2 U 106/10 – Keiltrieb

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1826

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Dezember 2011, Az. I- 2 U 106/10

Vorinstanz: 4a O 107/09

I.
Die Berufung gegen das am 10.08.2010 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.
Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000,- € abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

VI.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 450.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin ist seit dem 11.09.2008 ausschließliche Lizenznehmerin an dem europäischen Patent 1 197 XXX (Klagepatent), das am 13.10.2000 angemeldet und dessen Erteilung am 23.08.2006 veröffentlicht wurde. Es steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Auf den u.a. von der Beklagten eingelegten Einspruch erließ das Europäische Patentamt am 28.01.2010 eine Zwischenentscheidung (Anlage K 8), mit welcher das Klagepatent, dessen Verfahrenssprache deutsch ist, eingeschränkt aufrecht erhalten wurde. Danach lautet der vorliegend allein streitgegenständliche Klagepatentanspruch 1 wie folgt:

„Keiltrieb mit einem oberen Führungsteil, enthaltend ein Schieberelement (20) und ein Schieberführungselement (10) umfasst mit einem unteren Führungsteil, enthaltend ein Treiberelement (40),
dadurch gekennzeichnet, dass
der obere Führungsteil (10, 20) durch zumindest eine Führungsklammer (30) zusammenhaltbar und/oder zusammengehalten ist, wobei die zumindest eine Führungsklammer (30) das Schieberelement (20) und das Schieberführungselement (10) miteinander verbindet, wobei die Führungsklammer (30) formschlüssig in das Schieberführungselement (10) und das Schieberelement (20) eingreift, wobei der Keiltrieb so ausgebildet ist, dass die zumindest eine Führungsklammer (30) Haltevorsprünge (31) aufweist, mittels derer sie in einen Teil (11) des Schieberführungselements (10) eingreift, wobei die Haltevorsprünge eine Anschrägung (32) aufweisen und die Anschrägung eine geringe Anschrägung ist und die Führungsklammern eine lineare Verstellung des Führungsspiels ermöglichen.“

Die nachfolgend eingeblendeten, der Klagepatentschrift entnommenen Figuren verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung anhand einer bevorzugten

Ausführungsform, einmal in Form einer Draufsicht auf einen erfindungsgemäßen Keiltrieb mit zwei Führungsklammern (Figur 1) und einmal in Form einer Schnittansicht durch den Keiltrieb nach Figur 1 (Figur 2), wobei das Schieberelement auf dem Treiberelement in die Arbeitsposition verfahren ist:

Die Beklagte stellt her und vertreibt einen mit der Bezeichnung „A Werkzeugschieber“ versehenen Keiltrieb (angegriffene Ausführungsform), den sie mit unterschiedlichen Nennbreiten zwischen 400 und 1000 Millimetern anbietet. Sie bewirbt ihn im Internet mit dem als Anlage K 7 zur Gerichtsakte gereichten Prospekt, aus dem die nachfolgend eingeblendete Abbildung stammt:

Diese Abbildung verdeutlicht, dass sich bei der angegriffenen Ausführungsform zwischen dem Schieberführungselement (oben) und dem Schieberelement (darunter) eine Führungsklammer befindet (siehe rechte Seite). Diese ist, was in der Zeichnung nicht zu erkennen ist, u-förmig gestaltet. Ihr unterer Haltevorsprung greift in eine Nut des Schieberelements ein, deren untere Fläche parallel zur Gleitfläche verläuft und deren obere Fläche in einem Winkel von 2° zur Gleitplatte geneigt ist. Eine entsprechende Neigung weist der untere Haltevorsprung der Führungsklammer auf. Der obere Haltevorsprung der Führungsklammer umfasst das mit einer Gleitleiste versehene Schieberführungselement.

Die Klägerin ist der Ansicht, aufgrund dieses Aufbaus mache die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß, jedenfalls aber in äquivalenter Weise Gebrauch. Die Anschrägung des unteren Haltevorsprungs der Führungsklammer diene der linearen Verstellung des Führungsspiels zwischen dem Schieberführungselement und dem Schieberelement. Unter Bezugnahme auf die nachfolgend eingeblendete Skizze, die den „Allgemeinen Informationen“ der Beklagten zur angegriffenen Ausführungsform (Anlage B 13) entnommen ist, hat die Klägerin insoweit vorgetragen:

Zur Verstellung würden zunächst die beiden Sicherungsschrauben gelöst und sodann der Abstimmungskeil herausgenommen. Anschließend werde die Spannschraube kontrolliert eingedreht, wodurch die Führungsklammer so weit nach links verschoben werde, bis das Führungsspiel das gewünschte Maß erreicht habe. Danach werde ein neuer, auf den verbliebenen Zwischenraum angepasster Abstimmkeil eingesetzt. Hierfür könne auch der alte Abstimmkeil verwandt und entsprechend abgeschliffen werden. Zum Schluss würden die Sicherungsschrauben wieder eingesetzt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Klagepatent weder wortsinngemäß noch äquivalent zu verletzen. Die Führungsklammer der angegriffenen Ausführungsform greife weder in das Schieberführungselement noch in das Schieberelement ein, sondern umgreife beide bloß und auch das nicht in formschlüssiger Weise. Sie verfüge zudem nicht über erfindungsgemäße Haltevorsprünge, sondern nur orthogonal abragende Schenkel. Es reiche auch nicht aus, wenn nur ein Schenkel angeschrägt sei, da das Klagepatent verlange, dass „die Haltevorsprünge“ eine Anschrägung aufwiesen. Nach der einmaligen Einstellung des Führungsspiels sei bei der angegriffenen Ausführungsform eine Verstellung der Führungsklammer nicht mehr möglich.

Das Landgericht hat der Klage – soweit sie nicht im Hinblick auf ursprünglich auch für die Zeit vor dem 23.09.2006 geltend gemachte Ansprüche zurückgenommen worden war – in vollem Umfang entsprochen und wie folgt tenoriert:

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft am jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

einen Keiltrieb mit einem oberen Führungsteil, welcher ein Schieberelement und ein Schieberführungselement umfasst, und einen unteren Führungsteil, der ein Treiberelement umfasst,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

sofern der obere Führungsteil des Keiltriebs durch zwei Führungsklammern zusammengehalten ist und die Führungsklammern das Schieberelement und das Schieberführungselement miteinander verbinden, wobei die Führungsklammern formschlüssig in das Schieberführungselement und in das Schieberelement eingreifen und wobei der Keiltrieb so ausgebildet ist, dass die Führungsklammern Haltevorsprünge aufweisen, mittels derer sie in einen Teil des Schieberelements eingreifen, wobei die Haltevorsprünge eine Anschrägung aufweisen und die Anschrägung eine geringe Anschrägung ist und die Führungsklammern eine lineare Verstellung des Führungsspiels ermöglichen;

2. der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I begangenen Handlungen seit dem 11.09.2008 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten sowie der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse und der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
und dabei die entsprechenden Ein-und Verkaufsbelege, nämlich Lieferscheine oder Rechnungen, vorzulegen, wobei die Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und bezüglich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,
wobei
der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

III.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I bezeichneten und seit dem 11.09.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Ihre Führungsklammer greife formschlüssig in das Schieberführungselement und das Schieberelement ein. Hierfür genüge erfindungsgemäß, dass das Schieberelement über den Eingriff so an dem Schieberführungselement Halt finde, dass es nicht mehr notwendig sei, Schrauben vorzusehen. Seien solche zusätzlich vorhanden, stehe dies der Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents jedoch nicht entgegen. Der bei der angegriffenen Ausführungsform stattfindende Eingriff sei der in der Figur 1 des Klagepatents gezeigte. Es seien Nuten vorhanden, die den dort mit den Bezugsziffern (11) und (21) versehenen Nuten entsprächen. In diese griffen die Fortsätze der Führungsklammer der angegriffenen Ausführungsform ein. Mehr sei für eine formschlüssige Verbindung im Sinne des Klagepatents nicht zu verlangen, insbesondere müsse eine solche nicht „fest“ sein. Eine nasenförmige Ausbildung der Haltevorsprünge genüge, wie die Figur 1 des Klagepatents zeige. Diese belege auch, dass – dem Wortlaut des streitbefangenen Anspruchs entsprechend – nicht jeder der Haltevorsprünge eine Anschrägung aufweisen müsse. Auch zum Erreichen des beabsichtigten Zwecks der linearen Verstellung des Führungsspiels durch die Anschrägung sei nicht das Vorhandensein mehrerer Führungsklammeranschrägungen erforderlich. Soweit der mit der Anschrägung versehene Haltevorsprung der Führungsklammer der angegriffenen Ausführungsform nicht in einen Teil des Schieberführungselements, sondern in das Schieberelement eingreife, führe das aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus. Denn insoweit liege eine äquivalente Verwirklichung der entsprechenden erfindungsgemäßen Lehre vor. Den angeschrägten Haltevorsprung nicht in das Schieberführungselement, sondern das Schieberelement eingreifen zu lassen, stelle einen Fall der kinematischen Umkehr dar. Eine Verkleinerung des Führungsspiels durch Verschieben der Führungsklammer entlang der Abschrägung finde unabhängig davon statt, ob die Abschrägung im Schieberführungselement oder im Schieberelement vorgesehen sei. Diese Abwandlung als gleichwirkend aufzufinden, sei für den Fachmann bei Orientierung an der Klagepatentschrift auch naheliegend und gleichwertig gewesen, da die Klagepatentbeschreibung es als bevorzugt herausstelle, die Anschrägung nur auf einer Seite der Haltevorsprünge vorzusehen, ohne diese Seite konkret zu benennen. Schließlich ermögliche die Führungsklammer der angegriffenen Ausführungsform eine lineare Verstellung des Führungsspiels. Dabei gehe es nicht um eine selbsttätige, lineare Verstellbarkeit im laufenden Betrieb. Für die Eignung der Verstellbarkeit komme es auch nicht darauf an, ob die Führungsklammer im Haltevorsprung verklemmt und sodann individuell zugeschliffene Gleitleisten verwendet würden. Welche Teile beim Ersatz der notwendigerweise im Laufe der Zeit verschleißenden Gleitleisten zum Einsatz kämen, ob geschliffene oder ungeschliffene Ersatzleisten, sei dem Betreiber überlassen. Seien die Ersatzgleitleisten nicht konkret zugeschliffen, bedürfe es einer feinfühligen Verschiebung der Führungsklammer entlang der Anschrägung, um dem Spiel die gewünschte Größe zu geben. Die Behauptung der Beklagen, nur dann, wenn sich die Führungsklammer mechanisch verklemme, passten die Schrauben der angegriffenen Ausführungsform in die entsprechenden Gewinde, überzeuge nicht, da es bei der Einstellung des Spiels um einen 100stel-Millimeterbereich gehe, das Spiel der Schrauben hingegen einen 10tel-Millimeterbereich aufweise. Die Verstellbarkeit des Führungsspiels der angegriffenen Ausführungsform werde zudem auch beim Ausbau der Führungsklammer genutzt. Zu diesem Zweck werde das Führungsspiel mittels Verschieben der Führungsklammer vergrößert, was ebenfalls ein Verstellen darstelle.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie macht geltend, das Landgericht habe den streitgegenständlichen Klagepatentanspruch in mehrfacher Weise zu weit ausgelegt und die angegriffene Ausführungsform falsch analysiert. Bei der Aufgabenstellung des Klagepatents müsse berücksichtigt werden, dass es nur in eingeschränkter Weise aufrechterhalten worden sei. Das lasse die Lehre des Klagepatents in einem anderen Licht erscheinen. Diese sei unter Berücksichtigung des entgegengehaltenen Stands der Technik darin zu sehen, den bekannten, über keine Maßnahmen zur Beeinflussung des Spiels verfügenden Keiltrieb so zu gestalten, dass es bei auftretendem Verschleiß und sich deshalb vergrößerndem Spiel nicht erforderlich ist, den Keiltrieb durch Wartungs-/Reparaturarbeiten außer Betrieb zu setzen und obendrein eine komplette Demontage des Keiltriebs zum Austausch oder zur Nacharbeitung von Teilen vornehmen zu müssen. Auch Abschnitt [0019] der Beschreibung verdeutliche, dass es um eine ganz besondere Verstellung des Führungsspiels gehe, bei der die Führungsklammern auf dem Schieberführungselement und dem Schieberelement, beide Teile umklammernd, verschoben werden, um das Führungsspiel einzustellen. Erst dies ermögliche eine Neueinstellung des Spiels ohne Austausch von Gleitleisten oder anderer Verschleißteile. Die Einstellung des Spiels erfordere, dass die Führungsklammer fest mit dem Schieberführungselement verbunden werde, um die eingestellte Position und damit das eingestellte Spiel zu halten. Die angegriffene Ausführungsform ermögliche bei einem Verschleiß der Gleitleiste keine Einstellmöglichkeit, vielmehr müsse die Führungsklammer komplett entfernt werden. Die dortige Anschrägung von Führungsklammer und Schieberelement diene nur dazu, eine Klemmwirkung herbeizuführen und so die Position der Führungsklammer festzulegen, die neben der Klemmung durch den Anschlag und die Spannschraube bestimmt werde. Eine Verstellung des Spiels durch Verschieben der Führungsklammer sei nur in Form der Vergrößerung des Spiels möglich, was zum einen kontraproduktiv sei. Zum anderen fehle dann die Klemmwirkung und müsse der vorhandene Anschlag durch einen größeren ausgetauscht werden. Eine Verkleinerung des Anschlags sei nicht möglich, da man dazu die Führungsklammer gegen die Keilwirkung verschieben müsse. Die Verstellbarkeit der Führungsklammer sei bei der angegriffenen Ausführungsform bewusst ausgeschlossen worden, da sie die Gefahr einer unsachgemäßen Handhabung, nämlich einer zu engen Spieleinstellung und einer hierdurch verursachten Bauteilzerstörung berge. Bei der werkseitigen Montage des klagebefangenen Keiltriebs werde ein Führungsspiel vorgegeben, das der Betreiber weder einstellen noch verstellen könne. Der vom Klagepatent beanspruchte formschlüssige Eingriff der Führungsklammer in Schieberführungselement und Schieberelement müsse auf beiden Seiten identisch sein. Zudem müsse die Führungsklammer mit ihren Haltevorsprüngen, d.h. mit mindestens zweien in einen Teil des Schieberführungselements eingreifen und diese Haltevorsprünge müssten nach dem Anspruch beide eine Anschrägung aufweisen. Alle diese Voraussetzungen verwirkliche die angegriffene Ausführungsform nicht. Zu Unrecht sei das Landgericht auch von einer Gleichwertigkeit der Austauschmittel ausgegangen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 10.08.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise im Wege der Anschlussberufung,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft beim jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

einen Keiltrieb mit einem oberen Führungsteil, welcher ein Schieberelement und ein Schieberführungselement umfasst, und einem unteren Führungsteil, der ein Treiberelement umfasst,

zur Benutzung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern,

sofern der obere Führungskeil des Keiltriebs durch zwei Führungsklammern zusammengehalten ist und die Führungsklammern des Schieberelements und des Schieberführungselements miteinander verbinden, wobei die Führungsklammern formschlüssig in das Schieberführungselement und in das Schieberelement eingreifen und wobei der Keiltrieb so ausgebildet ist, dass die Führungsklammern Haltevorsprünge aufweisen, mittels derer sie in einen Teil des Schieberelements eingreifen, wobei die Haltevorsprünge eine Anschrägung aufweisen und die Anschrägung eine geringe Anschrägung ist und die Führungsklammern dazu geeignet sind, eine lineare Verstellung des Führungsspiels zu ermöglichen,

ohne schon beim Angebot des Keiltriebes deutlich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Anschrägung der Führungsklammern nicht nach der Lehre des Patents EP 1 197 XXX zur linearen Verstellung des Führungsspiels benutzt werden darf;

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer 1 begangenen Handlungen seit dem 11.09.2008 begangen hat, und zwar unter Angabe

a. der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten sowie der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse und der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

und dabei die entsprechenden Ein-und Verkaufsbelege, nämlich Lieferscheine oder Rechnungen, vorzulegen, wobei die Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und bezüglich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,
wobei
der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer 1 bezeichneten und seit dem 11.09.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

dazu hilfsweise:

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft am jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

einen Keiltrieb mit einem oberen Führungsteil, welcher ein Schieberelement 20 und ein Schieberführungselement 10 umfasst, und einem unteren Führungsteil, der ein Treiberelement 40 umfasst,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

sofern der obere Führungsteil des Keiltriebs durch zumindest eine Führungsklammer zusammengehalten ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer 1 begangenen Handlungen seit dem 11.09.2008 begangen hat, und zwar unter Angabe

a. der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten sowie der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse und der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

und dabei die entsprechenden Ein-und Verkaufsbelege vorzulegen, wobei die Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und bezüglich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,
wobei
der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer 1 bezeichneten und seit dem 11.09.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend und macht insbesondere geltend, eine Verstellbarkeit des Führungsspiels durch Verschieben der Führungsklammer sei bei der angegriffenen Ausführungsform bereits nach dem Vortrag der Beklagten zur Montage gegeben, der allerdings insoweit unzutreffend sei, als dass die Gleitleisten tatsächlich vormontiert seien. Die von der Beklagten verlangte Identität der formschlüssigen Eingriffe der Führungsklammer in Schieberführungselement und Schieberelement führe zu einem funktionsuntüchtigen Treiber, da sich das Schieberelement dann nicht gegenüber dem Schieberführungselement bewegen könne. Auch eine Halteklammer, die auf beiden Seiten Anschrägungen aufweise, sei in der Praxis unbrauchbar, da sich das Spiel hier schon bei der kleinsten Bewegung des Schieberelements relativ zum Schieberführungselement von selbst verschiebe. Die Verwendung des Plurals im streitgegenständlichen Anspruch komme daher, dass der Keiltrieb offensichtlich die Verwendung mehrerer Führungsklammern erfordere, um nicht auseinander zu fallen. So lege der Fachmann den Wortlaut aus und werde darin durch die Beschreibung und die Figuren des Klagepatents bestärkt. Hilfsweise stützt sich die Klägerin im Wege der Anschlussberufung auf eine mittelbare Patentverletzung.

Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen das Klagepatent in der Beschwerdeinstanz anhängigen Einspruchsverfahrens auszusetzen.

Sie sieht auch eine mittelbare Patentverletzung nicht als gegeben an.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen einschließlich des von der Beklagten vorgelegten Privatgutachtens von Prof. Dr.-Ing. B vom 24.10.2011 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht eine unmittelbare Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln bejaht.

1.)
Das Klagepatent betrifft einen Keiltrieb mit einem oberen und einem unteren Führungsteil. Der obere Führungsteil enthält ein Schieberführungselement und ein Schieberelement. Der untere Führungsteil besteht aus einem Treiberelement.

Solche Keiltriebe waren im Stand der Technik bekannt. Sie werden in Werkzeugen der metallverarbeitenden Industrie verwandt. Die Bewegung des Keiltriebes erfolgt über das Schieberführungselement durch einen Antrieb, der eine im Allgemeinen vertikale Presskraft aufbringt. Diese ist in der nachfolgend eingeblendeten, dem Privatgutachten der Beklagten (Anlage zum Schriftsatz vom 24.10.2011) entnommenen Prinzipskizze durch den vertikalen Pfeil darstellt. Senkt sich das obere Führungsteil ab, erfolgt zunächst eine Berührung von Schieberelement und unterem Führungsteil (Treiberelement). Dann wird das Schieberelement in einem bestimmten, von der Anordnung der Führungsfläche abhängigen Winkel quer zur Hauptbewegungsrichtung der Presse (siehe zweiter Pfeil) verschoben. Hierdurch können Umform- und/oder Schneidprozesse vorgenommen werden.

Zum Stand der Technik bezieht sich das Klagepatent zunächst auf die DE 197 53 XXY C2, die einen Keiltrieb zur Umlenkung einer vertikalen Presskraft mit einem Schieberelement offenbart, das über Winkelleisten und Halteschrauben an dem Schieberführungselement befestigt ist und entlang der Winkelleisten gegenüber dem Schieberführungselement bewegt werden kann. Sodann nimmt die Klagepatentschrift auf die US 5,101,XXZ Bezug, die einen Keiltrieb zum Gegenstand hat, bei dem das Schieberelement ebenfalls an Winkelleisten hängt bzw. mittels der Winkelleisten an dem Schieberführungselement befestigt ist. Diese Verbindung von Schieberführungselement und Schieberelement durch Winkelleisten und Schrauben bezeichnet das Klagepatent als nachteilig, da alle Zugkräfte in die Schrauben eingeleitet werden, was eine Beeinträchtigung des Laufspiels der sich gegeneinander bewegenden Schieberführungselemente und Schieberelemente zur Folge hat und aufgrund des Verspannens des Werkzeugs in diesem Bereich einen erhöhten Verschleiß bedingt.

Unter Berücksichtigung der durch die JP 7-290XYX und die US 5,904,XYY offenbarten Keiltriebe, bei denen Schieber und Treiber miteinander durch zwei Klammern verbunden sind, hat sich das Klagepatent daher zur Aufgabe gemacht, einen Keiltrieb vorzusehen, dessen Standzeit erheblich höher ist als bei den Keiltrieben des Standes der Technik und bei dem möglichst keine Beeinträchtigung des Laufspiels auftreten kann. Es hat deshalb in der ursprünglichen Anspruchsfassung vorgesehen, den oberen, aus Schieberelement und Schieberführungselement bestehenden Teil durch zumindest eine Führungsklammer zusammenzuhalten. Dies war allerdings, wie im Einspruchsverfahren entgegen gehalten wurde, durch die Schriften JP 1 080 XYZ und EP 1 136 XZX ebenfalls bereits Stand der Technik, weshalb das Klagepatent in der eingeschränkt aufrechterhaltenen Fassung nunmehr nicht mehr die bekannte Führungsklammer mit geraden Haltevorsprüngen vorsieht, sondern eine solche, die geringe Anschrägungen aufweist, was in Verbindung mit einer entsprechenden Anschrägung der Anlagefläche des Haltevorsprungs eine lineare Verstellung des Führungsspiels ermöglicht.

Klagepatentanspruch 1 in der nunmehr maßgeblichen Fassung kombiniert daher die folgenden Merkmale:

1. Keiltrieb (1) umfassend
a. einen oberen Führungsteil und
b. einen unteren Führungsteil.

2. Der obere Führungsteil umfasst
a. ein Schieberelement (20) und
b. ein Schieberführungselement (10).

3. Der untere Führungsteil enthält ein Treibelement (40).

4. Der obere Führungsteil (10, 20) ist durch zumindest eine Führungsklammer (30) zusammenhaltbar und/oder zusammengehalten.

5. Die zumindest eine Führungsklammer (30) verbindet das Schieberelement (20) und das Schieberführungselement (10) miteinander.

6. Die Führungsklammer (30) greift formschlüssig in das Schieberführungselement (10) und das Schieberelement (20) ein.

7. Die zumindest eine Führungsklammer (30) weist Haltevorsprünge (31) auf,
a. mittels derer sie in einen Teil (11) des Schieberführungselements (10) eingreift
b. und die eine geringe Anschrägung (32) aufweisen.

8. Die Führungsklammern (30) ermöglichen eine lineare Verstellung des Führungsspiels.

Das Prinzip der linearen Verstellbarkeit des Führungsspiels bei angeschrägtem Eingriff der Führungsklammer in das Schieberführungselement zeigt die nachfolgend eingeblendete, dem landgerichtlichen Urteil entnommene Skizze:

Verschiebt man die Führungsklammer (30) mit den Haltevorsprüngen (31) entlang der Anschrägung (32) nach rechts, hebt sich die Führungsklammer entsprechend der Steigung der Anschrägung innerhalb der sich im Schieberführungselement (20) befindenden Nut (21). Damit hebt sich auch der unterhalb des Schieberelements (19) positionierte Haltevorsprung (31) der Führungsklammer (30). Damit einhergehend verkleinert sich das Spiel zwischen Schieberführungselement (20) und Schieberelement (10). Dementsprechend vergrößert sich das Spiel zwischen beiden Bauteilen, wenn man die Führungsklammer (30) entlang der Anschrägung nach links verschiebt und sie hierdurch absenkt.

Zur Auslegung der anspruchsgemäßen Merkmale ist folgendes zu sagen:

a)
Die Merkmale 1 bis 5 entsprechen dem Stand der Technik und bedürfen daher vorliegend keiner weiteren Diskussion.

b)
Was das Klagepatent unter einem formschlüssigen Eingriff der Führungsklammer in Schieberführungselement und Schieberelement versteht (Merkmal 6), erschließt sich dem Fachmann, der die verschiedenen Möglichkeiten des Formschlusses kennt, anhand der Beschreibung und der Figuren des Klagepatents. Allgemein kann ein Formschluss unterschiedliche Ausmaße haben. Diese sind in dem von der Beklagten zur Gerichtsakte gereichten Privatgutachten in den Bildern 4.1 und 4.2 gezeigt, welche zur Verdeutlichung nachfolgend eingeblendet werden (die Einfärbung wurde hinzugefügt):

Aufgabe der erfindungsgemäße Führungsklammer ist es, Schieberelement und Schieberführungselement zusammenzuhalten (siehe Abschnitt [0007] Satz 1 der Klagepatentbeschreibung). Die Führungsklammer muss jedoch auch ein ausreichendes Spiel zulassen, da erst ein solches eine Relativbewegung zwischen Schieberführungselement und Schieberelement und damit die angestrebte Verschiebung des Schieberelements quer zur Hauptbewegungsrichtung der Presse ermöglicht. Diese Vorgaben erfüllt nur der Formschluss nach Variante a) des Bildes 4.2, was dem Fachmann die Figur 1 des Klagepatents bestätigt, die – zum Vergleich ebenfalls teilweise eingefärbt – nachfolgend eingeblendet wird und in der die Anschrägung im Bereich des Schieberführungselements mit der Bezugsziffer 32 gekennzeichnet ist:

Für einen erfindungsgemäß formschlüssigen Eingriff nach Merkmal 6 genügt daher ein 1-facher/1-achsiger Formschluss. Ob das allgemeine Verständnis des Eingriffs von einem mindestens 2-fachen/1-achsigen Formschluss ausgeht – so die Beklagten unter Berufung auf die Ausführungen ihres Privatgutachters, kann dahinstehen, da das Patent insoweit sein eigenes Lexikon bildet (vgl. BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; BGH, GRUR 2005, 754 – werkstoffeinstückig). Aus dem Gesagten folgt weiterhin, dass die Ansicht der Beklagten, der erfindungsgemäße Formschluss müsse an den in das Schieberführungselement und das Schieberelement eingreifenden Haltevorsprüngen identisch und damit „fest“ sein, unzutreffend ist. Wäre er dies, wäre das notwendige Spiel ausgeschlossen.

c)
Auch zur Auslegung des Merkmals 7 zieht der Fachmann Figuren und Beschreibung der Klagepatentschrift hinzu. Denn bei der Betrachtung des Wortlauts von Merkmal 7a drängt sich ihm die Frage auf, ob hiermit wirklich das Eingreifen mindestens zweier Haltevorsprünge einer Führungsklammer in das Schieberführungselement gemeint ist oder ob insofern nicht eine versehentliche, sprachliche Ungenauigkeit unterlaufen ist, die dem Umstand geschuldet ist, dass in der Praxis die Verwendung zweier Führungsklammern – die dann auch zusammen zwei Haltevorsprünge aufweisen – erforderlich ist, um den notwendigen Halt von Schieberführungselement und Schieberelement zu gewährleisten. Denn auch Merkmal 8 spricht im Plural von „Führungsklammern“. Die Funktion, die die Merkmalsgruppe 7 den Haltevorsprüngen zuweist, nämlich in einen Teil des Schieberführungselements einzugreifen und mit Hilfe der Anschrägung eine Korrektur des Spiels zwischen Schieberführungs- und Schieberelement zu ermöglichen, verlangt nicht mehrere Haltevorsprünge der Führungsklammer, sondern lässt sich auch erfüllen, wenn in der Führungsklammer nur ein einziger Haltevorsprung vorhanden ist. Auch die – gerade eben nochmals eingeblendete – Figur 1 des Klagepatents bestärkt den Fachmann in der Einschätzung, dass jede Führungsklammer nur einen Haltevorsprung aufweisen muss. Die dort gezeigte bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Keiltriebes verfügt ebenfalls über zwei Führungsklammern, die mit jeweils nur einem Haltevorsprung in das Schieberführungselement eingreifen. Daraus folgt, dass bei einer Führungsklammer die Anschrägung des einen Haltevorsprungs ausreicht (Merkmal 7b), wie es auch in Abschnitt [0019] des Klagepatents beschrieben wird.

d)
Die in Merkmal 8 geforderte lineare Verstellbarkeit des Führungsspiels besagt nichts anderes, als dass die beiden bei der Verstellung zusammenwirkenden Gegenflächen von Führungsklammer und Schieberführungselement im Sinne einer schiefen Ebene angeschrägt sein müssen, so dass eine vollflächige Anlage beider Flächen aneinander gewährleist wird, welche angesichts der wirkenden hohen Kräfte notwendig ist.

2.)
Die Merkmale 1 bis 6, 7b und 8 verwirklicht die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß, Merkmal 7a in äquivalenter Weise und das alles in dem bereits bei Auslieferung vorhanden Zustand.

Für die Merkmale 1 bis 5 ist dies unstreitig.

Aber auch die Voraussetzungen von Merkmal 6 werden bei der angegriffenen Ausführungsform erfüllt, da hierfür – wie oben ausgeführt wurde – ein 1-facher/1-achsiger Eingriff ausreicht. Ein solcher liegt bei der angegriffenen Ausführungsform vor, was die Beklagte nicht bestreitet.

Merkmal 7 wird zwar nicht wortsinngemäß verwirklicht, da der angeschrägte Haltevorsprung der angegriffenen Ausführungsform nicht in das Schieberführungselement, sondern das Schieberelement eingreift. Zutreffend ist das Landgericht jedoch davon ausgegangen, dass dies ein Gebrauchmachen von der technischen Lehre des Klagepatents mit äquivalenten Mitteln darstellt. Auf seine diesbezüglichen Ausführungen wird daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die vom Landgericht angenommene Gleichwirkung ist auch unter Berücksichtigung des von der Beklagten in der Berufung vorgelegten Privatgutachtens nicht zu verneinen. Der Privatgutachter Prof. Dr.-Ing. B sieht zwar signifikante Unterschiede zwischen einem abgeschrägten Eingriff in das Schieberführungselement und einem solchen in das Schieberelement. Diese Beurteilung geht jedoch von unzutreffenden Grundlagen aus, was den Rahmen des im Fokus der Betrachtung stehenden Führungsspiels anbelangt. Dieses Führungsspiel soll eine Relativbewegung zwischen Schieberführungselement und Schieberelement und damit eine Verschieblichkeit des Schieberelements in dem Moment ermöglichen, in dem das Schieberelement mit dem Treiberelement in Kontakt kommt, wie in der nachfolgend eingeblendeten, dem Privatgutachten der Beklagten entnommenen Skizze nochmals verdeutlicht wird:

Das Führungsspiel muss daher zwischen Schieberführungselement und Schieberelement bestehen. Zu diesem Zweck ist es unerheblich, ob das Spiel zwischen Führungsklammer und Schieberführungselement, Führungsklammer und Schieberelement oder an beiden Stellen vorliegt. Die Annahme des Privatgutachters, dass dann, wenn durch eine Verschiebung der Führungsklammer im Schieberführungselement das Spiel der Führung zum Schieberelement verstellt wird, eine Gleichwirkung nur vorliegt, wenn bei einer Verschiebung der Führungsklammer im Schieberelement eine Verstellung der Führung zum Schieberführungselement stattfindet (siehe S. 26 des Privatgutachtens), greift deshalb zu kurz. Wird die Führungsklammer im Schieberelement verschoben, wird die Führung zum Schieberelement verstellt, was im Ergebnis auch eine Verstellung des Spiels der Führung zwischen Schieberführungselement und Schieberelement bedeutet. Geht man im Hinblick auf die Beschreibungsstelle Abschnitt [0008] des Klagepatents davon aus, dass die Ausnutzung der Schwerkraft bei der Verbindung von Schieberführungselement und Schieberelement erfindungsgemäß von Bedeutung ist, erkennt der Fachmann gleichwohl, dass es insoweit keinen Unterschied macht, ob der angeschrägte Haltevorsprung der Führungsklammer in das Schieberführungselement oder das Schieberelement eingreift. In beiden Fällen hängt das Schieberelement über einen angeschrägten und einen geraden Haltevorsprung am Schieberführungselement. Den Eingriff des angeschrägten Haltevorsprungs in das Schieberelement und nicht in das Schieberführungselement stattfinden zu lassen, ist daher nicht nur gleichwirkend, sondern auch durch das Klagepatent nahegelegt und gleichwertig. Dass der Fachmann unter diesen Voraussetzungen keine Überlegungen von erfinderischem Rang aufbringen musste und sich am Klagepatentanspruch orientieren konnte, wird von der Beklagten nicht bestritten.

Durch den Eingriff des angeschrägten Haltevorsprungs in das Schieberelement wird auch eine lineare Verstellbarkeit des Führungsspiels ermöglicht (Merkmal 8). Bei dieser Feststellung bedarf es nicht einmal des Rückgriffs auf den Zeitpunkt des Ein- und Ausbaus der Führungsklammer. Auch dann, wenn diese im Keiltrieb eingebaut ist, kann bei der angegriffenen Ausführungsform das Führungsspiel aufgrund der Anschrägung der Führungsklammer linear verstellt werden. Soweit die Beklagte dies unter Hinweis auf die Positionierung der Sicherungsschrauben bestreitet, ist das unerheblich. Die Beklagte hat die Feststellung des Landgerichts, die Justierung des Führungsspiels finde im 100stel-Millimeterbereich statt, während das Spiel der Sicherungsschrauben 10tel-Millimeter betrage, nicht angegriffen. Letzteres wird auch durch das von ihr vorgelegte Privatgutachten Prof. B (Seite 28 Abbildung 8.1) bestätigt. Dort ist eine mittig im Langloch positionierte Sicherungsschraube abgebildet. Diese kann, ohne dass es die Festigkeit ihres Sitzes beeinträchtigt, geringfügig nach rechts und links verschoben werden. Erst in der Extremsituation, wie sie Abbildung 8.2 (Seite 29 des Privatgutachtens) unter der Voraussetzung der Verwendung einer vollständig unbearbeiteten Gleitleiste zeigt, ist die Schraubenauflage unzureichend. Daraus folgt, dass dem Betreiber des Keiltriebes auch bei Lieferung der angegriffenen Ausführungsform mit einer vorgeschliffenen Gleitleiste und einem damit (mehr oder minder) vorgegebenen Führungsspiel die Möglichkeit einer Feinabstimmung im 100stel-Millimeterbereich durch Verschieben der Führungsklammer verbleibt. Ob er hierzu den Abstimmkeil geringfügig verändern muss oder nicht, ist ohne Bedeutung, da das Klagepatent eine solche Maßnahme nicht ausschließt. Der dargelegten Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass der Betrieb der angegriffenen Ausführungsform eine hohen Kräften standhaltende Fixierung der Führungsklammer erfordert. Gleiches gilt für die klagepatentgemäße Führungsklammer, die – wie bereits ausgeführt wurde – die Aufgabe hat, Schieberführungselement und Schieberelement zusammen zu halten.

3.)
Wegen der sich aus der dargelegten unmittelbaren Klagepatentverletzung ergebenden Rechtsfolgen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen, die als solche von der Beklagten nicht angegriffen werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.