4a O 220/07 – Isolierglasscheiben II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 857

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 5. August 2008, Az. 4a O 220/07

I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte keine Ansprüche gegen die Klägerin hat, derer sie sich ihr gegenüber in ihrer Abmahnung vom 03.11.2006 (Anlage K3) berühmt hat, nämlich
a) es mit sofortiger Wirkung zu unterlassen, im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 1 450 001
Gasfüllpressen zum Herstellen von mit Schwergas gefüllten Isolierglasscheiben mit zwei im Wesentlichen lotrecht stehenden Platten, mit einem Förderband für eine mit Schwergas zu füllende Isolierglasscheibe und mit einer Dichtung in dem Raum zwischen den Platten, die im Wesentlichen lotrecht ausgerichtet ist, wobei diese Dichtung zwischen den Platten ausschließlich quer zur Ebene der Platten verstellbar ist,
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
sofern bei diesen Gasfüllpressen an den beiden lotrechten Rändern der Platten Verschlussorgane zum Abschließen des Raumes zwischen den Platten nach außen hin vorgesehen sind;
b) Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Klägerin die unter lit. a) bezeichneten Handlungen seit dem 25.09.2004 begangen hat;
c) der Beklagten jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihr in Folge der Handlungen der Klägerin gemäß lit. a) entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird;
d) der Beklagten die durch die Tätigkeit des Patentanwalts Dipl.-Ing. Reiner Prietsch in dieser Sache entstandenen Kosten auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 1.000.000,00 EUR gemäß RVG sowie die notwendigen Auslagen zu erstatten.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.244,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.08.2007 zu zahlen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 1 450 xxx (Klagepatent), das am 22.02.2003 angemeldet wurde. Die Anmeldung des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache deutsch ist, wurde am 25.08.2004 veröffentlicht, der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents am 17.11.2004. Das Patent steht in Kraft.

Das Klagepatent bezieht sich auf eine Vorrichtung zum Zusammenbauen von Isolierglasscheiben, deren Innenraum mit einem Schwergas gefüllt ist. Der Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

1. Vorrichtung zum Herstellen von mit Schwergas gefüllten Isolierglasscheiben mit zwei im Wesentlichen lotrecht stehenden Platten (4, 6), mit einer Fördereinrichtung (40) für eine mit Schwergas zu füllende Isolierglasscheibe und mit einer Dichtung (20) in dem Raum (10) zwischen den Platten, die im Wesentlichen lotrecht ausgerichtet ist, wobei diese Dichtung (20) zwischen den Platten (4, 6) ausschließlich quer zur Ebene der Platten (4, 6) verstellbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass an beiden lotrechten Rändern der Platten (4, 6) Verschlussorgane (12) zum Abschließen des Raumes (10) zwischen den Platten (4, 6) nach außen hin vorgesehen sind.

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 1 zeigt eine erfindungsgemäße Vorrichtung in geöffneter Stellung in Draufsicht. Eine Seitenansicht einer solchen Vorrichtung beim Füllvorgang ist in Figur 2 dargestellt.

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Lösungen zur Isolierglasherstellung entwickelt und produziert. Der Vertrieb der Produkte erfolgt unter der Marke A unmittelbar an Endabnehmer und teilweise über Unternehmen der A-Gruppe, mit der die Klägerin konzernverbunden ist. Die Klägerin stellte im Jahr 2005 eine Isolierglas-Produktionslinie (nachfolgend als angegriffene Ausführungsform bezeichnet) her, die im September 2005 in Atlanta/USA auf der Messe „Glass Build America 2005“ ausgestellt wurde. Unter Beteiligung der A Inc., einem mit der Klägerin konzernverbundenen Unternehmen mit Sitz in Hauppage/New York/USA, wurde die Maschine an die B Co. verkauft und geliefert. Am 31.03.2006 besichtigten zwei Mitarbeiter der Firma C Produktions- und Verfahrenstechnik GmbH dort die mit dem Typenschild HXY versehene Gasfüllpresse. Die Maschine weist zwei im Wesentlichen lotrechte Platten auf, von denen eine stationär, die andere beweglich ist. Zwischen den Platten befindet sich eine Fördereinrichtung aus zwei hintereinander angeordneten Förderbändern. Die ein- und auslaufseitigen Ränder der lotrechten Platten können mit Verschlussorganen verschlossen werden. Es handelt sich um metallisch glänzende, vertikal verlaufende Profile. Wenn die Pressplatte auf die stationäre Pressplatte bewegt wird, schließen die Verschlussorgane den gesamten Raum zwischen den Platten ab. Nachfolgend sind Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform wiedergegeben, die bei der Besichtigung der Gasfüllpresse bei der B Co. entstanden. Die Bezugsziffern und Bezeichnungen stammen von der Beklagten.

Mit patentanwaltlichem Schreiben vom 03.11.2006 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und erklärte, sie – die Klägerin – stelle eine Gasfüllpresse unter der Bezeichnung D her, biete sie an und verkaufe sie zumindest an die A AG, die sie weiter veräußere. Damit verletze die Klägerin unter anderem die Rechte der Beklagten aus dem Klagepatent. Die beanstandete Gasfüllpresse weise alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß auf. Die Beklagte forderte die Klägerin auf, bis zum 20.11.2006 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich des Vertriebs der beanstandeten Gasfüllpresse abzugeben. Weiterhin sollte sich die Klägerin verpflichten, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Vertriebshandlungen seit dem 25.09.2004 und der Beklagten jeglichen Schaden – einschließlich der patentanwaltlichen Kosten bei einem Gegenstandswert von 2.000.000,00 EUR – aus dem Vertrieb der beanstandeten Vorrichtung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Abmahnschreibens vom 03.11.2006 wird auf die Anlage K3 Bezug genommen.

Die im Abmahnschreiben genannte Gasfüllpresse D wird nicht von der Klägerin, sondern von der E Maschinenbau GmbH hergestellt und vertrieben. Daher teilten die von der Klägerin beauftragten Rechts- und Patentanwälte der Beklagten mit Schreiben vom 20.11.2006 mit, dass ihr Abmahnschreiben auf unzutreffenden Annahmen beruhe, und forderten sie unter Fristsetzung bis zum 24.11.2006 auf zu erklären, dass sie die mit Schreiben vom 03.11.2006 geltend gemachten Ansprüche nicht weiter aufrechterhalten werde. Zugleich verlangte sie die Kosten der Gegenabmahnung für jeweils einen Rechtsanwalt und einen Patentanwalt in Höhe einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale bei einem Gegenstandswert von 2.000.000,00 EUR.

Die Beklagte erklärte daraufhin mit patentanwaltlichen Schreiben vom 24.11.2006 und 08.12.0206, dass die fehlerhafte Typenbezeichnung zur Kenntnis genommen werde, der Vorwurf der Patentverletzung aber unabhängig von der Typenbezeichnung weiter aufrechterhalten bleibe und Klageauftrag bestehe. Die Klägerin ihrerseits drohte eine negative Feststellungsklage an, wenn nicht bis Ende Januar 2007 die Klage zugestellt sei.

Die Klägerin behauptet, die beanstandete Gasfüllpresse sei von ihr an die A Inc. geliefert und auf der Messe „Glass Build America 2005“ in Atlanta ausgestellt und vorgeführt worden. Die A Inc. habe die Maschine dann an die B Co. verkauft und geliefert. Die auf den Abbildungen (Anlagen NSL 3.7, 3.8 und 3.9) erkennbaren leistenförmigen, lotrechten Dichtungen seien bei der an die A Inc. gelieferten und auf der Messe in Atlanta ausgestellten Gasfüllpresse nicht vorhanden gewesen, was von der Beklagten mit Nichtwissen bestritten wird. Die Maschine sei – dies ist (bislang) unstreitig – auch ohne die Zwischendichtungen voll funktionsfähig. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie keine Gasfüllpresse hergestellt habe, die von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch macht.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise ihr zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe die streitgegenständliche Gasfüllpresse an die B Co. geliefert. Bereits bei der Lieferung an die B Co. sei die angegriffene Ausführungsform mit Zwischendichtungen ausgestattet gewesen. Zwischen den beiden äußeren Rändern der beweglichen Platte seien zwei leistenförmige, lotrechte Dichtungen vorhanden, die aus einer in die Platte zurückgezogenen Wartestellung in eine über die bewegliche Platte auf die ortsfeste Platte stehende Wirklage verstellt werden könnten. Diese Dichtungen seien ausschließlich quer zur Ebene der Platten verstellbar. Entweder habe die Klägerin als Herstellerin die Gasfüllpresse bereits mit den Zwischendichtungen ausgerüstet oder sie habe – wenn die Maschine die Dichtungen nicht bereits bei der Auslieferung aufgewiesen haben sollte – die Gasfüllpresse mit Schlitzen in der Pressplatte und mit einer Steuerungssoftware so vorbereitet, dass eine nachträgliche Montage möglich war. Die Klägerin hat mit Nichtwissen bestritten, dass die angegriffene Ausführungsform bei der Besichtigung durch die Mitarbeiter der C Produktions- und Verfahrenstechnik GmbH Zwischendichtungen aufgewiesen habe.

Wegen des weiteren Sachvortrags beider Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

A
Die Klage ist zulässig. Das gilt auch für den unter Ziffer I. geltend gemachten negativen Feststellungsantrag, da die Voraussetzungen von § 256 Abs. 1 ZPO vorliegen.

Die Klägerin begehrt die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses in Form von Ansprüchen aus einer – zwischen den Parteien streitigen – Patentverletzung. Ein Rechtsverhältnis ist die Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache, die ein subjektives Recht enthält oder aus der solche Rechte entspringen können. Insbesondere stellt jedes Schuldverhältnis zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis dar. Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über Ansprüche auf Unterlassung, Entschädigung, Schadensersatz, Rechnungslegung und Auskunft aufgrund einer Patentverletzung, die regelmäßig ein gesetzliches Schuldverhältnis begründet.

Weiterhin hat die Klägerin auch ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO an der alsbaldigen Feststellung. Für eine negative Feststellungsklage ist das Feststellungsinteresse regelmäßig gegeben, wenn sich dem subjektiven Recht der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass sich die Beklagte eines Rechts gegen die Klägerin berühmt und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. So liegt der Fall hier, weil die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 03.11.2006 Ansprüche aufgrund einer von ihr behaupteten Patentverletzung gegen die Klägerin geltend gemacht hat und diese Ansprüche trotz Aufforderung seitens der Klägerin nicht fallen gelassen hat.

B
Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrags zu I. begründet.

Die Beklagte hat gegen die Klägerin keine Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung, wie sie mit der Abmahnung vom 03.11.2006 erstmals gegenüber der Klägerin außergerichtlich geltend gemacht wurden. Diese Ansprüche ergeben sich nicht aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 9 S. 1 und 2 Nr. 1, 33 Abs. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB.

Die Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin Ansprüche wegen unmittelbarer Patentverletzung im Sinne von § 9 S. 1 und 2 Nr. 1 PatG berühmt. Sie erklärte in der Abmahnung vom 03.11.2006, eine von der Klägerin hergestellte Gasfüllpresse weise wortlautgemäß alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 auf. Die Klägerin sei daher zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verpflichtet. Die beigefügte vorformulierte Erklärung bezog sich dementsprechend auf das Verbot einer unmittelbaren wortsinngemäßen Benutzung der mit dem Klagepatent geschützten Erfindung und auf die Verpflichtung zur Zahlung von Entschädigung und Schadensersatz und zur Rechnungslegung und Auskunft. Die Beklagte hat im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht dargelegt, dass die Klägerin die patentierte Erfindung im Sinne von § 9 S. 1 und 2 Nr. 1 PatG benutzt hat. Sie muss auch im Falle einer negativen Feststellungsklage anlässlich einer Berühmung von Ansprüchen die Berechtigung der Berühmung darlegen und beweisen (Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl.: § 256 Rn 18), da sich die Beweislastverteilung nach dem materiellen Recht und nicht nach der prozessualen Parteistellung richtet. Dies ist ihr nicht gelungen.

I.
Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 eine Vorrichtung zum Zusammenbauen von Isolierglasscheiben, deren Innenraum mit einem Schwergas gefüllt ist.

Eine derartige Vorrichtung ist laut Klagepatentschrift aus der EP 0 674 086 B bekannt. Sie besitzt zwei Platten, zwischen denen eine wenigstens an ihrem unteren Rand offene Isolierglasscheibe – bestehend aus mindestens zwei Glastafeln und mindestens einem Abstandshalter – angeordnet und von unten her mit Schwergas gefüllt wird. Die aus dem Stand der Technik bekannte Vorrichtung besitzt eine im Wesentlichen lotrechte und in Richtung der Ebene der Platten verstellbare Dichtung, um den mit Schwergas zu befüllenden Raum zu begrenzen. Die Dichtung wird beim eigentlichen Befüllvorgang so ausgerichtet, dass sie sich in unmittelbarer Nähe des einen lotrechten Randes der zu füllenden Isolierglasscheibe befindet. Weiterhin ist aus der EP 0 674 086 B bekannt, dass das Schwergas aus einem Kanal von unten her in den Raum zwischen den Platten einströmt. Am einen Ende der Pressplatten ist eine einschwenkbare Dichtung und am anderen Ende eine in Richtung der Plattenebene verstellbare Dichtung vorgesehen.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe zu Grunde, ausgehend von der aus dem Stand der Technik bekannten Vorrichtung zum Zusammenbauen von Isolierglasscheiben eine vereinfachte Vorrichtung vorzuschlagen, in welcher der für das Füllen der Isolierglasscheibe mit Schwergas und für das Zusammenbauen einer mit Schwergas gefüllten Isolierglasscheibe erforderlich Zeitaufwand verkürzt wird.

Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

1. Vorrichtung zum Herstellen von mit Schwergas gefüllten Isolierglasscheiben
2. mit zwei im Wesentlichen lotrecht stehenden Platten (4, 6),
3. mit einer Fördereinrichtung (40) für eine mit Schwergas zu füllende Isolierglasscheibe und
4. mit einer Dichtung (20) in dem Raum (10) zwischen den Platten,
4.1 die im Wesentlichen lotrecht ausgerichtet ist und
4.2 die ausschließlich quer zur Ebene der Platten (4, 6) verstellbar ist,
5. an beiden lotrechten Rändern der Platten (4, 6) sind Verschlussorgane (12) zum Abschließen des Raumes (10) zwischen den Platten (4, 6) nach außen hin vorgesehen.

II.
Es ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, dass die Gasfüllpresse, wie sie bei der B Co. besichtigt wurde und in den Abbildungen der Anlage NSL 3.1 bis 3.8 abgebildet ist, die Merkmale 1 bis 3 und 5 des Klagepatentanspruchs verwirklicht. Sie weist zwei lotrecht stehende Platten und eine Fördereinrichtung auf. An beiden Rändern der Platten befinden sich Verschlussorgane, mit denen der Raum zwischen den Platten nach außen hin verschlossen werden kann. Nach dem Vortrag der Beklagten, der seitens der Klägerin mit Nichtwissen bestritten worden ist, weist die bei der B Co. besichtigte Maschine im Raum zwischen den Platten zudem eine lotrechte Dichtung auf, die ausschließlich quer zur Ebene der Platten verstellbar ist und insofern – im Falle ihres Vorhandenseins unstreitig – die Merkmalsgruppe 4 verwirklicht.

Es kann dahinstehen, ob die bei der B Co. besichtigte Gasfüllpresse tatsächlich eine Dichtung im Sinne des Merkmals 4 des Klagepatentanspruchs aufweist. Das gilt auch für die Frage, ob das Bestreiten mit Nichtwissen seitens der Klägerin im vorliegenden Fall zulässig ist. Denn selbst wenn als wahr unterstellt wird, dass eine solche Dichtung – wie von der Beklagten behauptet – vorhanden ist, hat die Beklagte nicht dargelegt und bewiesen, dass die bei der B Co. besichtigte Gasfüllpresse einschließlich lotrechter Zwischendichtungen von der Klägerin im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht wurde.

Gemäß § 9 S. 1 PatG ist allein der Patentinhaber befugt, die patentierte Erfindung zu benutzen. Jedem Dritten ist es gemäß § 9 S. 2 Nr. 1 PatG verboten, ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Benutzungshandlungen, die ausschließlich im Ausland vorgenommen werden, das Klagepatent nicht berühren.

1. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Klägerin die angegriffene Ausführungsform im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG hergestellt hat. Es ist nicht schlüssig vorgetragen, dass die Klägerin eine Maschine einschließlich Zwischendichtungen in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt hat (lit. a)). Ebenso wenig ist dargelegt, dass der Klägerin der nachträgliche Einbau von Zwischendichtungen in irgendeiner Weise zurechenbar ist (lit. b) und c))

a) Der Begriff des Herstellens umfasst die gesamte Tätigkeit, durch die das Erzeugnis geschaffen wird, vom Beginn an und beschränkt sich nicht auf den letzten, die Vollendung des schützten Erzeugnisses unmittelbar herbeiführenden Tätigkeitsakt. Eine unmittelbare Verletzung ist grundsätzlich jedoch nur dann zu bejahen ist, wenn die Verletzungsform von der Gesamtheit der Merkmale des Klagepatentanspruchs Gebrauch macht.

Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte nicht dargelegt, dass die Klägerin die bei der B Co. besichtigte Gasfüllpresse im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG hergestellt hat. Sie hat nicht vorgetragen, dass die Klägerin die Gasfüllpresse einschließlich der Zwischendichtungen, wie sie in den Anlagen NSL 3.7 bis 3.9 zu sehen sind, in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt hat. Sie hat dies mangels genauer Kenntnis des klägerischen Herstellungs- und Lieferungsumfangs offen gelassen und lediglich vorgetragen, dass die Klägerin entweder die Gasfüllpresse einschließlich Zwischendichtungen bereits in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt habe oder aber die ohne Zwischendichtungen gefertigte Anlage so ausgerüstet habe, dass die Zwischendichtungen von Dritten montiert werden konnten. Damit ist die Klägerin ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Ihr Vortrag, die Klägerin habe die angegriffene Ausführungsform einschließlich Zwischendichtungen bereits in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt, stellt sich als rein spekulatives Vorbringen ins Blaue hinein dar, mit dem eine Herstellungshandlung im Inland nicht schlüssig dargelegt wird.

b) Allerdings werden in Rechtsprechung und Literatur von dem Grundsatz, dass eine unmittelbare Verletzung nur dann zu bejahen ist, wenn die Verletzungsform von der Gesamtheit der Merkmale des Klagepatentanspruchs Gebrauch macht, eng begrenzte Ausnahmen zugelassen. Der Bundesgerichtshof hat unter anderem in der Entscheidung „Rigg“ (GRUR 1982, 165), die noch zum vor dem 01.01.1978 geltenden Recht ergangen ist, ausgeführt, dass eine Ausnahme dann gelten könne, wenn die angegriffene Ausführungsform alle wesentlichen Merkmale des geschützten Erfindungsgedankens aufweise und es zu ihrer Vollendung allenfalls noch der Hinzufügung selbstverständlicher, für den Erfindungsgedanken nebensächlicher Zutaten bedürfe. Nur dann könne es gleichgültig sein, ob der letzte, für die erfinderische Leistung unbedeutende Akt des Zusammenfügens der Gesamtvorrichtung von Dritten vorgenommen werde. Ob diese Rechtsprechung auch für das seit dem 01.01.1978 geltende Recht uneingeschränkt Geltung beanspruchen kann, kann dahinstehen. Denn bei den Zwischendichtungen handelt es sich nicht um selbstverständliche, für den Erfindungsgedanken nebensächliche Zutaten.

Die Lehre des Klagepatentanspruchs wird im Wesentlichen durch die Anordnung der Dichtungen gekennzeichnet. Über die Anordnung der Dichtungen wird der Erfindungsgegenstand vom Stand der Technik abgegrenzt. Dieser kannte eine Vorrichtung, die an dem einen Ende der Pressplatten eine einschwenkbare Dichtung aufwies und am anderen Ende eine Dichtung vorsah, die in Richtung der Ebene der Platten verstellt werden konnte. Im Unterschied dazu sieht der Klagepatentanspruch jeweils eine Dichtung an jedem Ende der Pressplatten vor und darüber hinaus mindestens eine Zwischendichtung im Raum zwischen den Platten. Nach der Beschreibung des Klagepatents entfällt dadurch der Aufwand, die Dichtung so auszurichten, dass sie dem Rand der Isolierglasscheibe zwischen den Pressplatten zugeordnet wird (Abs. [0008]). Ebenso wenig muss die Dichtung aus dem Raum zwischen den Platten wegbewegt werden, wenn eine fertig gefüllte und zusammengestellte Isolierglasscheibe aus der Vorrichtung abtransportiert wird (Abs. [0009]). Dies entspricht genau der Lösung der Aufgabe, den erforderlichen Zeitaufwand für das Befüllen und Zusammenbauen der Isolierglasscheibe zu verkürzen (Abs. [0005]). Auch nach der Entscheidung „Rigg“ des Bundesgerichtshofes ist daher eine patentverletzende Herstellungshandlung zu verneinen.

c) In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass Herstellungshandlungen, die sich auf Teile eines patentgemäßen Erzeugnisses einschließlich eines insoweit unfertigen Erzeugnisses beschränken, grundsätzlich nicht nach § 9 PatG dem Patentinhaber vorbehalten sind. Erst wenn ihnen die Herstellung des patentgemäßen Erzeugnisses mit all seinen Merkmalen nachfolgt oder ihretwegen sicher damit zu rechnen ist und auch diese Herstellung nach den Umständen des Falles, insbesondere den getroffenen oder verabredeten Vorkehrungen dem Handelnden zuzurechnen ist, kann dieser als Hersteller des patentgemäßen Produktes angesehen werden (Benkard/Scharen, PatG 10. Aufl.: § 9 Rn 34; vgl. auch Kraßer, Patentrecht 5. Aufl.: § 3 II b) 3.). Besonderheiten ergeben sich, wenn im Inland lediglich Teile einer Vorrichtung gefertigt werden, die nicht unter das Patent fallen, und erst im Ausland zu einer patentierten Ausführungsform zusammengebaut oder umgewandelt werden. In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass in einem solchen Fall als Hersteller einer Gesamtvorrichtung anzusehen ist, der alle zugehörigen Teile liefert und dem Abnehmer nur deren keinerlei Schwierigkeiten bereitende Zusammensetzung überlässt (RG GRUR 1936, 160; LG Düsseldorf InstGE 4, 90 – Infrarot-Messgerät; Kraßer, Patentrecht 5. Aufl.: § 3 II b) 4.) oder Teile einer geschützten Vorrichtung im Inland herstellt, die ausschließlich dazu geeignet sind, zu der Vorrichtung zusammengebaut zu werden (LG Düsseldorf InstGE 6, 130 – Diffusor).

Auch nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte nicht dargelegt, dass der Klägerin der nachträgliche Einbau von Zwischendichtungen zuzurechnen ist. Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Klägerin die Gasfüllpresse so ausgerüstet haben müsse, dass die Zwischendichtungen ohne weiteres beim Abnehmer montiert werden konnten. Dies gelte für die Schlitze in den Pressplatten und die für die Steuerung der gesamten Maschine erforderliche Software, die vom Verwender nicht ohne weiteres verändert werden könne. Nur die Klägerin sei als Herstellerin in der Lage gewesen, die Maschine dementsprechend zu konfigurieren. Ohne diese konkreten Maßnahmen sei eine Nachrüstung der Maschine mit den Zwischendichtungen nicht möglich. Dieser Vortrag genügt jedoch nicht, der Klägerin die Herstellung einer Gasfüllpresse, die von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch macht, im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG zuzurechnen.

Der Umstand, dass die Gasfüllpresse bereits für den Einbau der Zwischendichtungen geeignet gewesen ist, rechtfertigt es allein nicht, der Klägerin die Herstellung der patentierten Vorrichtung einschließlich der Zwischendichtungen zuzurechnen. Denn die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass die von ihr ausgelieferte Gasfüllpresse auch ohne Zwischendichtungen voll funktionsfähig ist. Zum Betrieb der Maschine sind die in den Anlagen 3.7 bis 3.9 abgebildeten Zwischendichtungen nicht erforderlich. Ebenso wenig hat die Beklagte vorgetragen, wer den Einbau der Zwischendichtungen veranlasste, insbesondere ob die Klägerin den Einbau anregte, die Dichtungen nachträglich lieferte oder anderweitige Hilfestellungen zum Einbau der Dichtungen gab. Wer letztlich die Zwischendichtungen herstellte, lieferte und in die streitgegenständliche Gasfüllpresse einbaute, ist unklar. Insofern kann der Klägerin ein etwaiger nachträglicher Einbau der Zwischendichtungen nicht zugerechnet werden. Vielmehr besteht ebenso die Möglichkeit, dass es sich dabei um eine von der Klägerin unabhängige Unternehmensentscheidung der B Co. handelte.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwischen den Parteien streitig ist, ob die Klägerin die angegriffene Ausführungsform an die B Co. lieferte und aufstellte oder ob die Lieferung durch die A Inc. erfolgte. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, sie habe die Gasfüllpresse an die A Inc. verkauft und geliefert. Die Maschine sei auf der Messe „Glass Build America 2005“ in Atlanta ausgestellt und vorgeführt worden. Die A habe die Maschine an die B Co. veräußert und dort auch aufgestellt. Die Beklagte hat ihre Behauptung, die streitgegenständliche Gasfüllpresse sei von der Klägerin an die B Co. geliefert worden, nicht weiter substantiiert und auch keinen Beweis angetreten. Sie hat als Beleg für ihren Vortrag lediglich auf die von der Klägerin als Anlage K11 vorgelegte Auftragsbestätigung verwiesen. Daraus ergibt sich aber nicht zwingend, dass die angegriffene Ausführungsform von der Klägerin an die B Co. geliefert und dort aufgestellt wurde.

Der Umstand, dass in der Auftragsbestätigung die B Co. als Endkunde genannt wird, lässt nicht den eindeutigen Schluss zu, dass sie Kaufvertragspartnerin der Klägerin war. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass die A Inc. als Vertreterin im Namen der Klägerin gegenüber der B Co. handelte. Die Wendung „A Inc. (…) is carrying out duties and transport in the name of Lenhardt Maschinenbau“ (S. 28 der Anlage K11) kann auch dahingehend verstanden werden, dass die A Inc. im Rahmen des von ihr der Klägerin erteilten Auftrags Abgaben und Transportkosten trägt. In jedem Fall erschöpft sich die vertragliche Verpflichtung der Klägerin in der Herstellung der Isolierglas-Produktionslinie. Ausweislich der Auftragsbestätigung (S. 28 der Anlage K11) war es Aufgabe der A Inc., Transport, Installation und Inbetriebnahme der Gasfüllpresse und die Schulung der Mitarbeiter durchzuführen. Ebenso war die A Inc. verantwortlich für den Kundendienst.

Vor diesem Hintergrund kann der Klägerin ein nach der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform erfolgter Einbau von Zwischendichtungen nicht zugerechnet werden. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die streitgegenständliche Gasfüllpresse bereits auf der Messe „Glass Build America 2005“ mit Zwischendichtungen ausgestattet war. Selbst wenn die Maschine – so die Behauptung der Beklagten – bei der B Co. bereits mit Zwischendichtungen aufgestellt wurde, ist nicht dargelegt, ob und in welcher Weise die Klägerin bei der B Co. an der Aufstellung der beanstandeten Gasfüllpresse beteiligt war. Infolgedessen war auch dem Beweisantritt der Beklagten für die Behauptung, die angegriffene Ausführungsform sei bereits bei der Lieferung an die B Co. mit den Zwischendichtungen ausgestattet gewesen, nicht mehr nachzugehen. Denn auch wenn die Gasfüllpresse einschließlich Zwischendichtungen bei der B Co. aufgestellt wurde, bleibt ungeklärt, wer die Ausstattung mit den Zwischendichtungen veranlasste, insbesondere inwiefern die Klägerin an der Herstellung, der Lieferung oder dem Einbau der Zwischendichtungen beteiligt war.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Beklagten, der selbstständige Einbau von Zwischendichtungen durch den Abnehmer sei nicht ohne weiteres möglich, weil der Abnehmer regelmäßig nicht die integrierte prozesssteuernde Software verändern könne. Abgesehen davon, dass nicht dargelegt ist, inwiefern die Zwischendichtungen überhaupt einer Steuerung durch die Software bedürfen (das Klagepatent zeigt zum Beispiel rein mechanisch funktionierende Dichtungen), folgt daraus nicht zwingend, dass die Klägerin die Gasfüllpresse bereits für den Einbau von Zwischendichtungen konfigurierte. Dies kann ebenso durch die in den USA ansässige, mit der Klägerin verbundene A Inc. vorgenommen worden sein. Denn diese verfügt ausweislich der Auftragsbestätigung (S. 28 der Anlage K11) über eigenes Service-Personal und ein eigenes Ersatzteillager. Daher kann der Klägerin auch nicht vorgeworfen werden, sie habe im Inland alle Teile hergestellt und ins patentfreie Ausland geliefert, die vom Abnehmer unschwer zu einer erfindungsgemäßen Vorrichtungen zusammengesetzt werden konnten oder ausschließlich für den Zusammenbau einer solchen Vorrichtung geeignet sind. Es ist nicht nachvollziehbar, wer die in den Anlagen NSL 3.7 bis 3.9 dargestellten Zwischendichtungen herstellte, lieferte und einbaute. Ebenso wenig ist dargelegt, dass die an die B Co. gelieferte Gasfüllpresse unschwer in die patentierte Form umgebaut werden konnte und dass der B Co. diese Möglichkeit geläufig war. Infolgedessen kann der Klägerin die Herstellung einer Gasfüllpresse, die von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch macht, nicht zugerechnet werden.

2. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass die Klägerin eine Gasfüllpresse gemäß § 9 S. 2 Nr. 1 PatG angeboten hat, die von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch macht. Patentverletzend ist insofern lediglich ein Anbieten im Geltungsbereich des Klagepatents, mithin in der Bundesrepublik Deutschland. Eine solche Angebotshandlung hat die Beklagte nicht vorgetragen. Die bei der B Co. besichtigte Maschine wurde nach dem Vortrag der Klägerin auf einer Messe in Atlanta/USA ausgestellt und insofern nicht im Inland angeboten. Abgesehen davon ist nicht dargelegt, dass die von der Klägerin angebotene Isolierglas-Produktionslinie alle Merkmale des Klagepatentanspruchs verwirklichte. Nach dem unwiderlegten Vortrag der Klägerin, wurde die Maschine ohne erfindungswesentliche Zwischendichtungen hergestellt, ausgestellt und ausgeliefert.

Auch der von der Beklagten vorgelegte Prospekt der Klägerin (Anlage NSL 4) vermag eine Verletzungshandlung nicht zu begründen. Der Prospekt hat zwar Isolierglas-Produktionslinien des Typs HX-Y zum Gegenstand und ist in deutscher Sprache abgefasst, so dass er sich auch an Adressaten in der Bundesrepublik Deutschland wendet. Es ist jedoch nicht dargelegt, dass eine der in diesem Prospekt dargestellten Gasfüllpressen von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch macht. Außer den Maßen der angebotenen Geräte werden lediglich deren allgemeinen Funktionen dargestellt. Im Hinblick auf die Anordnung von Zwischendichtungen enthält der Prospekt keine konkreten Angaben.

Ebenso wenig hat die Beklagte dargelegt, dass die bei der B Co. besichtigte Gasfüllpresse mit einem der im Prospekt der Klägerin (Anlage NSL 4) beworbenen Gasfüllautomaten identisch ist. Die bei der B Co. besichtigte Maschine trägt zwar das Typenschild HXY und mit dem Prospekt werden „Zusammenbau-, Gasfüll- und Press-Automaten“ des Typs HX-Y beworben. Die Klägerin hat jedoch dargelegt und durch Vorlage der Auftragsbestätigung (Anlage K11) näher konkretisiert, dass für die B Co. eine Isolierglas-Produktionslinie mit der Bezeichnung „HX YTU G“ geliefert wurde (S. 21 der Anlage K11). Dieser Vortrag muss nicht einmal im Widerspruch zu dem Umstand stehen, dass die bei der B Co. aufgestellte Maschine das Typenschild HXY trug. Denn es mag sich bei der Bezeichnung HX YTU G durchaus um eine Spezifikation der Typenreihe „HX-Y“ handeln, so wie auch in dem Prospekt (Anlage NSL 4) die Typen HXG-YTU und HXG-YTG allgemein als „assembler HX-Y“ beworben werden. Eine Gasfüllpresse des Typs HX YTU G ist jedoch nicht in dem Prospekt der Klägerin aufgeführt.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem im Prospekt genannten Automaten des Typs HXG-YTU um dieselbe Maschine handelt wie die bei der B Co. aufgestellte HX YTU G. Denn die Maße für den im Prospekt beworbenen Gasfüll- und Pressautomaten stimmen nicht mit den Maßen der an die B Co. gelieferten Maschine überein. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die im Prospekt abgebildete Maschine eine vertikal auf- und abrollbare Zwischendichung aufweise. Die entsprechende Vorrichtung sei auf der ersten Seite des Prospekts als Aufsatz auf dem eigentlichen Maschinengehäuse zu sehen. Die bei der B Co. besichtigte Maschine soll nach den Behauptungen der Beklagten und den vorgelegten Abbildungen jedoch über Zwischendichtungen verfügt haben, die quer zur Ebene der Platten verstellbar sind.

Ein weiteres Indiz dafür, dass die bei der B Co. aufgestellte Gasfüllpresse nicht in dem klägerischen Prospekt beworben wird, ist im Übrigen der unbestrittene Vortrag der Klägerin, dass eine solche Gasfüllpresse nicht mehr hergestellt wird. Denn der Prospekt (Anlage NSL5) wurde laut Druckvermerk, auf den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hinwies, erst im Oktober 2006 veröffentlicht. Die streitgegenständliche Gasfüllpresse wurde hingegen bereits im September 2005 auf der Messe „Glass Build America 2005“ ausgestellt und anschließend nicht mehr hergestellt.

3. Mit der vorstehenden Begründung aus Ziffer 1. und 2. ist auch eine Patentverletzung durch ein in Verkehr bringen und Gebrauchen zu verneinen. Die Beklagte hat eine Patentverletzung in dieser Hinsicht nicht dargelegt.

C
Der Klageantrag zu II. ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Kosten für die Gegenabmahnung in Höhe von 11.244,00 EUR aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB beziehungsweise § 823 Abs. 1 BGB.

Die durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe entstandenen Kosten sind nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. nach Schadensersatzrecht zu ersetzen, da die Klägerin zu unrecht von der Beklagten abgemahnt wurde. Grundsätzlich steht dem zu unrecht Abgemahnten bei einer ausschließlich rechtswidrigen Abmahnung kein Erstattungsanspruch gegen den Abmahnenden wegen der durch die Verteidigung entstandenen Kosten zu. Eine Gegenabmahnung ist vielmehr nur dann ausnahmsweise veranlasst, wenn die Abmahnung in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht auf offensichtlich unzutreffenden Annahmen beruht, bei deren Richtigstellung mit einer Änderung der Auffassung des vermeintlich Verletzten gerechnet werden kann, oder wenn seit der Abmahnung ein längerer Zeitraum verstrichen ist und der Abmahnende in diesem entgegen seiner Androhung keine gerichtlichen Schritte eingeleitet hat. Denn nur in solchen Fällen entspricht eine Gegenabmahnung dem mutmaßlichen Willen und dem Interesse des Abmahnenden und kann der Abgemahnte daher die Kosten der Gegenabmahnung erstattet verlangen (BGH GRUR 2004, 790 m.w.N. – Gegenabmahnung; für das Patentrecht: Kühnen/Geschke, Durchsetzung von Patenten 3. Aufl.: Rn 260).

Dies ist vorliegend der Fall. Die Abmahnung war in tatsächlicher Hinsicht offensichtlich unzutreffend, weil die Beklagte eine Gasfüllpresse des Typs D als patentverletzend beanstandete, die offensichtlich nicht von der Klägerin vertrieben wurde, sondern von der Firma E Maschinenbau GmbH. Dementsprechend hat die Beklagte auf die Gegenabmahnung unmittelbar den Vorwurf der Patentverletzung durch die Maschine des Typs D fallengelassen. Insofern kann dahinstehen, ob die Abmahnung auch im Hinblick auf die bei der B Co. besichtigte Maschine des Typs HX-Y beziehungsweise HX-YTU-G offensichtlich unzutreffend war. Die Gegenabmahnung war bereits aufgrund der fehlerhaft bezeichneten Maschine gerechtfertigt.

Die Klägerin kann die Erstattung von Kosten in Höhe von 11.244,00 EUR verlangen. Es handelt sich dabei um die hälftigen Kosten eines Rechtsanwalts und eines Patentanwalts bei einem Gegenstandswert von 2.000.000,00 EUR und einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr. Mehrwertsteuer und Auslagen wurden nicht geltend gemacht. Die Kosten sind nur hälftig anzusetzen, weil Gegenstand der Abmahnung und der Gegenabmahnung zwei Patente waren, von denen nur das Klagepatent Gegenstand dieses Rechtsstreits ist.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte schließlich Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus §§ 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB. Die Rechtshängigkeit trat mit Zustellung der Klage am 02.08.2007 ein.

D
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Dem Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten war nicht stattzugeben, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt, noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.

Streitwert: 1.011.244,00 EUR