4c O 76/13 – Pemetrexed

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2131

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 1. Oktober 2013, Az. 4c O 76/13

I.
Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,– €, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Verfügungsbeklagten, zu unterlassen,

in der Slowakei erstmals in Verkehr gebrachtes A® 100 mg und/oder 500 mg (d.h. Pemetrexed und pharmazeutisch verträgliche Salze davon) und/oder in der Tschechischen Republik erstmals in Verkehr gebrachtes A® 100 mg (d.h. Pemetrexed und pharmazeutisch verträgliche Salze davon)

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.

II.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

III.
Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung wird von einer Sicherheitsleistung der Verfügungsklägerin in Höhe von 2.000.000,00 Euro abhängig gemacht.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d
Die Verfügungsklägerin ist Mitinhaberin des Europäischen Patentes EP 0 432 XXX/ DE 690 25 XXX (Grundpatent) sowie des hierauf mit Wirkung für Deutschland erteilten ergänzenden Schutzzertifikats DE 12 2005 000 XXX (Verfügungszertifikat). Das Grundpatent wurde unter Inanspruchnahme verschiedener Prioritäten vom 11. Dezember 1989, 8. Februar 1990 und 24. Mai 1990 am 10. Dezember 1990 angemeldet. Die Erteilung des Grundpatentes mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland wurde am 6. März 1996 im Patentblatt bekanntgemacht. Das Grundpatent ist am 10. Dezember 2010 abgelaufen.

Das Verfügungszertifikat wurde am 15. März 2005 für das Erzeugnis „Pemetrexed und pharmazeutisch verträgliche Salze davon“ angemeldet. Die Erteilung des Verfügungszertifikats wurde am 9. Februar 2006 veröffentlicht. Das Verfügungszertifikat steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft und läuft am 10. Dezember 2015 aus.

Die Unternehmensgruppe der Verfügungsklägerin stellt das Medikament A® her, das unter anderem in Deutschland sowie dem Gebiet der Europäischen Union vertrieben wird. A® enthält als Wirkstoff Pemetrexed in der Form von Pemetrexeddinatrium, einem pharmazeutisch verträglichen Salz von Pemetrexed. A® wird in Durchstechflaschen mit 100 mg und 500 mg Pemetrexed vertrieben. Das Produkt A® der Verfügungsklägerin fällt in den Schutzbereich des Verfügungszertifikats.

Die Verfügungsbeklagte ist einer der fünf größten Parallelimporteure in Deutschland. Derzeit bietet die Verfügungsbeklagte mehr als 400 Präparate für verschiedenste Indikationen an.

Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren wegen des (bevorstehenden) Vertriebs des Arzneimittels A® mit 100 mg und 500 mg Pemetrexed aus der Slowakei und A® 100 mg aus der Tschechischen Republik in Anspruch.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2010 zeigte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin ihre Absicht an, A® neben anderen neuen EU-Mitgliedstaaten auch aus der Slowakei nach Deutschland parallel importieren zu wollen. Nachdem die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 18. Februar 2010 auf das Grundpatent sowie das Verfügungszertifikat und den Besonderen Mechanismus hingewiesen und dem Parallelimport widersprochen hatte, teilte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 4. März 2010 mit, keine Parallelimporte aus den genannten Ländern vorgenommen zu haben und die Angelegenheit weiter prüfen zu wollen. In der Folgezeit konnte die Verfügungsklägerin keine Parallelimporte der Verfügungsbeklagten aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten beobachten. Mehr als zwei Jahre später, mit Schreiben vom 5. Juni 2012 zeigte die Verfügungsbeklagte der deutschen Vertriebsgesellschaft der Verfügungsklägerin, der B Deutschland GmbH, an, sie beabsichtige, aus der Slowakei (sowie der Tschechischen Republik) importiertes A® (500 mg-Packung) in Deutschland in Verkehr zu bringen. Im Schreiben vom 5. Juni 2012 wurde weder auf die Vorkorrespondenz aus dem Jahre 2010 Bezug genommen, noch die Ergebnisse der patentrechtlichen Prüfung mitgeteilt. Die deutsche Vertriebsgesellschaft der Verfügungsklägerin leitete das Schreiben intern an die Verfügungsklägerin weiter. Die Verfügungsklägerin wies in Beantwortung dieses Schreibens mit ihrem Schreiben vom 2. Juli 2012 wiederum auf den besonderen Mechanismus und dessen Anwendbarkeit, wie sie es bereits im Februar 2010 getan hatte, und widersprach einem Parallelimport. Eine Reaktion der Verfügungsbeklagten erfolgte nicht. Die Verfügungsklägerin stellte nicht fest, ob A® tatsächlich bereits aus neuen EU-Mitgliedstaaten von der Verfügungsbeklagten in Deutschland parallel vertrieben wurde. Die üblichen Datenbanken wie die Lauter-Taxe scheiden für die Informationsgewinnung aus, weil sie die entsprechenden Informationen nicht enthalten. Der öffentlich zugänglichen Datenbank ABDATA war lediglich zu entnehmen, dass die Verfügungsbeklagte A® 500 mg bereits seit dem 1. Juni 2008 als Parallelimport ohne Hinweis auf das Herkunftsland im deutschen Markt anbietet.

Einen ersten Hinweis auf Parallelimporte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten erhielt die deutsche Vertriebsgesellschaft der Antragstellerin im August 2012 von einem Apotheker in Berlin, der angab, er habe von der Verfügungsbeklagten aus einem europäischen Land reimportiertes A® 500 mg gesehen. Der Apotheker teilte die zwei Chargennummern mit, die auf den ihm zugänglichen Packungen aufgedruckt waren. Die Überprüfung der von dem Berliner Apotheker genannten Chargennummern führte zum Ergebnis, dass es sich dabei jeweils um Split-Chargen für die Tschechische Republik und die Slowakei handelte. Die Verfügungsklägerin konnte daher nicht feststellen, aus welchem Land die beiden Produkte tatsächlich importiert wurden. Die Verfügungsklägerin konnte auch keine Absatzzuwächse in der Tschechischen Republik oder der Slowakei feststellen, so dass kein Hinweis darauf bestand, aus welchem Land die Parallelimporte stammten. Nach Erhalt weiterer Hinweisschreiben der Verfügungsbeklagten auf beabsichtigte Parallelimporte aus anderen neuen EU-Mitgliedstaaten mahnte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 13. November 2012 ab. Die Abmahnung bezog sich auf alle von der Verfügungsbeklagten in ihren Notifizierungsschreiben von 2010 angegebenen Ländern. Die Verfügungsbeklagte nahm daraufhin mit Schreiben vom 19. November 2012 Stellung und wies die Verfügungsklägerin darauf hin, dass sie den Besonderen Mechanismus nicht für einschlägig halte. Im Januar 2013 erhielt die deutsche Vertriebsgesellschaft der Verfügungsklägerin einen Hinweis von einem Außendienstmitarbeiter, der meinte, in einer anderen deutschen Apotheke von der Verfügungsbeklagten angebotene polnische Importe von A® 500 mg gesehen zu haben. Daraufhin beschloss die Verfügungsklägerin Testkäufe zum Nachweis durchzuführen. Im April und Mai 2013 wurden Testkäufe durchgeführt, welche im Januar 2013 durch Herrn C, einem Mitarbeiter der Verfügungsklägerin beantragt und am 28. März 2013 erteilt wurden. Sodann wurde am 2. April 2013 ein Unternehmen mit der Durchführung der Testkäufe beauftragt. Die beiden Testkäufe im April und Mai 2013 erbrachten schließlich den Nachweis, dass die Verfügungsbeklagte A® aus Polen importiert. Die Dokumentation über die Testkäufe erreichte die Verfügungsklägerin am 17. Mai bzw. am 8. Juni 2013.

Mit Schreiben vom 25. Juni 2013 zeigte die Verfügungsbeklagte der deutschen Vertriebsgesellschaft der Verfügungsklägerin an, sie habe die Absicht, aus der Slowakei parallel importiertes A® (500 mg) in Deutschland in Verkehr zu bringen. Ein Mitarbeiter von Herrn Dr. D, forderte die Verfügungsbeklagte mit Telefax vom gleichen Tag auf, ein Testexemplar zum Zwecke der Überprüfung der Beschriftung zu übersenden. Das Testexemplar ging am 1. Juli 2013 bei der deutschen Vertriebsgesellschaft der Verfügungsklägerin ein. Es handelte sich um A® 500 mg. Die Verpackung trägt die Chargennummer XXX. Die Originalverpackung ist in tschechischer und slowakischer Sprache beschriftet. Die Packung trägt zwei Aufkleber, die u.a. den Hinweis auf den Parallelvertrieb durch die Verfügungsbeklagte enthalten. Die Prüfung der Chargennummer durch die Verfügungsklägerin ergab, dass sämtliche Produkte dieser Chargennummer von der Verfügungsklägerin in die Tschechische Republik ausgeliefert wurden. Am 2. Juli 2013 wurden der Verfügungsklägerin und ihrer deutschen Vertriebsgesellschaft Verkäufe großer Mengen von A® 500 mg in der Slowakei zur Kenntnis gebracht. Die Verkäufe wurden an den Orten D, E und F festgestellt. Dabei handelte es sich um Orte, an denen es keine Krankenhäuser gibt und daher keine Behandlung mit A® zu erwarten ist. Ferner wurde in Bratislava mehr A® verkauft, als für die Behandlung der dort bekannten Patienten erforderlich wäre.

Mit Schreiben vom 5. August 2013 zeigte die Verfügungsbeklagte wiederum der deutschen Vertriebsgesellschaft der Verfügungsklägerin den Beginn des Parallelvertriebs von A® in der Packungsgröße 100 mg aus der Slowakei und der Tschechischen Republik an.

Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2013 hat die Verfügungsklägerin beim Landgericht Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlussweg beantragt.

Die Verfügungsklägerin meint, es bestehe sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund. Ein Verfügungsanspruch bestehe, da der (unmittelbar bevorstehende) Parallelimport aus der Slowakei sowie der Tschechischen Republik eine zur Unterlassung verpflichtende Verletzung des Verfügungszertifikats darstelle, da hinsichtlich von Produkten, die die Verfügungsklägerin in den neuen EU-Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht hat, eine Erschöpfung nicht eingetreten sei. Sie könne sich demzufolge gegenüber der Verfügungsbeklagten in Deutschland auf die Rechte aus dem Verfügungszertifikat berufen, ohne dass Erschöpfung eingewandt werden könne.
Hinsichtlich des Parallelimports aus der Slowakei und der Tschechischen Republik bestehe Erstbegehungsgefahr. Zwar habe die Verfügungsklägerin bislang tatsächliche Parallelimporte aus der Slowakei nicht durch Testkäufe verifizieren können. Sie habe jedoch durch den Testkauf der aus Polen stammenden Produkte nachweisen können, dass die Verfügungsbeklagte nunmehr jedenfalls aus mindestens einem neuen EU-Mitgliedstaat importiere. Die mit Schreiben vom 25. Juni 2013 erfolgte erneute Anzeige der Vertriebsabsicht von Produkten aus der Slowakei durch die Antragsgegnerin verdeutliche, dass der Entschluss zum Parallelimport in der Slowakei nunmehr gefasst sei und ein Vertrieb in der nahen Zukunft mindestens drohe. Unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Beitrittsakte sei die Aufnahme des Vertriebs von aus der Slowakei parallelimportierter Ware zum 25. Juli 2013 zu erwarten, weil der besondere Mechanismus dem Parallelimporteur die Nachweispflicht auferlege, den Schutzrechtsinhaber einen Monat vor Aufnahme des Parallelimports zu informieren. In Anbetracht des bisherigen Verhaltens der Verfügungsbeklagten könne aber auch eine frühere Aufnahme des Parallelimports nicht ausgeschlossen werden. Dafür würden jedenfalls die von der Verfügungsklägerin beobachteten außergewöhnlichen Verkäufe von A® 500 mg in der Slowakei sprechen. Jedenfalls stelle die neuerliche Anzeige des bevorstehenden Vertriebs von Parallelimporten aus der Slowakei durch die Antragsgegnerin in Kenntnis der Rechtsauffassung der Verfügungsklägerin eine Berühmung dar, den Parallelimport aus der Slowakei vornehmen zu dürfen. Diese reiche für die Begründung einer Erstbegehungsgefahr aus.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Erlass auf Antrag einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass der Besondere Mechanismus vorliegend nicht anwendbar sei. Zum Zeitpunkt der Beantragung des Verfügungszertifikats am 15. März 2005 hätten in der Slowakei ergänzende Schutzzertifikate für Medikamente beantragt werden können. Auf einen konkreten Schutz komme es nicht an. Im Übrigen habe der Verfügungsklägerin eine Tunnellösung zur Verfügung gestanden. Gemäß Art. 82 des Gesetzes 527/1990 der Tschechoslowakei habe die Verfügungsklägerin die Möglichkeit besessen, mit in Krafttreten des Gesetzes für ihr Patent sich die entsprechende Priorität sich auch in der Tschechischen Republik bzw. der Slowakei zu sichern. Die Tunnellösung stelle einen entsprechenden Patentschutz im Sinne des besonderen Mechanismus dar. Es komme nicht darauf an, ob eine bestimmte Art von Patentschutz auch im Einfuhrstaat in der gleichen Form vorhanden gewesen sei. Im Übrigen fehle es an der Dringlichkeit der beantragten Verfügung. Wie die Verfügungsklägerin selbst ausgeführt habe, hat die Verfügungsbeklagte bereits mit Schreiben vom 5. Juni 2012 angezeigt, dass sie beabsichtige, aus der Slowakei importiertes A® in Deutschland in Verkehr zu bringen. Sie habe ferner bereits mit Schreiben vom 26. April 2012 angekündigt, dass sie aufgrund neuer Information nunmehr davon ausgehe, A® aus der Tschechischen Republik, Estland, Ungarn, Litauen, Lettland, Polen, der Slowakei und Slowenien rechtmäßig nach Deutschland parallelimportieren zu können. Hierbei handele es sich auch nicht um eine Vorbereitungshandlung, da weitere Zwischenschritte zur in Verkehr Bringung nicht erforderlich seien. Die Frist zur Wahrung der Eilbedürftigkeit habe daher spätestens mit Empfang des Schreibens vom 5. Juni 2012 zu laufen begonnen. Die Verfügungsklägerin habe auch über ihre Rechtsanwälte eine Frist zum 21. November 2012 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie der Androhung rechtlicher Schritte gesetzt. Eine solche Erklärung habe die Verfügungsbeklagte indes nicht abgegeben, sondern mit Schreiben vom 19. November 2012 nochmals klargestellt, dass sie den beabsichtigten Import für rechtmäßig halte. Darüber hinaus habe die Verfügungsklägerin mit Anwaltsschreiben vom 2. Januar 2013 eine weitere Frist bis zum 7. Januar 2013 gesetzt, welche ebenfalls fruchtlos abgelaufen sei. Gerade aus der Beantragung einer Zulassung könne der Schluss gezogen werden, dass ein Import durch einen Parallelimporteur tatsächlich beabsichtigt sei. Denn ein Antrag auf Zulassung ohne die Absicht tatsächlich einführen zu wollen, wäre wirtschaftlich sinnlos. Die erneute Vertriebsanzeige durch die Verfügungsbeklagte vom 25. Juni 2013 sei lediglich aus Versehen erfolgt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist begründet. Es bestehen sowohl ein Verfügungsanspruch wie auch ein Verfügungsgrund.

I.
Die jedenfalls unmittelbar bevorstehenden Parallelimporte aus der Slowakei und der Tschechischen Republik stellen eine zur Unterlassung verpflichtende Verletzung des Verfügungszertifikats dar, da hinsichtlich von Produkten, die die Verfügungsklägerin in den neuen EU-Mitgliedstaaten in Verkehr gebracht hat, eine Erschöpfung nicht eingetreten ist, §§ 16a, 139 Abs. 1, 2 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. Art. 5 SPC-VO a.F. i.V.m. dem Besonderen Mechanismus nach Anhang IV Kapitel 2 der „Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassung der die Europäischen Union begründenden Verträge“ vom 16. April 2003 (Abl. 2003 L 236. Seite 797, mit Änderungen gemäß Abl. 2004 L 126, Seite 3, 4 (nachfolgend besonderer Mechanismus).

Der Besondere Mechanismus lautet:

„BESONDERE MECHANISMUS

Im Fall der Tschechischen Republik, Estlands, Lettlands, Litauens, Ungarns, Polens, Sloweniens oder der Slowakei kann sich der Inhaber eines Patents oder eines Ergänzenden Schutzzertifikats für ein Arzneimittel, das in einem Mitgliedstaat zu einem Zeitpunkt beantragt wurde, als ein entsprechender Schutz für das Erzeugnis in einem der vorstehenden neuen Mitgliedstaaten nicht erlangt werden konnte, oder der vom Inhaber Begünstigte auf die durch das Patent oder das Ergänzende Schutzzertifikat eingeräumten Rechte berufen, um zu verhindern, dass das Erzeugnis in Mitgliedstaaten, in denen das betreffende Erzeugnis durch ein Patent oder Ergänzendes Schutzzertifikat geschützt ist, eingeführt und dort in den Verkehr gebracht wird; dies gilt auch dann, wenn das Erzeugnis in jenem neuen Mitgliedstaat erstmalig von ihm oder mit seiner Einwilligung in den Verkehr gebracht wurde.

Jede Person, die ein Arzneimittel im Sinn des vorstehenden Absatzes in einen Mitgliedstaat einzuführen oder dort zu vermarkten beabsichtigt, in dem das Arzneimittel Patentschutz oder den Ergänzenden Schutz genießt, hat den zuständigen Behörden in dem die Einfuhr betreffenden Antrag nachzuweisen, dass der Schutzrechtsinhaber oder der von ihm Begünstigte einen Monat zuvor darüber unterrichtet worden ist.“

Die Verfügungsklägerin kann sich daher gegenüber der Verfügungsbeklagten in Deutschland auf die Rechte aus dem Verfügungszertifikat berufen, ohne dass Erschöpfung eingewandt werden kann, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a) Der zu verbietende Parallelimport des Erzeugnisses der Verfügungsbeklagten betrifft Mitgliedsstaaten, die im besonderen Mechanismus gesandt ist,

b) die Verfügungsklägerin ist Inhaberin eines deutschen Patents oder eines deutschen ergänzenden Schutzzertifikats für das betreffende Erzeugnis,

c) Patent oder ergänzendes Schutzzertifikat für das Erzeugnis wurden zu einem Zeitpunkt beantragt, als ein entsprechender Schutz für das Erzeugnis in einem der genannten neuen Mitgliedsstaaten nicht erlangt werden konnte.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Verfügungsklägerin wendet sich zu Recht gegen den Parallelimport ihres Produktes A®, enthaltend den Wirkstoff Pemetrexed aus der im besonderen Mechanismus genannten Slowakei und Tschechischen Republik.

Die Verfügungsklägerin ist Mitinhaberin des den Wirkstoff Pemetrexed updatenden Grundpatentes sowie des für Pemetrexed und pharmazeutisch verträgliche Salze davon erteilten Verfügungszertifikat.

Grundpatent sowie Verfügungszertifikat wurden zu einem Zeitpunkt beantragt, zu dem weder in der Slowakei noch in der Tschechischen Republik kein entsprechender Schutz für Pemetrexed erlangt werden konnte: Das Grundpatent wurde am 10. Dezember 1990 angemeldet, zu diesem Zeitpunkt konnte in der Slowakei und der Tschechischen Republik (damals Tschechoslowakei) kein entsprechender Patentschutz für Arzneimittelwirkstoffe, die medizinische Zubereitung mit dem Arzneimittelwirkstoff oder die Verwendung des Arzneimittelwirkstoffs erlangt werden. Der damals in der Tschechoslowakei anwendbare § 28 lit. c des Gesetzes 84/1972 nahm Arzneimittel vom Patentschutz aus. Ein entsprechender Patentschutz war erst ab dem 1. Januar 1991 verfügbar.

Die von der Verfügungsbeklagten eingewandte Tunnellösung findet unabhängig von der Frage, ob es sich hierbei um vergleichbaren Rechtsschutz für ein Arzneimittel handelt, keine Anwendung. Denn Art. 82 des Gesetzes 527/1990 vom 1. Januar 1991 sieht vor, wie auch die Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung zugestanden hat, dass eine Tunnellösung nur in Anspruch genommen werden kann, wenn ein entsprechendes Arzneimittel sich zum Zeitpunkt der Beantragung bereits auf dem Markt befindet, was vorliegend nicht der Fall ist. A® 500 mg wurde in der Slowakei am 1. Januar 2006 und A® 100 mg am 8. Januar 2013 auf den Markt gebracht. In früheres Inverkehrbringen erfolgte auch nicht in der Tschechischen Republik.

Zum Zeitpunkt der Beantragung des Verfügungszertifikats am 15. März 2005 konnte auch kein entsprechender Schutz für den durch das Grundpatent geschützten Stoff Pemetrexed in der Slowakei und der Tschechischen Republik erlangt werden. Denn die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats setzt gem. Art. 3 lit. a SPC-VO voraus, dass das Erzeugnis in dem betreffenden Mitgliedsstaat durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist. Ein solches konnte durch die Verfügungsklägerin aber in der Slowakei und der Tschechischen Republik – wie ausgeführt – nicht erlangen, sodass sie auch kein ergänzendes Schutzzertifikat für Pemetrexed in der Slowakei und der Tschechischen Republik erhalten konnte. Unerheblich ist, worauf sich die Verfügungsbeklagte beruft, dass zum Zeitpunkt der Beantragung das Verfügungszertifikat in den neuen Mitgliedsstaaten grundsätzlich ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel beantragt werden konnten. Denn allein ausschlaggebend ist nach dem klaren Wortlaut des Besonderen Mechanismus, dass zu diesem Zeitpunkt ein entsprechender Schutz für das Erzeugnis, d.h. im vorliegenden Fall für Pemetrexed und pharmazeutisch verträgliche Salze davon, nicht erlangt werden konnten. Die SPC-VO bestimmt in Art. 4 und 5 eindeutig, dass sich der Schutzumfang des ergänzenden Schutzzertifikats nach dem Grundpatent richtet, für das es erteilt wurde. Ein dem Grundpatent entsprechender Schutz war aber von der Verfügungsklägerin nicht zu erhalten, weil kein Schutz für das Grundpatent erlangt werden konnte. Anders als die Verfügungsbeklagte meint, kann es nach dem Besonderen Mechanismus nicht abstrakt auf die Verfügbarkeit eines ergänzenden Schutzzertifikats in dem betreffenden Land zur Zeit der Anmeldung des Verfügungszertifikats ankommen. Vielmehr ist nach dem Wortlaut ausschlaggebend, ob ein entsprechender Schutz für das Erzeugnis erlangt werden konnte. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt des Antrags auf Erteilung des jeweiligen Schutzrechtes an, also primär auf den Anmeldezeitpunkt des Verfügungszertifikats. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Besonderen Mechanismus kommt es daher darauf an, ob zum Zeitpunkt der Anmeldung des Verfügungszertifikats am 15. März 2005 ein dem Verfügungszertifikat entsprechender Schutz für das Erzeugnis in der Slowakei und der Tschechischen Republik hätte erlangt werden können. Gerade das war aber nicht der Fall, weil der Zertifikatsschutz nach Art. 3 lit. a SPC-VO ein in der Slowakei in Kraft befindliches Grundpatent mit demselben Schutzbereich wie das deutsche Patent vorausgesetzt hätte, was die Verfügungsklägerin nicht erlangen konnte.

Dieses Ergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck des besonderen Mechanismus. Dem besonderen Mechanismus liegt die Erwägung zugrunde, dass in den neuen EU-Mitgliedstaaten der Gesundheits-Standard unterhalb jenem der bestehenden EU-Mitgliedstaaten liegt, die Wirtschaftskraft geringer ist und die dortigen Gesundheitssysteme weniger Ressourcen zur Verfügung haben. Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Arzneimitteln sind daher wesentliche Faktoren, die beim Beitritt dieser neuen Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden sollten. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass während einer Übergangsperiode in einigen der neuen EU-Mitgliedstaaten kein Patentschutz für Arzneimittel bestand, so dass es zu signifikanten Unterschieden im Preisniveau zu den alten EU-Mitgliedstaaten kommen musste. Der Besondere Mechanismus soll daher gewährleisten, dass der Patentinhaber sein Medikament zu erschwinglichen Preisen auch in den neuen EU-Mitgliedstaaten auf den Markt bringt, ohne dass die Amortisations-Funktion des Schutzrechts für die bei der Entwicklung aufgebrachten Investitionen durch Parallelimporte unterlaufen wird.

Soweit die Verfügungsbeklagte darauf verweist, dass der besondere Mechanismus einschränkend ausgelegt werden müsse, da ansonsten eine Beschränkung des freien Warenverkehrs vorliege, führt diese Begründung zu keiner einschränkenden Auslegung. Der Besondere Mechanismus ist als Bestandteil der jeweiligen Beitrittsverträge zwischen den alten und neuen Mitgliedsstaaten und gemäß dem Beschluss des Rates der Europäischen Union über die Aufnahme europäisches Primärrecht, mit dem die Verträge, die Grundlage der Gemeinschaft sind, angepasst wurden. Der Besondere Mechanismus ist folglich keine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung des freien Warenverkehrs, sondern vielmehr Modifizierung der nach Art. 28 ff. EGV (a.F.) zu gewährleistenden Warenverkehrsfreiheit. Der Besondere Mechanismus stellt demzufolge eine von den alten Mitgliedsstaaten, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat sowie den neuen Mitgliedsstaaten vereinbarte Entscheidung dar. Es mag zwar sein, dass der Besondere Mechanismus einen Schutz verschafft, der nicht bestehen würde, wenn sämtliche osteuropäische Beitrittsstaaten schon vor Jahrzehnten die Patentierbarkeit von Arzneimitteln bzw. Wirkstoffen eingeführt hätten. Dann nämlich wäre der Besondere Mechanismus nicht notwendig und auch nicht anwendbar. Ausschlaggebend ist indes, dass in den europäischen Beitrittsstaaten zur fraglichen Zeit gerade keine Möglichkeit zur Patentierung von medizinischen Wirkstoffen durch Stoffschutz bestand. Genau für diese Situation wurde der Besondere Mechanismus vorgesehen und er ist als Entscheidung des Normgebers zu akzeptieren. Die Verfügungsbeklagte vermochte auch keine gerichtliche Entscheidung vorzulegen, welche ihre einschränkende Sichtweise zum Besonderen Mechanismus stützt. Die in der Antragerwiderung und im Schriftsatz vom 6. September 2013 angeführten Entscheidungen des EuGH (vgl. nur verb. RS. C-267/95 und C-268/95, Slg. 1996, I-6285- Merck/Primecrown) befassen sich nicht mit dem Besonderen Mechanismus, sondern zu Fragen der Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit durch nationale Regelungen und um eine solche handelt es sich bei dem Besonderen Mechanismus nicht.

II.
Ein Verfügungsgrund liegt vor.

1.
Zweifel am Rechtsbestand des Verfügungszertifikats liegen nicht vor. Die Verfügungsklägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Rechtsbestand von Grundpatent und Verfügungszertifikat wurden und werden vom Markt anerkannt und sind bis heute nicht angegriffen worden.

2.
Auch die Dringlichkeit im engeren Sinne ist gegeben. Die Verfügungsklägerin hat alles getan, um ihre Rechte hinsichtlich eines entweder kürzlich begonnenen oder jedenfalls unmittelbar bevorstehenden Parallelimports von A® aus der Slowakei und der Tschechischen Republik zügig durchzusetzen. Das OLG Düsseldorf hat in der Entscheidung Flupirtin-Maleat (PharmaR 2013, 237) die entsprechenden Grundsätze für die Dringlichkeit dargetan. Danach muss ein Verfügungskläger ein Gericht anrufen, wenn er 1. verlässliche Kenntnis aller derjenigen Tatsachen hat, die eine Rechtsverfolgung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erfolgversprechend machen, und wenn er 2. die betreffenden Tatsachen in einer solchen Weise glaubhaft machen kann, dass das Obsiegen sicher absehbar ist. Der Verfügungskläger darf sich dabei auf jegliche mögliche prozessuale Situation, die nach Lage der Umstände eintreten kann, vorbereiten, so dass er, wie auch immer sich der Verfügungsbeklagte auch einlassen und verteidigen mag, darauf eingerichtet ist, erfolgreich erwidern und die nötigen Glaubhaftmachungsmittel präsentieren zu können. Grundsätzlich kann der Verfügungskläger nicht darauf verwiesen werden, Nachermittlungen erforderlichenfalls erst während des laufenden Verfahrens anzustellen und Glaubhaftmachungsmittel nötigenfalls nachträglich zu beschaffen. Jede Maßnahme, die der Verfügungskläger zur Aufklärung und/oder zur Glaubhaftmachung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts unternimmt, hat dabei die tatsächliche Vermutung ihrer Sinnhaftigkeit für sich, weswegen sie eine mangelnde Dringlichkeit grundsätzlich nicht begründen kann, selbst wenn sie sich im Nachhinein angesichts der vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens durch den Verfügungskläger noch nicht vorhersehbaren Einlassung des Verfügungsbeklagten im einstweiligen Verfügungsverfahren als nicht erforderlich erweisen sollte. Anders zu behandeln sind allenfalls solche Maßnahmen, die ex ante betrachtet selbst aus Gründen prozessualer Vorsicht schlechterdings keinen Sinn ergeben, sondern ausschließlich unnütze Zeit bei der Rechtsverfolgung kosten. Sobald der Verfügungskläger den mutmaßlichen Verletzungssachverhalt kennt, muss er dem nachgehen, die notwendigen Aufklärungsmaßnahmen treffen und für deren Glaubhaftmachung sorgen. Auch hierbei darf er nicht dilatorisch agieren, sondern hat die erforderlichen Schritte jeweils zielstrebig in die Wege zu leiten und zu Ende zu führen.

Auf Grundlage dieser Maßstäbe hat die Verfügungsklägerin alles getan. Dies ist hinsichtlich des im Wege der Antragserweiterung geltend gemachten Inverkehrbringens von A® 100 mg in der Slowakei und der Tschechischen Republik ohne Weiteres der Fall. Mit Schreiben vom 5. August 2013 zeigte die Verfügungsbeklagte den Beginn des Parallelvertriebs von A® in der Packungsgröße 100 mg aus der Slowakei und der Tschechischen Republik an.

Dies gilt indes auch für A® 500 mg aus der Slowakei. Zwar hat Verfügungsbeklagte bereits im Juni 2012, mit Schreiben vom 5. Juni 2012, der deutschen Vertriebsgesellschaft der Verfügungsklägerin mitgeteilt, dass sie beabsichtige, aus der Slowakei importiertes A® in Deutschland in den Verkehr zu bringen. Die Verfügungsklägerin verwies in Beantwortung ihres Schreibens auf den Besonderen Mechanismus und widersprach einem Parallelimport. Eine Reaktion der Verfügungsbeklagten erfolgte daraufhin nicht. Da die Verfügungsklägerin ansonsten keine Anhaltspunkte dafür erlangen konnte, dass ein Parallelvertrieb unmittelbar bevorstand bzw. schon eingesetzt hatte, da die üblichen Datenbanken für eine Informationsgewinnung nicht zur Verfügung stehen, hatte sie keine konkreten Anhaltspunkte, dass ein Parallelimport aus der Slowakei tatsächlich unmittelbar bevorstand. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Verfügungsbeklagte bereits im Jahre 2010 eine entsprechende Vertriebsanzeige bei der Verfügungsklägerin getätigt hatte und daraufhin ein Vertrieb nicht erfolgte, konnte bei der Verfügungsklägerin zu Recht der Eindruck erweckt werden, dass ein Vertrieb nicht erfolgen sollte, die Verfügungsbeklagte von einem Vertrieb vielmehr Abstand nehmen würde. Die Verfügungsklägerin konnte auch in der Folge der Vertriebsanzeige vom 5. Juni 2012 keine gesteigerten Umsätze verzeichnen. Entsprechendes hat auch die Verfügungsbeklagte nicht vorgetragen. Einen ersten Hinweis auf einen Parallelimport aus den neuen EU-Beitrittsstaaten erhielt die Verfügungsklägerin erst im August 2012 von einem Apotheker in Berlin, der angab, er habe von der Verfügungsbeklagten aus einem osteuropäischen Land reimportiertes A® 500 mg gesehen. Eine Überprüfung der Chargennummer ergab dann, dass es sich um Split-Chargen für die Tschechische Republik und die Slowakei handelte, sodass auch anhand dieser Hinweise, zu deren Glaubhaftmachung die Verfügungsklägerin nach ihrem unbestrittenen Vortrag nicht in der Lage war, sich ein eindeutiger Hinweis auf einen Parallelvertrieb von A® 500 mg aus der Slowakei ergab. Erstmals nach Abmahnung durch die Verfügungsklägerin mit Anwaltsschreiben vom 13. November 2012 verdichteten sich für die Verfügungsklägerin die Anzeichen, dass ein Parallelvertrieb nunmehr erfolgen sollte, da die Verfügungsbeklagte in Beantwortung des Abmahnschreibens deutlich gemacht hatte (Schreiben vom 19. November 2012) dass sie den Besonderen Mechanismus für nicht einschlägig halte. Weiterer Schriftverkehr folgte. Im Januar 2013 erhielt die deutsche Vertriebsgesellschaft der Verfügungsklägerin einen Hinweis von einem Außendienstmitarbeiter, der meinte, in einer anderen deutschen Apotheke von der Verfügungsklägerin angebotene polnische Importe gesehen zu haben. Indes bestanden noch keine Anhaltspunkte und hinreichende Beweise nebst Glaubhaftmachung für einen tatsächlichen Parallelimport von A® 500 durch die Verfügungsbeklagte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten vor. Daraufhin wurde beschlossen, Testkäufe durchzuführen, welche im April und Mai 2013 lediglich den Nachweis erbrachten, dass die Verfügungsbeklagte A® aus Polen importiert. Nachweise für Parallelimporte aus der Slowakei konnten indes nicht erbracht werden. Erst mit der Vertriebsanzeige vom 25. Juni 2013 gegenüber der deutschen Vertriebsgesellschaft der Verfügungsklägerin und der Übersendung des Testexemplars zum Zwecke der Überprüfung der Beschriftung, welches am 1. Juli 2013 bei einem Mitarbeiter der deutschen Vertriebsgesellschaft der Verfügungsklägerin einging, verdichtete sich der Hinweis auf einen Parallelimport aus der Slowakei. Hinzukam, dass am 2. Juli 2013 der Verfügungsklägerin unerwartete Verkäufe großer Mengen von A® 500 in der Slowakei zur Kenntnis gebracht wurden. Dies legte für die Verfügungsklägerin erst zu diesem Zeitpunkt nahe, dass dort A® 500 mg für Parallelimporte nach Deutschland erworben wurde.
Der Hinweis der Verfügungsbeklagten, dass bereits die Beantragung einer Zulassung eine Begehungsgefahr begründe, widerspricht der Rechtsprechung des Landgerichts Düsseldorf (Urteil vom 12. April 2012 – 4a O 16/12), welche vom OLG Düsseldorf bestätigt wird (GRUR-RR 2013, 241). Vielmehr bedarf es auch im Falle einer solchen Marktzulassung einer Darlegung von Tatsachen, aufgrund derer Verletzungshandlungen im Inland zu befürchten sind. Erst in einer Gesamtschau der Umstände unter Berücksichtigung des Nachweises, dass nunmehr tatsächlich ein Parallelimport aus den neuen Mitgliedsstaaten, nämlich Polen, begonnen wurde und angesichts dessen, dass neben der erneuten Vertriebsanzeige signifikant erhöhte Verkäufe in der Slowakei beobachtet wurden, verdichteten sich die Hinweise auf den bevorstehenden Parallelimport aus der Slowakei derart, dass von einer den Lauf der Dringlichkeitsfrist in Gang setzenden Kenntnis einer Erstbegehungsgefahr ausgegangen werden konnte. Der Einwand, bei der erneuten Vertriebsanzeige vom 25. Juni 2013 habe es sich lediglich um ein Versehen gehandelt, ist als reine Schutzbehauptung irrelevant, da es auf den objektiven Empfängerhorizont insoweit ankommt.

III.
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Verfügungsklägerin vom 24. September 2013 sowie der Verfügungsbeklagten vom 16. September 2013 können gemäß § 296a ZPO keine Berücksichtigung mehr finden.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO entsprechend.

Die Anordnung einer Sicherheitsleistung beruht auf § 938 ZPO und ist deshalb sinnvoll und geboten, weil damit gewährleistet wird, dass der Unterlassungsanspruch nicht unter geringeren Bedingungen vollstreckbar ist, als er es bei einem entsprechenden erstinstanzlichen Hauptsache-Urteil wäre (vgl. Kühn, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage, Rdnr. 1759). Die Höhe der Sicherheitsleistung beruht auf der von der Verfügungsklägerin genannten Streitwertangabe, nach welcher sich ihr Interesse bis zum Schutzrechtsablauf des Verfügungszertifikats ergibt.

Der Streitwert wird auf 2.000.000,- € festgesetzt.