4b O 270/09 – Proteintherapie

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2063

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. April 2013, Az. 4b O 270/09

Rechtsmittelinstanz: 2 U 27/13

I. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 27.10.1990 bis einschließlich 08.02.2009, insbesondere durch die A AG, durch die A GmbH und/oder durch die A Produktions GmbH, ein Konzentrat von Faktor VIII angeboten oder in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu einem der vorgenannten Zwecke entweder eingeführt oder besessen haben, das mittels eines Verfahrens hergestellt worden ist, das durch die folgenden Schritte gekennzeichnet ist:

– Man verwendet als Ausgangsmaterial die Kryopräzipitatfraktion des Plasmas, die im Wesentlichen aus Fibrinogen, Fibronectin, von-Willebrand-Faktor und Faktor VIII besteht;

– man unterzieht das wieder in wässrige Lösung gebrachte Kryopräzipitat einer einzigen Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz von vergleichsweise gemäßigtem ionischem Charakter, dessen Matrix ein Gel vom Typ eines makroretikulären Vinylpolymers ist, das aufgrund seiner Porosität und Hydrophobieeigenschaften in der Lage ist, den Komplex aus Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor zurückzuhalten;

– man gewinnt die verschiedenen Proteine selektiv durch sukzessive Erhöhung der Ionenstärke des Elutionspuffers

– und eine erhaltene Faktor-VIII-Lösung wird gefriergetrocknet;

und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,- zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

1) die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 26.05.1995 zu machen sind,

2) die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die Rechnungen, Bestell- oder Lieferscheine in Kopie vorzulegen haben,

3) es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

und wobei die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 9) jeweils nur für die folgenden Zeiträume gilt:

– für den Beklagten zu 1) für die Zeit vom 06.10.1999 bis 21.10.2010

– für den Beklagten zu 2) für die Zeit seit dem 08.08.2002

– für den Beklagten zu 3) für die Zeit seit dem 07.05.2002

– für den Beklagten zu 5) für die Zeit seit dem 06.10.1999

– für den Beklagten zu 6) für die Zeit seit dem 11.01.1994

– für den Beklagten zu 7) für die Zeit seit dem 23.01.2002

– für den Beklagten zu 8) für die Zeit vom 02.08.1995 bis 28.02.1997 sowie für die Zeit seit dem 06.06.2002

– für den Beklagten zu 9) für die Zeit seit dem 11.06.1991

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden ist, die sie vom 26.05.1995 bis zum 08.02.2009 begangen haben;

wobei dies für die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 9) nur für zu Ziffer I. genannte Zeiträume gilt.

III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe vom 1.000.000,00 €.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit dem 02.06.2006 unter ihrer aus dem Urteilsrubrum ersichtlichen Firmenbezeichnung als Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 359 593 (nachfolgend: Klagepatent) im Patent- und Gebrauchsmusterregister des Deutschen Patent- und Markenamtes eingetragen (vgl. Anlage LA5).

Das Klagepatent stand bis zum Ablauf seiner Laufzeit am 08.02.2009 in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Das in französischer Sprache verfasste Klagepatent (Anlage LA3, deutsche Übersetzung in Anlage LA3a) wurde unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität vom 07.06.1988 am 08.02.1989 durch das „Centre Régional de Transfusion Sanguine“ (nachfolgend: C) angemeldet und am 21.03.1990 offengelegt. Die Veröffentlichung der übersetzten Ansprüche der Patentanmeldung erfolgte am 27.09.1990. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents erfolgte am 26.04.1995.

Gegen das Klagepatent legte u.a. die A AG (Schweiz) beim Europäischen Patentamt Einspruch ein. Die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes erhielt das Klagepatent in 13 Patentansprüchen aufrecht. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies die Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes durch Entscheidung vom 16.07.2003 zurück. Auf eine von der A AG (Schweiz) sodann erhobene Nichtigkeitsklage hielt das Bundespatentgericht das Klagepatent mit Urteil vom 09.11.2006 in eingeschränkter Fassung aufrecht. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin und der A AG (Schweiz) erklärte der Bundesgerichtshof das Klagepatent durch Urteil vom 13.07.2010 (Anlage B4) teilweise für nichtig. Der Patentanspruch 1 wurde nach Maßgabe eines Hilfsantrages der Klägerin aufrechterhalten und der ursprüngliche Patentanspruch 13 (= Anspruch 12 in der geändert aufrecht erhaltenen Fassung gemäß dem Urteil des Bundespatentgerichts) entfiel. Eine daraufhin von der A GmbH, der A Produktions GmbH und des Beklagten zu 9) am 26.08.2010 erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent wurde mit Urteil vom 27.03.2012 durch das Bundespatentgericht vollumfänglich abgewiesen (Anlage HLA48).

In einem früheren Rechtsstreit 4b O 287/05 hatte die jetzige Klägerin Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Rückruf sowie auf Entschädigungs- und Schadensersatzfeststellung wegen Patentverletzung aus dem Klagepatent gegen die Gesellschaften A AG (Schweiz), A GmbH (Deutschland) und A Produktions GmbH (Österreich) in Ansehung der Faktor VIII-Präparate B 250, 500 und 1000 geltend gemacht. Die Kammer gab dieser Klage mit Urteil vom 08.01.2009 überwiegend statt. Die hiergegen eingelegte Berufung der beklagten Gesellschaften wies das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 27.01.2011 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – nahezu vollumfänglich ab (Anlage B36), woraufhin die beklagten Gesellschaften Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, welche als unbegründet zurückgewiesen wurde (Anlage B47).

In dem vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin wegen derselben Handlungen Ansprüche auf Auskunfts- und Rechnungslegung sowie Schadensersatzfeststellung gegenüber neun mutmaßlichen Geschäftsführern, Verwaltungsratsmitgliedern und anderen, führende Funktionen wahrnehmende Personen der Gesellschaften A AG, A GmbH und A Produktions GmbH geltend.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur chromatographischen Trennung von Plasmaproteinen, insbesondere von Faktor VIII, von von-Willebrand-Faktor (vWF), von Fibronectin und von Fibrinogen (Anspruch 1). Gegenstand des ursprünglich nebengeordneten Anspruchs 13 (erteilte Fassung) bzw. 12 (Fassung gemäß dem Urteil des Bundespatentgerichts) war ein mit diesem Verfahren hergestelltes Faktor-VIII-Konzentrat.

Nach dem Urteil des Bundespatentgerichts vom 09.11.2006 lauteten die beiden streitgegenständlichen Klagepatentansprüche 1 und 12 in der deutschen Übersetzung wie folgt:

„1. Verfahren zur Trennung von Proteinen Faktor VIII, Fibrinogen, Fibronectin und von-Willebrand-Faktor des menschlichen und tierischen Plasmas und zur Herstellung von Konzentraten dieser Proteine zum therapeutischen Gebrauch,

dadurch gekennzeichnet, dass es die folgenden Schritte aufweist:

– als Ausgangsmaterial wird die bei niedriger Temperatur gefällte Plasmafraktion, die im Wesentlichen aus Fibrinogen, Fibronectin, von-Willebrand-Faktor und Faktor VIII besteht, verwendet,

– das besagte bei niedriger Temperatur Gefällte, das wieder in wässrige Lösung gebracht wurde, wird einer einzigen Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz unterworfen, dessen Matrix ein Gel von der Art eines makroretikularen Vinylpolymers ist, das durch seine Porositäts- und Hydrophobieeigenschaften fähig ist, den Komplex aus Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor zurückzuhalten, und der Anionen austauschende Charakter des Harzes rührt von auf die Matrix gepfropften Gruppen vom DEAE-Typ her;

– durch aufeinanderfolgende Erhöhungen der Ionenstärke des Elutionspuffers werden selektiv die verschiedenen Proteine gewonnen

– und eine erhaltene Lösung von Faktor VIII wird gefriergetrocknet.

12. Konzentrat von Faktor VIII in gefriergetrockneter Form, erhältlich durch das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8,

dadurch gekennzeichnet,

dass es eine spezifische Aktivität von wenigstens 100 IE pro mg an Proteinen besitzt und dass es von einer Qualität vergleichbar mit der eines Konzentrats gleicher Blutgruppe ist.“

Durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.07.2010, durch das der nebengeordnete Anspruch 12 in der geänderten aufrecht erhaltenen Fassung nach Urteil des Bundespatentgerichts (ursprünglich erteilter Anspruch 13), der auf das mit dem Verfahren hergestellte Faktor-VIII-Konzentrat als solches gerichtet war, gestrichen wurde, erhielt Anspruch 1 die folgende, breitere Fassung:

„1. Verfahren zur Trennung der Proteine Faktor VIII, Fibrinogen, Fibronectin und von-Willebrand-Faktor aus menschlichem oder tierischem Plasma und zur Herstellung von Konzentraten dieser Proteine zum therapeutischen Gebrauch,

dadurch gekennzeichnet, dass es folgende Schritte umfasst:

– Man verwendet als Ausgangsmaterial die Kryopräzipitatfraktion des Plasmas, die im Wesentlichen aus Fibrinogen, Fibronectin, von-Willebrand-Faktor und Faktor VIII besteht;

– man unterzieht das wieder in wässrige Lösung gebrachte Kryopräzipitat einer einzigen Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz von vergleichsweise gemäßigtem ionischem Charakter, dessen Matrix ein Gel vom Typ eines makroretikulären Vinylpolymers ist, das aufgrund seiner Porosität und Hydrophobieeigenschaften in der Lage ist, den Komplex aus Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor zurückzuhalten;

– man gewinnt die verschiedenen Proteine selektiv durch sukzessive Erhöhung der Ionenstärke des Elutionspuffers

– und eine erhaltene Faktor-VIII-Lösung wird gefriergetrocknet.“

Die A AG (Schweiz) und die A GmbH (Deutschland) vertrieben während der Schutzdauer des Klagepatents in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Wissen der A Produktions GmbH (Österreich) die von der A Produktions GmbH (Österreich) hergestellten Faktor VIII-Präparate B 250, B 500 und B 1000, wegen deren konkreter Zusammensetzung auf die Anlagen LA9 und LA10 Bezug genommen wird (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Die angegriffene Ausführungsform enthält einen Anteil an vWF, dessen konkrete Höhe streitig ist, und wird durch ein Verfahren gewonnen, bei dem nach einer Chromatographie eine Ultrafiltration erfolgt. Das als Ausgangsmaterial verwendete Plasma wird einem Vorreinigungsverfahren mit Ethanol unterzogen. Die arzneimittelrechtliche Zulassung für die angegriffene Ausführungsform wurde für die Bundesrepublik Deutschland im August 1998 erteilt.

Das als Anmelderin und zunächst als Inhaberin des Klagepatents eingetragene C führte jedenfalls bis zur Anmeldung des Klagepatents eine Kooperation mit der Rechtsvorgängerin der A AG (Schweiz), der D AG, sowie später mit der A AG selbst durch. Die D AG meldete am 27.05.1988 das Europäische Patent EP 0 343 XXX (Anlage B19) betreffend ein Verfahren zur Herstellung eines hochreinen, virusfreien Antihämophiliefaktors mittels Chromatographie (nachfolgend: „D II“) an. Die Anmeldung dieses D II Patents wurde – unter Angabe des europäischen Aktenzeichens 881084XXX – bei Erteilung des Klagepatents berücksichtigt und ist in der Beschreibung des Klagepatents als Stand der Technik gewürdigt. Das D II Patent, für das auch eine Mitarbeiterin des C als Erfinderin benannt wurde, ist aufgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit widerrufen worden.

Im Rahmen ihrer Kooperation schlossen das C und die A AG (Schweiz) am 16.01.1989 eine schriftliche Vereinbarung (Anlage B11, deutsche Übersetzung in Anlage B11a/ HLA 32), durch die der A AG eine Lizenz zur Nutzung einer „Faktor VIII-THP-Technologie“ gewährt wurde. Auf den genauen Wortlaut der Vereinbarung wird verwiesen.

Die Klägerin ist der Meinung, die Klage sei zulässig. Insbesondere bestehe ein Feststellungsinteresse.

Die Klägerin behauptet, sie sei aktivlegitimiert, da sie Trägerin des selbst nicht rechtsfähigen C und daher mit diesem identisch sei. Nach der französischen Rechtslage zur Organisation von Bluttransfusionszentren müssten letztere die Bezeichnung C tragen.

Die Klägerin behauptet ferner, dass sämtliche Beklagten passivlegitimiert seien, da sie zumindest für eine gewisse Zeit während der Laufzeit des Klagepatents führende Funktionen bei A wahrgenommen hätten und daher für die Handlungen der A AG (Schweiz), der A GmbH (Deutschland) oder der A Produktions GmbH (Österreich) verantwortlich gewesen seien.

Die Klägerin meint, das Klagepatent sei wortsinngemäß verletzt. Sie trägt im Wesentlichen vor: Durch das von der A Produktions GmbH ausgeführte Verfahren würde ein Konzentrat zum therapeutischen Gebrauch erzielt. Dass nach der Verfahrensausführung noch eine weitere Filtration durchgeführt wird, sei deshalb unschädlich, weil dies zwingende Voraussetzung der Herstellung aller Arzneimittel sei. Auch finde im Verfahren eine einzige Trennung durch Chromatographie statt. Die weiteren Verfahrensschritte, namentlich die durchgeführte Ultrafiltration, stehe dem nicht entgegen, weil durch diese technische Lehre nicht ausgeschlossen werde, dass über eine einzige Trennung durch Chromatographie hinaus weitere Verfahrensschritte ausgeführt werden. Nach der Lehre des Klagepatents müsse nicht auf die Ultrafiltration verzichtet werden, sie sei im Gegenteil sinnvoll, um aus den zu reinigenden Proteinlösungen unerwünschte Begleitsubstanzen zu entfernen. Schließlich stehe es der Annahme einer wortsinngemäßen Patentverletzung nicht entgegen, dass die angegriffene Ausführungsform einen Komplex aus Faktor VIII und vWF enthalte, da dies der Stabilisierung des Faktor-VIII-Konzentrats diene.

Die Klägerin macht darüber hinaus u.a. geltend, ein Benutzungsrecht aufgrund des Vertrages vom 16.01.1989 bestehe nicht, weil von der Vereinbarung – erstens – nur Produkte umfasst seien, die von im Einzelnen bezeichneten (Fremd-)Firmen produziert seien, und weil – zweitens – nur solche Erzeugnisse erfasst seien, die mittels des klagepatentgemäßen Chromatographieverfahrens in Verbindung mit einem Vorreinigungsverfahren ohne Ethanol hergestellt worden seien (im Folgenden: Kombinationsverfahren).

Die Klägerin beantragt nunmehr, nachdem sie die Klageanträge mit Schriftsatz vom 11. November 2010 und in der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2011 nach Klageerhebung im Hinblick auf die teilweise Aufrechterhaltung des Klagepatents angepasst hat, sinngemäß,
wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, die Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht sei unzulässig. Die Klägerin könne den Schaden beziffern. Es bestehe daher angesichts der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Stufenklage kein Feststellungsinteresse.

Die Beklagten bestreiten die Passivlegitimation der Beklagten zu 2), 6) und 7). Die Beklagten zu 2), 6) und 7) hätten weder die Pflicht noch die tatsächliche Möglichkeit gehabt, einzelne Produkte der Gesellschaften daraufhin zu überprüfen, ob sie möglicherweise fremde Schutzrechte verletzten oder entsprechende Prüfungen zu veranlassen. Die Funktionen der Beklagten zu 2), 6) und 7) im maßgeblichen Zeitpunkt hätten keine Allzuständigkeit für die Geschäfte der jeweiligen Gesellschaft begründet, sondern nur Zuständigkeiten für abgegrenzte Geschäftsbereiche, die ihnen keine Einblicke in das Geschäftsfeld der Produktgestaltung gewährten.

Die Beklagten bestreiten darüber hinaus eine Patentverletzung durch Herstellung und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland. Sie tragen im Wesentlichen wie folgt vor:

Patentanspruch 1 verlange, dass als Ausgangsmaterial für die Chromatographie eine Plasmafraktion verwendet werde, die insbesondere kein Ethanol enthalte. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde – unstreitig – als Ausgangssubstanz für die Chromatographie eine Proteinfraktion benutzt, die durch Kryopräzipitation mit Ethanol gewonnen werde.

Mit „Herstellung von Konzentraten dieser Proteine“ seien auch Konzentrate der im Anspruch genannten Proteine Fibrinogen, Fibronectin und vWF gemeint. Das von den Beklagten zu Gewinnung ihres FVIII/vWF-Produktes verwendete Verfahren diene nicht zur „Herstellung von Konzentraten dieser Proteine“, also nicht zu Konzentraten zumindest der im Anspruch genannten Proteine Fibrinogen, Fibronectin und vWF. Denn das von der Säule gewaschene Proteingemisch von Fibronectin und vWF werde nicht weiterverarbeitet. Eine Trennung dieser gemeinsam eluierten Proteine finde nicht statt.

Es stehe der Lehre des Klagepatents entgegen, wenn zur Gewinnung des zum therapeutischen Gebrauch geeigneten Produktes eine Ultrafiltration erforderlich sei. Die Ultrafiltration diene im Rahmen des Herstellungsverfahrens der angegriffenen Ausführungsform dazu, aus dem nach der Chromatographie gewonnen Eluat ein therapeutisch verwendbares Produkt zu machen. Durch die Ultrafiltration/Diafiltration werde das Eluat in eine therapeutisch verwendbare Konzentration überführt, das Faktor VIII/von-Willebrand-Gemisch werde stabilisiert und es würden chemische Agenzien (Anpassung der Pufferzusammensetzung) entfernt. Da das aus dem Herstellungsverfahren der angegriffenen Ausführungsform gewonnene Produkt noch ultrafiltriert werden müsse, das Verfahren selber mithin noch nicht zu einem Faktor-VIII-Konzentrat zum therapeutischen Gebrauch führe, eigne sich die angegriffene Ausführungsform nicht zum therapeutischen Gebrauch.

Die angegriffene Ausführungsform werde überdies nicht durch eine einzige Trennung durch Chromatographie gewonnen. Die durchzuführende Ultrafiltration sei ein weiterer, über die „einzige Trennung“ gemäß der Lehre des Klagepatents hinausgehender Verfahrensschritt.

Die Anwesenheit des vWFs in der angegriffenen Ausführungsform belege, dass das zur Herstellung angewandte Verfahren nicht dazu führe, dass die verschiedenen Proteine gewonnen würden. Zu erzielen sei lediglich ein unreines Faktor-VIII-Konzentrat unter Anwesenheit des vWFs, so dass wenigstes der Faktor VIII nicht als Protein selektiv gewonnen werden könne. Die angegriffene Ausführungsform enthalte neben Faktor VIII auch einen so großen Anteil an vWF, dass das zur Herstellung durchgeführte Verfahren nicht mehr als ein solches zur Trennung von Proteinen Faktor VIII, Fibrinogen, Fibronectin und vWF gelten könne. Eine Trennung setze voraus, dass die voneinander zu trennenden Proteine nach Durchführung des Verfahrens in hinreichend reiner Form vorlägen.

Eine Patentverletzung durch die Beklagten scheide zudem aus, da die A AG und die A GmbH über eine kostenlose unbeschränkte Herstellungs- und Vertriebslizenz am Klagepatent aufgrund der Vereinbarung vom 16.01.1989 mit dem C Lille zur Herstellung und zum Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform berechtigt sei. Unter „seine Faktor VIII-THP-Technologie“ in Ziff. 2 der Vereinbarung sei das Klagepatent zu verstehen. Hieran sei eine kostenlose Lizenz ohne Beschränkung auf eine bestimmte Art der Vorbehandlung erteilt worden.

Ferner meinen die Beklagten, dass selbst dann, wenn die Klägerin aktivlegitimiert sei, eine Patentverletzung vorliege und die Voraussetzungen eines vertraglichen Nutzungsrechts nicht gegeben seien, ein privates Vorbenutzungsrecht gemäß § 12 PatG der A AG bestehe. Sie behaupten u.a., die A AG habe im Prioritätszeitpunkt, d.h. am 07.06.1988, Erfindungsbesitz gehabt und diese Erfindung auch benutzt.

Schließlich erheben die Beklagten die Einrede der Verjährung und berufen sich daneben auf Verwirkung.

Die Kammer hat Beweis durch Zeugenvernehmung gemäß Beweisbeschluss vom 05.04.2011 (Bl. 490 ff. GA) erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.03.2013 Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie den übrigen Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse der Klägerin in Bezug auf die von ihr erhobene Schadensersatzfeststellungsklage.

Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Allerdings fehlt regelmäßig das für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, wenn der Kläger eine entsprechende Leistungsklage erheben kann. Dabei steht der Zulässigkeit einer Feststellungsklage grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit entgegen, eine Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO zu erheben, es sei denn, die Schadensentwicklung ist im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen (BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, NJW 1996, 2097, 2098; Urt. v. 17.5.2001 – I ZR 189/99, GRUR 2001, 1177 f. = WRP 2001, 1164 – Feststellungsinteresse II).

Dieser Grundsatz erfährt im gewerblichen Rechtsschutz Einschränkungen. Das Feststellungsinteresse entfällt hier grundsätzlich nicht schon dadurch, dass der Kläger im Wege der Stufenklage auf Leistung klagen könnte. Denn die Feststellungsklage kann trotz an sich möglicher Leistungsklage erhoben werden, wenn sie durch prozessökonomische Erwägungen geboten ist (BGH GRUR 2001, 1177, 1178 – Feststellungsinteresse II).

Dies ist im gewerblichen Rechtsschutz regelmäßig der Fall. Denn selbst nach erteilter Auskunft kann die Begründung des Schadensersatzanspruchs Schwierigkeiten bereiten und einer eingehenden sachlichen Prüfung – auch hinsichtlich der Berechnungsmethode – bedürfen (BGH GRUR 2001, 1177, 1178 – Feststellungsinteresse II). Es besteht deshalb kein Anlass, dem Geschädigten aus prozessualen Gründen zu gebieten, das Gericht nach erfolgter Rechnungslegung mit einem Streit über die Höhe des Schadensbetrags zu befassen (BGH GRUR 2003, 900, 901 – Feststellungsinteresse III). Darüber hinaus entspricht es prozessualer Erfahrung, dass die Parteien solcher Verfahren nach erfolgter Auskunft und Rechnungslegung in den meisten Fällen auf Grund des Feststellungsurteils zu einer Regulierung des Schadens finden, ohne gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen (BGH GRUR 2003, 900, 901 – Feststellungsinteresse III). Außerdem schützt die Feststellungklage den Verletzten in stärkerem Maße vor einer drohenden Verjährung. Die Erhebung der Klage hat gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nur eine Hemmung der Verjährung zur Folge, die binnen sechs Monaten nach einem Stillstand des Verfahrens endet (BGH GRUR 2003, 900, 901 – Feststellungsinteresse III). Der Verletzte muss – wenn er sich die ihm zugesprochene Auskunft verschafft hat – den Prozess weiterbetreiben. Dies bringt zusätzliche Schwierigkeiten mit sich, da es nicht selten zum Streit darüber kommt, ob die Auskunft vollständig erteilt ist.

Vorliegend ist die Feststellungsklage jedenfalls aufgrund prozessökonomischer Erwägungen geboten. Denn nicht nur die Begründung des Schadensersatzanspruches wird auch nach erteilter Auskunft Schwierigkeiten bereiten und eine eingehende sachliche Prüfung der Berechnungsmethode erfordern. Die Feststellungsklage schützt die Klägerin darüber hinaus vor einer drohenden Verjährung. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Klägerin und die Beklagten bisher nicht darüber einigen konnten, ob die Rechnungslegung der Beklagten vollständig erfolgt ist oder nicht (vgl. Schreiben vom 11.02.2011 in Anlage HLA 42 der Klägerin, in dem sie Einwände gegen die Rechnungslegung der im Parallelfall verklagten Gesellschaften erhebt). Hinzu kommt, dass auch hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Parteien nach Auskunft und Rechnungslegung aufgrund des Feststellungsurteils zu einer Regulierung des Schadens finden, ohne gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

B.

Die Klage ist begründet.

I.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass bis zum 01.06.2006 als Inhaber des Klagepatents das „E“ in der Patentrolle eingetragen war, welches das Patent angemeldet hatte. Weiterhin ist unstreitig, dass die Erteilungsakte die Anmelderangabe

enthält. Einig sind sich die Parteien des Weiteren darüber, dass das C als solches nach französischem Recht nicht rechtsfähig ist und deshalb auch nicht Inhaber von Erfinder- und Anmelderrechten sein kann. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens – wie es die Beklagten im Schriftsatz vom 12.09.2011 fordern – bedarf es daher nicht. Zwischen den Parteien ist darüber hinaus unstreitig, dass Trägerin des C die Klägerin ist und sie allein rechtsfähig ist.

Daraus ergibt sich in rechtlicher Hinsicht, dass sowohl die aus der Anmeldung als auch die aus dem später erteilten Patent resultierenden Rechte der Klägerin (als dem Rechtsträger des C) zustehen. Die Patentanmeldung ist weder unwirksam, noch gilt sie gemäß Art. 94 EPÜ als zurückgenommen.

Für die Zeit seit Veröffentlichung der Patenterteilung am 26.04.1995 folgt dies aus Art. 2 Abs. 2 EPÜ i.V.m. § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG. Art. 2 Abs. 2 EPÜ sieht vor, dass das europäische Patent in jedem Vertragsstaat, für den es erteilt worden ist, dieselbe Wirkung hat und denselben Vorschriften unterliegt, wie ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent, soweit das EPÜ nichts anderes bestimmt. Auf deutsche Teile europäischer Patente ist deswegen auch § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG anwendbar, der bestimmt, dass, solange eine Änderung im Register nicht eingetragen ist, der frühere Anmelder, Patentinhaber, Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigte nach Maßgabe des Patentgesetztes berechtigt und verpflichtet bleibt. Ob ohne eine Übertragung der Anmeldung oder des Patentes die Rolleneintragung für die Aktivlegitimation entscheidend ist oder ob es darauf ankommt, wer der tatsächlich Berechtigte ist, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Als Anmelderin – und dementsprechend erste Patentinhaberin – ausgewiesen war sowohl nach der Erteilungsakte als auch nach dem Rollenstand das „C“. Damit war der Anmelder/Inhaber zweifelsfrei identifiziert. Denn soweit es auf die Rolleneintragung ankommen sollte, ist es zulässig und geboten, ergänzende Angaben mit heranzuziehen, die sich aus der Erteilungsakte ergeben (z.B. Adressen etc.) und die als solche nicht in den Registereintrag übernommen worden sind. Aus der Zusammenschau der beiden urkundlich belegten Umstände – „C“ und Adressenangabe – ergibt sich vorliegend zweifelsfrei, welches Gebilde (von Mitarbeitern und Sachmitteln) als Anmelder/Patentinhaber des Klagepatents aufgetreten ist. Die Beklagten behaupten auch in ihrem Schriftsatz vom 12.09.2011 nicht ausreichend, dass es diesbezüglich Zweifel geben könnte, weil z.B. unter der angegebenen Anschrift mehrere Einheiten, die die Bezeichnung „C“ tragen, residieren. Da die als Anmelder aufgetretene und ausgewiesene Einheit namens „C“ selbst nicht rechtsfähig ist, kommt als Rechtsträger nur diejenige Formation in Frage, die mit Rechtsfähigkeit ausgestattet ist und der das „C“ angehört. Dass zur Aufdeckung der gegebenen organschaftlichen Verhältnisse Ermittlungen angestellt werden müssen, zieht nicht in Zweifel, dass anhand der Anmelder-/Registerdaten der (rechtsfähige) Träger der Erfinder- und Anmelderrechte eindeutig identifizierbar ist.

Für die Zeit vor Patenterteilung gilt gemäß Art. 74 EPÜ i.V.m. § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG im Ergebnis Gleiches. Denn die Patentanmeldung unterliegt nach Art. 74 EPÜ als Gegenstand des Vermögens in jedem benannten Vertragsstaat und mit Wirkung für diesen Staat dem Recht, das in diesem Staat für Patentanmeldungen gilt. „Vermögensfragen“ sind betroffen, wenn es um die Zuordnung einer Patentanmeldung zu einem bestimmten Vermögensträger geht. Zu dem mithin heranzuziehenden nationalen Recht gehört in der Bundesrepublik Deutschland § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG, so dass auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden kann.

II.

Die Beklagten sind passivlegitimiert. Dies gilt auch für die Beklagten zu 2), 6) und 7).

1.

Grundsätzlich haften Vertreter von juristischen Personen nur dann persönlich, wenn sie entweder selbst an Verletzungen durch von ihnen vertretene juristische Personen beteiligt waren oder wenn sie diese Verletzungen trotz Kenntnis oder schuldhafter Unkenntnis nicht verhindert haben (vgl. BGH, GRUR 1986, 248 – Sporthosen; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Auflage 2008, § 139 Rn. 25; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage Rn. 867).

Sofern mehrere Geschäftsführer oder Vorstände mit unterschiedlichen, einander ergänzenden Zuständigkeitsbereichen bestellt sind, haftet ein jeder grundsätzlich nur für das Geschehen im eigenen Zuständigkeitsbereich (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage Rn. 867). Darüber hinaus ist eine Haftung des an sich „unzuständigen“ Geschäftsführers gegeben, wenn er mit abgemahnt worden ist oder wenn er in anderer Weise von der Patentverletzung erfahren hat. In einem solchen Fall ist auch er für die danach noch begangenen Patentverletzungen verantwortlich. Gelingt es dem Kläger, solche fortgesetzten Verletzungshandlungen darzulegen, haftet der „unzuständige“ Geschäftsführer ab dem Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung persönlich, wobei für die Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz ein zusätzlicher Prüfungszeitraum von einem Monat in Ansatz zu bringen ist (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage, Rn. 868).

Dies vorausgeschickt, gilt für die Beklagten 2), 6) und 7), deren Passivlegitimation von den Beklagten bestritten wird, Folgendes:

2.

Der Beklagte zu 2) war ab dem 01.07.2002 Finanzdirektor der A AG (Schweiz) (vgl. Anlage B37). Er war darüber hinaus vom 08.08.2002 bis 21.02.2008 als Vizedirektor bei der A AG (Schweiz) tätig. Seit dem 21.02.2008 ist er dort Direktor. Seit dem 26.07.2003 ist der Beklagte zu 2) darüber hinaus auch als Stellvertretender Aufsichtsrat bei der A Produktionsgesellschaft mbH (Österreich) tätig. Darüber hinaus war er zur maßgeblichen Zeit auch Mitglied des konzernweiten A Management Boards (vgl. Jahresbericht 2005, Anlage HLA 21).

Nach dem schweizerischem Recht zur Aktiengesellschaft ist grundsätzlich der Verwaltungsrat das geschäftsführende Organ der AG. Direktoren einer schweizerischen AG sind demgegenüber keine Verwaltungsratsmitglieder, Art. 718 Abs. 2 Schweizerisches Obligationenrecht (SOR). Sie sind vielmehr Dritte, denen die Vertretung der Gesellschaft nach außen übertragen wird. Sie haften daher grundsätzlich nur soweit, wie ihr Aufgabenbereich reicht.

Die Klägerin trägt jedoch unwidersprochen vor, dass die vollständige oder teilweise Übertragung der Geschäftsführung mittels eines Organisationsreglements an Direktoren möglich und wohl auch üblich ist (vgl. hierzu auch Anlage HLA 43, Seite 705). Die Direktoren werden in der Praxis als Mitglieder der „Geschäfts“- bzw. „Konzernleitung“ bezeichnet, das sogenannte „Management Board“ (vgl. Anlage HLA 43, Seite 706). In diesem Fall ist das „Management Board“ jedenfalls neben dem Verwaltungsrat für die Geschäftsleitung zuständig. Damit trägt die Klägerin unbestritten eine flexible Ausgestaltung der Kompetenzen vor, die von außen nicht ohne weiteres erkennbar ist. Es hätte daher substantiierten Vortrages der Beklagten zur gesellschaftsrechtlichen Kompetenzverteilung, zur Rolle des Management Boards und die Vorlage des Organisationsreglements bedurft. Insbesondere war die Vorlage von Arbeitsverträgen (vgl. Anlage B 35) nicht ausreichend. Eine Parteivernehmung des Beklagten zu 2) gemäß § 447 ZPO schied bereits deshalb aus, da seitens der Klägerin kein entsprechendes Einverständnis erklärt wurde. Eine in das Ermessen der Kammer gestellte Parteivernehmung gemäß § 448 ZPO war insbesondere deshalb nicht veranlasst, da die Beklagten das Organisationsreglement der A AG, dessen Existenz von ihnen nicht bestritten wird, ohne weiteres hätten vorlegen können. Aus dem Organisationsreglement ergibt sich gemäß Art.716b des Schweizer Obligationsrechts wie die Geschäftsführung geordnet ist und wie die Aufgaben innerhalb der Geschäftsführung geregelt sind.

Hinzu kommt, dass die Beklagten die positive Kenntnis des Beklagten zu 2) von schutzrechtsverletzenden Handlungen nicht ausdrücklich bestritten haben, wenn sie vortragen: „Der Beklagte zu 2) ist schließlich auch nicht wegen Kenntnis von schutzrechtsverletzenden Handlungen verantwortlich“. Für die Kenntnis des Beklagten zu 2) an patentverletzenden Handlungen spricht, dass er als Finanzverantwortlicher („Corporate Finance“) jedenfalls über Rückstellungen für Patentverletzungsstreitigkeiten informiert worden sein musste.

3.

Der Beklagte zu 6) war vom 11.01.1994 bis zum 21.04.2004 als Prokurist und ab dem 21.04.2004 auch für eine gewisse Zeit als Geschäftsführer bei der A Produktionsgesellschaft mbH (Österreich) tätig.

Zwar tragen die Beklagten vor, dass der Beklagte zu 6) als Prokurist und Geschäftsführer ausschließlich für Personalangelegenheiten zuständig gewesen sei. Die Klägerin hat diesen Umstand jedoch zulässig mit Nichtwissen bestritten. Die Beklagten haben daraufhin Beweis für die Behauptung durch Parteieinvernahme angeboten sowie als Anlage B 38 Verträge der A Produktionsgesellschaft mbH mit der F G.m.b.H. vorgelegt. Diese Verträge haben das Führen der Personaladministration und die direkte Betreuung der Mitarbeiter der A Produktionsgesellschaft mbH zum Gegenstand. Im Rahmen der Erbringung dieser Leistung sei, wie die Beklagten ohne näheren Nachweis vortragen, der Beklagte zu 6) ab dem 1. März 2004 auf Grund einer Ergänzungsvereinbarung zum Geschäftsführer der A Produktionsgesellschaft mbH für den Bereich Personal bestellt worden.

Der Vortrag der Beklagten, dass der Beklagte zu 6) ausschließlich für Personal zuständig gewesen sein soll, ist aus den zu dem Beklagten zu 2) genannten Gründen nicht ausreichend. Insbesondere hätten die Beklagten das Organisationsreglement der A AG vorlegen und näher zur gesellschaftsrechtlichen Kompetenzverteilung vortragen müssen. In Bezug auf den Antrag, den Beklagten zu 6) als Partei zu vernehmen, kann auf die diesbezüglichen Ausführungen zu dem Beklagten zu 2) verwiesen werden. Darüber hinaus ist nicht ausreichend bestritten, dass der Beklagte zu 6) positive Kenntnis der schutzrechtsverletzenden Handlungen gehabt hat.

4.

Der Beklagte zu 7) war vom 23.01.2002 bis zum 21.02.2008 als Vizedirektor bei der A AG (Schweiz) tätig und ist dort seit dem 21.02.2008 Direktor. Daneben war der Beklagte zu 7) auch vom 06.06.2002 bis zum 01.12.2006 Aufsichtsratsmitglied bei der A Produktionsgesellschaft mbH (Österreich). Er war zudem zur maßgeblichen Zeit auch Mitglied des konzernweiten A Management Boards (Anlage HLA 21).

Die Beklagten haben vorgetragen (Bl. 178), dass der Beklagte zu 7) stets mit der Erschließung neuer Märkte und der Knüpfung von Vertriebswegen befasst gewesen sei. Seine Aufgabe als Vizedirektor der A AG (Schweiz) habe in der Erschließung des US-Marktes gelegen. Die Beklagten haben einen Arbeitsvertrag vorgelegt anhand dessen Anhang A sich eine entsprechende Aufgabenverteilung ergibt. Unabhängig davon, dass die Vorlage des Arbeitsvertrages nicht ausreicht (s.o.) wurde der Arbeitsvertrag bereits 2002 geschlossen, während der Beklagte zu 7) 2002 zum Vizedirektor und 2008 zum Direktor der A AG (Schweiz) ernannt wurde. Die Beklagten haben insoweit vorgetragen, dass der Vertrag bis Anfang 2005 in Kraft war, danach sei der Beklagte zu 7) nach Schweden gewechselt. Dieses Vorbringen ist nicht nachvollziehbar. Zwar mag der Beklagte zu 7) nach Schweden gewechselt sein. Nichtsdestotrotz war und ist er Direktor der A AG (Schweiz) seit 2008 und war vorher Vizedirektor.

Da es auch hinsichtlich des Vortrages in Bezug auf den Beklagten zu 7) an substantiiertem Vortrag zu der internen gesellschaftsrechtlichen Organisation mangelt, ist die Verantwortlichkeit des Beklagten zu 7) nicht substantiiert bestritten worden (s.o.). Darüber hinaus ist nicht ausreichend bestritten worden, dass der Beklagte zu 7) positive Kenntnis der patenverletzenden Handlungen gehabt hat. In Bezug auf den Antrag auf Parteivernehmung kann auf die Passagen zu den Beklagten zu 2) und 6) verwiesen werden.

5.

Mangels substantiierten Bestreitens durch die Beklagten ist davon auszugehen, dass die Beklagten zu 2) und 7) mit der Geschäftsführung befasste Direktoren der A AG waren. Gemäß Art. 717 Abs. 1 SOR hatten sie daher dieselben Sorgfalts- und Treuepflichten zu erfüllen wie Mitglieder des Verwaltungsrates. Demnach waren sie ab nicht ausreichend bestrittener Kenntniserlangung dazu verpflichtet, auf das Unterlassen weiterer patentverletzender Handlungen hinzuwirken. Dieser Verpflichtung sind sie nicht nachgekommen. Gleiches gilt für den als Geschäftsführer der A Produktionsgesellschaft mbH (Österreich) tätig gewesenen Beklagten zu 6). Der pauschale Vortrag, die Beklagten zu 2), 6) und 7) seien rechtlich nicht in der Lage gewesen, die patentverletzenden Handlungen zu unterbinden, genügt nicht.

III.

Das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform verwandte Verfahren verletzt das Klagepatent.

1.

Das Klagepatent betrifft seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.07.2010 im Nichtigkeitsberufungsverfahren ein Verfahren zur chromatographischen Trennung von Plasmaproteinen, insbesondere von Faktor VIII, vWF, Fibronectin und Fibrinogen. Ein solches Verfahren wird für die Bereitstellung von Blutproteinen zu therapeutischen Zwecken benötigt. Zur therapeutischen Anwendung gelangen Konzentrate der Blutgerinnungsfaktoren Faktor VIII, Fibrinogen und vWF. Beispielsweise bei der Behandlung der Hämophilie A ist es wichtig, über Konzentrate von Faktor VIII in sehr hoher Reinheit zu verfügen, da die Patienten wiederholt Injektionen von Faktor-VIII-Konzentraten sowie von Fibrinogen und Immunglobulinen erhalten, die, wenn nicht ein hohes Maß an Reinheit gewährleistet ist, schwerwiegende Nebenwirkungen in Gestalt von Immunreaktionen auslösen können.

Die Reinheit von Proteinkonzentraten wird üblicherweise in der Einheit IE/mg angegeben, wobei die Abkürzung „IE“ für „Internationale Einheit“ steht und definiert ist als die Menge des jeweiligen Proteins, die in einem Milliliter normalen Blutplasmas enthalten ist. Die Reinheit gibt die Menge des jeweiligen Proteins im Verhältnis zur Gesamtmenge aller in der untersuchten Flüssigkeit vorhandenen Proteine an. Mit der Größeneinheit IE/ml wird demgegenüber die Menge des jeweiligen Proteins bezogen auf das gesamte Volumen der untersuchten, aus Proteinen und Lösungsmitteln bestehenden Flüssigkeit angegeben. Zur Ermittlung der Menge des jeweiligen Proteins kann entweder die Gerinnungsaktivität herangezogen werden oder die Menge wird mit Hilfe von Antikörpern ermittelt. Beide Werte können voneinander abweichen.

Aus dem Stand der Technik ist ein Verfahren bekannt, bei dem Faktor-VIII-Konzentrate aus einer bei niedriger Temperatur gefällten Fraktion des menschlichen Plasmas hergestellt werden. Bei diesem Verfahren gilt es als Nachteil, dass mehrere Schritte der Ausfällung erforderlich sind und grundsätzlich nur eine Reinheit in der Größenordnung von 1 I.E./mg erreicht werden, jedenfalls aber nicht mehr als 10 bis 20 I.E./mg. Ferner sind Techniken der sterischen Ausschlusschromatographie und molekularen Filtration bekannt. Hierbei besteht der Nachteil darin, dass selbst bei niedriger Ausbeute nur ein Produkt mit einer spezifischen Aktivität von höchstens 30 I.E./mg erhalten wird, und darüber hinaus eine Zugabe von Albumin als Stabilisator nötig ist, was die spezifische Aktivität weiter absenkt. Auch ist ein Verfahren bekannt, bei dem Faktor VIII-Konzentrate durch Kontakt mit Kugeln von porösem Siliziumdioxid, an denen Protein-Verunreinigungen mit niedrigem Molekulargewicht festgehalten werden, hergestellt werden können; jedoch hat das so erhaltene Produkt eine verhältnismäßig niedrige spezifische Aktivität von 1 I.E./mg.

Ein weiteres vorbekanntes Verfahren lehrt die Anwendung einer Immunaffinitätschromatographie zur Aufreinigung von Faktor VIII mit Hilfe von auf einem chromatographischen Träger montierten immobilisierten Antikörpern. Diese Techniken werden als leistungsfähig gewürdigt, als nachteilig wird aber erkannt, dass drastische Lösungen zur Desorption erforderlich sind, wie bspw. eine Ultrafiltration – welche aber der biologischen Aktivität des Faktor VIII schaden kann. Das mit diesen Techniken erhaltene Faktor-VIII-Konzentrat erreicht zwar eine hohe spezifische Aktivität von 1.000 bis 3.000 I.E./mg, ist aber so instabil, dass ein Stabilisator wie etwa Albumin hinzugegeben werden muss, was wiederum zu einer Verringerung der spezifischen Aktivität auf 3 bis 5 I.E./mg führt. Zudem bleiben bei diesen Techniken Antikörper zurück, etwa solche von Nagetier-Ursprung, die immunologische Reaktionen auslösen können. Ebenso werden vorbekannte Techniken der Ionenaustauschchromatographie insofern als nachteilig kritisiert, als sie komplizierte Arbeitsvorgänge erforderlich machen und nur niedrige Ausbeute liefern.

Schließlich ist aus der europäischen Patentanmeldung EP 881084XXX – die zur Erteilung des D II Patents führte – ein Verfahren zur Herstellung von Faktor VIII bekannt, welches von einem bei niedriger Temperatur gefällten Kryopräzipitat ausgeht, welches zunächst extrahiert, dann einer Reaktion mit einer Aluminiumhydroxid-Suspension unterzogen und schließlich abzentrifugiert wird. Die weitere Reinigung erfolgt durch eine Gelpermeationschromatographie auf einem Ionenaustauscherharz des hydrophilen Typs wie G-DEAE.

Ausgehend von diesem Stand der Technik stellt sich das Klagepatent die Aufgabe (Absätze [0001] und [0010]), Proteine einer Fraktion des menschlichen oder tierischen Plasmas durch Anionenaustauschchromatographie nach einer Technik zu trennen, die es gestattet, in einem einzigen Schritt Faktor VIII, Fibrinogen und vWF in einem sehr hohen Reinigungsgrad zu erhalten. Dabei sollen neue Methoden zur Gewinnung von Proteinkonzentraten, insbesondere Faktor-VIII-Konzentrate, zur Verfügung gestellt werden, die im industriellen Maßstab anwendbar sind und hochreine, von Proteinen fremden Ursprungs, wie den Antikörpern tierischen Ursprungs, vollkommen freie Produkte liefern.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 der Fassung nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.07.2010 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

1. Das Verfahren dient

a. der Trennung der Proteine Faktor VIII, Fibrinogen, Fibronectin und von-Willebrand-Faktor aus menschlichem oder tierischem Plasma

b. zur Herstellung von Konzentraten dieser Proteine zum therapeutischen Gebrauch.

2. Als Ausgangsmaterial wird eine Plasmafraktion verwendet, die

a. bei niedriger Temperatur gefällt worden ist (Kryopräzipitat),

b. im Wesentlichen aus Fibrinogen, Fibronectin, von-Willebrand-Faktor und Faktor VIII besteht

c. und wieder in wässrige Lösung gebracht worden ist.

3. Das Ausgangsmaterial wird einer einzigen (unique) Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz von vergleichsweise gemäßigtem ionischen Charakter unterzogen,

a. dessen Matrix ein Gel von der Art eines makroretikulären Vinylpolymers ist,

b. das aufgrund seiner Porosität und Hydrophobieeigenschaften in der Lage ist, den Komplex aus Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor zurückzuhalten.

4. Die verschiedenen Proteine werden selektiv gewonnen, indem die Ionenstärke des Elutionspuffers sukzessiv erhöht wird.

5. Eine erhaltene Lösung von Faktor VIII wird gefriergetrocknet.

2.

Zwischen den Parteien steht die Verwirklichung des Merkmals 1b), der Merkmalsgruppe 2), des Merkmals 3) und Merkmals 3b) ausdrücklich im Streit. Ausführungen zu den übrigen Merkmalen sind nur veranlasst, sofern sie mit den streitigen Merkmalen in Zusammenhang stehen.

a.

Merkmal 1b) sieht u.a. vor, dass das erfindungsgemäße Verfahren der Herstellung von Konzentraten von Proteinen dient. Die Proteine werden näher in Merkmal 1a) beschrieben. In Merkmal 1a) lehrt das Klagepatent ein Verfahren zur Trennung der Proteine Faktor VIII, Fibrinogen, Fibronectin und von-Willebrand-Faktor aus menschlichem oder tierischem Plasma.

aa.

Dem Anspruchswortlaut der Merkmale 1a) und 1b) entnimmt der maßgebliche Fachmann, ein promovierter Biochemiker oder Molekularbiologe mit mehrjähriger Laborerfahrung bei der Anwendung von Trennmethoden für Proteine, dass mithilfe des patentgemäßen Verfahrens die in Merkmal 1a) genannten Proteine in voneinander getrennter Weise erhalten werden, nämlich mit einem bestimmten Maß an Reinheit der jeweiligen Proteine. In welchem konkreten Maß die Reinheit der Lehre des Patents entspricht, kann der Fachmann dem Wortlaut des Anspruchs 1 nicht entnehmen.

Allerdings kann der Fachmann in der Patentbeschreibung, die er gemäß § 14 Satz 2 PatG zur Auslegung des Anspruchswortlauts heranzieht (BGH GRUR 1989, 903, 904 – Batteriekastenschnur; BGH GRUR 1992, 594, 596 – Mechanische Betätigungsvorrichtung), Angaben zur Reinheit des Faktor VIII-Konzentrats von den anderen im Merkmal 1 genannten Proteinen erkennen: Gemäß der Beschreibung des patentgemäßen Verfahrens (Absatz [0022]) werden aus der vorgereinigten Plasmafraktion der Faktor VIII, der vWF und das Fibronectin am verwendeten Austauscher-Harz adsorbiert, während das Fibrinogen eluiert wird. Sodann wird (Absatz [0023]) die Ionenstärke des Puffers erhöht und dadurch das Fibronectin sowie ein großer Teil des vWF eluiert. Indem die Ionenstärke des Puffers weiter erhöht wird (Absatz [0024]), wird schließlich der Faktor VIII in Gegenwart von geringen Mengen des vWFs eluiert, so dass das Konzentrat direkt gefriergetrocknet werden kann, und zwar ohne dass zuvor ein Stabilisator zugegeben werden muss. Der Fachmann legt die Merkmale 1a) und 1b) demnach im Hinblick auf die Gewinnung von Konzentraten des Faktors VIII durch das klagepatentgemäße Verfahren in der Weise aus, dass das Verfahren zu einem Konzentrat von Faktor VIII führt, das allerdings auch geringe Mengen des vWF enthält bzw. enthalten kann.

Die Behauptung der Beklagten, dass bei dem Verfahren zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform das von der Säule eluierte Proteingemisch aus Fibronectin und vWF nicht weiterverarbeitet werde und aufgrund dessen auch keine Trennung der Proteine gemäß Merkmal 1a) stattfinde (Bl. 190 GA), greift im Ergebnis nicht durch. In seinem Nichtigkeitsberufungsurteil vom 13.07.2013, das bei der Auslegung zu berücksichtigen ist, hat der Bundesgerichtshof (Rdnrn. 23 bis 24) diesbezüglich zutreffend Folgendes ausgeführt (Hervorhebungen hinzugefügt):

„23 e) Aus Merkmal 3.b) ergibt sich, dass Faktor VIII bei der Anwendung des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 nicht vollständig von den anderen Proteinen isoliert wird. Die Verwendung eines Gels, das durch seine Porositäts- und Hydrophobieeigenschaften geeignet ist, den Komplex aus Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor zurückzuhalten, führt vielmehr dazu, dass Faktor VIII als Aggregat mit von-Willebrand-Faktor gewonnen wird. Im Laufe des Verfahrens wird zwar ein Großteil des von-Willebrand-Faktors ausgewaschen (Abs. 24; Abs. 43, Zeile 15 f.), weil dieser in weitaus größeren Mengen im Ausgangsprodukt enthalten ist. Diejenigen Anteile an von-Willebrand-Faktor, die ein Aggregat mit Faktor VIII bilden, werden jedoch erst zusammen mit diesem eluiert (Abs. 25). Eine solche Ausgestaltung ist vorteilhaft, weil die Anwesenheit des von-Willebrand-Faktors den Abbau von Faktor VIII auch im Endprodukt und im Organismus des Patienten verhindert.

24 f) Auch die übrigen in Merkmal 1 aufgeführten Proteine brauchen bei dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nicht zwingend vollständig von den jeweils anderen getrennt zu werden. Aus Merkmal 4., wonach die Ionenstärke des Elutionspuffers sukzessiv erhöht wird, ergibt sich allerdings, dass nach Äquilibrierung des Puffers mindestens zwei Erhöhungsstufen durchlaufen werden, bei denen bestimmte Proteine eluiert werden. Dies kann entsprechend dem in der Streitpatentschrift geschilderten Ausführungsbeispiel in der Weise geschehen, dass in der ersten Erhöhungsstufe ein Gemisch aus von-Willebrand-Faktor und Fibronectin und in der zweiten Erhöhungsstufe das bereits erwähnte Aggregat aus Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor eluiert wird. Zum Gegenstand von Patentanspruch 1 gehören aber auch Verfahren mit 3 oder mehr Erhöhungsstufen, bei denen jedes der 4 Proteine isoliert gewonnen wird. Alle von Patentanspruch 1 erfassten Verfahren bieten aufgrund der unterschiedlichen Erhöhungsstufen den Vorteil, dass neben dem Aggregat aus Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor mindestens ein anderer Bestandteil des Ausgangsmaterials innerhalb eines Durchlaufs durch die Chromatographiesäule gewonnen werden kann.“

Hieraus und aus den weiteren Erörterungen des Bundesgerichtshofs in Auseinandersetzung mit dem vorbekannten Stand der Technik (Rdnrn. 67 und 73 des Urteils) ergibt sich, dass der Bundesgerichtshof zu Recht als Inhalt des Patentanspruchs 1 lediglich angesehen hat, eine chromatographische Trennung in mindestens zwei unterschiedliche Proteinfraktionen zu erreichen, die entweder als einzelne Proteine oder als Proteingemische vorliegen können.

bb.

Eine derartige Trennung findet bei der angegriffenen Ausführungsform statt. Die angegriffene Ausführungsform enthält einen Anteil des vWF gemessen als Antigen von etwa 30 bis 60 Prozent. Dieser Anteil ist als so geringer Anteil anzusehen, dass er einem patentgemäßen Verfahren zur Trennung der Proteine in der Plasmafraktion nicht entgegensteht. Die Menge des enthaltenen vWF bewegt sich im Rahmen dessen, was der Fachmann als reinen Faktor VIII gemäß der Lehre des Klagepatents beurteilt. Denn im Ausgangsprodukt, also in der Plasmafraktion, liegt das Verhältnis von Faktor VIII zu vWF bei 1 : 100, während vWF nach der Elution einen deutlich reduzierten Anteil hat.

b.

Das Klagepatent lehrt gemäß Merkmal 1b) des Weiteren, dass sich das durch das patentgemäße Verfahren gewonnene Konzentrat zum therapeutischen Gebrauch eignet.

aa.

Diesem Wortlaut entnimmt der Fachmann die Anweisung, dass das Produkt des patentgemäßen Verfahrens dazu geeignet sein muss, als Wirkstoff in einem pharmazeutischen Präparat im Rahmen einer bestimmten Therapie Verwendung zu finden. Aufgrund dieser Anweisungen versteht der Fachmann Merkmal 1b) in der Weise, dass das aus dem Verfahren gewonnene Konzentrat nach der Lehre des Klagepatents dann zum therapeutischen Gebrauch geeignet ist, wenn es keine Stoffe enthält, die dem therapeutischen Einsatz – beispielsweise mehrfache Injektionen zur Behandlung von Hämophilie A – entgegenstehen könnten.

Aus der Patentbeschreibung erfährt der Fachmann (Absatz [0003]), dass das Verfahren zur Gewinnung eines Wirkstoffs dient, welcher durch wiederholte Injektionen zur Behandlung von Hämophilie A (Bluterkrankheit) eingesetzt werden soll. Auch erfährt der Fachmann aus der allgemeinen Beschreibung der patentgemäßen Erfindung (Absatz [0030]), dass der Wirkstoff den Anforderungen genügen muss, wie sie durch die von der Europäischen Pharmakopöe verfassten Richtlinien empfohlen werden. Dabei lehrt die Patentbeschreibung, dass das aus dem Verfahren erhaltene Konzentrat von sehr hoher Reinheit ist, frei von Fibrinogen und Immunglobulinen G, einen nur geringen Anteil an Fibronectin aufweist und frei von menschlichen Blutgruppenantikörpern ist oder nur geringe Mengen davon enthält, mithin von der Qualität einheitlicher Blutgruppen ist.

Dafür, dass ein Anteil des vWFs mit dem therapeutischen Zweck unvereinbar wäre, enthält das Klagepatent keinen Hinweis. Im Gegenteil erfährt der Fachmann aus der allgemeinen Beschreibung der Erfindung (Absatz [0024]), dass ein Faktor-VIII-Konzentrat zusammen mit einem geringen Anteil des vWF eluiert wird, und aus der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels (Absatz [0047]), dass der vWF in einer nach einem patentgemäßen Verfahren gewonnenen Lösung in einem nicht unerheblichen Anteil enthalten ist. Aus Sicht des Fachmanns hängt die Eignung zum therapeutischen Gebrauch im Sinne des Klagepatents vom Reinheitsgrad des mit dem Verfahren gewonnenen Konzentrats ab. Dieser Reinheitsgrad wird danach bestimmt, ob die in der Patentschrift als dem therapeutischen Erfolg entgegenstehenden Proteine – zu denen der vWF nicht zählt – in dem Konzentrat nicht enthalten ist.

Die Behauptung der Beklagten, dass das Verfahren zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform nicht zur Herstellung von Konzentraten, der in Merkmal 1a) auch genannten Proteine Fibrinogen, Fibronectin und vWF dienen würde, da diese Proteine zusammen mit der jeweiligen Waschlösung ausgewaschen und verworfen werden, anstatt zum therapeutischen Gebrauch verwendet zu werden (Bl. 181-183 u. 385-390 GA), greift im Ergebnis nicht durch. Dass die Beklagten die erhaltenen Fibrinogen-, Fibronectin- und vWF-Fraktionen verwerfen und therapeutisch nicht nutzen, ist rechtlich unerheblich. Sofern die den Faktor VIII enthaltende Fraktion den Verwendungsanforderungen des Patentanspruchs 1 genügt, spielt es keine Rolle, ob die mögliche Verwendung dieser Fraktion in die Tat umgesetzt wird oder nicht. Der Annahme der Gewinnung patentgemäßer Proteinkonzentrationen steht nicht entgegen, dass bei dem zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform angewandten Verfahren die einzelnen Proteine jeweils in Waschlösung aufgelöst erhalten werden. Auch das Klagepatent geht nicht davon aus, dass die Proteinfraktionen unmittelbar nach ihrer Eluierung die zur Weiterverwendung geeignete Konzentration aufweisen müssen. Patentanspruch 1 schließt weder den weiteren Verfahrensschritt einer Konzentration noch den einer Verdünnung der durch Eluierung gewonnenen Fraktionen aus. Beide Möglichkeiten werden in den Ausführungsbeispielen der Klagepatentschrift ausdrücklich genannt. In Ausführungsbeispiel 3 wird das auf der Kolonne adsorbierte Fibrinogen eluiert und die aufgefangene Fraktion von Fibrinogen anschließend konzentriert, bevor das konzentrierte Produkt in Fläschchen abgefüllt wird (Anlage LA 3a, Absatz [0054] bis Absatz [0057]). Ausführungsbeispiel 2 beschreibt es als möglich, die durch das chromatographische Verfahren nach Ausführungsbeispiel 1 eluierte Faktor VIII-Konzentration durch Verdünnung einzustellen (Absatz [00046]).

Dem Einwand der Beklagten, nach der Lehre des Klagepatents verwirkliche ein Verfahren Merkmal 1b) nicht, wenn es eine Ultrafiltration vorsehe, um den therapeutischen Einsatz des gewonnenen Konzentrats zu gewährleisten, da bei einem solchen Verfahren erst ein nicht im Anspruch erwähnter Verfahrensschritt zur Eignung zum therapeutischen Gebrauch führen und außerdem ein vom Klagepatent gelehrter Vorteil des patentgemäßen Verfahrens verfehlt würde, kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Das Klagepatent lehrt nach dem Wortlaut seines Anspruchs 1 nicht, dass die Durchführung einer Ultrafiltration außerhalb der patentgemäßen technischen Lehre liege. Ein Verfahren, das die Ultrafiltration zusätzlich zu den im Anspruchswortlaut gelehrten Verfahrensschritten vorsieht, ist vom Wortlaut auch umfasst. Zwar ist den Beklagten zuzugeben, dass es das Klagepatent bei der Würdigung des Standes der Technik als Vorteil schildert (Absatz [0007]), wenn eine Ultrafiltration nicht erforderlich ist. Auch formuliert es das Klagepatent als Vorteil der offenbarten technischen Lehre (Absatz [0013]), dass ein Verfahren zur Verfügung gestellt wird, das eine weitere, das Verfahren komplizierende Behandlung wie die Ultrafiltration überflüssig macht. Indes findet der Verzicht auf die Ultra-/Diafiltration im Anspruchswortlaut keinen Niederschlag. Bei der Auslegung des Patentanspruchs kann die Patentbeschreibung deshalb nicht in der Weise berücksichtigt werden, dass ein bestimmter Gegenstand des Patents allein aus der Beschreibung und nicht aus dem Patentanspruch abgeleitet wird (BGH GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube). Wenn der Patentanspruch eine allgemeine Lehre enthält, wird der Schutzbereich des Patents nicht dadurch eingeschränkt, dass dem Fachmann aus der Beschreibung eine besondere Gestaltung offenbart wird (BGH GRUR 1985, 967 – Zuckerzentrifuge). Andernfalls würde der Patentanspruch in unstatthafter Weise in Form einer sachlichen Einschränkung „unter seinen Wortlaut“ ausgelegt (BGH GRUR 2004, 1023, 1025 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung).

Dieses Verständnis teilt auch der Bundesgerichtshof, wie sich aus Rdnr. 27 seines Nichtigkeitsberufungsurteils ergibt, wo Folgendes zu Recht ausgeführt wird:

„27 b) Aus der Bezugnahme auf Patentanspruch 1 ergibt sich ferner, dass ein Faktor VIII-Konzentrat im Sinne von Patentanspruch 13 ohne Zusatz von stabilisierenden Mitteln verwendbar sein muss. In der Beschreibung des Streitpatents wird als wesentlicher Vorteil des patentgemäßen Herstellungsverfahrens hervorgehoben, dass das auf diesem Weg gewonnene Faktor VIII-Konzentrat gefriergetrocknet werden kann, ohne dass ein Stabilisator hinzugefügt werden muss (Abs. 25 und 46), durch den die spezifische Aktivität wieder reduziert würde.“

Der Schritt der Gefriertrocknung ist dementsprechend der letzte Verfahrensschritt (Merkmal 5) des patentgemäßen Herstellungsverfahrens. Eine zusätzliche Ultrafiltration würde deshalb dann schaden, wenn sie durchgeführt werden müsste, um ein therapeutisch brauchbares Konzentrat überhaupt erst zu erhalten. Sie ist dagegen bedeutungslos, wenn es sich um einen zusätzlichen Verfahrensschritt handelt, der die therapeutische Verwendungsfähigkeit nicht erst herstellt, sondern anderen Vorteilen dient.

bb.

Exakt so liegen die Verhältnisse bei der angegriffenen Ausführungsform. Die Ultrafiltration dient in dem Verfahren zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform dazu, therapeutisch verwendbare Konzentrationen des Faktor VIII / vWFs herzustellen, d.h. die IE von Faktor VIII in dem Endprodukt – je nach Packungsgröße – immer auf die Werte 250 IE, 500 IE oder 1000 IE einzustellen. Die sich anschließende Diafiltration dient dazu, stabile Verhältnisse insbesondere für den Faktor VIII zu schaffen, d.h. vorhandene chemische Agenzien wie Bestandteile der im Verlaufe des Verfahrens zugesetzten Puffer auf eine für den Faktor VIII stabilisierende Konzentration einzustellen.

Die Ultra-/Diafiltration dient bei dem Herstellungsverfahren somit zum Einen dazu, das Eluat in eine Konzentration zu bringen, die der jeweiligen Packungsgröße 250 IE/Flasche, 500 IE/Flasche und 1000 IE/Flasche entspricht. Die Herstellung einer exakt diesen Konzentrationen entsprechenden Lösung ist nicht zuletzt erforderlich, um überhaupt eine arzneimittelrechtliche Zulassung zu erhalten. Dazu muss nämlich das Produkt eine immer gleich bleibende Konzentration aufweisen, die das Eluat der Beklagten nach der Chromatographie nicht aufweist. Die Beklagte greift demnach auf die Ultra-/Diafiltration zurück, um eine Lösung mit gleich bleibender Wirkstoffkonzentration zu erhalten. Zum Anderen dient die Ultra-/Diafiltration auch dazu, Faktor VIII zu stabilisieren, um dessen Denaturierung in weiteren Verfahrensschritten zu verhindern und eine endgültige Lagerstabilität herbeizuführen. Erst die Diafiltration ermöglicht es nämlich, dass die Lösung danach für weitere Schritte, wie Gefriertrocknung und anschließende Vireninaktivierung durch Hitzebehandlung geeignet ist.

Der erstgenannte Gesichtspunkt – Herstellung einer Lösung mit stets gleichbleibender Wirkstoffkonzentration – betrifft nicht die grundsätzliche Eignung des Eluats als therapeutischer Wirkstoff, sondern Formalbedingungen der Arzneimittelzulassung im Zusammenhang mit der Formulierung als Arzneimittel. Der zweitgenannte Gesichtspunkt – Stabilisierung des Faktor VIII / vWF-Konzentrats zum Schutz vor einer Denaturierung während der weiteren Bearbeitung und zur Herbeiführung einer lagerstabilen Form – betrifft ebenfalls nicht die grundsätzliche Eignung des Eluats als therapeutischen Wirkstoff.

Die angegriffene Ausführungsform beruht demnach auf einem Verfahren, das das Merkmal 1b) des Anspruch 1 des Klagepatents verwirklicht. Die angegriffene Ausführungsform enthält, wie oben dargelegt, den vWF nur zu einem so geringen Anteil, dass sie in der Therapie der Hämophilie einsetzbar ist. Dass die angegriffene Ausführungsform einer Ultra-/Diafiltration unterzogen wird, führt nicht aus dem Schutzbereich heraus. Wie oben ausgeführt, erwähnt es das Klagepatent als erheblichen Vorteil des patentgemäßen Verfahrens, dass eine Ultrafiltration nicht durchgeführt werden muss, schreibt aber nicht vor, dass keine Ultrafiltration durchgeführt werden darf. Eine zusätzliche Ultra-/Diafiltration würde dann der patentgemäßen Lehre widersprechen, wenn dieser zusätzliche Verfahrensschritt erst die therapeutische Verwendungsfähigkeit herstellt. Die Ultra-/Diafiltration dient aber in dem Verfahren zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform anderen Vorteilen. Sie ist demnach kein Verfahrensschritt, der nach der Lehre des Klagepatents einen therapeutischen Gebrauch des Faktor VIII-Konzentrats erst ermöglicht.

c.

Merkmal 2, dessen Verwirklichung von den Beklagten in Abrede gestellt wird, besagt, dass als Ausgangsmaterial des erfindungsgemäßen Verfahrens eine Plasmafraktion verwendet wird. Die Beklagten meinen, eine Verwirklichung liege nicht vor, da bei der angegriffenen Ausführungsform unstreitig eine Vorbehandlung mit Ethanol stattfindet, auf welche nach dem Klagepatent jedoch verzichtet werden solle.

Patentanspruch 1 verhält sich an keiner Stelle dazu, dass eine Vorreinigung mit Ethanol nicht stattfinden darf. Im Gegenteil besagt die Patentschrift in Abschnitt [0016], dass man als Ausgangsfraktion eine Fraktion von bei niedriger Temperatur ausgefälltem Plasma benutzen kann, die gegebenenfalls eine Vorreinigung erfahren hat. Diese vorherige Behandlung kann nach der Beschreibungsstelle beispielsweise in einer Fällung mit Aluminiumoxidgel und/oder in einer Fällung bei niedriger Temperatur nach den klassischen Techniken der Behandlung derartiger Fraktionen bestehen. Zu den klassischen Behandlungstechniken gehörte im Prioritätszeitpunkt die Vorreinigung mit Ethanol. Auch Abschnitt [0022] spricht ebenso von einer vorgereinigten Plasmafraktion wie das Beispiel 1) unter A) Vorreinigung und Virusinaktivierung.

d.

Gemäß Merkmal 3 wird das Ausgangsmaterial einer einzigen (unique) Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz von vergleichsweise gemäßigtem ionischen Charakter unterzogen.

aa.

Diesem Wortlaut entnimmt der Fachmann, dass Ausgangspunkt für einen weiteren Verfahrensschritt die bei niedriger Temperatur ausgefällte Plasmafraktion ist, die im Wesentlichen aus den Proteinen Fibrinogen, Fibronectin, vWF und Faktor VIII besteht. Zum Verständnis von Merkmal 3 zieht der Fachmann auch die anderen Merkmale mit in Betracht, insbesondere Merkmal 2, welches das in Merkmal 3 erwähnte „Ausgangsprodukt“ definiert. Bei der Auslegung des Patentanspruchs wird der Fachmann stets den gesamten Anspruch in den Blick nehmen und nicht einzelne Merkmale isoliert betrachten (BGH GRUR 2004, 845, 846 – Drehzahlermittlung). Ferner entnimmt der Fachmann dem Anspruchswortlaut die technische Lehre, dass diese chromatographische Trennung geschieht, nachdem die bei niedriger Temperatur ausgefällte Plasmafraktion gemäß Merkmal 2 wieder gemäß Merkmal 2c) in wässrige Lösung gebracht wurde.

Im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „einzige (unique)“ versteht der Fachmann den Anspruchswortlaut in der Weise, dass sich dieser Begriff als Attribut auf den Satzbestandteil „Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz“ bezieht. Die Beschränkung auf einen einzigen Verfahrensschritt ist nach dem Anspruchswortlaut daher keine Aussage, die über den gesamten Verfahrensprozess getroffen wird, sondern es wird lediglich die Anzahl der Verfahrensschritte durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz auf einen einzigen solchen Verfahrensschritt beschränkt. Darüber, ob weitere, nicht zur Chromatographie gehörende Verfahrensschritte durchgeführt werden dürfen, ohne dass dies der patentgemäßen Lehre widerspräche, enthält der Anspruchswortlaut keine Angaben. Der Fachmann versteht diesen Wortlaut daher als offen formuliert in dem Sinne, dass die Ausführung weiterer Verfahrensschritte grundsätzlich nicht außerhalb des Schutzbereichs des Anspruchs 1 des Klagepatents liegt.

Auch im allgemeinen Teil der Beschreibung finden sich Erörterungen, die dieses Verständnis untermauern. Bereits der Erläuterung des nach dem patentgemäßen Verfahren erreichten Vorteils (Absatz [0013]) entnimmt der Fachmann, dass die gesuchten, in der Plasmafraktion enthaltenen Proteine auf einer einzigen chromatographischen Kolonne getrennt werden können. Demnach ist es der Verfahrensschritt der Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz, der die Trennung der Proteine voneinander bewirkt. Die Trennung der Proteine soll mithin allein durch Chromatographie erzielt werden, so dass die Protein-Konzentrate in der gewünschten Reinheit gewonnen werden können. Dies entnimmt der Fachmann auch der weiteren allgemeinen Beschreibung, in der erläutert wird (Absatz [0021]), welche konkreten Austauscherharze dazu geeignet sind, die den Faktor VIII enthaltende Plasmafraktion so zu verarbeiten, dass ein Konzentrat von Faktor VIII mit sehr hoher Reinheit und einer Qualität, die mit der eines Konzentrats von Plasma gleicher Blutgruppe vergleichbar ist, erzielt werden kann. Auch ist der Beschreibung an dieser Stelle zu entnehmen, dass in demselben chromatographischen Verfahrensschritt auch die drei weiteren in der Plasmafraktion enthaltenen Proteine als Konzentrat gewonnen werden können, was wiederum die technische Lehre einer einzigen chromatographischen Trennung zum Ausdruck bringt.

Ferner wird der Fachmann in diesem Verständnis durch die Erläuterung des vorzugswürdigen Herstellungsbeispiels 2 (Absatz [0045]) gestützt. Dort wird beschrieben, dass die Lösung von Faktor VIII bereits genügend rein und konzentriert ist, nachdem sie durch ein chromatographisches Verfahren gewonnen wurde, welches gemäß dem Verfahrensbeispiel 1 (Absatz [0037]) eine einzige Chromatographie auf einer Kolonne mit dem Harz G® (M) vorsieht. Nach diesem als vorzugswürdiges Ausführungsbeispiel beschriebenen und jedenfalls patentgemäßen Verfahren reicht ein einziger chromatographischer Verfahrensschritt zur Trennung aus, um Reinheit und Konzentration in ausreichendem Maße zu erreichen. Reinheit und Konzentration hängen somit von der Durchführung der Chromatographie ab, nicht von anderen Verfahrensschritten.

Hinsichtlich der Durchführung einer Ultrafiltration enthält die Patentbeschreibung keine Aussage des Inhalts, dass deren Durchführung für das Ziel des Verfahrens, nämlich eine spezifische Aktivität von 100 I.E./mg zu erreichen, von Bedeutung ist. Dieses Ziel kann nach dem patentgemäßen Verfahren auch ohne die Durchführung einer Ultrafiltration erreicht werden. Umgekehrt lehrt das Klagepatent nicht, dass die Erreichung des Ziels durch die Ausführung der Ultrafiltration zwangsläufig vereitelt wird und ein Verfahren, das auch eine Ultrafiltration umfasst, nicht der technischen Lehre des Klagepatents entspricht (s.o.). Das Klagepatent enthält lediglich gleichsam als Warnung den Hinweis darauf, dass (Absatz [0007]) die Ultrafiltration sich schädigend auf die spezifische Aktivität des Konzentrats auswirken kann. Dem ist aber nicht zu entnehmen, dass ein Konzentrat mit der spezifischen Aktivität von (wenigstens) 100 I.E./mg nicht auch nach Ausführung der Ultrafiltration erreicht werden kann. Sofern der Fachmann aus anderen Gründen als demjenigen, ein Konzentrat von ausreichender spezifischer Aktivität zu erlangen, eine Ultrafiltration vornehmen will, etwa um das schon erhaltene Konzentrat auf eine bestimmte Konzentration zu bringen (siehe hierzu auch die obigen Ausführungen) führt dies aus der Verletzung nicht heraus.

bb.

Das für die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform eingesetzte Verfahren verwirklicht Merkmal 3. Es umfasst nur einen einzigen Verfahrensschritt der Trennung durch Chromatographie auf einem Anionenaustauscherharz. Das so gewonnene Konzentrat erreicht eine spezifische Aktivität von mehr als 100 I.E./mg, auch nachdem es einer Ultrafiltration unterworfen wurde.

e.

Gemäß Merkmal 3b) wird das Anionenaustauschharz dahingehend beschrieben, dass es durch seine Porositäts- und Hydrophobieeigenschaften fähig ist, den Komplex aus Faktor VIII und von Willebrand-Faktor zurückzuhalten. Die Beklagten meinen, eine Verwirklichung liege nicht vor, da in dem für die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform verwendeten Puffer kein Lysin verwendet werde. Das Klagepatent sehe jedoch eine Mischung aus Lysin und Glycin vor.

Dem ist nicht zuzustimmen. Die Merkmalsgruppe 3 sieht zur Trennung durch Chromatographie

 ein Anionenaustauschharz von vergleichsweise gemäßigtem ionischem Charakter
 dessen Matrix ein Gel von der Art eines makroretikulären Vinylpolymers ist,
 das aufgrund seiner Porosität und Hydrophobieeigenschaften in der Lage ist, den Komplex aus Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor zurückzuhalten.

Dieser Vorgabe wird nach der Klagepatentschrift dadurch genügt, dass der gebrauchte Puffer vorteilhaft Lysin in einer Menge von der Größenordnung 2 bis 4 g/l sowie Glycin in einer Menge von der Größe 8 bis 11 g/l enthält. Bereits die Angabe „vorteilhaft“ zeigt, dass es sich hierbei lediglich um eine bevorzugte Verwendung von Lysin und Glycin handelt, auf welche der Patentanspruch hingegen nicht beschränkt ist. Hierfür spricht insbesondere auch der weitere Satz in Abschnitt [0025], in dem es heißt, dass die Verwendung anderer Aminosäuren oder nur einer einzigen dieser beiden Aminosäuren deutlich weniger zufriedenstellende Ergebnisse gibt. Daraus folgt, dass die Kombination der beiden Aminosäuren optimal ist, die Verwendung auch nur einer der beiden oder einer anderen Aminosäure wird hierdurch jedoch gerade nicht ausgeschlossen, wenn in Kauf genommen wird, dass schlechtere Ergebnisse erzielt werden.

Entsprechendes kann dem Urteil des Bundesgerichtshofes entnommen werden, wenn es unter Rn. 56 heißt:

„Ob Patentanspruch 1 auch in dieser Fassung dem Gebot der Deutlichkeit (Klarheit) entspricht, wie es in Artikel 84 EPÜ niedergelegt und auch bei der Formulierung beschränkter Patentansprüche in Patentnichtigkeitsverfahren zu beachten ist (vgl. Senatsurteil vom 18.03.2010 – Az.: X a ZR 54/06, Tz. 55 – Proxy Serversystem, zur Veröffentlichung vorgesehen), kann dahingestellt bleiben. Das zusätzlich in den Patentanspruch aufgenommene Merkmal kann nach der Streitpatentschrift jedenfalls dadurch verwirklicht werden, dass der bei der Chromatographie verwendete Puffer Lysin in der Größenordnung von 2 bis 4 g pro Liter und Glycin in einer Größenordnung von 8 bis 11 g pro Liter enthält. Die Verwendung eines solchen Puffers in der zweiten Elutionsphase ist bereits in K6 offenbart.“

Umgekehrt bedeutet dies, dass auch jeder andere Puffer zum Einsatz kommen kann und anspruchsgemäß ist, solange die allgemeinen Vorgaben der Merkmalsgruppe 3 eingehalten werden.

f.

Soweit die Beklagten mit dem Bestreiten des Merkmals 1b) inzident auch Merkmal 4 bestreiten, gilt Folgendes:

Der Patentanspruch lehrt gemäß dem Wortlaut des Merkmals 4, dass die verschiedenen Proteine selektiv gewonnen werden, indem die Ionenstärke des Elutionspuffers sukzessiv erhöht wird.

aa.

Der Fachmann, der auch zum Verständnis dieses Merkmals den gesamten Anspruchswortlaut mit allen Merkmalen in den Blick nimmt, erkennt, dass „die verschiedenen Proteine“ diejenigen sind, die gemäß Merkmal 2b) in der als Ausgangsmaterial dienenden Plasmafraktion enthalten sind, mithin Fibrinogen, Fibronectin, vWF und Faktor VIII.

Gemäß der Beschreibung des Klagepatents (Absatz [0022]) werden aus der vorgereinigten Plasmafraktion gemäß Merkmal 2 Faktor VIII, vWF und Fibronectin am verwendeten Austauscher-Harz adsorbiert, während Fibrinogen eluiert wird. Sodann wird (Absatz [0023]) die Ionenstärke des Puffers erhöht und dadurch das Fibronectin sowie ein großer Teil des vWF eluiert. Indem die Ionenstärke des Puffers sodann weiter erhöht wird (Absatz [0024]), wird schließlich der Faktor VIII in Gegenwart von geringen Mengen des vWF eluiert, so dass das Konzentrat direkt gefriergetrocknet werden kann. Auf diese Weise wird jedes der vier Proteine in der nach dem Klagepatent geforderten Reinheit und Konzentration gewonnen. Aus der Patentbeschreibung erfährt der Fachmann (Absatz [0024]), dass das Faktor-VIII-Konzentrat in Gegenwart von geringen Mengen des vWF eluiert und sodann ohne weitere (Reinheit und/oder Konzentration beeinflussende) Verfahrensschritte gefriergetrocknet werden kann. Ferner entnimmt der Fachmann der Erläuterung eines vorzugswürdigen Ausführungsbeispiels (Absatz [0047]), dass nach einem vorzugswürdigen, mithin jedenfalls patentgemäßen Verfahren ein Faktor-VIII-Konzentrat gewonnen wird, welches auch einen nicht unerheblichen Anteil des vWFs aufweist. Somit wird ein Faktor-VIII-Konzentrat gemäß Merkmal 4 auch dann in patentgemäß hinreichender Reinheit und Konzentration gewonnen, wenn es über einen gewissen Anteil des vWFs verfügt (siehe hierzu auch die obigen Ausführungen).

Aus diesen Gründen greift der Einwand der Beklagten nicht durch, erfindungsgemäß müsse aus dem nach dem Klagepatent gelehrten Verfahren der Faktor VIII ohne über das Maß an üblichen Verunreinigungen hinausgehender Anteile des vWF gewonnen werden können.

bb.

Demnach verwirklicht das Verfahren zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform Merkmal 4 der Klagepatentschrift. VWF ist in der angegriffenen Ausführungsform in aus Sicht des Fachmanns nur geringen Mengen vorhanden. Ferner können die weiteren Proteine, nämlich Fibrinogen, Fibronectin und vWF durch das Herstellungsverfahren gewonnen werden.

IV.

Die Beklagten zu 1) bis 9) können sich nicht erfolgreich darauf berufen, ihnen sei aufgrund der zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der A AG abgeschlossenen Vereinbarung vom 16.01.1989 (Anlagen B11, 11a, HLA32) eine kostenlose Lizenz am Klagepatent eingeräumt worden.

1.

Die Vereinbarung vom 16.01.1989 unterliegt schweizerischem Recht. Nach Art. 18 (SOR) bildet der Text der Vereinbarung den Ausgangspunkt für eine Auslegung, nicht aber die Grenze der Auslegung. Bei Nichtübereinstimmung von Vereinbarungstext und Vereinbarungswillen soll zunächst auf den wirklichen Willen der Parteien abgestellt werden. Gemäß Art. 18 Abs. 1 SOR ist dabei zunächst der wirkliche Parteiwille zu ermitteln. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens sind alle Tatsachen und Faktoren zu berücksichtigen, aus denen auf die Willenslage bei Abgabe der Vertragserklärung geschlossen werden kann. Auslegungsmittel sind – als Ausgangspunkt – der Wortlaut des Vertrags sowie alles, was zur Feststellung des wirklichen Willens der Parteien bei Vertragsschluss geeignet ist. Hierzu zählen insbesondere die Entstehungsgeschichte des Vertrags, die Begleitumstände, das Verhalten der Parteien vor und nach Vertragsschluss sowie der Vertragszweck.

2.

Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Auslegung von Ziff. 2 der Vereinbarung vom 16.01.1989 und damit über den Gegenstand der Lizenzerteilung durch die Klägerin an A. Die Beklagten verstehen unter „seine Faktor VIII-THP-Technologie“ das Verfahren nach dem Klagepatent. Nach Ansicht der Kläger dagegen fällt unter „seine Faktor VIII-THP-Technologie“ ein kombiniertes Verfahren bestehend aus dem Chromatographieverfahren nach dem Klagepatent und der Vorreinigungstechnik „ohne Ethanol“, die Gegenstand des D II Patents ist.

Die „Präambel“ der Vereinbarung vom 16.01.1989 hält ihrem Wortlaut nach zunächst die Erfindungs- und Schutzrechtslage fest (Anlage B 11a, HLA 32). In ihr wird darauf Bezug genommen,

– dass das C – also die Klägerin – ein Chromatographieverfahren für den Faktor VIII und die A AG eine Vorbehandlung für Kryopräzipitate entwickelt haben, die zusammen besonders hohe Leistungsergebnisse liefern, sowie

– dass die A AG eine Patentanmeldung eingereicht hat, die die eigene Vorbehandlung „ohne Ethanol“ und das gesamte Verfahren umfasst, womit das Kombinationsverfahren aus Vorbehandlungsschritt ohne Ethanol und Chromatographieschritt auf einem Anionenaustauscherharz gemeint ist.

Was Gegenstand der getroffenen Vereinbarung sein soll, hält die „Präambel“ sodann in ihrem letzten Satz wie folgt fest (Unterstreichungen hinzugefügt):

„Angesichts der industriellen Möglichkeiten dieses Verfahrens haben sich C und D für eine gemeinsame Verwertung des entsprechenden Patents unter folgenden Bedingungen entschieden.“

Mit „diesem Verfahren“ ist nach dem Wortlaut der Vereinbarung das im unmittelbar vorhergehenden Satz angesprochene „gesamte Verfahren“ gemeint, namentlich die Kombination aus Vorreinigungsschritt „ohne Ethanol“ und Chromatographieverfahren. Das gemeinsam zu verwertende „entsprechende Patent“ ist demnach die Patentanmeldung der Rechtsvorgängerin der A AG (D II), die in ihrem Anspruch 2 das besagte Kombinationsverfahren beinhaltet. Mit der Formulierung „des entsprechenden Patents“ ist nur der Singular verwandt und damit bloß eine einzige Anmeldung angesprochen, nicht mehrere. Bei dieser einen einzigen Anmeldung handelt es sich um die im zweiten Absatz der Präambel allein genannte Anmeldung der Rechtsvorgängerin der A AG, die zweierlei umfasst:

1. Vorreinigung „ohne Ethanol“

2. Vorreinigung „ohne Ethanol“ und Chromatographieverfahren

Nach dem Wortlaut soll demnach eine isolierte Durchführung des Chromatographieverfahrens gemäß dem Klagepatent nicht erfasst sein. Denn dieses Verfahren ist in der französischen Patentanmeldung 88.07XXX beansprucht, die ausschließlich im ersten Absatz der Präambel erwähnt wird.

Entsprechend ergibt eine Auslegung nach dem Wortlaut, das mit „für seine Faktor VIII-THP-Technologie“ in Ziff. 2 der Vereinbarung das Chromatographieverfahren und die Vorbehandlung „ohne Ethanol“ gemeint ist. Denn die nachfolgenden Ziffern 1 bis 4 werden ausdrücklich als die Bedingungen bezeichnet, nach denen die zuvor dargelegte gemeinsame Erfindungs- und Patentverwertung stattfinden soll.

3.

Es lässt sich nicht feststellen, dass die Entstehungsgeschichte des Vertrages, die Begleitumstände, das Verhalten der Parteien vor und nach Vertragsschluss und/oder der Vertragszweck eine von der Auslegung nach dem Wortlaut abweichende Auslegung gebietet.

a.

Die erhobenen Beweise genügten nicht, um die Kammer davon zu überzeugen, dass Gegenstand der kostenlosen Lizenz in Ziff. 2 der Vereinbarung das Klagepatent sein sollte.

Zwar hat der Zeuge H die Behauptung der Beklagten glaubhaft bestätigt, wonach er an der Entwicklung der Erfindung nach dem Klagepatent mitgewirkt hat. Er hat jedoch ebenso glaubhaft beschrieben, dass sich die Parteien – was die Anmeldung der Erfindung anbelangte – jedenfalls seit Anfang 1988 gegenseitig misstrauten und Dinge voreinander geheim hielten. Seine plausible und in sich widerspruchsfreie Aussage belegt nicht, dass es vor der Vereinbarung von 1989 einen Willen der Parteien gegeben hätte, das isolierte Chromatographieverfahren gemäß dem Klagepatent gemeinsam anzumelden, da es von beiden Parteien gleichermaßen entwickelt worden sei. Denn nach seiner glaubhaften Bekundung war die Zusammenarbeit zwischen den Parteien Anfang 1988 nicht mehr so eng. A hatte zu diesem Zeitpunkt den Eindruck gewonnen, Lille könne unter dem Einfluss von Paris und wegen eines Rechtsstreits der A nunmehr auf der anderen Seite stehen. Aus diesem Grund sei D II angemeldet worden. Dass die Klägerin nicht mit offenen Karten gespielt habe, sei auch aus einem Brief von J von Juli 1988 erkennbar. Dieser Brief habe den Vorschlag zur gemeinsamen Entwicklung eines Patentes enthalten. Dies sei deswegen bizarr, da zu diesem Zeitpunkt – was zutrifft – A bereits D II angemeldet (27.05.1988) und die Klägerin die in der Vereinbarung von 1989 genannte französische Patentanmeldung durchgeführt hatte (07.06.1988). Den Eindruck des Zeugen, dass zum Zeitpunkt der D II Anmeldung und der französischen Patentanmeldung das Verhältnis der Parteien von gegenseitigem Misstrauen geprägt war, haben auch die Zeugen K und L glaubhaft bestätigt. Der Zeuge L hat sich in diesem Zusammenhang explizit dahingehend geäußert, dass die Missverständnisse daraus resultierten, dass auf technischer Ebene darüber gestritten worden sei, wer welchen Beitrag erbracht habe. Nicht nur dieses Misstrauen der Parteien und der Streit um die Beiträge zur Erfindung steht der Annahme entgegen, die Parteien hätten die gemeinsame Anmeldung des Klagepatents vor dem Abschluss der Vereinbarung vom 16.01.1989 gewollt, da sie der Meinung waren, beide Parteien hätten gleichermaßen an der Entwicklung mitgewirkt. Auch der Umstand, dass Gegenstand von D II, das neben dem Zeugen H die Zeugin M (Myriana J) als Miterfinderin nennt, eben nicht das isolierte Chromatographieverfahren ist, sondern vielmehr das isolierte Vorreinigungsverfahren „ohne Ethanol“ (Anspruch 1) und ein Kombinationsverfahren aus Vorreinigungsschritt ohne Ethanol und Chromatographieschritt auf einem Anionenaustascherharz (Anspruch 2), spricht dagegen. Demgegenüber hat die französische Anmeldung zwar das isolierte Chromatographieverfahren zum Gegenstand. Sie nennt den Zeugen H aber gerade nicht als Miterfinder. Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen H hat er sich im Nachgang an die französische Patentanmeldung nicht um eine Mitinhaberschaft bemüht. Zwar weist der Zeuge in seiner Vernehmung darauf hin, dass es bei der Vereinbarung 1989 einen Konfliktpunkt gegeben habe und er es als Anerkennung empfunden habe, dass geregelt worden sei, dass A das Patent der Klägerin benutzen dürfe. Schließlich habe er das Verfahren maßgeblich miterfunden und es deshalb als richtig empfunden, dass A das Verfahren mit und ohne Alkohol nutzen könne. Der Zeuge H hat aber auch eingeräumt, dass er an dem Abschluss der Vereinbarung vom 16.01.1989 nicht beteiligt gewesen sei, sondern seine Eindrücke von dritter Seite, nämlich aus Gesprächen mit Herrn L und Herrn N auf den Autofahrten zwischen Hagen und Paris gewonnen habe. Zu dem Zeugen K habe er nie in direktem Kontakt gestanden. Soweit der Zeuge H darüber hinaus bekundet hat, er habe seine Eindrücke auch aus der Vereinbarung selbst gewonnen, hilft diese eigene Auslegung des Vertrages nicht weiter. Zwar haben die Zeugen J und K bestätigt, dass es Überlegungen über eine gemeinsame Patentanmeldung gab. Der Zeuge J hat sich aber nicht zweifelsfrei dazu geäußert, was er konkret unter einer „gemeinsamen Patentanmeldung“ versteht, ob also lediglich das Kombinationsverfahren, das Gegenstand von D II war, gemeinsam angemeldet werden sollte oder aber das Chromatographieverfahren isoliert, das Inhalt des Klagepatents ist. Die Aussage des Zeugen K deutet zwar darauf hin, dass zwischen den Parteien möglicherweise auch eine gemeinsame Patentanmeldung im Raum stand, die das isolierte Chromatographieverfahren zum Gegenstand haben sollte. Denn er hat sich dahingehend geäußert, dass sich A habe vorstellen können, das G-Verfahren mitzuteilen und dafür im Gegenzug kommerzielle Vorteile zu erlangen. Auch der Aussage des Zeugen K lässt sich jedoch nicht eindeutig entnehmen, dass es hierbei um das isolierte Chromatographieverfahren ging und nicht um das Kombinationsverfahren, das ebenfalls das G-Verfahren beinhaltet. Unabhängig davon hat der Zeuge K bekundet, dass es lediglich eine Hypothese gab, ein gemeinsames Patent anzumelden. Es sei jedoch aufgrund des Verhaltens der A zu Enttäuschungen gekommen. Der Aussage des Zeugen K lässt sich demnach nicht entnehmen, dass – falls es überhaupt ernst zu nehmende Überlegungen zu einer gemeinsamen Anmeldung des isolierten Chromatographieverfahrens gab – daran auch festgehalten wurde. Dies wird durch die Aussage des Zeugen L gestützt, der sich an einen Beschluss von C und A ein Patent anzumelden, nicht erinnern konnte. In Bezug auf den eigentlichen Vertragsschluss hat der Zeuge J – wie auch der Zeuge H – eingeräumt, nicht daran beteiligt gewesen zu sein. Der Zeuge K, der den Vertrag verfasst und unterschrieben hat, hat sich dahingehend geäußert, dass es in der Vereinbarung von 1989 darum ging, D II wiederzuerlangen. A sollten bestimmte Rechte eingeräumt werden. Der Zeuge L dagegen hat bekundet, dass nach der Vereinbarung A die Erlaubnis erhalten sollte, „dieses Verfahren“ zu benutzen. Auf Nachfrage, was er mit „diesem Verfahren“ meine, hat er erwidert, dass er kein Techniker sei, aber damit die Benutzung der G-Säule zusammen mit dem Puffer, den A damals entwickelt hätte, gemeint habe. Angaben dazu, ob er auf das isolierte Chromatographieverfahren oder das Kombinationverfahren Bezug nehme, hat er nicht gemacht. Den glaubhaften Aussagen der Zeugen H, J, K oder L lässt sich damit zur Überzeugung der Kammer nicht entnehmen, dass die Parteien mit der Vereinbarung von 1989 eine kostenlose Lizenz des isolierten Chromatographieverfahrens an A regeln wollten.

b.

Soweit die Beklagten der vorgenommenen Auslegung entgegnen, die Nutzungsmöglichkeit der Klägerin an der Vorbehandlung könne nicht als Gegenwert im Rahmen der Vereinbarung von 1989 angesehen werden, da die Klägerin die Vorbehandlung ohne Ethanol unstreitig bereits vor Abschluss der Vereinbarung nutzten (vgl. Bl. 480, 481 d. A.), vermag dies die Kammer nicht davon zu überzeugen, die Parteien hätten eine kostenlosen Lizenz am Klagepatent regeln wollen. Denn selbst wenn die Klägerin die Vorbehandlung ohne Ethanol bereits anwandte, wurde diese durch den Vertrag von 1989 jedenfalls ausdrücklich auf eine rechtliche Grundlage gestellt. Auch der Vortrag der Beklagten, sie hätten an einer Lizenz am kombinierten Verfahren kein Interesse gehabt, da sie das Vorbehandlungsverfahren nie ohne Ethanol angewandt hätten, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn es kommt auf die Absichten der Beklagten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. Warum zu diesem Zeitpunkt ein Vorbehandlungsverfahren ohne Ethanol nicht in Betracht kam, wieso zu dieser Zeit die Anwendung des Vorbehandlungsverfahrens ohne Ethanol also zugunsten des Vorbehandlungsverfahrens mit Ethanol ausgeschlossen sein sollte, wird nicht ausreichend erklärt. Dies gilt umso mehr, als die von der Beklagtenseite eingereichte D II Anmeldung das Vorbehandlungsverfahren ohne Ethanol zum Gegenstand hatte, A mithin vor Vertragsschluss im Jahr 1989 das Vorbehandlungsverfahren ohne Ethanol durchaus für sinnvoll erachtet haben musste.

c.

Zu einem anderen Auslegungsergebnis führen auch die von der Beklagten eingereichten Anlagen B23, 24, 25, 26 und 27 nicht.

In dem Schreiben des C an die Rechtsvorgängerin der A AG vom 25.07.1988 (Anlage B 23, 23a) wird mitgeteilt, dass in einer Sitzung vom 26.04.1988 die Frage einer gemeinsamen Patentanmeldung eines Kombinationsverfahrens aus der von der Rechtsvorgängerin der A AG entwickelten Vorbehandlung und der im C entwickelten Chromatographieverfahrens mit einem Anionenaustauscherharz erörtert wurde. Die Überlegungen der Beklagten, dass der Entschluss zu einer gemeinsamen Patentanmeldung im April 1988 aus dem Verständnis der Parteien von einer gemeinsamen Entwicklung des eigentlichen Chromatographieverfahrens resultieren muss, da das Vorbehandlungsverfahren zu diesem Zeitpunkt angeblich noch nicht entwickelt worden war, überzeugt nicht. Denn zum einen steht dieser Interpretation der Wortlaut des Schreibens entgegen. Zum anderen hat der Zeuge H in der Beweisaufnahme zwar glaubhaft ausgesagt, die Modifikation ohne Alkohol (Anlage B20) Mitte Mai 1988 und die Modifikation mit 1% Alkohol (Anlage B21) Anfang Juni 1988 – und damit erst nach dem 26.04.1988 – weitergegeben zu haben. Der Zeuge H hat aber ebenso glaubhaft bekundet, sich an die exakten Daten nicht erinnern zu können. Darüber hinaus hat er die Ergebnisse seiner Überlegungen, die Vorbereitungsschritte zu verfeinern, auf Anlage B95 bei dem Punkt G-Prozess unter dem Datum 03/88 festgehalten und dies zunächst auch in seiner Vernehmung so erläutert. Unabhängig davon handelte es sich nach seiner Zeugenaussage ohnehin nur um Verfeinerungen der Vorbehandlungen, so dass – selbst wenn gewisse Modifikationen erst nach dem 26.04.1988 vorgenommen worden sein sollten – dies nicht gegen die Annahme spricht, dass die Parteien die gemeinsame Patentanmeldung aufgrund des Beitrages der A zur Vorbehandlung anstrebten.

Im Schreiben der Rechtsvorgängerin der A AG an das C vom 28.09.1988 (Anlage 24, 24a) heißt es bereits im Betreff, dass es um die Verwertung der Kombination der A-Technologie und einer Reinigung durch Chromatographie unter Verwendung des G-Harzes – des Anionenaustauscherharzes – geht. Anschließend wird ausgeführt, dass nach dem Ergebnis einer mündlichen Unterredung C diese Kombination für die eigene Produktion ohne Einschränkung und Lizenzpflicht gegenüber der A AG verwenden darf und die Lizenznehmer der A AG die genannten Technologien in Kombination nutzen dürfen sollen. Nettoerlöse, die sich durch weitere Interessenten an einer Kombination der beiden Technologien ergeben, sollen jeweils hälftig geteilt werden. Dies entspricht in Verbindung mit der Klarstellung zur Lizenzhöhe gemäß Schreiben vom 27.10.1988 dem Inhalt der späteren Vereinbarung vom 16.01.1989.

Diese beiden Schreiben belegen, dass die Vertragsparteien im Vorfeld der Vereinbarung vom 16.01.1989 umfangreich über die Verwertung einer Verfahrenskombination verhandelt haben, wie sie in der „Präambel“ der Vereinbarung vom 16.01.1989 zum Gegenstand gemacht wird. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass nach dem 28.09.1988 von der Absicht, eine Verfahrenskombination zu verwerten, einvernehmlich Abstand genommen wurde, liegen nicht vor. Der Umstand, dass im Schreiben der Rechtsvorgängerin der A AG vom 27.10.1988 (Anlage 25a) von einer Verwertung des „C-Patentes“ außerhalb Frankreichs die Rede ist, genügt dazu nicht. Angesichts der vorherigen umfangreichen und detaillierten Verhandlungen zur Verwertung einer Verfahrenskombination kann ein Schweigen des C auf das Schreiben vom 27.10.1988 – auf mehr als ein Schweigen berufen sich die Beklagten zu 1) bis 9) nicht – nicht als einvernehmliche Abkehr von den ursprünglichen Plänen angesehen werden.

Das Schreiben der Rechtsvorgängerin der A AG an die Klägerin vom 01.12.1988 (Anlage B 26a) betrifft nicht die vorliegenden Problematik. Das Schreiben der Rechtsvorgängerin der A AG an die Klägerin vom 19.01.1989 (Anlage B 27a) ist nach Vertragsabschluss verfasst und enthält ebenfalls keine erläuternden Angaben im streitgegenständlichen Zusammenhang.

d.

Schließlich führt auch die im Schweizerischen Recht verankerte Auslegungsregel „in dubio contra stipulatorem“ (= „im Zweifel gegen den Verfasser“) nicht dazu, dass die Kammer zulasten der Klägerin annehmen müsste, die Vereinbarung von 1989 müsste – trotz den obigen Erläuterungen – im Sinne der Beklagten interpretiert werden. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Vereinbarung vom 16.01.1989 von der Klägerin verfasst wurde (vgl. auch Zeugenaussage des Zeugen K im Parallelverfahren in Österreich, S. 5 der Anlage B52a). Die Klägerin hat aber unbestritten vorgetragen, dass die Zweifelsregel dann nicht zur Anwendung kommt, wenn beide Vertragsparteien Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung des Vertragstextes genommen haben. Dass dies der Fall war, zeigt zum einen der handschriftliche Zusatz in der Vereinbarung, der nach der glaubhaften Aussage des Zeugen L in der Beweisaufnahme von ihm stammte. Darüber hinaus hat der Zeuge L in seiner Vernehmung bestätigt, dass die Inhalte der Vereinbarung zuvor in mehreren Treffen mündlich besprochen wurden.

V.

Die Beklagten zu 1) bis 9) können sich nicht auf ein Vorbenutzungsrecht der A AG gemäß § 12 PatG im Hinblick auf die Klagepatent gemäße Erfindung berufen.

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 PatG tritt die Wirkung des Patents gegenüber dem nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Die Gewährung eines solchen Vorbenutzungsrechts bezweckt den Schutz des redlich erworbenen gewerblichen oder wirtschaftlichen Besitzstandes des Vorbenutzers. Es soll auf diese Weise die unbillige Zerstörung in berechtigter Ausübung geschaffener wirtschaftlicher Werte verhindert werden (Benkard / Rogge, PatG, 10. Aufl., § 12 Rn. 2). Aus diesem Grund ist das private Vorbenutzungsrecht sachlich auf diejenige Benutzungsweise und/oder Ausführungsform beschränkt, die der Begünstigte tatsächlich benutzt oder zu deren alsbaldiger Benutzung er die erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat. Abweichungen der angegriffenen Ausführungsform von der vorbenutzten Ausführungsform sind nur bedeutungslos, wenn sie außerhalb des Erfindungsgedankens des Klagepatents liegen (Benkard / Rogge, a.a.O., § 12 Rn. 22).

1.

Unabhängig von der Frage, ob der Zeuge H am 9./10. Mai 1988 ein Faktor VIII-Produkt entsprechend der in Anlage B 20 beschriebenen Versuchsdurchführung hergestellt hat, ist nicht ausreichend dargetan, dass die beschriebene Versuchsdurchführung der angegriffenen Verfahrensweise entspricht. Denn in der Versuchsbeschreibung nach Anlage B 20 wird die Durchführung einer Extraktion ohne Alkohol beschrieben, nach eigener Aussage der Beklagten soll jedoch Faktor VIII von keinem Lohnfertiger ohne Ethanolvorbehandlung hergestellt worden sein. Beim DRK handelt es sich insoweit um einen Lohnfertiger. In diesem Zusammenhang kann lediglich die Frage aufgeworfen werden, ob es sich bei der Vorbehandlung ohne Ethanol, die nicht Gegenstand des Klagepatentes ist, um eine bedeutungslose Abweichung handelt, die außerhalb des Erfindungsgedankens liegt. Dagegen spricht, dass sich die Parteien gerade über die Frage der Vorbehandlung mit bzw. ohne Ethanol intensiv streiten und die Art der Vorbehandlung auch für die Chromatographie von Bedeutung sein dürfte.

Davon abgesehen, lässt sich nicht feststellen, dass es sich bei dem Versuch am 9./10. Mai 1988 um mehr als eine Versuchsdurchführung handelte. Für Versuchsdurchführungen ist anerkannt, dass dann, wenn die Tests nach den gesamten Umständen dazu dienten, die technische Brauchbarkeit und Ausführbarkeit zu erforschen, der Erfindungsgedanke noch nicht im Sinne einer fertigen technischen Lehre erfasst war, so dass Erfindungsbesitz zu verneinen ist. Anders verhält es sich hingegen, wenn mit den Versuchen im Hinblick auf eine ins Auge gefasste gewerbliche Verwertung lediglich deren optimale technische Umsetzung geklärt werden sollte (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage Rn. 1496). Dafür, dass die Versuche – sofern sie überhaupt nach den in Anlage B 20 beschriebenen Versuchsparametern durchgeführt wurden – lediglich der Erforschung der technischen Brauchbarkeit und Ausführbarkeit dienten, spricht insbesondere der Einsatz von lediglich 1 kg Kryopräzipitat, einer Menge, die, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, lediglich einem Versuchsmaßstab entspricht. Hinzu kommt, dass auch die Beklagten selbst vorgetragen haben, dass in Hagen damit erstmalig mittels G Faktor VIII hergestellt wurde. Zuvor wurden die Versuche an einer QMA-Säule durchgeführt. Hierfür spricht auch die von den Beklagten selbst gewählte Bezeichnung „1st batch“. Zudem handelt es sich bei der Anlage B 20 offensichtlich nicht um ein standardisiertes Versuchsprotokoll, sondern die Abweichungen zum ursprünglichen Protokoll wurden handschriftlich eingetragen.

Zwar soll eine 2. Charge „2nd batch“ am 24./25. Mai 1988 mit 5 kg Ausgangsmaterial durchgeführt worden sein. Hierfür liegt jedoch kein Versuchsprotokoll vor. Das hierfür vorgelegte Protokoll der Anlage B 21 enthält keine Eintragungen. Auch entspricht die Versuchsbeschreibung der Anlage B 20 derjenigen nach Anlage B 21 nicht vollständig. So wird in der Anlage B 20 eine Extraktion ohne Alkohol beschrieben, während die Beschreibung der Anlage B 21 bei der Extraktion 1 % Alkohol vorsieht. Die Anlage B 21 kann daher nicht lediglich die Reinschrift der Anlage B 20 sein. Dass am 24./25. Mai 1988 Versuche entsprechend der Anlage B 21 durchgeführt wurden, kann dieser Anlage mithin nicht entnommen werden.

Die dritte Charge (3rd batch) soll am 16. Juni 1988 und damit nach Priorität hergestellt und im August 1988 ausgeliefert worden sein. Zudem ist nicht klar, welcher Versuchsbeschreibung diese behauptete Herstellung folgte, da ein Nachweis hierfür nicht vorgelegt wurde.

2.

Soweit die Beklagten zu 1) bis 9) vortragen, dass das angeblich vorbenutzte Verfahren ein solches ist, wie es sich aus der Änderungsanzeige des DRK Hagen vom 19.07.1988 ergibt (Anlage B 32 der GA), gilt darüber hinaus Folgendes: In Anlage B 32 GA ist eine Extraktion von Faktor VIII aus Kryopräzipitat mit 1%iger Ethanollösung, eine Präzipitation von Fibrinogen/Fibronectin und eine Abtrennung von Faktor VIII durch gelchromatographische Reinigung mit G vorgesehen. Nicht dargelegt ist damit, dass die Ionenstärke des Elutionspuffers während der Chromatographie aufeinanderfolgend erhöht wird. Überdies lässt diese Änderungsanzeige des DRK Hagen erkennen, dass Ausgangssubstanz für die Chromatographie offenbar eine Proteinfraktion ist, welche durch Extraktion mit einer Ethanollösung, welche wiederum Heparin enthält, gewonnen wurde. Dies lässt sich nicht mit der Vorgabe gemäß Merkmal 2 des Anspruchs 1 vereinbaren, wonach Ausgangsmaterial lediglich die bei niedriger Temperatur ausgefällte Plasmafraktion sein soll. Im Übrigen enthalten die arzneimittelrechtlichen Anzeigen keine Angaben zur spezifischen Aktivität des Präparats. Die Anzeigen enthalten nur Angaben zu den absoluten Mengen in I.E., nicht aber zur spezifischen Aktivität in I.E./mg.

3.

Dass der Bundesgerichtshof die prioritätsältere Patentanmeldung D II als neuheitsschädlich im Hinblick auf den erteilten Patentanspruch 1 des Klagepatents sowie die Hilfsanträge I bis III des ersten Nichtigkeitsverfahrens gehalten hat, verhilft den Beklagten zu 1) bis 9) ebenfalls nicht zum Erfolg. Wie der Bundesgerichtshof im Urteil vom 13.07.2010 ausführt (S. 24 – 25 der Anlage B 4) ergibt sich der Verfahrensschritt einer Gefriertrocknung des Faktors VIII nicht aus der Anmeldung D II. Selbst wenn hierin ein selbstverständlicher Verfahrensschritt gesehen wird, zu deren Mitbenutzung derjenige berechtigt ist, der die übrige Merkmalskombination vorbenutzt hat, verlangt § 12 PatG darüber hinaus einen redlichen Erfindungsbesitz, d.h. die Kenntnis vom Erfindungsgedanken in einer solchen Weise, dass sich der Benutzer für befugt halten durfte, die Erfindung auf Dauer für eigene Zwecke anzuwenden (BGH, GRUR 2010, 47 – Füllstoff). Dies ist vorliegend zweifelhaft, zumal Myriana J als Miterfinderin in D II genannt wird. Schließlich offenbart die D II-Anmeldung eine Vorbehandlung ohne Ethanol (s.o.).

VI.

Aufgrund der dargelegten Patentverletzung ergeben sich die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht. Die Beklagten schulden der Klägerin für die Zeit nach Patenterteilung als Gesamtschuldner Ersatz desjenigen Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG, § 840 BGB. Bei Anwendung der von den Beklagten im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt hätten sie die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können. Die genaue Höhe der Schadensersatzzahlung lässt sich für die Klägerin derzeit nicht beziffern, da sie ohne ihr Verschulden keine Kenntnis vom Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen der Beklagten hat. Die Klägerin hat damit ein anerkennenswertes rechtliches Interesse, dass die Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatz zutreffend beziffern zu können, haben die Beklagten im zuerkannten Umfang Rechnung über ihre Benutzungshandlungen zu legen gemäß § 140b PatG, §§ 242, 259 BGB. Hinsichtlich der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger ist den Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger).

VII.

Die Ansprüche der Klägerin sind nicht verjährt.

1.

Hinsichtlich der in Rede stehenden Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatzfeststellung wegen Benutzungshandlungen ab dem 01.01.2002 gilt Folgendes:

Auf Ansprüche, die erst nach dem 01.01.2002 entstanden sind, weil die Benutzungshandlung erst nach dem 01.01.2002 stattgefunden hat, sind die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 eingeführten Verjährungsregelungen anzuwenden. Danach verjähren Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung 3 Jahre nach Anspruchsentstehung und Kenntniserlangung bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners, wobei die Frist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem beides eingetreten ist, spätestens aber 10 Jahre ab Anspruchsentstehung (Art. 64 EPÜ i.V.m. § 141 Satz 1 PatG i.V.m. §§ 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Für den Anspruch auf Schadensersatzfeststellung gilt gleiches, jedoch läuft hinsichtlich des Anspruchs auf Schadensersatz zusätzlich eine absolute 30-jährige Verjährungsfrist von der Verletzungshandlung an (Art. 64 EPÜ i.V.m. § 141 Satz 1 PatG i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und 3 BGB).

Die Klägerin hatte bereits am Tag der Klageeinreichung im parallelen Rechtsstreit zwischen der Klägerin und den beklagten Gesellschaften am 07.06.2005 Kenntnis von den mit der angegriffenen Ausführungsform in Zusammenhang stehenden Verletzungshandlungen. Die Beklagten zu 1) bis 9) behaupten darüber hinaus, dass die Klägerin bereits bei Klageeinreichung am 07.06.2005 auch positive Kenntnis von der Funktion aller Beklagter – also mithin von der Person der Schuldner – hatte, da sie die Beklagten zu 3), 4), 6) und 9) bereits in der Klageerhebung als gesetzliche Vertreter benannt habe und die Funktion der anderen Beklagten aus den öffentlich zugänglichen Handelsregistern kannte oder in grob fahrlässiger Weis nicht kannte (Bl. 243 – 245 GA). Sie meinen, dass daher alle Ansprüche, die vor dem 31.12.2005 entstanden sind, bereits verjährt seien.

Die Klägerin behauptet demgegenüber, dass sie diese Kenntnis nicht hatte, und meint, dass sie hiervon auch keine Kenntnis hätte haben müssen. Sie ist der Auffassung, alleine aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Stellung, die aus dem Handelsregister ersichtlich sei, könne nicht auf die Passivlegitimation der Beklagten geschlossen werden, dazu bedürfe es zusätzlicher Kenntnisse über die Aufgabenzuweisung im Betrieb. Diese hätten ihr aber nicht vorgelegen. In diesem Zusammenhang verweist sie auf die Entscheidung des BGH (NJW 2001, 964), in der der BGH zutreffend festgestellt hat, dass die Kenntnis hinsichtlich der Person des möglichen Ersatzpflichtigen neben deren Namen und Anschrift auch deren Aufgabenstellung im Betrieb umfasst. Der BGH führt in der Entscheidung aus, dass auch bei dem Organ einer juristischen Person die deliktsrechtliche Verantwortlichkeit für die Verletzung der Rechtsgüter Dritter in erheblichem Umfang von der betrieblichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung abhängen.

Die Beklagten zu 1) bis 9) haben nicht substantiiert dargelegt, ob und ab wann die Klägerin Kenntnis über die Aufgabenzuweisung im Betrieb gehabt haben soll. Sie behaupten in diesem Zusammenhang lediglich pauschal, die Klägerin wisse seit 07.06.2005 von der gesellschaftsrechtlichen Stellung der Beklagten zu 1) bis 9), weiterer Kenntnisse bedürfe es nicht. Dass die Beklagten zu 1) bis 9) ihr Vorbringen diesbezüglich in keiner Weise konkretisiert dargelegt haben, geht zu ihren Lasten, da der Schuldner die Darlegungs- und Beweislast für eine Kenntnis des Gläubigers trägt (BGH, NJW 2007, 1584; BGH, NJW 2008, 2578).

2.

In Bezug auf die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatzfeststellung wegen Benutzungshandlungen ab dem 01.01.2002 gilt Folgendes:

Nach altem Recht ist auf alle Ansprüche § 141 PatG a.F. anzuwenden, wonach die Ansprüche in 3 Jahren von dem Zeitpunkt an verjähren, in dem der Berechtigte von der Verletzung und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren von der Verletzung an.

Für vor dem 01.01.2002 entstandene, aber noch nicht verjährte Ansprüche gilt nach Art. 229 § 6 Abs. 3, 4 EGBGB Übergangsrecht. Da das neue Recht vorliegend die Verjährungsfrist verkürzt, ist die neue Frist relevant, die allerdings bezüglich der relativen Verjährung nicht mit dem 01.01.2002 beginnt, sondern erst mit der Kenntniserlangung (BGH, NJW 2007, 1584; NJW 2007, 2034; NJW 2008, 2576). Auch insoweit ist daher aus den unter Ziff. 1) genannten Gründen keine Verjährung eingetreten.

VIII.

Die Ansprüche der Klägerin sind auch nicht verwirkt.

Der Verwirkungseinwand ist ein Anwendungsfall des allgemeinen Einwands aus Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner, weil sein Gläubiger über einen gewissen Zeitraum untätig geblieben ist (Zeitmoment) bei objektiver Beurteilung darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, weswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (Umstandsmoment) (vgl. BGH, GRUR 2001, 323, 324 – Temperaturwächter, OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 1, 3 f. – Haubenstretchautomat). Auf Grund dieser Wurzel im Grundsatz von Treu und Glauben kann der Verwirkungseinwand auch in Patentverletzungsfällen nicht allgemein ausgeschlossen werden. Im Rahmen des Umstandsmomentes setzt die Verwirkung der hier in Rede stehenden Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadenersatz keinen schutzwürdigen Besitzstand voraus, wie er für die Verwirkung von Unterlassungsansprüchen erforderlich ist, sondern nur, dass der Schuldner auf Grund eines hinreichend lange dauernden Duldungsverhaltens des Rechtsinhabers darauf vertrauen durfte, dieser werde nicht mehr mit Schadenersatzansprüchen wegen solcher Handlungen an ihn herantreten, die er auf Grund des geweckten Duldungsanscheins vorgenommen hat. Statt eines Besitzstandes im Sinne der sachlich-wirtschaftlichen Basis für die künftige wirtschaftliche Betätigung des Verletzers, wie er für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch entscheidend ist, genügt es, dass der Schuldner sich bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen darauf eingerichtet hat und einrichten durfte, keine Zahlung an den Gläubiger (mehr) leisten zu müssen. Andererseits können an die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Schuldners auf diese Leistungsfähigkeit je nach den Gegebenheiten des Einzelfalls auch höhere Anforderungen zu stellen sein als beim Unterlassungsanspruch. Auch wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen, ist stets noch unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob es dem Verletzer zugemutet werden kann, den Ansprüchen des Schutzrechtsinhabers gleichwohl nachzukommen. Dabei können Zeit- und Umstandsmoment nicht unabhängig voneinander betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Gläubiger untätig bleibt, obwohl eine Geltendmachung seiner Rechte zu erwarten wäre, desto mehr wird der Schuldner in seinem Vertrauen schutzwürdig, der Gläubiger werde ihn nicht mehr in Anspruch nehmen (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 1, 3 f. – Haubenstretchautomat).

Die Beklagten tragen in Bezug auf das Umstandsmoment im Wesentlichen vor, sie hätten nach 18 Jahren, in denen alle möglichen Verfahren zwischen den Parteien in verschiedenen Jurisdiktionen geführt worden seien, jedoch nie ein Organ der Gesellschaft persönlich verklagt worden sei, nicht damit rechnen müssen, nach Ablauf des Klagepatents persönlich belangt zu werden. Aus diesem Grund hätten sie auch keine Rückstellungen für eine solche Inanspruchnahme gebildet. Sie seien wirtschaftlich nicht in der Lage, Schadensersatzansprüche der Klägerin, die sich auf mehrere Millionen beliefen, zu bedienen.

Die Beklagten haben das Vorliegen eines Umstandsmoments nicht ausreichend dargetan (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 242 Rn. 96 m.w.N.). Die Beklagten mussten aufgrund des Vorgehens der Klägerin gegen die einzelnen A Gesellschaften gerade damit rechnen, auch persönlich in Anspruch genommen zu werden. Aufgrund der Inanspruchnahme der Gesellschaften zeigte die Klägerin deutlich, dass sie die Patentverletzungshandlungen nicht dulden würde. Sofern sie zunächst lediglich die juristischen Personen verklagte, kann darin kein Verzicht auf Ansprüche gegen deren Organe gesehen werden.

IX.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze vom 28.03.2013, 02.04.2013, 11.04.2013, 15.04.2013 und 19.04.2013 fanden bei der Entscheidung keine Berücksichtigung. Eine Wiedereröffnung der Verhandlung ist nicht geboten.

Streitwert: 1.000.000,00 €