4a O 45/10 – Notlaschenverbinder

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1703

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 16. Juni 2011, Az. 4a O 45/10

Rechtsmittelinstanz: 2 U 72/11

1. Die Beklagten werden verurteilt,

a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Notlaschenverbinder für das Halten zweier einen Schienenstoß überdeckenden Laschen zwischen zwei sich gegenüberliegenden Stempeln, wobei ein erster Stempel an einem den Schienenstoß untergreifenden Bügel festgelegt ist und der zweite Stempel auf einer Achse einer Schraube angeordnet und durch Drehen der Schraube gegenüber dem Bügel verstellbar ist,

wobei der Bügel von einem Kopf der Schraube und dem zweiten Stempel eingefasst ist und wobei der Kopf formschlüssig und verdrehsicher in einer Ausnehmung einer an dem Bügel festlegbaren Sicherungsplatte gefangen ist, wobei von einem geschlossenen umlaufenden Rand der Ausnehmung der Kopf vollständig umschlossen wird, wobei die Sicherungsplatte zwei vorstehende Schenkel aufweist, die bei aufgesetzter Sicherungsplatte den Bügel zwischen sich einfassen, wobei die freien Enden der Schenkel dem Bügel vorstehen und fluchtende Durchbrechungen aufweisen für ein Eindringen eines Sicherungsbolzens,

im Bereich der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

es sei denn, diese Handlungen erfolgen für Lieferungen der Beklagten zu 1) unmittelbar an die A AG im Rahmen der Freigabeerklärung der A AG vom 01.03.2005.

b) für die Zeit vom 01.12.2003 bis zum 29.08.2004 der Klägerin, für die Zeit vom 30.08.2004 bis zum 22.11.2004 der Klägerin und der A AG gemeinsam und seit dem 23.11.2004 der Klägerin und der A AG gemeinsam über den Umfang der vorstehend beschriebenen und seit dem 01.12.2003 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe der Herstellungsmengen und -zeiten sowie der einzelnen Lieferungen unter Nennung

(1) der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferzeiten, Lieferpreise und Namen und Anschriften der Abnehmer,

(2) der Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie des erzielten Gewinns und

(3) unter Angabe der einzelnen Angebote und der Werbung unter Nennung

(a) der Angebotsmengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Angebotszeiten und Angebotspreise sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

(b) der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

c) die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse entsprechend vorstehender Ausführungen zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu bezeichnenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten herauszugeben.

2. Es wird festgestellt,

dass die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner für die Zeit vom 01.12.2003 bis zum 29.08.2004 der Klägerin, für die Zeit vom 30.08.2004 bis zum 22.11.2004 der Klägerin und der A AG gemeinsam und seit dem 23.11.2004 der Klägerin und der A AG gemeinsam allen Schaden zu ersetzen, der ihr/ihnen durch die vorstehend bezeichneten und seit dem 01.12.2003 begangenen Handlungen entstanden ist und zukünftig entstehen wird,

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 EUR. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist mit der A AG eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters DE 203 11 XXX.2 (Klagegebrauchsmuster), das am 21.07.2003 angemeldet, am 25.09.2003 im Register eingetragen und am 30.10.2003 im Patentblatt bekannt gemacht wurde. Ursprünglich war allein die Klägerin als Inhaberin des Klagegebrauchsmusters im Register eingetragen. Seit dem 30.08.2004 war neben ihr auch die A AG und statt dieser seit dem 23.11.2003 die A AG im Register eingetragen. Die A AG ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen und betreibt das Schienennetz der A AG. Ihre Anteile werden zu 100 % von der A AG gehalten.

Das Klagegebrauchsmuster bezieht sich auf einen Notlaschenverbinder für einen Schienenstoß. Die von der Klägerin in Kombination geltend gemachten Schutzansprüche 1 bis 4 des Gebrauchsmusters lauten:

1. Notlaschenverbinder für das Halten zweier einen Schienenstoß überdeckenden Laschen zwischen zwei sich gegenüberliegenden Stempeln, wobei ein erster Stempel an einem den Schienenstoß untergreifenden Bügel festgelegt ist und der zweite Stempel auf einer Achse einer Schraube angeordnet und durch Drehen der Schraube gegenüber dem Bügel verstellbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass der Bügel (2) von einem Kopf (14) der Schraube (13) und dem zweiten Stempel (7) eingefasst ist und dass der Kopf (14) formschlüssig und verdrehsicher in einer Ausnehmung (16) einer an dem Bügel (2) festlegbaren Sicherungsplatte (17) gefangen ist.

2. Notlaschenverbinder nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass von einem geschlossenen umlaufenden Rand der Ausnehmung (16) der Kopf (14) vollständig umschlossen wird.

3. Notlaschenverbinder nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Sicherungsplatte (17) zwei vorstehende Schenkel (18, 19) aufweist, die bei aufgesetzter Sicherungsplatte (17) den Bügel (2) zwischen sich einfassen.

4. Notlaschenverbinder nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die freien Enden (20, 21) der Schenkel (18, 19) dem Bügel (2) vorstehen und fluchtende Durchbrechungen (22, 23) aufweisen für ein Eindringen eines Sicherungsbolzens (24).

Nachfolgend sind in leicht verkleinerter Form aus der Klagegebrauchsmusterschrift stammende zeichnerische Darstellungen einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung in verschiedenen Ansichten abgebildet.

Zur Sicherung eines einfachen Querbruchs einer Schiene sieht die jedenfalls für das Schienennetz der A AG geltende Richtlinie 824.6010 (Schienenbrüche und -fehler baulich sichern und beseitigen) eine Notlaschenverbindung vor. Nach der Richtlinie sind in Betriebsgleisen der A AG nur bestimmte Notlaschensicherungen und Notlaschen zur Sicherung von Schienenbrüchen und -fehlern freigegeben. Dazu gehört auch eine Universalschraubzwinge mit Spindelbolzen, Sicherung und Federstecker gemäß der nachstehenden Zeichnung Nr. 718.470 0001. Wann die Richtlinie in Kraft trat, ist zwischen den Parteien streitig. Seit 2004 wurden nur noch solche Zwingen als Notlaschenverbinder von der A AG akzeptiert.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, ist als Zulieferer von Produkten für den Gleis- und Weichenbau, den Oberleitungsbau, die Instandhaltung und den Rückbau tätig. Zu ihren Kunden gehören auch die A AG und die A AG. Neben anderen Produkten stellt die Beklagte zu 1) her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Notlaschenverbinder für einen Schienenstoß.

Am 17.12.2004 stellte die Beklagte zu 1) bei der A AG einen Antrag auf Anwenderfreigabe für eine modifizierte Universalschraubzwinge gemäß der Zeichnung Nr. 718.470 0001. Mit Schreiben vom 01.03.2005 erklärte die A AG, sie sei aufgrund des Gebrauchsmusterschutzes für diese Schraubzwinge patentrechtlichen Vorgaben unterworfen, so dass sie die Freigabe nur für den Einsatz im Netz der A AG erteilen könne und für Lieferungen oder den Verkauf an Dritte die Zustimmung der Klägerin erforderlich sei. Wegen des genauen Wortlauts der Freigabeerklärung wird auf die Anlage K 6 Bezug genommen.

Im Januar 2006 bezog die Beklagte zu 1) von der Klägerin 500 Stück Umrüstsätze, mit denen die bislang verwendeten Notlaschenverbinder auf die neue Bauform (das ist die Universalschraubzwinge gemäß der Zeichnung Nr. 718.470 0001) umgerüstet werden konnten.

Am 02.12.2009 veräußerte die Beklagte zu 1) der B GmbH in C und am 23.11.2009 der D GmbH in Bochum mehrere Notlaschenverbinder gemäß der Zeichnung Nr. 718.470 0001 (angegriffene Ausführungsform). Die nachstehenden Abbildungen zeigen Aufnahmen der von der Beklagten zu 1) gelieferten Notlaschenverbinder nebst Sicherungsplatte.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Freigabeerklärung gestatte es der Beklagten zu 1) nur, erfindungsgemäße Notlaschenverbinder an die A AG zu liefern, nicht aber an sonstige Dritte. Die Beklagte zu 1) sei bei den streitgegenständlichen Lieferungen daher auch nicht als verlängerte Werkbank der A AG tätig geworden. Der Beklagten zu 1) sei es auch gestattet gewesen, die Umrüstsätze zur Nachrüstung von Schienensicherungen alter Bauart zu verwenden und im Rahmen der Freigabeerklärung zu veräußern.

Die Klägerin beantragt,

– wie erkannt –

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, Ende 2002 sei der Beklagte zu 2) von Herrn Helmut E, einem Mitarbeiter der A AG, darauf angesprochen worden, einen Notlaschenverbinder herzustellen. Herr E habe dabei dem Beklagten zu 2) die Nachteile der herkömmlichen Sicherung der Schraubzwinge anhand eines Notlaschenverbinders, wie er nachstehend abgebildet sei, erläutert.

Herr E habe erklärt, dass er den zur Sicherung der Schraube über den Schraubkopf zu legenden Bügel durch eine Sicherungsplatte mit einer Ausnehmung ersetzen wolle, die den außen liegenden Schraubkopf vollständig umfasse. Er habe eine Schraubzwinge vorgestellt, bei der der außen liegende Schraubkopf des Notlaschenverbinders durch eine Platte formschlüssig umfasst worden sei. Die Platte sollte durch einen Stift an der Schraubzwinge gesichert werden. Die nachstehende Abbildung zeige das von der A AG im Jahr 2002 gefertigte und dem Beklagten zu 2) vorgestellte Muster einer Sicherungsplatte.

Herr E habe erläutert, dass sich an der Sicherungsplatte zwei Bügel befinden sollten, die über den Körper der Schraubzwinge in das Innere der Zwingen ragen sollten und dort jeweils Bohrungen aufweisen sollten, durch die ein Federstecker zur Sicherung der Platte gesteckt werden könne. Da die Beklagte zu 1) kein Interesse an der Herstellung des neuen Notlaschenverbinders gehabt habe, sei die A AG in der Folgezeit an andere Unternehmen, darunter auch die Klägerin, herangetreten. Eine Geheimhaltungsvereinbarung sei mit den Beklagten nicht getroffen worden. Weiterhin behaupten die Beklagten, die Lieferungen von Notlaschenverbindern an die F GmbH und an die D GmbH seien durch die Beklagte zu 1) als Unterauftragnehmerin erfolgt. Die beiden Abnehmer hätten ihrerseits einen Auftrag von der A AG erhalten.

Die Beklagten sind der Ansicht, sie könnten sich auf die Benutzungsbefugnis der A AG als Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters berufen. Die Beklagte zu 1) habe als verlängerte Werkbank für die A AG gehandelt. Da sie bei der Lieferung der Notlaschenverbinder die Richtlinie 824.6010 habe einhalten müssen, sei die Herstellung in der konkreten Form sogar entsprechend der ausdrücklichen und verbindlichen Weisung der A AG erfolgt. Zudem beziehe sich die Freigabeerklärung der A AG vom 01.03.2005 auf das gesamte Schienennetz der A AG, so dass „Dritte“ im Sinne dieser Freigabeerklärung nur solche Unternehmen seien, die ein anderes Schienennetz betreiben. Jedenfalls seien die Rechte der Klägerin hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform erschöpft, weil die Beklagte zu 1) die Notlaschenverbinder mit Zustimmung der A AG in den Verkehr gebracht habe. Erschöpfung sei auch eingetreten, weil die Klägerin selbst der Beklagten zu 1) Umrüstsätze für die angegriffene Ausführungsform geliefert habe.

Weiterhin stelle es eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung dar, wenn die eine Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters – die A AG – die Nutzung außerhalb des DB-Netzes verbiete und die andere Mitinhaberin die Unterlassungsansprüche geltend mache. Die Klägerin sei verpflichtet, die kostenlose Nutzung des Klagegebrauchsmusters außerhalb des DB-Netzes hinzunehmen, wenn die A AG die kostenlose Nutzung für ihr eigenes Schienennetz gestatte. Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stelle im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot dar.

Im Übrigen sind die Beklagten der Ansicht, dass das Klagegebrauchsmuster nicht schutzfähig sei. Die geschützte Erfindung sei nicht neu, weil Herr E dem Beklagten zu 2) bereits im Jahr 2002 die Erfindung erläutert habe.

Die Klägerin hat mit der Klage ursprünglich auch die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung für den Zeitraum vom 21.07.2003 bis zum 30.10.2003 geltend gemacht. Diesen Antrag hat sie in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Vernichtung aus §§ 24 Abs. 1 und 2, 24a Abs. 1, 24b Abs. 1 und 3 GebrMG, §§ 242, 259 BGB.

I.
Das Klagegebrauchsmuster schützt mit den Schutzansprüchen 1 bis 4 einen Notlaschenverbinder, mit dem zwei einen Schienenstoß überdeckende Laschen gehalten werden können. Solche schraubzwingenartigen Notlaschenverbinder sind nach den Ausführungen in der Klagegebrauchsmusterschrift im Stand der Technik bekannt. Sie fänden paarweise bei Gleismontagearbeiten oder bei Schienenbrüchen Verwendung, um zwei Schienenenden zu verbinden, ohne diese selbst zu verschrauben oder zu verschweißen. Solcher Art verbundene Schienenstöße könnten von Zügen mit einer maximalen Geschwindigkeit von 160 km/h überfahren werden.

Üblicherweise, so die Gebrauchsmusterschrift, würden die beiden den Schienenstoß überdeckenden Laschen zwischen zwei sich gegenüberliegenden Stempeln gehalten. Dabei werde ein erster Stempel an einem den Schienenstoß untergreifenden Bügel festgelegt. Ein zweiter Stempel sei auf einer Achse einer Schraube angeordnet und durch Drehen der Schraube verstellbar. Um die beiden Laschen über den Schienenstoß hinaus verspannen zu können, weise der Notlaschenverbinder eine verstellbare Schraubspindel auf, die an einem Ende in dem Bügel festgelegt sei und an ihrem anderen Ende den zweiten Stempel trage. Zwischen dem Auflager und Bügel befinde sich ein Sechskant der Schraubspindel, um den Abstand zwischen den beiden Stempeln verstellen zu können. Aufgrund dessen könnten die Laschen mittels eines an dem Sechskant angesetzten Maulschlüssels gegen die Schienenprofile verspannt werden.

An diesen aus dem Stand der Technik bekannten Notlaschenverbindern wird in der Gebrauchsmusterschrift als nachteilig angesehen, dass bei Verwendung eines Maulschlüssels grundsätzlich die Gefahr bestehe, bei unsachgemäßem Ansatz den Sechskant und damit die Schraubspindel derart zu beschädigen, dass sie nicht mehr gebrauchstüchtig sei. Weiterhin sei über der Schraubspindel ein Sicherungsbügel vorgesehen, damit sich die Verspannung der Laschen gegen die Schienenprofile beim Überfahren eines durch den bekannten Notlaschenverbinder gesicherten Schienenstoßes nicht durch die Vibrationen löse. Der Sicherungsbügel übergreife an einer Achse verschwenkbar in der Gebrauchslage mit einem Ausschnitt den Sechskant oberseitig und sichere ihn, indem er selbst und durch einen unterhalb der Achse der Spindel angeordneten Federstecker gegen ein Hochschlagen gesichert sei. Allerdings sei die Handhabung eines so gesicherten Notlaschenverbinders umständlich, da bei geöffnetem Sicherungsbügel mittels des Maulschlüssels in dem schon ohnehin beengten Raum zwischen der am Schienenprofil anliegenden Lasche die Verstellung des Abstandes der Stempel erfolge. Als besonders nachteilig wird in der Gebrauchsmusterschrift herausgestellt, dass sich die Spindel nach längerem Gebrauch doch verstelle und damit die Stempel die den Schienenstoß überdeckenden Laschen freigeben könnten.

Dem Klagegebrauchsmuster liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das technische Problem) zu Grunde, einen Notlaschenverbinder zur Verfügung zu stellen, der in einfacher Weise und bequem handhabbar ist und bei dem insbesondere eine Freigabe der den Schienenstoß überdeckenden Laschen sicher ausgeschlossen ist.

Dies soll durch die Schutzansprüche 1 bis 4 erreicht werden, deren Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

1. Notlaschenverbinder für das Halten zweier einen Schienenstoß überdeckenden Laschen zwischen zwei Stempeln;
2. der Notlaschenverbinder weist einen den Schienenstoß untergreifenden Bügel auf;
3. die Stempel liegen sich gegenüber, wobei
3.1 ein erster Stempel am Bügel festgelegt ist und
3.2 der zweite Stempel auf einer Achse einer Schraube angeordnet und durch Drehen der Schraube gegenüber dem Bügel verstellbar ist;
4. der Bügel (2) ist von einem Kopf (14) der Schraube (13) und dem zweiten Stempel (7) eingefasst;
5. der Kopf (14) der Schraube
5.1 ist formschlüssig und verdrehsicher in einer Ausnehmung (16) einer an dem Bügel (2) festlegbaren Sicherungsplatte (17) gefangen und
5.2 wird von einem geschlossenen umlaufenden Rand der Ausnehmung (16) vollständig umschlossen;
6. die Sicherungsplatte (17) weist zwei vorstehende Schenkel (18, 19) auf,
6.1 die bei aufgesetzter Sicherungsplatte (17) den Bügel (2) zwischen sich einfassen und
6.2 deren freie Enden (20, 21) dem Bügel (2) vorstehen und fluchtende Durchbrechungen (22, 23) aufweisen für ein Eindringen eines Sicherungsbolzens (24).

II.
Im Hinblick auf die Frage der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters (s.u.) bedarf die hier geltend gemachte Anspruchskombination lediglich hinsichtlich des Merkmals 6.2 der Auslegung. Darin wird eine konkrete Art der Sicherung der Sicherungsplatte am Bügel beschrieben, die die Sicherungsplatte gegen ein unbeabsichtigtes Abziehen oder Abfallen sichert (vgl. S. 6 Z. 30 ff des Klagegebrauchsmusters, Anlage K 2). Dafür sollen die freien Enden der beiden den Bügel einfassenden Schenkel der Sicherungsplatte dem Bügel vorstehen und fluchtende Durchbrechungen aufweisen für ein Eindringen eines Sicherungsbolzens. Da die freien Enden der Schenkel dem Bügel vorstehen sollen, dringt der Bolzen nur durch die freien Enden der beiden Schenkel, nicht aber durch den Bügel selbst, wie es auch im Ausführungsbeispiel dargestellt ist (vgl. Figur 1 des Klagegebrauchsmusters, Anlage K 2). Befindet sich also die den Sechskant sichernde Platte mit der Ausnehmung auf der einen (Außen-)Seite des Bügels, ist der Sicherungsbolzen auf der anderen (Innen-) Seite des Bügel positioniert. Dadurch wird die Sicherungsplatte gehindert, unbeabsichtigt vom Bügel abgezogen zu werden oder abzufallen. Es bedarf keiner weiteren mit den Durchbrechungen in den freien Schenkeln fluchtenden Bohrung im Bügel, durch die der Sicherungsbolzen dringen müsste. Dadurch wird die Herstellung und Handhabung des Notlaschenverbinders zusätzlich vereinfacht.

III.
Das Klagegebrauchsmuster ist schutzfähig. Die in den Schutzansprüchen 1 bis 4 beschriebene technische Lehre ist neu im Sinne von § 3 Abs. 1 GebrMG. Demnach ist der Gegenstand eines Gebrauchsmusters neu, wenn er nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfasst alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag – hier der 21.07.2003 – durch schriftliche Beschreibung oder durch eine im Geltungsbereich dieses Gesetzes erfolgte Benutzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. An diesen Voraussetzungen fehlt es.

Nachdem die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch durch Hinzunahme der Unteransprüche 2 bis 4 in der Replik einschränkte, haben die Beklagten zu Recht nicht mehr die Auffassung vertreten, die Erfindung werde durch die Offenlegungsschrift DE 25 23 XXX (Anlage N 7) oder durch eine offenkundige Vorbenutzung durch die Unternehmen G (Anlage N 8 und 9) und H (Anlage N 10 und 11) neuheitsschädlich vorweg genommen. Denn in der Offenlegungsschrift DE 25 23 XXX wird nicht offenbart, dass die freien Enden der Schenkel der Sicherungsplatte dem Bügel vorstehen sollen (Merkmal 6.2). Der von dem Unternehmen G angebotene Notlaschenverbinder weist bereits keine Sicherheitsplatte mit den erfindungsgemäßen Anforderungen (Merkmalsgruppen 5 und 6), sondern einen Sicherungsstift auf, und der Notlaschenverbinder der H weist jedenfalls keine Sicherheitsplatte mit Schenkeln auf, deren freie Enden dem Bügel vorstehen (Merkmal 6.2). Abgesehen davon ist nicht dargelegt, dass die Notlaschenverbinder von den im Ausland ansässigen Unternehmen G und H vor dem Anmeldetag am 21.07.2003 in der Bundesrepublik Deutschland angeboten oder anderweitig benutzt wurden.

Die Klägerin kann gegen die Neuheit des mit dem Klagegebrauchsmuster geschützten Gegenstands aber auch nicht mit Erfolg einwenden, dass Herr E, ein Mitarbeiter der A AG, bereits Ende 2002 dem Beklagten zu 2) den Erfindungsgegenstand erläutert habe. Denn nach dem Vortrag der Beklagten wurde der Erfindungsgegenstand von Herrn E nicht – wie gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 GebrMG erforderlich – schriftlich, sondern mündlich beschrieben. Ebenso wenig ist eine offenkundige Vorbenutzung im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 GebrMG dargelegt. Eine offenkundige Vorbenutzung des Gegenstandes eines Gebrauchsmusters liegt vor, wenn die in Frage stehende Benutzungshandlung es ermöglicht hat, dass beliebige, zur Geheimhaltung nicht verpflichtete Dritte vom beanspruchten Gegenstand zuverlässige Kenntnis erlangen konnten (BGH GRUR 1962, 518, 520 – Blitzlichtgerät). Der in § Abs. 1 S. 2 GebrMG verwendete Begriff der Benutzung geht über den Begriff der Benutzung im Sinne von § 9 PatG beziehungsweise § 11 GebrMG hinaus und umfasst jede Handlung, die ihrer Art nach geeignet ist, das Wesen der Erfindung kundbar zu machen (Schulte/Moufang, PatG 8. Aufl.: § 3 Rn 23 m.w.N.). Insbesondere kann auch die Vorführung einer Erfindung eine Benutzung derselben im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 GebrMG darstellen (Benkard/Melullis, PatG 10. Aufl.: § 3 PatG Rn 63 und 65 m.w.N.). Voraussetzung ist jedoch, dass der Fachmann auf Grund der Vorbenutzung den Anmeldegegenstand ohne dessen Kenntnis erkennen kann (BPatGE 21, 67, 71; Schulte Moufang a.a.O.). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Die Beklagten haben vorgetragen, die A AG habe im Jahr 2002 ein Muster einer erfindungsgemäßen Sicherungsplatte gefertigt, die dem Beklagten zu 2) von Herrn E vorgestellt worden sei. Dass Herr E dem Beklagten zu 2) auch den erfindungsgemäßen Bügel mit den zugehörigen Stempeln und der Schraube bereits im Jahr 2002 vorführte, lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht eindeutig entnehmen. In der mündlichen Verhandlung haben sich die Beklagten trotz entsprechender Nachfrage dazu ebenfalls nicht dezidiert geäußert. Ohne die Vorführung des Bügels konnte der Fachmann daher allein aus der Benutzung – hier der Vorführung der Sicherungsplatte – nicht den Anmeldegegenstand des Klagegebrauchsmusters erkennen. Erforderlich war vielmehr eine mündliche Erläuterung durch Herrn E, wie die Sicherungsplatte mit einer erfindungsgemäßen Schraubzwinge zusammenwirken sollte. Entsprechend haben die Beklagten behauptet, Herr E habe dem Beklagten zu 2) erläutert, dass sich an der Sicherungsplatte zwei Bügel befinden sollten, die über den Körper der Schraubzwinge in das Innere der Zwingen ragen sollten und dort jeweils Bohrungen aufweisen sollten, durch die ein Federstecker zur Sicherung der Platte gesteckt werden könne (Merkmal 6.2). Erhält der Fachmann jedoch nicht allein durch die Benutzung, sondern erst zusammen mit einer mündlichen Erläuterung die Kenntnis vom Erfindungsgegenstand, handelt es sich nicht um eine offenkundige Vorbenutzung im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 GebrMG. Aufgrund der gesetzlichen Wertung, dass der Stand der Technik im Gebrauchsmusterrecht außer durch eine offenkundige Vorbenutzung nur durch schriftliche Beschreibungen gebildet wird, in § 3 Abs. 1 S. 2 PatG hingegen die mündliche Beschreibung ausdrücklich genannt wird, darf die Auslegung des Begriffs der offenkundigen Vorbenutzung in § 3 Abs. 1 S. 2 GebrMG nicht dazu führen, dass auch eine mündliche Beschreibung den Erfindungsgegenstand neuheitsschädlich vorwegnehmen kann. Das wäre hier aber der Fall, wenn man die mündliche Erläuterung des Erfindungsgegenstands durch Herrn E zusammen mit der Vorführung der Sicherungsplatte für eine offenkundige Vorbenutzung genügen ließe.

Selbst wenn Herr E dem Beklagten zu 2) neben der Sicherungsplatte einen erfindungsgemäßen Bügel präsentiert haben sollte, ist eine offenkundige Vorbenutzung zu verneinen. Denn wie sich den Abbildungen der vermeintlich von Herrn E vorgeführten Sicherungsplatte entnehmen lässt (Anlage N 14), weist diese Sicherungsplatte an ihren Schenkeln keine fluchtenden Durchbrechungen für ein Eindringen eines Sicherungsbolzens auf. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sich solche Durchbrechungen an den freien, den Bügel vorstehenden Enden der Schenkel befinden sollen (Merkmal 6.2). Damit ist aber die Art der Sicherung der Sicherungsplatte am Bügel für den Fachmann allein aus der Vorführung des Notlaschenverbinders nicht erkennbar, sondern erst aufgrund der von den Beklagten behaupteten mündlichen Erläuterung durch Herrn E. Dies genügt jedoch – wie bereits ausgeführt – nicht für eine neuheitsschädliche offenkundige Vorbenutzung im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 GebrMG.

IV.
Unstreitig machten die Beklagten durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform an die B GmbH und die D GmbH von der Lehre der Schutzansprüche 1 bis 4 des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß Gebrauch im Sinne von § 11 Abs. 1 GebrMG.

V.
Die Beklagten benutzten die durch das Klagegebrauchsmuster geschützte Erfindung, ohne dazu berechtigt zu sein.

1.
Die Beklagten können sich zur Rechtfertigung ihrer Benutzungshandlungen nicht mit Erfolg auf die Freigabeerklärung der A AG vom 01.03.2005 berufen. Es ist zwar nicht dargelegt, warum die A AG, die seit dem 23.11.2004 nicht mehr eingetragene Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters war, berechtigt gewesen sein sollte, die Benutzung des streitgegenständlichen Notlaschenverbinders freizugeben. Da die Klägerin dies jedoch nicht in Frage stellt und auch in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage von einer wirksamen Freigabeerklärung ausging, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Freigabe zu Recht erteilt wurde. Allerdings umfasst die Freigabe entgegen der Auffassung der Beklagten nicht sämtliche Lieferungen von Notlaschenverbindern, soweit sie im Netz der A AG zum Einsatz kommen, und damit auch Lieferungen an Dritte wie die B GmbH und die D GmbH. Eine solche Auslegung der Freigabeerklärung der A AG verbietet sich, weil sie nicht Widerspruchsfrei möglich ist. Die A AG hat die Freigabe der Lieferung erfindungsgemäßer Notlaschenverbinder mit zwei ausdrücklichen Einschränkungen erklärt:

1. Die Freigabe gilt nur für den Einsatz im Netz der A AG
2. Für eine Lieferung / Verkauf an Dritte, ist die Zustimmung der Fa. Vieregge Elsethal erforderlich.

Die erste Einschränkung ist so zu verstehen, dass Lieferungen für den Einsatz außerhalb des Netzes der A AG nicht freigegeben sind. Die zweite Einschränkung kann sich infolgedessen nur auf den Einsatz von Notlaschenverbindern im Netz der A AG beziehen. Sie besagt, dass Lieferungen unmittelbar an die A AG zulässig sind und an Dritte nur dann, wenn die Klägerin zugestimmt hat. Die Beklagten sind der Auffassung, die zweite Einschränkung beziehe sich auf Lieferungen an Dritte, wenn die Notlaschenverbinder außerhalb des Netzes der A AG eingesetzt werden sollen, weil sich die Freigabeerklärung nicht persönlich auf die A AG, sondern räumlich auf das von ihr betriebene Schienennetz beziehe. Diese Auffassung überzeugt nicht, weil sie im Widerspruch zur ersten Einschränkung steht. Einerseits soll die Freigabe nur für das Netz der A AG gelten, also nicht für andere, insbesondere ausländische Netze. Andererseits sollen – so die Beklagten – Lieferungen an Dritte für den Einsatz außerhalb des Netzes der A AG mit Zustimmung der Klägerin zulässig sein. Dann aber hätte die A AG eine umfassende Freigabe erklärt, wobei lediglich die Lieferungen an Dritte ins Ausland noch unter dem Zustimmungsvorbehalt der Klägerin gestanden hätten. Dies ist mit der ersten Einschränkung, nach der die Freigabe nur für da Netz der A AG gelte, nicht vereinbar. Sie würde auch dazu führen, dass es keine Regelung für Lieferungen unmittelbar an die A AG für den Einsatz außerhalb des Netzes der A AG gäbe. Dass eine solche Freigaberegelung seitens der A AG gewollt war, kann bei verständiger Würdigung der Erklärung nicht angenommen werden.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten darauf hingewiesen, Ziffer (1.) und (2.) der Freigabeerklärung hätten unterschiedliche Regelungsgegenstände, weil in Ziffer (1.) vom „Einsatz im Netz der A AG“ die Rede sei, in Ziffer (2.) aber von „Lieferung / Verkauf an Dritte.“ Dieser Hinweis kann nicht überzeugen. Es ist bereits fraglich, ob die A AG ihrer Wortwahl tatsächlich eine Bedeutung beimessen wollte, nach der in Ziffer (1.) eine Regelung für bestimmte Netze und in Ziffer (2.) eine allgemeine Regelung hinsichtlich der Abnehmer getroffen werden sollte. Selbst wenn eine solche Unterscheidung gewollt war, lässt sich damit aber ohne weiteres die hier vertretene Auffassung in Einklang bringen, nach der sich die Regelung in Ziffer (2.) der Freigabeerklärung allein auf die Ziffer (1.) bezieht und die Freigabe für das gesamte Netz der A AG dahingehend einschränkt, dass Lieferungen an Dritte – auch wenn sie letztlich für den Einsatz im Netz der A AG bestimmt sind – der Zustimmung der Klägerin bedürfen.

Zur Begründung ihrer anderen Auffassung können sich die Beklagten auch nicht mit Erfolg auf die Richtlinie 824.6010 zur Sicherung und Beseitigung von Schienenbrüchen und -fehlern (Anlage N 18, dort Abschnitt 3, Absatz (8)) berufen. Soweit dort die Rede von einer Freigabe des erfindungsgemäßen Notlaschenverbinders in Betriebsgleisen der DB AG ist, bezieht sich diese auf eine technische Freigabe. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Richtlinie auch eine gebrauchsmusterrechtliche Nutzungserlaubnis erteilt werden sollte.

Da im vorliegenden Fall Lieferungen der Beklagten zu 1) an Dritte in Streit stehen und die Klägerin ihre Zustimmung für diese Lieferungen nicht erteilt hatte, liegen die in der Freigabeerklärung aufgestellten Bedingungen für eine zulässige Lieferungen von Notlaschenverbindern nicht vor, so dass die Beklagte zu 1) ohne Berechtigung handelte.

2.
Die Beklagten behaupten weiterhin, die Beklagte zu 1) habe die Lieferungen an die B GmbH und die D GmbH als Unterauftragnehmerin dieser Unternehmen vorgenommen, die ihrerseits von der A AG beauftragt worden seien. Da die A AG als Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters zur Benutzung der streitgegenständlichen Erfindung berechtigt sei, sei auch die Beklagte zu 1) zur Lieferung an deren Auftragnehmer berechtigt. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.

Ohne weitere Abreden, die hier nicht dargelegt sind, bilden mehrere Mitinhaber eines Patents oder eines Gebrauchsmusters eine Bruchteilsgemeinschaft im Sinne von §§ 741 ff BGB (Benkard/Melullis, PatG 10. Aufl.: § 6 Rn 34b m.w.N.). Ohne abweichende Vereinbarung darf grundsätzliche jeder Teilhaber die geschützte Erfindung benutzen (BGH GRUR 2005, 663 – gummielastische Masse). Man wird dem einzelnen Teilhaber aber nicht das Recht zugestehen können, Dritten Lizenzen an dem gemeinsamen Recht vergeben zu können, weil dies eine mit dem Nutzungsrecht als solchem nicht mehr zu verbindende Beeinträchtigung und Einschränkung der Rechte der übrigen Teilhaber enthält (streitig, vgl. Benkard/Melullis, PatG 10. Aufl.: § 6 Rn 35e m.w.N:). Ob im vorliegenden Fall Lieferungen von Notlaschenverbindern durch die Beklagte zu 1) als Unterauftragnehmerin von Drittunternehmen, die ihrerseits Auftragnehmer der A AG sind, noch vom Benutzungsrecht der A AG umfasst sind, erscheint aufgrund ihres lizenzähnlichen Charakters zweifelhaft, bedarf aber keiner Entscheidung, weil mit der am 01.03.2005 erteilten Freigabeerklärung Lieferungen an Dritte ausdrücklich unter den Zustimmungsvorbehalt der Klägerin gestellt wurden. Dass die Klägerin den Lieferungen der Beklagten zu 1) an die B GmbH und die D GmbH zustimmte, ist nicht dargelegt.

Abgesehen davon haben die Beklagten ihre Behauptung, die F GmbH und die D GmbH seien Auftragnehmer der A AG und die Lieferungen von Notlaschenverbindern an diese beiden Unternehmen seien durch die Beklagte zu 1) als deren Unterauftragnehmerin erfolgt, weder näher konkretisiert, noch haben sie diese unter Beweis gestellt. Es ist im Übrigen auch nicht Aufgabe der Klägerin darzulegen und zu beweisen, dass der Einsatz der Notlaschenverbinder außerhalb des Schienennetzes der A AG erfolgen sollte, weil die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung zur Benutzung der Erfindung bei den Beklagten liegt (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG 10. Aufl.: § 139 Rn 114 m.w.N.).

3.
Soweit die Beklagten ihre Berechtigung zur Herstellung und Lieferung der streitgegenständlichen Notlaschenverbinder damit begründen, dass sie mit Zustimmung der A AG handelten und insofern die Rechte der Klägerin erschöpft seien, kann dem nicht gefolgt werden, weil es an einer Zustimmung der A AG für Lieferungen an Dritte gerade fehlt.

Die Erschöpfung der Rechte der Klägerin aus dem Klagegebrauchsmuster können die Beklagten ebenso wenig mit Erfolg damit begründen, die Klägerin habe der Beklagten zu 1) die angegriffene Ausführungsform geliefert. Denn die von den Beklagten als Beleg für eine solche Lieferung angeführte Rechnung vom 31.01.2006 (Anlage N 20) bezieht sich nicht auf die angegriffene Ausführungsform, sondern auf Umrüstsätze, mit denen die bislang verwendeten Notlaschenverbinder auf die aktuelle, das heißt erfindungsgemäße Form umgerüstet werden können. Daher können grundsätzlich nur die Rechte hinsichtlich dieser Umrüstsätze erschöpft sein, nicht aber die hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform. Entsprechend waren die Beklagten grundsätzlich nur zu (Weiter-)Lieferungen dieser Umrüstsätze berechtigt, nicht aber zu Lieferungen der angegriffenen Ausführungsform.

Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Klägerin der Beklagten zu 1) mit der Lieferung der Umrüstsätze ausdrücklich oder konkludent ihre Zustimmung erteilte, aus den vorhandenen nicht-erfindungsgemäßen Notlaschenverbinder mit Hilfe der Umrüstsätze die angegriffene Ausführungsform herstellen und anschließend in den Verkehr bringen zu dürfen. Eine ausdrückliche Zustimmung der Klägerin behaupten selbst die Beklagten nicht. Aber auch für eine konkludente Erklärung sind keine Tatsachen dargetan. Allein aus der Lieferung von Umrüstsätzen an die Beklagte zu 1) kann jedenfalls nicht auf eine Zustimmung zur Herstellung und zum Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform geschlossen werden, weil die Umstände dieser Lieferung nicht vorgetragen sind. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Lieferung der Umrüstsätze bereits die Freigabeerklärung vom 01.03.2005 erteilt war, so dass davon auszugehen ist, dass ein Vertrieb von unter Verwendung der Umrüstzsätze modifizierten und erfindungsgemäßen Notlaschenverbindern nur unter den Voraussetzungen der Freigabeerklärung erfolgen durfte. Ohne die Kenntnis der Klägerin von den Absichten der Beklagten hinsichtlich der Umrüstsätze oder wenn die Klägerin gar von einer Weiterlieferung der Umrüstsätze durch die Beklagte zu 1) ausging, kann eine konkludente Zustimmung zur Herstellung und Lieferung der angegriffenen Ausführungsform jedenfalls an Dritte (außer der A AG) nicht angenommen werden. Dass vorliegend Lieferungen erfindungsgemäßer Notlaschenverbinder an die B GmbH und die D GmbH in Streit stehen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Beklagten behaupten selbst nicht, dass die Umrüstsätze im Januar 2006 mit Blick auf drei Jahre später stattfindende Lieferungen an diese beiden Unternehmen geliefert wurden. Für eine Zustimmung der Klägerin zur Herstellung und Lieferung der angegriffenen Ausführungsform mit Hilfe der Umrüstsätze lässt sich daraus nichts herleiten. Abgesehen davon ist auch nicht vorgetragen, dass die streitgegenständlichen Lieferungen unter Verwendung der Umrüstsätze erfolgten.

VI.
Aufgrund der unberechtigten Benutzung der Erfindung ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.

Die Beklagten sind der Klägerin gemäß § 24 GebrMG zur Unterlassung verpflichtet.

Die Klägerin hat darüber hinaus einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz dem Grunde nach aus § 24 Abs. 2 GebrMG, weil die Beklagten die Schutzrechtsverletzung schuldhaft begingen. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1), der das Verhalten ihres Geschäftsführers, des Beklagten zu 2), zuzurechnen ist, die Schutzrechtsverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Der Beklagte zu 2) haftet persönlich aus eigenem Verschulden, da er kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagegebrauchsmusters durch die Schutzrechtsverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

Weiterhin hat die Klägerin einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus § 24b Abs. 1 GebrMG und §§ 242, 259 BGB. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 24b Abs. 1 GebrMG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 24b Abs. 3 GebrMG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagten einen Anspruch auf Vernichtung der angegriffenen Ausführungsformen aus § 24a Abs. 1 GebrMG. Die für den Vernichtungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen des § 11 GebrMG liegen vor.

Über den Hilfsantrag war nicht zu entscheiden, weil die Klage im vollen Umfang Erfolg hatte.

VII.
Die Beklagten können gegen die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch die Klägerin nicht mit Erfolg den kartellrechtlichen Missbrauchseinwand aus § 242 BGB erheben. Es kann dahinstehen, ob im vorliegenden Fall überhaupt die Voraussetzungen von Art. 82 EGV beziehungsweise § 20 GWB vorliegen. Denn nach der Entscheidung „Orange-Book-Standard“ des BGH handelt der Schutzrechtsinhaber nur dann missbräuchlich, wenn der Beklagte ihm ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrags gemacht hat, an das er sich gebunden hält und das der Patentinhaber nicht ablehnen darf, ohne gegen das Diskriminierungs- oder das Behinderungsverbot zu verstoßen, und wenn der Beklagte, solange er den Gegenstand des Patents bereits benutzt, diejenigen Verpflichtungen einhält, die der abzuschließende Lizenzvertrag an die Benutzung des lizenzierten Gegenstands knüpft (BGH GRUR 2009, 694 – Orange-Book-Standard). Dass die Beklagten ihrerseits diesen Anforderungen gerecht wurden, ist nicht vorgetragen.

Die Beklagten haben dagegen in der mündlichen Verhandlung eingewandt, sie müssten kein Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages machen, da doch die A AG für eine Nutzung der Erfindung keine Lizenzzahlungen verlange. Diese Auffassung greift nicht durch, weil sie ignoriert, dass die Klägerin Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters ist und jedenfalls für Lieferungen erfindungsgemäßer Notlaschenverbinder an Dritte die Zustimmung der Klägerin erforderlich ist. Der Klägerin ist es daher unbenommen, für Lieferungen an Dritte entsprechende Lizenzzahlungen zu verlangen.

VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Gegenstandswert des zurückgenommenen Antrags auf Entschädigung ist im Verhältnis zum übrigen Klagebegehren so gering, dass den Beklagten aufgrund dieser geringfügigen Zuvielforderung gleichwohl die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen waren.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 ZPO.

Streitwert: 100.000,00 EUR