4c O 3/13 – Alkylcarbonsäure-dimethylamid

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2134

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Oktober 2013, Az. 4c O 3/13

I. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über die bereits mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 mitgeteilten Informationen hinaus Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte zu 1) vom 18. Juli 2008 bis zum 12. April 2011 in der Bundesrepublik Deutschland Pflanzenschutzmittel
angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten
Zwecken eingeführt oder besessen hat, die
(a) folgende Bestandteile enthalten:

(i) den Wirkstoff Tebuconazole folgender Formel

(ii) N,N-Dimethylcapramid (auch: N,N-Dimethyldecanamid) in einer Menge, die beim Ausbringen in Form einer wässrigen Spritzbrühe die Kristallistation von Tebuconazole verhindert, insbesondere in einem Gewichtsverhältnis von Tebuconazole zu N,N-Demethylcapramid von 1:0,2 bis 1:5, und
(iii) gegebenenfalls einen oder mehrere weitere Wirkstoffe sowie Zusatzstoffe; und

(b) in Form wässriger Spritzbrühen auszubringen sind;

und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses und unter Angabe

1. der Herstellungsmengen und –zeiten,
2. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse,
3. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer und Verkaufsstellen,
4. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
5. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
6. unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch oben unter I. bezeichneten, seit dem 1. Januar 2008 bis zum 12. April 2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 8% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 92%.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 33.000,00 €. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

T a t b e s t a n d:

Die Klägerin ist ein Unternehmen der agrochemischen Industrie, das zu den weltweit führenden Herstellern von Pflanzenschutzmitteln gehört.
Sie ist die Rechtsnachfolgerin der A AG, der Anmelderin und ursprünglichen Inhaberin des europäischen Patents EP 0 453 XXX B1 (nachfolgend „Klagepatent“, Kopie der Anmeldung vorgelegt als Anlage CC 3). Die diesem Patent zugrundeliegende, in der deutschen Verfahrenssprache gefasste Anmeldung wurde unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 27. April 1990 am 12. April 1991 eingereicht und am 30. Oktober 1991 veröffentlicht. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 29. Dezember 1993. Der deutsche Teil des Klagepatents (DE 591 00 XXX) stand bis zum 12. April 2011 in Kraft.
Die Klägerin hat das Patent von der ursprünglichen Patentinhaberin A AG gemäß Umschreibungsbestätigung des DPMA vom 11. November 2002 (Anlage CC 5) erworben.
Das Klagepatent betrifft die neue Verwendung von bestimmten Alkylcarbonsäure-dimethylamiden zur Verhinderung der Kristallisation beim Ausbringen von wäßrigen Spritzbrühen auf Basis bestimmter pestizider Wirkstoffe.
Hinsichtlich des Wortlauts der Patentansprüche wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
Auf der Grundlage der Lehre des Klagepatents stellt die Klägerin das Fungizid „B EW 250“ (nachfolgend „B®“) her, das von der A C Deutschland GmbH, einer 100%-igen Tochtergesellschaft der Klägerin, in Deutschland vertrieben wird und mit dem jährlich Umsätze in Millionenerhöhe erzielt werden. B® enthält 251,2 g/l des (fungiziden) Wirkstoffs Tebuconazole und ein Alkylcarbonsäure-dimethylamid, das die Kristallisation beim Ausbringen des Pestizids verhindert.
Die Beklagte zu 1) ist ein mittelständiges Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden und Teil der Realchemie-Gruppe, dem in Europa größten Parallelimporteur von Pflanzenschutzmitteln. Sie hat sich darauf spezialisiert, in anderen EU-Mitgliedstaaten zugelassene und vertriebene Pflanzenschutzmittel aufzukaufen, um diese in anderen Märkten, z.B. in Deutschland, umverpackt und unter eigenem Namen an Händler und Landwirte zu weiter zu verkaufen. Der Beklagte zu 2) ist der alleinige Geschäftsführer der Beklagten zu 1).
Zu den von der Beklagten zu 1) importierten und weiter vertriebenen Pflanzenschutzmitteln gehören die unter den Namen „D“ und „E“ vertriebenen Pflanzenschutzmittel, die als Referenzmittel das Originalprodukt „B®“ der Klägerin angeben. Die Beklagte zu 1) hat „D“ ausweislich eines Ausdrucks ihrer Internetseite vom 7. Mai 2010 (Anlage CC 10) im Internet angeboten. Auch aus der sog. „Importfiebel 2009“ der Beklagten zu 1) (Auszüge vorgelegt als Anlage CC 11) ergibt sich, dass die Beklagte zu 1) das Pflanzenschutzmittel „D“ im Internet zum Import nach Deutschland angeboten hat. Für die Einführung des Produkts verfügt die Beklage über die notwendige Importzulassung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (im Folgenden „BVL“), die sog. „Verkehrsfähigkeitsbescheinigung“ bzw. „Parallelhandelsgenehmigung“.
Am 2. April 2008 lieferte die Beklagte zu 1) einhundert 5-Liter-Gebinde des Mittels „D“ an die F,. Die Klägerin erwarb einen Teil dieser Lieferung und führte eine hauseigene chemische Analyse durch, wobei sie zu dem Ergebnis kam, es liege eine von der chemischem Zusammensetzung des Produkts B ® abweichende Zusammensetzung vor, namentlich durch den Einsatz eines abweichenden Emulgators (Analysebericht Anlage CC 36, Chromatogramm Anlage CC 42).
Aufgrund dieser Lieferung der Beklagten zu 1) an die F erwirkte die Klägerin wegen des Imports patentverletzender Pflanzenschutzmittel beim Landgericht München I am 17. Juli 2008 (Az. 7 O 8687/08) eine einstweilige Verfügung, mit der die Beklagte zu 1) zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Herausgabe der patentverletzenden Produkte an den Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Verwahrung verurteilt wurde. Dieses Urteil wurde von der Beklagten zu 1) durch Abgabe einer Abschlusserklärung vom 15. Oktober 2008 (Anlage CC 20) als materiell-rechtlich verbindliche Regelung anerkannt.
Am 20. April 2010 lieferte die Beklagte zu 1) unter der Lieferschein-Nummer LS-10-1293 (Anlage CC 13) insgesamt 615 Liter des Pflanzenschutzmittels D in 5-Liter-Kanistern an die G eG,. Die A C Deutschland GmbH erwarb einen Kanister dieser Lieferung und führte eine chemische Vergleichsanalyse im Wege eines Tests der Kältestabilität und der H-NMR-Spektroskopie zu ihrem Produkt B® im hauseigenen Labor durch (Analysebericht vom 26. April 2010 Anlage CC 16, Abbildung Ergebnis Kältetest Anlage CC 38, Chromatogramm Anlage CC 43), wobei sie wiederum zu dem Ergebnis kam, dass eine abweichende chemische Zusammensetzung von dem Originalprodukt B® vorliege.
Die Klägerin mahnte die Beklagte zu 1) wegen das Klagepatent verletzender Lieferungen von D, u.a. am 2. April 2008 und 20. April 2010 mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 (Anlage CC 21) ab und forderte sie auf, bis zum 28. Dezember 2011 das Vorliegen einer Patentverletzung anzuerkennen, Auskunft über die patentverletzenden Importe zu erteilen, sich zur Leistung von Schadensersatz für die patentverletzenden Importe im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 12. April 2011 zu verpflichten und die durch die Abmahnung entstandenen Kosten zu erstatten.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 (Anlage CC 24) wies die Beklagte zu 1) die Vorwürfe einer Patentverletzung zurück. Sie gab an, das in Rede stehende Pflanzenschutzmittel seit Jahren ausschließlich aus zwei Quellen zu beziehen, nämlich von dem belgischen Großhändler H S.A. und der irischen J Ltd. Von der H S.A. habe die Beklagte zu 1) von Mitte 2008 bis Anfang 2011 insgesamt acht Lieferungen erhalten; von der J Ltd. im Jahre 2010 drei Lieferungen, wobei Lieferscheine und Rechnungen derzeit aufgrund der Betriebsferien nicht vorgelegt werden könnten. Die Beklagte zu 1) verzichtete zwecks Führung von – letztendlich erfolglosen – Vergleichsverhandlungen bis zum 30. März 2012 auf die Einrede der Verjährung.

Die Klägerin behauptet, bei dem von der Beklagten zu 1) am 2. April 2008 an die F und am 20. April 2010 an die G eG gelieferten Pflanzenschutzmittel habe es sich nicht um das Originalprodukt der Klägerin B® gehandelt. Die von ihr durchgeführten chemischen Analysen hätten ergeben, dass die gelieferten Pflanzenschutzmittel eine abweichende stoffliche Zusammensetzung als B® aufgewiesen haben.
In diesem Zusammenhang behauptet sie, dass im Rahmen der Analyse eines Pflanzenschutzmittels im Wege einer Vergleichsprobe zwar nicht auf die konkret verwendeten Beistoffe – und damit auf die dem Mittel zugrunde liegende Rezeptur – geschlossen werden könne, jedoch könne mittels Analyse mit einem Referenzprodukt bei einem namhaften Labor zweifelsfrei festgestellt werden, ob identische Emulgatoren und schließlich identische Produkte vorliegen.
Es könne ausgeschlossen werden, dass die im Rahmen der Analyse des angegriffenen, von der Beklagten zu 1) gelieferten Produkts festgestellten stofflichen Abweichungen auf Produktionsschwankungen bei der Klägerin im Rahmen der Herstellung von B® oder einem „Umkippen“ der Formulierung beruhen, weil die festgestellten Abweichungen signifikant gewesen seien. Es habe sich außerdem um qualitative und nicht lediglich quantitiative Abweichungen vom Originalprodukt gehandelt, die nicht auf einen Fehler im Herstellungsprozess zurückgeführt werden könnten. Darüber hinaus ließen sich solche Fehler im Herstellungsprozess aufgrund der Qualitätsmanagements- und Produktüberprüfungssysteme, die bei der Klägerin implementiert seien, ausschließen.
Die Klägerin behauptet weiter, die von der Beklagten zu 1) genannten Lieferquellen – die Firmen H S.A. und der J Ltd. – seien weder von ihr, noch von einer ihrer Konzerngesellschaften mit B® beliefert worden. Da sie auch keine Lizenzen für die Herstellung oder den Vertrieb von B® bzw. in Bezug auf das Klagepatent vergeben habe, könne sie zudem ausschließen, dass die von der Beklagten zu 1) vertriebenen Produkte durch Lizenznehmer der Klägerin an H S.A. oder die J Ltd. geliefert worden seien.
Schließlich behauptet sie, es bestehe Grund zu der Annahme, dass die von der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 (Anlage CC 24) erteilten Auskünfte unvollständig und unrichtig sind. Das in dem Schreiben genannte Gesamtliefervolumen von RC Tebuconazole von 52.000 Litern erscheine unglaubhaft, weil aus von der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) geführten wettbewerbsrechtlichen Verfahren sowie Informationen seitens des BVL Indizien bestünden, dass die Beklagte zu 1) das Pflanzenschutzmittel in wesentlich größerem Umfang nach Deutschland importiert habe. Die erteilte Auskunft sei darüber hinaus offensichtlich unvollständig, weil Informationen über Lieferungen an Kunden (Mengen und Preise) völlig fehlten. Auch sonstige Informationen, die die Klägerin zur Berechnung des ihr gegen die Beklagten zustehenden Schadens benötigten, seien nicht mitgeteilt worden.
Die Klägerin macht daher nunmehr die nicht in dem Urteil des Landgericht München I vom 17. Juli 2008 (7 O 8687/08) umfassten und in der Abschlusserklärung vom 15. Oktober 2008 anerkannten patentrechtlichen Auskunftsansprüche sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht für alle patentverletzenden Importe vom 1. Januar 2008 bis zum Ende der Laufzeit des Klagepatents am 12. April 2011 geltend. Darüber hinaus begehrt sie die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durch die Beklagte zu 1).

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, der Klägerin über die bereits mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 mitgeteilten Informationen hinaus Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte zu 1) vom 18. Juli 2008 bis zum 12. April 2011 in der Bundesrepublik Deutschland Pflanzenschutzmittel angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat, die

(a) folgende Bestandteile enthalten:

(i) den Wirkstoff Tebuconazole folgender Formel

(ii) N,N-Dimethylcapramid (auch N,N-Dimethyldecanamid) in einer Menge, die beim Ausbringen in Form einer wässrigen Spritzbrühe die Kristallisation von Tebuconazole verhindert, insbesondere in einem Gewichtsverhältnis von Tebuconazole zu N,N-Dimethylcapramid von 1:02 bis 1:5, und
(iii) gegebenenfalls einem oder mehrere weitere Wirkstoffe sowie Zusatzstoffe; und

b) in Form wässriger Spritzbrühen auszubringen sind;

und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses und unter Angabe

1. der Herstellungsmengen und –zeiten,
2. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse,
3. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer und Verkaufsstellen,
4. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
5. der betriebenen Werbung
6. unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

II. an Eides statt zu versichern, dass die mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 erteilten Auskünfte richtig sind, insbesondere, dass von den Unternehmen „H“ und „J“ im Zeitraum vom 18. Juli 2008 bis zum 12. April 2011 nur die in dem Schreiben vom 23. September 2011 genannten Lieferungen bezogen wurden und die Beklagten keine weiteren Bezugsquellen haben;

III. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch den oben unter I. bezeichneten, seit dem 1. Januar 2008 bis zum 12. April 2011 begangenen Handlungen entstanden sind und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, es habe sich im Falle der von der Klägerin angegriffenen Lieferungen ihres Pflanzenschutzmittels „D“ um Re-Importe des mit Zustimmung der Klägerin im europäischen Ausland auf den Markt gebrachten Originalprodukts B® gehandelt. Es sei daher Erschöpfung eingetreten.
Das am 2. April 2008 an die F gelieferte Importmittel „D“ habe die Beklagte zu 1) am 19. März 2008 in einer Menge von 6.000 Litern (1.200 x 5 Liter-Gebinde) von dem belgischen Großhändler H S.A., gekauft und erhalten. Dabei habe es sich um das Originalmittel B 250 EW der Klägerin mit Zulassung in Litauen gehandelt. Nach Erhalt und Prüfung der Lieferung seien die Produkte umverpackt, mit „D“ und allen erforderlichen gesetzlichen Hinweisen gekennzeichnet und anschließend auf den Markt gebracht worden.
Die Lieferung von 615 Litern des Pflanzenschutzmittels „D“ an die G eG am 20. April 2010 stamme aus einer Lieferung des Pflanzenschutzmittels „K“ durch den Großhändler J Ltd. Bei „K“ handele es sich um ein mit dem Referenzmittel B® herstelleridentisches Mittel aus dem europäischen Ausland. Von dem Mittel „K“ habe die Beklagte zu 1) am 27. Januar 2010 von der J Ltd. 7.000 Liter, am 25. Februar 2010 von der J Ltd. 20.000 Liter, am 15. April 2010 vom britischen Großhändler L Ltd. 4.800 Liter und am 10. Juni 2010 wiederum von der J Ltd. 25.000 Liter erworben.
In diesem Zusammenhang behaupten die Beklagten, eine von ihnen in Auftrag gegebene Vergleichsanalyse eines K-Gebindes aus der gleichen Charge wie das später an die G eG gelieferte Gebinde mit D und B® im Wege H-NMR-Spektroskopie habe ergeben, dass alle Proben abgesehen von allenfalls geringfügigen Unterschieden weitestgehend vergleichbar seien (Analysebericht Anlage B 12).
Die Beklagten sind der Auffassung, die klägerischen Testergebnisse der hausinternen Untersuchungen der Pflanzenschutzmittel aus den angegriffenen Lieferungen seien mangels vollständiger Offenlegung der Untersuchungsergebnisse, d.h. der genauen Zusammensetzung der angeblich aufgefundenen Verbindungen sowie der Zusammensetzung und Konzentration des beanstandeten Emulgators in der zugelassenen Formulierung des Referenzmittels nicht einlassungsfähig.
Darüber hinaus seien etwaige Abweichungen der Tatsache geschuldet, dass im Rahmen der Produktion des Originalprodukts bei der Klägerin Fehler bzw. Schwankungen aufgetreten seien, die zu einem abweichenden Verunreinigungsgrad geführt hätten; sie seien jedoch kein Indiz dafür, dass es sich bei dem von ihnen vertriebenen Pflanzenschutzmittel „D“ nicht um das re-importierte Originalprodukt der Klägerin handele. Solange die genaue Formulierung eines Pflanzenschutzmittels ein Geschäftsgeheimnis des Herstellers darstelle, müssten Generika und Fälschungen dieses Mittels vielmehr regelmäßig weitergehende Abweichungen aufweisen.
Des weiteren sei ihnen jedenfalls kein Verschulden anzulasten, weil ihnen die Pflanzenschutzmittel von ihren Lieferanten als Originalprodukt verkauft worden seien und sie – die Beklagten – zur Überprüfung der Zusammensetzung der Pflanzenschutzmittel als Re-Importeur weder verpflichtet, noch in der Lage gewesen seien, weil sie mangels Kenntnis der Zusammensetzung von B® eine Vergleichsanalyse der erworbenen Pflanzenschutzmittel zur Überprüfung, ob es sich um das Originalprodukt der Klägerin handelt, nicht hätten durchführen können.
Schließlich machen die Beklagten geltend, die Erteilung weiterer Auskünfte und Offenlegung ihrer Zulieferer sei ihnen nicht zumutbar, weil sie hierdurch ihre Geschäftsgeheimnisse preisgeben und sich der zukünftigen Belieferung durch ihre Lieferanten begeben würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zu. Ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung hat die Klägerin gegen die Beklagten jedoch nicht.

I.
Die Beklagten sind gegenüber der Klägerin gem. § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ bzw. – für den Zeitraum vom 18. Juli 2008 bis zum Inkrafttreten der EU-Enforcement-Richtlinie 2004/48 am 1. September 2008 – gem. § 1004 BGB analog i.V.m. §§ 242, 259 BGB in beantragtem Umfang zur Auskunft und Rechnungslegung verpflichtet.

Die Klägerin hat hinreichend substantiiert dargelegt, dass die Beklagte zu 1) das Klagepatent im streitgegenständlichen Zeitraum verletzt hat.

1.
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das von der Beklagten zu 1) am 2. April 2008 an die F und am 20. April 2010 an die G eG gelieferte Pflanzenschutzmittel „D“ von der Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht haben.
Soweit sich die Beklagten auf den Einwand der Erschöpfung berufen haben, haben sie dessen Voraussetzungen nicht substantiiert darzulegen vermocht.
Der Einwand der Erschöpfung greift durch, wenn der Patentverletzer darlegen (und ggf. beweisen) kann, dass das patentierte Erzeugnis in einem der Vertragsstaaten der EU mit Billigung des Berechtigten willentlich in den Verkehr gebracht worden ist (BGH, GRUR 2011, 820 – Kuchenbesteck-Set). Für den Eintritt der Erschöpfung ist nicht erforderlich, dass der Schutzrechtsinhaber selber das Erzeugnis in Verkehr gebracht hat. Ausreichend ist vielmehr, wenn dies ein Dritter mit – ausdrücklicher oder konkludenter – Zustimmung des Schutzrechtsinhabers getan hat. Die den Einwand der Erschöpfung begründenden Tatsachen sind von dem Beklagten darzulegen und zu beweisen, der sich auf die Erschöpfungswirkung beruft (BGH, GRUR 2012, 626 – CONVERSE I). Er hat insbesondere die Beweislast dafür, dass es sich bei der angegriffenen Ware um Originalprodukte aus berechtigter Quelle handelt (BGH, aaO).
Dieser Darlegungslast sind die Beklagten nicht nachgekommen. Ihr Vortrag lässt nicht die tatrichterliche Feststellung zu, dass es sich bei dem am 2. April 2008 und 20. April 2010 von der Beklagten zu 1) an Raiffeisenmärkte gelieferten Pflanzenschutzmittel „D“ um das Originalprodukt „B®“ der Klägerin gehandelt hat und das angegriffene Produkt somit durch die Klägerin selbst oder mit ihrer Zustimmung auf den Markt gelangt ist. Für eine Vernehmung der durch die Beklagten benannten Zeugen oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens besteht daher keine Veranlassung, denn dabei würde es sich um eine unzulässige Ausforschung handeln.

a.
Soweit sich die Beklagten zur Begründung ihrer Behauptung, die streitgegenständlichen Lieferungen am 2. April 2008 und am 20. April 2010 hätten das – umverpackte und umetikettierte – Originalprodukt B® der Klägerin zum Gegenstand gehabt, darauf berufen haben, die Zusammensetzung der vertriebenen Pflanzenschutzmittel stimme mit der Zusammensetzung des klägerischen Originalprodukts überein, bzw. etwaige stoffliche Abweichungen seien allein Produktionsschwankungen im Hause der Klägerin geschuldet, haben die Beklagten diesen Vortrag auf das substantiierte Bestreiten der Klägerin nicht ausreichend konkretisiert und untermauert.
Der von den Beklagten vorgelegte Prüfbericht einer von ihnen in Auftrag gegebenen Laboranalyse der M GmbH & Co. KG vom 24. Juni 2010 (Anlage B 12) bezieht sich nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nur auf ein Gebinde des Pflanzenschutzmittels „K“ aus der gleichen Charge wie das von der Beklagten zu 1) am 20. April 2010 an die G eG gelieferte Gebinde, nicht jedoch auch auf die weitere streitgegenständliche Lieferung der Beklagten zu 1) am 2. April 2008 an die Raiffeisen Ismaning, so dass der Prüfbericht im Hinblick auf die stofflichen Zusammensetzung des Pflanzenschutzmittels, das Gegenstand der Lieferung am 2. April 2008 war, keinerlei Aufschluss gibt. Darüber hinaus hat der Prüfbericht nur einen eingeschränkten Aussagegehalt, weil es die untersuchten Proben als „weitestgehend vergleichbar“ beschreibt und ausführt, es seien „allenfalls geringfügige Unterschiede feststellbar“, diese Unterschiede jedoch nicht weiter in qualitativer oder quantitativer Hinsicht spezifiziert und nicht darlegt, inwieweit nur eine weitestgehende Vergleichbarkeit, jedoch keine Identität der untersuchten Proben besteht. Darüber hinaus ist die Tatsache, dass die drei Proben des klägerischen Originalprodukts „B®“ nach dem Ergebnis des Analyseberichts als „untereinander nicht unterscheidbar“ beschrieben werden, die Probe des K-Mittels im Vergleich zu „B®“ jedoch gerade nicht als „nicht unterscheidbar“, sondern lediglich, wie dargestellt, als „weitestgehend vergleichbar“ bezeichnet wird, nicht als Beleg für die stoffliche Identität zwischen der Probe der Charge des Mittels „K“, aus dem nach dem Vortrag der Beklagten die streitgegenständliche Lieferung der Beklagten zu 1) vom 20. April 2010 stammt, und B®, angesehen werden kann, sondern sogar eher als Indiz für gewisse – wenn im Analysebericht auch als „geringfügig“ bezeichnete – Unterschiede in der stofflichen Zusammensetzung von „K“ und B®.
Darüber hinaus hat die Klägerin die stoffliche Identität der von der Beklagten zu 1) gelieferten Pflanzenschutzmittel und dem klägerischen Produkt B® substantiiert durch Vorlage eigener Laboranalysen, bei denen Proben aus beiden streitgegenständlichen Lieferungen untersucht wurden, bestritten. Die von ihr vorgelegten Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass – im Fall des Analyseberichts vom 10. April 2008 (Anlage CC 36) – im Produkt der Beklagten zu 1) ein weiterer, im Produkt B® nicht enthaltener Emulgator vorhanden ist bzw. dass – in Bezug auf den Analysebericht vom 26. April 2010 (Anlage CC 16) – ebenfalls eine unterschiedliche Zusammensetzung der Emulgatoren vorliegt.
Es hätte daher den Beklagten aufgrund ihrer Darlegungslast oblegen, eigene, differenzierte Laboruntersuchungen der von der Beklagten zu 1) gelieferten Pflanzenschutzmittel mit einer Vergleichsanalyse zum klägerischen Produkt B® durchzuführen und im Rechtsstreit vorzulegen, soweit sie sich auf die stoffliche Übereinstimmung der Pflanzenschutzmittel berufen. Allein der pauschal gehaltene Verweis auf Produktionsschwankungen bei der Herstellung von B® im Hause der Klägerin vermag die Laboranalysen der Klägerin nicht zu widerlegen, zumal es sich – worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat – nicht um quantitativ geringfügige Mengenabweichungen in Bezug auf eine Komponente des Produkts handelt, sondern der Einsatz eines unterschiedlichen Emulgators und damit um eine qualitative Abweichung von der Zusammensetzung von B® festgestellt worden ist, die gegen das Vorliegen eines Produktionsfehlers spricht.
Auch der Einwand, die Ergebnisse der klägerischen Laboruntersuchungen seien nicht einlassungsfähig, weil sie die genaue Zusammensetzung der aufgefundenen Verbindungen, die Zusammensetzung und Konzentration des beanstandeten Emulgators sowie die Originalrezeptur von B® nicht offenlegten, verfängt nicht.
Die Klägerin ist zur Darlegung der genauen Zusammensetzung der im Rahmen der von ihr durchgeführten Laboranalysen nicht verpflichtet, weil die Darlegungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Erschöpfung und damit für die stoffliche Übereinstimmung, auf die sich die Beklagten berufen, bei den Beklagten liegt. Darüber hinaus ist für die Durchführung einer Vergleichsanalyse eine Kenntnis der Originalrezeptur des Vergleichsprodukts nicht notwendig. Es ist im Wege des Chromatographieverfahrens, bei dem eine zumindest teilweise Auftrennung des Gemisches in seine Bestandteile erfolgt, und dem anschließenden Vergleich des Ergebnisses dieses Verfahrens für zwei Proben unzweifelhaft möglich, festzustellen, ob die Proben in ihrer Zusammensetzung identisch sind oder nicht. Dabei gibt die Analyse zwar keinen Aufschluss über die genaue chemische Natur der in der jeweiligen Probe enthaltenen Bestandteile. Dies ist jedoch für eine bloße Vergleichsanalyse, d.h. einen Identitätsabgleich aber auch nicht erforderlich.

b.
Auch soweit die Beklagten ihre Lieferanten der streitgegenständlichen Chargen an Pflanzenschutzmittel genannt haben – H S.A. und J Ltd. -, reicht dieser Vortrag für eine Darlegung der Voraussetzungen der Erschöpfung nicht aus. Denn die Beklagten haben nicht darzulegen vermocht, dass ihre Vorlieferanten H S.A. bzw. J Ltd. wiederum von der Klägerin selbst oder von einem Dritten mit Kenntnis und Zustimmung der Klägerin mit den Pflanzenschutzmitteln beliefert worden sind und somit die nunmehr von der Klägerin angegriffenen Pflanzenschutzmittel mit Billigung der Klägerin in den Verkehr gelangt sind.
Die Beklagten haben bereits selbst nicht behauptet, dass H S.A. und J Ltd. unmittelbar von der Klägerin beliefert worden sind. Dass H S.A. und J Ltd. die Pflanzenschutzmittel von einem (oder mehreren) Vorlieferanten erhalten haben, die die Pflanzenschutzmittel wiederum von der Klägerin bezogen haben, haben die Beklagten ebenfalls nicht dargetan. Soweit sie geltend gemacht haben, eine Auskunft über die vollständige Lieferkette sei ihnen aus Gründen des Geheimnisschutzes nicht möglich und zumutbar, verfängt dieser Einwand nicht. Denn die Beklagten haben alle Tatsachen – ggf. unter Berufung auf einen einzuräumenden Wirtschaftsprüfervorbehalt – vorzutragen (und ggf. zu beweisen), die für die Geltendmachung des Einwands der Erschöpfung notwendig sind.
Da die Beklagten auch den Vortrag der Klägerin, das Klagepatent sei zu keinem Zeitpunkt Gegenstand von (Hersteller- bzw. Vertriebs-)Lizenzvereinbarungen gewesen und könne daher nicht auf diesem Wege in einem EU-Mitgliedstaat durch andere berechtigte Anbieter (Lizenznehmer) in Verkehr gebracht worden sein, nicht bestritten haben, haben sie auch nicht dargelegt, dass die streitgegenständlichen, von dem Klagepatent Gebrauch machenden Pflanzenschutzmittel durch Dritte mit Zustimmung der Klägerin als Schutzrechtsinhaberin in Verkehr gelangt sind.

2.
Die Beklagte zu 1) hat hinsichtlich der streitbefangenen Lieferungen auch zumindest fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt. Denn sie hätte den Tatbestand der Patentverletzung bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können.
Die Beklagte zu 1) hätte sich – insbesondere vor dem Hintergrund der zahlreich geführten wettbewerbsrechtlichen und auch patentrechtlichen Rechtsstreitigkeiten mit der Klägerin – und in Kenntnis der Tatsache, dass Produktfälschungen auf dem Markt existieren, zumindest stichprobenartig die chemische Zusammensetzung der von ihr vertriebenen Pflanzenschutzmittel überprüfen (lassen) müssen. Dass die Beklagte zu 1) die von ihr erworbenen Mengen des Pflanzenschutzmittels D vor der Weiterveräußerung zumindest stichprobenartigen Untersuchungen unterzogen hat, haben die Beklagten selbst nicht vorgetragen.
Ihren Sorgfaltsanforderungen ist die Beklagte zu 1) auch nicht bereits dadurch nachgekommen, dass sie darauf geachtet hat, dass die vertriebenen Pflanzenschutzmittel in einer vermeintlicherweise zugelassenen Verpackung und mit einer scheinbar zugelassenen Etikettierung versehen waren. Denn der Beklagten zu 1) ist als erfahrener Re-Importeurin bekannt, dass Produktfälschungen auf dem Markt existieren und Verpackungen und Etiketten von Originalprodukten ohne großen Aufwand nachgemacht werden können. Auf die äußere Gestaltung der Verpackung und Etikettierung durfte sich die Beklagte zu 1) beim Weitervertrieb deshalb nicht verlassen.
Soweit sich die Beklagte zu 1) darüber hinaus darauf beruft, eine labortechnische Untersuchung der von ihr als vermeintliche Originalware erworbenen Pflanzenschutzmittel auf das Vorliegen einer Fälschung sei mangels Kenntnis der Originalrezeptur von B®, die dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Klägerin unterliegt, nicht möglich, verfängt dieser Einwand aus den bereits oben genannten Gründen ebenfalls nicht. Die Durchführung einer Vergleichsanalyse zur Überprüfung, ob die Zusammensetzung mit derjenigen des Originalprodukts identisch ist, ist durch ein (unabhängiges) Labor mit überschaubarem Zeit- und Kostenaufwand und auch ohne Kenntnis der Originalrezeptur des Originalprodukts zweifelsfrei möglich.
Schließlich rechtfertigt auch die von den Beklagten herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 6. Oktober 2011 (GRUR 2012, 407, „Delan“) keine abweichende Bewertung. Denn in dem dortigen Fall hatte der Bundesgerichtshof aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu entscheiden, ob durch strichprobenartige Untersuchungen des Importeurs ein Schaden des Originalherstellers hätte vermieden werden können, wobei bei dem Originalprodukt Verunreinigungen enthalten waren. Dabei hat der Bundesgerichtshof jedoch ausdrücklich klargestellt, dass er weiterhin daran festhält, dass ein Importeur eines von ihm im Inland in großer Menge vertriebenen Produkts gegebenenfalls schuldhaft handelt, wenn er dieses nicht zu Beginn dieses Vertriebs und sodann immer wieder stichprobenartig darauf untersucht, ob seine Beschaffenheit ordnungsgemäß ist (BGH, NJW 2006, 1589).

3.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstandes unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, der ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte auch nicht unzumutbar belastet.

Soweit sich die Beklagten darauf berufen haben, eine weitergehende Offenlegung der Bezugswege aus Gründen des Geheimnisschutzes sei ihnen nicht möglich, führt dies nicht zu einer Unzumutbarkeit der Auskunftserteilung und Rechnungslegung. Die Beklagten können ihre Betriebsgeheimnisse durch Beantragung geeigneter Maßnahmen angemessen schützen. Insoweit hat sich die Klägerin im Rahmen des Rechtsstreit damit einverstanden erklärt, dass die Vorlage der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beklagten zu 1) allein gegenüber dem Gericht bzw. einem Sachverständigen erfolgt.
Ein Wirtschaftsprüfervorbehalt war den Beklagten nicht zu gewähren, da die Voraussetzungen nicht dargetan wurden. Dieser könnte auch lediglich Angaben über die nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger umfassen, nicht jedoch Angaben über die Bezugsquellen.

Der Auskunftsanspruch ist schließlich auch nicht bereits durch Erfüllung gem. § 362 BGB erloschen. Denn die von der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 erteilte Auskunft (Anlage CC 24) ist unvollständig, weil sie keine vollständigen Angaben enthält, insbesondere auch keine Belege vorgelegt worden sind.

II.

Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 139 Abs. 2 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ, denn die Beklagte zu 1) hat die Patentverletzung schuldhaft begangen. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1) die Patentverletzung bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Die insoweit erhobene Feststellungsklage ist zulässig und begründet. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung der Ansprüche droht. Die Feststellungsklage ist auch begründet. Der Schadensersatzanspruch beruht auf § 139 Abs. 2 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ, wobei nicht unwahrscheinlich ist, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist.

III.

Die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht bestehen auch gegen den Beklagten zu 2). Die Pflicht zur Auskunft und Rechnungslegung trifft die Beklagten dabei zwar nicht als Gesamtschuldner, jedoch selbständig nebeneinander.

Die persönliche Haftung des Beklagten zu 2) für die Klageansprüche ergibt sich daraus, dass er als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1) deren Handeln im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat. Ihm oblag es deshalb als eigene Pflicht, Vorsorge dafür zu treffen, dass es bei der gewerblichen Tätigkeit der Beklagten zu 1) nicht zu einer Verletzung fremder (insbesondere technischer) Schutzrechte kommt. Sollte der Beklagte zu 2) zu dieser Prüfung nicht in der Lage gewesen sein, so hatte er vor Aufnahme der betreffenden Geschäftstätigkeit (hier: dem Vertrieb der streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittel) eine sachkundige Prüfung nach entgegenstehenden Rechten Dritter entweder durch geeignetes eigenes Personal oder durch externe Sachkundige (z.B. einen in Verletzungssachen erfahrenen Patentanwalt) zu veranlassen. Jedenfalls aus diesem Gesichtspunkt trifft deswegen auch ihn eine eigene Verantwortlichkeit und ein zumindest fahrlässiges Verschulden.

IV.
Der Klägerin steht dagegen ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gegen die Beklagten gem. § 259 Abs. 2 BGB nicht zu. Die Klage war daher insoweit abzuweisen.
Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, dass Grund zu der Annahme besteht, dass die in der Auskunft vom 23. Dezember 2011 (Anlage CC 24) enthaltenen Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind.
Die Angaben in dem Schreiben vom 23. Dezember 2011 sind – dies haben die Beklagten selbst in dem Schreiben zum Ausdruck gebracht – zwar unvollständig. Dass die begründete Vermutung besteht, dass diejenigen Angaben, die in dem Schreiben enthalten sind, jedoch nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, ist nicht substantiiert dargetan.
Soweit die Klägerin vorgetragen hat, dass die von der Beklagten gemachten Angaben im Hinblick auf die „Importmengen“ der Beklagten zu 1) nicht stimmen könnten bzw. vor dem Hintergrund der geführten wettbewerbsrechtlichen Verfahren Bedenken begegnen würden, ist dieser Vortrag pauschal und nicht anhand von konkreten Zahlen belegt worden. Auch der allgemeine Verweis auf eine gewisse „Unzuverlässigkeit“ der Beklagten, die sich bei vergangenen Rechtsstreitigkeiten im Rahmen der Auskunftserteilung gezeigt habe, genügt nicht zur Begründung eines Anspruchs nach § 259 Abs. 2 BGB.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf insgesamt 360.00,00 € festgesetzt. Davon entfallen auf den Antrag zu I. (Auskunft und Rechnungslegung) 30.000,00 €, auf den Antrag zu II. (Abgabe der eidesstattlichen Versicherung) 30.000,00 € und auf den Schadensersatzfeststellungsantrag 300.000,00 €.