4b O 215/08 – Lysin (2)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2264

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 4. Oktober 2011, Az. 4b O 215/08

Rechtsmittelinstanz: 2 U 99/11

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

L-Lysin in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, das

mittels eines Verfahrens hergestellt wurde, welches das Kultivieren eines Bakteriums der Gattung Escherichia, das DNA enthält, die für eine Dihydrodipicolinatsynthase (DDPS) aus einem Bakterium der Gattung Escherichia kodiert, die eine Mutation hat, die aus einem Austausch des Histidinrestes 118 gegen einen Tyrosinrest, gezählt vom N-Terminus der Aminosäuresequenz der in Sequenz ID NO:3 des Sequenzprotokolls definierten Dihydrodipicolinatsynthase, besteht, in einem geeigneten Medium umfasst;

2. den Klägerinnen unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26. Februar 2005 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei sämtliche Angaben gegenüber der Klägerin zu 2) erst ab dem 5. Dezember 2006 zu machen sind,

wobei die Angaben zu den Einkaufspreisen sowie den Verkaufsstellen nur für die Zeit seit dem 1. September 2008 zu machen sind und

wobei die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu lit. a) und b) die entsprechenden Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

2. das gemäß dem unter Ziffer I. 1. beschriebenen Verfahren hergestellte L-Lysin gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den durch das Urteil der Kammer vom heutigen Tage gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, gegebenenfalls bereits gezahlte Kaufpreise bzw. sonstige Äquivalente zu erstatten, sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten und mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen, soweit die Erzeugnisse nach dem 30. April 2006 angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht, oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen wurden,

wobei diese Verpflichtung gegenüber der Klägerin zu 2) erst für Erzeugnisse besteht, die nach dem 5. Dezember 2005 angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht, oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen wurden.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind,

1) der Klägerin zu 1) allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 26. Februar 2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,

2) der Klägerin zu 2) allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 05. Dezember 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits verteilen sich wie folgt:
Die Beklagten haben 37/40 der Gerichtskosten und eigenen außergerichtlichen Kosten, 19/20 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) und 18/20 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) zu tragen. Die Klägerin zu 1) hat 1/40 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und 1/20 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Die Klägerin zu 2) hat 2/40 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und 2/20 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerinnen jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,00 €. Die Klägerinnen dürfen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

TATBESTAND

Die in Japan geschäftsansässige Klägerin zu 1) ist eingetragene Inhaberin des unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 8. Dezember 1993 (JP 30839XXX) am 28.11.1994 angemeldeten europäischen Patents 0 733 XXX (nachfolgend: Klagepatent, Anlage K A 12), dessen Erteilung am 26. Januar 2005 veröffentlicht worden ist. Als Vertragsstaat ist unter anderem die Bundesrepublik Deutschland benannt. Der deutsche Teil des in englischer Verfahrenssprache abgefassten Klagepatents ist unter dem Aktenzeichen DE 694 34 XXX (Anlage K A 13) veröffentlicht.
Gegenüber einer Abnehmerin der Beklagten, der D AG in Hamburg, hat die Kammer mit Urteil vom 03. November 2009 (Aktenzeichen 4b O 187/09) die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung im Wesentlichen zugesprochen. Das OLG Düsseldorf hat die hiergegen gerichtete Berufung sowie die Anschlussberufung der Klägerin zu 2) mit Urteil vom 28. April 2011 (Aktenzeichen I- 2 U 148/09) ganz überwiegend zurückgewiesen.

Das Klagepatent, welches ein Verfahren zur Herstellung von L-Lysin (nachfolgend: Lysin) durch Fermentation betrifft, steht in Kraft. Das Bundespatentgericht hat die gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage (3 Ni 22/08(EU)) mit Urteil vom 16. September 2009 abgewiesen. Über die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zu 1) und 2) hat der Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden. Mit Beschluss vom 29. Juni 2010 hat der Bundesgerichtshof im Hinblick auf eine für erforderlich erachtete Einholung eines Sachverständigengutachtens den Beklagten zu 1) und 2) die Einzahlung eines Kostenvorschusses aufgegeben.

Die im vorliegenden Rechtsstreit in Kombination geltend gemachten Ansprüche 12, 11 und 1 des Klagepatents lauten in der deutschen Übersetzung wie folgt:

„12. Verfahren zur Herstellung von L-Lysin, welches das Kultivieren eines Bakteriums der Gattung Escherichia nach einem der Ansprüche 2 bis 11 in einem geeigneten Medium umfasst.

11. Bakterium der Gattung Escherichia, das die DNA nach Anspruch 1 enthält.

1. DNA, die für eine Dihydrodipicolinatsynthase aus einem Bakterium der Gattung Escherichia kodiert, die eine Mutation hat, die aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus einem Austausch des Alaninrestes 81 gegen einen Valinrest, einem Austausch des Histidinrestes 118 gegen einen Tyrosinrest und einem Austausch des Alaninrestes 81 gegen einen Valinrest und des Histidinrestes 118 gegen einen Tyrosinrest, gezählt vom N-Terminus der Aminosäuresequenz der in Sequenz ID NO:3 des Sequenzprotokolls definierten Dihydrodipicolinatsynthase, besteht.“

Wegen der weiteren „insbesondere“ geltend gemachten Patentansprüche 2, 3 und 4 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Die Klägerin zu 2) ist eine in Frankreich ansässige Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1). Die Klägerinnen schlossen am 14. September 1994 ein in englischer Sprache verfasstes „Licence Agreement“ (Anlage K 34a, nachfolgend: Lizenzvertrag), mit welchem die Klägerin zu 1) der Klägerin zu 2) eine ausschließliche Herstellungs- und Vertriebslizenz für die im dortigen Appendix 3 aufgelisteten Patente einräumte. Hierzu heißt es in Artikel 2 des Lizenzvertrages in der deutschen Übersetzung wie folgt:

„(A) A erteilt B hiermit für die Laufzeit dieses Vertrages ein nicht übertragbares und ausschließliches Recht und eine nicht übertragbare und ausschließliche Lizenz – oder das Recht zur Erteilung von unter Lizenzen – zur Herstellung, zur Nutzung und zum Vertrieb des PRODUKTS in dem VERTRAGSGEBIET gemäß den PATENTEN … und/oder dem KNOW-HOW nach Maßgabe der in Art. 2 (B) und (C) festgelegten Bestimmungen.

(B) …

(C) Falls B nicht in der Lage ist, die Nachfrage nach dem PRODUKT in dem VERTRAGSGEBIET zu decken, ist A nach ihrer Wahl berechtigt, das PRODUKT über ihn das VERTRAGSGEBIET aufzuhören.“

Das „VERTRAGSGEBIET“ umfasst gemäß Art. 1 (A) des Lizenzvertrages die in Anlage 2 des Vertrages aufgeführten Länder, zu denen u. a. die Bundesrepublik Deutschland gehört. Das „PRODUKT“ ist in der Vorbemerkung des Lizenzvertrages als „L-Lysin Monohydrochlorid Feed Grade, ELL-28 und ELL-60“ bezeichnet und in Anlage 1 zum Vertrag definiert. Der Begriff „PATENTE“ ist in Art. 1 (B) des Lizenzvertrages in der deutschen Übersetzung wie folgt definiert:

„Der Begriff „PATENTE“ bedeutet diejenigen Patente und Patentanmeldungen, die A derzeit in dem VERTRAGSGEBIET in Bezug auf das PRODUKT besitzt oder kontrolliert oder zu einem späteren Zeitpunkt besitzen oder kontrollieren kann und die in der beigefügten und zum Bestandteil dieses Vertrages gemachten Anlage 3 aufgeführt sind oder auf Verlangen BS aufgeführt werden können, und umfasst ebenfalls alle Patente, die A auf solche Patentanmeldungen hin erteilt werden.“

Der Lizenzvertrag, der nach seinem Art. 18 französischem Recht unterliegt, sieht in Art. 6 eine von der Klägerin zu 2) zu zahlende Umsatzlizenz vor. Außerdem enthält er Regelungen für den Fall einer Verletzung der lizenzierten Patente. Hierzu heißt es in Art. 11 des Lizenzvertrages in der deutschen Übersetzung auszugsweise:

„Vereinbaren A und B die Erhebung einer Schadensersatzklage wegen Verletzung der PATENTE, so wird die Klage durch A eingereicht und B leistet die für die wirksame Rechtsverfolgung im Zusammenhang mit einer solchen Klage erforderliche Unterstützung; alle Kosten sowie die zuerkannte Entschädigungssumme werden zu gleichen Teilen zwischen den Vertragsparteien geteilt.
Wünscht B allein eine Klageerhebung gegen den Verletzer, so stellt A alle erforderlichen Unterlagen und Vollmachten zur Verfügung. Alle im Zusammenhang mit einer solchen Klage entstehenden Kosten werden ausschließlich von B getragen und die zuerkannte Entschädigungssumme steht in voller Höhe B zu.“

Mit einem ebenfalls in englischer Sprache verfassten „Memorandum“ vom 25. Juni 2008 (Anlage K 34b; deutsche Übersetzung Anlage K 40) änderten die Klägerinnen den Lizenzvertrag vom 14. September 1994 mit Wirkung zum 5. Dezember 2006 ab; u. a. wurde der ursprüngliche Appendix 3 zum Lizenzvertrag durch einen neuen Appendix 3 (Anhang 1 zum Memorandum) ersetzt, in welchem erstmals das Klagepatent aufgeführt ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Lizenzvertrages vom 14. September 1994 und des Memorandums vom 25. Juni 2008 wird auf die von den Klägerinnen zur Akte gereichten Vertragsablichtungen nebst den überreichten deutschen Übersetzungen Bezug genommen.

Unter dem Datum des 25. August 2010 schlossen die Klägerinnen eine weitere, in englischer Sprache verfasste und mit „Licence Agreement“ überschriebene Vereinbarung (Anlage K 41). In dieser heißt es in der deutschen Übersetzung auszugsweise:

„1. Dieser Lizenzvertrag stellt den bestehenden Lizenzvertrag, geändert durch das Memorandum, hinsichtlich des Gebiets Deutschlands klar und ergänzt ihn. Die Bestimmungen dieses Vertrages verdrängen abweichende oder entgegen stehende Bestimmungen des bestehenden Lizenzvertrages und des Memorandums.

2. In Klarstellung von Artikel 1 (B) des bestehenden Lizenzvertrages wird die von C B erteilte exklusive Lizenz an dem deutschen Teil der Europäischen Patente EP 0 733 XXX (DE 694 34 XXX) EP 0733 XXX (DE 69429 XXX) und EP 0 796 XXX (DE 695 34 XXX) rückwirkend gültig ab dem Datum der Patenterteilung.

3. In Klarstellung von Art. 11 des bestehenden Lizenzvertrages sollen A und B auch dazu berechtigt sein sollen, Verletzungsverfahren parallel oder gemeinsam anzustrengen. Sie sind beide berechtigt, alle gesetzlichen Ansprüche wegen Patentverletzung geltend zu machen, insbesondere die Ansprüche auf Unterlassung und für Schadensersatz.

5. Dieser Lizenzvertrag unterliegt deutschem materiellem Recht und ist gemäß diesen Rechts auszulegen. Die Anwendung der Vorschriften des Kollisionsrechts ist ausgeschlossen.“

Die Klägerin zu 1) behielt sich für den Fall, dass die Klägerin zu 2) den Bedarf von Lysin im Vertragsgebiet nicht decken kann, das Recht vor, von ihr selbst hergestelltes Lysin in das betreffende Gebiet zu liefern (Art. 2 (C) des Lizenzvertrages). Die Parteien vereinbarten zudem eine Umsatzlizenz (Art. 6 des Lizenzvertrages) und stellten Regelungen für den Fall einer Verletzung eines lizensierten Rechtes auf (Art. 11 des Lizenzvertrages). Wegen des weitergehenden Inhalts und des konkreten Wortlauts des Lizenzvertrages, des Memorandums und des Appendix 3 wird auf die hiervon überreichten Kopien Bezug genommen.

Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um ein chinesisches Unternehmen, das auf den Cayman Islands eingetragen ist, seine Hauptverwaltung und seinen Geschäftssitz unter der im Rubrum angegebenen Adresse hat. Die Beklagte zu 3), ein Tochterunternehmen der Beklagten zu 1) stellt eine große Palette von Produkten her, darunter auch Aminosäuren und vertreibt diese u.a. über die Beklagte zu 2). Zu der Produktpalette gehört L-Lysin. Im Jahre 2005 teilte die Beklagte zu 1) in einer Mitteilung gegenüber einem Analysten (Anlage K 6) und in einer Pressemitteilung (Anlage K 5) mit, dass bei der Herstellung ihres Lysins ein neuartiger Stamm von Mikroorganismen zum Einsatz kommt, was mit verschiedenen Vorteilen verbunden sei. In der Folgezeit führten und führen die Parteien in den Niederlanden, Belgien und Polen Rechtsstreitigkeiten, die das Klagepatent zum Gegenstand haben.

In den Niederlanden wurde Anfang 2006 von den Klägerinnen ein Besichtigungsverfahren eingeleitet, welches von der D AG (Partei des abgetrennten Verfahrens 4b O 187/09) in die Niederlande geliefertes Lysin betraf, das von den Beklagten hergestellt und vertrieben worden war. Die aus dem besichtigten Lysin genommenen Proben wurden von dem niederländischen E Institut (Anlage K 22, deutsche Übersetzung K 22a) untersucht. Gestützt auf diese, auf den 26. Juni 2006 datierende Analyse erkannte das Gericht ´s Gravenhage mit Urteil vom 22. August 2007 (Anlage K 4) auf eine Verletzung des Klagepatents in den Niederlanden. Mit Urteil vom 29. März 2011 (Anlage K 48a) wies der Gerichtshof in Den Haag die Berufung u.a. der Beklagten zurück und bestätigte die Verletzung und den Rechtsbestand des Klagepatentes.
In Belgien ordnete im Frühjahr 2008 das Handelsgericht Antwerpen eine Besichtigung bzw. Beschlagnahme der Lager-/Büroräume der D Benelux N.V. sowie eines von der D AG genutzten Lagerhauses der Firma F an. Der gerichtliche Sachverständige stellte in seinem Bericht vom 4. August 2008 (Anlage K 2, deutsche Übersetzung Anlage K 2b) hierzu fest, dass ein erheblicher Teil des in dem Lagerhaus der Firma F befindlichen Lysins im Eigentum der D AG stand und für den Transport nach Deutschland bestimmt war. Beides bestätigte die D AG im Rahmen eines Schriftsatzes, mit dem sie aus eben diesen Gründen eine Aufhebung der Beschlagnahme begehrte (Schriftsatz vom 6. Juni 2008, Anlage K 17, deutsche Übersetzung K 17a). Als Herstellerin eines Großteils des beschlagnahmten Lysins ermittelte der gerichtliche Sachverständige die Beklagten zu 1) und 2). Proben des aufgefundenen Lysins ließ der gerichtliche Sachverständige durch das Institut G BV (deutsche Übersetzung Anlage K 16a) untersuchen. Die Untersuchung veranlasste den gerichtlichen Sachverständigen zu der Schlussfolgerung, dass für die Herstellung aller (bis auf eine) Proben ein E.coli-Stamm eingesetzt wurde, der ein mutiertes dapA-Gen enthält.
Im Auftrag der Klägerinnen wurden in Deutschland zwei Säcke à 25 kg Lysin erworben (Anlage K 9). Diese Säcke wurden an einen deutschen Abnehmer, die H I GmbH, geliefert. Auf diesen Säcken wird die Beklagte zu 3) als Herstellerin genannt. Darüber hinaus findet sich ein Hinweis auf die Homepage der Beklagten zu 1) (www.J.com). Beide Säcke weisen die Chargennummer 01061031XXX auf. Der niederländische Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen, Herr K L, leitete die beiden Säcke an das niederländische Testinstitut E in M in den Niederlanden weiter, welche unter dem 10. September 2008 (Anlage K 10a) einen Untersuchungsbericht erstellte. Die Klägerinnen ließ diesen Untersuchungsbericht durch Herrn Prof. N O, den Leiter des Instituts für Biochemie an der Universität P, erläutern (Anlage K 11).

Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Analyse des Instituts E der aus diesen Säcken gezogenen Proben belege, wie der Untersuchungsbericht vom 10. September 2008 (Anlage K 10, deutsche Übersetzung Anlage K 10a) zeige, eine Verwirklichung des Klagepatents. Die dortigen Experimente 1 und 2 hätten sichtbar gemacht, dass in den untersuchten Lysinproben DNA des Bakteriums Escherichia Coli (im folgenden: E.coli) vorhanden sei, die für einen Teil des Dihydrodipicolinatsynthase (nachfolgend: DDPS) Enzyms kodiert sei, und bei der der Histidinrest an der Position 118 gegen einen Tyrosinrest ausgetauscht worden sei. Es sei mithin in dem Lysin DNA einer anspruchsgemäßen Mutation des E.coli Bakteriums gefunden worden. Dies folge auch aus dem Privatgutachten von Prof. Dr. O vom 11. September 2009 (Anlage K 11), welches die von dem Institut E durgeführten analytischen Experimente im Einzelnen erläutere sowie deren Richtigkeit bestätige. Die Beklagten zu 1) bis 3) seien passivlegitimiert. Für die Beklagten zu 1) und 3) ergebe sich dies auf Grund ihrer Benennung auf den in Deutschland erworbenen Säcken mit Lysin. Die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2) ergebe sich auf Grund des – unstreitigen -Umstandes, dass diese auf Rechnungen, welche an ein deutsches Unternehmen, die D AG, gesandt wurden und L-Lysin zum Gegenstand haben, als Absender genannt werde.

Die Klägerinnen beantragen, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2011 die ursprünglich geltend gemachten Ansprüche auf Urteilsveröffentlichung und Vernichtung zurückgenommen haben, den Rückrufanspruch ebenso zeitlich beschränkt haben wie den Rechnungslegungs- und Auskunftsanspruch und den Schadenersatzfeststellungsanspruch sowie den Rückrufanspruch für die Klägerin zu 2)

wie zuerkannt,
wobei sie hinsichtlich des Rechnungslegungsanspruchs zu Ziffer I.2.e) zusätzlich beantragt haben, dass die dort geforderten Auskünfte denjenigen Gewinn betreffen, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, und auch Auskunft der Beklagten zu 3) über Herstellungsmengen und –zeiten begehren.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des Klagepatents gerichtete Nichtigkeitsklage auszusetzen,

sowie weiter hilfsweise den Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerinnen.
Die Beklagten sind ferner der Ansicht, die Klägerinnen hätten eine Verletzungshandlung ihrerseits nicht substantiiert vorgetragen. Insbesondere finde sich eine irgendwie geartete Verbindung zwischen den in der Abbildung K 9 gezeigten Säcken und der Beklagten zu 2) nicht.
Die Beklagten meinen des Weiteren, die Klägerinnen hätten eine Verletzung des Klagepatents nicht schlüssig vorgetragen. Die Vorlage des Analyseberichts des Instituts E vom 10. September 2008 (Anlage K 10a) genüge nicht. Es handele sich lediglich um eine Analyse des Endprodukts. Damit sei eine Aussage über das Herstellungsverfahren des Lysins nicht möglich. Soweit in dem Bericht die Feststellung getroffen werde, dass in den untersuchten Proben DNA von Bakterien der Gattung E.coli aufgefunden worden sei, sei die Herkunft des Bakteriums völlig unklar. Der Bericht schließe nicht aus, dass es sich um eine bloße Verunreinigung handele. Das Institut E habe es außerdem unterlassen, zu untersuchen, ob in der Probe etwa auch DNA des Corynebakteriums enthalten sei. Erheblich mit Lücken behaftet sei darüber hinaus der Vortrag der Klägerinnen, dass in der Probe eine DNA mit den spezifischen Mutationen des E. coli Bakteriums gefunden worden sei. Aus dem allenfalls relevanten Analysebericht des Instituts E vom 26. Juni 2006 (Anlage K 22a) lasse sich eine Verwirklichung des Klagepatents ebenso wenig ableiten. Ihm stünde dieselbe Kritik entgegen. Die Identität des angeblich zur Herstellung des Lysins verwendeten Organismus sei nicht nachgewiesen. Die Klägerinnen verfügten – unstreitig – nicht über eine vollständige DNA dieses Organismus. Der Testbericht sage auch nichts darüber aus, in welcher Menge dieser Organismus in den Proben vorhanden war und ob nicht zusätzliche weitere Organismen vorgefunden worden sind. Darüber hinaus hätten die Klägerinnen nicht berücksichtigt, dass das von ihnen getestete Lysin nichtfunktionale DNA-Sequenzen enthalte. Der EuGH habe in seiner Entscheidung „Monsanto/Cefetra“ jedoch einen Patentschutz für eine DNA-Sequenz ohne eine funktionale Angabe abgelehnt. Überdies stelle Lysin nicht das unmittelbare Verfahrenserzeugnis dar.
Der Rechtsstreit sei jedenfalls auszusetzen. Auch wenn das Bundespatentgericht erstinstanzlich das Klagepatent aufrechterhalten hat, bestünden die Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Klagepatents unverändert fort. Dies zeige sich insbesondere daran, dass der Bundesgerichtshof die Einholung eines Sachverständigengutachtens beabsichtige.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zulässige Klage ist – soweit noch über sie zu entscheiden war – ganz überwiegend begründet. Es ist festzustellen, dass das von den Beklagten in Deutschland vertriebene Lysin nach einem Herstellungsverfahren hergestellt ist, das von den Merkmalen des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht. Die Beklagten sind deshalb zur Unterlassung, Auskunft- und Rechnungslegung und zum Rückruf verpflichtet. Festzustellen war überdies ihre Schadenersatzpflicht. Ein Anlass, den Rechtsstreit auszusetzen, besteht nicht.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Lysin durch Fermentation sowie DNAs und Mikroorganismen, die für dieses Herstellungsverfahren eingesetzt werden können.

Lysin ist eine essentielle Aminosäure, mithin ein Proteinbaustein, den tierische Organismen für ihr Wachstum und die Wiederherstellung von Gewebe benötigen. Da Lysin nicht im tierischen Körper selbst erzeugt werden kann, sondern in Pflanzen und Mikroorganismen aus Asparaginsäure biosynthetisiert wird, bedarf es der Zufuhr dieser Aminosäure, was vorzugsweise über die Nahrung geschieht. Lysin findet deshalb Verwendung in Tierfutter und ist, da es sich um eine so genannte limitierende Aminosäure handelt, deren Mengenanteil in der Nahrung die Fähigkeit des Tieres Proteine zu synthetisieren begrenzt, ein entscheidendes Qualitätskriterium des Tierfutters. Die industrielle Herstellung von Lysin hat infolge dessen große Bedeutung erlangt.

Industriell wird Lysin mittels Fermentationsverfahren hergestellt. Hierbei werden Rohstoffe wie Glukose in einen Fermentationsbehälter gefüllt, in dem dann durch Einsatz von spezifischen Mikroorganismen durch den Metabolismus des Mikroorganismus Lysin erzeugt wird. Diese Biosynthese besteht aus verschiedenen chemischen Umwandlungsschritten. Als Mikroorganismen können Bakterien zum Einsatz kommen, wobei sowohl natürliche Bakterienstämme als auch künstliche Mutantenstämme verwendet werden können. Von letzteren waren, wie das Klagepatent im Einzelnen erläutert, eine große Anzahl bekannt. Sie gehören zur Gattung Brevibakterium, Corynebakterium, Bacillus oder Escherichia.

Wird im Rahmen eines Fermentationsprozesses ein E.coli Bakterium eingesetzt, ergibt sich der nachfolgend bildlich dargestellte Biosyntheseweg:

Bei dieser Biosynthese von Lysin kommt es zu einer so genannten Rückkopplungshemmung („Feedback Inhibition“). Damit ist der Vorgang gemeint, dass ein Endprodukt einer biochemischen Reaktionskette seinerseits einen vorangehenden Reaktionsschritt hemmt, indem es zum Beispiel mit dem für diesen Reaktionsschritt erforderlichen Enzym zusammenwirkt. Hierdurch werden die Aktivität und die Produktion des Endproduktes insgesamt gehemmt bzw. verringert. Bei der Biosynthese von Lysin mit E.coli stellt sich diese Rückkopplungshemmung bezüglich zweier Enzyme ein: Lysin inhibiert zum einen die Aktivität des Enzyms DDPS und zum anderen die Aktivität des Enzyms Aspartokinase III (nachfolgend: AKIII).

Da die Rückkopplungshemmung bei der gewerblichen Herstellung von Lysin unerwünscht ist, bietet der Stand der Technik verschiedene Wege zur Umgehung dieses Effektes. So ist beispielsweise, worauf das Klagepatent hinweist, ein Verfahren zur Herstellung von Lysin unter Einsatz eines Bakteriums der Gattung Escherichia bekannt, in das DDPS aus einem Bakterium der Gattung Corynebakterium eingeführt ist, weil dieses keiner Rückkopplungshemmung unterliegt. Nachteilig hieran ist jedoch, dass die obere Temperaturgrenze für das Wachstum von Bakterien der Gattung Corynebakterium etwa 10 Grad niedriger ist als die obere Temperaturgrenze für das Wachstum von Bakterien der Gattung Escherichia. Es besteht mithin ein erhöhter Aufwand für die Kühlung. Zudem haben diese Bakterien eine geringere Wachstumsgeschwindigkeit, eine begrenzte Lysinproduktionsgeschwindigkeit und somit eine geringere Produktionsausbeute.

Vor diesem Hintergrund hat sich das Klagepatent die Aufgabe gestellt, DDPS und AKIII aus einem Bakterium der Gattung Escherichia mit ausreichend desensibilisierter Rückkopplungshemmung durch Lysin zu erhalten und ein Verfahren zur Herstellung von Lysin durch Fermentation bereitzustellen, das im Vergleich zum Stand der Technik verbessert ist.

Zur Lösung dieses technischen Problems sieht das Klagepatent – mit den in Kombination geltend gemachten Ansprüchen 12, 11 und 1 –, eine Mutation der DNA des Gens im Bakterium E.coli vor, welches das DDPS kodiert. Dieses Gen wird dapA genannt. An diesem dapA-Gen wird eine Mutation in der Weise vorgenommen, dass bestimmte Nukleotidbasenreste der DNA gegen andere Reste ausgetauscht werden, wodurch die Rückkopplungshemmung ausgeschaltet bzw. verringert wird. In Form einer Merkmalsanalyse liest sich dies wie folgt:

1. Verfahren zur Herstellung von Lysin, welches das Kultivieren eines Bakteriums der Gattung Escherichia in einem geeigneten Medium erfasst.

2. Das Bakterium der Gattung Escherichia enthält eine DNA, die für eine DDPS aus einem Bakterium der Gattung Escherichia kodiert, die eine Mutation hat, die aus der Gruppe ausgewählt ist:

a. Austausch des Alaninrestes 81 gegen einen Valinrest,
b. Austausch des Histidinrestes 118 gegen einen Tyrosinrest
c. Austausch des Alaninrestes 81 gegen einen Valinrest und des Histidinrestes 118 gegen einen Tyrosinrest,

jeweils gezählt vom N-Terminus der Aminosäuresequenz der in Sequenz ID NO:3 des Sequenzprotokolls definierten DDPS.

II.
Die Beklagten bieten an und vertreiben auf dem deutschen Markt Lysin, welches wortsinngemäß nach der technischen Lehre des Klagepatents hergestellt worden ist.

1)
Hinsichtlich aller Beklagten ist die Passivlegitimation zu bejahen:
Die Beklagte zu 3) wird auf den in Deutschland von den Klägerinnen im Auftrag erworbenen Säcken mit L-Lysin als Herstellerin genannt. Dass die Säcke ohne ihr Wissen und Wollen in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelangt seien, hat die Beklagte zu 3) selbst nicht behauptet, so dass ihr die Vertriebshandlungen der Beklagten zu 2) – siehe unten zuzurechnen sind.
Überdies ist auch die Beklagte zu 1) für Benutzungshandlungen, welche Gegenstände der vorliegenden Klage sind, verantwortlich. Diese wird unter ihrer Internetadresse www.J.com auf den streitgegenständlichen in Deutschland erworbenen Säcken genannt, wodurch sie als Anbieterin von Lysin auftrat.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch die Beklagte zu 2) für die vorliegend geltend gemachte Patentverletzung verantwortlich. Diese wird zwar auf den genannten Säcken nicht namentlich genannt. Die Beklagten selbst haben jedoch vorgetragen, dass es sich bei der Beklagten zu 2) um ein mit der Beklagten zu 3) verbundenes Unternehmen handelt, das im Bereich des Vertriebs der von der Beklagten zu 3) hergestellten Erzeugnisse tätig ist. Wenn daher die Beklagte zu 3) als Herstellerin auf den Lysin-Säcken genannt wird und es sich bei der Beklagten zu 2) nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten um ein Unternehmen handelt, das im Bereich des Vertriebs der von der Beklagten zu 3) hergestellten Erzeugnisse tätig ist, besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Beklagte zu 2) auch für den Vertrieb der streitgegenständlichen Lysin-Säcke in Deutschland verantwortlich ist. Dass die Beklagte zu 2) gerade für den Vertrieb von Lysin in die Bundesrepublik Deutschland nicht verantwortlich sein sollte, haben die Beklagten selbst nicht vorgetragen. Dies stünde im Übrigen im Widerspruch zu den von den Klägerinnen als Anlagenkonvolut K 38 vorgelegten Rechnungen „invoice“ an die D AG, welche die Beklagte zu 2) als Rechungsausstellerin bezeichnen. In diesen Rechnungen werden verschiedene Lieferungen von Lysin an die D AG in Rechnung gestellt. Dass es sich hierbei um anders hergestelltes Lysin als dasjenige, welches in den von den Klägerinnen im Auftrag erworbenen Säcken untersuchte Lysin handeln könnte, ist nicht ersichtlich. Dies erscheint auch weder wirtschaftlich, betrieblich noch technisch sinnvoll. Es entspräche ferner auch nicht der unbestrittenen Mitteilung der Beklagten zu 1) aus dem Jahre 2005 (Anlage K 5), in der es heißt, dass der neuartige Stamm von Mikroorganismen in der zweiten Hälfte des Jahres in allen Produktionsbereichen voll zum Einsatz kommen wird. Angesichts dessen hätte es der Beklagten zu 2) oblegen, aufzuzeigen, dass das von ihr entsprechend der Nennung in den Rechnungen in Deutschland vertriebene Lysin sich in irgendeiner Weise von dem in den erworbenen Säcken befindlichen Lysin unterscheidet, was ihr angesichts der von den Klägerinnen vorgelegten Untersuchungen auch möglich gewesen wäre. Auf diesen Gesichtspunkt wurde die Beklagte zu 2) hingewiesen ( S. 2 des Protokolls vom 20.9.2011 ).

2)
Unter Berücksichtigung des unter 1) Ausgeführten erlangen mithin die Untersuchungen des Instituts E vom 10. September 2008 (Anlage K 10a) für den vorliegenden Rechtsstreit Relevanz. Auf dieser Grundlage ist festzustellen, dass das streitgegenständliche Lysin nach dem klagepatentgemäßen Verfahren hergestellt worden ist.

a)
Die Klägerinnen haben die Benutzung des erfindungsgemäßen Verfahrens bei der Herstellung des Lysins substantiiert und schlüssig vorgetragen. Ihr Sachvortrag enthält die Behauptung, dass das Herstellungsverfahren das Merkmal 1 und das Merkmal 2 in der Alternative 2b verwirklicht. Ihr Vorbringen haben die Klägerinnen mit der Vorlage des Analyseberichts des Instituts E vom 10. September 2008 (Anlage K 10a) und dem Privatgutachten von Prof. Dr. O vom 11. September 2008 (Anlage K 11) weiter substantiiert und untermauert. Sowohl dem Analysebericht als auch dem Privatgutachten ist erstens zu entnehmen, dass die Proben des untersuchten Lysins DNA Material des Mikroorganismus E.coli aufwiesen und dass zweitens die DNA des in den Proben gefundenen Bakteriums E.coli ein mutiertes dapA-Gen enthalten, was eine Kodierung der Aminosäure Tyrosin statt der Aminosäure Histidin an der Aminosäureposition 118 des entstehenden Enzyms DDPS zur Folge hat.

Das Vorhandensein eines Bakteriums der Gattung E.coli in den untersuchten Lysinproben hat ausweislich des Analyseberichts des Instituts E (Anlage K 10a) das dort näher auf den Seiten 4 ff. beschriebene Experiment 1a ergeben. Mittels einer Polymerasenkettenreaktion(PCR)-Versuchsreihe wurde untersucht, ob in den Proben eine DNA-Sequenz aus dem cysG-Gen von E.coli aufzufinden ist. Das cysG-Gen kodiert in E.coli ein bekanntes Enzym der Biosynthese des Häm Cofaktors; es findet sich nicht in der Gattung des ebenfalls im Rahmen von Fermentationsprozessen von Lysin verwendeten Corynebakteriums. Zur Feststellung, ob eine DNA-Sequenz des cysG-Gens aufzufinden ist, wurden – entsprechend den in der Biochemie gebräuchlichen und etablierten Nachweismethoden – Primer, d.h. kurze DNA-Sonden, die sich spezifisch an in der Sequenz komplementäre Bereiche der Ziel-DNA anlagern, den Proben zu gefügt. Die spezifischen Primer waren mit cysG9115S bzw. cysG9230AS bezeichnet; sie amplifizieren keine Corynebakterien. Bei der sich anschließenden PCR vervielfältigten sich die DNA-Stücke, die zwischen den Primern lagen. Nach Auftrennung wurden sie in dem Verfahren der Gelelektrophorese sichtbar gemacht. Die mittels der Gelelektrophorese identifizierten DNA-Stücke wiesen laut des Analyseberichts die Länge auf, nämlich 120 Basenpaare, die sie infolge der eingesetzten spezifischen Primer haben sollten bzw. die vorausgesagt war. Hieraus folgert der Analysebericht, dass das E.coli cysG-Gen in beiden Proben des untersuchten Lysins vorhanden war, und zwar auch – wie dem Analysebericht weiter zu entnehmen ist – in einer signifikanten Menge. Die Vorgehensweise und die Experimente des Instituts E finden ihre Bestätigung in dem Privatgutachten (Anlage K 11, Seite 1 f.).

Zwecks Feststellung der anspruchsgemäßen Mutation des dapA-Gens des E.coli Bakteriums hat das Institut E entsprechend der üblichen Vorgehensweise DNA-Sequenzierungsanalysen vorgenommen, wobei zuvor eine Vervielfältigung der entsprechenden DNA-Sequenzen durch PCR vorgenommen wurde, damit eine ausreichende Menge an zu untersuchenden DNA-Stücken vorhanden war. Zur Amplifizierung einer DNA-Sequenz des E.coli dapA-Gens wurden die spezifischen Primer namens dA-f1 bzw. dA-r1 verwendet. Die durch die PCR gewonnenen Sequenzen wurden durch Gelelektrophorese identifiziert und sodann bestimmt. Wie die Abbildung 7 C des Analyseberichts des Instituts E (Anlage K 10a) zu erkennen gibt, wiesen beide Proben an der Nukleotidposition 623 einen Basenaustausch von Cytosin (im Wildtyp-Gen) zu Thymin (in der Mutante) auf. Dies führt, wie auch das Privatgutachten (Anlage K 11, S. 4) besagt, zum Ersatz des Nukleotid-Tripletts „CAT“, das an der Aminosäure-Position 118 von SEQ ID Nr. 3 für Histidin kodiert, durch das Nukleotid-Triplett „TAT“, das für Tyrosin kodiert. Aufgrund dessen formuliert der Analysebericht die zutreffende Erkenntnis, dass das insoweit veränderte Enzymprotein im Verlauf der Biosynthese von Lysin nicht mehr durch das Endprodukt (Lysin) in seiner Aktivität gehemmt und damit eine schnellere effektivere Synthese von Lysin ermöglicht wird.

b)
Diesem schlüssigen und substantiierten Vorbringen sind die Beklagten nicht in erheblicher Weise entgegen getreten.

Will ein Beklagter im Patentverletzungsrechtsstreit geltend machen, dass der Kläger die angegriffene Ausführungsform in ihren konstruktiven Einzelheiten unzutreffend beschrieben habe, darf er sich nicht darauf beschränken, den Sachvortrag des Klägers zur Ausgestaltung des vermeintlichen Verletzungsgegenstandes lediglich pauschal zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, zu den einzelnen relevanten Behauptungen der klagenden Partei Stellung zu nehmen und sich über die diesbezüglichen tatsächlichen Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß zu erklären (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO). Dies bedeutet zwar nicht, dass der Beklagte von sich aus das Gericht und den Kläger über den wirklichen Verletzungstatbestand zu unterrichten hätte. Der Beklagte kann sich auf das Bestreiten bestimmter vom Kläger behaupteter technischer Merkmale beschränken. Allerdings darf dieses Bestreiten nicht pauschal bleiben, sondern muss substantiiert sein. Kein erhebliches Bestreiten stellt es dar, wenn sich der Beklagte darauf beschränkt, am Sachvortrag des Klägers lediglich zu bemängeln, dessen Ausführungen zum Verletzungstatbestand seien unsubstantiiert. Zwingend erforderlich ist vielmehr zunächst die wahrheitsgemäße Angabe, ob und gegebenenfalls welches konkrete Merkmal der technischen Lehre des Klagepatents denn nicht verwirklicht sein soll. Dies kann – je nach Substantiierungsgrad des klägerischen Vortrages – (zunächst) in pauschaler Weise erfolgen. Hat ein Kläger im Einzelnen ausgeführt, aufgrund welcher Untersuchungen er zu welchen die Patentverletzung bestätigenden Ergebnissen gelangt ist, muss der Beklagte seinerseits in erheblicher Weise dartun, weshalb das bestrittene Merkmal nicht verwirklicht sein soll. Dies bedeutet in der Regel, dass der Beklagte, wenn der Kläger eigene Untersuchungsberichte und/oder Privatgutachten vorgelegt hat, seinerseits eigene Untersuchungen und/oder Gutachten beibringen muss (OLG Düsseldorf, I-2 U 87/09, Urteil vom 04. August 2009; Kühnen, Handbuch des Patentrechts, 5. Aufl. Rdnrn. 1223 ff.).

Diesen Anforderungen sind die Beklagten nicht gerecht geworden, auch nicht auf ausdrücklichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2011). Gerade da die Beklagte zu 3) das hier in Rede stehende Lysin selbst herstellt, wäre ihr eine konkrete Einlassung ohne weiteres möglich gewesen.

c)
Einer weitergehenden Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Beklagten gegen den Analysebericht des Instituts E vom 10. September 2008 (Anlage K 10a) bedarf es deshalb nicht. Lediglich zur Abrundung ist anzumerken, dass die Einwände nicht verfangen. Zunächst bleibt festzuhalten, dass das Institut E nicht „das Lysin“ untersucht hat, sondern mittels Analyse nach DNA-Material des Bakteriums E.coli gesucht hat. Das Auffinden solchen DNA-Materials in den Lysinproben lässt Rückschlüsse auf das Herstellungsverfahren zu, da gerade diese Mikroorganismen im Fermentationsprozess eingesetzt werden.
Dafür, dass das gefundene DNA-Material von E.coli Bakterien stammt, die infolge einer Verunreinigung in das Lysin bzw. die untersuchten Proben gelangt sind, fehlt jeglicher Anhalt. Allein die (theoretische) Möglichkeit einer Kontamination von Trinkwasser und/oder Lebensmitteln mit E.coli Bakterien gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass eine derartige Verunreinigung bei der Herstellung und/oder Untersuchung des hier in Rede stehenden Lysins tatsächlich geschehen wäre. Unerklärlich bliebe insoweit auch, wieso gerade eine „Verunreinigung“ mittels anspruchsgemäßer mutierter E.coli Bakterien erfolgt sein sollte und nicht lediglich mit dem Wildtyp. Hinzukommt, dass auch die Beklagten nicht behaupten, in ihrem Besitz befindliches Lysin untersucht und hierbei keine E.coli-DNA gefunden haben. Überdies haben die Beklagten in dem niederländischen Verfahren selbst angegeben, dass sie für die Herstellung von Lysin einen E.coli-Stamm verwenden (vgl. Anlage K 4, Seite 14 Ziff.5.27). Vor diesem Hintergrund kann eine Verunreinigung mit E.coli ausgeschlossen werden. Scheidet aber eine Verunreinigung aus, so kann das Vorhandensein der E.coli-DNA-Spuren nur eine Ursache haben, nämlich dass es sich hierbei um Materialien handelt, die im Herstellungsprozess verwendet und nicht vollständig entfernt wurden. Eine Untersuchung, ob neben den gefundenen E.coli-DNA-Spuren auch DNA-Material des Corynebakteriums in dem Lysin vorhanden ist, ist nicht erforderlich. Wenn anspruchsgemäß mutierte E.coli-Bakterien zur Herstellung des Lysins verwendet werden, wovon nach den vorliegenden Untersuchungsberichten auszugehen ist, ist weder ein technischer noch ein wirtschaftlicher Sinn für die Verwendung eines weiteren Mikroorganismus zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb in den nach den eigenen Angaben im niederländischen Verfahren von den Beklagten zur Herstellung des Lysins verwendeten E.coli-Stamm neben der an dem dapA-Gen vorgenommen patentgemäßen Mutation auch ein heterologes Gen aus einem Bakterium der Gattung Corynebakterium eingeführt worden sein sollte, was die Beklagten im Übrigen auch gar nicht behaupten.

3.
Bei dem angegriffenen Lysin handelt es sich entgegen der Ansicht der Beklagten um ein unmittelbares Verfahrensprodukt im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 3 PatG. Vergeblich wenden die Beklagten in diesem Zusammenhang ein, das angegriffene Lysin unterscheide sich in seinen stofflichen Eigenschaften nicht von außerhalb des patentgeschützten Verfahrens hergestellten Lysin. Der Schutz des § 9 S. 2 Nr. 3 PatG erfordert lediglich, dass das patentgeschützte Verfahren einen Gegenstand hervorgebracht hat, der vorher noch nicht vorhanden war und in diesem Sinne neu sein muss, sich aber in seinen Eigenschaften nicht von auf anderem Wege hergestellten gleichartigen Gegenständen zu unterscheiden braucht (vgl. RGSt 46, 262, 263; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 9, Rdnr. 100; Benkard/Scharen, PatG GebrMG, 10. Aufl., § 9, Rdnr. 53). Dass das als unmittelbares Verfahrenserzeugnis geschützte Produkt keine von gleichartigen Gegenständen abweichende Eigenschaften aufzuweisen braucht, ergibt sich nicht zuletzt aus § 139 Abs. 3 PatG, der für Erzeugnisse mit neuen Eigenschaften eine Beweiserleichterung vorsieht, indem bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche von einem anderen hergestellte Erzeugnis als nach dem patentierten Verfahren hergestellt gilt. Diese Regelung hätte nicht auf neuartige Erzeugnisse beschränkt zu werden brauchen, wenn ohnehin keine anderen Erzeugnisse vom Schutz des § 9 S. 2 Nr. 3 PatG erfasst wären. Das unmittelbare Verfahrenserzeugnis muss daher nicht mit bestimmten, durch das patentgeschützte Verfahren vermittelten spezifischen Eigenschaften, versehen sein. Denn für die Beurteilung des unmittelbaren Verfahrenserzeugnisses macht eines keinen Unterschied, ob die mit der Verfahrenserfindung hervorgerufenen Eigenschaften ihren Niederschlag in einer neuartigen Ausgestaltung oder in einer verbesserten Funktionsweise des Verfahrensproduktes gefunden haben oder (bloß) darin liegen, dass ein strukturell bereits bekanntes Erzeugnis im Vergleich zum Stand der Technik lediglich preiswerter gefertigt werden kann (vgl. Kühnen, a.a.O. Rdnr. 174) oder – wie im vorliegenden Fall – mit einer höheren Ausbeute. Patente auf Herstellungsverfahren, mit denen sich Produktionskosten einsparen lassen, können wertvoller sein als Schutzrechte auf Verfahren, mit denen Erzeugnissen eine verbesserte oder zusätzliche Funktionalität verliehen wird. Sie vom ergänzenden Sachschutz auszunehmen, ist weder aus betriebs- noch aus volkswirtschaftlicher Sicht vernünftig und auch im Hinblick auf den Zweck gewerblicher Schutzrechte nicht angebracht. Deshalb stellt der Gesetzeswortlaut von § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG einzig und allein darauf ab, dass mit dem Verfahren ein Erzeugnis hergestellt wird; darüber hinaus ist es nicht zur Bedingung gemacht, dass das mittels des Verfahrens hergestellte Erzeugnis neu zu sein hat.

Dass im Streitfall das angegriffene Lysin durch das zu seiner Herstellung angewandte Verfahren körperlich erst hervorgebracht wird, kann keinem ernsthaften Zweifel unterliegen und wird auch von den Beklagten nicht in Abrede gestellt. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist es auch ohne Bedeutung, dass der eigentliche Fermentationsprozess, aus dem das Lysin hervorgeht, durch die in der geltend gemachten Patentanspruchskombination gelehrten Maßnahmen nicht berührt wird. Auch mikrobiologische Verfahren sind Herstellungsverfahren, die unmittelbare Verfahrenserzeugnisse hervorbringen können (Benkard/Scharen, a.a.O., Rdnr. 53, letzter Abs., Busse/Keukenschrijver, a.a.O., Rdnrn. 102 – 104; Schulte/Kühnen, PatG mit EPÜ, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 82). Dieses Verfahren muss lediglich die Schutzvoraussetzungen erfüllen, ohne dass es darauf ankommt, an welcher Stelle des Verfahrens seine unter Schutz gestellte Besonderheit liegt. § 9 S. 2 Nr. 3 PatG schafft einen bedingten Erzeugnisschutz und erfasst jedes Erzeugnis, das durch das geschützte Verfahren unmittelbar hergestellt wird, so, als seien sie durch ein Erzeugnispatent unter Schutz gestellt (Benkard/Scharen a.a.O., Rdnr. 53, Abs. 1 a.E. m.w.N.). Hierbei kommt es nicht nur auf die einzelnen Verfahrensschritte an, die zur Herstellung des unmittelbaren Erzeugnisses ausgeführt werden müssen, sondern die Besonderheit kann auch darin bestehen, dass andere Randbedingungen des Verfahrens verändert werden und der Erfolg dieser Veränderung darin besteht, dass die ansonsten gleich gebliebenen Verfahrensschritte zu einer höheren Erzeugnisausbeute führen oder den Herstellungsvorgang beschleunigen. Zur erstgenannten Kategorie gehört auch das im Klagepatent unter Schutz gestellte Verfahren, bei dem der Mikroorganismus, aus dem Lysin hergestellt wird, ein das DDPS kodierendes Gen besitzt, bei dem eine Mutation in der Weise vorgenommen worden ist, dass bestimmte Nukleotidbasenreste der DNA gegen andere Reste ausgetauscht worden sind, wodurch die Rückkopplungshemmung ausgeschaltet bzw. verringert worden ist; hierdurch erhöht sich die Lysinausbeute. Auch diese Beeinflussung der Erzeugnisausbeute kann Teil eines unter Schutz gestellten Verfahrens sein.

Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem auch nicht entgegen, dass sich der Schutz des § 9 S. 2 Nr. 3 PatG auf unmittelbar durch das geschützte Verfahren hergestellte Erzeugnisse beschränkt. Auch diese Eigenschaft weist das angegriffene wie das nach dem schutzbeanspruchten Verfahren hergestellte Lysin auf. Unmittelbar durch das geschützte Verfahren hervorgebracht worden ist jedes Erzeugnis, für dessen Entstehung das unter Schutz gestellte Verfahren einen wesentlichen Ursachenbeitrag geleistet hat und das keinen weiteren Bearbeitungs- oder Behandlungsschritten unterzogen worden ist, die seine Selbständigkeit und nach der Verkehrsauffassung prägenden Eigenschaften nicht verändert oder beseitigt haben (OLG Karlsruhe, InstGE 11, 15 – SMD-Widerstand, RGZ 152, 113; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. April 2005 – U(Kart) 44/01; Kühnen, a.a.O., Rdnrn. 163 ff.; Schulte/Kühnen, a.a.O., Rdnr. 84). Unstreitig führt die in dem erfindungsgemäßen Verfahren vorgenommene Mutation des die DDPS kodierenden Gens durch die Desensibilisierung der Feedback-Hemmung zu einer Steigerung der Lysin-Ausbeute, auch wenn diese wie die Beklagten vortragen, „nur 6 %“ beträgt. Die Steigerung der Ausbeute hat ihre Ursache in dem erfindungsgemäßen Verfahren, haftet dem Verfahrenserzeugnis daher auch nach Durchführung der weiteren Verfahrensschritte an. Zwar machen die Beklagten mit Verweis auf Kraßer (Patentrecht, 6. Aufl. Seite 775) geltend, dass eine Unmittelbarkeit nicht vorliege, wenn die vorteilhafte Eigenschaft lediglich in einer höheren Ausbeute liege. Damit wird jedoch dem Zweck des komplementären Sachschutzes gemäß § 9 S. 2 Nr. 3 PatG nicht genügt. Denn kostensenkende oder wie hier ausbeutesteigernde Herstellungsverfahren unterscheiden sich nicht in entscheidungserheblicher Weise von solchen Verfahren, die ein strukturell verändertes Produkt hervorbringen, weshalb beide Kategorien von Herstellungsverfahren im Hinblick auf den Erzeugnisschutz gleich behandelt werden sollten. In dem Verfahrensprodukt wird immer noch die vorteilhafte Wirkung des patentierten Verfahrens repräsentiert, weshalb ihm prinzipiell derselbe Schutz wie dem geschützten Verfahren gebührt.

Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang auf die EuGH-Entscheidung „Monsanto/Cefetra“ (GRUR 2010, 989, 990 = GRUR Int. 2010, 841) verweisen, der dort ausgesprochen hat, DNA-Sequenzen ohne eine funktionale Angabe seien dem Patentschutz nicht zugänglich, und meinen, dementsprechend müsse auch das von den Klägerinnen getestete Lysin selbst die Funktion erfüllen, für die die DNA-Sequenz, die das Lysin enthalte, Patentschutz genieße, was auf das Lysin der Klägerinnen jedoch nicht zutreffe, weil es keine DNA-Sequenzen enthalte, die über eine Funktionsangabe verfügten, verhilft auch dies nicht zum Erfolg. Das genannte Urteil des EuGH befasst sich mit der Reichweite des Stoffschutzes auf Gensequenzen gerichteter Patentansprüche. Es ging um Patentschutz für eine Gensequenz, deren Einschleusung in die DNA Soja-Pflanzen resistent gegen das Herbizid Glyphosat machte, während die im dortigen Patent enthaltenen relevanten Verfahrensansprüche auf die Herstellung Glyphosat-resistenter Pflanzen gerichtet waren und das aus den Bohnen entsprechend veränderter Sojapflanzen hergestellte Sojamehl kein Verfahrensprodukt im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 3 PatG war. Hier geht es jedoch nicht um Stoffschutz für eine Gensequenz, sondern um ein Verfahrensprodukt, das unter Benutzung des klagepatentgeschützten Verfahrens hergestellt worden ist. Im Streitfall dienen die im untersuchten Lysin aufgefundenen DNA-Spuren des Herstellungsorganismus nur als Nachweis, dass der zur Herstellung verwendete E.coli-Stamm anspruchsgemäß modifiziert wurde, sie bilden aber nicht den Grund der Patentverletzung.

Die genannte EuGH-Entscheidung führt auch nicht zu einer anderen Beurteilung der Frage, was unter einem unmittelbaren Verfahrenserzeugnis zu verstehen ist. Die betreffenden Argumente in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 5. September 2011 gegen das Urteil des OLG Düsseldorf in dem Verfahren gegen die D AG verfangen nicht: Die Beklagten meinen insoweit, aus der Entscheidung ergebe sich die besondere Bedeutung der dem biologischen Material innewohnenden Funktion. Dieser Bedeutung werde man nur dann gerecht, wenn man für den erweiterten Verfahrensschutz nach § 9 S. 2 Nr. 3 PatG fordert, dass sich die besondere Funktion des biologischen Materials auch auf das unmittelbare Erzeugnis, hier Lysin, auswirkt. Bei dieser Betrachtungsweise verkennen die Beklagten jedoch, dass vorliegend nicht die Herstellung von biologischem Material Gegenstand des Herstellungsverfahrens ist. Denn nach der Legaldefinition in § 2a Abs. 3 Nr. 1 PatG ist biologisches Material ein Material, das genetische Informationen enthält und sich selbst reproduzieren oder in einem biologischen System reproduziert werden kann. Dies mag auf den im erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren verwendeten E.coli-Stamm zutreffen, nicht hingegen für das aus dem Herstellungsverfahren erhaltene Lysin selbst. Dieses enthält keine genetische Information und kann sich auch nicht selbst reproduzieren. Das erfindungsgemäße Verfahren stellt daher kein Verfahren zur Herstellung von biologischem Material dar, so dass bei der Frage, ob es sich bei Lysin um ein unmittelbares Verfahrensprodukt handelt, nicht die von den Beklagten geforderte Bedeutung der dem biologischen Material innenwohnenden Funktion berücksichtigt werden muss. Das Verfahren ist vielmehr vergleichbar mit einem chemischen Syntheseverfahren, bei welchem zwar sowohl das Edukt als auch das Produkt bekannt sind, jedoch durch eine Erfindung der Syntheseweg beispielsweise mittels eines Katalysators verbessert wird.

III.
Aus dem Vorstehenden ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1)
Die Beklagten sind gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da sie den Gegenstand des Klagepatents rechtswidrig benutzt haben. Die Unterlassungspflicht gilt gegenüber beiden Klägerinnen. Sowohl die Klägerin zu 1) als auch die Klägerin zu 2) sind aktiv legitimiert. Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2011 auf den Hinweis der Kammer, wonach das OLG Düsseldorf in dem abgetrennten Parallelverfahren die Aktivlegitimation der Klägerinnen bejaht hat und die Kammer dieser Sichtweise folgen wolle, keine weiteren Einwendungen erhoben, so dass hierzu folgende Ausführungen genügen:

Hinsichtlich der Klägerin zu 1) ergibt sich ihre Aktivlegitimation bereits aus ihrer Stellung als eingetragene Inhaberin des Klagepatentes. Die Klägerin zu 2) kann als ausschließliche Lizenznehmerin eigenständig Ansprüche aus dem Klagepatent geltend machen; daneben bleibt auch die Klägerin zu 1) hierzu befugt, und zwar schon deshalb, weil sie nicht sämtliche Rechte aus dem Klagepatent aus der Hand gegeben, sondern sich vorbehalten hat, selbst Lysin in das Vertragsgebiet zu liefern, falls die Klägerin zu 2) die Nachfrage nicht decken kann. Ausschließliche Lizenznehmerin ist die Klägerin zu 2) jedenfalls mit Wirkung vom 5. Dezember 2006, denn mit Wirkung von diesem Tag ist das Klagepatent durch das Memorandum vom 20. Januar 2008 (Anlage BB 4) ausdrücklich in den Kreis der Lizenzschutzrechte einbezogen worden. Für den Unterlassungsanspruch genügt es, dass die Klägerin zu 2) jedenfalls bei Schluss der mündlichen Verhandlung ausschließliche Lizenznehmerin an dem Klageschutzrecht ist. Beide Klägerinnen können ihren Unterlassungsanspruch – und ebenso die weiteren, unter 2) bis 4) erörterten Ansprüche – auch gemeinsam geltend machen; ein Nebeneinander ist möglich (BGH, GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone).

2)
Die Beklagten haben den Klägerinnen darüber hinaus Schadensersatz gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG zu leisten. Denn als Fachunternehmen hätten sie bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, dass der Vertrieb des angegriffenen Lysins eine Patentverletzung darstellt. Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerinnen noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennen, ist ein rechtliches Interesse der Klägerinnen an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

Auch insoweit sind beide Klägerinnen, insbesondere die Klägerin zu 1) aktiv legitimiert, wie die Kammer in dem Parallelverfahren 4b O 187/09 bzw. das OLG Düsseldorf – I-2 U 148/09 – festgestellt hat. Einwendungen gegen diese Feststellungen haben die Beklagten nicht erhoben. Danach kann ein Schutzrechtsinhaber einen Verletzer auch neben einem ausschließlichen Lizenznehmer in Anspruch nehmen, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht (BGH GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone, BGH GRUR 1992, 559 – Mikrofilmanlage), die allerdings nicht hoch zu sein braucht (BGHZ 130, 205 = GRUR 1995, 744 – Feuer, Eis & Dynamit I). Ob und was für ein Schaden entstanden ist, bedarf keiner Klärung (BGH, GRUR 1960, 423 – Kreuzbodenventilsäcke I; BGH, GRUR 1996, 109 – Klinische Versuche I), wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der Eintritt eines Schadens mit einiger Sicherheit zu erwarten ist (BGH, GRUR 1996, 109 – Klinische Versuche I; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 14). Hiervon ist im Grundsatz auch nach der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz auszugehen, wenn der Schutzrechtsinhaber an der Ausübung der Lizenz durch den Lizenznehmer wirtschaftlich partizipiert. Haben die Lizenzvertragsparteien eine Umsatz- oder Stücklizenz vereinbart, stellt es im Regelfall eine nicht nur entfernt liegende Möglichkeit dar, dass mit der Schädigung des Lizenznehmers auch eine Schädigung des Schutzrechtsinhabers verbunden ist, welche ihre Ursache darin hat, dass er vom Lizenznehmer höhere Lizenzeinnahmen erhalten hätte, wenn dieser dem Verletzer eine Unterlizenz erteilt oder wegen des Fehlens der schutzrechtsverletzenden Konkurrenztätigkeit höhere Umsätze gehabt hätte (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rn. 58). Ein hierauf beruhender Rückgang der Lizenzeinnahmen stellt einen ersatzfähigen Schaden dar (BGH GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone; BGH, GRUR 2005, 935 – Vergleichsempfehlung II; Kraßer, a.a.O., 5. Aufl., S. 895; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 14).
Dies berücksichtigend lässt sich die erforderliche Wahrscheinlichkeit eines eigenen Schadens auch mit Blick auf die Klägerin zu 1) bejahen. Die Klägerinnen haben – insoweit unstreitig – in Art. 6 des Lizenzvertrages eine umsatzbezogene Lizenz vereinbart, so dass auch das Vermögen der Klägerin zu 1) durch den Vertrieb des angegriffenen Lysins beeinträchtigt sein kann. Diese Wahrscheinlichkeit genügt. In welcher Höhe ein Schaden bei der Klägerin zu 1) eingetreten ist oder sein kann, muss derzeit nicht geklärt werden. Folglich kommt derzeit auch der Regelung des Art. 6 (C) Lizenzvertrages insoweit, als dass darin eine Anpassung der umsatzbezogenen Lizenz vorgesehen ist, keine entscheidende Bedeutung zu. Im Übrigen ist auch hier auf Art. 2 (C) des Lizenzvertrages zu verweisen, welcher der Klägerin zu 1) eine Einstandsmöglichkeit gewährt. Die Aktivlegitimation der Klägerin zu 2) ergibt sich aus ihrer Eigenschaft als ausschließliche Lizenznehmerin. Sie kann den Ersatz ihres eigenen Schadens verlangen (BGH GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 14), allerdings erst ab dem Zeitpunkt, ab dem das Klagepatent an sie lizensiert wurde. Dies war unstreitig der 5. Dezember 2006.

3)
Damit die auch insoweit jeweils aktiv legitimierten Klägerinnen die ihnen jeweils zustehenden Schadensersatzansprüche beziffern können, sind die Beklagten ihnen gegenüber in zuerkanntem Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 242, 259 BGB sowie Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b PatG, wobei die Beklagten im Rahmen des Auskunftsanspruchs gemäß § 140b PatG die betreffenden Rechnungen in Kopie zu überlassen haben (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 5, 249 – Faltenbalg). Die Klägerinnen sind auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügen. Die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte zu 3) hat allerdings im Rahmen dieser Rechnungslegung keine Angaben zu Herstellungsmengen und –zeiten zu machen. Zwar stellt die Beklagte zu 3) unstreitig selbst her, dies geschieht jedoch im patentfreien Ausland. Unabhängig von der Frage, ob auch dann, wie die Klägerinnen meinen, in Anlehnung an die Entscheidung des BGH „Funkuhr“ (GRUR 2002, 599) Auskunft über die Herstellung zu erteilen wäre, scheidet ein solcher Anspruch vorliegend aus, da die Klägerinnen im Rahmen der Schadensersatzfeststellung lediglich Schadensersatz wegen der im Antrag zu I.1. genannten Handlungen begehren, Schadensersatz wegen des Herstellens wird hier nicht genannt. Wenn jedoch kein Schadensersatz für ein Herstellen verlangt wird, ist nicht zu erkennen, aus welchem Grunde als Hilfsanspruch eine Auskunft über die Herstellungsmengen und –zeiten zu gewähren sein sollte.

4)
Zuzuerkennen ist zudem der geltend gemachte Rückrufanspruch, Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 1, 3 PatG. Gegenüber der Klägerin zu 2) besteht der Rückrufanspruch allerdings nur für die Erzeugnisse, die nach dem Zeitpunkt der Lizensierung des Klagepatents angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht, oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen wurden, was die Klägerinnen nach der teilweisen Klagerücknahme auch nur noch beanspruchen. Zudem ist der Rückrufanspruch auf Erzeugnisse zu begrenzen, die nach dem 30. April 2006 in Verkehr gebracht, gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen wurden.

IV.
Eine Veranlassung, den Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss der gegen den deutschen Teil des Klagepatents gerichteten Nichtigkeitsklage gemäß § 148 ZPO auszusetzen, besteht nicht.

Ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage stellen als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen (BGH, GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug; OLG Düsseldorf, GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; LG Düsseldorf, Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus).
Die Aussetzung kommt danach in Betracht, wenn entweder das prozessuale Ver-halten der Klägerin eindeutig ihre Interessen hinter die der Beklagten zurücktreten lässt und/oder mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Ver-nichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Letzteres wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kom-mende Stand der Technik im Erteilungsverfahren oder in einem erfolglos durchgeführten Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren bereits berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Aussetzung des Rechtsstreits nicht veranlasst. In dem gegen den deutschen Teil des Klagepatents gerichteten Nichtigkeitsverfahren (3 Ni 22/08 (EU)) hat das Bundespatentgericht die Nichtigkeitsklage mit Urteil vom 16.09.2009 (Anlage B 5) abgewiesen und das Klagepatent in vollem Umfang aufrechterhalten.
Dass die Beurteilung des Bundespatentgerichts unter Berücksichtigung der von den Nichtigkeitsklägerinnen im Nichtigkeitsberufungsverfahren vorgelegten Privatgutachten von Prof. P (Anlage NK 14 zur Anlage BK 2), Prof. Q (Anlage NK 15 zur Anlage BK 2) und Prof. Neubauer (Anlage NK 16 zur Anlage BK 2) offensichtlich unrichtig ist und die Nichtigkeitsberufung zu einer Vernichtung des Klagepatents in dem hier geltend gemachten Umfang führen wird, vermag die Kammer – wie auch der Senat im Parallelverfahren – ohne sachverständige Beratung nicht festzustellen. Es besteht nicht einmal eine Vernichtungswahrscheinlichkeit, wenn der im Rechtsbestandsverfahren zur Diskussion stehende Sachverhalt derart kompliziert oder komplex ist, dass sich das Verletzungsgericht keinen wirklichen Einblick in die Gegebenheiten verschaffen kann (vgl. Kühnen, a.a.O. Rdnr. 1394). Der Bundesgerichtshof holt im Nichtigkeitsberufungsverfahren ein Sachverständigengutachten ein; unstreitig ist dort zwischenzeitlich ein Sachverständiger bestellt worden. Im vorliegenden Verfahren kommt eine Beweisaufnahme (Einholung eines Sachverständigengutachtens) zur weiteren Klärung des voraussichtlichen Erfolgs der Nichtigkeitsberufung als Grundlage für die Aussetzungsentscheidung nach § 148 ZPO nicht in Betracht.

Es bestehen nach dem Vorbringen der Beklagten auch im Übrigen keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte, dass die Entscheidung des Bundespatentgerichtes evident unrichtig ist. Die Beklagten meinen insoweit, dass das Bundespatentgericht von einem unzutreffenden Verständnis des Fachmannes zum Prioritätszeitpunkt ausgehend von der Anlage NB 2 ausgegangen wäre. Das Bundespatentgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass sich im gesamten Stand der Technik kein Vorbild fände, wonach eine effiziente Produktion von L-Lysin mit Bakterien der Gattung E.coli unter den für diesen Bakterien vorteilhaften Kultivierungsbedingungen möglich sei, wenn die Bakterien ausschließlich homologe Mutanten der Enzyme DDPS und AK III enthalten. Etwas anderes ergebe sich anhand der Druckschrift Tosaka und Takinami („Biotechnology of amino acid production“ in progress in industrial microbiology, 1986, Seite 152 ff., Anlage K 50, deutsche Übersetzung Anlage K 50a), welche von den Klägerinnen im Nichtigkeitsverfahren vorgelegt wurde. Hierbei nehmen die Beklagten Bezug auf eine Textstelle auf Seite 16, Zeilen 10 bis 12. Weder in der englischen Originalfassung noch der deutschen Übersetzung findet sich eine Seite 16. Da die Beklagten die Textstelle nicht zitieren, wird auch nicht klar, worauf sie sich beziehen. Mangels dieses Hinweises kann bereits der Ausgangspunkt der Überlegungen der Beklagten nicht nachvollzogen werden. Soweit die Beklagten, wie die Klägerinnen meinen, auf Seite 164 der englischen Fassung Bezug nehmen, handelt es sich hierbei lediglich um einen allgemeinen Verweis auf den Wunsch, Mutanten aufzufinden, die keiner Rückkopplungshemmung unterliegen. Es ist fraglich, ob dieser allgemeine Hinweis den Fachmann zu einer Suche nach entsprechenden, erfindungsgemäßen Mutanten veranlasst.
Eine entsprechende Veranlassung kann auch den Veröffentlichungen Dauce-Le Reverend et al. („Improvement of Escherichia coli Strains Overproducing Lysine Using Recombinant DNA Techniques, European J Apll. Microbiol. Biotechnol, 1982, Seite 227-231, Anlage B 2.7, 6c) sowie der französischen Patentschrift 2 511 XXX (Anlage B 6b) nicht entnommen werden, was auch die Beklagten nicht vorgetragen haben; dies wurde vom Bundespatentgericht auch verneint. Lediglich in der Veröffentlichung Dauce-Le Reverend et al. gibt es einen Hinweis auf Seite 228 rechte Spalte, dass eine Mutation verwendet wurde, welche die AKIII Sensibilität für Lysin hemmt. Eine Mutation des DDPS-Gens wird hingegen nicht beschrieben. Für dieses erachten es die Autoren als ausreichend die Konzentration entsprechenden Enzyms DDPS zu erhöhen.

Gegen eine Aussetzung sprechen im Übrigen auch formale Gründe. Die Beklagten haben in den Schriftsätzen vom 15. Juli 2010 und 29. Oktober 2010 Ausführungen zur der Behauptung gemacht, das Klagepatent werde sich im Berufungsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Diesem Vorbringen sind die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2010 dezidiert entgegen getreten. Eine Erwiderung, insbesondere eine Auseinandersetzung mit der Argumentation der Klägerinnen erfolgte nicht mehr. Dies wäre jedoch zu erwarten gewesen, wenn die Vernichtung des Klagepatentes im Berufungsverfahren, wie die Beklagten meinen, so wahrscheinlich wäre, um die Kammer zu veranlassen den Rechtsstreit bis zum Abschluss des Nichtigkeitsberufungsverfahrens zu veranlassen.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1 und 2, 711 ZPO. Der beantragte Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO ist den Beklagten nicht zu gewähren. Die entsprechenden Voraussetzungen wurden weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.

Der Streitwert beträgt 750.000,- Euro