4a O 210/08 – Lizenzangebot

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1006

Landgericht Düsseldorf
Schlussurteil vom 18. Dezember 2008, Az. 4a O 210/08

I. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

II. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die US-amerikanische Muttergesellschaft der Klägerin, die B Co. (nun firmierend unter: A Company), St. Paul, Minnesota/USA, ist alleinige, eingetragene und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des europäischen Patents 0 722 xxx B1 (in Folgenden: Klagepatent) betreffend einen Sicherheitsleser zur automatischen Erfassung von Verfälschungen und Änderungen. Das Klagepatent wurde am 06.10.1994 unter Inanspruchnahme der Priorität der AU PM166x/xx vom 06.10.1993 in englischer Sprache angemeldet. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 02.06.1999. Der deutsche Teil (DE 694 18 xxx T2) ist in Kraft.

Die Inhaberin des Klagepatents hat die sich zu ihren Gunsten aus Patentverletzungshandlungen der Beklagten ergebenden Ansprüche auf Schadenersatz, Entschädigung und Rechnungslegung sowie Auskunftserteilung an die Klägerin abgetreten. Im Hinblick auf die ihr zustehenden Unterlassungsansprüche hat sie die Klägerin zur Prozessführung in eigenem Namen ermächtigt.

Auf der Grundlage des Klagepatents hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 03.09.2008 Klage erhoben, welche der Beklagten am 06.10.2008 zugestellt wurde. Die Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10.11.2008 die Klageforderung unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt. Im frühen ersten Termin am 11.11.2008 hat der Beklagtenvertreter das Anerkenntnis unter Protest gegen die Kostenlast wiederholt. Daraufhin hat der Klägervertreter den Erlass eines Teil-Anerkenntnisurteils gegen die Beklagte beantragt, welches die Kammer antragsgemäß verkündet hat. Zugleich hat das Landgericht Düsseldorf im Hinblick auf die Kostenentscheidung das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 3 ZPO angeordnet.

Die Klägerin beantragt daher nunmehr,

der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Sie trägt vor, die Klägerin habe ihr mit dem als Anlage rop 1 vorgelegten Schreiben vom 21.07.2008 eine Lizenz angeboten. Die Beklagte habe daraufhin mit dem als Anlage rop 2 vorgelegten Schreiben vom 15.08.2008 geantwortet, ihrerseits die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung in Aussicht gestellt und angefragt, ob auf dieser Grundlage der Streitfall erledigt werden könne. Die Klägerin habe daraufhin nicht – wie es geboten gewesen wäre – geantwortet, sondern unmittelbar Klage erhoben. Das Schreiben der Klägerin vom 21.07.2008 stelle insbesondere keine Abmahnung dar, da es keine unbedingte Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung, sondern das Angebot einer Lizenzierung enthalten habe. Auch habe das Schreiben keine Klageandrohung, sondern lediglich die Information der Prozessbevollmächtigten der Klägerin beinhaltet, diese würden ihrer Mandantin empfehlen, Klage zu erheben.

Die Klägerin entgegnet insoweit, die Beklagte gebe den Sachverhalt lediglich verkürzt wieder. Bereits in den Jahren 2005 und 2006 habe eine US-amerikanische Schwestergesellschaft der Klägerin, die A X Company, die für die Schaffung und Durchsetzung von Schutzrechten im A-Konzern zuständig sei, die Beklagte unter Bezugnahme auch auf das Klagepatent angeschrieben und mit Bezug auf den angegriffenen Sicherheitsleser eine Lizenz auch an dem Klagepatent angeboten. Es habe insoweit ein umfassender Schriftverkehr stattgefunden, hinsichtlich dessen genauen Inhaltes auf die Anlagen K 12 und K 13 Bezug genommen wird. Gegenstand dieses Schriftwechsels sei auch die US 6,019,287 gewesen, welche dem Klagepatent entspreche. Auf ihre Schreiben habe die A X Company ebenso wie auf ein entsprechendes Erinnerungsschreiben an die Adresse des damaligen Geschäftsführers der Beklagten jedoch keine Antwort erhalten. Vor dem Hintergrund der fehlenden Reaktion der Beklagten auf insgesamt drei vorangegangene Schreiben habe sich die Klägerin in Absprache mit der Patentinhaberin und der A X Company entschlossen, ein letztes Lizenzangebot unter gleichzeitiger Androhung der Klageerhebung und ferner unter Übersendung eines Klageentwurfs zu unterbreiten. Dies sei mit dem durch die Beklagte als Anlage B1 vorgelegten Schreiben vom 21.07.2008 geschehen. Dieses Schreiben habe neben dem Klagepatent nebst Übersetzung auch den kompletten Entwurfstext zur letztlich eingereichten Klage enthalten. Ferner sei als Anlage K 4 ein ausgearbeiteter Lizenzvertragsentwurf beigefügt gewesen. Aus dem Schreiben habe sich unmissverständlich ergeben, dass die Beklagte damit habe rechnen müssen, mit dem beigefügten Entwurf einer Klage wegen Patentverletzung vor dem Landgericht Düsseldorf gerichtlich im Umfang der im Entwurf bezeichneten Anträge in Anspruch genommen zu werden, wenn innerhalb der gesetzten Frist keine Antwort erfolge oder die Beklagte auf das Lizenzangebot nicht habe eingehen wollen. Die Beklagte habe daraufhin mit dem als Anlage K15/B2 vorgelegten Schreiben vom 15.08.2008 geantwortet. Darin habe die Beklagte keinesfalls die Bereitschaft angekündigt, sich zu unterwerfen. Es sei zunächst mitgeteilt worden, dass kein Interesse an einer Lizenz bestehe. Ferner habe die Beklagte eine „Software-Aktualisierung“ angeboten. Diese Antwort habe somit Anlass zur Klage gegeben. Zum einen habe die Beklagte nunmehr ausdrücklich die ihr zuvor mehrfach angebotene Lizenz abgelehnt. Bereits für diese Situation habe die Klägerin in dem Schreiben gemäß Anlage K 15/B2 die Einreichung der im Entwurf beigefügten Klage angeboten. Der patentanwaltlich vertretenen Beklagten habe daher klar sein müssen, dass sie allein deshalb habe verklagt werden können. Dies insbesondere deshalb, weil die A X Company bereits auf drei vorangegangene Lizenzangebote keine Antwort erhalten und nunmehr die klare Zurückweisung dieses Angebots keinen Raum für weitere Kompromisse gelassen habe. Des Weiteren seien keine streiterledigenden Erklärungen angeboten worden. Vielmehr habe das durch die Beklagte angebotene „Software-Update“ für bereits ausgelieferte und zukünftige Exemplare der angegriffenen Sicherheitslesegeräte eine Wiederholungsgefahr für zukünftige Patentverletzungen in keiner Weise entfallen lassen. Einerseits sei es der Beklagten auch nach einem solchen Update möglich gewesen, die entsprechenden Funktionen durch ein weiteres Update wieder zu aktivieren. Andererseits werde durch ein „Software-Update“ die Verletzung der Patentansprüche 1 und 2 durch eine wortsinngemäße Verwirklichung der Vorrichtungsmerkmale nicht ausgeschlossen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Nachdem die Beklagte die durch die Klägerin geltend gemachte Forderung anerkannt hat, ist nunmehr im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 3 ZPO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Diese sind der Klägerin aufzuerlegen. Die Voraussetzungen eines sofortigen Anerkenntnisses im Sinne von § 93 ZPO liegen vor. Die Beklagte hat die Klageforderung mit Schriftsatz vom 10.11.2008 und damit noch vor dem frühen ersten Termin unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt und das Anerkenntnis im frühen ersten Termin wiederholt, so dass sie damit die Klageforderung „sofort“ anerkannt hat, ohne dass sie der Klägerin zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hätte.

I.
Veranlassung zur Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe gibt der Beklagte im Allgemeinen, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen durfte, er werde ohne Anrufung des Gerichts nicht zu seinem Recht kommen (BGH NJW 1979, 2040, 2041). Ob der Beklagte Veranlassung zur Anrufung des Gerichts gegeben hat, beurteilt sich nach seinem Verhalten vor Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe, zu dessen Bewertung auch sein anschließendes Verhalten herangezogen werden kann, denn dieses kann seine frühere Veranlassung zumindest indizieren (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Auflage, § 93 Rz. 3 m. w. N.). Ließ das vorprozessuale Verhalten des Beklagten allerdings noch keinen Schluss auf die Notwendigkeit der Anrufung der Gerichte zu, ist ein rückschauendes „Nachwachsen“ allein aus dem Verhalten nach Klageerhebung nicht möglich (BGH a. a. O.). Werden Unterlassungsansprüche wegen einer Patent- oder Gebrauchsmusterverletzung geltend gemacht, besteht ebenso wie in Wettbewerbsstreitigkeiten eine Veranlassung zur Klageerhebung im Allgemeinen nur, wenn der als Verletzer in Anspruch Genommene auf eine vorgerichtliche Abmahnung hin kein mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrtes Unterlassungsversprechen abgibt (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Auflage,
§ 93 Rz. 6, Stichwort: „Wettbewerbsstreitigkeiten“ m. w. N.). Dabei muss die Abmahnung dem Schuldner den Weg weisen, wie er sich zu verhalten hat, damit ein Prozess vermieden wird. Der Gläubiger muss dem Schuldner daher nicht nur nach fruchtlosem Ablauf einer durch ihn gesetzten Frist gerichtliche Schritte androhen, sondern den Schuldner zugleich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Auflage, § 139 Rz. 163; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Auflage 2008, § 12 Rz. 1.16). Die Abmahnung soll dem Verletzer Gelegenheit geben, dem Unterlassungsbegehren freiwillig zu entsprechen, um unnötige Gerichtsverfahren und Kosten zu vermeiden. Zu diesem Zweck gehört es weiterhin zu den zwingenden Bestandteilen einer Abmahnung, den beanstandeten Verstoß (die gerügte Verletzungshandlung) konkret zu bezeichnen (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Auflage 2007, 41. Kapitel, Rz. 14, S. 547 m. w. N.). Die Verletzungshandlung muss dem Abgemahnten in tatsächlicher Hinsicht so detailliert beschrieben werden, dass ihm deutlich wird, was konkret beanstandet wird, wobei Ungenauigkeiten zu Lasten des Abmahnenden gehen (Ottofülling, in: MK-UWG, 1. Auflage 2006, § 12 Rz. 37).

II.
Von diesen Überlegungen ausgehend hat die Beklagte der Klägerin vor der Erhebung der Klage keine Veranlassung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens gegeben. Die Klägerin hat die Beklagte nicht ordnungsgemäß abgemahnt, wobei eine Abmahnung der Beklagten auch nicht entbehrlich war.

1.
Das Schreiben der Klägerin vom 21.07.2008 stellt keine ordnungsgemäße Abmahnung dar.

a)
In diesem Schreiben teilen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten unter Beifügung eines Entwurfes einer Klageschrift mit, ihre Mandantin sei daran interessiert, der Beklagten in Bezug auf das vorbezeichnete Patent und parallele Patente eine Lizenz auf der Basis eines beigefügten Lizenzvertragsentwurfes zu erteilen. Insoweit baten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, bis zum 15.08.2008 mitzuteilen, ob die Beklagte am Erwerb einer solchen Lizenz interessiert sei. Sollte innerhalb dieser Frist keine Mitteilung eingehen oder sollte die Beklagte kein Interesse an einer solchen Lizenz haben, würden die Klägervertreter ihrer Mandantin empfehlen, die im beigefügten Klageentwurf näher bezeichneten Ansprüche gerichtlich geltend zu machen und die Klage einzureichen.

b)
Somit erfüllt dieses Schreiben vom 21.07.2008 die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abmahnung nicht. Die Kammer verkennt nicht, dass die Klägervertreter die Beklagte in diesem Schreiben nicht nur aufforderten mitzuteilen, ob sie das ihr unterbreitete Lizenzvertragsangebot annehme. Vielmehr drohten die Klägervertreter zugleich an, sie würden dann, wenn die Beklagte kein Interesse am Erwerb einer entsprechenden Lizenz habe oder innerhalb der gesetzten Frist nicht antworte, ihrer Mandantin empfehlen, eine Klage entsprechend dem beigefügten Klageentwurf einzureichen. Jedoch kann es im Ergebnis dahinstehen, ob es sich bei dieser Empfehlung bereits um die für eine ordnungsgemäße Abmahnung erforderliche Androhung gerichtlicher Schritte nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist handelt. Jedenfalls hat die Klägerin die Beklagte darin nicht – was Bedingung für eine ordnungsgemäße Abmahnung wäre – zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

c)
Im Übrigen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.08.2008 und damit noch innerhalb der durch die Klägerin gesetzten Stellungnahmefrist mitgeteilt, dass sie zwar am Erwerb einer Lizenz kein Interesse habe, jedoch unter Umständen bereit wäre, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne auf die Frage des Rechtsbestandes des Klagepatents einzugehen, sich zu verpflichten, die in dem Klagepatent beanspruchte Messfunktion in den Geräten XF-1 durch eine Software-Aktualisierung stillzulegen, so dass bereits gelieferte und zukünftige Geräte die Ausführung dieser Messfunktion nicht mehr erlauben würden. Zugleich hat die Beklagte die Klägerin insoweit zu einer Stellungnahme aufgefordert, ob auf dieser Grundlage eine Beilegung des Rechtsstreits möglich sei. Da die Beklagte in ihrem Schreiben vom 21.07.2008 die Möglichkeit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht erwähnt und die Beklagte insbesondere auch nicht zur Abgabe einer solchen Erklärung aufgefordert hat, durfte und musste die Beklagte, auch unter Berücksichtigung der vorangegangenen Schreiben des amerikanischen Schwesterunternehmens der Klägerin, davon ausgehen, dass sich die Klägerin auf dieses Schreiben hin mit ihr nochmals außergerichtlich in Verbindung setzt. Gleichwohl hat die Klägerin unmittelbar im Anschluss Klage erhoben.

2.
Eine Abmahnung der Beklagten war auch nicht entbehrlich. Die Klägerin hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich die offensichtliche Erfolglosigkeit der Abmahnung ergeben könnte. Auch sind solche nicht ersichtlich. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass es sich bei der Beklagten um eine unnachgiebige Schuldnerin handelt, aus deren Verhalten deutlich wird, dass sie sich in keinem Fall unterwerfen wird. Auch wenn die amerikanische Schwestergesellschaft der Klägerin der Beklagten in den Jahren 2005 und 2006 bereits wiederholt und erfolglos ein Angebot zum Abschluss eines Lizenzvertrages unterbreitet hat, wurde die Beklagte in keinem der durch die Klägerin vorgelegten Schreiben zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Somit stellen auch diese Schreiben keine hinreichende Abmahnung dar, so dass für die Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung keine Veranlassung bestand, aus der fehlenden Antwort auf die der Beklagten übermittelten Lizenzangebote auf die fehlende Erfolgsaussicht einer die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung enthaltenden Abmahnung zu schließen.

III.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.000.000,- EUR festgesetzt.