4a O 20/10 – Polyglykol-Lösung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2146

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. November 2013, Az. 4a O 20/10

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. an die Kläger einen Betrag in Höhe von 20.000,- EUR zuzüglich 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2010 zu zahlen;

2. den Klägern darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie seit dem 01.07.2009 aus einer wässrigen alkoholischen Polyglycol-Lösung bestehende flüssige Gleitmittel

sinnfällig für eine Verwendung zum Auftragen auf den Kantenbereich einer mit einer Beschichtung zu versehenden Platte, vorzugsweise einer Möbelplatte, oder auf Andruckwerkzeuge, zum Andrücken des Beschichtungsmaterials an den Kantenbereich angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen und/oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt den Klägern einem von den Klägern zu bezeichnenden, ihnen gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, den Klägern auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

– die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern allen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die zu I. 2. bezeichneten, seit dem 01.07.2009 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 75.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Kläger sind eingetragene und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaber des deutschen Patents DE 103 43 XXX B3 (im Folgenden: Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 19.09.2003 angemeldet. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 04.05.2005.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Verwendung eines flüssigen Gleitmitels“. Sein Patentanspruch 1 lautet:

„Verwendung eines aus einer wässrigen alkoholischen Polyglykol-Lösung bestehenden flüssigen Gleitmittels zum Auftragen auf den Kantenbereich einer mit einer Beschichtung zu versehenden Platte, vorzugsweise einer Möbelplatte, oder auf Andruckwerkzeuge, zum Andrücken des Beschichtungsmaterials im Kantenbereich.“

Die Beklagte gab, nachdem sie durch die Klägerin im Hinblick auf das Angebot und den Vertrieb eines im Auftrag der Beklagten durch die Firma A Chemie hergestellten „B“ vor der Kammer verklagt wurde (Az. 4a O 222/08), am 30.06.2009 die nachfolgend verkleinert eingeblendete Erklärung ab:
Die damalige Klageerhebung war erforderlich, weil die Beklagte das Klagepatent verletzende Schutzmittel vertrieb, obwohl sie bereits am 28.03.2008 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte.

Am 04.08.2009 lieferte die Beklagte an die in der Schweiz ansässige Firma C D & Co. ein Schutzmittel „B“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Zudem versah der Geschäftsführer der Beklagten, Herr Daniel E, das Schutzmittel in einer E-Mail vom 20.06.2009 mit der Zusatzbezeichnung „F“, bei der es sich um die entsprechende markengeschützte Produktbezeichnung für das patentgemäße Produkt der Kläger handelt.

Die Kläger behaupten, Herr Tobias D habe das ausgelieferte Schutzmittel „B“ daraufhin unverändert an die Spedition G H AG zur Auslieferung an die I Chemie & GmbH & Co. KG, 33XXX J übergeben. Der zuständige Mitarbeiter der I Chemie GmbH & Co. KG, Herr K, habe das Material sodann in Empfang genommen und unverändert sowie ungeöffnet an das dafür zuständige Labor L M weitergeleitet. Das Labor L M habe sodann den als Anlage K 13 überreichten Prüfbericht, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, erstellt, und diesen am 28.10.2009 ergänzt. Nach diesem ergänzten Prüfbericht (vgl. Anlage K 18, Anhang C) wies das untersuchte Schutzmittel „B“ folgende Bestandteile auf:

1. Wasser: 13,81 %
2. Ethanol: 70,06 %
3. Isopropylalkohol: 0,38 %
4. Aceton: 2,80 %
5. PEG: 10,90 %

Nach Auffassung der Kläger hat die Beklagte damit gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung verstoßen. Sie haben die Beklagte daher mit anwaltlichem Schreiben vom 30.09.2009 wegen Patent- und Markenverletzung sowie wegen einer verwirkten Vertragsstrafe abgemahnt. Daraufhin hat die Beklagte im Hinblick auf die Markenverletzung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und im Übrigen das Vorliegen einer Patentverletzung bestritten. Weitere Abmahnungen der Beklagten vom 08.10.2009 sowie vom 19.11.2009 blieben ebenfalls erfolglos.

Die Kläger beantragen mit der am 25.02.2010 zugestellten Klage,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet, nach Abgabe der Unterlassungserklärung im Vorprozess ein Gleitmittel unter Zusatz von Wasser, wie es die Kläger untersucht haben wollen, vertrieben zu haben. Die Beklagte habe ein Holzbearbeitungsmittel (= Schutz- oder Gleitmittel) entwickelt und zum Patent angemeldet, das den Nachteil wasserhaltiger Holzbearbeitungsmittel, die zu einem Aufquellen der Werkstücke führen könnten, vermeide und entsprechend auch kein Wasser enthalte. Nur um sicherzugehen habe die Beklagte schon im Verlauf des Vorprozesses das von ihr zwischenzeitlich abgewandelte und durch die Firma N produzierte Schutzmittel analysieren lassen. Aus dem als Anlage B 4 vorgelegten Untersuchungsbericht der O GmbH J vom 24.03.2009 ergebe sich, dass das untersuchte Mittel kein Wasser enthalte.

Die Beklagte bestreitet, dass Herr Tobias D das an die C D & Co. ausgelieferte Schutzmittel „B“ unverändert an die Spedition G H AG zur Auslieferung an das Chemielabor I Chemie GmbH & Co. KG in J übergeben hat, wobei sich das Bestreiten sowohl auf die Tatsache bezieht, dass Herr D überhaupt ein Mittel an die Spedition gegeben hat und auch insbesondere, dass es sich um das Schutzmittel der Beklagten handelt. Überdies bestreitet die Beklagte, dass das Mittel unverändert und ungeöffnet weitergegeben wurde. Ferner bestreitet die Beklagte, dass dieses Material jemals bei der Firma I Chemie angekommen ist und unverändert und ungeöffnet blieb. Die Inempfangnahme durch den durch die Kläger benannten Zeugen K wird ebenso bestritten wie die Weiterleitung an das Labor L M. Schließlich bestreitet die Beklagte, dass das Mittel dort überhaupt unverändert angelangt ist und das Behältnis nicht zwischenzeitlich geöffnet wurde.

Darüber hinaus bestreitet die Beklagte das Analyseergebnis des Labors L M. Sämtliche Angaben zur angeblichen Zusammensetzung des Schutzmittels der Beklagten seien falsch. Die Beklagte habe das Mittel nicht nur zu keinem Zeitpunkt mit Wasser vermengt. Vielmehr enthalte das Schutzmittel der Beklagten nicht wie in dem durch die Kläger vorgelegten Prüfbericht angegeben 2,80 Prozent Aceton, sondern insgesamt 5,50 Prozent. Auch enthalte das Schutzmittel der Beklagten keinen Isopropylalkohol. Die Beklagte habe vorsorglich geprüft, ob Isopropylalkohol möglicherweise ein Reaktionsprodukt aus Ethanol und PEG sein könne, was nicht der Fall sei. Bei dem Schutzmittel der Beklagten handele es sich um ein Gemisch, das ausschließlich aus Ethanol, Aceton und PEG bestehe, wobei die Beklagte ihre Produkte ausschließlich über die Firma N beziehe. Im August 2009 hätten bei der Beklagten auch keinerlei Altbestände mehr vorgelegen, die von einem Dritten, insbesondere der Firma A, produziert worden seien. Es sei im August 2009 an die Firma C in die Schweiz nur das Schutzmittel verkauft worden, das der Beklagten zuvor von der Firma N geliefert worden sei. Die Schutzmittel, die die Firma N entwickelt und produziert habe, enthielten entsprechend der Anweisung der Beklagten jedoch kein Wasser.

Im Übrigen sei die Vertragsstrafe übersetzt.

Die Kammer hat durch Vernehmung des Zeugen Tobias D sowie durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. P Beweis erhoben.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Den Klägern stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung, Rechnungslegung und Feststellung des Schadenersatzanspruchs dem Grunde nach aus dem Unterlassungsvertrag bzw. aus §§ 139 Abs.2, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass die Beklagte nach Abgabe ihrer strafbewehrten Unterlassungserklärung widerrechtlich ein aus einer wässrigen alkoholischen Polyclycol-Lösung bestehendes flüssiges Gleitmittel für die durch Patentanspruch 1 beanspruchte Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben hat.

I.
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft die Verwendung eines flüssigen Gleitmittels zum Auftragen auf den Kantenbereich einer zu bearbeitenden Platte, vorzugsweise einer Möbelplatte.

Nach der Patentbeschreibung kommen bei der Herstellung von Möbelplatten Werkzeugmaschinen zum Einsatz, mit denen beschichtete Platten weiter verarbeitet werden, die unter Druck und Reibung an dem Beschichtungsmaterial der Platten anliegen. Um die Reibungskräfte zu reduzieren, würden nach dem Stand der Technik Gleitmittel eingesetzt, die aus einer wässrigen Alkohol-Tensid-Lösung bestehen. Allerdings bezeichnet das Klagepatent derartige Gleitmittel als in ihrer Wirkung unbefriedigend, da sie aufgrund ihres Seifenanteils einen aggressiven Gleitfilm gegenüber den seitlich angesetzten, mit Teflon beschichteten Andruckrollen verursachten, wodurch sich die Teflonbeschichtung rasch lösen könne. Hierdurch würden sich lange Standzeiten ergeben, die naturgemäß mit erheblichen Kosten verbunden seien, die sich nicht nur aus der Ersatzbeschaffung der Andruckrollen, sondern auch aus der Montage bzw. Demontage und den damit einhergehenden Maschinenstillstandszeiten ergeben würden. Ferner verblieben bei der Verwendung der im Stand der Technik bekannten Seifenlösung Leimreste an den Andruckrollen oder Gleitschuhen, so dass die Gefahr einer unsauberen Verarbeitung bestehe.

Darüber hinaus beschreibt das Klagepatent, dass beim sogenannten „post-„ oder „softforming“ Gleitschuhe zum Einsatz kommen würden, bei denen, im Gegensatz zu den Andruckrollen, keine Rollreibung, sondern eine Gleitreibung auftrete. Auch hier bilde das bekannte Gleitmaterial keine dauerhafte Reibungsminderung, so dass sich die Kantenfolie zu sehr erhitze, was Rissbildungen und Fehlverleimungen zur Folge haben könne.

Dem Klagepatent liegt daher die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, ein Gleitmittel der gattungsgemäßen Art so weiter zu entwickeln, dass die Bearbeitung der Platte optimiert wird.

Dies geschieht nach Patentanspruch 1 durch eine Kombination der folgenden Merkmale:

(1) Verwendung eines aus einer wässrigen alkoholischen Polyglycol-Lösung bestehenden flüssigen Gleitmittels zum Auftragen

(2) auf den Kantenbereich einer mit einer Beschichtung versehenen Platte, vorzugsweise einer Möbelplatte,

(3) oder: auf Andruckwerkzeuge, zum Andrücken des Beschichtungsmaterials an den Kantenbereich.

Das so beschriebene Gleitmittel bleibt relativ lang bei gleichzeitig guter Gleitwirkung haften und zeichnet sich daher insbesondere durch seine hohe Adhäsionskraft aus. Hierdurch wird eine dauerhafte Reibungsminderung erzielt, durch welche die geschilderten Probleme wirksam verhindert werden. Zunächst wird die Beschichtung der Andruckrollen über Gebühr beansprucht. Des Weiteren haftet das Gleitmittel als Gleitfilm dauerhaft auf den Gleitschuhen, wodurch diese gekühlt werden, so dass eine Erhitzung der Kantenfolie mit der Folge von Rissbildungen und Fehlverleimungen wirksam verhindert wird. Durch die Kühlung wird überdies die Beanspruchung der Gleitschuhe herabgesetzt, was zu einer Erhöhung der Standzeiten führt. Außerdem hat das Gleitmittel neben seiner Gleitfunktion auch eine Trennfunktion, wodurch die Bearbeitungswerkzeuge wie Fräswerkzeuge oder dergleichen mit dem Gleitmittel benetzt werden können, um das Anhaften von abgefrästen Partikeln und Kleber- oder Leimresten zu vermeiden, so dass diese Partikel problemlos abgesaugt werden können. Schließlich verdunstet das Gleitmittel vollständig, so dass auf eine nachträgliche Reinigung des Kantenbandes zur Entfernung des Gleitmittels verzichtet werden kann (vgl. Anlage K 1, Abschnitte [0011] – [0020]).

II.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um ein aus einer wässrigen alkoholischen Polyclycol-Lösung bestehendes flüssiges Gleitmittel im Sinne des Klagepatents handelt.

1.
Der Sachverständige Dr. P hat das ihm zur Verfügung gestellte Schutzmittel „B“ untersucht und dabei unter Anwendung der Karl-Fischer-Titration einen Wassergehalt von 13,96 ± 0,09 Prozent ermittelt. Dieser Wassergehalt sei sodann durch quantitative NMR-Untersuchungen bestätigt worden, nach denen der Wassergehalt 13,2 Prozent betragen habe. Das Argument der Beklagten, die Hinzufügung der Karl-Fischer-Reagenzien führe immer dazu, dass durch die Analyse selbst Wasser erzeugt werde, vermag daher die Feststellung des Sachverständigen, in dem streitgegenständlichen Schutzmittel sei Wasser enthalten, nicht in Frage zu stellen.

Darüber hinaus führt Dr. P unter näherer Erläuterung der entsprechenden Untersuchungsmethode aus, eine Beeinträchtigung des analysierten Wassergehalts durch die Lagerzeit des Produktes sei nicht gegeben.

Den Untersuchungsergebnissen ist die Beklagte inhaltlich nicht erheblich entgegen getreten. Vielmehr hat sie sich im Wesentlichen auf den Vorwurf der Manipulation beschränkt. Soweit die Beklagte weiterhin ausführt, der Sachverständige habe 2 Butanon gefunden, welches weder durch den Hersteller des Produktes, noch durch die Beklagte beigefügt worden sei, vermag dies die detaillierten und nachvollziehbaren Messergebnisse des gerichtlichen Sachverständigen bereits deshalb nicht in Zweifel zu ziehen, weil das 2 Butanon – ebenso wie das Wasser – nicht zwingend beigefügt werden muss, sondern auch anderweitig, etwa durch chemische Umwandlungsprozesse, entstehen oder auch in anderer Form, etwa gebunden in einer alkoholischen Lösung, vorhanden sein kann.

2.
Darüber hinaus ist die Kammer nach der Vernehmung des Zeugen Tobias D auch davon überzeugt, dass es sich bei dem durch den Sachverständigen untersuchten Schutzmittel auch um dasjenige handelt, welches die Beklagte vertrieben hat.

Das durch den Sachverständigen untersuchte Schutzmittel erhielt dieser ausweislich seines Gutachtens in einem 5 l PE Kanister, welcher die Aufschrift „LcM E Chemische Mittel Schutzmittel 3 UN/ID-Nummer: 1993“ trug, von der C D & Co aus Q/Schweiz.

Wie der Zeuge D detailliert und widerspruchsfrei aussagte, wurde dieses Mittel seit 2009 bei der Firma C in einem abgeschlossenen, leicht abgedunkelten Raum bei einer „relativ konstanten Temperatur“ gelagert. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Probe während der Lagerung Wasser hinzugefügt worden sein könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere sagte der Zeuge D aus, das Mittel sei lediglich dann „angerührt“ worden, wenn dieser Proben versandt habe. Dafür habe der Zeuge dann jeweils ein sauberes Gebinde und einen sauberen Trichter genommen, um das Mittel abzufüllen, wobei er ausschließen könne, dass Veränderungen oder Manipulationen an der Probe vorgenommen worden seien.

Des Weiteren berichtete der Zeuge D im Zusammenhang mit dem Erwerb der Probe, dass ihn die Beklagte 2009 angerufen und gefragt habe, ob er Interesse an der Übernahme des Vertriebs des streitgegenständlichen Schutzmittels habe. Daher habe er das Produkt testen wollen.

Die durch die Beklagte aufgezeigten „Widersprüche“ vermögen keine hinreichenden Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen und der Glaubhaftigkeit seiner Aussage zu begründen. Dass der Raum, in welchem das streitgegenständliche Schutzmittel gelagert wurde, nicht klimatisiert war, spricht nicht ohne Weiteres dagegen, dass die Temperatur in dem Raum relativ konstant war. Zudem kommt es vorliegend auch nicht darauf an, ob die Probe drei- oder viermal geöffnet wurde, solange – wie hier – keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Probe nachträglich Wasser hinzugefügt wurde.

III.
Da die Beklagte somit widerrechtlich ein aus einer wässrigen alkoholischen Polyclycol-Lösung bestehendes, flüssiges Gleitmittel zu der in Patentanspruch 1 beschriebenen Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben hat, ohne dazu berechtigt zu sein, ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.

1.
Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe zu, wobei die Kammer die durch die Klägerin mit 20.000,- EUR bemessene Vertragsstrafe für angemessen erachtet.

Für die nach billigem Ermessen vorzunehmende Bestimmung einer durch die Zuwiderhandlung gegen eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung verwirkten Vertragsstrafe können im Einzelfall auch Erwägungen der Parteien oder einer von ihnen bei Abschluß der Unterwerfungsvereinbarung von Bedeutung sein. In erster Linie kommt es aber regelmäßig – unter Berücksichtigung von Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung – auf den Sanktionscharakter der Vertragsstrafe und deren Funktion an, weitere Zuwiderhandlungen zu verhüten, ferner auf die Gefährlichkeit der Zuwiderhandlung für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers und – gegebenenfalls – auf die Funktion der Vertragsstrafe als pauschalierter Schadensersatz (vgl. BGH GRUR 1994, 146 – Vertragsstrafebemessung).

Bei der Bemessung der Vertragsstrafe gilt es hier zunächst zu berücksichtigen, dass bereits die Klageerhebung im Vorprozess erfolgte, weil die Beklagte das Klagepatent verletzende Schutzmittel vertrieben hat, obwohl sie bereits am 28.03.2008 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte. Darüber hinaus bezeichnet sich die Beklagte nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Kläger als einen „Zulieferer der führenden Möbelindustrieunternehmen“, so dass es sich offenbar um ein größeres, wirtschaftlich starkes Unternehmen handelt.

2.
Des Weiteren hat die Beklagte der Klägerin Schadenersatz zu leisten, § 139 Abs. 2 PatG). Insbesondere handelte die Beklagte auch schuldhaft.

Grundsätzlich reicht für das Verschulden selbst eine nur leichte Fahrlässigkeit. Da sich jeder Gewerbetreibende vor Aufnahme einer Benutzungshandlung nach etwa entgegenstehenden Schutzrechten Dritter zu vergewissern hat und die erfolgte Patenterteilung in allgemein zugänglichen Quellen bekannt gemacht wird, kann aus dem Vorliegen einer rechtswidrigen Benutzung des Patents in aller Regel auf ein zumindest fahrlässiges Verschulden des Benutzers geschlossen werden (vgl. BGH GRUR 1977, 250, 252 – Kunststoffhohlprofil I; BGH GRUR 1993, 460, 464 – Wandabstreifer; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage, Rz. 1016). Die Prüfung der Schutzrechtslage trifft dabei grundsätzlich auch reine Handelsunternehmen, selbst wenn diese wegen der technischen Komplexität des betroffenen Gegenstandes mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden ist (vgl. LG Mannheim, InstGE 7, 14 – Halbleiterbaugruppe; Kühnen, a. a. O.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte auch schuldhaft gehandelt. Insoweit gilt es insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beklagten um kein reines Handelsunternehmen handelt, sondern dass die Rezeptur des Schutzmittels jeweils durch die Beklagte vorgegeben wird (vgl. Anlage K 7, S. 6). Dass dies in Bezug auf die Herstellung durch die N Produktions- und Vertriebs GmbH & Co. KG anders als bei der Herstellung durch die A Chemie gehandhabt wurde, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. Zudem ist dem Vortrag der Beklagten auch nicht zu entnehmen, welche konkreten Maßnahmen sie ergriffen hat, um nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung im Vorprozess sicherzustellen, dass es sich bei dem durch sie vertriebenen Schutzmittel zukünftig nicht mehr um eine wässrige alkoholhaltige Polyglycol-Lösung handelt.

Der bloße Hinweis darauf, der N Produktions- und Vertriebs GmbH & Co. KG sei von Anfang an erklärt worden, es dürften unter keinen Umständen auch nur geringste Mengen Wasser in dem Schutzmittel enthalten sein, und zwar unabhängig davon, ob es hinzugefügt wird oder bereits Bestandteil eines der Ausgangsprodukte ist, genügt hierfür jedenfalls dann nicht, wenn die Beklagte nicht auch regelmäßig die Einhaltung dieser Vorgaben durch die N Produktions- und Vertriebs GmbH & Co. KG überwacht hat. Dass eine derartige Überwachung stattgefunden hat, lässt sich dem Vortrag der Beklagten jedoch nicht entnehmen. Der als Anlage B 4 vorgelegte Prüfbericht ist insoweit unergiebig. Zum Einen ist diesem nicht zu entnehmen, dass er sich tatsächlich auf die angegriffene Ausführungsform bezieht. Zum Anderen wurde er auch vor Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung verfasst.

Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.

3.
Damit die Kläger in die Lage versetzt werden, den ihnen zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus wird die Beklagte durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen,
§ 140b PatG.

Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer hiervon betroffen sind, ist der Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 (1. Hs) ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 1; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 75.000,- EUR festgesetzt.