4b O 1/13 – Fußbodenlaminat

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2062

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. Mai 2013, Az. 4b O 1/13

1. Die einstweilige Verfügung vom 07.01.21013 wird bestätigt.
2. Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.
3. Die weitere Vollziehung wird davon abhängig gemacht, dass die Verfügungsklägerin Sicherheit in Höhe von 500.000,00 € leistet.

Tatbestand
Die Verfügungsklägerin ist eingetragene und alleinverfügungsberechtigte Inhaberin des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland eingetragenen Europäischen Patents EP 1 290 XXX (Anlage rop 1, deutsche Übersetzung Anlage rop 1a, deutsche Übersetzung der angepassten Beschreibung Anlage rop 3; nachfolgend: Verfügungspatent), welches unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 13.06.2000 (BE 20000XXX) am 12.06.2001 angemeldet und dessen Erteilungshinweis am 06.01.2010 veröffentlicht wurde.

Das Verfügungspatent steht in Kraft. In dem von dritter Seite angestrengten Einspruchsverfahren hat das EPA mit Entscheidung vom 19.10.2012 (Anlage rop 2, deutsche Übersetzung Anlage rop 2a) das Verfügungspatent aufrechterhalten, indem die erteilten Ansprüche 1 und 2 miteinander zu einem neuen Hauptanspruch 1 kombiniert worden sind. Über die gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung eingelegte Beschwerde vom 04.02.2013 (Anlage AR 6) ist bislang nicht entschieden.

Das Verfügungspatent, dessen Verfahrenssprache Englisch ist, betrifft einen Bodenbelag, Fußbodenplatten und Verfahren zu deren Herstellung. Der aufrechterhaltene Hauptanspruch 1 lautet:

„Fußbodenbelag, bestehend aus harten Paneelen, mit einer laminierten Struktur, wobei mindestens an der Oberseite eine bedruckte dekorative Papierschicht (16) mit einem Holzmotiv (5) vorhanden ist, mit darauf einer durchsichtigen Kunststoffschicht (17), worin Eindrücke geformt sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Eindrücke mindestens in Funktion des Verlaufs der Holznerven (19) des gedruckten Holzmotivs angebracht sind und dabei dem Holzmotiv (5) im Wesentlichen folgen, wobei die Eindrücke sich bis zu einer solchen Tiefe erstrecken, dass sie sich vollständig über der dekorativen Schicht befinden, und dass die Eindrücke (18A-18B-18C) dem Holzmotiv (5) im Wesentlichen in Längsrichtung sowie im Wesentlichen in Querrichtung und dazwischen gelegenen Richtungen folgen.“

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 12 und 13 der Verfügungspatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Figur 12 stellt die Oberseite eines erfindungsgemäßen Fußbodenpaneels dar, Figur 13 ist ein Querschnitt gemäß Linie XIII-XIII der Figur 12.

Die Parteien sind einander seit Jahren bekannt. Die Verfügungsklägerin gehört zur D-Gruppe, die einen verfügungspatentgemäßen Fußbodenbelag in Deutschland vertreibt und über ein Patentportfolio verfügt, das in einem Lizenzierungsprogramm verwertet wird. Die Verfügungsbeklagte ist der größte Hersteller von Laminatböden in Frankreich. Sie schloss mit einem Unternehmen der D-Gruppe einen Lizenzvertrag über die Nutzung der sogenannten „E Patente“. Die Lizenzvertragsparteien führen im Ausland verschiedene Rechtsstreitigkeiten, in denen es um die Reichweite der „E Patente“ geht und die Frage, ob Produkte der Verfügungsbeklagten unter diese Patente fallen und von der Lizenzpflicht umfasst sind.

Die Verfügungsbeklagte vertreibt Fußbodenpaneele mit der Oberflächenstruktur „A“, „B“ und „C“ in verschiedenen Dekors (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform, die auf der Website www.epi-laminat.de des am Niederrhein ansässigen Unternehmens E.I.T. Export Import Trading (Anlage rop 15) beworben wird und deren Ausgestaltung der Verfügungsklägerin seit 2010 bekannt ist, ergibt sich aus den Anlagen rop 9 (englischsprachiger Produktkatalog), rop 10 (Auszug aus der Website www.epi.fr der Verfügungsbeklagten), der Anlage rop 16 (deutschsprachiger Produktkatalog) und des auf Seite 7 der Widerspruchsbegründung abgebildeten Fotos. Zur Veranschaulichung ist nachfolgend die Anlage rop 10 eingeblendet.

Bei der in der obigen Abbildung als „F“ bezeichneten Schicht handelt es sich um eine bedruckte Papierschicht mit authentischer Holznachbildung. Die als „OVERLAY“ bezeichnete Schicht ist eine Kunstharz-basierte Schutzschicht mit einer Stärke von ca. 0,1 mm. In ihr sind Eindrücke geformt, die dem Verlauf der Holznerven des gedruckten Holzmotives folgen und dabei im Wesentlichen dem Holzmotiv im Wesentlichen in Längs- sowie in Querrichtung und dazwischen gelegenen Richtungen folgen. Die Eindrücke werden mittels einer (Press-)Stahlplatte erzeugt, deren Relieftiefe eine Höhendifferenz von 0,12 bis 0,13 mm aufweist.

Die Verfügungsbeklagte war auf der vom 12.01.2013 bis 15.01.2013 in Hannover stattfindenden weltweit wichtigsten Branchenmesse H, auf welcher rund 1.400 Aussteller aus 60 Nationen ausstellten, mit einem Stand vertreten. Auf diesem Stand verlegte die Verfügungsbeklagte die angegriffene Ausführungsform als Bodenbelag. 2. Wahl-Muster der angegriffenen Ausführungsform lagen zu Demonstrationszwecken des sogenannte „zip`n`go“-Systems der Verfügungsbeklagten und als Farbmuster aus. Die Verfügungsbeklagte verteilte auf der Messe den als Anlage rop 16 überreichten Produktkatalog.

Auf Antrag der Verfügungsklägerin vom 07.01.2013 hat die Kammer am selben Tag eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Verfügungsbeklagten untersagt wird, Fußbodenbelag gemäß dem aufrechterhaltenen Hauptanspruch 1 in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen. Gegen die einstweilige Verfügung hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 23.01.2013 Widerspruch eingelegt.

Die Verfügungsklägerin stellte die einstweilige Verfügung der Verfügungsbeklagten am 11.01.2013 auf dem Messestand zu. Die Verfügungsbeklagte deckte den Boden des Messestandes mit einer Plane ab, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob das Dekor und das Relief des Fußbodenbelags gleichwohl noch sichtbar waren. Die Verfügungsklägerin erwirkte am 12.01.2013 eine Beschlagnahmeanordnung des Amtsgerichts Hannover. Sie erschien mit einem Staatsanwalt, zwei Polizisten, ihrem anwaltlichen Vertreter und einem internen Patentanwalt auf dem Messestand der Verfügungsbeklagten und ließ den Bodenbelag im laufenden Messebetrieb abbauen.

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Verfügungspatents wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere die Tiefe der Eindrücke sei verfügungspatentgemäß. Der Hauptanspruch 1 verlange lediglich, dass sich die in der Kunststoffschicht geformten Eindrücke vollständig über der dekorativen Schicht befinden. Welche Dicke die Kunststoffschicht unterhalb der Eindrücke aufweise oder ob auch die dekorative Papierschicht dort eingedrückt sei, wo die Eindrücke in der Kunststoffschicht geformt sind, gebe das Verfügungspatent nicht abschließend vor. Die Festlegung im Anspruch betreffe nicht den Verlauf der Schichten in horizontaler Richtung, sondern die Anordnung der Eindrücke in Bezug auf die dekorative Schicht in vertikaler Richtung. Der Fachmann erkenne aufgrund des Herstellungsprozesses, bei dem das Laminat unstreitig mit einem Druck einer gewissen Größenordnung gepresst wird, dass die Papierschicht der Fußbodenpaneele leichte Verformungen aufweisen könne.
Dass sich das Overlay der angegriffenen Ausführungsform vollständig über der Dekorschicht befinde und insbesondere das Overlay an keiner Stelle perforiert bzw. zerstört oder beschädigt sei, lasse sich schon mit bloßen Augen an dem als Anlage rop 7 überreichten Muster der angegriffenen Ausführungsform mit dem Dekor „L“ erkennen. Aus der Stärke des Overlay sowie der Höhendifferenz des Reliefs der Stahlplatten, mit denen die Eindrücke geformt werden, ließe sich nichts Gegenteiliges ableiten. Die Relieftiefe der Pressplatten gebe nämlich keinen Aufschluss über die Tiefe der Eindrücke in den hergestellten Paneelen. Die durch die Pressplatte unter hohem Druck erzeugten Eindrücke bildeten sich nach dem Abheben der Pressplatte teilweise wieder zurück. Im Übrigen sage die Eindrucktiefe als solche nichts darüber aus, ob sich die Eindrücke durch die Kunststoffschicht hindurch bis in die dekorative Schicht erstrecken. Denn durch den hohen, auf die Oberseite des Paneels wirkenden Druck werde insbesondere im Bereich der Eindrücke auch die Kunststoffschicht selbst eingedrückt, ohne dass sie dabei perforiert werde. Wäre dies anders, wäre die angegriffene Ausführungsform für den praktischen Gebrauch unbrauchbar. Denn wenn die Schutzfunktion der durchsichtigen Kunststoffschicht nicht mehr gewährleistet sei, könne beispielsweise Feuchtigkeit bis zur dekorativen Schicht vordringen und das Aussehen der dekorativen Schicht sowie die Integrität des gesamten Paneels beeinträchtigen. Darüber hinaus ergebe sich die verfügungspatengemäße Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform aus der von der Firma J durchgeführten Computertomographie an einem Muster der angegriffenen Ausführungsform, das von dem Messestand stammt (Anlagen rop 18, 19/19a, 20).

Die Verfügungsklägerin ist des Weiteren der Ansicht, die Angelegenheit sei zeitlich dringlich. Sie habe sich erst zur Einreichung des Verfügungsantrages entschieden, als der Rechtsbestand des Verfügungspatents durch die Einspruchsabteilung des EPA bestätigt war. Dieses Vorgehen stehe im Einklang mit der Strategie eines nachhaltigen und erfolgreichen Vorgehens gegen Verletzer ihres Patentportfolios. Sie habe auch auf die Veröffentlichung der Gründe der Einspruchsentscheidung, die unstreitig erst am 20.12.2012 von der Homepage des EPA abrufbar waren, warten dürfen, da das Verfügungspatent eingeschränkt worden ist.

Die Verfügungsklägerin ist schließlich der Auffassung, der Rechtsbestand des Verfügungspatents sei infolge der Entscheidung des EPA hinreichend gesichert.

Die Verfügungsklägerin beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 07.01.2013 zu bestätigen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung des LG Düsseldorf vom 07.01.2013 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, unter dem Erfordernis, dass die Eindrücke in der Kunststoffschicht sich bis zu einer solchen Tiefe erstrecken, dass sie sich vollständig über der dekorativen Schicht befinden, verstehe das Verfügungspatent, dass sich die Eindrücke nur in der oberen Schicht befinden und damit nicht tiefer gehen dürfen als die Dicke dieser Schicht. Die darunter liegende dekorative Schicht dürfe in keiner Weise berührt, verformt oder beeinträchtigt werden. Es gehe um eine Verformung der oberen Schicht, wobei diese Verformungen ein realistisches Bild einer rauen Holzoberfläche wiedergeben solle. Es gehe demgegenüber nicht um eine Verformung der darunter liegenden Dekorschicht. Eine solche wolle das Verfügungspatent vermeiden, weil ansonsten die Gefahr der Beschädigung der Schicht bestehe, und das auf der Papierschicht gedruckte Bild verfälscht werde. Eindrücke bzw. Verformungen, die sich auch in der dekorativen Papierschicht auswirken und auch diese eindrücken bzw. verformen, seien deshalb vom Anspruch nicht umfasst, was insbesondere auch der gewürdigte Stand der Technik belege mit dem eine Auswahl einer bestimmten Art von Eindrücken getroffen worden sei. Eine Verwirklichung dieser Anforderung bei der angegriffenen Ausführungsform lasse sich nicht mit Hilfe des als Anlage rop 7 überreichten Musters nachweisen. Mit bloßem Auge sei die Tiefe der Eindrücke nicht zu erkennen; zudem verbiete sich ein Rückgriff auf dieses Muster, weil es nicht in Deutschland erworben worden ist. Tatsächlich sprächen mehrere Umstände gegen eine Verwirklichung der genannten Anforderung. Die Verwirklichung werde ausdrücklich bestritten. Es sei insoweit auf das Herstellungsverfahren und auf das auf Seite 7 der Widerspruchsbegründung abgebildete Foto des Querschnitts zweier übereinanderliegender Paneele zu verweisen. Sie, die Verfügungsbeklagte, bestreite mit Nichtwissen, dass sich die Eindrücke nach dem Pressen teilweise zurückbilden würden, wobei dies aber auch gar nicht ausreiche, weil das Verfügungspatent fordere, dass sich die Eindrücke vollständig über der dekorativen Schicht befinden müssen. Der Verletzungsnachweis sei der Verfügungsklägerin auch nicht durch die Untersuchungen Anlagen rop 18 – 20 gelungen. Abgesehen davon, dass diese Untersuchungen zu spät mit der Absicht eingereicht worden seien, die Verteidigungsmöglichkeiten der Verfügungsbeklagten in rechtsmissbräuchlicher Weise zu beschneiden, und die Untersuchungen an methodischen Mängeln litten, böten auch die Untersuchungen Indizien, die gegen eine Verletzung des Verfügungspatents sprächen. Die Bilder zeigten Verformungen und Beschädigungen der dekorativen Papierschicht. Es seien insbesondere auch Korundsteine zu erkennen, die nicht vollständig von der Kunststoffschicht umfasst seien, so dass an diesen Stellen aufgrund der dort wirkenden Kapillarkräfte Feuchtigkeit in die dekorative Papierschicht dringen könne. Es bestehe eine Beschädigungsgefahr. Hinzu trete, dass es sich bei dem untersuchten Muster – insoweit unstreitig – um ein Exemplar der angegriffenen Ausführungsform handelt, das nicht als Fußbodenbelag verwendet worden ist, sondern Ausschussware (2. Wahl) ist, für welche die Verfügungsbeklagte keine Qualitätsgarantie gibt. Die 1. Wahl der angegriffenen Ausführungsform sei im Sinne des Verfügungspatents in/an der dekorativen Papierschicht beschädigt und weise nicht den Grad an Verschleißfestigkeit auf, den das Verfügungspatent erziele.

Die Verfügungsklägerin meint, bereits seit Verkündung der Entscheidung des EPA seien der Verfügungsklägerin alle anspruchsbegründenden Tatsachen bekannt gewesen. Die Gründe der Einspruchsentscheidung seien indes für die Beurteilung der angeblichen Patentverletzung irrelevant, was auch die Verfügungsantragsschrift belege. In dieser – insoweit unstreitig – findet sich bei der Darstellung des angeblichen Verletzungstatbestandes keine Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe.
Das Zuwarten und die Zustellung der einstweiligen Verfügung auf der Messe sowie das sich daran anschließende Verhalten der Verfügungsklägerin hätten nur dazu gedient, ihren Messeauftritt zu torpedieren und ihr größtmöglichen Schaden zuzufügen. Das Verfügungsverfahren diene nicht der Unterbindung einer angeblichen Patentverletzung, sondern sei lediglich ein Mittel, um auf anderem Wege die weitere Bezahlung von Lizenzgebühren für die „E Patente“ zu erzwingen und andere Wettbewerber abzuschrecken. Dies sei rechtsmissbräuchlich.

Die Verfügungsbeklagte vertritt ferner die Auffassung, die Einspruchsentscheidung sei erkennbar fehlerhaft. Im Beschwerdeverfahren werde sich erweisen, dass das Verfügungspatent weder neu ist im Hinblick auf die Druckschrift EP 1 229 183 A1 (Entgegenhaltung D 12, Anlage AR 7a, deutsche Übersetzung Anlage AR 7b) noch im Hinblick auf die WO-A-97/31776 (Entgegenhaltung D 4, Anlage rop 5, deutsche Übersetzung Anlage rop 5a). Beide Schriften seien vom EPA falsch bzw. nicht ausreichend gewürdigt worden. Aber selbst wenn das Verfügungspatent als neu anzusehen wäre, mangele es an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit. Die Kombination der D 4 mit der Druckschrift DE 32 19 508 A1 (Anlage AR 9) führe zur Lehre des Verfügungspatents. Auch dies habe die Einspruchsabteilung verkannt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 25.04.2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe
Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten war die erlassene einstweilige Verfügung der Kammer vom 07.01.2013 auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen; dies führte zu ihrer Bestätigung. Der Verfügungsklägerin steht gegen die Verfügungsbeklagte gem. § 139 Abs. 1 PatG ein Unterlassungsanspruch zu, den sie nach § 940 ZPO im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann.

I.
Die Verfügungsklägerin hat einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die technische Lehre des aufrechterhaltenen Hauptanspruchs 1 wortsinngemäß.

1)
Das Verfügungspatent betrifft einen Fußbodenbelag, insbesondere einen aus Laminatpaneelen geformten Fußbodenbelag, auch Laminatparkett genannt.

Aus dem Stand der Technik ist es, wie das Verfügungspatent einleitend ausführt, bekannt, dass bei einem solchen Laminatparkett das Aussehen von Holz imitiert wird, indem die Fußbodenpaneelen an ihrer Oberseite mit einer dekorativen Schicht versehen werden, die mit einem Holzmotiv bedruckt ist, worauf eine transparente Kunststoffschicht angebracht ist. Meistens besteht die bedruckte dekorative Schicht aus bedrucktem Papier. Die Kunststoffschicht besteht üblicherweise aus einem synthetischen Harz oder einer oder mehreren durchsichtigen oder durchscheinenden Materiallagen, die in synthetischem Harz getränkt sind, worin eventuell Produkte eingearbeitet werden können, um beispielsweise die Verschleißfestigkeit der fertigen Oberfläche zu erhöhen. Die gedruckte dekorative Schicht und die Kunststoffschicht werden auf einer darunterliegenden Basisschicht angebracht, was gemäß verschiedenen Techniken verwirklicht werden kann.

Es ist dem Verfügungspatent zufolge auch bekannt, dass in der transparenten Kunststoffschicht Eindrücke verwirklicht werden können, um eine Imitation von Holzporen oder anderen Unebenheiten, die an der Oberfläche von echtem Holz vorhanden sein können, zu erhalten. Bei den bekannten Ausführungsformen wird dies ausgeführt, indem einfach eine Serie von Eindrücken in den Fußbodenpaneelen angebracht wird, wobei sich die Eindrücke im Wesentlichen gemäß ein und derselben Richtung erstrecken. Dies kritisiert das Verfügungspatent als nachteilig, weil der Imitationseffekt noch immer nicht optimal sei. Beispielsweise werde, wenn man unter einem relativ kleinen Winkel auf solche Fußbodenpaneele blicke, eine Lichtbrechung an der transparenten Kunststoffschicht erzeugt, wodurch nur eine glänzende Oberfläche gesehen werden könne, ohne dass ein sichtbarer Effekt des tatsächlichen Aufdrucks wahrgenommen werde.

Das Verfügungspatent beschreibt sodann die WO-A-01/48333, welche sich mit Problemen befasst, die mit der Verwendung von Dekorpapier bei der Herstellung von dekorativen Laminaten einhergehen, durch Drucken eines dekorativen Musters direkt auf die Oberseite des tragenden Kerns und dann Versehen der Oberseite mit einer schützenden Verschleißschicht, um dadurch ein Oberflächenelement bereitzustellen. Die Dekorseite des Oberflächenelements kann mit einer Oberflächenstruktur versehen werden, um den Realismus des Dekors zu verbessern.

Als weiteren Stand der Technik benennt das Verfügungspatent die WO-A-94/31776, die ein Verfahren zur Herstellung eines dekorativen thermoaushärtenden Laminats mit einem Dekormotiv, das Dekorabschnitte aufweist, die in verschiedene Richtungen gerichtet sind, offenbart. Um die Dekorabschnitte mit einer passenden Oberflächenstruktur zu versehen, schlägt diese Druckschrift die Verwendung von zwei oder mehr Pressformen vor, die mit Oberflächenstrukturabschnitten versehen sind, die mit entsprechenden Dekormotivabschnitten zusammenfallen. Das Laminat erhält dadurch eine Dekorfläche mit einer Oberflächenstruktur, deren verschiedene Richtungen den Richtungen der verschiedenen Dekorabschnitte des Dekormotivs entsprechen. Die Druckschrift schlägt laut Verfügungspatent indes nicht vor, wie ein strukturierter Fußbodenbelag bereitzustellen ist, worin das Dekormotiv in einer einzigen Richtung verläuft und worin eine höchst realistische Imitation eines Holzmotivs enthalten wird.

Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es die Aufgabe des Verfügungspatents, einen Fußbodenbelag, speziell Fußbodenpaneele vorzuschlagen, deren oberste Schicht technische Merkmale aufweist, die zu einer erheblichen Verbesserung der Imitation des Holzmotivs oder zumindest der visuellen Wahrnehmung dieses Holzmotivs beitragen, und wobei die vorgenannten Nachteile der bekannten Ausführungsformen auf ein Mindestmaß zurückgebracht sind.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht der aufrechterhaltene Hauptanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

1. Fußbodenbelag,
2. bestehend aus harten Paneelen,
3. mit einer laminierten Struktur.
4. Mindestens an der Oberseite ist eine bedruckte dekorative Papierschicht (16) mit einem Holzmotiv (5) vorhanden.
5. Auf der dekorativen Papierschicht (16) ist eine durchsichtige Kunststoffschicht (17) .
6. In der durchsichtigen Kunststoffschicht (17) sind Eindrücke (18A-18B-18C) geformt.
7. Die Eindrücke (18A-18B-18C) sind mindestens in Funktion des Verlaufs der Holznerven (19) des gedruckten Holzmotivs (5) angebracht.
8. Die Eindrücke (18A-18B-18C) folgen dabei im Wesentlichen dem Holzmotiv (5).
9. Die Eindrücke (18A-18B-18C) erstrecken sich bis zu einer solchen Tiefe, dass sie sich vollständig über der dekorativen Papierschicht (16) befinden.
10. Die Eindrücke (18A-18B-18C) folgen dem Holzmotiv (5) im Wesentlichen in Längsrichtung sowie im Wesentlichen in Querrichtung und dazwischen gelegenen Richtungen.

2)
Die angegriffene Ausführungsform macht von den Merkmalen dieses Hauptanspruchs 1 Gebrauch. Dies ist mit Blick auf die Merkmale 1 bis 8 und 10 zwischen den Parteien zu Recht unstreitig. Weitere Ausführungen der Kammer hierzu erübrigen sich. Der Verfügungsklägerin ist es darüber hinaus gelungen, eine Verwirklichung des Merkmals 9 glaubhaft (§§ 920 Abs. 2, 936, 294 ZPO) zu machen.

a)
Merkmal 9 sieht vor, dass sich die – gemäß Merkmal 6 in der durchsichtigen Kunststoffschicht (17) geformten – Eindrücke (18A-18B-18C) bis zu einer solchen Tiefe erstrecken, dass sie sich vollständig über der dekorativen Papierschicht (16) befinden.

Die Eindrücke, bei denen es sich um Stellen handelt, an denen sich kein Material findet, dieses vielmehr mittels eines Pressvorgangs verdrängt bzw. eingedrückt worden ist, sollen sich mithin lediglich in der Kunststoffschicht, d.h. in der gemäß Merkmal 5 oberen Schicht des Laminats befinden. Das Vorhandensein nur in der oberen Schicht gewährleistet zusammen mit dem erfindungsgemäß vorgegebenen Verlauf und der Richtungsausrichtung der Eindrücke die verbesserte Imitation des Holzmotivs sowie dessen bessere visuelle Wahrnehmung (Anlage rop 3, S. 3, Z. 10 ff., Z. 27 ff., S. 2. Z. 15 ff.). Darüber hinaus wird auf diese Weise gewährleistet, dass die Kunststoffschicht die ihr zugeschriebene Schutzfunktion gewährleisten kann. Die Kunststoffschicht dient als obere Schicht des Laminats nämlich, wie insbesondere die Zeilen 19 ff. auf Seite 1, die Zeile 27 auf Seite 2 und die Zeilen 21 f. auf Seite 4 der Verfügungspatentschrift (Anlage rop 3) erhellen, dem Schutz der darunter liegenden dekorativen Papierschicht und der verbesserten Verschleißfestigkeit. Wird die Kunststoffschicht perforiert, beschädigt oder zerstört, ist die Fußbodenpaneele an diesen Stellen weniger widerstandsfähig und einem schnelleren Verschleiß bzw. einer schnelleren Abnutzung unterworfen mit der Folge, dass auch die „frei liegenden“ Stellen der unter der Kunststoffschicht befindlichen dekorativen Papierschicht schneller abgenutzt werden und verschleißen. Zudem besteht beispielsweise bei einer perforierten, beschädigten oder zerstörten Kunststoffschicht die Gefahr, dass Feuchtigkeit bis in die dekorative Papierschicht dringt und dadurch die Fußbodenpaneele in ihrer Funktion beeinträchtigt und in ihrem Aussehen beschädigt wird.
Die in der Kunststoffschicht geformten Eindrücke dürfen sich deshalb nicht – worüber die Parteien im Grundsatz einig sind – in der dekorativen Papierschicht befinden bzw. sich nicht bis in diese hinein erstrecken, sondern müssen sich vollständig oberhalb bzw. über der dekorativen Papierschicht befinden, was in Übereinstimmung mit dem Anspruchswortlaut auf Seite 4, Zeilen 7 ff., Seite 10, Zeilen 11 ff. und Seite 12, Zeilen 10 ff. in der Beschreibung des Verfügungspatents ausdrücklich erläutert wird. Eine Perforation, ein Beschädigen oder Zerstören der Kunststoffschicht mittels der Eindrücke ist folglich nicht anspruchsgemäß.

Der Fachmann wird Merkmal 9 allerdings nicht dahingehend verstehen, dass jegliche Auswirkungen der in der Kunststoffschicht geformten Eindrücke auf die darunter befindliche dekorative Papierschicht verboten sind. Er wird es vielmehr auch als erfindungsgemäß ansehen, wenn insbesondere der bei der Formung der Eindrücke einwirkende (Press-)Druck dazu geführt hat, dass auch die dekorative Papierschicht an den Stellen, wo sich die Eindrücke in der Kunststoffschicht befinden, gepresst oder eingedrückt ist, solang dies ohne Perforation, Zerstörung oder Beschädigung der Schichten geschieht. Zu diesem Verständnis gelangt der Fachmann vor allem auf Grund folgender Überlegungen:

Zunächst sieht er, dass die Formulierungen im Hauptanspruch 1 zwar „in der durchsichtigen Kunststoffschicht“ und „vollständig über der dekorativen Papierschicht“ lauten, dass der Anspruchswortlaut jedoch gleichwohl nicht besagt, dass die so geformten Eindrücke keinerlei Auswirkungen auf die dekorative Papierschicht haben dürfen.

Des Weiteren wird der Fachmann bei Beachtung des Erfindungskontextes gewahr, dass bei Herstellung des erfindungsgemäßen Laminats Auswirkungen auf die dekorative Papierschicht nicht ganz vermieden werden können. Hauptanspruch 1 betrifft ein Laminatparkett, das mittels eines üblichen Verfahrens hergestellt wird. Das Laminat wird verpresst. Während des Pressvorgangs wird ein erheblicher Druck auf die Schichten des Laminats ausgeübt, wobei sich die Kraftbeaufschlagung auf die gesamte Laminatstruktur auswirkt. Die Eindrücke werden üblicherweise nicht mittels isolierter Gegenstände sozusagen punktuell erzielt, sondern mit Hilfe eines Reliefs einer Pressplatte. Diese ist mehrere Meter lang und wird auf das gesamte Laminat gedrückt. Kraftauswirkungen auf die dekorative Papierschicht lassen sich folglich während des Herstellungsprozesses nicht gänzlich ausschließen.

Ferner nimmt der Fachmann zur Kenntnis, dass der Anspruch keinerlei Vorgaben zur Stärke oder Dicke der Kunststoffschicht insgesamt und/oder unterhalb der Eindrücke enthält. Ebenso wenig finden sich Angaben zur Stärke bzw. Dicke der dekorativen Papierschicht. Zu derartigen (Maß-)Angaben schweigt das Verfügungspatent. Entscheidend ist deshalb lediglich, dass die Kunststoffschicht die dekorative Papierschicht auch dort, wo die Eindrücke geformt sind, vollständig abdeckt und die Kunststoffschicht sowie die darin geformten Eindrücke die ihnen zugewiesenen technischen Funktionen wahrnehmen können. Solange die Kunststoffschicht ihrer Schutzfunktion genügen kann und die in der Kunststoffschicht geformten Eindrücke in Übereinstimmung mit dem auf der dekorativen Papierschicht gedruckten Holzmotiv eine Imitation von natürlichem Holz erzeugen, ist die konkrete Stärke bzw. Dicke der Kunststoffschicht auch unterhalb der Eindrücke und die konkrete Stärke bzw. Dicke der Papierschicht im Bereich der Eindrücke nach der technischen Lehre des Anspruchs mithin ohne Belang.
Der Anspruch 1 regelt in Merkmal 9 in Zusammenschau mit Merkmal 5 nur den Verlauf der Kunststoffschicht und der dekorativen Papierschicht in vertikaler Richtung, nicht hingegen auch in horizontaler Richtung. Dem Verfügungspatent ist kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass es nach dem Hauptanspruch 1 zwingend darauf ankommt, dass eine bestimmte horizontale Linie oder ein bestimmtes horizontales Niveau der dekorativen Papierschicht nicht unterschritten wird. Das Verfügungspatent sagt hierzu schlicht nichts. Dies lässt sich insbesondere auch nicht aus Figur 13 des Verfügungspatents ableiten. Bei dieser schematischen Zeichnung ist zwar eine Ausführungsform gezeigt, die eine Kunststoffschicht aufweist, die vollständig horizontal über einer an keiner Stelle eingedrückten dekorativen Papierschicht liegt. Und auch unterhalb der Eindrücke ist in der Figur 13 noch Material der Kunststoffschicht zu sehen. Es handelt sich hierbei indes nur um die schematische Darstellung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Dass diese ausnahmsweise den weitergehenden Anspruch 1 einschränkt, ist nicht ersichtlich. Auch dann, wenn das horizontale Niveau der dekorativen Papierschicht infolge eines in der Kunststoffschicht geformten Eindrucks absinkt, kann die Kunststoffschicht ihrer Schutzfunktion Genüge tun und eine realistische Imitation des Holzmotivs erzeugt werden.

Dem obengenannten Verständnis steht schließlich nicht der gewürdigte Stand der Technik, insbesondere die WO-A-01/483333 (Anlage rop 3, S. 2, Z. 22 ff., Entgegenhaltung D 4) entgegen. Dort sind zwar Eindrücke beschrieben. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass es sich dabei nur um solche handelt, die keinerlei Auswirkung auf die darunter liegende Schicht zeitigen. Und selbst wenn dem so wäre, würde der Fachmann diese Würdigung nicht so verstehen, dass damit eine Auswahlentscheidung in der Weise getroffen worden ist, dass nur Eindrücke ohne jede Auswirkung als erfindungsgemäß anzusehen wären. Für eine derartige Ausschlusswirkung fehlen die notwendigen Anhaltspunkte. Solche bietet insbesondere nicht das europäische Patent EP 1 771 353 (Anlage AR 10), da es sich hierbei nicht um gewürdigten Stand der Technik handelt. Für die Auslegung des Verfügungspatents ist dieses Patent folglich ohne Belang.

b)
Ausgehend von diesem Verständnis spricht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die angegriffene Ausführungsform über Eindrücke verfügt, die sich bis zu einer solchen Tiefe erstrecken, dass sie sich vollständig über der dekorativen Papierschicht befinden. Merkmal 9 ist glaubhaft gemacht.

aa)
Die Verfügungsklägerin kann zur Glaubhaftmachung zwar nicht allein auf das als Anlage rop 7 überreichte Muster verweisen, da dessen Inaugenscheinnahme lediglich belegt, dass die angegriffene Ausführungsform auf der Oberseite visuell und haptisch wahrnehmbare Eindrücke aufweist. Wie tief diese Eindrücke reichen und ob sie insbesondere die Kunststoffschicht perforieren, zerstören oder beschädigen, lässt sich indes nicht erkennen. Es geht um Größenverhältnisse von rund 0,1 mm, die nicht mit bloßen Augen zu sehen oder durch Anfassen zu erfühlen sind.

bb)
Die Merkmalsverwirklichung wird jedoch durch die eidesstattlichen Versicherungen (Anlagen rop 18 und 19) sowie den Ausdrucken der Röntgenstrahl-CT-Scans (Anlage rop 20) glaubhaft gemacht.

Aus der eidesstattlichen Versicherung des Herrn Dr. G (Anlage rop 19, deutsche Übersetzung Anlage rop 19a) sowie den von Herrn Dr. G gefertigten Röntgenstrahl-CT-Scans (Anlage rop 20) ergibt sich, dass das von ihm untersuchte Muster der angegriffenen Ausführungsform erfindungsgemäße Eindrücke aufweist. Zu verweisen ist hier insbesondere auf die zweite Abbildung auf Seite 5 und auf die Abbildung auf Seite 6 der Anlage rop 19a sowie auf die jeweils dritte Abbildung auf den Seiten 7, 10 und 16 der Anlage rop 20. Die Röntgenstrahl-CT-Scans zeigen einen Querschnitt einer Fußbodenpaneele und dabei von oben nach unten: eine dunkel erscheinende Kunststoffschicht mit Korundsteinen, eine heller wirkende dekorative Papierschicht und eine dunkler erscheinende MDF-Platte. Auf allen Röntgenstrahl-CT-Scans, die sich in ihrer Auflösung unterscheiden, ist eine durchgehende Kunststoffschicht zu sehen, die stets vollständig und geschlossen über der dekorativen Papierschicht liegt, welche zwar stellenweise in den Bereichen, in denen in der Kunststoffschicht Eindrücke geformt sind (oder dort, wo sich Korundsteine befinden), Verformungen aufweist, die jedoch nicht beschädigt oder zerstört ist.
Soweit die Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung auf die dritte Abbildung auf Seite 16 der Anlage rop 20 und dort insbesondere auf den 2. Korundstein von rechts in dem Eindruck hingewiesen und ausgeführt hat, dort zeige sich, dass die Papierschicht unterhalb des Korundsteins eingedrückt sei und dass sich oberhalb des Korundsteins keine Kunststoffschicht mehr befinde, weshalb infolge von Kapillarkräften an diesem Stein Feuchtigkeit bis in die Papierschicht eindringen könnte, verfängt dies nicht. Die Kammer kann diesem Scan an der besagten Stelle keine Beschädigung oder Zerstörung der Kunststoffschicht oder der Papierschicht entnehmen. Es ist zwar eine Verformung der Papierschicht zu sehen, diese ist jedoch wie ausgeführt unschädlich. Insbesondere eine Verfälschung des Dekormotivs, die eine realistische Imitation des Holzmotivs verhindert, ist hier nicht zu erkennen. Ferner ist eine durchgehende Kunststoffschicht zu sehen. Auch der 2. Stein ist von der Kunststoffschicht vollständig umschlossen, auch wenn die Schicht oberhalb des Steins dünn ist.

cc)
Die von der Verfügungsklägerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sind taugliche Glaubhaftmachungsmittel. Die von der Verfügungsbeklagten hiergegen erhobenen Bedenken greifen im Ergebnis nicht durch.

Die Verfügungsbeklagte ist durch den Zeitpunkt der Einreichung der eidesstattlichen Versicherungen nicht rechtsmissbräuchlich in ihrer Verteidigungsmöglichkeit eingeschränkt worden. Der Verfügungsbeklagten ist zwar zuzugestehen, dass die eidesstattlichen Versicherungen sehr knapp vor der mündlichen Verhandlung eingereicht worden sind (1 ½ Tage), obwohl sie, die Verfügungsbeklagte, bereits mit der Widerspruchsbegründung (20.02.2013) auf das Fehlen der ihrer Ansicht nach notwendigen eigenen Untersuchungen hingewiesen hat. Des Weiteren ist auch zu konstatieren, dass die Verfügungsklägerin bereits seit der Messe H jedenfalls über ein Muster der angegriffenen Ausführungsform verfügte, das einer Untersuchung unterzogen werden konnte, so dass diese Untersuchung auch frühzeitig(er) hätte stattfinden können. Es kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Verfügungsbeklagte selbst jederzeit in der Lage war, die von ihr selbst hergestellte angegriffene Ausführungsform zu untersuchen. Die Verfügungsbeklagte wusste seit Vollziehung der einstweiligen Verfügung um den Vorwurf der Patentverletzung und nur sie allein wusste, auf Grund welcher tatsächlichen Umstände sie diesen Verletzungsvorwurf bestreiten kann und will. Das Merkmal 9 konnte bzw. kann sie wahrheitsgemäß nur dann bestreiten, wenn sie die dafür notwendigen Tatsachen kennt und weiß, dass diese nicht das Merkmal 9 erfüllen. Die Verfügungsbeklagte musste sich mithin hierzu spätestens kurz vor der Widerspruchsbegründung belastbare Gedanken gemacht haben. Dass es darauf ankommt, streitige Tatsachen glaubhaft zu machen, war ihr auch bewusst, wie ihr eigener Vortrag – allerdings bezogen auf die Verfügungsklägerin – verdeutlicht. Ebenso musste die Verfügungsbeklagte damit rechnen, dass die Verfügungsklägerin die Glaubhaftmachungsmittel, auf deren Fehlen sie, die Verfügungsbeklagte, mehrfach hingewiesen hat, noch zur Akte reicht. Dass dann die Vorlage eigener Glaubhaftmachungsmittel und insbesondere eigene Untersuchungen vonnöten werden, erschließt sich ohne weiteres. Dass der Durchführung eigener aussagekräftiger Untersuchungen Schwierigkeiten entgegenstanden, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Verfügungsbeklagte trägt vielmehr (in anderem Zusammenhang) vor, dass sie die angegriffene Ausführungsform einer Qualitätskontrolle unterzieht und Ausschussware bzw. Fußbodenpaneele 2. Wahl aussortiert. Es finden mithin regelmäßig Untersuchungen der angegriffenen Ausführungsform statt.

Die formalen bzw. methodischen Einwendungen gegen die Röntgenstrahl-CT-Scans (Anlagen rop 19/19a, 20) lassen keine durchgreifenden Zweifel aufkommen.
Die Aussagekraft der eidesstattlichen Versicherung von Herrn Dr. G (Anlage rop 19/19a) wird nicht dadurch erschüttert, dass die Verfügungsbeklagte keinen Internetaufritt der Firma J, deren Geschäftsführer Herr Dr. G ist und bei der die Untersuchungen durchgeführt wurden, finden konnte. Aus der vermeintlich fehlenden Internetpräsenz lässt sich nicht der Schluss ziehen, die Firma existiere nicht.
Die von der Verfügungsbeklagten befürchtete Verfälschung der Laminatstruktur durch Vorbereitungshandlungen der Untersuchung, insbesondere durch „das Sägen“, ist unbegründet. Der eidesstattlichen Versicherung ist deutlich zu entnehmen, dass zwecks Erstellung der Scans ein hochauflösender Röntgenstrahl-CT-Scanner verwendet wurde, der Bilder vom Inneren eines Musters macht, ohne diese aufzuschneiden. Es wurde mithin lediglich ein rein virtueller Schnitt ohne jede Zerstörungswirkung durchgeführt.
Ferner verhallt der Einwand, die eidesstattliche Versicherung äußere sich nicht zu dem eingesetzten Gerät. Auch wenn der Versicherung keine exakte Typenbezeichnung oder Kennung des verwendeten Scanners zu entnehmen ist, hat Herr Dr. G eidesstattlich versichert, dass er einen hochauflösenden Röntgenstrahlen-CT-Scanner verwendet hat, der an der Universität Gent gebaut und entwickelt wurde und der eine Technologie benutzt, die einem medizinischen CT-Scanner ähnelt, wobei eine 1000mal bessere Bildauflösung (bis 1 µm) erreicht werden kann. Er hat weiter Ausführungen zur Quelle und zum Detektor der Röntgenstrahlen und zur Drehung des Musters sowie zur Auflösung des Scans gemacht. Angesichts dessen hätte es, um begründete Zweifel zu wecken, weitergehender Anhaltspunkte dahingehend bedurft, dass das beschriebene Gerät ungeeignet ist.
Soweit die Verfügungsbeklagte moniert, es sei nur ein kleiner Ausschnitt betrachtet worden, ist auf die unstreitigen Größenverhältnisse zu verweisen. Gleichfalls unerheblich ist, dass lediglich ein Muster der angegriffenen Ausführungsform untersucht worden ist. Vorliegend steht nicht eine „statistische Relevanz“ im Vordergrund; bereits die Untersuchung des einen Musters hat eine Merkmalsverwirklichung glaubhaft gemacht.
Belastbare Anhaltspunkte, dass es sich insoweit um eine nicht zufällige, ungewollte Abweichung handeln könnte, sind nicht dargetan. Derartiges folgt insbesondere nicht aus dem unstreitigen Umstand, dass es sich bei dem untersuchten Muster um 2. Wahl bzw. Ausschussware handelte, auf die die Verfügungsbeklagte keine Qualitätsgarantie gibt. Die Verfügungsbeklagte vermochte nicht anzugeben, aufgrund welcher Umstände das untersuchte Muster als Ausschussware aussortiert worden war. Es lässt sich folglich nicht feststellen, dass dies wegen „fehlerhafter“ Eindrücke in der Oberfläche des Laminats geschah. Aber selbst wenn dies der Grund gewesen sein sollte, wäre zu konstatieren, dass dann sogar, wie oben ausgeführt, die 2. Wahl der angegriffenen Ausführungsform den Anforderungen des Merkmals 9 genügen würde. Das untersuchte Muster zeigt weder eine zerstörte oder beschädigte Kunststoffschicht noch eine zerstörte oder beschädigte Papierschicht. Wenn schon die 2. Wahl derartiges nicht aufweist, spricht nichts dafür, dass die 1. Wahl der angegriffenen Ausführungsform derartige Beschädigungen oder Zerstörungen bei ordnungsgemäßer Herstellung aufweist. Dass die Verfügungsbeklagte absichtlich ein in diesem Sinne fehlerhaftes Produkt herstellt, das insbesondere die Gefahr von Feuchtigkeitsschäden in sich bergen würde, erscheint nicht nachvollziehbar.

dd)
Eigene Untersuchungen der angegriffenen Ausführungsform, welche die eidesstattlichen Versicherungen Anlagen rop 18 bis rop 20 entkräften könnten, hat die Verfügungsbeklagte nicht vorgelegt. Der Verweis auf die unstreitige Dicke der Kunststoffschicht der angegriffenen Ausführungsform (Overlay: 0,1 mm) und die unstreitige Höhendifferenz der Relieftiefe der Stahlplatte, die zum Pressen verwendet wird (0,12 – 0,13 mm), genügen für sich genommen nicht. Unabhängig von diesen Größenverhältnissen zeigen die Röntgenstrahl-CT-Scans gerade keine Beschädigungen der dekorativen Papierschicht, die bei isolierter Betrachtung der genannten Werte vermutet werden könnte. Dies spricht für den von der Verfügungsklägerin nachvollziehbar geschilderten Rückbildungseffekt der Schichten bei Abheben der Pressplatte. Wenn der durch die Pressplatte ausgeübte Druck entfernt wird, bilden sich die (d. h. alle) Eindrücke teilweise zurück. Sie reichen mithin nicht (mehr) so tief, wie die Vorsprünge des Reliefs ausgeprägt sind. Dass dieser technische Effekt tatsächlich bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform nicht eintritt, hat die Verfügungsbeklagte nicht ausreichend erläutert. Letztlich verhilft auch das auf Seite 7 der Widerspruchsbegründung eingeblendete Foto zweier übereinander liegender Paneele dem Vorbringen der Verfügungsbeklagten nicht zu Erfolg. Zur Tiefe der Eindrücke und zu einer etwaigen Beschädigung oder Zerstörung im oben ausgeführten Sinne kann der Fotographie mit bloßem Auge nichts entnommen werden.

c)
Die Verfügungsbeklagte benutzt das Verfügungspatent gem. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG.
Es ist insbesondere ein Anbieten der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland festzustellen. Der Begriff des „Anbieten“ ist rein wirtschaftlich zu verstehen und nicht auf ein Angebot im Sinne des § 145 BGB beschränkt. Unter einem Anbieten ist deshalb nicht nur ein Anbieten zum Verkauf zu verstehen, sondern jede Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlicher Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; BGH GRUR 2013, 1031 – Kupplung für optische Geräte; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259 – Thermocycler). Es kommt weder auf eine Lieferfähigkeit noch auf eine Lieferbereitschaft an (OLG Karlsruhe, InstGE 11, 15 – SMD-Widerstand).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die angegriffene Ausführungsform wird unstreitig auf der Webseite des in Deutschland ansässigen Unternehmens K www.de (Anlage rop 15) beworben und damit angeboten. Die Verfügungsbeklagte verteilte zudem auf der weltweit wichtigsten Branchenmesse H, die in Hannover vom 12.01. bis 15.01.2013 stattfand, an potentielle Kunden ihren deutschsprachigen Produktkatalog (Anlage rop 16). In diesem wird die angegriffene Ausführungsform ebenfalls beworben. Zudem hatte die Verfügungsbeklagte die angegriffene Ausführungsform zu Werbezwecken als Fußbodenbelag ihres Messestandes verlegt.
Der Einwand der Verfügungsbeklagten, die angegriffene Ausführungsform gemäß Anlage rop 7 sei nicht nach Deutschland vertrieben worden, ist demgegenüber ohne Belang. Eine tatsächliche Lieferung ist nicht Voraussetzung eines Anbietens i. S. d. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG. Im Übrigen sind nicht nur Fußbodenpaneele entsprechend der Anlage rop 7 (Dekor „L“) angegriffen, sondern alle Paneele mit der Oberflächenstruktur „A“, „B“ und „C“.
Ein Angebot begründet eine ausreichende Begehungsgefahr für die weiteren Benutzungsformen des Inverkehrbringens, Gebrauchens, Einführens und Besitzens (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259 – Thermocycler; OLG Karlsruhe, InstGE 11, 15 – SMD-Widerstand).

II.
Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt neben dem Bestehen eines Verfügungsanspruchs gemäß §§ 940, 935 ZPO das Vorhandensein eines Verfügungsgrundes voraus. Eine einstweilige Verfügung darf nur dann erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist und damit eine Dringlichkeit für eine Regelung im Eilverfahren gegeben ist.
In Patentstreitigkeiten bedeutet dies, dass neben einer für die Eilmaßnahme sprechenden zeitlichen Dringlichkeit die Abwägung der widerstreitenden Interessen des Rechtsschutzsuchenden und des in Anspruch Genommenen hinsichtlich der einstweiligen Regelung zugunsten des Verfügungsklägers ausfallen muss. Der Verfügungsgrund ist von dem Verfügungskläger darzulegen und glaubhaft zu machen; die Sondervorschrift des § 12 Abs. 2 UWG findet keine Anwendung (OLG Düsseldorf Mitt. 1980, 117; OLG Düsseldorf GRUR 1983, 79 (90) – einstweilige Verfügung in Patentsachen; OLG Düsseldorf GRUR 1994, 508 – Dringlichkeit; LG Düsseldorf GRUR 2002, 692 (695) – NMR – Kontrastmittel).

Der Verfügungsklägerin ist es gelungen, einen Verfügungsgrund glaubhaft zu machen. Es ist sowohl eine zeitliche Dringlichkeit als auch ein hinreichend sicherer Rechtsbestand des Verfügungspatents festzustellen, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Verfügungsklägerin indes nicht.

1)
Die zeitliche Dringlichkeit ist zu bejahen. Der Verfügungsklägerin ist kein zögerliches Verhalten vorzuwerfen, welches es rechtfertigen würde, sie für ihre Rechtsdurchsetzung auf das reguläre Hauptsacheverfahren zu verweisen.

Obwohl die Verfügungsklägerin die angegriffene Ausführungsform bereits seit dem Jahre 2010 kennt, hat sie den Verfügungsantrag hinreichend früh, nämlich ca. 3 Wochen nach Abrufbarkeit der Gründe der Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA (Anlage rop 2, deutsche Übersetzung rop 2a) anhängig gemacht.

Maßgeblich auf die Einspruchsentscheidung abzustellen, rechtfertigt sich daraus, dass sich mit der Entscheidung die für die Beurteilung des Verfügungsgrundes maßgebliche Tatsachengrundlage geändert hat. Das Patent hat sich mit der Entscheidung erstmals in einem kontradiktorischen Verfahren als bestandskräftig erwiesen, was für die Möglichkeit der Durchsetzung der Rechte aus dem Patent im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von entscheidender Bedeutung ist. Ändern sich aber die für die Beurteilung des Verfügungsbegehrens maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse, lebt eine vor der Änderung möglicherweise bereits entfallene Dringlichkeit wieder auf; selbst ein zweites Gesuch auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist möglich (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2008, I-2 U 48/08; OLG Düsseldorf, InstGE 10, 124 – Inhalator, OLG Frankfurt, GRUR 2005, 972 – Forum-Shopping; Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Aufl., § 12 Rz. 3.19; Mellulis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdn. 173; Berneke, Einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rdn. 94; jeweils m. w. N.). Der Verfügungsklägerin ist ebenso zuzugestehen, dass der Rechtsbestand des Verfügungspatents vor der Entscheidung der Einspruchsabteilung nicht derart gesichert war, dass die Entscheidung des EPA hierzu keinen wesentlichen Beitrag mehr leisten konnte. Derartiges behauptet selbst die Verfügungsbeklagte nicht.

Die Verfügungsklägerin durfte auch auf die schriftlichen Gründe der Einspruchsentscheidung warten. Zwar ist es zutreffend, dass der Verfügungsantrag im Rahmen der Verletzungsdiskussion keinen Bezug auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung nimmt und die Verfügungsklägerin die Verwirklichung der technischen Lehre augenscheinlich auch ohne die Rechtsbestandsentscheidung beurteilen konnte. Dies bedeutet vorliegend gleichwohl nicht, dass die Verfügungsklägerin mit dem Warten auf die schriftlichen Gründe zu erkennen gegeben hat, dass die Durchsetzung ihrer Rechte für sie nicht dringlich ist. Denn jedenfalls mit Blick auf den für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Verfügungsgrund entsprach es einer umsichtigen Vorbereitung der Rechtsdurchsetzung auf die schriftlichen Gründe der Einspruchsentscheidung, mit der der Hauptanspruch 1 in verändertem Umfang aufrechterhalten wurde, zu warten. Nur in Kenntnis der schriftlichen Gründe konnte die Verfügungsklägerin überprüfen, ob die Erwägungen der Einspruchsabteilung plausibel erscheinen und welche Einwände gegebenenfalls dagegen erhoben werden können. Erst mit Hilfe der schriftlichen Gründe konnte sie verlässlich entscheiden, ob ein auf die Einspruchsentscheidung gestützter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Aussicht auf Erfolg hat. Die Verfügungsklägerin hat folglich den für eine erfolgreiche Rechtsdurchsetzung sicheren Weg gewählt. Dies kann ihr nicht verwehrt werden. Dass sie bei dieser Prüfung und Entscheidung ungenutzt Zeit verstreichen lassen hat und sich insoweit zögerlich verhielt, ist nicht ersichtlich und auch von der Verfügungsbeklagten nicht behauptet. Zwischen der Entscheidungsverkündung (19.10.2012) und der Entscheidungsbegründung (20.12.2012) liegt auch kein derart langer Zeitraum, dass die Verfügungsklägerin gehalten war, auf eine Beschleunigung der Abfassung der Gründe zu drängen. Überdies versetzen die schriftlichen Gründe auch die Kammer erst in die Lage, eigenständig zu überprüfen, ob der Rechtsbestand des Verfügungspatents in Anbetracht der Entscheidung des EPA hinreichend sicher ist. Angesichts dessen kann der Verfügungsklägerin nicht zum Vorwurf gemacht werden, den Verfügungsantrag nicht unmittelbar nach Abschluss der mündlichen Verhandlung, in der die Einspruchsentscheidung verkündet wurde, anhängig gemacht zu haben (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2008, I-2 U 48/08).

2)
Eine einstweilige Unterlassungsverfügung wegen Patentverletzung verlangt in der Regel, dass die Rechtsbeständigkeit des Verfügungsschutzrechts hinlänglich gesichert ist (OLG Düsseldorf, InstGE 9, 140, 146 – Olanzapin; InstGE 112, 114, 119 – Harnkatheter). Zweifel an der grundsätzlich zu respektierenden Schutzfähigkeit des Verfügungspatentes können das Vorliegen eines Verfügungsgrundes ausschließen. Die Einschätzung der Rechtsbeständigkeit muss das Verletzungsgericht in eigener Verantwortung vornehmen (OLG Düsseldorf, InstGE 9, 140, 146 – Olanzapin). Es kann sich also nicht kurzerhand auf den Erteilungsakt verlassen, sondern hat selbständig zu klären, ob angesichts des Sachvortrages des Verfügungsbeklagten ernstzunehmende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Verfügungspatent keinen Bestand haben wird (OLG Düsseldorf, InstGE 112, 114, 119 – Harnkatheter). Grundsätzlich kann von einem hinreichenden Rechtsbestand nur dann ausgegangen werden, wenn das Verfügungspatent bereits ein erstinstanzliches Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat (OLG Düsseldorf, InstGE 9, 140, 146 – Olanzapin; InstGE 112, 114, 121 – Harnkatheter; a. A. OLG Braunschweig, Mitt. 2012, 410).
Aus der regelmäßigen Notwendigkeit einer positiven streitigen Rechtsbestandsentscheidung folgt umgekehrt, dass, sobald sie vorliegt, grundsätzlich von einem hinreichend gesicherten Bestand des Verfügungspatents auszugehen ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 6.12.2012, I-2 U 46/12; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.11.2011 – I-2 U 41/11). Mit dem Gebot eines effektiven vorläufigen Rechtsschutzes in Patentsachen (Art. 50 Abs. 1 TRIPS, Art. 9 Abs. 1 Buchstabe a) Enforcement-RL) wäre es nicht zu vereinbaren, wenn das Verletzungsgericht, bevor es einstweilige Maßnahmen anordnet, stets den rechtskräftigen Abschluss des Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens abwarten würde. Vielmehr hat es die von der zuständigen Fachinstanz (DPMA, EPA, BPatG) nach technisch sachkundiger Prüfung getroffene Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Verfügungspatents hinzunehmen und, sofern im Einzelfall keine besonderen Umstände vorliegen, die gebotenen Schlussfolgerungen zu ziehen, indem es zum Schutz des Patentinhabers die erforderlichen Unterlassungsanordnungen trifft. Grund, die Rechtsbestandsentscheidung in Zweifel zu ziehen und von einem Unterlassungsgebot abzusehen, besteht allerdings dann, wenn das Verletzungsgericht die Argumentation der Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanz für nicht vertretbar hält oder wenn der mit dem Rechtsbehelf gegen die Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung unternommene Angriff auf das Verfügungspatent auf (z.B. neue) erfolgversprechende Gesichtspunkte gestützt wird, die die bisher mit der Sache befassten Stellen noch nicht berücksichtigt und beschieden haben. Demgegenüber ist es nicht angängig, den Verfügungsantrag trotz erstinstanzlich aufrechterhaltenen Schutzrechts allein deshalb zurückzuweisen, weil das Verletzungsgericht seine eigene Bewertung des technischen Sachverhaltes an die Stelle der ebenso gut vertretbaren Beurteilung durch die zuständige Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanz setzt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 6.12.2012, I-2 U 46/12; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.11.2011 – I-2 U 41/11).

Dies zugrundegelegt ist ein hinreichend sicherer Rechtsbestand des aufrechterhaltenen Hauptanspruchs 1 zu konstatieren. Die gegen die Einspruchsentscheidung eingelegte Beschwerde vom 04.02.2013 (Anlage AR 6) ist noch nicht begründet worden. Soweit die Verfügungsbeklagte, die der Beschwerde nicht beigetreten ist, die Entscheidung der Einspruchsabteilung kritisiert, stützt sich diese Kritik allein auf Angriffe bzw. Dokumente, die Gegenstand des Einspruchsverfahrens – und zum Teil auch Gegenstand des Erteilungsverfahrens – gewesen sind. Dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung unvertretbar ist, vermag die Kammer nicht festzustellen.

a)
Die Einspruchsabteilung hat zunächst eine neuheitsschädliche Vorwegnahme der technischen Lehre des aufrechterhaltenen Anspruchs 1 durch die Druckschrift EP 1 229 XXX A1 (Entgegenhaltung D 12, Anlage AR 7a, deutsche Übersetzung Anlage AR 7b) verneint, weil mindestens die Merkmale 5 bis 10 nicht unmittelbar und eindeutig aus dieser Druckschrift entnommen werden könnten. Diese Sichtweise ist nach Auffassung der Kammer nicht unvertretbar.

Nach § 3 Abs. 1 Abs. 1 PatG, Art. 54 Abs. 1 EPÜ gilt im Sinne einer gesetzlichen Fiktion eine Erfindung dann als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört, wobei der Stand der Technik gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 PatG, Art. 54 Abs. 2 EPÜ alle Kenntnisse umfasst, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibungen, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Vorweggenommen ist das eindeutig und unmissverständlich (EPA T 406/04) bzw. das ausdrücklich Offenbarte sowie alles, was für den Fachmann selbstverständlich ist und deswegen keiner besonderen Offenbarung bedarf und daher „mitgelesen“ wird (BGH, GRUR 2010, 509 – Hubgliedertor; BGH, GRUR 2009, 382 – Olanzapin).

Ausgehend hiervon ist jedenfalls die Sichtweise, die Entgegenhaltung D 12 enthalte keine Offenbarung des Merkmals 9, nicht unhaltbar. Im Gegenteil, auch die Kammer kann eine dahingehende Offenbarung nicht erkennen.

Die Entgegenhaltung D 12 offenbart einen direkt-laminierten Fußboden, der an der Oberfläche Zelluloseschichten beinhaltet, die mit polymerisierten Kunstharzen imprägniert sind und auf die Eigenarten eingezeichnet sind, wobei die fertiggestellten Streifen nach dem Pressen und der mechanischen Fertigstellung auf ihren umlaufenden Kanten einen Offset-/tiefer gelegten Bereich aufweisen, wobei die optische und fühlbare Struktur des Bodens, nachdem er gepresst und mechanisiert wurde, den Eigenarten, die auf den Zelluloseschichten gezeichnet sind, angepasst ist und mit diesen übereinstimmt (Ansprüche 1 und 2 der Entgegenhaltung D 12). Eine auf das gedruckte Bild bzw. Design (Muster) abgestimmte und damit exakt übereinstimmende reliefartige Oberflächenstruktur sorgt mithin dafür, dass das Produkt die Eigenschaften des natürlichen – nachgebildeten – Produkts wiedergibt (Abschnitte [0007] ff. der Entgegenhaltung D 12), was auch bedeutet, dass z. B. bei einem Holzdesign dort wo z.B. Holzknoten erscheinen, im Endprodukt „ein betonter Bereich auftritt, der sowohl visuell, als auch hinsichtlich der Textur nach ein Knoten zu sein scheint.“ (Abschnitt [0011] der Entgegenhaltung D 12). Weder in der schlichten Offenbarung, eine Oberfläche, deren reliefartige Struktur dem auf dem Papier gedruckten Design angepasst ist und mit diesem übereinstimmt, noch in dem oben genannten Beispiel ist indes eine eindeutige bzw. ausdrückliche Offenbarung von in der Kunststoffschicht geformten Eindrücken, die sich bis zu einer solchen Tiefe erstrecken, dass sie sich vollständig über der Papierschicht befinden, zu erblicken. Zur Ausdehnung etwaiger Eindrücke sagt die Entgegenhaltung nichts ausdrücklich. Sie wird nicht thematisiert. Der Hinweis der Verfügungsbeklagten, dem Fachmann sei dies „klar“, was auch die Verfügungspatentschrift belege, da sie in diesem Punkt nur den Stand der Technik aufgreife, verfängt nicht. Es ist nicht dargetan oder ersichtlich, dass der Fachmann bei Betrachtung der Entgegenhaltung D 12 Eindrücke, wie sie in Merkmal 9 des Verfügungspatents vorausgesetzt sind, selbstverständlich mitliest.

b)
Auch soweit die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis gelangt ist, die Druckschrift WO-A- 97/31XXX (Entgegenhaltung D4, Anlage rop 5, deutsche Übersetzung Anlage rop 5a) offenbare nicht die Merkmale 7 bis 10 des aufrechterhaltenen Hauptanspruchs 1, gelangt die Kammer nicht zu der Überzeugung, dass diese Sichtweise unvertretbar ist. Dies bereits deshalb nicht, weil auch die Kammer jedenfalls keine neuheitsschädliche Vorwegnahme des Merkmals 9 erblicken kann.

Die Entgegenhaltung D 4 offenbart verschiedene Verfahren zur Herstellung eines dekorativen wärmeaushärtenden Laminats mit einem Oberflächenaufbau, der in realistischer Weise mit dem Dekor der oberen Oberfläche zusammenpasst. Der Beschreibung ist insbesondere zu entnehmen, dass mittels Matritzen zufällig angeordnete dünne längliche Vertiefungen, die Poren oder besonders charakteristische Musterabschnitte imitieren, in die Oberfläche des Laminats eingedrückt werden (Absätze [0004], [0006], [0014], [0033] der Entgegenhaltung D 4). Hierdurch wird eine sehr realistische Oberflächenstruktur erzeugt. Dass diese Vertiefungen den Anforderungen des Merkmals 9 genügen, offenbart die Entgegenhaltung D 4 demgegenüber nicht eindeutig bzw. ausdrücklich. Auch die Verfügungsbeklagte benennt keine konkrete Textstelle, aus der dies hervorgeht. Dass dem Fachmann dies „klar“ sei, genügt nicht.

c)
Schließlich ist auch die Annahme einer erfinderischen Tätigkeit durch die Einspruchsabteilung für die Kammer nachvollziehbar. Die von der Verfügungsbeklagten dem entgegen gehaltene Kombination der Entgegenhaltung D 4 mit der Druckschrift DE 32 19 XXX A1 (Entgegenhaltung D 8, Anlage AR 9) schließt eine erfinderische Tätigkeit schon deswegen nicht aus, weil die Entgegenhaltung D 8 keine Fußbodenpaneele betrifft. Für den Fachmann bestand bereits aus diesem Grund keine Veranlassung, die Schriften zu kombinieren.

3)
Es lässt sich schließlich nicht feststellen, dass die Verfügungsklägerin den Erlass und/oder die Vollziehung der einstweiligen Verfügung in rechtsmissbräuchlicher Weise er- bzw. bewirkt hat.

Für ein Erschleichen der einstweiligen Verfügung mittels unwahrer Tatsachenbehauptung bietet sich kein Anhalt. Die Verfügungsklägerin hat einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.

Ebenso wenig stellt sich die Vollziehung des Beschlusses vom 07.01.2013 als Rechtsmissbrauch dar.
Die Verfügungsklägerin setzt(e) hiermit einen vorhandenen Anspruch wegen Patentverletzung durch. Dies ist ihr gestattet, selbst wenn sie damit zusätzlich auch noch andere Zwecke als die Durchsetzung des Unterlassungsgebotes verfolgt haben sollte. Die Demonstration eines Patentinhabers, sich gerichtlich gegen die widerrechtliche Nutzung seines Patents zu wehren, ist nicht unredlich. Vor allem dann nicht, wenn der Patentinhaber bzw. ein anderes Unternehmen derselben Unternehmensgruppe mit einem erfindungsgemäßen Produkt auf dem Markt ist. Auch die Absicherung eines bestehenden Lizenzierungsprogramms, wozu auch das Verfügungspatent gehört, kann nicht per se verwehrt werden.
Auch der Zeitpunkt bzw. die Art und Weise der Zustellung der Beschlussverfügung begegnet vorliegend keinen Bedenken. Zwar muss auch ein Verfügungskläger insoweit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Blick halten; für ihn besteht indes keine Verpflichtung, eine Zustellung so vorzunehmen, dass außer dem Verfügungsbeklagten niemand von dem Titel erfährt bzw. erfahren kann. Die Zustellung einer einstweiligen Verfügung auf einer Messe ist deshalb für sich genommen nicht rechtsmissbräuchlich, vor allem dann nicht, wenn es sich bei der Verfügungsbeklagten – wie hier – um ein ausländisches Unternehmen handelt. Ebenso ist die Zustellung während des Aufbaus der Messe unbedenklich. Dies ist sogar im Verhältnis zu einer Zustellung, die während des Publikumsverkehrs erfolgt, die mildere Alternative. Hiervon hat die Verfügungsklägerin Gebrauch gemacht. Fortan hatte die Verfügungsbeklagte es in der Hand, für die Beachtung der einstweiligen Verfügung zu sorgen. Welche wirksamen Maßnahmen sie hierfür ergreift, ist ihr überlassen. Kommt sie dem Unterlassungsgebot nicht in genügender Weise nach, steht es der Verfügungsklägerin allerdings frei, weitere gerichtliche Rechtsbehelfe zwecks Durchsetzung ihrer bereits titulierten Rechte in Anspruch zu nehmen. Dass dies sodann „publikumswirksame“ Folgen nach sich zieht, geht nicht zu Lasten der Verfügungsklägerin. Jedenfalls kann aus einem solchen Verhalten der Verfügungsklägerin nicht abgeleitet werden, dass es der Verfügungsklägerin allein darum gegangen wäre, den Messeauftritt der Verfügungsbeklagten zu torpedieren und ihr größtmöglichen Schaden zuzufügen. Dafür, dass die Verfügungsklägerin sich vorliegend die Beschlagnahmeanordnung durch Täuschung erschlichen hat, fehlt es an Anhaltspunkten.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die weitere Vollziehung der einstweiligen Verfügung war von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2009, I-2 U 111/08).
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 25.04.2013 hat bei der Urteilsfindung keine Berücksichtigung gefunden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht veranlasst. Dies bereits deshalb nicht, weil es sich vorliegend um ein Eilverfahren handelt.