4a O 211/07 – Insulin-Pens

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 855

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 5. August 2008, Az. 4a O 211/07

I. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtstreits werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Bei den Parteien handelt es sich um international tätige Pharmaunternehmen, die unter anderem Insulinpräparate vertreiben. Zu den durch die Klägerin vertriebenen Medikamenten zählen auch das Medikament „A®“ (Insulin Glargine) sowie Vorrichtungen zur Injektion von „A“, die sogenannten „Insulin-Pens“. Ein solcher „Insulin-Pen“ wird unter der Marke „B“ vertrieben. Bei diesem handelt es sich um einen Fertig-Pen, er kann nicht mit Insulin aufgefüllt werden. Die Beklagte ist Inhaberin verschiedener Patente und Gebrauchsmuster, welche solcherart stiftförmige Injektionsvorrichtungen schützen. Sie geht nunmehr gegen die Klägerin in Deutschland und den USA auf Grundlage dreier dieser Schutzrechte mit der Behauptung vor, die Klägerin verletzte diese Schutzrechte durch den Vertrieb des „Bs“.

So hat die Beklagte am 10.07.2007 gegen die Klägerin bei dem Landgericht Düsseldorf auf der Grundlage des deutschen Teils der EP 1 250 xxx eine Klage eingereicht, mit welcher sie unter anderem die Unterlassung des Gebrauchmachens vom deutschen Teil der EP 1 250 xxx durch die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen oder das Gebrauchen des „Bs“ begehrt. Zugleich benachrichtigte die Beklagte die Klägerin über ihre Absichten, innerhalb einer Frist von zwei Monaten eine einvernehmliche Lösung des Streits zwischen den Parteien bezüglich der EP 1 250 xxx zu finden. Die Klage wurde der Klägerin am 05.09.2007 zugestellt. Am gleichen Tag haben sich die Parteien in London getroffen; eine Einigung konnte nicht erzielt werden.

Die Beklagte hat weiterhin am 10.07.2007 gegen die Klägerin bei der Patentstreitkammer des Landgerichts Mannheim eine Klage wegen Gebrauchsmusterverletzung eingereicht, mit welcher sie die Unterlassung des Gebrauchmachens von dem deutschen Gebrauchsmuster DE 200 23 819 U1 durch den „B“ begehrt. Die Klageschrift wurde der hiesigen Klägerin am 11.09.2007 zugestellt.

Schließlich hat die Beklagte ebenfalls am 10.07.2007 gegen die Klägerin bei dem United States Federal Court of New Jersey Patentverletzungsklage eingereicht, welche der US-amerikanischen Tochtergesellschaft der hiesigen Klägerin am 10.09.2007 zugestellt wurde. Durch diese Klage soll durch das Gericht festgestellt werden, dass die hiesige Klägerin durch den „B“ das US-Patent 7,241,278 B2 verletzt. Weiterhin wird die Unterlassung der durch die Beklagte behaupteten Verletzung beantragt. Schließlich begehrt die Beklagte die Festsetzung und Zuerkennung von Schadenersatz. Darüber hinaus hat die Beklagte am 10.09.2007 im Rahmen des amerikanischen Hauptsacheverfahrens gegen die Klägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt.

Die Klägerin meint, die Beklagte verstoße durch die Erhebung dieser Klagen gegen einen zwischen den Parteien am 23.02.2001 geschlossenen „Lizenz- und Vergleichsvertrag“. Gemäß Art. 3.1. (ii) dieses Vertrages gewähre die Beklagte der Klägerin – unstreitig wie alle nachfolgenden Zitate –

„an immunity from suit by Nk and its Affiliates for patent infringement by Glargine and Immunity Products, including patent infringement of Nk Future Patent Rights”.

Auf Deutsch:

“Nk und verbundene Unternehmen werden nicht gegen A und seine verbundenen Unternehmen aufgrund einer Patentverletzung durch Glargine oder “Immunity Products” vorgehen, einschließlich einer Patentverletzung von zukünftigen Patentrechten von Nk.”

Der „B“ sei insbesondere ein „Immunity Product“ im Sinne dieser Regelung.

Weiterhin sei auf die durch die Beklagte im Hinblick auf den „B“ eingeleiteten Verfahren auch Art. 3.2. des zwischen den Parteien geschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrages anwendbar. Dieser laute:

„Nk, on behalf of itself and its Affiliates also grants A and its Affiliates an immunity from suit under Nk Current Patent Rights, for patent infringement by pharmaceutical formulations for injectable use containing Glargine.”

Auf Deutsch:

“Nk geht nicht in eigenem Namen und im Namen seiner verbundenen Unternehmen gegen A und seine verbundenen Unternehmen aus den derzeitigen Patentrechten von Nk wegen Patentverletzung durch eine pharmazeutische Formulierung für den Injektionsgebrauch, welche den Wirkstoff Glargine enthält, vor.“

Der „B“ sei eine „medizinische Formulierung“ („pharmaceutical formulation“) im Sinne dieser Regelung.

Darüber hinaus sei im Hinblick auf das vor dem US-Gericht eingeleitete Verfahren auch Art. 3.3. des Lizenz- und Vergleichsvertrages einschlägig. Die Beklagte verpflichte sich nach dieser Vorschrift,

„[to grant] A (…) for Single Drug Products (…) an immunity from suit from Nk Current Patent Rights claiming needles, utilized for administration of A, (…),

also,

“nicht gegen A wegen “Single Drug Products” (…) aus solchen derzeitigen Patentrechten von Nk vorzugehen, deren Ansprüche Nadeln umfassen, die für die Injektion von A verwendet werden.”

Im Übrigen habe die Beklagte durch die Einleitung der Verfahren am 10.07.2007 auch gegen Art. 15.3. des Lizenz- und Vergleichsvertrages vom 23.02.2001 verstoßen. Dieser laute:

„In the event of any future patent infringement disputes between A and Nk within the area of insulin analogues, the parties agree that they will inform each other of such infringements prior to taking any legal action. A and Nk further agree not to take any legal action against each other before the expiry of the period of two (2) months from such notification, in which period the parties will try to settle the dispute. However, if a settlement cannot be agreed upon during this period, the party being notified of the alleged infringement will not take any legal action before one (1) week after the expiry of the aforementioned two months period.”

Auf Deutsch:

“Im Fall von zukünftigen Patentverletzungsstreitigkeiten zwischen A und Nk bezüglich Insulin und Insulinanalogen vereinbaren die Parteien, dass sie sich gegenseitig vor der Veranlassung rechtlicher Schritte über solche Verletzungen informieren werden. A und Nk vereinbaren ferner, dass sie keine rechtlichen Schritte gegeneinander einleiten werden, bevor sie nicht zwei (2) Monate von dem Zeitpunkt dieser Benachrichtigung abgewartet haben, in welchem Zeitraum die Parteien versuchen werden, die Streitigkeit außergerichtlich beizulegen. Sollte eine Einigung während dieses Zeitraums jedoch nicht möglich sein, wird die jeweils über die behauptete Verletzung benachrichtigte Partei erst nach Ablauf einer Woche der vorgenannten Zweimonatsfrist rechtliche Schritte einleiten.“

Die Klägerin hat daher mit Schriftsatz vom 26.09.2007 zunächst beantragt,

I.1. festzustellen, dass der Streitgegenstand des zwischen den Parteien bei dem LG Düsseldorf anhängigen Patentverletzungsstreits (Az.: 4a O 154/07) unter den Regelungsgehalt der in Art. 3.1 (ii) des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen „License and Settlement Agreement“ geregelten Nichtangriffsabrede („immunity from suit“) fällt;

2. festzustellen, dass der Streitgegenstand des zwischen den Parteien bei dem LG Düsseldorf anhängigen Patentverletzungsstreits (Az.: 4a O 154/07) unter den Regelungsgehalt der in Art. 3.2 des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen „License and Settlement Agreement“ geregelten Nichtangriffsabrede („immunity from suit“) fällt;

II.1. festzustellen, dass der Streitgegenstand des zwischen den Parteien bei dem LG Mannheim anhängigen Patentverletzungsstreits (Az.: 2 O 173/07) unter den Regelungsgehalt der in Art. 3.1 (ii) des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen „License and Settlement Agreement“ geregelten Nichtangriffsabrede („immunity from suit“) fällt;

2. festzustellen, dass der Streitgegenstand des zwischen den Parteien bei dem LG Mannheim anhängigen Patentverletzungsstreits (Az.: 2 O 173/07) unter den Regelungsgehalt der in Art. 3.1 (ii) des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen „License and Settlement Agreement“ geregelten Nichtangriffsabrede („immunity from suit“) fällt;

III.1. festzustellen, dass der Streitgegenstand des zwischen den Parteien bei dem United States District Court District of New Jersey anhängigen Patentverletzungsstreits (Az.: 3:07-cv-03206-MLC-JJH) unter den Regelungsgehalt der in Art. 3.1 (ii) des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen „License and Settlement Agreement“ geregelten Nichtangriffsabrede („immunity from suit“) fällt;

2. festzustellen, dass der Streitgegenstand des zwischen den Parteien bei dem United States District Court District of New Jersey anhängigen Patentverletzungsstreits (Az.: 3:07-cv-03206-MLC-JJH) unter den Regelungsgehalt der in Art. 3.2 des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen „License and Settlement Agreement“ geregelten Nichtangriffsabrede („immunity from suit“) fällt;

3. festzustellen, dass der Streitgegenstand des zwischen den Parteien bei dem United States District Court District of New Jersey anhängigen Patentverletzungsstreits (Az.: 3:07-cv-03206-MLC-JJH) unter den Regelungsgehalt der in Art. 3.3 des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen „License and Settlement Agreement“ geregelten Nichtangriffsabrede („immunity from suit“) fällt;

IV. festzustellen, dass die Beklagte mit der Einreichung der drei Patentverletzungsklagen, gemäß vorstehend Ziff. I. – III., vor dem 10.09.2007 gegen Art. 15.3 des zwischen den Parteien am 23.01.2001 abgeschlossenen „License and Settlement Agreements“ verstoßen hat.

Mit Schriftsatz vom 25.01.2008 hat die Klägerin die unter Ziffern I. bis III. formulierten Anträge konkretisiert. Sie beantragt daher insoweit zuletzt:

I.1. festzustellen, dass die Beklagte wegen der in Art. 3.1 (ii) des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrags geregelten Nichtangriffsabrede („Immunity from suit“) die Klägerin nicht wegen der Herstellung und des Vertriebs des nachfolgend abgebildeten Produkts „B“

auf der Grundlage des Patents EP 1 250 xxx vor dem LG Düsseldorf in dem Verfahren Az.: 4a O 154/07 hätte verklagen dürfen;

2. festzustellen, dass die Beklagte wegen der in Art. 3.2 des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrags geregelten Nichtangriffsabrede („Immunity from suit“) die Klägerin nicht wegen der Herstellung und des Vertriebs des vorstehend unter Ziffer I.1 abgebildeten Produkts „B“ auf der Grundlage des Patents EP 1 250 xxx vor dem LG Düsseldorf in dem Verfahren Az.: 4a O 154/07 hätte verklagen dürfen;

II.1. festzustellen, dass die Beklagte wegen der in Art. 3.1 (ii) des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrages geregelten Nichtangriffsabrede („Immunity from suit“) die Klägerin nicht wegen der Herstellung und des Vertriebs des vorstehend zu Ziffer I.1 abgebildeten Produktes „B“ auf der Grundlage des Gebrauchsmusters DE 200 23 819 vor dem Landgericht Mannheim in dem Verfahren 2 O 173/07 hätte verklagen dürfen;

2. festzustellen, dass die Beklagte wegen der in Art. 3.2 des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrages geregelten Nichtangriffsabrede („Immunity from suit“) die Klägerin nicht wegen der Herstellung und des Vertriebs des vorstehend zu Ziffer I.1 abgebildeten Produktes „B“ auf der Grundlage des Gebrauchsmusters DE 200 23 819 vor dem Landgericht Mannheim in dem Verfahren 2 O 173/07 hätte verklagen dürfen;

III.1. festzustellen, dass die Beklagte wegen der in Art. 3.1 (ii) des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrages geregelten Nichtangriffsabrede („Immunity from suit“) die Klägerin nicht wegen der Herstellung und des Vertriebs des vorstehend zu Ziffer I.1 abgebildeten Produkts „B“ auf der Grundlage des Patents US 7,241,278 B2 vor dem United States District Court District of New Jersey in dem Verfahren Az. 3:07-cv-03206-MLC-JJH hätte verklagen dürfen;

2. festzustellen, dass die Beklagte wegen der in Art. 3.2 des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrages geregelten Nichtangriffsabrede („Immunity from suit“) die Klägerin nicht wegen der Herstellung und des Vertriebs des vorstehend zu Ziffer I.1 abgebildeten Produkts „B“ auf der Grundlage des Patents US 7,241,278 B2 vor dem United States District Court District of New Jersey in dem Verfahren Az. 3:07-cv-03206-MLC-JJH hätte verklagen dürfen;

3. festzustellen, dass die Beklagte wegen der in Art. 3.3 des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrages geregelten Nichtangriffsabrede („Immunity from suit“) die Klägerin nicht wegen der Herstellung und des Vertriebs des vorstehend zu Ziffer I.1 abgebildeten Produkts „B“ auf der Grundlage des Patents US 7,241,278 B2 vor dem United States District Court District of New Jersey in dem Verfahren Az. 3:07-cv-03206-MLC-JJH hätte verklagen dürfen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage für unzulässig. Es sei bereits zweifelhaft, ob das Landgericht Düsseldorf im Hinblick auf die in den USA erhobene Klage international zuständig sei. Ferner fehle es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis. Auch habe die Klägerin kein berechtigtes rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Die ihrer Klage zugrunde gelegten Regelungen könne sie ohne Weiteres auch in dem jeweiligen Verfahren einredeweise geltend machen.

Im Übrigen sei die Klage jedoch auch unbegründet. Bei dem „B“ handele es sich nicht um ein „Immunity Product“ im Sinne von Art. 3.1. (ii) des zwischen den Parteien geschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrages, der Begriff sei in Art. 1.6. i.V.m. Anlage 1.6. des Vertrages eindeutig definiert. Auch stelle dieser keine „pharmazeutische Formulierung“ im Sinne von Art. 3.2. dar. Der Vertrag unterscheide deutlich zwischen pharmazeutischen Formulierungen und zugehörigem Verpackungsmaterial („Primary Packaging Material“) einerseits und Applikationsvorrichtungen andererseits. Darüber hinaus setze Art. 3.3. voraus, dass durch das Patentrecht die Nadeln beansprucht werden. Dies sei bei der US 7,241,278 B2 nicht der Fall. Im Übrigen habe die Klägerin nicht gegen Art. 15.3. des Lizenz- und Vergleichsvertrages verstoßen. Eine Klage werde nach deutschem Recht durch die Zustellung der Klageschrift erhoben. Durch die Zahlung der Gerichtskosten erst kurz vor Ablauf der in Art. 15.3. vereinbarten Zwei-Monatsfrist habe die Beklagte ihrerseits alles Erforderliche getan, um der Bestimmung gerecht zu werden.

Die Klägerin tritt dem entgegen.

In Ergänzung dieses Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Landgericht Düsseldorf ist international zuständig. Jedoch ist die Klage unzulässig. Die Klägerin hat kein hinreichendes rechtliches Interesse an den begehrten Feststellungen, § 256 Abs. 1 ZPO.

I.
Die angerufene Kammer ist insbesondere auch hinsichtlich der in Bezug auf das in den USA geführte Verfahren begehrten Feststellungen international zuständig.

Vereinbaren die Parteien die „örtliche“ Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, so liegt darin zugleich auch die Vereinbarung der internationalen Zuständigkeit Deutschlands (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 26. Auflage, IZPR Rz. 37). Die Parteien haben in dem als Anlage K 9a in deutscher Sprache vorgelegten Lizenz- und Vergleichsvertrag vom 23.02.2001 in Art. 17.2. S. 2 vereinbart, alle Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten jeglicher Art, die in Bezug zu diesem Vertrag stehen und nicht durch die Parteien außergerichtlich beigelegt werden können, vor dem Amts- oder Landgericht Düsseldorf zu verhandeln. Vorliegend streiten die Parteien über die Frage, ob die Beklagte die im Klageantrag im Einzelnen aufgeführten Klagen hätte erheben dürfen. Die Klageanträge sind unter Heranziehung des Vorbringens der Klägerin dahingehend auszulegen, dass im Kern festgestellt werden soll, ob die Beklagte durch die Erhebung der Klagen gegen die in dem zwischen den Parteien geschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrag enthaltenen und in den einzelnen Anträgen konkret benannten Nichtangriffsabreden sowie gegen Art. 15.3. des Vertrages verstoßen hat. In diesem Fall hätte die Beklagte die Klägerin nicht beziehungsweise nicht zu dem von ihr nunmehr gewählten Zeitpunkt verklagen dürfen. Damit handelt es sich um eine Streitigkeit beziehungsweise Meinungsverschiedenheit in Bezug auf die Reichweite des zwischen den Parteien geschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrages, so dass für die begehrte Feststellung gemäß Art. 17.2. S. 2 dieses Vertrages das Landgericht Düsseldorf ausschließlich örtlich und damit zugleich international zuständig ist.

II.
Die Klage ist jedoch unzulässig. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob es sich bei der durch die Klägerin begehrten Feststellung, dass die Beklagte die Klägerin in den im Klageantrag im Einzelnen näher aufgeführten Verfahren aufgrund der zwischen den Parteien in dem Lizenz- und Vergleichsvertrag vom 23.02.2001 getroffenen Regelungen hätte verklagen dürfen, überhaupt um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO handelt. Jedenfalls fehlt der Klägerin jedoch das für die Zulässigkeit der Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse.

1.
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage grundsätzlich nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses sein. Unter einem Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache zu verstehen. Bezüglich prozessualer Verhältnisse ist Zurückhaltung geboten. Ein eigener Feststellungsprozess kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn die Unsicherheit über die prozessuale Rechtslage nicht in einem anhängigen Verfahren geklärt werden kann. Im Allgemeinen geht der direkte prozessuale Weg vor. Eine prozessrechtliche Feststellung ist demgegenüber regelmäßig nur dann zulässig, wenn sie gesetzlich besonders zugelassen ist (vgl. Baumbach/Hartmann, ZPO, 66. Auflage 2008, § 256 Rz. 90 a. E.). Das trifft insbesondere für die Geltendmachung von Prozessverträgen zu. So kann zum Beispiel nicht auf Feststellung eines Prorogationsvertrages oder einer Klagerücknahme geklagt werden (vgl. MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 3. Auflage,
§ 256 Rz. 17).

Von diesen Überlegungen ausgehend bestehen aufgrund der noch vor Einreichung dieser Feststellungsklage vor den Landgerichten Düsseldorf und Mannheim sowie in den USA erhobenen Klagen bereits erhebliche Zweifel am Vorliegen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses. Die Klägerin begehrt nunmehr die Feststellung, dass die Beklagte sie in diesen Verfahren nicht hätte verklagen dürfen. Diese Frage ist jedoch ohne Weiteres in den jeweils durch die Beklagte eingeleiteten Verfahren klärbar und zu klären. Dem steht nicht entgegen, dass das US-Gericht das Verfahren nach dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung aufgrund der vor dem Landgericht Düsseldorf erhobenen Feststellungsklage ausgesetzt hat. Es ist dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen, dass das US-Gericht, wenn die vor dem Landgericht Düsseldorf erhobene Feststellungsklage unzulässig wäre oder die Klägerin eine solche nicht erhoben hätte, nicht über den durch die Klägerin erhobenen Nichtangriffseinwand entscheiden könnte. Die Klägerin konnte unstreitig in allen Verfahren die Einrede des Vorliegens einer Nichtangriffsabrede erheben und hat dies unstreitig auch getan. Damit ist in allen Verfahren die Frage, ob die Beklagte die Klägerin im Hinblick auf die in dem Lizenz- und Vergleichsvertrag vom 23.02.2001 enthaltenen Nichtangriffsabrede hätte verklagen dürfen, als Zulässigkeitsvoraussetzung zu prüfen.

2.
Im Ergebnis kann offen bleiben, ob es sich bei den begehrten Feststellungen um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis handelt. Jedenfalls fehlt der Klägerin das für die Zulässigkeit der Feststellungsklage darüber hinaus erforderliche Feststellungsinteresse, § 256 Abs. 1 ZPO.

a)
Das Feststellungsinteresse im Sinne eines rechtlichen Interesses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das Feststellungsurteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH NJW 2001, 221, 222; MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 3. Auflage, § 256 Rz. 37). Das angestrebte Feststellungsurteil muss trotz der fehlenden Vollstreckbarkeit in der Hauptsache das am besten geeignete Mittel sein, um die zwischen den Parteien strittigen Fragen endgültig zu klären. Soweit dieses Ziel mit der Feststellungsklage nur unvollständig erreicht werden kann, weil nicht sicher ist, dass die Parteien das Urteil befolgen werden oder es auf einfachere, weniger aufwändige Weise erreichbar ist, ist das Feststellungsinteresse zu verneinen (vgl. MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 3. Auflage, § 256 Rz. 43). Darüber hinaus fehlt das Feststellungsinteresse auch dann, wenn bereits ein anderes Verfahren anhängig ist, in dem die begehrte Feststellung ohnehin getroffen werden muss (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Auflage, § 256 Rz. 18).

b)
Ausgehend von diesen Überlegungen hat die Klägerin kein rechtliches Interesse an den begehrten Feststellungen. Das angestrebte Feststellungsurteil ist nicht das am besten geeignete Mittel, um die zwischen den Parteien strittige Frage, ob die Beklagte die Klägerin im Hinblick auf die Regelungen des zwischen den Parteien geschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrages hätte verklagen dürfen, endgültig zu klären.

(1)
Der Klägerin steht für die unter Ziffern I. – III. ihres Antrages begehrten Feststellungen ein einfacherer, aber gleich effektiver Weg zur Verfügung. Die Klägerin hat in allen Verfahren, auf welche sich die begehrte Feststellung bezieht, die Einrede des Vorliegens einer Nichtangriffsabrede erhoben. Somit ist in diesen Verfahren ohnehin zu klären, ob die Beklagte die Klägerin hätte verklagen dürfen. Ist dies nicht der Fall, sind die Klagen als unzulässig abzuweisen. Gelangen die jeweiligen Gerichte demgegenüber zu dem Ergebnis, die in dem zwischen den Parteien geschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrag enthaltenen Regelungen seien durch die jeweils erhobene Klage nicht berührt, wäre auch die entsprechende Feststellungsklage abweisungsreif.

Ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse der Klägerin ist nicht erkennbar. Dabei kann sich die Klägerin insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, die Vertragsparteien hätten über die Gerichtsstandsvereinbarung sicherstellen wollen, dass alle die Auslegung des Lizenz- und Vergleichsvertrages betreffenden Fragen einheitlich vor dem Landgericht Düsseldorf entschieden werden sollen. Die Kammer verkennt nicht, dass gemäß Art. 17.2. dieses Vertrages alle Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten jeglicher Art, die in Bezug zu diesem Vertrag stehen und nicht durch die Parteien außergerichtlich beigelegt werden können, vor dem Amts- oder Landgericht Düsseldorf verhandelt werden sollen. Dies vermag jedoch das für die Erhebung einer Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse nicht zu begründen. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine reine Zuständigkeitsvereinbarung. Soweit ein Rechtsstreit aufgrund von Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten jeglicher Art in Bezug auf den zwischen den Parteien geschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrag geführt werden soll, soll dies vor dem Amts- oder Landgericht Düsseldorf geschehen. Demgegenüber bestimmt die Regelung nicht, dass Streitigkeiten im Hinblick auf andere Fragen aus – möglicherweise vor anderen Gerichten anhängigen – Prozessen, bei denen Einzelfragen in Bezug auf diesen Vertrag als Einrede erhoben werden, dann jeweils ausgegliedert und vorab durch das Landgericht Düsseldorf im Wege der Feststellungsklage geklärt werden. Vielmehr ist auch das Landgericht Düsseldorf an die sich kraft Gesetzes aus § 256 Abs. 1 ZPO ergebenden Zulässigkeitsvoraussetzungen gebunden. Damit muss das Landgericht Düsseldorf bei einer erhobenen Feststellungsklage jeweils von Amts wegen prüfen, ob die Klägerin ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung besitzt.

Des Weiteren kann sich die Klägerin zur Begründung ihres Feststellungsinteresses nicht darauf berufen, sie habe ein Interesse an einer einheitlichen Feststellung im Hinblick auf die Auslegung der in dem zwischen den Parteien geschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrag enthaltenen Nichtangriffsabreden. Nach den durch die Klägerin formulierten Anträgen begehrt diese die Feststellung, dass jeweils die einzelnen, durch die Beklagte erhobenen Klagen hätten nicht erhoben werden dürfen. Die einzelnen Klagen haben jedoch jeweils unterschiedliche Streitgegenstände. Während die in Düsseldorf erhobene Klage eine mögliche Verletzung eines europäischen Patents zum Gegenstand hat, geht die Beklagte in dem vor dem Landgericht Mannheim eingeleiteten Verfahren aus einem deutschen Gebrauchsmuster vor. Demgegenüber bildet ein US-Patent den Gegenstand des vor dem United States District Court District of New Jersey eingeleiteten Verfahrens. Aufgrund der unterschiedlichen Streitgegenstände begehrt die Klägerin keine einheitliche Feststellung der Unzulässigkeit der Klagen. Vielmehr soll für jede Klage – wie bereits aus den im Einzelnen formulierten Anträgen ersichtlich ist – vorgreiflich geklärt werden, ob die Beklagte diese Klage im Hinblick auf die im Einzelnen aufgeführten Nichtangriffsabreden hätte erheben dürfen.

Im Übrigen stellt die Auslagerung der Frage, ob die Beklagte die Klägerin in den jeweils im Einzelnen aufgeführten Verfahren hätte verklagen dürfen, keinen einfacheren oder effektiveren Weg gegenüber einer Klärung dieser Frage im jeweiligen Verfahren dar. Es trifft zu, dass bei einer Klärung im jeweiligen Verfahren möglicherweise Zeugen mehrfach vernommen werden müssten. Allerdings hätte eine Auslagerung der Frage in ein Feststellungsverfahren zur Folge, dass die durch die Beklagte eingeleiteten Verletzungsverfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Feststellungsverfahren ausgesetzt werden müssten,
§ 148 ZPO. Nur im Falle einer rechtskräftigen Entscheidung stünde – zumindest in Deutschland – für das jeweilige Verletzungsgericht bindend fest, ob die jeweilige Klage gegen die in dem zwischen den Parteien geschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrag enthaltenen Nichtangriffsabreden verstößt. Eine solche Verfahrensweise würde jedoch ein effektives Vorgehen der Beklagten aus ihren Schutzrechten verhindern. Entscheidet demgegenüber das jeweilige Verletzungsgericht direkt über die durch die Klägerin erhobenen Einreden, kann es – soweit es zu der Überzeugung gelangt, dass keine der in dem Vertrag enthaltenen Nichtangriffsabreden greift – direkt auch über die Verletzungsfrage entscheiden. Nur so kann demnach ein effektiver Rechtschutz für die Beklagte, auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin, gewährleistet werden.

(2)
Schließlich ist ein Feststellungsinteresse der Klägerin auch im Hinblick auf die unter Ziffer IV. begehrte Feststellung nicht erkennbar. Danach soll festgestellt werden, dass die Beklagte mit der Einreichung der drei Patentverletzungsklagen vor dem 10.09.2007 gegen Art. 15.3. des zwischen den Parteien am 23.02.2001 abgeschlossenen „License and Settlement Agreements“ verstoßen hat. Zwar ist diese Frage nicht in den jeweiligen, durch die Beklagte eingeleiteten Prozessen ohnehin zu klären. Jedoch erschließt sich weder aus dem Vertrag selbst, noch aus dem Vortrag der Klägerin, welche Folgen ein derartiger Verstoß hätte. Dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass ihr durch eine mögliche Nichtwahrung der Zweimonatsfrist ein – derzeit noch nicht bezifferbarer – Schaden entstanden wäre, so dass sie die begehrte Feststellung zur Vorbereitung eines späteren Schadenersatzprozesses gegen die Beklagte benötigen würde. Insbesondere stellt der lediglich pauschale Hinweis darauf, in den USA würde selbstverständlich ein Schaden entstehen, keine hinreichende Begründung des Feststellungsinteresses dar. Auch vermögen die durch die Erhebung der Klagen entstandenen Kosten der Rechtsverteidigung unter Berücksichtigung der Tatsache, dass diese auch bei einer späteren Klage entstanden wären (sog. „sowieso“-Kosten), ein Feststellungsinteresse der Klägerin nicht ohne Weiteres zu begründen. Dies gilt um so mehr, als dass ein durch die Parteien unternommener Schlichtungsversuch in London unstreitig gescheitert ist. Demgegenüber würde auch die Feststellung, dass die Beklagte durch ihr Vorgehen in Bezug auf drei konkrete Klagen gegen Art. 15.3. des zwischen den Parteien geschlossenen Lizenz- und Vergleichsvertrages verstoßen hat, zukünftige Verstöße nicht verhindern. Mithin fehlt es auch insoweit an einem berechtigten Interesse der Klägerin an der Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 15.3. des Lizenz- und Vergleichsvertrages.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 2.000.000,- EUR festgesetzt.