4a O 14/13 – Patentanwaltskosten

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2114

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Oktober 2013, Az. 4a O 14/13

Leitsätze der Redaktion 

1. Die geltend gemachten Aufwendungen für die Honorare für rechts- und patentanwaltliche Tätigkeiten gehören zum Schaden, den die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung dem zu Unrecht Abgemahnten zugefügt hat. 2. Die zusätzliche Beauftragung eines Patentanwalts neben einem Rechtsanwalt steht der Angemessenheit einer Kostenerstattung auch dann nicht entgegen, wenn der Rechtsanwalt die Bezeichnung „Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz“ führt. 3. Die gleichzeitige Beauftragung ist möglich und geboten, um einen Angriff aus einem Patent um – fassend unter dem Blickwinkel der Frage einer Patentverletzung als auch der Frage nach dem Rechtsbestand des Patents prüfen zu lassen. Der vermeintliche Verletzer ist nicht auf einen Verteidigungseinwand beschränkt.

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.042,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 25 % und die Beklagte zu 75 %.

III. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des für die Beklagte aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von anwaltlichen Kosten sowie Kosten einer Patentrecherche und Übersetzungskosten in einer patentrechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien in Anspruch.

Die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in Belgien, wandte sich mit anwaltlichem Schreiben vom 25.05.2012 der Rechtsanwälte A & B mit Sitz in Frankreich an die Klägerin. Darin heißt es unter anderem wörtlich:

„C is the registered owner of a European patent designating Germany, published under n°EP-B1-0 922 xxx, and entitled „Sanitary rod support for sanitary bowl“, copy of which is attached, together with the German translation DE 697 09 XXX T2. Maintenance fees have been duly paid for the German part of this EP patent, as evidence by the attached exerpt from the German Register of Patents.
In the first paragraph, the EP patent description indicates that the invention relates to a sanitary rod support to be fixed on a sanitary seat, in particular for WC bowl.

Thus, it is our client‘s opinion that you are committing acts of infringement of the above mentioned claims of their patent, for which you are liable.

Therefore, we are hereby asking you to cease the actions described above. We request that return the attached statement duly dated and signed no later than fifteen days from the receipt of this letter, and by which you recognize our client‘s patent rights and undertake:
– to stop acts of infringement of the German part of their EP patent,
– to destroy the infringing products which are in your possession,
– not to reproduce, use, offer to sale and sale in the future and for any purpose whatsoever our client´s patent claims in any invention or product whatsoever.

We also request that you provide us, in the same timeframe, with the following information regarding the products you have already sold:
– distributors (if others than G),
– quantities (in particular quantity sold to G),
– selling prices (In particular the price for sales to G),

Should you fail to return the attached statement signed or to provide us with these pieces of information within the allotted time, our client reserves their right to proceed with any action that would be necessary to preserve their IP rights.“

Wegen des genauen Inhalts des Schreibens wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen. Diesem Schreiben war ein „statement“ beigefügt. Wegen dessen Inhalt wird auf die Anlage K 3 inhaltlich verwiesen.

Die Beklagte beauftragte ihre Patentanwälte, die Kanzlei A und Niedlich mit Sitz in B, mit der Prüfung der aus ihrer Sicht zugesandten Abmahnung, einschließlich der Prüfung des Rechtsbestandes des von der Beklagten angeführten deutschen Teils des europäischen Patents. Hierfür stellten die patentanwaltlichen Vertreter der Klägerin 1.070,- EUR für Recherchekosten und Kosten in Höhe von 619,74 EUR für die Übersetzung eines brasilianischen Gebrauchsmusters und einer japanischen Patentschrift in Rechnung, die auch mit der vorliegenden Klage geltend gemacht werden. Gleichzeitig beauftragte die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten mit der Prüfung, ob eine Verletzung vorliege.

Mit Schreiben vom 15.06.2012 beantworten die rechtsanwaltlichen Vertreter der Klägerin das Schreiben vom 25.05.2012. Es wurde sinngemäß ausgeführt, dass eine Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents nicht vorliege, da eine unvollständige Übersetzung des deutschen Teils des europäischen Patents vorliege. Das europäische Patent sei nicht neu und nicht erfinderisch. Die von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche wurden zurückgewiesen. Wegen des genauen Inhalts des Schreibens wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.

Die patentanwaltlichen Vertreter stellten der Klägerin neben den externen Kosten einen Betrag in Höhe von pauschal 4.100,- EUR für den Auftrag „Mögliche Verletzung des europäischen Patents Nr. 0 922 xxx „Halterung für WC-Körbchen“ der Firma C“ in Rechnung. Die rechtsanwaltlichen Vertreter erstellten für die Klägerin eine Kostenrechnung in Höhe von 4.260,- EUR gemäß einer beigefügten Tätigkeitsaufstellung zuzüglich von Auslagen in Höhe von 42,60 EUR. Wegen der genauen Inhalte der Rechnungen wird auf die Anlagen B 3 Bezug genommen.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten mit der vorliegenden Klage die Erstattung anwaltlicher Gebühren aus der gesetzlichen Gebührenordnung der Rechtsanwälte für ihre anwaltlichen Vertreter. Die Klägerin macht für die patentanwaltlichen und rechtsanwaltlichen Dienstleistungen bei einem Gegenstandswert von 500.000,- Euro und einer jeweiligen 1,5 Geschäftsgebühr sowie der Auslagenpauschale einen Betrag von jeweils 4.514,- EUR, mithin 9.028,- geltend. Zusätzlich verlangt die Klägerin von der Beklagten die Kosten einer Nichtigkeitsrecherche der Firma C D GmbH und Übersetzungskosten der Firma E F Agency GmbH in Höhe von insgesamt 1.689,74 EUR.

Die Beklagte zahlte vorprozessual auf den von der Klägerin mit dieser Klage geltend gemachten Gesamtbetrag in Höhe von 10.717,74 EUR einen Betrag in Höhe von 1.359,80 EUR, ausgehend von einem Gegenstandswert von 50.000,- EUR und einer Rechtsanwaltsgebühr.

Die Klägerin behauptet, die externen Kosten für die Nichtigkeitsrecherche und die Übersetzungskosten seien erforderlich gewesen und in Auftrag gegeben worden. Das Schreiben vom 25.05.2012 sei eine unberechtigte Abmahnung gewesen. Die Beklagte habe unzweideutig ein ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsbegehren zum Ausdruck gebracht. In diesem Schreiben werde ausgeführt, dass die Klägerin die Rechte der Beklagten an dem deutschen Teil des europäischen Patents verletze. Die Klägerin solle innerhalb einer Frist die Patentrechte der Beklagten anerkennen und die Verletzung beenden, die in ihrem Besitz befindlichen Verletzungsprodukte vernichten und die Erfindung der Beklagten nicht mehr nutzen. Zudem sei dem Schreiben eine vorformulierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beigefügt gewesen. Die französischen Rechtsanwälte hätten im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 25 EuRAG gehandelt, als sie die Abmahnung versendet hätten. Die Erstattung der Kosten der Patente- und Rechtsanwälte sei erforderlich gewesen, um eine umfassende Prüfung einer möglichen Verletzung des europäischen Patents durchführen zu können. Der Gegenstandswert liege am unteren Rand üblicher Streitwerte in Patentsachen. Die Beklagte habe – unstreitig – ein konkretes Produkt der Klägerin angegriffen, dass diese in hohen Stückzahlen bei G H verkaufen wollte. Bei der Klägerin ging es um einen hohen wirtschaftlichen Wert, da die angegriffene WC-Stein Halterung in jeder WC-Spülung benutzt werden könne. Unabhängig von der Abrechnungsweise der Klägerin könne sie stets eine Kostenerstattung auf der Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes verlangen.

Die Klägerin beantragt unter Zustellung der Klage am 16.04.2013,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 9.357,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet die geltend gemachten externen Kosten für die Nichtigkeitsrecherche und die Übersetzungen sowie eine Bezahlung der Honorarnoten der anwaltlichen Vertreter mit Nichtwissen. Sie ist der Auffassung, dass das Schreiben der französischen Rechtsanwälte vom 25.05.2012 keine Abmahnung gewesen sei. Es handele sich vielmehr um eine Berechtigungsanfrage. In dem Schreiben werde nicht gefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Zudem werde in dem Schreiben nicht mit der Einleitung gerichtlicher Schritte gedroht. Die französischen Rechtsanwälte seien in Deutschland nicht postulationsfähig. Der Umstand, dass keine Verletzung des europäischen Patents vorliege, sei offensichtlich. Die Übersetzung sei – unstreitig – unvollständig. Die Einschaltung von Patent- und Rechtsanwälten sei bei einem solchen einfachen Fall nicht erforderlich gewesen. Schließlich sei der bearbeitende Rechtsanwalt Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Der Streitwert liege bei 50.000,- Euro. Das europäische Patent habe im Zeitpunkt von dessen Rücknahme durch die Beklagte eine Restlaufzeit von drei Jahren gehabt. Der Erfindungsgegenstand habe eine geringe finanzielle Bedeutung. Eine 1,5 Geschäftsgebühr sei nicht angemessen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat zum überwiegenden Teil Erfolg.

Der Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten auf Erstattung der Kosten anwaltlicher Dienstleistungen für die Zurückweisung der Abmahnung ist in Höhe von 7.042,80 EUR begründet. Allerdings kann die Klägerin lediglich die Erstattung der tatsächlich angefallenen Kosten verlangen. Ohne Erfolg verlangt sie von der Beklagten die Erstattung der externen Kosten.

I.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der Kosten anwaltlicher Dienstleistungen der von ihr beauftragen Patent- und Rechtsanwälte gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu, da die Beklagte unberechtigt in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingegriffen hat.

1.
Von der Anwendung deutschen Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 1 als Annexzuständigkeit bzw. Art. 4 Abs. 1 Rom-II Verordnung ((EG) Nr. 864/2007) auszugehen. Nach dem Schutzlandprinzip geht es vorliegend um eine unerlaubte Handlung in Bezug auf den deutschen Teil des europäischen Patents der Beklagten. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte ihre Abmahnung ausgesprochen und damit in die Rechte der Klägerin zu Unrecht eingegriffen, als sie den Vertrieb der Halterung eines WC-Körbchens (WE-fix HYGIENE-FRISCHER-SPÜLER, angegriffene Ausführungsform) untersagen wollte. Unabhängig davon wären die französischen Anwälte gemäß § 25 EuRAG ihm Rahmen ihrer rechtlichen Befugnisse tätig geworden.

2.
Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe die beiden anwaltlichen Kostennoten nicht bezahlt, bleibt ohne Erfolg. Zahlt der Auftraggeber zunächst das Honorar nicht, steht ihm gegenüber dem Rechtsverletzer ein Freistellungsanspruch zu. Dieser Anspruch geht nach der endgültigen Erfüllungsverweigerung durch die Beklagte in einen Zahlungsanspruch über, § 250 S. 2 BGB (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.04.2011, I-2 U 21/10 Rz. 84, zitiert nach juris; OLG Köln, OLGR 2008, 430).

3.
Voraussetzung für den seitens der Klägerin geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch ist, dass es sich bei den in Rede stehenden Schreiben der anwaltlichen Vertreter der Beklagten vom 25.05.2012 um eine unberechtigte Abmahnung gehandelt hat. Dies ist der Fall.

a)
Eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung und damit ein Verstoß gegen § 823 Abs.1 BGB i.V.m. § 1004 BGB analog unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liegt dann vor, wenn an eine bestimmte Person ein ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsbegehren gerichtet wird (vgl. BGH, GRUR 2006, 219, 222 – Detektionseinrichtung II; OLG Düsseldorf, Urteil vom 31. Januar 2013, I-2 U 54/11 – juris; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl., Rz. 683). Dieses muss nicht ausdrücklich geäußert sein, es kann sich auch aus den Begleitumständen ergeben (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 139 Rz. 240). Von der Schutzrechtsverwarnung zu unterscheiden ist die sogenannte Berechtigungsanfrage bzw. der bloße Hinweis auf ein Schutzrecht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.09.2011, I-2 U W 58/11 Rz. 16). Mit einer Berechtigungsanfrage soll lediglich ein Meinungsaustausch sowohl über die Rechtslage als auch die Tatsachen begonnen werden. Bei einer Berechtigungsanfrage wird der Adressat auf ein Schutzrecht hingewiesen und der vermeintliche Benutzungstatbestand erläutert. Hierin liegt ein zulässiges geschäftliches Gebaren, welches keine Kostentragungspflicht für eine Rechtsverteidigung des Empfängers auslöst, auch dann, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Schutzrechtsverletzung nicht gegeben ist, sei es, weil die angebotenen Gegenstände dieses Schutzrecht nicht verletzen, sei es, wie vorliegend, dass sich herausstellt, dass Zweifel an dem Rechtsbestand des Schutzrechtes bestehen.

b)
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend von einer Abmahnung auszugehen.

In dem Schreiben vom 25.05.2012 stellt die Beklagte zunächst die Sachlage dar, indem sie auf das ihr zustehende europäische Patent und dessen deutschen Teil hinweist und dieses aus technischer Sicht erläutert. Im Anschluss daran legt sie dar, aus welchen Gründen die Klägerin die Rechte aus dem Patent, dem Patentanspruch 1, durch die angegriffene Ausführungsform der Klägerin verletzt. In diesem Zusammenhang weist sie auf einen durchgeführten Testkauf hin. Die Beklagte kommt zu dem Schluss, dass die Klägerin ihre Rechte aus dem europäischen Patent verletzt. Deshalb fordert die Beklagte die Klägerin im Anschluss an die vorhergehenden Ausführungen auf, die Rechtsverletzung zu beenden. Gleichzeitig verlangt die Beklagte die Vernichtung der im Besitz der Klägerin befindlichen angegriffenen Ausführungsformen und fordert zudem die Klägerin auf, die technische Erfindung der Beklagten in der Zukunft nicht zu nutzen. Schließlich verlangt sie Auskunft über die Käufer, Menge und Verkaufspreise der angegriffenen Ausführungsform. Diesem Schreiben war eine aus der Anlage K 3 ersichtliche „Erklärung“ beigefügt, nach welcher die Klägerin eine vorformulierte Erklärung unterschreiben sollte, die Patentverletzung zu beenden, die patentverletzenden Gegenstände zu vernichten und zukünftig die Erfindung der Beklagten nicht zu nutzen.

Mit dem Schreiben vom 25.05.2012 und der diesem Schreiben beigefügten Erklärung hat die Beklagte unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass sie von der Klägerin ernsthaft und endgültig verlangt, die aus ihrer Sicht bereits eingetretene Patentverletzung zu unterlassen. Die Beklagte verdeutlicht den Umstand einer Patentverletzung, indem sie zunächst ihr europäisches Patent aus technischer Sicht darstellt und an Hand dessen überprüft, ob die angegriffene Ausführungsform der Klägerin in den Schutzbereich des europäischen Patents fällt. Sie kommt zu dem Schluss, es liege eine Patentverletzung vor. Aus diesem Grunde verlangt sie von der Klägerin die Unterlassung der Patentverletzung. Sollte die Klägerin diesem Verlangen nicht nachkommen, so behalte sich die Beklagte alle Rechte vor, ihre Rechte aus dem Patent zu verteidigen. Zwar wird nicht ausdrücklich die Einleitung gerichtlicher Schritte angeordnet, indes wird dies auch nicht ausgeschlossen. Der Klägerin musste sich geradezu die Möglichkeit aufdrängen, dass die Beklagte ihre Rechte auch gerichtlich geltend machen würde, denn bereits in dem Abmahnschreiben macht die Beklagte einen Vernichtungsanspruch nach § 140 Abs. 1 PatG sowie Auskunftsansprüche geltend, wie sie auch grundsätzlich in patentrechtlichen Rechtsstreitigkeiten geltend gemacht werden. Genau diese Ansprüche sollte die Klägerin durch die „Erklärung (Statement)“ anerkennen. Dem von französischen Rechtsanwälten verfassten Schreiben waren zudem zur Prüfung des tatsächlichen Sachverhaltes durch die Beklagte sowohl die Europäische Patentschrift als auch die deutsche Übersetzung beigefügt. Dass es der Beklagten ernst war mit der Durchsetzung ihrer Rechte konnte die Klägerin auch daran erkennen, dass Erstere bereits einen Testkauft durchgeführt und somit eine angegriffene Ausführungsform erworben hatte und dies zur Grundlage ihrer Willensbildung gemacht hat. Auf dieser – aus Sicht der Klägerin gesicherten – tatsächlichen Grundlage wollte die Beklagte ersichtlich nicht in einen Meinungsaustausch sowohl über die Rechtslage als auch die Tatsachen eintreten. Die Tatsachen standen aus Sicht der Beklagten ebenso fest wie die Rechtsverletzung. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung und rechtliche Prüfung war aus Sicht der Klägerin vor Einleitung gerichtlicher Schritte nicht mehr erforderlich. Die Formulierung des Schreibens vom 25.05.2010 bot der Klägerin keine Möglichkeit, in einen Meinungsaustausch einzutreten, denn die Beklagte hatte bereits konkrete Forderungen aufgestellt, die es aus Sicht der Klägerin zu erfüllen galt.

4.
Durch die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung hat die Beklagte schuldhaft in das nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen.

5.
Mit Erfolg macht die Klägerin geltend, dass die Beklagte die Kosten der Patent- und Rechtsanwälten zu erstatten hat. Die geltend gemachten Aufwendungen für die Honorare für rechts- und patentanwaltliche Tätigkeiten gehören zum Schaden, den die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung dem zu Unrecht Abgemahnten zugefügt hat. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts sowie zusätzlich eines Patentanwalts war im konkreten Einzelfall erforderlich. Der Einwand der Beklagten, es handele sich um eine einfache Patentrechtsstreitigkeit, die eine Hinzuziehung von Patentanwälten nicht erforderlich gemacht hätte, hat keinen Erfolg. Für Abmahnungen ist die Erstattungsfähigkeit der für einen Rechtsanwalt aufgewendeten Kosten und in aller Regel auch derjenigen patentanwaltlicher Tätigkeit zu bejahen. Gleiches gilt auch für den Fall der Abwehr einer unberechtigten Abmahnung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 31. Januar 2013, I-2 U 54/11, Rz. 94 – juris).

Der Klägerin stand es frei, sich bereits im Rahmen der Prüfung der Abmahnung neben den Prozessbevollmächtigten auch einer fachkundigen Beratung und Interessenwahrnehmung durch Patentanwälte zu bedienen (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 6, 37, 40 – Abmahnkosten bei Patentverletzung; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl., Rz. 664). Die gleichzeitige Beauftragung ist möglich und geboten, um einen Angriff aus einem Patent umfassend zu begegnen. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, neben einem Verletzungsverfahren gleichzeitig auch ein Bestandsverfahren zu betreiben. Der Umstand, dass es aus Sicht der Beklagten um einen einfach gelagerten Sachverhalt ging, weil die unvollständige Übersetzung der europäischen Patentschrift offensichtlich gewesen sei und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zudem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz sei, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die Klägerin konnte und durfte die in dem Abmahnschreiben behaupteten Rechtsverletzungen umfassend unter dem Blickwinkel der Frage einer Patentverletzung als auch der Frage nach dem Rechtsbestand des europäischen Patents prüfen lassen. Sie war nicht auf einen Verteidigungseinwand beschränkt. Denn aus dem Sachvortrag der Parteien ergibt sich nicht, dass die Klägerin selbst im Zeitpunkt des Zugangs des Abmahnschreibens die Kenntnis hatte, die Abmahnung sei ohne weiteres unbegründet. Aus der Sicht der Klägerin bestand auch keine Möglichkeit, die weitere Entwicklung der Auseinandersetzung vorherzusehen, so dass sie sich – um ihre eigenen Rechte zu wahren – umfassend in der Frage der Rechtsverteidigung beraten lassen durfte. Ausweislich der beiden vorgelegten Rechnungen der Bevollmächtigten der Klägerin haben beide ihren Aufgabengebieten typischerweise zugeordnete Tätigkeiten ausgeführt, wie die Frage der Bestandsfähigkeit des deutschen Teils des europäischen Patents sowie die Frage einer Verletzung dessen.

Dass die Klägerin neben ihrem bevollmächtigten Rechtsanwalt zusätzlich Patentanwälte mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragte, obwohl ihr bevollmächtigter Rechtsanwalt die Bezeichnung „Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz“ führt, steht der Angemessenheit einer Kostenerstattung nicht entgegen. Trotz dieser Zusatzbefähigung ist die Vergleichbarkeit der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes mit der eines Patentanwalts nicht gegeben. Patentanwälte sind keine bloßen „Fachanwälte für Patentrecht“, sondern haben auf Grund ihrer Vorbildung weitergehende technische Kenntnisse. Dieses über die Rechtskenntnisse eines „Fachanwalts“ hinausgehende technische Wissen haben sie in Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes einzusetzen (vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2013, 39).

6.
Die Klägerin macht mit Erfolg geltend, dass die Kosten ihrer Bevollmächtigten nach einem Gegenstandwert in Höhe von 500.000,- EUR und einer jeweiligen 1,5 Geschäftsgebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz berechnet wurden. Allerdings ist die Erstattungsfähigkeit der Kosten nach den gesetzlichen Vorschriften auf die tatsächlich angefallenen Kosten begrenzt.

a)
Der von ihren Prozessbevollmächtigten für die Berechnung der Abmahnkosten zugrunde gelegte Gegenstandswert von 500.000,00 EUR ist im Hinblick auf die noch anstehende Restlaufzeit des Klagepatents sowie der weiteren Umstände des Einzelfalles berechtigt.

Der Gegenstandswert, der der Kostennote zu Grunde zu legen ist (§ 2 Abs. 1 RVG), ergibt sich aus §§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG, § 12 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO, da der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit auch Gegenstandswert eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Nach § 4 ZPO, § 40 GKG ist der Zeitpunkt der Antragstellung, mithin das Versenden der Abmahnung, entscheidend (vgl. Berneke, in: Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 40 Rz. 18).

Bei der Bemessung des Gegenstandswertes sind die wirtschaftlichen Interessen des Geschädigten, die er durch die Beeinträchtigung erlitten hat, entscheidend. (vgl. Berneke, in: Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 40 Rz. 34; Schramm, GRUR 1953, 104). Als Anhaltspunkte kommen in Betracht das Ausmaß (Zeit; Umfang; Nähe der Parteien) der Schädigung durch die Verletzung, Zeitdauer des erstrebten Verbots oder Störung sowie individuelle Faktoren.

Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei einem Gegenstandswert von 500.000,- EUR um einen „am unteren Rand üblicher Streitwerte in Patentsachen“ handelt, wie es die Klägerin vertritt. Jedenfalls rechtfertigen die Umstände des Einzelfalles einen solchen. Die Beklagte hat durch das Schreiben vom 25.05.2010 ein Produkt der Klägerin angegriffen, welches sie in hohen Stückzahlen an G H verkaufen wollte. Ohne eine Halterung für WC-Spülsteine hätte die Klägerin ihr Produkt nicht bei G H, einem großen Einzelhandelsdiscounter, platzieren können. Ein erhebliches wirtschaftliches Potential stand im Raum. Zusätzlich stand unstreitig ein Vertriebsverbot von fünf Jahren im Raum, denn die maximale Schutzdauer des europäischen Patents lief bis zum Jahr 2017.

b)
Die in Ansatz zu bringende Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Tätigkeit der anwaltlichen Vertreter der Klägerin bestimmt sich der Höhe nach gemäß Nr. 2300 a. F. der Anlage 1 zum RVG, die in einem Rahmen von 0,5 bis 2,5 vorgibt. Bei der Bestimmung der Rahmengebühr ist zu berücksichtigen, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur dann gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Solches ist für die Bearbeitung von Patentangelegenheiten grundsätzlich zu bejahen (vgl. Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl., Rz. 644). In patentrechtlichen Auseinandersetzungen geht es um komplexe Sachverhalte mit technischem und rechtlichem Einschlag. Dies gilt insbesondere bei Auseinandersetzungen mit Beteiligten, die im Ausland ihren Sitz haben. Selbst bei vergleichsweiser überschaubarer Technik ist eine 1,5 Geschäftsgebühr angemessen (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 6, 37 – Abmahnkostenerstattung bei Patentverletzung). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte lediglich pauschal die Angemessenheit der Rahmengebühr bestritten, ohne dies mit hinreichendem Vortrag zu untermauern. Für den vorliegenden Fall erscheint eine 1,5 Geschäftsgebühr als angemessen, um der Bedeutung der patentrechtlichen Auseinandersetzung gerecht zu werden. Die umfangreiche Tätigkeit ergibt sich bereits aus den jeweiligen Honorarrechnungen der anwaltlichen Vertreter der Klägerin.

c)
Ohne Erfolg macht die Klägerin allerdings geltend, ihr stünde ein Anspruch auf Erstattung von fiktiven Kosten anwaltlicher Dienstleistungen zu. Ein solcher scheidet aus (OLG Hamburg, Urteil von 12.11.2008, 5 U 245/07, Rz. 32, juris; Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 12 Rz. 96a). Dies wäre bereits mit dem Grundgedanken des Schadensrechts gemäß § 249 BGB nicht zu vereinbaren. Die Klägerin ist so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Einen darüberhinausgehenden Anspruch auf Erstattung fiktiver Kostenkann sie vorliegend nicht geltend machen. Eine gesetzliche Anspruchsgrundlage trägt die Klägerin nicht vor; eine solche ist auch für diesen Fall nicht ersichtlich.

d)
Aus Vorstehendem ergibt sich somit, dass der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der tatsächlich angefallenen anwaltlichen Honorarkosten zusteht, da diese unterhalb der gesetzlich bestimmten Honorarkosten liegen. Für die Kosten der patentanwaltlichen Dienstleistung steht der Klägerin ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 4.100,- EUR und für die Kosten der rechtsanwaltlichen Dienstleistung ein Anspruch in Höhe 4.302,60 EUR, mithin insgesamt 8.402,60 EUR zu. Abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 1.359,90 EUR ergibt sich eine klägerische Restforderung in Höhe von 7.042,80 EUR.

7.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Recherche durch eine Drittfirma und die Kosten der Übersetzungen der brasilianischen Gebrauchsmusterschrift und der japanischen Patentschrift bleiben ebenfalls ohne Erfolg. Einen solchen Anspruch hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt.

Die Klägerin trägt vor, es seien ihr Kosten für die Nichtigkeitsrecherche durch die Firma D GmbH in Höhe von 1.070,- EUR und Übersetzungskosten in Höhe von 362,67 EUR und 257,07 EUR durch die Firma E F Agency GmbH entstanden. Die Recherche sei erforderlich gewesen und in Auftrag gegeben worden. Diesen Sachvortrag hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten. Der Sachvortrag der Klägerin erschöpft sich in allgemeinen Ausführungen unter Bezugnahme auf die Honorarabrechnung ihrer Patentanwälte. Aus dieser Rechnung ergeben sich lediglich die jeweiligen Gesamtkosten ohne weitergehende Angaben zum tatsächlichen Hintergrund. Dem Sachvortrag der Klägerin sind keine Einzelheiten über die Auftragsvergabe, den Inhalt des Auftrags und die Abrechnung des Auftrags zu entnehmen. Sie legt auch keine Rechnungen der jeweiligen Drittfirmen vor. Somit fehlen bereits die erforderlichen Anknüpfungstatsachen für eine Beweiserhebung zumal seitens der Klägerin nicht hinreichend vorgetragen wird, inwiefern der Zeuge Dr. A hierzu nähere Angaben machen könnte.

II.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1, 2. Var. ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709 S. 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 9.357,94 EUR
Der nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 10.10.2013 (§ 296a ZPO) rechtfertigt keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, §156 ZPO.