4a O 168/07 – Fenster- oder Türflügel

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 850

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 1. Juli 2008, Az. 4a O 168/07

Restitutionsklage: 4a O 288/10

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

für Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit einem Rahmen, dessen Schenkel aus einem einen Aufnahmefalz für eine Isolierverglasung bildenden Profil bestehen, und mit einem am Schenkelprofil auf der Rahmenaußenseite befestigbaren Halterungsprofil, das die in den Aufnahmefalz eingesetzte Isolierverglasung in einem Randabschnitt übergreift,

im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes Bn (metallische Halterungsprofile) anzubieten oder in Verkehr zu bringen,

wobei das metallische Halterungsprofil eine die Außenseite des aus Kunststoff gefertigten Schenkelprofils abdeckende Vorsatzschale bildet, die auf das Kunststoffprofil der Schenkel im Wesentlichen parallel zur Rahmenebene schnappverschlussartig aufsteckbar ist;

2. dem Kläger unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. begangenen Handlungen seit dem 28.11.2004 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Stückzahlen, laufende Meter, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug der Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den im Urteilsausspruch zu Ziffer I. 1. genannten Bn unmittelbar zugeordnet werden,

wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Lieferpapiere vorzulegen hat;

3. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren zu unterlassen,

Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit einem Rahmen, dessen Schenkel aus einem einen Aufnahmefalz für eine Isolierverglasung bildenden Profil bestehen, und mit einem am Schenkelprofil auf der Rahmenaußenseite befestigbaren Halterungsprofil, das die in den Aufnahmefalz eingesetzte Isolierverglasung in einem Randabschnitt übergreift,

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

wobei das metallische Halterungsprofil eine die Außenseite des aus Kunststoff gefertigten Schenkelprofils abdeckende Vorsatzschale bildet, die auf das Kunststoffprofil der Schenkel im Wesentlichen parallel zur Rahmenebene schnappverschlussartig aufsteckbar ist;

4. dem Kläger unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 3. bezeichneten Handlungen seit dem 28.11.2004 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Stückzahlen, laufende Meter, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug der Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den im Urteilsausspruch zu Ziffer I. 3. genannten Vorrichtungen unmittelbar zugeordnet werden,

wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Lieferpapiere vorzulegen hat.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die unter Ziffer I. 1. und I. 3. bezeichneten, seit dem 28.11.2004 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entsteht.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2004 011 xxx U1 (nachfolgend: Klagegebrauchsmuster). Das Klagegebrauchsmuster wurde am 14.07.2004 unter Inanspruchnahme der Unionspriorität der GM 505/2003 AT vom 16.07.2003 angemeldet, die am 23.09.2004 erfolgte Eintragung wurde am 28.10.2004 veröffentlicht.

Das Klagegebrauchsmuster trägt die Bezeichung „Flügel für ein Fenster oder eine Tür“. Sein Schutzanspruch 1 lautet:

Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit einem Rahmen, dessen Schenkel aus einem einen Aufnahmefalz für eine Isolierverglasung bildenden Profil bestehen, und mit einem am Schenkelprofil auf der Rahmenaußenseite befestigbaren Halterungsprofil, das die in den Aufnahmefalz eingesetzte Isolierverglasung in einem Randabschnitt übergreift, dadurch gekennzeichnet, dass das metallische Halterungsprofil (10) eine die Außenseite des aus Kunststoff gefertigten Schenkelprofils (4) abdeckende Vorsatzschale (11) bildet, die auf das Kunststoffprofil (4) der Schenkel (3) im wesentlichen parallel zur Rahmenebene schnappschussartig aufsteckbar ist.

Nachfolgend wird eine Figur aus der Klagegebrauchsmusterschrift wiedergegeben, welche einen erfindungsgemäßen Flügel für ein Fenster oder eine Tür in einem vereinfachten Querschnitt zeigt:

Die Beklagte bezeichnet sich als „Profil-Systemgeber für Fenster-Hersteller“ und bietet an und vertreibt diverse Kunststoff-Profilsysteme unter der Bezeichnung „A“ sowie als „B“ ein Metallprofil für Rahmen für Fenster und Türen aus Kunststoffprofilen. Ferner bewirbt sie diese über ihren deutschlandweit abrufbaren Internet-Auftritt und in der Zeitschrift Bauelemente Bau, Heft 3/2006. Diese B ist in einer vergrößerten Querschnittswiedergabe wie folgt gestaltet:

Außerdem stellte die Beklagte auf der Fensterbau-Messe in Nürnberg im März 2006 ein Fenster mit einer B aus und bot dieses an.

Der Kläger vertritt die Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die technische Lehre des Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß. Aufgrund der konkreten Geometrie der B der Beklagten und insbesondere der „Clipsfunktion“ sei ein anderer Einsatzzweck als der für die Vorrichtung nach dem Klagegebrauchsmuster nicht denkbar.

Er beantragt daher,

zu erkennen wie geschehen.

Hinsichtlich des in Form eines „insbesondere, wenn“ – Antrages hilfsweise geltend gemachten Unteranspruchs 2 wird auf die Klageschrift vom 02.05.2008 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise: der Beklagten vorzubehalten, auf ihre Kosten die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger nur einem von dem Kläger zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber dem Kläger verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie diesen ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf Anfrage darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger oder ein bestimmter Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist.

hilfsweise: den Rechtstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Löschungsverfahrens gegen das Klagegebrauchsmuster auszusetzen.

Sie bestreitet zunächst die Aktivlegitimation des Klägers. Des Weiteren sei das Klagegebrauchsmuster nicht schutzfähig, denn es fehle bereits an der erforderlichen Neuheit, zumindest aber an einem erfinderischen Schritt. Die durch Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters beanspruchte Lehre sei bereits vollständig durch die DE 2 311 970, dort insbesondere durch Figur 2, vorweggenommen. Demgegenüber werde Unteranspruch 2 durch die angegriffene Ausführungsform nicht verwirklicht. Die angegriffene Ausführungsform verfüge bereits nicht über einen „abgewinkelten Randabschnitt“ wie in Merkmal 3 lit. a) beschrieben. Ferner habe die angegriffene Ausführungsform auch keinen „federnden Längssteg“ (Merkmal 3 lit. b)).

Der Kläger tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.
Der Kläger ist als eingetragener Inhaber des Klagegebrauchsmusters aktivlegitimiert. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, der Kläger habe seine Aktivlegitimation nicht hinreichend dargelegt, hat dieses Vorbringen keinen Erfolg. Die Eintragung begründet das Alleinrecht des Rechtsträgers (§ 11 GebrMG). Das Gebrauchsmusterregister weist den Eingetragenen dem Patentamt und Dritten gegenüber aus und ermächtigt zur Geltendmachung der Rechte aus dem Gebrauchsmuster (vgl. Benkard/Goebel, PatG, 10. Auflage, § 8 GebrMG Rz. 17). Damit kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, wie der Kläger in den Besitz des Klagegebrauchsmusters gelangt ist.

II.
Das Klagegebrauchsmuster betrifft einen Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit einem Rahmen, dessen Schenkel aus einem einen Aufnahmefalz für eine Isolierverglasung bildenden Profil bestehen, und mit einem am Schenkelprofil auf der Rahmenaußenseite befestigbaren Halterungsprofil, das die in den Aufnahmefalz eingesetzte Isolierverglasung in einem Randabschnitt übergreift.

Zum Einsetzen einer Isolierverglasung in den Flügel von Fenstern oder Türen ist der Flügelrahmen unabhängig davon, ob seine Schenkel aus einem Kunststoff- oder einem Holzprofil bestehen, auf seiner Innenseite mit einem Aufnahmefalz für die Isolierverglasung versehen. Diese Isolierverglasung wird im Aufnahmefalz mit Hilfe einer Glasleiste gehalten, die mit dem Schenkelprofil verbunden werden muss. Zur Vermeidung einer gesonderten Glasleiste ist es bei Holzfenstern aus der AT 409.400 B bekannt, den Aufnahmefalz auf die Außenseite des Flügelrahmens zu verlegen und am Schenkelprofil auf der Rahmenaußenseite ein Halterungsprofil aus Kunststoff anzuschrauben, das durch ein Metallprofil abgedeckt wird und die in den Aufnahmefalz eingesetzte Isolierverglasung über eine umlaufende Dichtung festhält. Da das rahmenförmige Halterungsprofil am hölzernen Flügelrahmen angeschraubt wird, kann diese bekannte Konstruktion nicht ohne weiteres auf Kunststofffenster oder -türen übertragen werden, weil bei Kunststoffrahmen aus einem Hohlkammerprofil eine vergleichbare Verschraubung kaum vorgesehen werden kann (vgl. Anlage K 4, Abschnitt [0002]).

Das Klagegebrauchsmuster verfolgt daher die Aufgabe (das technische Problem), einen Flügel für ein Fenster oder eine Tür aus Kunststoff so auszugestalten, dass unter Verzicht auf eine Glasleiste eine vorteilhafte Halterung der Isolierverglasung bei einem geringen Montageaufwand erreicht wird.

Dies geschieht nach Schutzanspruch 1 durch eine Kombination der folgenden Merkmale:

1. Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit einem Rahmen, dessen Schenkel aus einem einen Aufnahmefalz für eine Isolierverglasung bildenden Profil bestehen

2. und mit einem Halterungsprofil,

a) das am Schenkelprofil auf der Rahmenaußenseite befestigbar ist,

b) das die in den Aufnahmefalz eingesetzte Isolierverglasung in einem Randabschnitt übergreift.

c) Das Halterungsprofil ist aus Metall.

d) Das Halterungsprofil besitzt eine Vorsatzschale.

(1) Die Vorsatzschale deckt die Außenseite des aus Kunststoff gefertigten Schenkelprofils ab.

(2) Die Vorsatzschale ist auf das Kunststoffprofil der Schenkel im Wesentlichen parallel zur Rahmenebene schnappverschlussartig aufsteckbar.

III.
Der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters erweist sich gegenüber dem von der Beklagten entgegengehaltenen Stand der Technik als schutzfähig, § 1 Abs. 1 GebrMG.

1.
Keine der von der Beklagten vorgebrachten Druckschriften nimmt die Lehre von Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters neuheitsschädlich vorweg, §§ 1 Abs. 1, 3 GebrMG.

a)
Die deutsche Offenlegungsschrift DE 2 311 970 vom 19.09.1974 (Anlage B 3) betrifft nach außen sichtbare Schutzleisten für Flügel und/oder Blendrahmen und Kämpfern von Fenstern, Türen und/oder ähnlichen Bauelementen aus vorzugsweise Hohlprofilen. Die Druckschrift verfolgt die Aufgabe (das zu lösende Problem), Fenster, Türen und/oder ähnliche Bauelemente in allen gewünschten kräftigen, auch dunklen Farbtönen herzustellen, ohne dass bei intensiver Sonneneinstrahlung und/oder hohem Feuchtigkeitsgehalt und Lufttemperaturen eine unverträglich hohe Aufheizung und Verformung des Kunststoffhohlprofils und/oder Änderung seiner Ausgangsfarbe ganz oder flächenförmig eintritt (vgl. Anlage B 3, S. 2 f.). Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass man profilierte Schutzleisten nach außen sichtbar vor die Kunststoffprofile der Flügel und/oder Blendrahmen unmittelbar und/oder mit einem Abstand bis zu 30 mm, vorzugsweise 2 bis 5 mm, anbringt, so dass das PVC-Profil vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt ist und damit die Aufheizung ganz oder weitgehend unterbunden wird und die besonders farbgefährdeten Schweißnähte abgedeckt sind. Eine derartige Konstruktion ist in den Figuren 1 und 2 dargestellt. Diese zeigen als besondere Ausführungsform die rechte untere Ecke eines Fensters oder einer Tür und sind im Folgenden dargestellt:

Die rechte untere Ecke eines Fensters oder einer Tür besteht danach aus dem dünngezeichneten Flügelrahmen (1) mit den stark gezeichneten Schutzleisten (2) und dem Blendrahmen (3) und den Schutzleisten (4), die sämtlich in der Gehrung (5) unter 90 Grad – in diesem Fall stumpf – aneinanderstoßen. Die Schutzleiste (2) ist federnd in die für die Glasleisten vorgesehenen Klemmleisten (6) des Kunststoffhohlprofils eingesetzt. Der zur Scheibe gewandte Teil (7) der Schutzleiste (2) entspricht dem Profil einer Glasleiste. Der Schenkel (8) der Schutzleiste (2) schützt das Kunststoffprofil (9) vor Sonneneinstrahlung. Das Ende dieses Schenkels (8) ist als Wulst (10) ausgeführt, um die Steifigkeit der Schutzleiste zu erhöhen und eventuelle Windgeräusche zu vermeiden. Die Schutzleiste (2) ist mit einem Abstand (11) bis 20 mm, vorzugsweise 2 – 5 mm vor dem Hauptprofil (9) angebracht, um den Wärmeübergang von der Schutzleiste (2) zum Profil (9) einzuschränken und die Hinterlüftung zu fördern (vgl. Anlage B 3, S. 4 f.).

Damit offenbart die Entgegenhaltung bereits nicht den nach dem Oberbegriff des Klagegebrauchsmusters erforderlichen Aufnahmefalz für eine Isolierverglasung. Das Klagegebrauchsmuster definiert den Begriff „Aufnahmefalz“ nicht. Jedoch nimmt die Klagegebrauchsmusterschrift insoweit auf den Stand der Technik Bezug. Danach ist der Flügelrahmen von Fenstern oder Türen unabhängig davon, ob seine Schenkel aus einem Kunststoff- oder Holzprofil bestehen, auf seiner Innenseite mit einem Aufnahmefalz für die Isolierung versehen. Diese Isolierverglasung wird im Aufnahmefalz mit Hilfe einer Glasleiste verbunden, die mit dem Schenkelprofil verbunden werden muss. Zur Vermeidung einer gesonderten Glasleiste ist es bei Holzfenstern bekannt (AT 409.400 B), den Aufnahmefalz auf die Außenseite des Flügelrahmens zu verlegen und am Schenkelprofil auf der Rahmenaußenseite ein Halterungsprofil aus Kunststoff anzuschrauben, das durch ein Metallprofil abgedeckt wird und die in den Aufnahmefalz eingesetzte Isolierverglasung durch eine umlaufende Dichtung abdeckt (vgl. Anlage K 4, Abschnitt [0002]).

Ein derartiger Aufnahmefalz, welcher zusammen mit dem Halterungsprofil der Befestigung der Isolierverglasung dient, ist in der Entgegenhaltung nicht offenbart. Das insbesondere in Figur 2 dieser Offenlegungsschrift gezeigte Flügelrahmenprofil bildet selbst keinen Aufnahmefalz für die Isolierverglasung. Vielmehr bildet das in Figur 2 der Entgegenhaltung gezeigte Flügelrahmenprofil eine plane Auflagefläche für eine Scheibe, ohne dass ein Falz im Profil ausgebildet wäre. Die auf den zwei inneren Füßen der Klemmleisten (6) anliegende Isolierverglasung wird mithin an der Außenseite durch die Halterung gehalten. Somit wird auf der Innenseite der Isolierverglasung nach wie vor eine Glasleiste zur Befestigung der Isolierverglasung benötigt. Demgegenüber wird die Scheibe nach der durch Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters beanspruchten Lehre lediglich durch zwei Elemente gehalten. Dies sind der von dem Kunststoffprofil (4) gebildete Schenkel einerseits und gegenüberliegend das Halterungsprofil (10) andererseits. Dies entspricht der Aufgabe des Klagegebrauchsmusters, unter Verzicht auf eine Glasleiste eine vorteilhafte Halterung der Isolierverglasung bei geringem Montageaufwand zu erreichen (vgl. Anlage K 4, Abschnitt [0003]).

Dem steht nicht entgegen, dass die Entgegenhaltung in Unteranspruch 3 eine Konstruktion vorsieht, nach der die Schutzleiste dadurch gekennzeichnet ist, dass sie mit den Glasleisten eine aus einem Stück bestehende Einheit bildet. Gemäß der Beschreibung gemäß Anlage B 3, S. 3 können die Schutzleisten erfindungsgemäß so ausgebildet werden, dass sie mit ihren Schenkeln lediglich eine Verlängerung der Glasleisten darstellen, die dadurch eingespart werden können. Selbst wenn dies so auszulegen wäre, dass die Glasleiste durch die Halterung vollständig ersetzt wird, so betrifft dies nach der durch die Beklagte zur Begründung der Neuheitsschädlichkeit herangezogenen Figur 2 der Entgegenhaltung lediglich die Außenseite der Isolierverglasung. Da die Isolierverglasung demgegenüber lediglich auf den Füßen der Klemmleisten angebracht ist, bedarf es auf der Innenseite weiterhin einer – in Figur 2 nicht dargestellten – Glasleiste. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte führt auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 30.05.2008 aus, es stehe nach dem Klagegebrauchsmuster im Belieben des Fachmanns, ob der Aufnahmepfalz durch vom Fensterrahmen separate, demontierbare Halteleisten (wie beispielsweise in Anlage B 3 gezeigt) oder durch im Flügelrahmen integrierte, dass heißt einstückig angeformte Halteleisten, gebildet wird. Damit geht auch die Beklagte davon aus, dass es nach der in der B 3 offenbarten Lehre zusätzlicher Halteleisten zur Halterung der Isolierverglasung bedarf.

b)
Auch die von der Beklagten zur Begründung einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme im Rahmen ihres als Anlage B 2 vorgelegten Löschungsantrages weiterhin herangezogene EP 1 069 272 A1 offenbart die durch Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters beanspruchte Lehre nicht. Bei der – entgegen der Aufforderung im frühen ersten Termin nur in englischer Sprache vorgelegten – EP 1 069 272 A1 fehlt es bereits an einer Vorsatzschale, die auf das Kunststoffprofil der Schenkel im Wesentlichen parallel zur Rahmenebene schnappverschlussartig aufsteckbar ist. Die dort gezeigte abdeckende Vorsatzschale muss mit Schrauben befestigt werden.

2.
Die Beklagte hat nicht hinreichend aufgezeigt, aufgrund welcher Überlegungen die Lehre des Schutzanspruchs 1 durch den genannten Stand der Technik für den Fachmann zum Zeitpunkt der Anmeldung des Klagegebrauchsmusters naheliegend war, § 1 Abs. 1 GebrMG.

Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf die durch die Beklagte insoweit herangezogene AT 409 400 (Anlage B 9). Es trifft zu, dass dort ein L-förmiger Aufnahmefalz zur Aufnahme der Isolierverglasung offenbart wird. Auch ist das Halterungsprofil dort am Schenkelprofil der Rahmenaußenseite befestigbar und übergreift die in den Aufnahmefalz eingesetzte Isolierverglasung in einem Randabschnitt. Jedoch wird das Halterungsprofil dort mittels Schrauben an der Außenwand des Schenkelprofils angeschraubt. Insofern ist nicht ersichtlich, anhand welcher Überlegungen ein Fachmann im Zeitpunkt der Anmeldung des Klagegebrauchsmusters naheliegend zu einer Lösung gelangen sollte, bei der die Vorsatzschale auf das Kunststoffprofil im Wesentlichen parallel zur Rahmenebene schnappverschlussartig und damit mit einem geringen Montageaufwand aufsteckbar ist.

Zu einer solchen Überlegung gelangt der Fachmann auch nicht naheliegend durch eine Kombination der Entgegenhaltungen gemäß Anlagen B 3 und B 9. Zwar sieht die Anlage B 9 einen Aufnahmefalz für eine Isolierverglasung vor, wobei zur Halterung auf der Rahmenaußenseite ein Halterungsprofil aus Kunststoff angeschraubt wird, so dass auf das Anbringen einer zusätzlichen Glasleiste zur Halterung des Isolierglases verzichtet wird. Weiterhin entnimmt der Fachmann der Anlage B 3, dass es möglich erscheint, die Vorsatzschale schnappverschlussartig zu befestigen. Jedoch stellt es einen erfinderischen Schritt dar, die beiden Druckschriften derart zu kombinieren, dass der Fachmann die aus der AT 409 400 B bekannte Anbringung des Halterungsprofils mittels Schrauben durch den aus der DE 2 311 970 bekannten Schnappverschluss ersetzt. Zwar enthält die AT 409 400 auf Seite 3, Zeilen 31 – 32 den Hinweis, dass der Fensterflügel (3) beispielsweise auch aus Kunststoff bestehen kann. Jedoch weist die Fenster- und Türkonstruktion gemäß der AT 409 400 zur Befestigung der Glasscheibe nicht nur einen Aufnahmefalz sowie ein Halterungsprofil auf. Vielmehr handelt es sich um eine Gesamtkonstruktion, welche zusätzlich eine Laibung (5) und einen Rahmen, welcher in eine Maueröffnung (22) eingesetzt ist und an den der Fensterflügel (2) beziehungsweise der Türflügel angeschlossen ist, aufweist. Dabei ist der Rahmen (1) außenseitig von einer kälte- oder wärmeisolierenden Laibung (5) umschlossen, wobei die Laibung (5) mit dem Rahmen (1) eine in die Mauer einsetzbare Einheit bildet. Damit muss der Fachmann ausgehend von der Entgegenhaltung gemäß Anlage B 9, um zu der durch das Klagegebrauchsmuster beanspruchten Lösung zu gelangen, nicht nur erkennen, dass die Schraubbefestigung durch eine schnappverschlussartige Verbindung, wie sie in der Entgegenhaltung gemäß Anlage B 3 offenbart wird, ersetzt werden kann. Vielmehr muss er zusätzlich zu der Erkenntnis gelangen, dass aufgrund der mit der Halterung verbundenen Abdeckfunktion der Rahmen dann außenseitig nicht mehr von einer kälte- bzw. wärmeisolierenden Laibung (5) umschlossen sein muss.

Im Übrigen verfolgen die Druckschriften gemäß Anlagen B 9 und B 3 unterschiedliche Ziele. Während die AT 409 400 (Anlage B 9) eine Befestigung der Isolierverglasung unter Vermeidung der Verwendung zusätzlicher Glasleisten und damit vorrangig die Halterung der Isolierverglasung zum Gegenstand hat, betrifft die DE 2 311 970 vorrangig die Ausgestaltung von sichtbaren Schutzleisten, um die Kunststoffhohlprofile vor intensiver Sonneneinstrahlung zu schützen und zugleich vielfältige Möglichkeiten der Fassadengestaltung durch die Verwendung verschiedenfarbiger Schutzleisten zu eröffnen. Demgegenüber ist die Halterung der Isolierverglasung in dieser Druckschrift nicht offenbart. Somit ist es für den Fachmann nicht naheliegend, die aus der AT 409 400 bekannte Schraubenbefestigung der Halterung durch eine schnappverschlussartige Befestigung, wie sie aus der DE 2 311 970 für den Bereich von – keine Haltefunktion aufweisenden – Schutzleisten bekannt ist, zu kombinieren.

Schließlich wird der Fachmann auch dann, wenn er die DE 2 311 970 als Ausgangspunkt wählt, nicht naheliegend zu der durch das Klagegebrauchsmuster beanspruchten Erfindung gelangen. Auch insoweit bedarf es eines erfinderischen Schrittes. Die Beklagte hat bereits nicht hinreichend dargelegt, weshalb der Fachmann, welcher einen Ersatz für die Befestigung der Halterung mittels Schrauben sucht, die Entgegenhaltung gemäß Anlage B 3 als Ausgangspunkt nimmt, deren Gegenstand nicht die Halterung der Isolierverglasung, sondern die Anbringung einer austauschbaren Schutzleiste bildet. Darüber hinaus enthält die Entgegenhaltung keinen Anhaltspunkt, dass die dort zur Halterung der Isolierverglasung auf der Innenseite erforderliche Glasleiste durch einen Aufnahmefalz, wie er beispielsweise in der AT 409 400 offenbart ist, ersetzt werden kann.

IV.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht unstreitig alle Merkmale von Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters. Das bei der auf der Fensterbau-Messe in Nürnberg im März 2006 angebotene Fenster besitzt einen Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit einem Rahmen, dessen Schenkel aus einem Aufnahmefalz für eine Isolierverglasung bildenden Profil und einem Halterungsprofil bestehen, wobei das Halterungsprofil am Schenkelprofil auf der Rahmenaußenseite befestigbar ist, die in den Aufnahmefalz eingesetzte Isolierverglasung in einem Randbereich übergreift und aus Metall gestaltet ist. Das Halterungsprofil bildet eine Vorsatzschale, welche die Außenseite des aus Kunststoff gefertigten Schenkelprofils abdeckt und die auf das Kunststoffprofil der Schenkel im Wesentlichen parallel zur Rahmenebene schnappverschlussartig aufsteckbar ist.

Schließlich handelt es sich bei dem durch die Beklagte unter der Bezeichnung „A“ und „Aluversatzschale“ angebotenen Metallprofil um ein Mittel, welches sich auf ein wesentliches Element des Gegenstandes des Klagegebrauchsmusters bezieht, bei welchem es zumindest aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass dieses Mittel dazu geeignet und bestimmt ist, für die Benutzung des Gegenstandes des Gebrauchsmusters verwendet zu werden, § 11 Abs. 2 GebrMG.

V.
1.
Da die angegriffene Ausführungsform die Lehre von Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in der von der Klägerin geltend gemachten Fassung verwirklicht, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Unterlassung verpflichtet, § 24 Abs. 1 GebrMG.

2.
Des Weiteren hat die Beklagte schuldhaft gehandelt, so dass sie gegenüber der Klägerin verpflichtet ist, Schadenersatz zu leisten, § 24 Abs. 2 GebrMG. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Gebrauchsmusterverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 Abs. 1 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen nicht in allen Punkten im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung anzuerkennen,
§ 256 ZPO.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch beziffern zu können, ist die Beklagte ihr gegenüber im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Weiterhin wird die Beklagte durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen,
§ 24 b Abs. 1 GebrMG. Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vergleiche Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.08.2001, Az.: 2 U 91/01).

VI.
Eine Aussetzung der Verhandlung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Löschungsverfahrens ist nicht veranlasst, §§ 19 GebrMG, 148 ZPO. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die obigen Ausführungen zur Schutzfähigkeit verwiesen werden.

VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 250.000,- EUR festgesetzt.