4b O 267/09 – Wirbelschicht-Einrichtung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1643

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. März 2011, Az. 4b O 267/09

I.
Die Klage wird in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform 2 abgewiesen.

II.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien jeweils 50 % zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

IV.
Der Streitwert beträgt

– bis zum 24.2.2011: EUR 1.000.000;

– anschließend EUR 500.000 zzgl. der bis zum 24.2.2011 entstandenen Kosten.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist alleinige und ausschließlich verfügungsberechtigte, eingetragene Inhaberin des in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents EP 0 781 XXX (vgl. die korrigierte Patentschrift gemäß Anlage Anlage K 1; nachfolgend: „Klagepatent“). Das Klagepatent wurde am 23.12.1996 unter Inanspruchnahme einer Priorität der CH 370XXX vom 29.12.1995 angemeldet. Die Veröffentlichung der am 3.3.2003 vorgenommenen Erteilung des Klagepatents erfolgte am 19.3.2003.

Mit Schreiben vom 8.7.2009 stellte die Klägerin einen Beschränkungsantrag hinsichtlich des Klagepatents beim Deutschen Patent- und Markenamt (Anlage K 3), dem zwischenzeitlich entsprochen wurde.

Die Beklagte legte mit Schriftsatz vom 12.7.2010 eine Klage wegen Teil-Nichtigkeit des deutschen Teils des Klagepatents ein (Anlagen B 10, 11).

Der Anspruch 1 des Klagepatents lautet – in der beschränkten Fassung – ohne Bezugszeichen:

„Wirbelschicht-Einrichtung zum Entstauben von Gas mit einem einen Rohgas-Raum begrenzenden Gut- und Wirbelschicht-Behälter, mindestens einem in den Rohgas-Raum hineinragenden Filter und Gasleitmitteln, um das Gas zum Verwirbeln eines teilchenförmigen Gutes im Rohgas-Raum von unten nach oben durch den Rohgas-Raum und vom Rohgas-Raum durch das bzw. die Filter hindurch zu leiten, wobei das bzw. jedes Filter einen Mantel mit einem metallischen, Gasdurchlasslöcher aufweisenden Stützelement und einem dieses umschließenden, von diesem abgestützten, eine Innenfläche, eine an den Rohgas-Raum angrenzende Außenfläche sowie Gasdurchlasslöcher aufweisenden Filtrationselement besitzt, wobei die Gasdurchlasslöcher des Filtrationselements kleinere lichte Weiten haben als die Gasdurchlasslöcher des Stützelements, dadurch gekennzeichnet, dass das Stützelement mindestens ein Drahtgewebe aufweist, dass das Filtrationselement metallisch ist, ein Drahtgewebe aufweist, im Wesentlichen mit seiner ganzen Innenfläche am Stützelement anliegt, von diesem formbeständig gestützt ist und bei Berührungsstellen, bei denen es das bzw. ein Drahtgewebe des Stützelements berührt, mit diesem versintert ist und dass das Filtrationselement frei von Falten und/oder Wellen ist.“

Die unten wiedergegebenen Ablichtungen der Figuren 1 und 5 des Klagepatents zeigen bevorzugte Ausführungsformen der technischen Lehre des Klagepatents. In Figur 1 ist ein vereinfachter Vertikalschnitt durch einen Gut-Behälter und einen Nachentstauber-Behälter einer Wirbelschicht-Einrichtung zum Behandeln eines teilchenförmigen Gutes sowie in Figur 5 ein schematischer Axialschnitt durch einen Abschnitt des Mantels eines Filters (in größerem Maßstab als in Figur 1) dargestellt.

Die Beklagte stellt her und vertreibt Wirbelschicht-Einrichtungen. Am 25.4.2008 nahmen Mitarbeiter der Klägerin auf der Messe „A“ in B einen Metallfilter der Beklagten für eine „C“ („angegriffene Ausführungsform 1“) in Augenschein. Die angegriffene Ausführungsform 1, bezüglich welcher die Beklagte eine Verletzung des Klagepatents zugestanden hat, hat einen dreischichtigen Aufbau.

Am 18.12.2008 fand bei der Beklagten ein Termin zur Besichtigung von Filtern der Beklagten statt. Anlässlich dieses Termins legte die Beklagte ein Filter vor, das über insgesamt vier miteinander versinterte Drahtgewebe-lagen unterschiedlicher Maschengröße verfügt („angegriffene Ausführungsform 2“). In diesem Zusammenhang führten Mitarbeiter der Beklagten aus, dass in den Wirbelschichtanlagen jetzt nur noch solche Filter eingesetzt würden, deren Mäntel insgesamt vier Drahtgewebe aufwiesen. Die angegriffene Ausführungsform 2 wurde spätestens seit dem 2.12.2008 im Rahmen des Internet-Auftritts der Beklagten angeboten (vgl. Anlage K 13). Bei der angegriffenen Ausführungsform 2 ist auf das Filtrationselement ein weiteres metallisches Drahtgewebe versintert, dessen lichte Maschenweite um ein Vielfaches größer ist als die Maschenweite des Filtrationselements. Die angegriffene Ausführungsform 2 wird in der „D“-Wirbelschicht-Einrichtung der Beklagten eingesetzt (vgl. Video-CD gemäß Anlage K 14). Eine solche Wirbelschicht-Anlage mit Filtern in vierlagiger Konstruktion wurde an das in der Schweiz ansässige Unternehmen „E“ geliefert. Ein solches Filter ist in den Fotos gemäß Anlagenkonvolut K 15 abgebildet; nachfolgend ist das betreffende Foto 5 eingeblendet, welches das von der Beklagten zusätzlich auf das außenliegende Filtrationselement versinterte, vierte Drahtgewebe zeigt, wobei sich unten auf dem Foto zum Vergleich auch ein patentgemäßer Filtermantel befindet.

Die Klägerin mahnte die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 6.3.2009 wegen Anbietens, Bewerbens und des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsformen ab.

Die Klägerin ist der Ansicht, auch die angegriffene Ausführungsform 2 mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß, zumindest jedoch in äquivalenter Weise Gebrauch. Das vierte Drahtgewebe der angegriffenen Ausführungsform 2 diene allein der Umgehung des Klagepatents; es handele sich um ein reines „Placebo“. Insbesondere stehe es nicht der Annahme entgegen, dass das Filtrationselement an den Rohgas-Raum angrenze. Für ein „Angrenzen“ genüge es bei sinnvollem Verständnis des Klagepatents, dass das Schutzgewebe dem Rohgas-Raum zugewandt sei. Die Drahtstärke des vierten Gewebes betrage 80 bis 100 µm. Selbst bei Annahme einer Drahtdicke von 165 µm grenze das Filtrationselement – unter Berücksichtigung der unstreitig um ein Vielfaches größeren Maschenlaufweite des vierten Drahtgewebes – noch zu 95 % an den Rohgas-Raum an; es müsse insoweit bedacht werden, dass das vierte Gewebe nicht vollflächig auf dem eigentlichen Filtrationselement aufliege, sondern dieses nur an den Sinterpunkten berühre und das Filtrationsgewebe unterhalb der nicht anliegenden Drähte der vierten Lage frei sei. Dem vierten Drahtgewebe komme auch keine Schutz- oder zusätzliche Stützfunktion zu; solcher vermeintlich zusätzlicher Vorteile gegenüber der patentgemäßen Lösung bedürfe es auch gar nicht. Hilfsweise macht die Klägerin eine äquivalente Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform 2 geltend.

Die Klägerin beantragt, nachdem die Parteien entsprechende Anträge in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform 1 nach Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung der Beklagten am 24.2.2011 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, und nachdem die Klägerin mit Zustimmung der Beklagten ihren ursprünglichen Antrag auf Entfernung aus den Vertriebswegen zurückgenommen hat, zuletzt allein noch in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform 2,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, hilfsweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen

Wirbelschicht-Einrichtungen zum Entstauben von Gas herzustellen oder herstellen zu lassen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, die einen einen Rohgas-Raum begrenzenden Gut- und Wirbelschicht-Behälter, mindestens ein in den Rohgas-Raum hineinragendes Filter und Gasleitmittel, um das Gas zum Verwirbeln eines teilchenförmigen Gutes im Rohgas-Raum von unten nach oben durch den Rohgas-Raum und vom Rohgas-Raum durch das bzw. die Filter hindurch zu leiten, wobei das bzw. jedes Filter einen Mantel mit einem metallischen, Gasdurchlasslöcher aufweisenden Stützelement und einem dieses umschließenden, von diesem abgestützten, eine Innenfläche, eine an den Rohgas-Raum angrenzende Außenfläche sowie Gasdurchlasslöcher des Filtrationselements aufweisenden Filtrationselement besitzt, wobei die Gasdurchlasslöcher des Filtrationselements kleinere lichte Weiten haben als die Gasdurchlasslöcher des Stützelements, dadurch gekennzeichnet, dass das Stützelement mindestens ein Drahtgewebe aufweist, dass das Filtrationselement metallisch ist, ein Drahtgewebe aufweist, im Wesentlichen mit seiner ganzen Innenfläche am Stützelement anliegt, von diesem formbeständig gestützt ist und bei Berührungsstellen, bei denen es das bzw. ein Drahtgewebe des Stützelements berührt, mit diesem versintert ist, und dass das Filtrationselement frei von Falten und/oder Wellen ist, aufweisen,

hilfsweise mit der Maßgabe, dass es hinter „aufweisen,“ weiter heißt: „wobei ein zusätzliches Drahtgewebe mit größerem lichten Maschengewebe als das darunterliegende Drahtgewebe des Filtrationselementes vorgesehen ist, das mit dem darunterliegenden Drahtgewebe verbunden ist.“;

2. der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die unter 1. bezeichneten Handlungen seit dem 3.4.2003 begangen hat, und zwar durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses und unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen sowie der Namen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagehöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

3. die Beklagte zu verurteilen,

a) die in ihrem mittelbaren oder unmittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, vorstehend unter 1. bezeichneten Erzeugnisse auf ihre Kosten abzuändern, indem sie die unter 1. bezeichneten Filter aus den unter 1. bezeichneten Gut- und Wirbelschichtbehältern vollständig entfernt und vernichtet und darüber hinaus die unter 1. bezeichneten, zum Einbau in die unter 1. bezeichneten Gut- und Wirbelschichtbehälter bestimmten Filter vollständig vernichtet;

b) die vorstehend unter 1. bezeichneten, in dem im Antrag zu 1. bezeichneten Gut- und Wirbelschichtbehälter eingebauten und in oder nach Deutschland gelieferten und im Besitz Dritter befindlichen Filter aus den Vertriebswegen zum Zwecke der Vernichtung zurückzurufen;

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu 1. bezeichneten, seit dem 3.4.2003 begangenen Handlungen entstanden ist oder zukünftig entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, den Rechtsstreit bis zum erstinstanzlichen Abschluss des gegen das Klagepatent eingeleiteten Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen,

höchst hilfsweise, ihr zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung – ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin – abzuwenden.

Die Beklagte ist der Ansicht, das für das Filtrationselement vorgesehene Drahtgewebe dürfe nur aus einer einzigen Schicht bestehen; der klagepatentgemäße Filtermantel bestehe aus maximal drei Schichten aus Drahtgewebe, wobei nur eine Filtrationsschicht und maximal zwei Stützschichten aus Drahtgewebe vorhanden sein dürften. Mit „angrenzen“ meine das Klagepatent, dass zwischen dem Filtrationselement und dem Rohgas-Raum nichts angeordnet sein dürfe, was als Begrenzung verstanden werden könne. Diese Voraussetzung sei bei der angegriffenen Ausführungsform 2 nicht erfüllt, weil sich an der dem Rohgas-Raum zugewandten Seite zusätzlich noch ein Schutz- und Stütz-Drahtgewebe befinde. Insoweit behauptet sie im Wesentlichen: Der Schutz der Filtrationsschicht werde dadurch erreicht, dass die Flächen der feinmaschigen Schicht, mit denen ein Benutzer in Berührung kommen kann, teilweise abgedeckt würden – wie von einem Netz werde sie von der äußeren Schicht umspannt. Bei einer Reinigung des Filtermantels von innen mit erheblichem Reinigungsdas-Druck könne sich die Filtrationsschicht an der äußeren Schicht abstützen und werde so signifikant entlastet. Die zusätzliche Schicht beeinflusse auch nachhaltig die Oberflächenstruktur eines Filtermantels, indem es eine zusätzliche Porosität der Manteloberfläche erzeuge und so die Haftung des Filterkuchens am Filtermantel verändere. Den mit der Verwendung eines solchen Aufbaus verbundenen Nachteil einer Reduzierung der aktiven Reaktionsfläche des Filters nehme sie zugunsten von Konstruktionsvorteilen in Kauf. Die Drahtstärke des vierten Drahtgewebes betrage 165 µm. Ihren Antrag auf Aussetzung begründet die Beklagte damit, dass das Klagepatent wegen fehlender Neuheit, zumindest aber mangelnder Erfindungshöhe teilvernichtet werde.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist – soweit nach übereinstimmender Teilerledigterklärung noch rechtshängig – unbegründet. Der Klägerin stehen mangels einer Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform 2 die mit der Klage noch geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

I.

Das Klagepatent betrifft eine Einrichtung zum Entstauben von Gas, insbesondere von durch ein teilchenförmiges Gut hindurchgeleitetem Gas.

Eine solche Einrichtung besitzt mindestens einen einen Rohgas-Raum umschließenden Behälter, und mindestens ein in den Rohgas-Raum hineinragendes Filter. Als Rohgas-Raum definiert das Klagepatent einen an mindestens ein Filter angrenzenden Raum, der das zu filtrierende und zu entstaubende Gas enthält und aus dem das Gas in das Filter hineinströmt (Absatz [0002]).

Als Stand der Technik erwähnt das Klagepatent zunächst die US-A-4 465 XXX, welche eine einen Behälter besitzende Wirbelschicht-Einrichtung lehrt. Der Behälter enthält einen oben durch einen inneren Wandungsteil begrenzten Wirbel- und Rohgas-Raum. Am inneren Wandungsteil sind in den Rohgas-Raum hineinragende Filter befestigt. Jedes Filter besitzt einen Mantel mit einem zylindrischen, Gasdurchlasslöcher aufweisenden, vorzugsweise aus einem perforierten Blech oder eventuell aus einem Kunststoffgitter oder Drahtgeflecht gebildeten Stützelement, einen auf dessen Außenseite angeordneten, von diesem abgestützten Filtrationselement und zu dessen Befestigung am Stützelement dienende Bandagen. Das Filtrationselement ist durch einen flexiblen, Falten aufweisenden Schlauch aus Papier oder einem textilen Gewebe gebildet. Jedes Filter begrenzt einen Filter-Innenraum, der durch einen den inneren Wandungsteil durchdringenden Durchgang mit einem sich oberhalb des inneren Wandungsteils befindenden Reingas-Raum verbunden ist. Für jedes Filter ist ein Reinigungsgas-Einlass vorhanden, der vom Reingas-Raum her durch den Durchgang bis annähernd zum unteren Ende des Filters in den Filter-Innenraum hineinragt und einen aufblähbaren Balg zum wahlweisen Verschließen des Druchgangs besitzt.

Diese vorbekannte Wirbelschicht-Einrichtung kritisiert das Klagepatent dahingehend, dass die aus einem Papier oder textilen Gewebe bestehenden, nur bei kleinen Bereichen ihrer Innenfläche am Stützelement anliegenden sowie nur bei wenigen Stellen befestigten Filtrationselemente nur eine geringe Festigkeit sowie eine kurze Lebensdauer hätten und auch nicht beständig gegen hohe Temperaturen seien. Es bestehe insbesondere eine große Gefahr einer Beschädigung beim Ausblasen des Filters. Ein – diesem Umstand geschuldeter kleiner Reinigungsdruck – ermögliche jedoch nur eine mangelhafte Reinigung der Filtrationselemente. Zudem beeinträchtigten die Falten der Filtrationselemente deren Reinigung. Nachteilig sei an der vorbekannten Einrichtung auch, dass sie keine Vorrichtungen aufweise, um die Filter innerhalb des Behälters zu waschen. Im Übrigen hätte ein Besprühen mit einer unter Druck stehenden Reinigungsflüssigkeit eine weitere Verkürzung der Lebensdauer der Filtrationselemente zur Folge. Es sei sehr zeitraubend, die Filter zum Waschen jeweils aus dem Behälter auszubauen; beim Ausbau drohe zudem eine Kontaminierung der Umgebung und des Bedienpersonals. Der Balg der vorbekannten Einrichtung schließe in der Praxis wahrscheinlich den Durchgang nur schlecht ab, so dass ein erheblicher Teil des in den Reingas-Raum strömenden Reinigungsgases nichts zur Reinigung beitragen könne. Die Bälge seien einem starken Verschleiß unterworfen und müssten wahrscheinlich nach einer relativ kurzen Betriebsdauer ersetzt werden. Die Filtrationselemente und die Bälge seien auch nicht ausreichend druck-, hitze- und feuerbeständig, um einer möglicherweise im Rohgas-Raum stattfindenden Staub- und/oder Lösungsmittelexplosion zu widerstehen.

Andere bekannte Wirbelschicht-Einrichtungen und sonstige Einrichtungen zum Entstauben von Gas wiesen weitgehend ähnliche Probleme auf.

Alsdann beschäftigt sich das Klagepatent mit der US-A 5 112 XXX, die ein insbesondere zum Filtrieren von staubhaltigen Abgasen bei der Papierherstellung vorgesehenes, zylindrisches Filter mit einem aus perforiertem Blech bestehenden Stützelement und einem dieses umschließenden Drahtgewebe. Das Drahtgewebe ist an beiden Enden mit Klemmschellen am Stützelement befestigt. Ferner ist eine Druckluftleitung mit einer sich oberhalb des oben offenen Filterendes befindenden Auslassöffnung vorhanden, um am Filter angelagerten Staub mit Druckluftstößen vom Filter zu lösen.

Schließlich ist im Beschränkungsantrag gemäß Anlage K3 als Stand der Technik die DE 34 22 XXX A1 erwähnt. Diese betrifft Tandem-Filterkerzen für einen Zyklon, wobei zwei aus Metallgewebe bestehende Filterzylinder konzentrisch zueinander angeordnet sind, so dass das zu reinigende Gas sowohl durch Innenzylinder als auch den Außenzylinder in den Kreisringspalt der Tandem-Filterkerze gelangen kann.

Vor diesem technischen Hintergrund stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, eine Wirbelschicht-Einrichtung zum Entstauben von Gas zu schaffen, mit der Nachteile der bekannten Einrichtungen vermieden werden können und bei der insbesondere das bzw. jedes Filter stabil ist, eine hohe Lebensdauer hat, beständig gegen hohe Temperaturen ist und gut innerhalb des Behälters reinigbar ist.

Zur Lösung des genannten technischen Problems schlägt der Anspruch 1 des Klagepatents nach der von der Klägerin vorgenommenen Selbstbeschränkung gem. § 64 PatG eine Einrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Wirbelschicht-Einrichtung zum Entstauben von Gas

a) mit einem den Rohgas-Raum begrenzenden Gut- und Wirbelschicht-Behälter (3),

b) mindestens einem in den Rohgas-Raum (29, 269) hineinragenden Filter (19, 255)

c) und Gasleitmitteln (81), um das Gas zum Verwirbeln eines teilchenförmigen Gutes (99) im Rohgas-Raum von unten nach oben durch den Rohgas-Raum und vom Rohgas-Raum durch das bzw. die Filter hindurch zu leiten.

2. Jedes Filter hat einen Mantel (121, 257)

a) mit einem metallischen Stützelement (122), das Gasdurchlasslöcher aufweist,

b) wobei das Stützelement (122) umschlossen ist von einem Filtrationselement (125),

aa) das Gasdurchlasslöcher und eine Innenfläche aufweist,

bb) mit seiner Außenfläche an den Rohgas-Raum (29, 269) angrenzt,

c) wobei die Gasdurchlasslöcher des Filtrationselements (125) kleinere, lichte Weiten haben als die Gasdurchlasslöcher des Stützelements (122).

3. Das Stützelement (122) jedes Filters weist mindestens ein Drahtgewebe (123, 124) auf.

4. Das Filtrationselement (125) jedes Filters (19, 255)

a) ist metallisch und weist ein Drahtgewebe (123, 124) auf,

b) liegt im Wesentlichen mit seiner ganzen Innenfläche am Stützelement an und ist von diesem formbeständig gestützt,

c) ist bei Berührungsstellen, bei denen es das bzw. ein Drahtgewebe (123) des Stützelements (122) berührt, mit diesem versintert,

d) ist frei von Falten und/oder Wellen.

II.

Die angegriffene Ausführungsform 2 macht unter keinem patentrechtlichen Gesichtspunkt Gebrauch von der technischen Lehre des Klagepatents. Sie verwirklicht nämlich nicht das Merkmal 2 b) bb).

1)
Zunächst fehlt es an einer wortsinngemäßen Verwirklichung dieses Merkmals, welches verlangt, dass das Filtrationselement an den Rohgas-Raum angrenzt.

Laut Merkmal 2 hat jedes Filter einen Mantel. Der Mantel wiederum weist ein Stützelement und ein Filtrationselement auf. Im Anspruch werden alsdann das Stütz- und das Filtrationselement weiter spezifiziert:

Das Stützelement

– verfügt über Gasdurchlasslöcher (Merkmal 2a) und
– weist mindestens ein Drahtgewebe auf (Merkmal 3).

Hinsichtlich des Filtrationselements wird – unter anderem – gelehrt, dass

– es das Stützelement umschließt (Merkmal 2b),
– es Gasdurchlasslöcher und eine Innenfläche aufweist (Merkmal 2b aa)),
– es metallisch ist und ein Drahtgewebe aufweist (Merkmal 4a),
– es im Wesentlichen mit seiner ganzen Innenfläche am Stützelement anliegt und von diesem formbeständig gestützt ist (Merkmal 4b).

Der Fachmann versteht die Anforderung, wonach das Filtrationselement mit seiner Außenfläche an den Rohgas-Raum angrenzt, so, dass das Filtrationselement die äußere Grenze des Filtermantels darstellt und sich daran nur noch der Rohgas-Raum anschließt. Zwar führt grundsätzlich das (schlichte) Hinzufügen eines Bauteils, das nicht im Anspruch genannt ist, nicht aus dem Schutzbereich heraus, so dass selbst eine technische Verbesserung noch in den Schutzbereich eines Patents fallen kann (sog. abhängige Erfindung). Jedoch gilt dann etwas Anderes, wenn dem Anspruch zu entnehmen ist, dass nur dort genannte Bauteile vorhanden sein dürfen, weil der Anspruch insoweit abschließend zu verstehen ist.

Einen Anhaltspunkt dafür, dass sich – vom Stützelement aus betrachtet- anspruchsgemäß in Richtung des Rohgas-Raums kein weiteres Drahtgeflecht befinden darf, gibt dem Fachmann bereits der Wortlaut „angrenzen“. Schon darin kommt die Umschreibung einer „Grenzlage“ in dem Sinne zum Ausdruck, dass die Außenfläche des Filtrationselements die letzte Schicht vor dem Rohgas-Raum bildet, ohne dass es auf die Maschengröße des betreffenden Drahtgewebes ankommt.

Sodann erkennt der Fachmann folgenden systematischen Zusammenhang im Anspruch 1: Während anspruchsgemäß das Stützelement jedes Filters mindestens ein Drahtgewebe aufweist, weist das Filtrationselement jedes Filters ein Drahtgewebe auf. Hierbei fällt auf, dass der Anspruch 1 ausdrücklich besagt, dass das Stützelement mehrere Drahtgewebe haben kann – beispielsweise sieht der rückbezogene Unteranspruch 5 diesbezüglich ein inneres und ein äußeres Drahtgewebe vor. Da es demgegenüber in Bezug auf das Filtrationselement schlicht „ein Drahtgewebe“ heißt, gibt dies dem Fachmann einen Hinweis darauf, dass „angrenzen an den Rohgas-Raum“ so gemeint ist, dass das aus einer Drahtgewebeschicht bestehende Filtrationselement den körperlichen Abschluss des Mantels bildet – also dessen Grenze darstellt – und sich daran nur noch der reine Rohgas-Raum anschließt. Es heißt im Anspruch gerade nicht „dem Rohgas-Raum zugewandt“. Im Übrigen gibt schon das Merkmal 1b) allgemein vor, dass das Filter in den Rohgas-Raum hineinragt. Deshalb wird der Fachmann die Vorgabe des Merkmals 2 b) bb) in Bezug auf den näheren Aufbau des Filters ernst nehmen und das „Angrenzen“ nicht als bloße Verdeutlichung der bloßen Filterfunktion auffassen.

Der Schluss der Klägerin, dass der Anspruch mehrere Drahtgewebe der Filtrationsschicht zulasse, weil es in Bezug auf das Stützelement heißt: „mindestens ein Drahtgewebe“, widerspricht der begrifflichen Systemtik des Anspruchs 1: Er differenziert strikt zwischen Drahtgewebe des Stützelements einerseits und Drahtgewebe des Filtrationselements andererseits, so dass sich Rückschlüsse aus der zulässigen Anzahl von Drahtgeweben des Stützelements auf jene des Filtrationselements verbieten. Diese Sichtweise lässt sich auch nicht unter Hinweis auf die sprachliche Differenzierung zwischen den Formulierungen „aufweisen“ und „bestehen aus“ widerlegen: Denn sowohl in Bezug auf das Stützelement als auch in Bezug auf das Filtrationselement bedient sich der Anspruch der Formulierung „aufweisen“. Diese Wortwahl wird für beide Elemente des Mantels gewählt, aber nur bezüglich des Stützelements heißt es „mindestens ein Drahtgewebe“. Diese Differenzierung wird im Übrigen auch in der Beschreibung aufrecht erhalten (Sp. 7, Z. 21 ff. des Klagepatents).

Auch der weitere, von der Klägerin zur Untermauerung ihrer Auslegung bemühte Umkehrschluss aus dem Merkmal 4b) verfängt nicht. Dass das Filtrationselement im Wesentlichen mit seiner ganzen Innenfläche am Stützelement anliegt, bedeutet nicht, dass auch seine Außenfläche nur „im Wesentlichen“ an den Rohgas-Raum anzugrenzen brauche. Der Anspruch bringt allein zum Ausdruck, dass eine Stützung des Filtrationselements auch dann formbeständig möglich ist, wenn (nur) der Großteil der Innenfläche des Filtrationselements am Stützelement anliegt. Der Fachmann sieht, dass es hierbei um unterschiedliche technische Zusammenhänge geht, nämlich auf der einen Seite darum, einen hinreichenden Schutz des Filtrationselementes zu gewährleisten, auf der anderen Seite aber darum, eine bestmögliche Filterung des aus dem Rohgas-Raum in den Reingas-Raum strömenden Gases zu erzielen. Im Gegenteil wird der Fachmann daher aus dem Umstand, dass der Anspruch hinsichtlich des Innenbereichs gewisse Einschränkungen in Bezug auf das Anliegen am Stützelement ausdrücklich vorsieht, während im Merkmal 2b bb) schlicht von „angrenzen“ die Rede ist, erst recht annehmen, dass die gesamte Grenze zum Rohgas-Raum von der Außenfläche gebildet wird. Dass in den Absätzen [0028] und [0050] wiederholt wird, dass die Innenfläche des Filtrationselement im Wesentlichen mit seiner ganzen Innenfläche an der Außenfläche des Stützelements anliegt, gibt aus den zuvor genannten Erwägungen ebenfalls keinen Anlass zu einer abweichenden Auslegung.

Der Fachmann erachtet das Angrenzen der Außenfläche vor diesem Hintergrund als eine räumlich-körperliche Vorgabe, so dass sich eine funktionsorientierte Auslegung des Inhalts, dass es genüge, wenn die Außenfläche des Filtrationselements nur in einem solchen Umfang dem Rohgas-Raum zugewandt ist, dass die Filterfunktion – trotz teilweiser Überlappungen mit einem darüber liegenden Drahtgewebe – noch in hinreichendem Maße gewährleistet ist, verbietet. Ansonsten würde man nämlich die Grenzen zwischen wortsinngemäßer und äquivalenter Patentverletzung auflösen (vgl. allgemein dazu Meier-Beck, GRUR 2003, 9095, 907).

Mit dieser am Anspruchswortlaut orientierten Auslegung korrespondiert darüber hinaus auch der technische Sinngehalt des Merkmals 2b ) bb), welcher sich dem Fachmann anhand des im Klagepatent gewürdigten Standes der Technik gemäß der US -A-4 645 XXX erschließt. Jedes Filter dieser vorbekannten Einrichtung besitzt einen Mantel mit einem zylindrischen, Gasdurchlasslöcher aufweisenden, vorzugsweise aus einem perforierten Blech oder eventuell aus einem Kunststoffgitter oder Drahtgeflecht gebildeten Stützelement, einen auf dessen Außenseite angeordneten, von diesem abgestützten Filtrationselement und zu dessen Befestigung am Stützelement dienende Bandagen. Wie sich u.a. anhand der Figur 5 der Anlage D 4a des Nichtigkeitsverfahrens ergibt, sind derartige Bandagen in Form von Ringen ausgestaltet. Dem Fachmann ist klar, dass solche „Ringe“, die das gesamte Filtrationselement umschließen, die Filterfläche reduzieren. Gleiches gilt hinsichtlich der Klemmschellen gemäß dem Stand der Technik der US-A 5 112 XXX. Zwar wird dieser Umstand jeweils nicht ausdrücklich zum Gegenstand der Kritik des Klagepatents gemacht (vgl. Absätze [0005], [0006] und [0008] des Klagepatents und die oben vorgenommene Zusammenfassung der betreffenden Kritik) und auch nicht zum Bestandteil der subjektiven Aufgabenformulierung (Absatz [0009] des Klagepatents) gemacht. Gleichwohl erkennt der Fachmann, dass derartige Bandagen / Klemmschellen zwecks Befestigung des Filtrationselements am Stützelement nur dann notwendig sind, wenn die Filtrationselemente – wie im Stand der Technik – aus Papier oder textilem Gewebe bestehen, nicht jedoch bei einer Herstellung aus Drahtgewebe. Die patentgemäßen Filter haben insofern den Vorteil, dass auf solche zusätzlichen Elemente verzichtet werden kann und diese nicht die effektive äußere Filterfläche reduzieren, sondern die Außenfläche des Filtrationselements die äußere Grenze zum Rohgas-Raum bildet. Dies ist als Bestandteil der objektiven Aufgabe des Klagepatents anzusehen.

Ungeachtet dessen überzeugt das Verständnis der Klägerin, wonach „angrenzen“ damit gleichzusetzen sei, dass die Außenfläche des Filtrationselements dem Rohgas-Raum zugewandt sei und es insofern auch ausreiche, wenn nur Teile der Außenfläche im engeren Sinne eine Grenze zum Rohgas-Raum bildeten, auch aus einem anderen Grunde nicht. Zu Recht verweist die Beklagte diesbezüglich auf folgende Kontrollüberlegung: Wäre der Anspruch tatsächlich so zu verstehen, dass „angrenzen“ gleichbedeutend sei mit „zugewandt sein“, ließe sich sagen, dass auch das bzw. die Drahtgewebe des Stützelements an den Rohgas-Raum angrenzten, da auch deren – größere – Gasdurchlasslöcher letztlich dem Rohgas-Raum zugewandt sind. Es soll aber ausdrücklich nur die Außenfläche des Filtrationselemenst an den Rohgas-Raum angrenzen.

Dieses Verständnis des „Angrenzens“ gemäß Merkmal 2b) bb) vorausgesetzt, verwirklicht die angegriffene Ausführungsform 2 dieses nicht. Unstreitig ist bei dieser das Filtrationselement seinerseits – wenn auch nur teilweise – noch von einem vierten Drahtgewebe umgeben.

Soweit die Klägerin unter Hinweis auf Absatz [0025] des Klagepatents geltend macht, das Filtrationselement dürfe patentgemäß sehr wohl aus mehreren Schichten bestehen, mag zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass ihre Interpretation dieser Beschreibungspassage zutrifft. Gleichwohl vermag dies nicht ihren Vorwurf der Verletzung des Klagepatents zu belegen. Denn dem vierten Drahtgewebe der angegriffenen Ausführungsform 2 kommt nach ihrer eigenen Darstellung keine Filterfunktion zu. Die Klägerin hat in der Klageschrift (S. 31 unter Rn. 57) selbst ausgeführt, dass dieses Gewebe aufgrund seiner großen lichten Maschenweite nicht in relevanter Weise zur Filterung der Prozessluft beitragen kann. Der Fachmann wird das vierte Drahtgewebe deshalb nicht als Bestandteil des Filtrationselements ansehen. Insofern bleibt es dabei, dass die Außenfläche des Filtrationselements nicht im Sinne des Klagepatents an den Rohgas-Raum angrenzt.

Eine Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform 2 lässt sich schließlich auch nicht damit begründen, dass das vierte Drahtgewebe ein bloßes der Umgehung des Klagepatents dienendes „Placebo“ sei. Zwar hat die Kammer in ihrer Entscheidung vom 2.12.2004 (Az.: 4b O 508/03 – Nassrasierklingen) in der Art eines „obiter dictums“ einmal anklingen lassen, dass ein bloßes „Placebo“ unter Umständen nicht aus einer wortsinngemäßen Verletzung führen könne. Allerdings muss eine solche Ausnahme auf Extremfälle beschränkt bleiben. Denn es gilt zu beachten, dass ein Patentinhaber es in der Hand hat, im Erteilungsverfahren für einen möglichst umfassenden Schutz seiner Erfindung zu sorgen, weshalb er sich im Verletzungsrechtsstreit am von ihm gewählten Anspruchsumfang festhalten lassen muss (vgl. BGH, GRUR 2002, 519 – Schneidmesser II). Der Rechtsverkehr muss sich darauf verlassen können, dass die Patentansprüche unter Berücksichtigung der allgemeinen Auslegungsregeln den Schutzumfang abschließend umgrenzen. Die Klägerin hätte es in der Hand gehabt, den Anspruch 1 so zu formulieren, dass das Filtrationselement „im Wesentlichen mit seiner ganzen Außenfläche an den Rohgas-Raum angrenzt“. Insofern bedarf es hier keiner Entscheidung, ob dem vierten Drahtgewebe – wie von der Klägerin bestritten – eine Schutz- und/oder Stützfunktion zukommt. Selbst wenn man die Behauptung der Klägerin, wonach trotz des vierten Drahtgewebes noch 95 % des Filtrationselements an den Rohgas-Raum angrenzten, als richtig unterstellt, kann kein solcher Extremfall angenommen werden, der unter dem Gesichtspunkt eines „Placebos“ Anlass zur Annahme einer Patentverletzung gäbe. Wo genau die Grenze zu ziehen wäre, bedarf im konkret zu entscheidenden Einzelfall keiner Festlegung durch die Kammer.

2)
Auch der Fall einer – von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten – patentrechtlichen Äquivalenz liegt nicht vor.

Bei einer vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichenden Ausführung liegt eine Benutzung der technischen Lehre nur vor, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGH, GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil; BGH, GRUR 2002, 527 – Custodiol II; BGH, GRUR 2006, 313 – Stapeltrockner; BGH, GRUR 2007, 959 – Pumpeneinrichtung).

Es kann hier dahinstehen, ob überhaupt die Voraussetzungen der objektiven Gleichwirkung und des Naheliegens erfüllt sind. Es fehlt jedenfalls am Erfordernis der sog. Gleichwertigkeit, weshalb die Voraussetzungen einer patentrechtlichen Äquivalenz insgesamt nicht bejaht werden können. Es genügt aufgrund des Erfordernisses der Gleichwertigkeit für die Bejahung der Äquivalenz nicht, dass der Fachmann dank seines Fachwissens und gestützt auf den Stand der Technik überhaupt in der Lage war, das von der Klägerin gesehene Austauschmittel (vgl. insoweit die Wiedergabe ihres Hilfsantrages) als gleichwirkenden Ersatz aufzufinden. Vielmehr ist notwendig, dass er zu der abgewandelten Ausführungsform gelangen konnte, wenn er sich an der im Patentanspruch offenbarten technischen Lehre und dem darin zum Ausdruck kommenden Lösungsgedanken orientiert. Gerade daran fehlt es: Legt man „angrenzen“ in der hier vertretenen Weise aus, so wird der Fachmann geradezu von einer Lösung weggeführt, bei welcher auf die Außenfläche des Filtrationselements noch ein viertes Drahtgewebe ohne Filterfunktion aufgebracht wird.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit teilweise – nämlich in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform 1 – übereinstimmend für erledigt erklärt haben, fallen die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten zur Last. Nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigungserklärung waren die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche insoweit nämlich begründet. Insbesondere war es in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform 1 unstreitig, dass diese den Patentanspruch 1 wortsinngemäß verletzt.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit für die Beklagte findet ihre Grundlage in § 709 ZPO. Für die Klägerin ist die Vollstreckung unabhängig von einer Sicherheitsleistung, weil sie aufgrund des Umstandes, dass im Falle einer nur teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung über die gesamten Kosten des Rechtsstreits einheitlich im Urteil zu entscheiden ist, nicht benachteiligt werden darf: Ein Beschluss nach § 91 a ZPO wäre seiner Rechtsnatur nach ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (§ 91 a Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Insoweit ist auch der auf § 712 ZPO gestützte Hilfsantrag der Beklagten a priori unbehelflich; ungeachtet dessen hat sie die Voraussetzungen des § 712 ZPO auch nicht glaubhaft gemacht.