4a O 73/10 – Haarclip III

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1604

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. März 2011, Az. 4a O 73/10

I. Die Beklagten werden verurteilt,
gesamtschuldnerisch an die Kläger 4.419,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
für 4372, 80 € seit dem 5. Februar 2010
und in Höhe von 91,50 € seit dem 23.04.2010 zu zahlen.

II. Die Beklagten werden weiter verurteilt, den Klägern unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses und unter Beifügung von Rechnungen oder Lieferscheinen oder anderen Handelsunterlagen darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie Haarclips, die einen ersten Kamm und einen zweiten gegenüberstehenden Kamm umfassen, von denen jeder einen Körper mit einer Oberseite und einer Unterseite, eine Mehrzahl von beabstandeten Zähnen, die sich von dem Körper erstrecken und eine Mehrzahl von Befestigungsmitteln an dem Körper, ein Spannelement, das an dem ersten und dem zweiten Kamm befestigt ist und mit der Mehrzahl von Befestigungsmitteln in Eingriff ist, aufweisen, wobei wenigstens zwei beabstandete Öffnungen sich in der Ausnehmung und sich zwischen der Unterseite und der Oberseite erstrecken und wobei jedes Befestigungsmittel eine individuelle Ausnehmung an der Unterseite aufweist und bei denen die Befestigungsmittel eine Brücke zwischen den Öffnungen umfassen, seit dem 14. Februar 2009 angeboten, in den Verkehr gebracht, gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben und, zwar unter Angabe

a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer;

c) des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt den Klägern einem von diesen zu bezeichnenden und diesen gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten übernehmen und ihn ermächtigen und verpflichten, den Klägern auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

III. Die Beklagten werden ferner verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen unter Ziffer 2. bezeichneten Haarclips zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von den Klägern zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, den Klägern allen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch den Vertrieb der nach Ziffer 2. bezeichneten Haarclips seit dem 14. Februar 2009 entstanden ist und noch entstehen wird.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

VII. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

VIII. Der Streitwert wird auf 19.419,30 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Kläger sind eingetragene Inhaber des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Europäischen Patents 1 947 XXX (im Folgenden: Klagepatent), das auf einer Anmeldung vom 2. November 2006 beruht und dessen Erteilung am 14. Januar 2009 im Patentblatt veröffentlicht wurde. Das in Kraft stehende Klagepatent betrifft eine Haarspange mit zwei Kämmen und einem verbindenden Spannelement.

Patentanspruch 1 lautet in der eingetragenen deutschen Übersetzung wie folgt:

„Ein Haarclip (10), der einen ersten Kamm (12) und einen zweiten gegenüberstehenden Kamm (14) umfasst, von denen jeder einen Körper (18) mit einer Oberseite (19) und einer Unterseite (20), eine Mehrzahl von beabstandeten Zähnen (21), die sich von dem Körper erstrecken, und eine Mehrzahl von Befestigungsmitteln (22) an dem Körper, ein Spannelement (16), das an dem ersten und dem zweiten Kamm befestigt ist und mit der Mehrzahl von Befestigungsmitteln in Eingriff ist, aufweist, wobei jedes Befestigungsmittel eine individuelle Ausnehmung (24) an der Unterseite aufweist, und dadurch gekennzeichnet ist, dass wenigstens zwei beabstandete Öffnungen (26A, B) sich in der Ausnehmung und sich zwischen der Unterseite und der Oberseite erstrecken.“

Der Beklagte zu 2) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1), die am 29. September 2006 gegründet worden ist.

Aufgrund des vermeintlichen Verkaufs von patentgemäßen Haarspangen, wie sie sich aus dem als Anlage K 4 vorgelegten Muster ergeben, durch die Beklagten mahnten die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Januar 2010 die Beklagten wegen Patentverletzung ab. Unter dem 5. Februar 2010 gaben die Beklagten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Die Anerkennung weiterer Pflichten lehnten sie ab.

Beide Parteien haben gegenseitig die Vorlage einer Prozessvollmacht im Original gefordert. Dem sind die anwaltlichen Vertreter der Kläger und der Beklagten jeweils mit Schriftsatz vom 13. Juli 2010 nachgekommen, wobei die Kläger der Auffassung sind, die Vollmacht sei nur für die Beklagte zu 1) ordnungsgemäß nachgewiesen.

Die Kläger behaupten, im Rahmen eines Testkaufs am 22. Januar 2010 in dem Ladenlokal der Beklagten zu 1) in A Haarspangen erworben zu haben, die von der technischen Lehre des Schutzanspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machten. Die Haarspangen seien in Päckchen à 12 Stück verkauft worden. Insgesamt seien ca. 200 Stück vorrätig gewesen. Die Quittung für die hier streitgegenständlichen Haarspangen sei auf eine Fa. B ausgestellt worden, die ein Kooperationspartner der Prozessbevollmächtigten der Kläger sei. Die Testkäuferin C habe diesen Namen verwendet, um die Kanzlei der Prozessbevollmächtigten nicht zu offenbaren.

Die Kläger beantragen,

wie erkannt mit der Maßgabe, dass in Antrag zu Ziffer I. für den gesamten Betrag Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2010 begehrt werden.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, dass sie zu keinem Zeitpunkt Haarspangen verkauft hätten, die die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters verwirklichten. Derartige Haarspangen seien von anderen chinesischen Händlern in A vertrieben worden wie die D GmbH und die Fa. E. Sie selbst verkaufe nicht in Großpackungen, sondern immer nur einzeln und in kleinen Gesamtstückzahlen.

Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 29. April 2010 aufgrund des Wohnsitzes der Kläger in Südafrika die Einrede der fehlenden Prozesskostensicherheit (§ 110 ZPO) erhoben. Hierauf ist den Klägern durch Beschluss vom 19. August 2010 aufgegeben worden, Sicherheit wegen der Prozesskosten in Höhe von 7.500,00 € bis zum 20. Oktober 2010 zu leisten. Dieser Aufforderung sind die Kläger nachgekommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 09. November 2010. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 04. Januar 2011 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.
Die Parteien sind sämtlich ordnungsgemäß anwaltlich vertreten und damit postulationsfähig (§ 78 Abs. 1 S. 1 ZPO). Die Voraussetzungen des § 80 ZPO sind erfüllt. Insbesondere ist die Rechtsanwältin F vom Beklagten zu 2) bevollmächtigt. Dies ergibt sich spätestens aus der vorgelegten Prozessvollmacht, die auf den 16. August 2010 datiert ist und auf den Namen des Beklagten zu 2) ausgestellt und von ihm unterschrieben ist.

II.
Die Kläger haben einen Anspruch auf Zahlung von 4.419,30 € gegen die Beklagten gemäß §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB.

Die Kläger haben einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abmahnung. Abmahnkosten sind nach den Regeln über die Geschäftsführung erstattungsfähig, da eine Abmahnung auch im Interesse des Schutzrechtsverletzers liegt. Durch eine Abmahnung kann ein für den Verletzer kostspieliger Rechtsstreit vermieden werden (BGH, NJW 1970, 243 (245) – Fotowettbewerb). Die Kosten der Abmahnung liegen im Interesse des Verletzers und sind somit erstattungsfähig, wenn die Abmahnung begründet und unentbehrlich war. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn eine Schutzrechtsverletzung vorliegt und der Schutzrechtsinhaber einen Unterlassungsanspruch hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, hat in ihrem Ladenlokal in A Haarspangen vertrieben, die die technische Lehre des Klagepatents verletzen. Dies steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest.

Die Zeugin Frau D hat in sich schlüssig und widerspruchsfrei bekundet, sie habe die streitgegenständlichen Haarspangen bei der Beklagten zu 1) erworben. Sie hat den Kaufvorgang detailreich und lebhaft und somit glaubhaft wiedergeben können. Insbesondere kann sie sich an die Inneneinrichtung des Ladenlokals erinnern, welches im Vergleich zu den anderen Geschäften relativ leer gewesen sei. Darüber hinaus sind ihr von ihr so bezeichnete Mexikanerhüte, die von der Beklagten zu 1) angeboten wurden, in Erinnerung geblieben. Auch den Kauf als solchen konnte die Zeugin Frau D detailreich und überzeugend wiedergeben. Hier ist insbesondere die „Nachzahlung“ der Mehrwertsteuer der Zeugin in Erinnerung geblieben, die erst in Rechnung gestellt geworden sei als die Zeugin nach einem Beleg verlangt habe. Diese Vorgehensweise hatte sie zum Zeitpunkt des Kaufes verwundert. Ferner habe sie die Haarspangen in einer Packung mit 12 Stück erworben. Die Verkäuferin sei eine auffallend kräftig gebaute Frau mit asiatischen Zügen gewesen. Darüber hinaus sei sie gebeten worden, den Rechnungsempfänger selbst einzutragen, wobei die Zeugin eine Firma angegeben habe, die ihren Sitz unter derselben Adresse wie die Prozessbevollmächtigten der Kläger habe. Den Namen dieser Firma konnte die Zeugin aus ihrer Erinnerung wiedergeben und deckt sich mit dem auf dem Beleg eingetragenen Namen, der ihr zum Zeitpunkt dieser Aussage nicht vorgelegen hat. Die Zeugin Frau D hat zudem ihre Handschrift auf dem Beleg wiedererkannt.
Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es sich bei dem Geschäft, in dem die Zeugin Frau D die streitgegenständlichen Haarspangen erworben hat, um das Geschäft der Beklagten zu 1) handelt. Dies ergibt sich vor allem schon aus dem bereits erwähnten Kaufbeleg (Anlage K 9), auf dem die Beklagte zu 1) oben links eindeutig als Aussteller genannt ist und den auch die Zeugin der Beklagten Frau G erkannt hat. Insoweit verfangen daher auch nicht die Angaben der Beklagten zu 1), dass sie zum Zeitpunkt des Testkaufs ein Geschäft im Erdgeschoss unterhalten habe. Die Zeugin Frau D hat zwar angegeben, dass sie den Einkauf im 2. Obergeschoss getätigt hat. Jedoch lässt der Kaufbeleg die Beklagte zu 1) als Vertragspartnerin unzweifelhaft erkennen.
Anhaltspunkte gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin sind nicht ersichtlich. Zwar steht die Zeugin als ehemalige Mitarbeiterin der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Kläger den Klägern nahe. Dies trübt aber nicht ihre Glaubwürdigkeit. Zum einen ist sie in der Kanzlei nicht mehr beschäftigt, sodass dieses Näheverhältnis nicht mehr besteht, und zum anderen hat sie kein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens.

Das Vorbringen der Beklagten, dass sie die streitgegenständlichen Haarspangen zu keinem Zeitpunkt vertrieben hätten, ist somit zur Überzeugung des Gerichts widerlegt. Insoweit verfängt auch die Aussage der Zeugin der Beklagten Frau G nicht und kann die Überzeugung des Gerichts nicht erschüttern. Sie gibt an, dass sie sich an den Kauf nicht erinnern könne, da sie mit sehr vielen Kunden zu tun habe. Ferner hätten sie zum Zeitpunkt des Testkaufs nur zwei verschiedene Arten von Haarschmuck à 1,00 € im Sortiment gehabt, bei denen es sich aber um andere Produkte gehandelt habe, nämlich einen einfachen Haarkamm zum Klemmen und Haarteile. Anhand des Beleges könne sie erkennen, dass es sich bei dem Kauf um eines der beiden Produkte gehandelt haben müsse. Sie gibt selbst an, dass sie ein ständig wechselndes Sortiment im Geschäft hätten, sodass es vor diesem Hintergrund wenig glaubhaft erscheint, sich an das Sortiment von vor ca. einem Jahr genau zu erinnern. Diese Haarkämme seien ebenfalls in Packungen à 12 Stück angeboten worden, wobei es einfarbige und gemischtfarbige Packungen gegeben haben soll. Die Zeugin Frau D habe eine Packung mit gemischten Farben erworben. Diese Aussage steht in eindeutigem Widerspruch zu der Aussage, dass sie sich an den Kauf und an die Zeugin Frau D nicht erinnere. Die Farben der erworbenen Haarspangen lassen sich nicht aus dem Kaufbeleg herleiten, sodass sich die Zeugin Frau G entweder entgegen ihrer eigenen Aussage an den Testkauf erinnert oder er in der von ihr geschilderten Art und Weise gar nicht stattgefunden hat, wobei von letzterem auszugehen ist. Die Zeugin Frau G bekundete, dass sie ihre Handschrift auf dem Kaufbeleg wiedererkennen würde. Dies steht aber im Widerspruch zu der Aussage der Zeugin Frau D, die angegeben hat, dass die Verkäuferin von kräftiger Statur gewesen sei, was auf die Zeugin Frau G augenscheinlich nicht zutrifft. Es ist daher davon auszugehen, dass die Zeugin Frau G nicht die von ihr behaupteten Haarkämme verkauft hat, sondern den Verkauf eine andere Person abgewickelt hat.

Dass diese Haarspangen sämtliche Merkmale des Anspruchs des Klagepatents verwirklichen, steht außer Frage.

Die Abmahnung war darüber hinaus auch nicht unentbehrlich war. Entbehrlich ist eine Abmahnung allenfalls dann, wenn der Schuldner bereits durch andere Gläubiger abgemahnt worden ist (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Auflage, § 12, Rn. 1.81). Dies ist hier nicht der Fall.

Auch der Höhe nach ist der Anspruch der Klägerin vollumfänglich gegeben. Die Höhe des Aufwendungsersatzes setzt die Erforderlichkeit der Aufwendungen voraus. Dies bestimmt sich nach den Verhältnissen des jeweiligen Gläubigers (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Auflage, § 12, Rn. 1.93). Anwaltskosten werden ersetzt, wobei in der Regel eine Geschäftsgebühr oberhalb von 1,3 gerechtfertigt ist, sodass hier die Geschäftsgebühr von 1,3 nicht zu beanstanden ist. Die Erhöhung für mehrere Auftraggeber um 0,3 ergibt sich aus VV-Nr. 1800. Der Geschäftswert richtet sich nach dem Hauptsacheverfahren (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Auflage, § 12, Rn. 1.94). Der Gegenstandswert ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Streitwertangabe des Klägers kommt überragendes Gewicht bei, es sei denn, es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der angegebene Streitwert offensichtlich zu hoch oder zu niedrig angesetzt worden ist. In der Regel ist es geboten, an dem vom Kläger angegeben Streitwert festzuhalten (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn. 1532). Der in der Abmahnung angegebene Gegenstandswert von 100.000,00 € erscheint weder zu hoch noch zu niedrig angesetzt. Gegenstand der Abmahnung war u.a. das Unterlassungsbegehren. Entscheidend für die Bestimmung des Gegenstandswerts ist, mit welchen Nachteilen der Kläger bei einer Fortsetzung des beanstandeten patentverletzenden Verhaltens rechnen muss. Dies hat zur Folge, dass nicht der bereits entstandene Schaden, der durch bereits begangene Verstöße entstanden ist, maßgebend ist. Es ist vielmehr das wirtschaftliche Interesse an einer Abwehr der mit weiteren Verstößen verbundenen Nachteile ausschlaggebend (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn.1531). Hierfür sind die Restlaufzeit des Patents und die Verhältnisse des Klägers (Umsatz, Größe und Marktstellung) von Bedeutung. Vor diesem Hintergrund erscheint der Gegenstandswert angemessen. Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer Priorität aus dem Jahr 2005 im Jahr 2006 angemeldet, sodass die Restlaufzeit des Klagepatents noch erhebich ist. Auch haben die Kläger dargelegt, dass sie die patentgemäßen Haarspangen weltweit mit großen Umsätzen vertreiben. Die Haarspangen, die sie vertreiben, werden für ca. 10,00 € angeboten, während die patentverletzenden Produkte oftmals – wie auch hier – zu einem deutlich niedrigeren Preis von1,00 € angeboten werden, sodass den Klägern große Umsatzverluste durch den Vertrieb der deutlich günstigeren Nachahmungen drohen.
In Patentsachen sind auch die Kosten eines eingeschalteten Patentanwalts erstattungsfähig. Die Doppelvertretung entspricht dem Willen des Gesetzgebers (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn. 409, 412).

Die Kosten des Testkaufs und der weiteren Ermittlungen sind als Aufwendungen ebenfalls vollumfänglich begründet. Aufwendungen im Sinne des § 670 sind alle freiwilligen Vermögensopfer, die der Auftragnehmer zum Zweck der Ausführung des Auftrags macht (Palandt-Sprau, BGB, 70. Auflage, § 670, Rn. 3). Auch die Kosten, die mit der Abmahnung verbunden sind, sind Aufwendungen, die dem mutmaßlichen Willen des Verletzers entsprechen, da eine Abmahnung einen Rechtsstreit verhindern kann und so im Interesse des Verletzers steht (Palandt-Sprau, BGB, 70. Auflage, § 683, Rn. 6). Der Testkauf hat die Verletzung und deren Umfang aufgedeckt und so eine Abmahnung erst möglich gemacht. Die entsprechenden Kosten sind daher zur Abmahnung zählende freiwillige Vermögensopfer der Kläger und daher als Aufwendungen gemäß §§ 683, 670 BGB erstattungsfähig.

III.
Weiterhin haben die Kläger gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG, weil die Beklagten die Patentverletzung schuldhaft begingen. Als Zwischenhändlerin, die im Bereich des Haarschmuck tätig ist, hätte die Beklagte zu 1) die Patentverletzung und die fehlende Berechtigung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass den Klägern als Inhaber des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Der Beklagte zu 2) haftet als Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Kläger derzeit nicht in der Lage sind, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

IV.
Den Klägern steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Kläger in die Lage versetzt werden, den ihnen zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Kläger sind im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügen, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Hinsichtlich etwaiger nichtgewerblicher Abnehmer ist der Anspruch um den Wirtschaftsprüfervorbehalt von Amts wegen zu ergänzen (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheibenbefestiger; Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Auflage, Rn. 438).

V.
Schließlich haben die Kläger gegen die Beklagten einen Anspruch auf Vernichtung der angegriffenen Ausführungsform aus § 140a Abs. 1 PatG. Die für den Vernichtungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen des § 140a Abs. 1 PatG liegen vor. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Beklagten weiterhin im Besitz der angegriffenen Ausführungsform sind. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass sich die fraglichen Haarspangen im Ladenlokal der Beklagten zu 1) zum Zeitpunkt des Testkaufes befunden haben. Einen nachträglichen Wegfall von Eigentum oder Besitz an den streitgegenständlichen Haarspangen haben die Beklagten nicht vorgetragen.

VI.
Der Zinsanspruch hinsichtlich des Antrags zu Ziffer I. besteht nur für den Betrag in Höhe von 4.372,80 € seit dem 5. Februar 2010. Nur dieser Betrag ist mit der Abmahnung eingefordert worden. Die weiteren geltend gemachten Kosten sind erst nach der Abmahnung entstanden, sodass der Zinsanspruch erst ab Rechtshängigkeit nach § 291 BGB gegeben ist. Auch war klarzustellen, dass der Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz den Klägern zusteht.

VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.