehrzahl von Raffschnüren, die an einer horizontalen Aufwickelwelle mittels einer hinterschnittenen Nut der Welle aufgenommen, untereinander unverbunden und durch Formschluss gegen Herausfallen gesicherten Halterungselementen gehaltert sind, wobei weiter die Raffschnüre an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt sind.

Raffvorhänge der in Rede stehenden Art sind bekannt. So wird beispielsweise auf die DE 83 32 642 U1 verwiesen. In dieser Gebrauchsmusterschrift ist ein Raffvorhang dargestellt und beschrieben, bei welchem das Raffen des Vorhanges unter Betätigung einer Raffschnüre rotativ einholenden oder freigebenden Wickelwelle erfolgt, wobei deren Betätigung über ein zweitrumiges Kugelbändchen erfolgt. Bezüglich der Halterung der Raffschnüre an der horizontal ausgerichteten Aufwickelwelle sind Lösungen bekannt, bei welchen die Aufwickelwelle einen durchgehenden Längsschlitz zur Bildung einer Profilschiene aufweist. Auf den Schlitzrändern sitzt ein Böckchen auf, welches sich mit jeweils zwei Füßen auf je einem Schlitzrand abstützt. In den Schlitz hinein ragt ein Horizontalschenkel eines T-Stückes des Halterungselements. Dieses T-Stück wird zur Festlegung des Halterungselements an der Aufwickelwelle um 90 Grad gegenüber dem Böckchen verdreht, wonach die Enden des Horizontalschenkels des T-Stücks unter die Schlitzränder geraten. Hierdurch wird ein Formschluss gegen Herausfallen erzielt.

Im Hinblick auf den zuvor beschriebenen Stand der Technik wird eine technische Problematik der Erfindung darin gesehen, einen Raffvorhang der in Rede stehenden Art möglichst einfach handhabbar auszubilden.

Hierzu schlägt das Klagegebrauchsmuster einen Raffvorhang nach dem im Löschungsverfahren neu eingeführten Schutzanspruch 2 vor, der wie folgt gegliedert werden kann:

1. Raffvorhang (1)

2. Der Raffvorhang (1) umfasst eine Mehrzahl von Raffschnüren (5).

2.2. Die Raffschnüre (5) sind an dem Raffvorhang in Vertikalrichtung mehrfach geführt.

2.3. Die Raffschnüre sind an einer horizontalen Aufwickelwelle (3) mittels Halterungselementen (14) gehaltert.

2.3.1. Die Halterungselemente (14) sind in einer hinterschnittenen Nut (12) der Welle (3) aufgenommen und durch Formschluss gegen Herausfallen gesichert.

2.3.2. Die Halterungselemente (14) sind untereinander unverbunden.

2.3.3. Die Halterungselemente (14) sind jedenfalls bei vollständig herabgelassenem Raffvorhang (1) in Längsrichtung der Nut (12) frei verschieblich aufgenommen.

2.3.4. Ein Halterungselement (14) ist derart elastisch ausgebildet, dass es in eine Nutöffnung (13) der hinterschnittenen Nut (12) einklipsbar ist.

II.
Das Klagegebrauchsmuster ist in der vom Bundespatentgericht in der Entscheidung vom 12. Mai 2010 aufrecht erhaltenden Fassung rechtsbeständig. Der Rechtsbestand wird von der Beklagten auch nicht mehr in Zweifel gezogen.

III.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters nicht in wortsinngemäßer oder in äquivalenter Weise Gebrauch, soweit sie nur ein Halterungselement einsetzen. Eine Verurteilung nach dem in erster Linie geltend gemachten Anspruch Ziffer I.1. kommt daher nicht in Betracht.

1.
Merkmale 2.3 und 2.3.2. werden von den angegriffenen Ausführungsformen insoweit nicht verwirklicht, als sie ein System betreffen, welches mit nur einem Halterungselement ausgestattet ist bzw. für die Verwendung nur eines einzigen Halterungselementes.

a.
Das Klagegebrauchsmuster geht von der Verwendung von einer Mehrzahl von Halterungselementen aus und erfasst gerade nicht die Verwendung lediglich eines Halterungselements. Merkmale 2.3. und 2.3.2. setzen voraus, dass die Raffschnüre mit den Halterungselementen gehaltert sind und die Halterungselemente untereinander unverbunden sind. Auch die Merkmale 2.3.1. und 2.3.3. verwenden die Bezeichnung „Halterungselemente“ ausschließlich im Plural. Nach dem Wortlaut des Anspruchs wird nur die Verwendung mehrerer Halterungselemente in Betracht gezogen. Insbesondere Merkmal 2.3.2. impliziert dies. Danach müssen die Halterungselemente untereinander unverbunden sein. Dieses Merkmal kommt nur dann zum Tragen, wenn mehr als ein Halterungselement vorhanden ist. Gerade die Bezeichnung „untereinander unverbunden“ bringt zum Ausdruck, dass es nicht auf die Unverbundenheit eines Halterungselements zu irgendeinem Element ankommt, sondern auf die der Halterungselemente untereinander, sodass zur Verwirklichung dieses Merkmals mindestens zwei Halterungselemente notwendig sind. Auch die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters lässt keinen anderen Schluss zu. In Abschnitt [0038] wird auf die untereinander unverbundenen Halterungselemente Bezug genommen. Auch dort kommt nur zum Ausdruck, dass es auf die Unverbundenheit der Halterungselemente zueinander ankommt.
b.
Vor diesem Hintergrund verwirklichen die angegriffenen Ausführungsformen die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters nicht, soweit sie nur den Einsatz eines Halterungselementes vorsehen.

c.
Auch eine äquivalente Verletzung kommt nicht in Betracht.

Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst (Gleichwirkung) und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im Wesentlichen gleichwirkend aufzufinden (Naheliegen), wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart im Sinngehalt der im Schutzanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit; zu allen Voraussetzungen: BGH, GRUR 2002, 511 (512) – Kunststoffrohrteil; BGH, GRUR 2002, 515 (518) – Schneidmesser I; BGH, GRUR 2002, 519 (521) – Schneidmesser II; BGH, GRUR 2002, 527 (529) – Custodiol II; BGH, GRUR 2007, 410 (415 f.) – Kettenradanordnung; BGH, GRUR 2004, 758 (760) – Flügelradzähler; BGH, GRUR 2007, 959 (961) – Pumpeinrichtung; BGH, GRUR 2007, 1059 (1063) – Zerfallszeitmessgerät).

Die Klägerin hat bereits kein zulässiges Austauschmittel angegeben. Die Verwendung nur eines Halterungselementes führt dazu, dass das Merkmal 2.3.2. ohne Bedeutung ist und ersatzlos fehlt. Bei nur einem Halterungselement kann dies in Bezug zu einem anderen Halterungselement nicht unverbunden sein. Dies ist ein Fall der unzulässigen Unterkombination (vgl. BGH, GRUR 2007, 1059 (1063) – Zerfallszeitmessgerät). Die Einbeziehung in den Schutzbereich des Patents kommt dann nicht in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn für den Fachmann erkennbar ist, dass das Merkmal für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre überflüssig ist (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn. 63, 81).

Zudem fehlt es auch an dem Erfordernis der Gleichwertigkeit. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der Fachmann – orientiert an der Patentschrift – aufgrund seines Fachwissens die Verwendung nur eines Halterungselementes als technisch sinnvoll und gleichwirkend erkennt. Die Patentschrift gibt hierfür keinen Anlass. Insbesondere der Abschnitt [0025] lässt keinen anderen Schluss zu. Dort heißt es lediglich, dass die Anzahl der Raffschnüre je nach Bedarf, d.h. abhängig von den gewünschten Hub- und Absenkzonen, variabel ist. Auf die Anzahl der zu verwenden Halterungselemente wird nicht eingegangen. Da aber der Patentanspruch ausdrücklich nur die Verwendung einer Mehrzahl von Raffschnüren (Merkmal 2) in den Schutzbereich einschließt, gibt die Patentschrift gerade keine Veranlassung nur eine Raffschnur bzw. ein Halterungselement zu verwenden.

IV.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters in wortsinngemäßer Weise Gebrauch, soweit sie mit mindestens zwei Halterungselementen ausgestattet sind bzw. für die Verwendung von mindestens zwei Halterungselementen bestimmt sind.

Zu Recht streiten sich die Parteien lediglich um die Verwirklichung der Merkmale 2.3, 2.3.2. und 2.3.3., sodass sich Ausführungen zu den übrigen Merkmalen erübrigen.

1.
Merkmal 2.3. wird von den angegriffenen Ausführungsformen mit mindestens zwei Halterungselementen in wortsinngemäßer Weise verwirklicht.

a.
Merkmal 2.3. setzt voraus, dass die Raffschnüre an einer horizontalen Aufwickelwelle mittels Halterungselementen gehaltert sind.
Dabei gibt der Wortlaut der Anspruchsfassung entgegen der Auffassung der Beklagten weder her, dass die Raffschnüre mit den Halterungselementen verknotet bzw. angebunden werden müssen, noch dass die Raffschnurenden mit dem Halterungselement an der Aufwickelwelle verbunden sein sollen. Der Begriff „gehaltert“ setzt keine bestimmte Art und Weise der Verbindung voraus, sondern ist vielmehr offen formuliert. Da nach dem Anspruchswortlaut die Raffschnüre mit den Halterungselementen gehaltert werden, ist es auch unerheblich mit welchem Part der Raffschnüre diese Halterung erfolgt. Diese Auslegung wird insbesondere auch durch den Unteranspruch 3 des Klagegebrauchsmusters in der aufrecht erhaltenen Fassung gestützt, der Schutz für Raffvorhänge nach den Hauptansprüchen 1 oder 2 beansprucht, bei denen die freien Raffschnurenden an den Halterungselementen angebunden sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der allgemeine Begriff „gehaltert“ des Anspruchs 2 nicht auf ein Anbinden im Sinne des Unteranspruchs 3 reduziert werden darf, da anderenfalls dieser Unteranspruch überflüssig wäre. Dass es sich bei einer solchen Ausgestaltung lediglich um eine bevorzugte Ausführungsform handelt, wird auch in Abschnitt [0007] des Klagegebrauchsmusters deutlich, in dem es heißt:

„Bevorzugt ist auch, dass freie Enden der Raffschnüre an den Halterungselementen angebunden sind.“ (Abschnitt [0007] des Klagegebrauchsmusters, Anlage RIPA 2)

Weitere Ausführungen im beschreibenden Teil des Klagegebrauchsmusters beziehen sich auf diese bevorzugte Ausführungsform und können daher nicht für eine einengende Auslegung des Merkmals herangezogen werden, da sie ausdrücklich auf die in Unteranspruch 3 konkretisierte Form der Halterung Bezug nehmen.
Auch das Bundespatentgericht geht in seiner Entscheidung vom 12. Mai 2010, die als sachverständige Äußerung zu würdigen ist, von einem offenen Verständnis des Begriffes „gehaltert“ aus. Dort heißt es zu dem gleichlautenden Merkmal in Schutzanspruch 1:

„Der Begriff gehaltert […] vermittelt dem hier angesprochen kundigen Leser, dass die Raffschnüre über die Halterungselemente an der Aufwickelwelle gehaltert, also beliebig befestigt sind. Somit wird seitens dieses Merkmals 1.3 noch nichts über die Befestigung der Raffschnüre an die Halterungselemente selbst gesagt.“ (Beschluss des BPatG vom 12.05.2010, S. 9, Anlage RIPA 20).

Erst in Merkmal 1.3.3. des Schutzanspruchs 1 erfolgt eine Konkretisierung der Halterung, wonach die Raffschnurenden an den Halterungselementen angebunden gehaltert sein müssen. Diese Konkretisierung fehlt gerade in dem hier maßgeblichen Schutzanspruch 2. Zur sprachlichen Änderung des Merkmals 1.3.3. im Rahmen des Löschungsverfahrens führt das Bundespatentgericht aus:

„ „Angebunden gehaltert“ ist gleichbedeutend mit „angebunden“, da der allgemeinere Begriff „haltern“ durch den spezifischeren („anbinden“) konkretisiert ist. Ein Anbinden bedeutet immer auch ein Haltern am entsprechenden Gegenpart.“ (Beschluss des BPatG vom 12.05.2010, S. 12, Anlage RIPA 20).

Damit macht das Bundespatentgericht deutlich, dass die Begriffe „anbinden“ und „haltern“ nicht gleichbedeutend sind, sondern vielmehr das Haltern allgemeiner zu verstehen ist. Mithin kommt es lediglich darauf an, dass die Raffschnüre mit den Halterungselementen auf irgendeine Weise befestigt werden. Eine engere Auslegung würde einen zu engen Schutzbereich festlegen. Auch die von der Beklagten vorgebrachte Voraussetzung der formschlüssigen Verbindung findet keinen Niederschlag in der Anspruchsfassung oder dem beschreibenden Teil des Klagegebrauchsmusters. Allein die Halterungselemente sind durch Formschluss gegen Herausfallen aus der Aufwickelrolle gesichert (Merkmal 2.3.1.).

Für die sprachliche Auslegung im weiteren Sinne spricht auch die Funktion des Merkmals. Wie die Klägerin zutreffend ausführt, bedarf es der Halterung der Raffschnüre an der Aufwickelrolle, um überhaupt den Raffvorgang herbeizuführen, der mit Betätigen der Aufwickelrolle in Bewegung gesetzt wird. Somit bedarf es in erster Linie irgendeiner Fixierung der Raffschnüre an der Aufwickelrolle. Durch die Verwendung der Halterungselemente wird die freie Verschieblichkeit auf der Aufwickelrolle gewährleistet. Diese Funktionen bedürfen keiner bestimmten Art und Weise der Befestigung. Auch ist es hierfür unerheblich, ob weitere Befestigungen der Raffschnüre an anderer Stelle erfolgen, beispielsweise an einer Profilschiene.
Dagegen ist entgegen der Auffassung der Beklagten die Selbstjustage funktionell nicht mit der Halterung der Raffschnüre verknüpft. Für die Selbstjustage kommt es nicht darauf an, dass die Raffschnüre fest und unbeweglich mit den Halterungselementen verbunden werden. Die Selbstjustage wird ausschließlich durch die freie Verschieblichkeit der Halterungselemente erreicht. Dies ergibt sich aus Abschnitt [0038] des Klagegebrauchsmusters, in dem es heißt:

„… ist durch die freie Verschieblichkeit der Halterungselemente (14) in der Nut (12) eine Selbstjustage erreicht… (Abschnitt [0038] des Klagegebrauchsmusters, Anlage RIPA 2)

b.
Vor diesem Hintergrund verwirklichen die angegriffenen Ausführungsformen Merkmal 2.3. wortsinngemäß.
Auch hier sind die Raffschnüre an der Aufwickelwelle mittels Halterungselementen gehaltert. Dies zeigt die Inaugenscheinnahme der Anlage B 1. Hierbei handelt es sich um ein mit der Aufwickelwelle der Beklagten erstelltes Raffrollo nach der vorgegebenen Ausgestaltung. Dort ist ersichtlich, dass die Raffschnüre durch ein Halterungselement auf der Aufwickelwelle hindurchgeführt werden und somit eine Befestigung an der Aufwickelwelle hergestellt wird. Zwar ist das Halterungselement auch im Verhältnis zu den Raffschnüren beweglich, da diese lediglich hindurch geführt werden. Aber auch dies stellte eine gebrauchsmustergemäße Befestigung, nämlich ein Halten an der Aufwickelrolle dar. Auch hier ist die Verbindung der Raffschnüre derart hergestellt, dass durch Betätigen der Aufwickelwelle aufgrund der Verbindung der Raffschnüre zu der Aufwickelwelle der Raffvorgang stattfindet, sodass der Zweck der Halterung erfüllt ist. Nach den obigen Ausführungen ist eine bestimmte Art der Halterung, insbesondere ein festes Anbinden zur Verwirklichung des Merkmals nicht erforderlich ist. Auch die Durchführung durch sog. Umlenkringe, die an der Profilschiene befestigt werden, hat auf die Verwirklichung des Merkmals keinen Einfluss.

2.
Auch Merkmal 2.3.2. wird von den angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht.

a.
Merkmal 2.3.2. setzt voraus, dass die Halterungselemente untereinander unverbunden sind. Nach Auffassung der Beklagten kann hiervon nur die Rede sein, wenn jedem Halterungselement nur eine Raffschnur zugeordnet ist. Ein solches Verständnis wird aber weder vom Wortlaut des Schutzanspruchs noch von der Beschreibung gestützt. Die Halterungselemente sind untereinander unverbunden aufgrund ihrer erfindungsgemäßen Ausgestaltung und deren Anordnung in der Nut (vgl. Abschnitt [0038] des Klagegebrauchsmusters, Anlage RIPA 2). Die Zuordnung nur einer Raffschnur zu einem Halterungselement ist keine vom Klagegebrauchsmuster genannte Voraussetzung für die Unverbundenheit. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Halterungselemente auf der Längsschiene frei beweglich sind, sodass die Bestückung der Aufwickelwelle mit den Halterungselementen in einfachster Weise durch Einschieben oder Einklipsen in die Nut erfolgen kann. Ferner kann hierdurch auch eine Selbstjustage erreicht werden (vgl. Abschnitt [0038] des Klagegebrauchsmusters, Anlage RIPA 2).

b.
Auch bei den angegriffenen Ausführungsformen sind die Halterungselemente untereinander unverbunden, soweit die angegriffenen Ausführungsformen überhaupt über mehr als ein Halterungselement verfügen. Sie sind gegeneinander frei verschieblich. Die Tatsache, dass mehr als eine Raffschnur durch sie hindurchgeführt wird, ist aus den oben genannten Gründen unschädlich.

3.
Schließlich verwirklichen die angegriffene Ausführungsformen auch Merkmal 2.3.3., wonach die Halterungselemente bei jedenfalls vollständig herabgelassenem Raffvorhang in Längsrichtung der Nut frei verschieblich aufgenommen werden.

a.
Das Merkmal setzt voraus, dass die Halterungselemente nicht klemmend in der Nut der Aufwickelwelle gehalten werden, sondern frei beweglich sind. Das Bundespatentgericht führt hierzu zu dem gleichlautenden Merkmal des Schutzanspruch 1 wie folgt aus:

„Die „freie Verschieblichkeit“ beschränkt sich nicht nur auf eine von außen unter Krafteinwirkung auch bei Klemmung durchzuführende Verschiebbarkeit „ohne Hindernisse“, sondern ist, bereits nach allgemeinem fachmännischen Verständnis „frei“, das heißt „mit Spiel“, verschieblich ausgestaltet. Dies wird gemäß der Beschreibung in Absatz [0004] des Klagegebrauchsmusters auch konkret dargelegt, da die „freie Verschieblichkeit“ … mit zunehmender Aufwicklung des Raffvorhangs eingeschränkt wird“, während bei „erstmaligem Raffen und damit eingehergenden Aufwickeln der Raffschnüre eine selbsttätige Endjustage der Halterungselemente durch Längsverschiebung erfolgen“ kann.“ (Beschluss des BPatG vom 12.05.2010, S. 10, Anlage RIPA 20)

Die Beweglichkeit muss daher so leicht sein, dass mit Betätigen des Raffrollos durch die Verschiebung der Halterungselemente eine Selbstjustage möglich ist. Die freie Verschieblichkeit dient – wie bereits erwähnt – auch dem einfachen Einklipsen und Einbringen der Halterungselemente (vgl. Abschnitt [0038] des Klagegebrauchsmusters, Anlage RIPA 2).

b.
Vor diesem Hintergrund ist auch dieses Merkmal durch die angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht.
Wie die Inaugenscheinnahme der Anlage B 1 ergibt, ist auch dort das Halterungselement frei verschieblich im oben genannten Sinn. Es ist in Längsrichtung der Nut ohne jeglichen Kraftaufwand verschiebbar, sodass ein einfaches Einklipsen gewährleistet ist. Unerheblich für die Frage der Gebrauchsmusterverletzung ist, ob hierdurch auch eine Selbstjustage bei den angegriffenen Ausführungsformen erzielt wird. Denn liegt eine wortsinngemäße Merkmalsverwirklichung vor, kommt es nicht darauf an, ob die erfindungsgemäßen Vorteile oder Wirkungen mit dem angegriffenen Gegenstand erzielt werden (BGH, GRUR 1991, 436 (441 f.), Befestigungsvorrichtung II; BGH, GRUR 2006, 399 – Rangierkatze).

V.
Auch die Voraussetzungen der mittelbaren Gebrauchsmusterverletzung gemäß § 11 Abs. 2 GebrMG liegen vor.

1.
Objektiv setzt die mittelbare Gebrauchsmusterverletzung nach § 11 Abs. 2 GebrMG das Angebot oder die Lieferung eines Mittels voraus, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht und das objektiv geeignet ist, für die unmittelbare Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, und das Angebot oder die Lieferung sich an einen nicht zur Benutzung der Erfindung Berechtigten und ohne Zustimmung des Gebrauchsmusterinhabers richtet.

Diese Voraussetzungen sind hier hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Anträge zu Ziffer I.3.a) und b) erfüllt.

a)
Die Beklagte bietet die angegriffene Ausführungsform im Sinne des Klageantrags zu Ziffer I.3.a), d.h. eine Aufwickelwelle mit hinterschnittener Nut und Halterungselementen, innerhalb der Bundesrepublik Deutschland an und liefert sie an Abnehmer, die nicht berechtigt sind, das gebrauchsmustergemäße Verfahren anzuwenden. Der Begriff des Anbietens erfasst nicht nur ein Anbieten zum Verkauf, sondern jede Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (Schulte-Kühnen, PatG, 8. Auflage, § 9, Rn. 51). Die Beklagte vertreibt diese angegriffene Ausführungsform. Sie hat selbst angegeben, dass die Aufwickelrollen und Halterungselemente, die die Firmal Lübke verwendet, von ihr stammen.

Die Aufwickelwelle mit der hinterschnittenen Nut und mit den Halterungselementen, die derartig elastisch ausgebildet sind, dass sie in eine Nutöffnung der hinterschnittenen Nut einklipsbar sind, stellen ein Mittel dar, das sich im Sinne von § 11 Abs. 2 GebrMG auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Der gebrauchsmustergemäße Raffvorhang bedarf den Einsatz einer solchen Aufwickelwelle mit den entsprechenden Halterungselementen. Erforderlich ist insofern, dass der Abnehmer aus objektiver Sicht in den Stand versetzt wird, die Erfindung zu benutzen. Das ist hier der Fall.

Die Aufwickelwelle mit den Halterungselementen ist ferner objektiv zur Herstellung eines gebrauchsmustergemäßen Raffvorhangs geeignet.

b.
Dasselbe gilt auch für das Anbieten einer entsprechenden Aufwickelwelle ohne die Halterungselemente.

2.
Auch die subjektiven Voraussetzungen der mittelbaren Gebrauchsmusterverletzung liegen vor. Der Tatbestand des § 11 Abs. 2 GebrMG setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Dritte weiß oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass die angebotenen oder gelieferten Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der geschützten Erfindung verwendet zu werden. Damit sind zwei Alternativen eröffnet, das nach dem gesetzlichen Tatbestand erforderliche subjektive Moment festzustellen. Entweder ist dem Dritten bekannt, dass der Abnehmer die Mittel zur gebrauchsmustergemäßen Benutzung bestimmt hat, oder aus der Sicht des Dritten ist bei objektiver Betrachtung nach den Umständen mit hinreichender Sicherheit zu erwarten, dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zur gebrauchsmusterverletzenden Verwendung bestimmen wird (BGH, GRUR 2006, 839 (841) – Deckenheizung; BGH, GRUR 2007, 679 (683) – Haubenstretchautomat; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.05.2008, AZ: I-2 U 86/06). Kenntnis und Offensichtlichkeit sind damit zwei Wege, einen Tatbestand festzustellen, der es – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der mittelbaren Gebrauchsmusterverletzung – rechtfertigt, dem Dritten die in dem Angebot oder der Lieferung liegende objektive Gefährdung des Ausschließlichkeitsrechts des Gebrauchsmusterinhabers auch subjektiv als Verletzungshandlung zuzurechnen (BGH, GRUR 2007, 679 (683) – Haubenstretchautomat; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.05.2008, AZ: I-2 U 86/06, Rn. bei Juris: 92).
Es obliegt der Klägerin darzulegen und zu beweisen, dass die angegriffenen Aufwickelwellen und ggf. die Halterungselemente von den Abnehmern der Beklagten zu einer gebrauchsmustergemäßen Nutzung bestimmt sind (BGH, GRUR 2005, 848 (851) – Antriebsscheibenaufzug). Die Klägerin muss auch darlegen und beweisen, dass die Beklagte weiß oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass die angebotenen oder gelieferten Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
Zur Offensichtlichkeit der Bestimmung des Mittels zur gebrauchsmustergemäßen Nutzung ist zudem festzustellen, dass dann, wenn ein Mittel ausschließlich gebrauchsmusterverletzend verwendet werden kann, die subjektive Bestimmung des Abnehmers zur unmittelbar gebrauchsmusterverletzenden Verwendung eines angebotenen Mittels regelmäßig aufgrund der Umstände offensichtlich ist (BGH, GRUR 2005, 848 (852) – Antriebsscheibenaufzug).
Ist das Mittel dagegen sowohl gebrauchsmustergemäß als auch gebrauchsmusterfrei einsetzbar, so ist ein Bestimmtsein des Mittels zur unmittelbar gebrauchsmusterverletzenden Verwendung aufgrund der Umstände nur dann offensichtlich im Sinne des § 11 Abs. 2 GebrMG, wenn hierfür objektiv Anhaltspunkte gegeben sind. Ein solcher Anhaltspunkt kann beispielsweise dann gegeben sein, wenn der Lieferant eine klagegebrauchsmustergemäße Verwendung des Mittels empfiehlt, wenn das Mittel infolge seiner technischen Eigenart und Zweckbestimmung auf eine zu einem Gebrauchsmustereingriff führenden Benutzung zugeschnitten ist oder zu einem entsprechenden Gebrauch angeboten wird (BGH, GRUR 2005, 848 (851) – Antriebsscheibenaufzug).

Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform gemäß Antrag zu Ziffer I.3.a., d.h einer Aufwickelwelle mit Halterungselementen, kommt nur eine gebrauchsmustergemäße Verwendung in Betracht, sodass die gebrauchsmusterverletzende Verwendung allein aus diesem Grunde offensichtlich ist. Eine gebrauchsmusterfreie Verwendung hat die Beklagte nicht dargelegt. Hinsichtlich der Frage, ob eine gebrauchsmusterfreie Nutzung des Mittels technisch möglich ist, trägt der Verletzer die Darlegungslast. Er muss eine konkrete gebrauchsmusterfreie Verwendungsmöglichkeit benennen (Schulte-Kühnen, PatG, 8. Auflage, § 10, Rn. 37).
Damit ist auch die Aussprache eines Schlechthinverbotes gerechtfertigt.

In Bezug auf die angegriffene Aufwickelwelle ohne Halterungselemente (Antrag zu Ziffer I.3.b.) sind die subjektiven Voraussetzungen ebenfalls erfüllt. Zwar ist hier auch eine gebrauchsmusterfreie Verwendung denkbar. Die Beklagte empfiehlt aber eine gebrauchsmustergemäße Verwendung, indem sie die Halterungselemente ausdrücklich zur Verwendung für Aufwickelwellen für Raffrollos anbietet und empfiehlt (Anlage RIPA 16). Dort wird das Halterungselement als Mitnehmer für Raffrolloschnüre bezeichnet. Empfohlen wird der Einsatz an einer Wickelwelle. Das Anbieten weiterer Halterungselemente, die nicht zur gebrauchsmustergemäßen Verwendung mit den Aufwickelwellen geeignet sind, hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Aufgrund dieser Anleitung ist die gebrauchsmustergemäße Verwendung der Aufwickelwelle offensichtlich.
Auch greift hier der Einwand des § 11 Abs. 2 S. 2 GebrMG nicht durch. Die Beklagte wendet ein, dass es sich bei den Aufwickelwellen um im Baumarkt erhältliche, übliche Gardinenstangen handele. Angegriffen ist aber nicht nur die umfunktionierte Gardinenstange, sondern das gesamte System mit Ausnahme der Halterungselemente wie in Anlage RIPA 14 ersichtlich, sodass auch die Profilschiene und weitere Elemente, wie die Ösen an der Profilschiene hinzukommen. Bei diesem System handelt es sich nicht um ein allgemein im Handel erhältliches Erzeugnis. Ferner werden die Belieferten vom Dritten bewusst veranlasst, die Aufwickelwelle in gebrauchsmusterverletzender Weise zu verwenden. Dies zeigt hier beispielsweise der sog. Fädelplan der Fa. Lübke (Anlage RIPA 15), der eine Aufbauanleitung enthält.
Der Tatsache, dass in diesem Fall auch eine gebrauchsmusterfreie Verwendung möglich ist, hat die Klägerin dadurch Rechnung getragen, dass sie kein Schlechthinverbot, sondern lediglich das Anbringen eines entsprechenden Warnhinweises begehrt.
Dagegen kann sie nicht zusätzlich für den Fall der Lieferung ein Vertragsstrafeversprechen verlangen. Es kommt regelmäßig nicht in Betracht, vom Schutzrechtsinhaber zu verlangen, das Mittel nur demjenigen anzubieten oder zu liefern, der bereit ist, die Beachtung des Ausschließlichkeitsrechts durch ein Vertragsstrafeversprechen zu sichern (OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.11.2005, AZ: I-2 U 35/04, Rn. bei Juris: 107). Besondere Anhaltspunkte, die hier ausnahmsweise die Lieferung von einem Vertragsstrafeversprechen der Belieferten rechtfertigen würden, sind nicht dargelegt.

VI.
Der Klägerin stehen die beantragten Ansprüche im tenorierten Umfang zu.

Sie hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung des weiteren Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform gemäß § 24 Abs. 1 GebrMG i.V.m. § 11. Abs. 2 GebrMG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstands ohne Berechtigung erfolgt. Hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens der Aufwickelwellen ohne Halterungselemente kann die Klägerin – wie bereits dargelegt – nur die Unterlassung verlangen, wenn die Angebote ohne einen im Urteilstenor näher bezeichneten Warnhinweis versehen werden. Ein Vertragsstrafeversprechen kommt aus den genannten Gründen nicht in Betracht.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 24 Abs. 2 GebrMG, weil die Beklagten die Gebrauchsmusterverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Gebrauchsmusterverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagegebrauchsmusters durch die Gebrauchsmusterverletzung ein Schaden entstanden ist. Die Verurteilung zum Schadensersatz dem Grunde nach erfordert nicht, dass unmittelbare Verletzungshandlungen durch die Abnehmer der Beklagten positiv festgestellt werden müssen. Vielmehr genügt es, wenn dargetan ist, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht und die Voraussetzungen einer mittelbaren Gebrauchsmusterverletzung im Übrigen vorliegen (BGH GRUR 2006, 839, 842 – Deckenheizung; Scharen, GRUR 2008, 944 (948)). Im vorliegenden Fall besteht aufgrund des konkreten Hinweises in der Werbung der Beklagten, die von ihr so bezeichneten Klickgleiter bzw. Mitnehmer zum Einklipsen in Aufwickelwellen für Raffrollos zu verwenden (Anlage RIPA 16), die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die gelieferten Aufwickelwellen für eine unmittelbare Benutzung der gebrauchsmustergemäßen Vorrichtung verwendet werden. Soweit die Aufwickelwellen mit den Halterungselementen angeboten werden, kommt eine gebrauchsmusterfreie Verwendung nicht in Betracht. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus § 24b Abs. 1 GebrMG, §§ 242, 259 BGB im geltend gemachten Umfang zu. Auch für den Auskunftsanspruch ist nicht der Vortrag einer unmittelbaren Verletzung erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn der mittelbare Verletzer Mittel im Sinne von § 11 Abs. 2 GebrMG geliefert hat, obwohl nach den gegebenen Umständen deren Bestimmung zur Benutzung der Erfindung zu erwarten war. Dies ermöglicht es dem Berechtigten, sich darüber Gewissheit zu verschaffen, ob die einzelnen Abnehmer tatsächlich die Erfindung benutzt haben und demgemäß die mittelbare Verletzung zu einem ersatzpflichtigen Schaden geführt hat. (BGH GRUR 2007, 679, 684 f. – Haubenstretchautomat).

Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 24b Abs. 1 GebrMG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 24b Abs. 3 GebrMG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.
Der Streitwert war nach § 45 Abs. 1 S. 3 GKG nicht zu erhöhen, da hier der Hilfsantrag denselben Gegenstand betrifft.