2 U 129/09 – Gleitmanteldichtung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1547

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 17. Februar 2011, Az. 2 U 129/09

I.
Die Berufung gegen das am 22.09.2009 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt als ausschließliche Lizenznehmerin an dem in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten Europäischen Patent EP 0 853 XXX B1 (nachfolgend „Klagepatent“ genannt) die Beklagten auf Unterlassung, Vernichtung, Erstattung von Abmahnkosten, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Rechnungslegung und Auskunft in Anspruch. Eingetragene Inhaberin des Klagepatents ist die PT-A-Tec GmbH, die mit der Klägerin am 21.07.2003 einen Lizenzvertrag abschloss. Die Anmeldung des Klagepatents, das in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft steht und die Prioritäten der deutschen Gebrauchsmuster DE 2970YYY vom 10.01.1997, DE 29702ZZZ vom 13.02.1997 und DE 29706YXY U vom 15.04.1997 in Anspruch nimmt, wurde am 15.07.1998 veröffentlicht. Die Veröffentlichung des Hinweises auf seine Erteilung erfolgte am 23.07.2003.

Der allein streitgegenständliche Klagepatentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Abdichtanordnung an Betonfertigteilen, die einen Dichtungssitz und eine Abdichtoberfläche aufweisen, mit folgenden Merkmalen:

ein ringförmiger Kompressionskörper (1), der aus einem ersten gummielastischen Material besteht und eine erste radiale, dem Dichtungssitz (45) zugewandte Seite (6) sowie eine zweite, schräg verlaufende, der Abdichtoberfläche (46) zugewandte Seite (2) aufweist; pastöse Masse (13, 23, 82);
eine Abdeckung oder Hülle (10, 20, 30, 81) für die pastöse Masse, wobei die Abdeckung oder Hülle (10, 20, 30, 81) und die pastöse Masse (13, 23, 82) beim Zusammenbau der Betonfertigteile (40, 41, 50, 51) einen Ringwulst (14, 24, 80) bilden,
wobei
die Anordnung der Abdeckung oder Hülle (10, 20, 30) mit der pastösen Masse (13, 23) in Bezug auf den ringförmigen Kompressionskörper (1) und der mit diesem zusammen arbeitenden Abdichtoberfläche (46, 56) am Betonfertigteil (41, 51) sowie die Dicke und Verformbarkeit des Ringwulstes (14, 24) in radialer Richtung der Teile derart sind, dass Lücken (42, 43, 61, 62) im Abdichtbereich der Betonfertigteile (40, 41, 50, 51) die, in Umfangsrichtung der Betonfertigteile gesehen, wechselnde Breite aufweisen können, durch den Ringwulst (14, 24) ausgefüllt werden.

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 bis 8 der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele, wobei ein Teil der Zeichnungen Querschnitte durch erfindungsgemäße Abdichtungen und ein anderer Teil Querschnitte durch Betonfertigteile mit entsprechenden Abdichtungen zeigen:

Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland über ihre deutsche Tochtergesellschaft, die Beklagte zu 2), von ihr unter der Produktbezeichnung „B 171“ hergestellte vorgeschmierte Gleitmanteldichtungen (im folgenden „angegriffene Ausführungsform II“ genannt), die einen Kompressionskörper 100 und einen Lastenausgleichsring 180 aufweisen. Dieser Lastenausgleichsring 180 ist über einen Verbindungssteg 190 mit dem Kompressionskörper 100 verbunden und besteht aus einer Hülle 180 und einer Füllmasse 182. Die Füllmasse 182 besteht aus ausvulkanisiertem Kautschukkompound. Aufbau und Wirkungsweise der angegriffenen Ausführungsform II werden durch die nachfolgend gezeigten, dem Produktkatalog der Beklagten (Anlage K 10) entnommenen Abbildungen verdeutlicht:

Zuvor hatte die Beklagte zu 1) einen Prototyp des Gleitmantels „B 171“ entwickelt, bei dem zur Ausbildung des Lastenausgleichrings anstelle des ausvulkanisierten Kautschukkompounds anvulkanisierter Kautschukkompound verwandt worden war (angegriffene Ausführungsform I), der ansonsten im Aufbau aber der angegriffenen Ausführungsform II gleicht. Ein hierauf bezogenes Datenblatt mit dem Inhalt der Anlage K6 hatte die Beklagte zu 1) im Internet veröffentlicht.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, beide angegriffenen Ausführungsformen machten von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Der Kautschukkompound stelle in beiden Fällen eine pastöse Masse im Sinne des Klagepatents dar, da hierfür eine geringe Viskosität ausreiche. Bei beiden angegriffenen Ausführungsformen sei der innere Bereich des Wulstes verformbar.

Die Beklagten meinen demgegenüber, eine Patentverletzung sei nicht gegeben. Die pastöse Masse im Sinne des Klagepatents müsse eine flüssige, zumindest fließfähige Konsistenz haben, was weder bei anvulkanisierten noch bei ausvulkanisierten Kautschukkompound der Fall sei.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, es fehle an der Verwirklichung des Merkmals der pastösen Masse. Unter einer solchen werde gemeinhin ein Feststoff-Flüssigkeitsgemisch (Suspension) mit hohem Gehalt an Feststoffen verstanden. Die pastöse Masse des Klagepatents bilde zusammen mit ihrer Hülle eine Funktionseinheit. Der Beitrag der pastösen Masse liege in Abgrenzung zu dem ersten gummielastischen Material des Kompressionskörpers darin, dass sich die pastöse Masse aufgrund ihrer prinzipiellen freien Beweglichkeit bei Druckbeaufschlagung (innerhalb der Hülle) verdrängen lasse und auf diese Weise unproblematisch zusammen mit der Hülle in auftretende Lücken im Abdichtbereich gepresst werden könne. Eine pastöse Masse im Sinne dieser Definition sei bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht vorhanden, weil sowohl die ausvulkaniserte Kautschukmischung als auch die anvulkanisierte eine Molekülvernetzung aufwiesen, in deren Folge die Kautschukmischungen im Wesentlichen nur noch visko-elastische Eigenschaften hätten. Den entsprechenden Feststellungen in dem von den Beklagten vorgelegten Privatgutachten sei die Klägerin nicht entgegengetreten. Die in dem von ihr vorgelegten Privatgutachten dargelegte Verformung des Lastausgleichsrings der angegriffenen Ausführungsformen unter Druckbeaufschlagung genüge nicht, die Annahme einer pastösen Masse im Sinne des Klagepatents zu begründen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie macht geltend, das Landgericht habe das Merkmal der pastösen Masse unzutreffend ausgelegt. Die Beschreibung der Masse als „pastös“ weise nur auf ihre Verformbarkeit, nicht auf ihre stoffliche Zusammensetzung hin. Eine solche Verformbarkeit sei in ausreichendem Maße bei den Lastenausgleichsringen beider angegriffenen Ausführungsformen gegeben. Die Verformbarkeit müsse nicht groß sein, da die auszugleichenden Maßtoleranzen angesichts der einschlägigen DIN-Vorschriften verhältnismäßig gering seien. Dass die entsprechenden Vorgaben durch die angegriffenen Ausführungsformen erfüllt würden, sei unstreitig und ergebe sich zudem aus den in der Anlage K 12 niedergelegten Untersuchungen. Außerdem müsse der Ringwulst nur kleinere Parallelitätsfehler im radialen Spalt ausgleichen, während die größeren Ovalitätsfehler durch den Kompressionskörper ausgeglichen würden.

Die Klägerin beantragt nach Rücknahme der Berufung in Bezug auf den zunächst auch gegenüber der Beklagten zu 1) verfolgten Vernichtungsanspruch wie folgt zu erkennen:

I. Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22.09.2009 wird aufgehoben.

II. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringbarkeit eine am Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehende Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, eine

Abdichtanordnung an Betonfertigteilen, die einen Dichtungssitz und eine Abdichtoberfläche aufweisen,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, mit folgenden Merkmalen:

ein ringförmiger Kompressionskörper, der aus einem ersten gummielastischen Material besteht und eine radiale, dem Dichtungssitz zugewandte Seite sowie eine zweite, schräg verlaufende, der Abdichtoberfläche zugewandte Seite aufweist;
pastöse Masse;
eine Hülle für die pastöse Masse, wobei die Hülle und die pastöse Masse beim Zusammenbau der Betonfertigteile einen Ringwulst bilden,
wobei
die Anordnung der Hülle mit der pastösen Masse in Bezug auf den ringförmigen Kompressionskörper und der mit diesen zusammenarbeitenden Abdichtoberfläche am Betonfertigteil sowie die Dicke und Verformbarkeit des Ringwulstes in radialer Richtung der Teile derart sind, dass Lücken im Abdichtbereich der Betonfertigteile, die, in Umfangsrichtung der Betonfertigteile gesehen, wechselnde Breite aufweisen können, durch den Ringwulst ausgefüllt werden;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer I.1 seit dem 01.01.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und der Herstellungszeiten, aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, nach Kalenderjahren, Lieferzeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

3. der Klägerin für die Zeit seit dem 01.01.2007 Auskunft über die Herkunft und die Vertriebswege der Abdichtanordnung gemäß Ziffer I.1 zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, das sich zu erstrecken hat auf Name und Anschrift sämtlicher Lieferanten sowie gewerblicher Abnehmer, sowie die Stückzahl der an jeden dieser Abnehmer ausgelieferten Abdichtanordnung.

III. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen Abdichtanordnungen entsprechend vorstehend der Ziffer I.1 zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

IV. Es wird festgestellt,
dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 01.01.2007 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

V. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch 5.273,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie machen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere geltend, dass die in dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten zitierten DIN-Vorschriften nicht Stand der Technik zum Prioritätszeitpunkt gewesen seien und der bei den Untersuchungen gemäß Anlage K 12 auf die Proben aufgebrachte Druck ein Vielfaches dessen betragen habe, was in der Praxis durch ein Betonfertigteil auf die angegriffene Ausführungsform II ausgeübt werde.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet, da sich nicht feststellen lässt, dass die angegriffenen Ausführungsformen das Klagepatent verletzen.

1.
Nach der einleitenden Erläuterung der Klagepatentschrift betrifft die Erfindung eine Abdichtanordnung an Betonfertigteilen. Diese weisen als ineinandersteckbare Rohre ein sogenanntes Spitzende und ein sogenanntes Glockenmuffenende auf. Zwischen diesen beiden Enden sorgen Dichtungen in verlegtem Rohrzustand für eine Abdichtung zwischen dem Leitungsinneren und dem Leitungsäußeren.

Als ältere in der Praxis anzutreffende Abdichtungsart bezeichnet das Klagepatent den auf das Spitzende zu steckenden Rollring. Als weiterhin bekannt erwähnt es die Kompressionsdichtung, die relativ großflächig an der Abdichtoberfläche des Gegen-Rohres anliegt und große Rückstellkräfte entwickeln muss, um abzudichten. Deshalb erfordert auch der Zusammenbau mit Kompressionsdichtung große Kräfte. Als Einbauerleichterung im Stand der Technik bezeichnet das Klagepatent die Schmierung der Kompressionsdichtung und die u.a. aus dem EP 0 011 919 bekannte Anformung einer Hautfalte an der Dichtung sowie die Umhüllung der Dichtung, um Schmiermittel zwischen Haut bzw. Umhüllung und Dichtung einzubringen. Beim Zusammenschieben der Rohrenden wird die Haut bzw. Umhüllung mitgenommen und gleitet auf der Dichtung. Als problematisch bezeichnet das Klagepatent die Abdichtung bei Betonfertigteilen, die aus der Schalung gelöst wurden, bevor der Beton völlig abgebunden hatte. Solche Teile können sich nach Entschalung verformen und in dieser Form erhärten, was vor allem am Spitzende zu ovalen Querschnittsformen führen kann. Werden derartige Rohre zusammengebaut, variiert der Querschnitt des Spalts zwischen Spitzende und Glockenmuffenende, wenn man entlang des Spalts wandert. Dazwischengefügte Dichtungen werden deshalb entlang ihres Umfangs ungleich zusammengepresst, so dass es sogar vorkommen kann, dass die Dichtung die Abdichtoberfläche an dem gegenüberstehenden Betonfertigteil nicht berührt, was zwangsläufig zu einer Leckage führt. Eine Leckage kann aber auch dann eintreten, wenn eine Berührung erfolgt, der verminderte Druck auf dem rauen Beton bei Formfehlerstellen aber nicht ausreicht, die Unebenheiten durch Material der Dichtung auszufüllen.

Das Klagepatent bezeichnet es daher als seine Aufgabe, Maßnahmen bei Elastomerdichtungen anzugeben, so dass zusammengebaute Betonfertigteile auch dann abgedichtet werden können, wenn in ihnen gewisse Formfehler vorkommen.
Dieses Ziel wird mit der Erfindung dadurch erreicht, dass
 ein ringförmiger Kompressionskörper vorhanden ist, der mit einer Seite an eines der Betonfertigteile angebaut ist und dessen zweite, schräg axial verlaufende Seite beim Einführen des anderen Betonteils zusammengepresst wird,
 bei diesem axialen Zusammenschieben eine Abdeckung und eine pastöse Masse einen Ringwulst bilden, der sich verformt, um Unebenheiten im Beton und Formfehler der Betonfertigteile im Abdichtungsbereich auszugleichen.

In seinem Hauptanspruch 1 sieht das Klagepatent demgemäß die Kombination folgender Merkmale vor:

1) Abdichtanordnung an Betonfertigteilen (40, 41).

2) Die Betonfertigteile (40, 41) weisen
a) einen Dichtungssitz (45) und
b) eine Abdichtoberfläche (46) auf.

3) Die Abdichtanordnung hat
a) einen ringförmigen Kompressionskörper (1),
b) eine pastöse Masse (13, 23, 82),
c) eine Abdeckung oder Hülle (10, 20, 30, 81, 90) für die pastöse Masse (13, 23, 82).

4) Der Kompressionskörper (1)
a) besteht aus einem ersten gummielastischen Material,
b) weist eine erste, radiale Seite (6) auf, die dem Dichtungssitz (45) zugewandt ist, sowie
c) eine zweite, schräg verlaufende Seite (2), die der Abdichtoberfläche (46) zugewandt ist.

5) Die Abdeckung oder Hülle (10, 20, 30, 81, 90) und die pastöse Masse (13, 23, 82) bilden beim Zusammenbau der Betonfertigteile (40, 41) einen Ringwulst (14, 24).

6) Die Anordnung der Abdeckung oder Hülle (10, 20, 30, 81, 90) mit der pastösen Masse (13, 23, 82) in Bezug auf den ringförmigen Kompressionskörper (1) und die mit dem Kompressionskörper (1) zusammenarbeitende Abdichtoberfläche (46) am Betonfertigteil (41)
sowie
die Dicke und Verformbarkeit des Ringwulstes (14, 24) in radialer Richtung der Teile (= Betonfertigteile)
sind derart, dass
Lücken (42, 43, 61, 62) im Abdichtbereich der Betonfertigteile (40, 41, 50, 51) durch den Ringwulst (14, 24) ausgefüllt werden, die – in Umfangsrichtung der Betonfertigteile gesehen – wechselnde Breite aufweisen können.

2.
Diese Merkmale weisen die angegriffenen Ausführungsformen nicht in vollem Umfang auf.

a)
Zutreffend hat das Landgericht den Begriff der pastösen Masse im Sinne des Klagepatents dahingehend ausgelegt, dass es sich um ein Feststoff-Flüssigkeitsgemisch und damit um eine frei verformbare Masse handelt. Dies entspricht zunächst dem allgemeinen Begriffsverständnis (vgl. z.B. Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Stichwort: Paste (Stoff)). In diesem Sinne wird der Begriff auch vom Klagepatent verwandt, das an keiner Stelle ein anderweitiges Verständnis der pastösen Masse erkennen lässt. Hier ist zunächst von Bedeutung, dass das Klagepatent die Bezeichnung „pastös“ nur in Verbindung mit der mit den Bezugszeichen 13, 23 und 82 versehenen Masse gebraucht, während im Zusammenhang mit den anderen Dichtungsteilen, nämlich Abdeckung/Hülle und Kompressionskörper, die Bezeichnungen „gummielastisches“ und „elastomerisches“ Material verwandt werden (siehe z.B. Sp. 2 Z. 29, Sp. 3 Z. 18, Sp. 10 Z. 53). Der Fachmann erkennt zudem, dass das Klagepatent sich zur Beschreibung der Eigenschaften der Masse nicht der Worte „verquetschen“ und „verformen“ bedient, wie es in anderem Zusammenhang im Klagepatent geschieht, sondern insofern von einem „Bewegen“ und „Fließen“ spricht (vgl. Sp. 6 Z 19 und Sp. 7 Z. 40). Diesen Abgrenzungen misst er eine Bedeutung bei. In dem daraus resultierenden Verständnis ,dass es sich auch bei der pastösen Masse im Sinne des Klagepatents um ein Feststoff-Flüssigkeitsgemisch handelt, wird er durch die weitere Beschreibung des Klagepatents bestärkt, die dem Begriff der pastösen Masse auch im Hinblick auf ihre erfindungsgemäße Funktion keinen anderen Inhalt gibt. Diese Funktion der pastösen Masse verdeutlicht das Klagepatent anhand verschiedener Ausführungsbeispiele, die zwar unterschiedliche Aspekte des Einsatzes der pastösen Masse aufzeigen, denen jedoch gemein ist, dass es sich in allen Fällen um eine frei bewegliche Suspension handelt. Die pastöse Masse kann nach der einleitenden Beschreibung des Klagepatents
 entweder in einer geringen Menge angewandt werden, wie sie als Gleitmittel ausreicht; dann wird die Abdeckung relativ dick und aus relativ weichem Material gemacht, so dass sie sich bei der Montage zu dem Ringwulst zusammenballt, der im Umfangsrichtung gesehen unterschiedlichen Querschnitt einnimmt, wie es der auszufüllenden Lücke entspricht (erste Ausführungsform, Absatz [0007] des Klagepatents)
 oder in einer größeren Menge verwendet werden, die von einem Mantel umhüllt wird, der auch perforiert sein kann; die pastöse Masse ist dann als Gleitmittel wirksam, kann aber auch Abdichtzwecken dienen, wenn ihre Substanzen so gewählt sind, dass sie mit Luft oder Feuchtigkeit reagieren und allmählich fest werden (zweite Ausführungsform, Absatz [0008] des Klagepatents)
 oder nachträglich in die Hülle des Wulstes injiziert werden, um diesen von innen unter Druck zu setzen und auszudehnen (dritte Ausführungsform, Absatz [0010] des Klagepatents)
 oder Füllung einer schlauchartigen Hülle sein, die als Ringwulst weicher ist als der gummielastische Kompressionskörper und sich stark verformen lässt (weitere Ausführungsform, Absatz [0011] des Klagepatents).

Keine dieser Funktionen kann durch eine nur begrenzt verformbare Masse erfüllt werden. Dies wird besonders deutlich bei dem in der dritten Ausführungsform gewählten Injezieren der pastösen Masse, gilt aber auch für den zuletzt genannten Fall der Füllung einer schlauartigen Hülle zum Zwecke der Verformbarkeit. Nur bei einem Material mit unbegrenzter Verformbarkeit kann innerhalb der Hülle eine Materialumlagerung an einen weiter entfernten Ort stattfinden, was den entscheidenden Vorteil der erfindungsgemäßen Dichtung gegenüber einer lediglich verformbaren Dichtung darstellt, wie sie nach dem Stand der Technik bekannt war. Eine solche Umlagerung des Dichtungsmaterials an einen weiter entfernten Ort innerhalb des Spalts hat sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht. Es beschränkt sich nicht darauf, nur kleinere Toleranzdifferenzen innerhalb des Abdichtbereichs auszugleichen. Diese mögen zum Prioritätszeitpunkt Gegenstand von geltenden DIN-Vorschriften gewesen sein. Das Klagepatent bringt jedoch an keiner Stelle zum Ausdruck, dass es nur einen Ausgleich DIN-gemäßer Toleranzen bezweckt. Vielmehr soll nach der Beschreibung des Klagepatents auch in einer Konstellation, bei der eine im Stand der Technik bekannte Dichtung wegen der Unterschiede im Spaltdurchmesser stellenweise noch nicht einmal die Abdichtoberfläche an dem gegenüberstehenden Betonfertigteil berührt, durch die erfindungsgemäße Dichtung ein vollständiges Schließen des Spalts erreicht werden.
Zu einem abweichenden Begriffsverständnis führt auch nicht der Umstand, dass das Klagepatent in der Beschreibung verschiedentlich den Begriff „flüssig-pastös“ verwendet. Das Verhältnis von Flüssigkeitsanteil und Feststoffanteil in der pastösen Masse lässt das Klagepatent vollkommen offen. Möglich sind daher die verschiedensten Zusammensetzungen, die jeweils von der Einsatzart der pastösen Masse abhängen. „Flüssig-pastös“ ist demgemäß eine Masse mit einem hohen Flüssigkeitsanteil, wie sie bei der Verwendung als Gleitmittel (vgl. Sp. 4 Z. 10-11; Sp. 8 Z. 14) von Vorteil ist. Andere Einsatzarten erfordern demgegenüber eine festere Konsistenz, die als Creme oder Paste beschrieben werden kann.
Aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Beschreibungsstelle in Sp. 10 Z. 53-58 folgt nichts anderes. Dort ist zwar davon die Rede, dass die Füllung der Hülle aus mineralischem Korn bestehen kann. Diese Möglichkeit wird jedoch nur als Alternative zur Füllung durch eine pastöse Masse genannt, woraus sich im Umkehrschluss ergibt, dass mineralisches Korn gerade keine pastöse Masse im Sinne des Klagepatents darstellt. Das Klagepatent gibt an dieser Stelle im Gegenteil zu verstehen, dass es auch andere Füllungen als die angestrebte Funktion erfüllend erkannt hat, diese aber ausweislich des allein maßgeblichen Anspruchs nicht zum Gegenstand der Erfindung machen will.
Auch Ausführungsbeispiel 10 steht der eingangs genannten Auslegung des Begriffs der pastösen Masse nicht entgegen. Aus der diesbezüglichen Beschreibung in Sp. 9 Z. 34 ff ergibt sich, dass es an der in der Figur 10 skizzenartig gezeigten Hülle 30 Abschnitte gibt, die sich wie die Abdeckung 10 verhalten. Die Abdeckung 10 wird erfindungsgemäß aber nur in Verbindung mit einer pastösen Masse verwandt.
Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 27.12.2010 schließlich vorgenommene Unterscheidung, Ovalitätsfehler würden erfindungsgemäß vom Kompressionskörper, Parallelitätsfehler im radialen Spalt durch den Ringwulst ausgeglichen, findet im Klagepatent ebenfalls keine Stütze. Gegen eine solche Unterscheidung spricht zunächst der Anspruchswortlaut, wonach sowohl die mit dem Bezugszeichen 42 (radialer Spalt) als auch die mit dem Bezugszeichen 43 (axialer Spalt) bezeichneten Lücken durch den Ringwulst ausgeglichen werden sollen. Entsprechend zeigt auch das in Figur 6 der Klagepatentschrift wiedergegebene bevorzugte Ausführungsbeispiel einen sowohl im axialen als auch im radialen Spalt anliegenden Ringwulst 24.

b)
Beide angegriffenen Ausführungsformen verfügen nicht über eine Abdeckung oder Hülle mit pastöser Masse gerade genannten Sinn.

(aa) Der Lastenausgleichsring 20 ist weder bei der ausvulkanisierten noch bei der anvulkanisierten Version mit pastöser Masse gefüllt. Eine freie Verschiebbarkeit seines Inneren ist aufgrund der – in unterschiedlichem Maße vorhandenen – Vernetzung der der Bestandteile der Kautschukmischungen unstreitig bei keiner der beiden angegriffenen Ausführungsformen gegeben. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass die Verformbarkeit beider Lastenausgleichsringe der Verformbarkeit bei freier Verschiebbarkeit der Füllung gleicht oder jedenfalls nahe kommt. Die von ihr in Bezug genommenen Ausführungen des Privatgutachtens Prof. Körkemeyer (Anlagen K 21 und K 22) beruhen auf abstrakten Erwägungen. Ihnen liegen keine vom Privatgutachter durchgeführten Untersuchungen der angegriffenen Ausführungsformen zugrunde. Zudem gründen sie auf der – wie bereits dargelegt wurde – unzutreffenden Annahme, dass nur die in den dort zitierten DIN-Vorschriften genannten, verhältnismäßig geringen Toleranzen auszugleichen sind. Mit der Anlage K 12 führt die Klägerin zwar Ergebnisse eigener Untersuchungen der angegriffenen Ausführungsform II in das Verfahren ein. Danach soll die Verformung der angegriffenen Ausführungsform II der eines mit Sand gefüllten Schlauches sehr ähnlich sein. Dies belegt – die Richtigkeit des entsprechenden Vorbringens unterstellt – aber bereits nur ein ähnliches Verhalten der Vergleichsexemplare zwischen ebenen glatten Flächen. Denn nur zwischen solchen sind die Proben bei den Untersuchungen verpresst worden. Das Diagramm auf Seite 2 der Anlage K 12 verfügt damit über keinerlei Aussagekraft, wie sich die angegriffene Ausführungsform II im Toleranzausgleich, also gerade dann, wenn keine gleichmäßigen Flächen vorliegen, verhält. Dass ausweislich der Bilder 2 und 4 auf Seite 3 der Anlage K 12 die Stirnfläche des durchgeschnittenen Lastenausgleichsrings der angegriffenen Ausführungsform II nach erfolgter Belastung nur wenig nach außen gewölbt wurde, spricht im Gegenteil gegen eine Fähigkeit des Inneren, sich innerhalb des Dichtkörpers so zu verschieben, dass der erfindungsgemäße Ausgleich von Lücken im Abdichtbereich der Betonfertigteile, die in Umfangsrichtung der Betonfertigteile gesehen auftreten können, stattfinden kann. Zudem haben die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen vorgetragen, dass die bei den Untersuchungen erfolgte Druckbeaufschlagung der Proben nicht der entspricht, wie sie in der Praxis auf die Dichtungen ausgeübt wird. Die Klägerin hat zwar die von den Beklagten konkret behauptete Vervielfachung um das 180-fache bestritten. Sie hat aber eingeräumt, dass der bei den Untersuchungen auf die Proben ausgeübte Druck ein Mehrfaches des in der Praxis erfolgenden Drucks betrug. Damit kann jedoch nicht einmal davon ausgegangen werden, dass sich die angegriffene Ausführungsform II bei der Anwendung in der Praxis so wie in der Anlage K 12 wiedergegeben verhält.

(bb) Aus den genannten Gründen hat auch die erstmals in der Replik aufgestellte Behauptung der Klägerin, das bei den angegriffenen Ausführungsformen verwandte Gleitmittel stelle eine pastöse Masse im Sinne des Klagepatents dar, keinen Erfolg. Denn allein das Vorhandensein einer pastösen Masse genügt zur Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents nicht. Vielmehr muss die pastöse Masse zusammen mit einer Abdeckung/Hülle einen Ringwulst bilden, der so ausgebildet ist, dass er in der Lage ist, die in Merkmal 6 beschriebene Funktion zu erfüllen, nämlich aufgrund seiner Dicke und Verformbarkeit Lücken im Abdichtbereich auszufüllen. Dass der mit Gleitmittel versehene Gleitmantel 8 der angegriffenen Ausführungsformen geeignet ist, einen solchen Ringwulst zu bilden, wird von der Klägerin nicht behauptet, geschweige denn konkret dargelegt. Von ihr unangegriffen ist zudem die Feststellung im landgerichtlichen Urteil, dass sich der Gleitmantel bei Montage wie auf Bild 2 dargestellt verhält. Dies bestätigt die Behauptung der Beklagten, dass es sich insoweit um eine Maßnahme aus dem Stand der Technik, nämlich die danach schon bekannte geschmierte Hautfalte (vgl. Sp. 1 Z. 21-24) handelt. Hierzu hat die Klägerin ebenso wenig Stellung genommen wie zu dem weiteren Vortrag der Beklagten, das Gleitmittel sei bei den angegriffenen Ausführungsformen in so geringem Umfang vorhanden, dass es als solches keine Lückenabdichtung erreichen könne.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.