4b O 81/11 – Cistus incanus II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1641

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Mai 2011, Az. 4b O 81/11

Rechtsmittelinstanz: 2 U 53/11

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,

ein Extrakt aus Pflanzen der Gattung Cistus zur Herstellung eines Medikaments zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Influenza, wobei der Extrakt aus Pflanzen der Gattung Cistus incanus gewonnen wird, sinnfällig herzurichten, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

2. dem Kläger Auskunft über Umfang und Dauer der Handlungen gemäß Ziffer I.1. zu erteilen und Rechnung zu legen unter Angabe folgender Informationen:

a. Name und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1. sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren,

b. die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1. bezahlt wurden, unter Angabe der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen und Typenbezeichnungen, Lieferzeiten und Preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach den Angebotsmengen und Typenbezeichnungen, Angebotszeiten und Preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e. des erzielten Umsatzes sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– die Angaben ab 23.03.2011 zu machen sind.

– der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger allen Schaden zu ersetzen hat, der ihm und der A GmbH & Co. KG, B, durch die vorstehend zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen ab dem 23.03.2011 entsteht.

III. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,- €, für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des in englischer Verfahrenssprache abgefassten Europäischen Patents EP 1 924 XXX B1 (Anlage K 18, im Folgenden: Klagepatent; deutsche Übersetzung in Anlage K 19). Das Klagepatent nimmt eine Priorität vom 13.09.2005 in Anspruch. Es wurde am 13.09.2006 angemeldet, die Anmeldung wurde am 28.05.2008, die Erteilung des Klagepatents am 23.02.2011 veröffentlicht. Zu den benannten Vertragsstaaten gehört die Bundesrepublik Deutschland. Das Klagepatent steht in Kraft.

Das Klagepatent betrifft die Verwendung eines Extrakts zur Herstellung eines Medikaments zur Vorbeugung und / oder Behandlung von Influenza.

Der vorliegend allein maßgebliche Anspruch 1 des Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:

„Verwendung eines Extrakts aus Pflanzen der Gattung Cistus zur Herstellung eines Medikaments zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza, wobei der Extrakt aus Cistus incanus gewonnen wird.“

Der Kläger erteilte der A GmbH & Co. KG eine Lizenz unter anderem betreffend das Klagepatent. Mit Vereinbarung vom 14.03.2011 (Anlage K 17) trat diese die aus der dortigen Ziffer 3. ersichtlichen Ansprüche an den Kläger ab. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die als Anlage K 17 zu den Akten gereichte Ablichtung Bezug genommen.

Ausweislich des als Anlage K 12 vorgelegten Ausdrucks aus dem Internetauftritt der Beklagten unter www.C.com handelt es sich bei der Beklagten um ein „Direktvertriebsunternehmen im Network-Marketing“ mit 300.000 selbständigen Vertriebspartnern, das unter anderem in Deutschland Nahrungsergänzungsmittel, Gesundheits- und Schönheitsprodukte selbst herstellt. In der Produktpalette der Beklagten finden sich auch die folgenden Produkte:
– D (in der Folge: angegriffene Ausführungsform 1)
– E (in der Folge: angegriffene Ausführungsform 2)
– F (in der Folge: angegriffene Ausführungsform 3).
Insoweit wird auf den als Anlage K 13 zur Akte gereichten Ausdruck aus dem Internetauftritt der Beklagten Bezug genommen.

Der Kläger ist der Auffassung, die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 verletzten das Klagepatent wortsinngemäß und unmittelbar; diese würden im Internet als Mittel zur Prophylaxe bzw. Behandlung von Influenza beworben. „Medikament“ im Sinne des Klagepatents sei ein „Mittel“; unerheblich sei, ob dieses über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfüge und um welche Art von Produkt es sich handele.

Er ist der Ansicht, durch näher benannte Äußerungen in den als Anlagen K 6 bis K 9 sowie K 14 zur Akte gereichten Internetauftritten bzw. eMails seien die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 sinnfällig zur Prophylaxe und / oder zur Behandlung von Influenza hergerichtet. In diesen Internetauftritten werde Cistus incanus in Form der angegriffenen Ausführungsformen als Mittel gegen Grippe angepriesen. Wegen der Einzelheiten der in den Anlagen K 6 bis K 9 sowie K 14 getätigten Äußerungen wird auf die entsprechenden Anlagen Bezug genommen.

Der Kläger behauptet, bei den Internetauftritten gemäß der Anlagen K 6, K 8, K 9 und K 14 handele es sich um Internetseiten von Vertriebspartnern der Beklagten, die Anlage K 7 stelle eine von Vertriebspartnern der Beklagten versandte eMail dar. Die Beklagte versorge ihre Vertriebspartner mit Hintergrundinformationen zu Neuprodukten und Verkaufstipps; dazu erhielten die Vertriebspartner zumindest quartalsweise ein Magazin. Auch biete die Beklagte ein Schulungsprogramm an, in dem den Vertreibern vermittelt werde, „G-Verkaufsmethoden umsatzorientiert anzuwenden“. Insoweit nimmt der Kläger auf den Internetausdruck gemäß der Anlage K 2 Bezug.

Der Kläger meint, die Äußerungen gemäß der Anlagen K 6 bis K 9 sowie K 14 seien der Beklagten zurechenbar. Dies ergebe sich auch aus der Anlage K 15, in der die Beklagte ihr Vertriebskonzept beschreibe.

Der Kläger ist weiter der Meinung, das Herstellen der angegriffenen Ausführungsform 3 stelle eine mittelbare Verletzung des Klagepatents dar, da der Tee aus Cistrosen-Blättern hergestellt werde; durch das Aufbrühen werde dann ein wässriger Extrakt, das Tee-Getränk, hergestellt. Das Tee-Getränk, das einen wässrigen Extrakt von Cistus incanus enthalte, sei gleichzeitig ein Medikament im Sinne des Klagepatents zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza, was sich aus den Werbeaussagen gemäß der Anlagen K 8 und K 14 ergebe.

Der Kläger ist ebenfalls eingetragener Inhaber des Gebrauchsmusters DE 20 2005 020 XXX U1. Mit Schriftsatz vom 29.10.2009 mahnte er die Beklagte wegen einer – angeblichen – Verletzung des vorgenannten Gebrauchsmusters ab. Mit Schriftsatz vom 01.07.2010 hat der Kläger die Beklagte wegen der streitgegenständlichen angegriffenen Ausführungsformen 1, 2 und 3 zunächst auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wegen Verletzung des vorgenannten Gebrauchsmusters in Anspruch genommen. Mit Schriftsatz vom 16.03.2011 hat der Kläger die Klage um entsprechende Ansprüche, die er auf das Klagepatent stützt, erweitert. Die Kammer hat den das Klagepatent betreffenden Rechtsstreit mit Beschluss vom 24.05.2011 abgetrennt.

In dem das Klagepatent betreffenden Verfahren beantragt der Kläger sinngemäß,

I. wie erkannt,

sowie

II. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,

Tee aus Blättern der Pflanze der Gattung Cistus, der zur Herstellung eines Medikaments zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Influenza geeignet ist, wobei der Extrakt aus Pflanzen der Gattung Cistus incanus gewonnen wird, Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern,

2. ihm nach Maßgabe des Tenors zu I.2. auch bezüglich der Handlungen gemäß des Antrags zu Ziffer II.1. Auskunft über Umfang und Dauer der Handlungen zu erteilen und Rechnung zu legen,

III. festzustellen, dass die Beklagte ihm allen Schaden zu ersetzen hat, der ihm und der A GmbH & Co. KG, B, durch die vorstehend im Antrag zu Ziffer II.1. bezeichneten Handlungen seit 23.03.2011 entsteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im nachgelassenen Schriftsatz vom 02.05.2011 beantragt sie zusätzlich,

den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Einspruch gegen das europäische Patent EP 1 924 XXX auszusetzen.

Die Beklagte ist der Meinung, der Kläger sei im Hinblick auf die der A GmbH & Co. KG erteilte Lizenz bezüglich der geltend gemachten Unterlassungsansprüche sowie des Auskunftsanspruchs nicht aktivlegitimiert.

Sie ist weiter der Ansicht, die Aussagen in den Internetauftritten gemäß der Ausdrucke der Anlagen K 6 bis 9 und K 14 seien ihr nicht zuzurechnen. Sie behauptet, ihre Berater seien nicht ihre Händler; die Berater seien für Aufbau und Inhalt ihrer Webseiten selbst verantwortlich; sie selbst sei mit der entsprechenden Bewerbung nicht einverstanden gewesen; auf das Verhalten der Berater, die selbständige Unternehmer seien, habe sie keinen Einfluss.

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 02.05.2011 trägt die Beklagte vor, die Berater könnten die Einsatzgebiete von Cistus incanus dem Produktaufkleber bzw. der Umverpackung gemäß Anlage B 8 entnehmen. Darüber hinaus erhielten die Berater Produktflyer (vorgelegt als Anlage B 9) und könnten sich an den Beschreibungen und Werbeangaben im Prospekt der Beklagten (Anlage B 10) orientieren. Anlässlich der Einführung neuer Produkte werde an die Führungskräfte zur Weiterleitung an die untergeordnete Struktur Informationsmaterial per eMail versandt, wie zum Beispiel unter dem 19.04.2006 bezogen auf die Einführung von Cistus incanus (Anlage B 11). Darüber hinaus könnten die Berater sich bei der Beklagten persönlich informieren; seit 2006 gebe es bei der Beklagten die aus der Anlage B 12 ersichtliche hausinterne Sprachregelung. Desweiteren habe sie – die Beklagte – die aus der Anlage B 13 ersichtlichen Internetrichtlinien entwickelt, die dem Partner bei Unterzeichnung des Partnervertrages zur Verfügung gestellt würden und die häufigsten Fehlerquellen und Risiken aufzeigen würden. Darüber hinaus nehme die Beklagte ihr bekannt gewordene Fehler ihrer Berater zum Anlass, diese persönlich und gezielt darauf anzusprechen und um Abhilfe zu bitten.

Die Beklagte ist der Auffassung, eine Patentverletzung sei ohnehin nicht gegeben, da die Anlagen K 5 bis K 9 sich nicht auf die Verwendung eines Extraktes aus Cistus incanus bezögen; bei den angegriffenen Ausführungsformen werde Cistus als Feinschnitt verarbeitet; darüber hinaus werde Cistus incanus nicht zur Herstellung eines Medikamentes, sondern zur Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels verwendet, was sich aus Anlage K 6 ergebe.

In Bezug auf den im nachgelassenen Schriftsatz vom 02.05.2011 angekündigten Aussetzungsantrag trägt die Beklagte vor, sie werde gegen das Klagepatent Einspruch einlegen, da das Klagepatent weder neu noch erfinderisch sei. Sie gehe davon aus, dass der von ihr und anderen eingelegte Einspruch Erfolg haben werde. Sie meint, die Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents sei gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere gegenüber den Entgegenhaltungen D 18 bis D 21 aus dem bezüglich des Gebrauchsmusters geführten Löschungsverfahrens nicht erfinderisch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat teilweise Erfolg. Sie ist bezüglich der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 (Kapseln und Spray) begründet, im übrigen (angegriffene Ausführungsform 3 (Tee)) ist sie unbegründet. Anlass zur Aussetzung nach § 148 ZPO oder zur Wiedereröffnung des Verfahrens besteht nicht.

I.
Das Klagepatent betrifft die Verwendung eines Extrakts zur Herstellung eines Medikaments zur Vorbeugung und / oder Behandlung der Influenza, sowie eine Tablette und ein Aerosol, enthaltend den Extrakt.

Nach dem Klagepatent ist die Influenza, die auch unter der Bezeichnung Grippe bekannt ist, eine ansteckende virale Erkrankung, die sich in saisonalen Epidemien um die Welt verbreitet. Man unterscheidet drei Virentypen A, B und C. B und C sind auf den Menschen beschränkt, während Typ A sich über Säugetiere und Vögel erstreckt (Klagepatent Absatz [0002]). Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor einer globalen Influenza-Pandemie in den kommenden Jahren. Epidemien und Pandemien werden am ehesten von Influenzaviren des Typs A verursacht (Klagepatent Absatz [0003]).

Aus dem Stand der Technik nennt das Klagepatent die Impfung als das wichtigste Mittel zur Vorbeugung einer viralen Erkrankung. Im Rahmen der Prävention ist die Impfung jedoch darauf angewiesen, dass ein Impfstoff gegen ein bestimmtes Virus hergestellt wird. Dies setzt voraus, dass der Virus bereits existieren muss. Dies und die lange Zeit für die Entwicklung des Impfstoffs (ca. 4 Monate) führten zu einer wesentlichen Einschränkung seines Einsatzes bei einer globalen Pandemie, was das Klageschutzrecht als nachteilhaft ansieht (Klagepatent Absatz [0006]).

Aus dem Stand der Technik sind antivirale Wirkstoffe, die zur Behandlung von Influenza wirksam sind, bekannt. Dazu zählen – so das Klagepatent – Amantadine, Rimantadine, Zanamivir, Oseltamivir und Ribavirin (Klagepatent Absatz [0007]).

Hieran kritisiert das Klagepatent, dass alle aufgeführten Medikamte Nebenwirkungen aufwiesen, die zum Teil schwerwiegend sein könnten. Oseltamivir beispielsweise, das unter der Bezeichnung F® vertrieben werde, zeige als häufige Nebenwirkungen Übelkeit, Erbrechen und Magenschmerzen. Seine Anwendung sei erst ab dem 13. Lebensjahr indiziert, da bei Jugendlichen unterhalb der Altersgrenze zum Teil schwere Nebenwirkungen wie Ohrenentzündungen, Lungenentzündungen, Entzündungen der Nasennebenhöhlen, Bronchitis, Lymphknotenschwellungen und Bindehautentzündungen beobachtet würden. (Rote Liste, Arzneimittelverzeichnis für Deutschland 2004) (Klagepatent Absatz [0007]).

Aus dem Stand der Technik führt das Klagepatent weiter antivirale Medikamente an, die bei der Prophylaxe einer viralen Erkrankung sowie bei ihrer Behandlung wirksam sind. Als nachteilhaft sieht es an, dass die direkte medizinische Heilung einer Viruserkrankung bisher noch nicht gelungen sei (Klagepatent Absatz [0008]).

Als weiteren Stand der Technik führt das Klagepatent an, dass eine keimtötende Wirkung bei Extrakten aus Pflanzen der Gattung Cistus bekannt ist. Die Cistus Art incanus und ihre Unterspezies tauricus, welche beide im Mittelmeer-Raum verbreitet sind, haben bereits in der traditionellen Heilkunde dieser Region Verwendung gefunden. Cistus incanus wird in der Tierhaltung als natürliches Heilmittel sowie allgemein zur Steigerung des Gesundheitszustandes der Tiere (Pieroni, A.; Howard, P; Volpato, G.; Santoro, R. F. Vet. Res. Commun. 2004, 27 (1), 55-88) verwendet. In nördlichen Teilen Griechenlands wurde Cistus incanus ssp. tauricus traditionell zur Behandlung von Hauterkrankungen verwendet (Petereit, F., Kolodziej H., Nahrstedt A. Phytochemistry 1991, 30 (3), 981-985) (Klagepatent Absatz [0010]).

Sodann führt das Klagepatent aus, dass aus Petereit, F., Kolodziej H., Nahrstedt A. Phytochemistry 1991, 30 (3), 981-985 bekannt ist, dass Cistus Spezies unter anderem Flavanoide und Proanthocynidine enthalten, die nach Attaguile, G.; Russo, A.; Campisi, A. Cell Biol Toxicol. 2000, 16 (2), 83-90 im Körper als Antioxidationsmittel fungieren können. Aus Bouanmama, H. et al. Therapie 1999, 54 (6), 731-3 ist bekannt, dass Extrakte der Blätter von Cistus incanus antibakteriell und antimykotisch wirken (Klagepatent Absatz [0011]).

Am Stand der Technik kritisiert das Klagepatent weiter, dass die Staaten der Weltgemeinschaft als präventive Maßnahme für den Fall einer drohenden Pandemie, welche durch die Vogelgrippe verursacht werden könne, auf antivirale Medikamente setzten. Beispielsweise sei das oben bereits aufgeführte Medikament Oseltamivir (F®; G) in erheblichen Mengen von einigen Staaten als Vorrat für den Fall einer Pandemie bestellt worden, wobei befürchtet werde, dass das Medikament im Ernstfall schnell aufgebraucht werden könne. Die immense Nachfrage habe außerdem zu großen Engpässen in der Produktion geführt (Klagepatent Absatz [0012]). Außerdem sei die Verwendung (bekannter) antiviraler Wirkstoffe zunehmend dadurch gefährdet, dass diese als Breitbandmedikamente in der Tierhaltung verwendet würden. Ungeachtet internationaler Verbote hätten solche Praktiken beispielsweise in China zu einer Resistenz mancher Stämme der Vogelgrippe gegen letztere geführt. Hinzu kämen die häufigen Nebenwirkungen dieser Mittel, die zum Teil schwer sein könnten. Ferner seien diese Medikamente in manchen Fällen nur für bestimmte Altersgruppen indiziert, wie beispielsweise Oseltamivir (F®), das erst ab dem 13. Lebensjahr angewandt werden könne (Klagepatent Absatz [0013]).

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, ein antivirales Medikament zur Prophylaxe und / oder zur Behandlung von Influenza zur Verfügung zu stellen, das kostengünstig hergestellt werden kann und keinerlei Nebenwirkungen bei der Verabreichung hervorruft (Klagepatent Absatz [0014]).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent einen Anspruch 1 mit folgenden Merkmalen vor:

1. Verwendung eines Extraktes aus Pflanzen der Gattung Cistus

2. zur Herstellung eines Medikaments

3. zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza,

4. wobei der Extrakt aus Pflanzen der Gattung Cistus incanus gewonnen wird.

II.
Die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 machen von der Lehre des Klagepatents in wortsinngemäßer Weise Gebrauch. Insoweit stehen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gegen die Beklagte zu.

1.
Die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 verwirklichen sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents. Sowohl die Kapseln (angegriffene Ausführungsform 1) als auch das Spray (angegriffene Ausführungsform 2) enthalten einen Extrakt aus Pflanzen der Gattung Cistus (Merkmal 1 der vorstehenden Merkmalsanalyse).

Der Fachmann versteht unter einem Extrakt das Endprodukt eines Extraktionsverfahrens. Dies ergibt sich aus Absätzen [0016] bis [0022] des Klagepatents und stimmt mit dem allgemeinen Verständnis überein. Nach dem Klagepatent wird der Extrakt durch Extraktion gemäß der Absätze [0018] ff. aus den oberirdischen Teilen der Pflanzen gewonnen. Die Pflanzenteile werden direkt nach der Ernte, also in rohem Zustand, einer Extraktion unterworfen. Alternativ werden Pflanzenteile vor der Extraktion getrocknet. Anschließend werden die Blätter der Pflanze in geeigneter Weise zerkleinert, indem sie beispielsweise gerieben oder geschnitten werden (Absatz [0017]). In Absatz [0018] beschreibt das Klagepatent weiter, dass die Extraktion mit einem geeigneten Lösungsmittel, vorzugsweise einem Gemisch aus Wasser mit Methanol oder Ethanol erfolgt, wodurch ein flüssiges oder halbfestes Rohprodukt erhalten wird, das in dieser Form zur Herstellung eines Medikamentes zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza eingesetzt werden kann (Absatz [0022]). Dieses Rohprodukt ist nach dem Klagepatent das Extrakt. Nach Absatz [0016] des Klagepatents sind 20 Arten der Gattung Cistus bekannt, unter anderem Cistus incanus.

Auf Grundlage des vorgenannten Verständnisses verwirklichen die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 Merkmal 1 des Schutzanspruchs 1 in wortsinngemäßer Weise. Denn sie enthalten ausweislich des Internetauftritts der Beklagten (Anlage K 13) 73 % Cistus-Incanus-Extrakt (Kapseln) bzw. 86 % Cistus-Incanus-Extrakt (Spray). Der Einwand der Beklagten, aus der Anlage K 5 ergebe sich, dass zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 Cistus lediglich als Feinschnitt und nicht als Extrakt verwendet werde, greift angesichts der Angabe der Inhaltsstoffe gemäß Anlage K 13 nicht durch und steht darüber hinaus im Widerspruch zu den Angaben zur Extraktherstellung unter Ziffer 3. in der mit nachgelassenem Schriftsatz vom 02.05.2011 vorgelegten Anlage B 11. Bezüglich der angegriffenen Ausführungsform 2 – des Sprays – erschließt sich auch nicht, inwieweit ein Feinschnitt versprüht werden könnte. Im übrigen spricht neben den Angaben zur Extraktgewinnung in Anlage B 12 auch die von der Beklagten selbst vorgenommene Unterscheidung zwischen „Cistus-Incanus-Extrakt“ (s. Anlage K 13 zu den angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2) und „Zistrosenblätter (Cistus Incanus)“ (s. Anlage K 13 zur angegriffenen Ausführungsform 3) dafür, dass es sich bei dem von der Beklagten als Extrakt bezeichneten Stoff um etwas anderes als bloßen getrockneten Feinschnitt handelt. Darüber hinaus hat die Beklagte zwar bestritten, dass in Kapseln und Sprays ein schutzrechtsgemäßer Extrakt enthalten sei, sie hat aber nicht konkret vorgetragen, wie sie diese – ohne Extrakt – herstellt. Dies genügt, auch ausweislich der Angabe der Inhaltsstoffe im Internetauftritt der Beklagten und den Angaben zur Extraktgewinnung gemäß Anlage B 12, nicht.

2.
Der Extrakt wird, wie sich aus der Anlage K 13 ergibt, aus Cistus Incanus, also aus Pflanzen der Gattung Cistus Incanus, gewonnen (Merkmal 4). Dies wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

3.
Der Extrakt findet, soweit die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 betroffen sind, Verwendung zur Herstellung eines Medikaments im Sinne des Merkmals 2 der Merkmalsgliederung. Denn die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 stellen Medikamente im Sinne der Lehre des Klagepatents dar.

Nach dem Klagepatent ist ein Medikament ein unter Verwendung des Extraktes in einem weiteren Arbeitsschritt hergestelltes Heilmittel, das keiner arzneimittelrechtlichen Zulassung bedarf.

Dass ein Medikament ein Heilmittel ist, also ein Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der / die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von Krankheiten bestimmt ist / sind oder aber verwendet bzw. verabreicht wird / werden, um menschliche bzw. tierische physiologische Funktionen wiederherzustellen, zu korrigieren, oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen, entspricht dem allgemeinen Fachverständnis. Dieses steht in Übereinstimmung mit dem vom Klagepatent zugrunde gelegten Verständnis. Aus der Zusammenschau mit Merkmal 3 des Anspruchs 1 sowie aus Absatz [0014] des Klagepatents folgt, dass ein patentgemäßes Medikament ein Heilmittel darstellt. Denn danach ist technischer Sinn und Zweck des Medikaments die Anwendung zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza.

Dass das Medikament das Produkt einer Weiterverarbeitung des Extrakts ist, entnimmt der Fachmann dem Anspruch 1 sowie den Absätzen [0022], [0023] und [0028] bis [0030] des Klagepatents. In seinem Anspruch 1 (Merkmal 2) setzt das Klagepatent voraus, dass der Extrakt einem weiteren Arbeitsschritt unterworfen wird. Denn danach wird der Extrakt „zur Herstellung eines Medikaments“ verwendet. Daraus folgt, dass der Extrakt selbst noch nicht das Medikament, sondern lediglich Grundlage für dessen Herstellung ist. Dieses Verständnis wird gestützt von Absätzen [0022] und [0023], die nach Gewinnung des Extrakts ersichtlich einen weiteren Arbeitsschritt zur Herstellung des Medikaments voraussetzen. Absatz [0023] spricht ausdrücklich davon, dass das Rohprodukt (also der Extrakt) vor Verarbeitung zu einem Medikament aufkonzentriert, etc. werden könne. Dem entnimmt der Fachmann, dass der Extrakt selbst noch nicht das schutzrechtsgemäße Medikament ist, sondern zur Herstellung des Medikaments ein weiterer Arbeitsschritt erforderlich ist.

Das patentgemäße Medikament kann in galenischer Applikationsform oder als Nahrungsergänzungsmittel vorliegen. Dies folgt aus Absatz [0028] des Klagepatents. Danach kann der Extrakt in jeder dem Fachmann geläufigen galenischen Applikationsform angewendet werden oder, etwa in Form eines Pulvers, in Lebensmittel (wie Tierfutter) beigemischt – also als Nahrungsergänzungsmittel – eingesetzt werden. Absätze [0029] und [0030] zählen weitere Verarbeitungsmöglichkeiten des Extraktes auf. Daraus schließt der Fachmann weiter, dass das Klagepatent eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Medikament nicht voraussetzt. Denn es stellt nicht auf eine solche Zulassung, sondern darauf ab, dass der Extrakt in irgendeiner Weise so verarbeitet wird, dass er etwa in galenischer Form oder über Beimischung zu Lebensmitteln aufgenommen werden kann und so seinen technischen Sinn und Zweck, nämlich die Behandlung bzw. Vorbeugung von Influenza, erfüllen kann.

Auf Grundlage dieses Verständnisses findet der Extrakt bei den angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 Verwendung zur Herstellung eines Medikamentes. Denn in der Weiterverarbeitung des gewonnenen Extraktes zu den galenischen Applikationsformen Tablette bzw. Spray liegt die Herstellung eines Medikaments im Sinne der Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents. Das Argument, es handele sich bei den angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 nicht um Medikamente, sondern um Nahrungsergänzungsmittel, verfängt nicht, da nach dem zuvor dargelegten Verständnis des Fachmannes auch Nahrungsergänzungsmittel Medikamente im Sinne des Klagepatents darstellen.

4.
Die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 machen auch von Merkmal 3 der Merkmalsgliederung wortsinngemäß Gebrauch. Danach wird das hergestellte Medikament zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza verwendet.

Insoweit stellt der Anspruch 1 eine konkrete Verwendung eines im Stand der Technik vorbekannten Stoffs unter Schutz (sog. zweckgebundener Stoffschutz, vgl. BGH GRUR 1987, 794 (795) – Antivirusmittel).

Dem „zweckgebundenen Stoffschutz“ wohnt ein finales Element, nämlich eine bestimmte Zweckverwirklichung, inne. Diese bildet einen wesentlichen Bestandteil der unter Schutz gestellten Erfindung, die nur durch die Verwirklichung des ihr innewohnenden Zwecks realisiert wird. Wird dieser Zweck weder angestrebt noch zielgerichtet erreicht, sondern ein anderer als der im Patentanspruch genannte Zweck verwirklicht, so scheidet eine Benutzung des Patentgegenstandes aus (BGH GRUR 1987, 794 (795) – Antivirusmittel).

Der dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Klagepatents innewohnende Zweck ist der Einsatz des Medikaments zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza.

Unter Influenza versteht das Klagepatent, wie sich insbesondere aus Absätzen [0002] und [0026] ergibt, eine ansteckende virale Erkrankung, auch Grippe genannt, die durch drei Virentypen, A, B und C verursacht wird. Dies steht in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Fachverständnis.

Handlungen, die der Verwirklichung des dem Klagepatent innewohnenden Zwecks dienen, benutzen den Gegenstand des Klagepatents. Dabei ist für die Beantwortung der Frage, ob der im Schutzrecht genannte oder ein anderer Zweck verfolgt oder erreicht wird, ein praktisch vernünftiger Maßstab anzulegen, der für sophistische Betrachtungsweisen keinen Raum lässt. Dass ein Mittel sich auch für den im Klageschutzrecht genannten Zweck eignet, besagt noch nicht, dass es diesen Zweck auch verwirklicht. Zur Benutzung der in dem „zweckgebundenen Anspruch“ unter Schutz gestellten Lehre muss vielmehr hinzukommen, dass der der Erfindung innewohnende Zweck im Sinne der konkreten Zielrichtung der patentierten Lehre in einem praktisch erheblichen Umfang erreicht (verwirklicht) wird (BGH GRUR 1987, 794 (795) – Antivirusmittel). Eine Benutzung kommt nur in Betracht, wenn der im Schutzanspruch genannte, spezifische Verwendungszweck der Erfindung angestrebt oder zielgerichtet erreicht wird (LG Düsseldorf, Urt. v. 24.02.2004, 4a O 12/03, Rn 56 – Ribavirin (zitiert nach juris)).

Auf Grundlage dieses Verständnisses verwirklichen die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 auch Merkmal 3 der Merkmalsanalyse in wortsinngemäßer Weise, und zwar durch die Äußerungen in den vorgelegten Ausdrucken von Internetauftritten (Anlagen K 6 bis K 9, K 14).

Zwar werden im Falle des zweckgerichteten Stoffschutzes von dem Schutzrecht nicht nur solche Handlungen erfasst, die unmittelbar die Anwendung betreffen, sondern auch solche Handlungen, bei denen der Stoff oder die Sache zu der betreffenden Verwendung sinnfällig hergerichtet wird. Eine solche sinnfällige Herrichtung kann durch eine besondere Gestaltung des Stoffes oder der Sache, eine ihm / ihr beim Vertrieb beigegebene Gebrauchsanleitung in Form eines Beipackzettels oder in sonstiger Weise geschehen (vgl. BGH GRUR 1990, 505 (506) – geschlitzte Abdeckfolie; LG Düsseldorf, Urt. v. 24.02.2004, 4a O 12/03, Rn 56 – Ribavirin (zitiert nach juris)).

Allein in der – von der Beklagten vorgenommenen – Gestaltung der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 als galenische Applikationsformen (Kapseln und Spray) liegt noch keine sinnfällige Herrichtung zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza. Denn der Einsatzbereich der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 ist durch die Darreichungsform nicht zielgerichtet auf die Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza. Eine solche Zielrichtung ergibt sich auch nicht aus dem Internetauftritt der Beklagten selbst. Dort ist von einem Einsatz der angegriffenen Ausführungsformen 1 und / oder 2 bei Influenza keine Rede.

Eine Verwirklichung des Merkmals 3 liegt jedoch über die Äußerungen in den weiteren vorgelegten Ausdrucken von Internetauftritten (Anlagen K 6 bis K 9, K 14) vor. Danach sind die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 zur Prophylaxe und / oder Behandlung der Influenza sinnfällig hergerichtet. Denn dort wird jeweils ausdrücklich vom Einsatz von Cistus incanus der Beklagten gegen Grippe bzw. Viren gesprochen.

So finden sich in Anlage K 6 unter anderem die Äußerungen „Cistus Incanus gegen die Schweinegrippe und allen Viren“ und „Cistus Incanus gegen vorzeitige Alterung, Pilze, Bakterien und Viren“; in Anlage K 7 heißt es „Wie viele schon wissen gibt es bei G seid über 3 Jahren Cistus Incanus Kapseln die uns vor Schweinegrippe schützen können! Cistus ist ein Vierenkiller auf Naturbasis …“. In Anlage K 8 finden sich unter der Überschrift „CISTUS INCANUS als Kapsel und Tee“ unter anderem die Aussagen „Der natürliche Schutz der Zellen gegen alle Arten von Viren und Bakterien“, „Zur Vorbeugung, aber auch im akuten Fall“. In den aus der Anlage K 9 ersichtlichen Blog ist ein Bericht des Herrn Dr. H (Stand November 2009) eingestellt, der die Aussagen „Sollten Sie in den nächsten Tagen grippeähnliche Symptome verspüren, nehmen Sie sofort 3×3 bis 3×5 Kapseln Cistus Incanus zu sich, bis die Symptome abklingen“ und „Es gibt zur Zeit keinen Impfstoff gegen das Virus H1N1. Meine Empfehlung geht daher ganz klar in Richtung Cistus Incanus, eine medizinisch sehr sinnvolle Maßnahme. Ich wünsche Ihnen viel Gesundheit und keine Grippe mit unserem Naturpräparat Cistus Incanus“ enthält. In Anlage K 14 schließlich finden sich folgende Aussagen: „Cistus Incanus Kapseln – Zecken, Borreliose und Grippe ade?“, „Der ‚Anti-Zecken-Tee‘? – Borreliose ade? – Der Anti-Grippe-Tee“, „Cistus Incanus Spray ideal für Unterwegs – Das beste Grippemittel?“

Außerdem werden in diesem Zusammenhang in den Anlagen K 6, K 7, K 8, K 9 und K 14 jeweils ausdrücklich die Kapseln (angegriffene Ausführungsform 1) genannt, in K 14 zusätzlich auch das Spray (angegriffene Ausführungsform 2). Die Anlagen K 8 und K 14 nehmen darüber hinaus über die Einblendung von Abbildungen des Sprays auf die angegriffene Ausführungsform 2 Bezug. Darin liegt eine Zweckbestimmung der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza.

III.
Die angegriffene Ausführungsform 3 (Tee) macht von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Insoweit liegt die von dem Kläger geltend gemachte mittelbare Verletzung des Anspruchs 1 des Klagepatents nicht vor.

Es fehlt an der Verwirklichung des Merkmals 2. Selbst wenn, was zu Gunsten des Klägers unterstellt werden kann, in dem Aufbrühen des Tees die Herstellung eines Extraktes liegen sollte, fehlt es an der Verwendung des Extraktes zur Herstellung eines Medikaments. Denn der Käufer des Tees, der – wie sich aus der Anlage K 13 ergibt – aus getrockneten Zistrosenblättern und Pfefferminzblättern besteht, wird diesen bestimmungsgemäß zu einem Teegetränk aufbrühen, das er anschließend trinken wird. Auch wenn das Ergebnis des Aufbrühprozesses einen Extrakt aus Cistus Incanus darstellt, wird dieser nicht zweckgebunden zur Herstellung eines Medikaments verwendet. Denn das Teegetränk wird nicht weiter verarbeitet. Es wird schlicht getrunken. Darin liegt nach dem unter II.3. dargestellten Verständnis aber nicht die Herstellung eines Medikaments. Darauf, ob das Teegetränk zur Prophylaxe / Behandlung von Influenza eingesetzt wird, kommt es angesichts dessen nicht an. Denn der Wortlaut des Schutzanspruchs 1 ist insoweit eingeschränkt, als er zunächst die Verwendung des Extrakts zur Herstellung eines Medikaments vorausgesetzt wird. Der direkte Einsatz des Extrakts zur Prophylaxe / Behandlung von Influenza genügt danach nicht. Dass nach Absatz [0025] des Klagepatents der „Extrakt“ zur Prophylaxe / Behandlung von Influenza eingesetzt wird, führt nicht zu einer Erweiterung des enger formulierten Schutzanspruchs 1.

IV.
Dem Kläger stehen die in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte zu. Aus der Verletzung des Klagepatents ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf die ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung. Der Anspruch beruht auf Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 9, 139 Abs. 1 PatG.

a.
Der Kläger ist zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs aktivlegitimiert. Denn er ist eingetragener Inhaber des Klagepatents. Die der A GmbH & Co. KG erteilte „Vertriebslizenz“ steht der Aktivlegitimation des Klägers nicht entgegen. Diese ergibt sich schon aus der Eintragung. Darüber hinaus hat sich der Kläger mit der Vertriebslizenz nicht aller Rechte aus dem Klagepatent begeben (vgl. BGH GRUR 2008, 896 (898) – Tintenpatrone). Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bestritten hat, dass es sich bei der der A GmbH & Co. KG erteilten Lizenz um eine reine Vertriebslizenz handelt, ist dieses Bestreiten angesichts der vorgelegten Vereinbarung (Anlage K 17) zu pauschal. Denn in der Vereinbarung hat der Kläger zugleich unter Ziffer 2. erklärt, dass er der A GmbH & Co. KG eine ausschließliche Vertriebslizenz eingeräumt habe. Konkrete Anhaltspunkte, die geeignet wären, die Richtigkeit der abgegebenen Erklärung in Zweifel zu ziehen, sind auf Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstandes nicht ersichtlich.

b.
Die Beklagte ist passivlegitimiert. Die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 stellen nach den obigen Ausführungen eine wortsinngemäße Benutzung der Lehre des Klagepatents dar, die ohne Berechtigung erfolgt. Auch wenn sich die konkrete Verwendung des von der Beklagten hergestellten Medikaments zur Prophylaxe / Behandlung von Influenza erst aus den Äußerungen in den Internetauftritten ihrer Vertriebspartner findet, haftet die Beklagte. Denn Schuldner des Unterlassungsanspruchs ist nicht nur, wer in eigener Person einen der Benutzungstatbestände des § 139 Abs. 1 PatG verwirklicht oder vorsätzlich die Verwirklichung des Benutzungstatbestands durch einen Dritten ermöglicht oder fördert. Verletzer und damit Schuldner ist vielmehr auch, wer die Verwirklichung des Benutzungstatbestands durch den Dritten ermöglicht oder fördert, obwohl er sich mit zumutbarem Aufwand die Kenntnis verschaffen kann, dass die von ihm unterstützte Handlung das absolute Recht des Patentinhabers verletzt (BGH GRUR 2009, 1142 (1144) – MP3-Player-Import). Die Kammer schließt sich den entsprechenden Ausführungen des BGH in dem vorstehend genannten Urteil vollumfänglich an. Daran, dass die vorgenannten Voraussetzungen in der Person der Beklagten verwirklicht sind, besteht kein ernsthafter Zweifel.

Die Beklagte fördert jedenfalls die Anpreisung der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 zum Einsatz gegen Influenza. Sie gibt selbst an, dass sie ein „Direktvertriebsunternehmen im Networkmarketing“ sei (Anlage K 12). Dabei produziert sie die von den Vertriebspartnern vertriebenen angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 und stellt diese den Vertriebspartnern zur Verfügung. Ausweislich ihres eigenen Internetauftritts (Anlage K 2) versorgt sie ihre Vertriebspartner mit einem quartalsweise erscheinenden Magazin. Mit diesem Verhalten fördert sie die konkrete Produktbewerbung durch die Vertriebspartner, und zwar auch dann, wenn diese „selbständig“ (Anlage K 2) sind. Ein Weisungsverhältnis zwischen Förderer und Gefördertem ist nicht erforderlich. Spätestens seit Erhalt der Abmahnung vom 29.10.2009 weiß die Beklagte positiv, dass jedenfalls einige ihrer Vertriebspartner die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza anpreisen. Vor Erhalt der Abmahnung hat sie sich jedenfalls pflichtwidrig keine entsprechende Kenntnis verschafft. Denn die Beklagte stellt die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 her und liefert sie an ihre Vertriebspartner, ohne diese auf das zu Gunsten des Klägers bestehende Schutzrecht oder darauf hinzuweisen, dass die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 nicht zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza vertrieben werden dürfen. Davon geht die Kammer aus, da die Beklagte auch nach Hinweis auf die sie treffende sekundäre Darlegungslast in der mündlichen Verhandlung zu ihrem Verhalten gegenüber den Vertriebspartnern im Zusammenhang mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 keine hinreichenden Einzelheiten vorgetragen hat. Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten genügt den prozessualen Anforderungen nicht. Er ist nicht ausreichend substantiiert. Dies gilt auch für den Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz vom 02.05.2011. In diesem Schriftsatz benennt die Beklagte die Anlagen B 8, B 9 und B 10 als mögliche Informationsquellen der Berater. In diesen Anlagen findet sich kein Hinweis auf das zu Gunsten des Klägers bestehende Schutzrecht oder darauf, dass die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 nicht zur Prophylaxe und / oder Behandlung von Influenza eingesetzt werden dürften. Auch in der an die Führungskräfte gerichteten eMail (Anlage B 11) sind entsprechende Hinweise nicht enthalten. Darüber hinaus ist die als Anlage B 12 vorgelegte, undatierte „interne Sprachregelung“ nicht geeignet, konkreten Vortrag zum Verhalten der Beklagten gegenüber ihren Vertriebspartnern zu ersetzen. Es erschließt sich schon nicht, ob diese „interne Sprachregelung“ den Beratern zur Verfügung gestellt wird. Dies stünde jedenfalls im Widerspruch zu dem bisherigen Vortrag der Beklagten, wonach sie keinen Einfluss auf die selbständigen Vertriebspartner habe. Soweit die Beklagte nunmehr mit der Anlage B 13 Internetrichtlinien (Stand 04/2010) vorlegt, die sie ihren Partnern bei Unterzeichnung des Partnervertrages zur Verfügung stelle, steht dies im Widerspruch zu ihrem bisherigen Vortrag, wonach sie auf die Werbeaussagen ihrer Berater keinen Einfluss habe. Denn in der Anlage B 13 finden sich genaue und – ausweislich der Ziffer 12. der Anlage B 13 strafbewehrte – Verhaltensanweisungen an die Vertriebspartner. Für den Wechsel ihres Vortrages nach dem in der mündlichen Verhandlung vom 24.03.2011 erteilten Hinweis liefert die Beklagte keinerlei Erklärung. Angesichts dessen liegt kein hinreichend substantiierter Vortrag vor, so dass weder weiterer Vortrag der Klägerseite zu diesem Punkt erforderlich ist, noch über das Verhalten der Beklagten gegenüber ihren Vertriebspartnern Beweis zu erheben ist. Daran ändert auch der pauschale Vortrag der Beklagten, sie nehme „ihr bekannt gewordene Fehler ihrer Berater zum Anlass, diese persönlich und gezielt daraufhin anzusprechen und um Abhilfe zu bitten“ nichts. Die Erhebung des insoweit angetretenen Beweises wäre eine prozessual unzulässige Ausforschung. Die ausdrückliche Nachfrage der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 24.03.2011, ob sie gegen die Verfasser der in der Abmahnung vom 29.10.2009 in Bezug genommenen Internetauftritte Maßnahmen ergriffen habe, hat die Beklagte bis zum Ablauf der Schriftsatzfrist am 02.05.2011 nicht beantwortet.

An diesem Ergebnis ändern auch die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen des Justitiars der Beklagten nichts. Dieser hat lediglich Erklärungen zu seinen persönlichen Kenntnissen abgegeben. Er hat angegeben, ihm sei nicht bekannt, dass die Beklagte gegenüber ihren Vertriebspartnern im Zusammenhang mit den angegriffenen Ausführungsformen krankheitsspezifische Einsatzbereiche nennen würde; wenn er erfahren würde, dass die Beklagte solche krankheitsspezifischen Einsatzbereiche angeben würde, würde er einschreiten, schon wegen Problemen bezüglich einer etwaigen Zulassungspflicht als Arzneimittel. Der Justitiar hat bezüglich eines etwaigen Vorgehens der Beklagten gegen ihre Vertriebspartner lediglich ausgeführt, wenn es einen Fehler gebe, der aus den Unterlagen der Beklagten selbst stamme, fordere diese die Vertriebspartner auf, den Fehler zu beseitigen; dies sei einmal im Zusammenhang mit Aloe Vera – Produkten der Fall gewesen.

Dass die Beklagte tatsächlich gegen Vertriebspartner vorgeht, die im Zusammenhang mit den angegriffenen Ausführungsformen krankheitsspezifische Einsatzbereiche nennen, erscheint auch danach zweifelhaft.

2.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz für Benutzungshandlungen ab dem 23.03.2011 zu. Der Anspruch beruht auf Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 9, 139 Abs. 2 PatG, soweit es um seine eigenen Schäden geht; soweit der Kläger Schäden der A & Co. KG geltend macht, beruht der Anspruch zusätzlich auf § 398 BGB.

a.
Der Kläger ist wiederum aktivlegitimiert. Die erteilte Vertriebslizenz steht dem nicht entgegen. Denn auch angesichts der Vertriebslizenz besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Kläger ein Schaden entstanden ist. Diese Wahrscheinlichkeit muss nicht hoch sein. Ob und was für ein Schaden entstanden ist, bedarf keiner Klärung, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der Eintritt eines Schadens mit einiger Sicherheit zu erwarten ist. Hierfür genügt es in der Regel, wenn zumindest eine rechtswidrig und schuldhaft begangene Verletzungshandlung vorliegt. Hiervon ist im Grundsatz auch nach der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz auszugehen, wenn der Schutzrechtsinhaber an der Ausübung der Lizenz durch den Lizenznehmer wirtschaftlich partizipiert (BGH GRUR 2008, 896 (898) – Tintenpatrone m.w.N.). So liegt es im Streitfall. Denn ausweislich des Anlagenkonvoluts K 16 ist der Kläger als Kommanditist mit einer Einlage in Höhe von 51 % der Gesamteinlagen an der A & Co. KG beteiligt und alleiniger Gesellschafter sowie Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der A & Co. KG.

Hinzu kommt, dass die Inhaberin der Vertriebslizenz ihr etwaig zustehende Schadensersatzansprüche an den Kläger abgetreten hat. Diese Abtretung ist wirksam. Insbesondere ist der Kläger als Geschäftsführer der Komplementärin der A GmbH & Co. KG von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (s. Anlage K 16). Eine besondere Form ist für die Abtretungserklärung nicht erforderlich (Palandt/Grüneberg, BGB 70. Auflage 2011, § 398 Rn 6). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung das Original der Abtretungsurkunde, § 410 BGB, vorgelegt. Ferner unterliegt der Schadensersatzanspruch auch keinem Abtretungsverbot. Insbesondere handelt es sich nicht um einen – unabtretbaren – höchstpersönlichen Anspruch. Darüber hinaus besteht auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der A GmbH & Co. KG ein Schaden entstanden ist.

b.
Erneut ist die Beklagte passivlegitimiert. Sie hat die Rechte des Klägers aus dem Klagepatent jedenfalls fahrlässig verletzt, da sie keinerlei Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwendung der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 zur Prophylaxe / Behandlung von Grippe zu verhindern. Das hätte ihr als Fachunternehmen aber oblegen. Dass sie ihre Produkte nicht selbst vertreibt, steht dem nicht entgegen. Denn auch bei Einsatz von Vertriebspartnern hat sie die Sorgfaltsanforderungen des Verkehrs zu beachten, gegebenenfalls über Information ihrer Vertriebspartner.

c.
Die Feststellungsklage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da der Kläger derzeit nicht in der Lage ist, seine bzw. die ihm abgetretenen Ansprüche zu beziffern und ohne die Feststellung Verjährung der Schadensersatzansprüche droht.

3.
Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140 b PatG, §§ 242, 259 BGB.

Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB, damit der Kläger in die Lage versetzt wird, den ihm zustehenden Anspruch zu beziffern. Der Kläger ist im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die er ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Im Rahmen der gemäß § 140 b PatG bestehenden Auskunftspflicht hat die Beklagte außerdem die betreffenden Belege zu überlassen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 5, 249 – Faltenbalg). Hinsichtlich der Angebotsempfänger war ihr ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger; Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Aufl., Rn. 783).

Der Kläger ist als Patentinhaber erneut aktivlegitimiert. Inhaltlich ist der Anspruch für den Zeitraum, den die Schadensersatzpflicht umfasst, auf sämtliche Angaben gerichtet, die der Verletzte benötigt, um sich für eine der ihm offenstehenden Schadensausgleichsmethoden zu entscheiden. Der Verletzte ist nicht auf eine konkrete Art der Schadensberechnung beschränkt, und zwar auch dann nicht, wenn er eine ausschließliche Vertriebslizenz erteilt hat. Im Ergebnis können sowohl Lizenznehmer als auch Lizenzgeber gesondert Ersatz ihres Schadens verlangen, wobei sie jedoch insgesamt nicht mehr als den vom Verletzer geschuldeten vollen Schadensausgleich – berechnet nach einer der drei Berechnungsmethoden – beanspruchen können (vgl. BGH GRUR 2008, 896 (899 f.) – Tintenpatrone).

V.
Bezüglich der auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht im Zusammenhang mit der auf die angegriffene Ausführungsform 3 (Tee) gerichteten Anträge unterliegt die Klage der Abweisung. Insoweit fehlt es an der geltend gemachten mittelbaren Patentverletzung, die Voraussetzung der geltend gemachten Ansprüche ist.

VI.
Anlass zur Aussetzung des Verfahrens besteht nicht. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass das Klagepatent in einem Einspruchsverfahren vernichtet werden wird, ist nicht feststellbar. Die von der Beklagten in den Verletzungsrechtsstreit eingeführten Entgegenhaltungen D 1 bis D 21 sind bislang nicht Gegenstand eines gegen das Klagepatent gerichteten Einspruchs geworden. Die Beklagte hat ohne Vorlage des Entwurfs einer Einspruchsschrift lediglich angekündigt, sie werde Einspruch gegen das Klagepatent einlegen und gehe davon aus, dass der von ihr und anderen eingelegte Einspruch Erfolg haben und zum Widerruf des Klagepatents führen werde. Dieser Vortrag genügt zur Beurteilung der Erfolgsaussichten eines etwaigen Einspruchs nicht. Die Beklagte trägt auch keine Gründe vor, die sie daran gehindert hätten, bis zum Ablauf der Schriftsatzfrist am 02.05.2011 bei der zuständigen Stelle eine Einspruchsschrift einzureichen oder eine solche zu entwerfen. Auch ein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist vor diesem Hintergrund nicht gegeben.

VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: 500.000,00 €