4a O 160/11 – Klettstreifen III

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2029

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. März 2013, Az. 4a O 160/11

I. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

II. Auf die Widerklage der Beklagten wird festgestellt, dass der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ersatz eines Schadens zusteht, der € 500.000,00 übersteigt; insbesondere nicht auf Ersatz eines Schadens in Höhe von weiteren € 1.376.409,79.

III. Die Widerbeklagten werden verurteilt, gesamtverbindlich an die
Widerklägerin € 2.164.859,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von jeweils 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank auf einen Betrag von

€ 1.334.721,00 seit dem 1. Februar 2005,
€ 700.407,00 seit dem 1. Februar 2010,
€ 31.865.00 seit dem 1. Februar 2010 und
€ 97.964,00 seitdem 1. Februar 2010

zu zahlen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Widerbeklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu 27% und der Widerbeklagten zu 1) allein zu weiteren 73% auferlegt.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, soweit die Beklagte wegen der einen Teilstreitwert von € 3.541.268,- übersteigenden Kosten vollstreckt, allerdings nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Die Klägerin und Widerbeklagte zu 1) nimmt die Beklagte und Widerklägerin im Wege der Teilklage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € 500.000,- wegen Vollstreckung des auf einer Verletzung des europäischen Patents 0 549 XXX (nachfolgend das „Klagepatent“) (Anlage K 1) beruhenden Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 07.04.2009 (Az: 4a O 82/08) in Anspruch.

Die Beklagte machte mit Ermächtigung ihrer Muttergesellschaft Rechte aus dem Klagepatent gegenüber der Klägerin im eigenen Namen gerichtlich geltend. Das Landgericht verurteilte die Klägerin wegen einer Verletzung des Klagepatents zur Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadensersatz (Anlage K 3). Nach Vollstreckung des Urteils durch die Beklagte erklärte das Bundespatentgericht Anspruch 5 des Klagepatents, auf dessen Verwirklichung das landgerichtliche Urteil allein gestützt war, für nichtig (Anlage K 4). Die hiergegen eingelegte Berufung wurde durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 28.09.2010 verworfen (Anlage K 5). Am 13.01.2011 verzichtete daraufhin die Beklagte in der Berufungsverhandlung gegen das Urteil des Landgerichts vom 07.04.2009 auf die mit ihrer Patentverletzungsklage geltend gemachten Ansprüche worauf das Oberlandesgericht Düsseldorf am 20.01.2011 ein entsprechendes Verzichtsurteil verkündete (Anlagen K 6, K 7).

Die Klägerin behauptet, durch die Vollstreckung des auf das Klagepatent gestützten Urteils vom 07.04.2009 seien ihr in den Jahren 2009 und 2010 Schäden entstanden.

Sie habe Umsatzverluste mit verschiedenen Abnehmern in Höhe von € 2.865.831,90 hinzunehmen gehabt. Diesem Betrag hätten ersparte Kosten in Höhe von € 1.411.604,83 gegenübergestanden.

Die Firma A GmbH & Co. KG habe ihr gegenüber einen Schaden in Höhe von € 416.662,72 in Rechnung gestellt, der infolge der Nichtbelieferung durch die Klägerin entstanden sei (Anlage K 12).

Durch die gegenüber der Beklagten aufgrund des Urteils vom 07.04.2009 erfolgte Rechnungslegung seien der Klägerin zudem Kosten in Höhe von € 5.520,00 entstanden, die ihre Prozessbevollmächtigten für die Rechnungslegung in Rechnung gestellt hätten. Der Betrag errechne sich aus einem Zeitaufwand von 24 Stunden bei einem Stundensatz von € 230,00.

Aus der Summe dieser Positionen resultiere unter Berücksichtigung der ersparten Kosten ein Schaden in Höhe von insgesamt € 1.876.409,79.

Die Klägerin möchte hiervon nur einen Teil klageweise geltend machen und hat angekündigt zu beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 500.000,00 nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Dem Widerbeklagten zu 2) ist die Widerklage am 24.01.2013 zugestellt worden. Obwohl ihm mit richterlicher Verfügung eine Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft von 2 Wochen gesetzt worden ist, hat sich für den Widerbeklagten zu 2) kein postulationsfähiger Rechtsanwalt bestellt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise
festzustellen, dass der B Company (zuvor: C D and E Company), St. Paul, MN 55XXX, USA, gegen die Klägerin Ansprüche auf Schadensersatz, Rechnungslegung und Vernichtung für die Zeit seit dem 5. März 1997 bis zum 19. August 2011 zustehen, indem die Klägerin im deutschen territorialen Geltungsbereich des europäischen Patents 0 549 XXX Klettstreifen mit pilzförmigen Häkchen, die in einem mechanischen Klettverschluss verwendet werden können, wobei die Streifen einen homogenen Träger aus thermoplastischem Harz umfassen und, mit dem Träger einstückig ausgebildet, eine Anordnung von aufragenden Stielen, die über mindestens eine Seite des Trägers verteilt sind, wobei jeder der Stiele eine Basis im Bereich des Trägers und einen Pilzkopf an dem zu dem Träger entgegengesetzten Endes des Stieles aufweist, hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat, bei denen die Stiele eine molekulare Ausrichtung aufweisen, die sich aus einem Doppelbrechungswert von mindestens 0,001 ergibt, und die Stiele im Wesentlichen identisch geformt sind und sich jeweils leicht verjüngen zu einer kleineren Querschnittsfläche im Bereich des Kopfes als an der Basis (Ansprüche 5 und 6);

weiter hilfsweise:
wie vor, jedoch mit der Abänderung:
… die sich aus einem Doppelbrechungswert von mindestens 0,001 ergibt und bei denen der Träger des Klettstreifens im Wesentlichen endlos ist und zur Vereinfachung von Lagerung und Transport auf eine Rolle aufgewickelt ist (Ansprüche 5 und 11).

Widerklagend beantragt die Beklagte,

1. festzustellen, wie erkannt;
2. die Widerbeklagten zu verurteilen, wie erkannt.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sich die beantragte Feststellung des Nichtbestehens eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin auf den Schaden bezieht, der der Klägerin durch die behaupteten Umsatzverluste (in Höhe von € 2.865.531,90) abzüglich der ersparten Kosten (in Höhe von € 1.411.604,83) entstanden sein soll und den Erlass eines Versäumnisurteils gegen die Klägerin und Widerbeklagte zu 1) beantragt. Hinsichtlich des Widerbeklagten zu 2) begehrt die Beklagte den Erlass eines Versäumnisurteils im schriftlichen Verfahren.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der im Wege der Teilklage geltend gemachte Klageantrag war als unzulässig abzuweisen. Denn die Klägerin hat es versäumt, ihn so abzufassen und zu begründen, dass er den Anforderungen an die ausreichende Bestimmtheit des Klagegrundes nach § 253 Absatz II Nr. 2 ZPO genügt hätte.

Bei einer Teilleistungsklage mit der mehrere selbständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden, ist es unabdingbar, genau anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen. Andernfalls ergeben sich unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit zusammenhängend auch bei der Bestimmung der materiellen Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) und der Verjährungsunterbrechung (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. § 253 Rn. 15; BGH NJW 1984, 2346 (2347)). Es ist deshalb unzulässig, aus einem komplexen Schadensereignis wie hier dem von der Klägerin behaupteten Vollstreckungsschaden, verschiedene Schadensgruppen dem Gericht wahlweise oder gar beliebig zur Ausfüllung des Betrages der Teilklage zur Disposition zu stellen.

Da die Klage unzulässig ist, ist sie trotz Versäumnisantrags der Beklagten durch kontradiktorisches Urteil (sog. unechtes Versäumnisurteil) als unzulässig abzuweisen (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 330 ZPO Rn. 7).

Die Kostenentscheidung über die von der Klägerin geltend gemachte Klage beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 (1. Hs) ZPO. Insoweit ist das Urteil gemäß § 709 S. 1 ZPO und nicht wie im Übrigen gemäß § 708 Nr. 2 ZPO vorläufig vollstreckbar (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 708 ZPO Rn. 4).

Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 313 b Abs. 1 ZPO abgesehen.

Der Streitwert für Klage und Widerklage wird auf € 4.041.268,79 festgesetzt.

Davon entfallen

auf die Klage
€ 500.000,-

auf die Widerklage

für den Feststellungsantrag € 1.376.409,79
(nur für die Widerbeklagte zu 1))
für den Leistungsantrag € 2.164.859,00
(für beide Widerbeklagte).