4c O 8/13 – Rechtsanwaltliche Falschberatung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2089

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 16. Juli 2013, Az. 4c O 8/13

Rechtsmittelinstanz: 2 U 78/13

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Streitwert wird auf 95.811,02 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin, die neben den Firmen A GmbH & Co. KG und B-C GmbH derselben, von identischen Gesellschaftern gehaltenen Firmengruppe angehört, macht gegen den Beklagten, einen Rechtsanwalt, Schadensersatzansprüche aus rechtsanwaltlicher Falschberatung im Zusammenhang gewerblicher Schutzrechte geltend.
Am 12. Mai 2009 führte der Zeuge D, der schon zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer der Firma E-Zweirad Service GmbH war, mit dem Beklagten ein Telefonat, in dessen Verlauf er dem Beklagten ein rechtsanwaltliche Mandat erteilte. Inhaltlicher Gegenstand des Telefonats war die rechtliche Prüfung des Imports von Fahrradkörben aus der Volksrepublik China nach Deutschland. Der genaue Inhalt des Telefonats und damit auch der Mandatserteilung ist zwischen den Parteien streitig. Mit Anwaltsschreiben, gerichtet an den Zeugen D als Geschäftsführer der E-Zweirad-Service GmbH (Anlage K2) führte der Beklagte hinsichtlich der fraglichen Fahrradkörbe unter anderem aus:

„Sehr geehrter Herr D,
entsprechend Ihrem Wunsch haben wir auf der Grundlage des von Ihnen freundlicherweise übersandten Produktes Ihres Hauses, welches Sie uns von Ihrem chinesischen Lieferanten übersandten, dieses anhand der Auflistung der Schutzrechte, welche wir Ihnen unter dem 15.05.2009 zur Verfügung gestellt hatten, auf entgegenstehende Schutzrechte überprüft.
Sie hatten bei dem letzten Telefonat darauf hingewiesen dass es bereits im Markt Gerüchte gäbe, dass das dem System „F“ zu Grunde liegende Patent in nahe liegender Zukunft ausliefe. Diese Vermutung scheint zutreffend zu sein. Bezogen auf die für fahrradlenkergestützte Halterung für einen Korb mit Aluminiumprofil findet Schutz über das europäische Patent 0 413 XXX B1, welches unter dem 19.06.1990 angemeldet wurde die Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 3 920 XXX vom 22.06.1989 wiederum in Anspruch nimmt.
Allerdings scheint dieses Schutzrecht nicht mehr in Kraft zu stehen, da augenscheinlich zuletzt im Jahr 2005 die Verlängerungsgebühren entrichtet wurden.“

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die fraglichen Fahrradkörbe von der technischen Lehre des europäischen Patents EP 0 413 XXX (in Anlage K5 enthalten; im Folgenden: EP ‘XXX) Gebrauch machen.
Seine anwaltliche Tätigkeit rechnete der Beklagte mit Kostenrechnung vom 12. März 2010 (Anlage K 1), gerichtet wiederum an die E-Zweirad-Service GmbH und unter dem Betreff „Schutzrechte der G & H GmbH für einen Fahrradkorb mit einer formstabilen Halterung und daran befestigtem folienartigem Gewebe“, in Höhe von 560,00 EUR netto ab.
Nachdem die Firma A GmbH & Co. KG die fraglichen Fahrradkörbe importiert hatte, und die Klägerin sowie die Firma B-C GmbH den Vertrieb der Fahrradkörbe aufgenommen hatten, mahnte die Firma G & H mit Schreiben vom 26. März 2010 (Anlage K5) die Klägerin wegen einer Verletzung des EP ‘XXX sowie des Deutschen Geschmacksmusters 407 02 766-0XXX ab. Mit einem an die Klägerin adressierten Schreiben vom 31. März 2010 (Anlage K 20) riet der Beklagte der Klägerin, gegenüber der G & H GmbH eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Die Klägerin unterzeichnete die der diesem Schreiben des Beklagten beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (Anlage K 21). Gleichzeitig zur Abmahnung der Klägerin mahnte die Firma G & H GmbH die Firma K GmbH und Co. Deutschland KG ab, an welche die Fahrradkörbe durch die Klägerin vertrieben worden waren. Eine weitere Abmahnung wegen Verletzung des europäischen Patents EP ‘XXX sowie des deutschen Geschmacksmusters 407 02 766-0XXX richtete die Firma G & H GmbH gegen die Schwestergesellschaft der Klägerin, nämlich die Firma B C GmbH, mit Schreiben vom 19. April 2010 (Anlage K9).
Mit Schreiben vom 31. März 2010 (Anlage K 10 und nochmals als Anlage K 23) mahnte sodann die Firma L Accesoires die Klägerin wegen Verletzung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters 000613500-0XXX, des Gemeinschaftsgeschmacksmusters 00XXX0603-0XXX und des deutschen Gebrauchsmusters mit dem Az. 20301XXX.9 ab. Gleichzeitig erwirkte die Firma L Accesoires gegen die Firma K eine einstweilige Verfügung des Landgerichts München gerichtet gegen den Vertrieb der fraglichen Fahrradkörbe.

Die Klägerin behauptet, der Zeuge D habe nicht in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Firma E-Zweirad-Service GmbH gehandelt, als er den Beklagten anrief, und habe sich auf seine Geschäftsführerstellung bei der E-Zweirad-Service-GmbH auch nicht berufen. Vielmehr habe der Zeuge D, was dem Beklagten auch bekannt gewesen sei, in ständiger Übung für die gesamte Firmengruppe, der auch die Klägerin angehört, Anfragen an den Beklagten gerichtet. Die Korrespondenz des Beklagten mit dem Zeugen D habe sich nur zufälligerweise an die Firma E-Zweirad-Service GmbH gerichtet. Während des Telefonats mit dem Zeugen D am 12. Mai 2009 habe der Beklagte nicht konkret gefragt, von wem das Mandat erteilt würde. Der Zeuge D habe den Beklagten aber darauf hingewiesen, dass es um den Import von Fahrradkörben durch die A GmbH & Co. KG gehen würde.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte hafte ihr aus Beratungsfehlern jedenfalls unter dem Gesichtspunkt, dass sie in den Schutzbereich des Beratungsvertrages geraten sei. Ferner behauptet die Klägerin, inhaltlich hätten sich Anfrage und Mandatserteilung durch den Zeugen D auf die Frage gerichtet, ob der Import der fraglichen Fahrradkörbe irgendwelche Schutzrechte Dritter in Deutschland verletzen würde. Der Zeuge D habe vom Beklagten wissen wollen, ob die fraglichen Fahrradkörbe ohne Verstoß gegen bestehende Schutzrechter Dritter importiert werde könnten.
Die Klägerin ist außerdem der Auffassung, der Vertrieb der fraglichen Fahrradkörbe verletze auch die anderen durch die Fa. G & H GmbH und die Fa. L Accessoires geltend gemachten Schutzrechte, also das deutsche Geschmacksmusters 407 02 766-0XXX der G & H GmbH sowie die Gemeinschaftsgeschmacksmuster 000613500-0XXX und 00XXX0603-0XXX und das deutsche Gebrauchsmuster Az. 20301XXX.9 der Firma L Accessoires.
Die Klägerin macht geltend, ihr und ihren Schwesterunternehmen aus derselben Firmengruppe sei durch die Falschberatung des Beklagten ein Schaden in Höhe von insgesamt 95.811,02 EUR entstanden. Wegen der Abmahnung durch die Firma G & H GmbH habe die Klägerin entsprechend der Kostennote der Kanzlei M & N vom 26. April 2010 (Anlage K7) an diese Kanzlei Gebühren für rechts- und patentanwaltliche Beratung in Höhe von 4.761,60 EUR erstattet. Im Hinblick auf die Abmahnung, welche die Firma G & H GmbH gegenüber der Firma K GmbH & Co. Deutschland GmbH ausgesprochen hatte, habe die Klägerin entsprechend der weiteren Kostennote der Kanzlei M & N vom 26. April 2010 (Anlage K8) an diese Kanzlei einen weiteren Betrag in Höhe von 4.761,60 EUR geleistet als Erstattung weiterer Gebühren für rechts- und patentanwaltliche Beratung. Die Schwesterfirma der Klägerin, die B-C GmbH sei aufgrund der ihr gegenüber ausgesprochenen Abmahnung der Firma G & H GmbH vom 19. April 2010 mit einer weiteren Kostenrechnung der Kanzlei M & N in Höhe von 4.191,00 EUR belastet worden. Den daraus erwachsenen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten habe die Firma B-C GmbH durch Erklärung vom 10. Mai 2012 (Anlage K 17 b)) an die Klägerin abgetreten, die Klägerin habe dieser Abtretung wirksam angenommen. Daraus, dass die Firma L Ansprüche aus der Verletzung ihrer Geschmacksmuster und Gebrauchsmuster geltend machte, sei der Klägerin ein Schaden in Höhe von insgesamt 28.997,55 EUR entstanden. Die Firma K sei aufgrund der gegen sie erlassenen einstweiligen Verfügung des Landgerichts München durch dortigen Kostenfestsetzungsbeschluss mit einem Betrag in Höhe von insgesamt 5.415,15 EUR belastet worden, nämlich jeweils aus einem Streitwert in Höhe von 250.000,00 EUR mit Gerichtskosten in Höhe von 2.634,00 EUR und Anwaltskosten in Höhe von 2.781,15 EUR. Die Klägerin habe der Firma K den gegen sie festgesetzten Kostenbetrag erstattet. Ferner habe die Firma K bei Erlass der gegen sie gerichteten einstweiligen Verfügung bereits eine Werbeaktion zum Verkauf der fraglichen Fahrradkörbe initiiert. Um diese Werbeaktion nicht aufwendig stoppen zu müssen, habe sich die Firma K mit der Firma L in der Weise verglichen, dass die Firma K den Verkauf der Fahrradkörbe sofort einstellte, die entsprechende Werbeaktion hingegen nicht stoppte, dafür aber einen Betrag in Höhe von 5.000,00 EUR zahlte. Diesen Betrag habe die Firma K gegenüber der Klägerin als Regress geltend gemacht. An weiteren Vergleichsverhandlungen zwischen der Firma K und der Firma L sei die Klägerin beteiligt gewesen mit dem Ziel, die Firma K nicht als ihre Kundin zu verlieren. Es sei der Klägerin gelungen, eine Vereinbarung des Inhalts zustande zu bringen, nach der nach Zahlung in Höhe von weiteren 15.000,00 EUR die Firma L ihre Ansprüche als abgegolten betrachtete. Die Firma K habe außerdem für ihre eigene Vertretung gegenüber der Firma L Anwaltskosten in Höhe von 894,80 EUR und weiteren 2.687,60 EUR gemäß den beiden Kostennoten der Kanzlei von O P Q vom 11. Mai 2010 (Anlagen K 15 und K 16) aufgewandt. In Ansehung der auf der Volksrepublik China importierten Fahrradkörbe sei der Klägerin ein Sachschaden in Höhe von 50.411,67 EUR entstanden. Sie verfüge derzeit noch über 11.031 der fraglichen Fahrradkörbe, die sie mit einem Aufwand von 4,57 EUR pro Stück beschafft habe. Wegen der von ihr abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärungen könne die Klägerin diese Fahrradkörbe nicht weiterverkaufen und müsse sie vielmehr vernichten. Schließlich habe die Klägerin für ihre eigene anwaltliche Vertretung gegenüber dem hiesigen Beklagten anwaltliche Kosten in Höhe von 2.687,60 EUR aufgewandt, nämlich gemäß der Kostennote ihres jetzigen Prozessvertreters vom 1. Februar 2012 (Anlage K18).

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 95.811,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2010 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er sei nicht von der Klägerin, sondern von der Firma E-Zweirad-Service GmbH mandatiert worden. Der Zeuge D habe ihn nämlich am 12. Mai 2009 in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der E-Zweirad-Service GmbH angerufen und mandatiert. Inhaltlich habe sich das Mandat auf die Frage beschränkt, ob die Befestigung der zu importierenden Fahrradkörbe mit technischen Schutzrechten alleine der Firma G & H GmbH verstieße. Gegenstand des Mandats sei gerade nicht die Prüfung auf mögliche Verletzungen irgendwelcher Schutzrechte beliebiger Dritter gewesen. Dies ergebe sich aus der Korrespondenz des Beklagten mit der Firma E-Zweirad-Service GmbH sowie bereits aus der Tatsache, dass der Beklagte für seine Tätigkeit lediglich ein Betrag in Höhe von 560,00 EUR netto abrechnete. Hinsichtlich der Erstattung von Kosten der Abmahnungen wendet der Beklagte ein, die Mitwirkung von Patentanwälten bei den Abmahnungen sei nicht erforderlich gewesen, so dass der Klägerin jedenfalls insoweit kein ersatzfähiger Schaden entstanden sei. Die Kosten der Abmahnung gegenüber der B-C GmbH hätten insgesamt durch die vorbeugende Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung vermeiden lassen, wozu nach der Abmahnung gegenüber der Klägerin innerhalb der Firmengruppe auch Anlass bestanden hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen D und Forster. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2013 (Bl. 113ff. GA) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im vollen Umfang unbegründet.

I.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen pflichtwidriger Falschberatung im Rahmen eines Anwaltsvertrages gemäß §§ 280 Abs. 1, 611 BGB.

Eine Haftung des Beklagten auf Schadensersatz gegenüber der Klägerin scheidet schon dem Grunde nach deswegen aus, weil sich die Aktivlegitimation der Klägerin nicht feststellen lässt. Der Klägerin ist nicht der ihr obliegende Beweis dafür gelungen, dass ein Mandatsverhältnis zwischen ihr und dem Beklagten bestanden hat. Aus Rechtsgründen kann Ee auch keine Ansprüche daraus herleiten, dass ein solches Mandatsverhältnis zwischen dem Beklagten und einer anderen Gesellschaft aus derselben Unternehmensgruppe bestanden hat.

1.
Der Klägerin ist nicht der Beweis für ihre Behauptung gelungen, der Zeuge D habe durch seinen Anruf beim Beklagten am 12. Mai 2009 oder in der Folgezeit ein Mandatsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten begründet.

Anhaltspunkte dafür, dass ein solches Mandatsverhältnis zwischen den Parteien durch entsprechende wechselseitige, womöglich auch konkludente Willenserklärungen während des Telefonats oder in der Folgezeit zustande gekommen sei, lassen sich nicht mit hinreichender Sicherheit den Angaben des Zeugen D entnehmen. Der Zeuge D hat bekundet, er habe seine telefonische Anfrage an den Beklagten für „unsere Firma“ gerichtet, wobei er mit „unsere Firma“ oder auch „Gesamtunternehmen“ Gesellschaften meint, die derselben Firmengruppe wie die Klägerin angehören. Das sind, wie zwischen den Parteien nicht im Streit steht und vom Zeugen D auch so bekundet worden ist, neben der Klägerin beispielsweise auch die E-Zweirad-Service GmbH, die A GmbH & Co. KG und die B-C GmbH, also Gesellschaften mit jeweils deutlich unterschiedlicher unternehmerischer Betätigung. Selbst wenn die Erinnerung des Zeugen D zutreffend wäre und er im Telefonat vom 12. Mai 2009 „unsere Firma“ oder das „Gesamtunternehmen“ ausdrücklich oder in schlüssiger Weise als rechtssuchende Einheit vorgestellt hätte, hätte das deshalb aus dem objektiven Empfängerhorizont des Beklagten nicht in der Weise verstanden werden können, dass jede beliebige Gesellschaft aus der klägerischen Unternehmensgruppe ein Mandatsverhältnis begründen wollte. Das hätte nämlich eine unabsehbar große Anzahl von zu berücksichtigenden Problemstellungen innerhalb der Beratung und damit ein nicht einschätzbares Haftungsrisiko ebenso bedeutet wie eine kaum eingrenzbar Vielzahl von Gebührenschuldnern.
Im Übrigen gibt es zwar keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Zeuge D in willentlicher oder sonst vorwerfbarer Weise die Unwahrheit bekundet hätte, allerdings erweckt seine Aussage Zweifel daran, ob seine Erinnerung an den Gesprächsverlauf objektiv zutreffend ist.
Zum einen hat er auf Nachfrage ausgesagt (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2013, Seite 5 = Bl. 115 GA, letzter Absatz) es sei für ihn „klar“ gewesen, dass er bei seinem Anruf eine „Anfrage des Gesamtunternehmens“ gewesen sei, solche Anfragen habe es „nämlich schon in der Vergangenheit“ gegeben. Diese Aussage offenbart zwei Undeutlichkeiten in der Erinnerung des Zeugen D: Erstens hat er sodann auf weitere Nachfrage bekundet (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2013, Seite 6 = Bl. 115R GA, vorletzter Absatz), dass er vor dem Telefonat im Mai 2009 zwar schon einmal mit dem Beklagten telefoniert, aber nie ein Mandatsverhältnis begründet habe, dies vielmehr erstmals im Mai 2009 geschehen sei. Zweitens wird aus der Aussage des Zeugen D deutlich, dass er zwar für sich der Überzeugung war, er beauftrage den Beklagten mit der Erteilung von Rechtsrat gegenüber irgendeiner zur Unternehmensgruppe gehörigen Gesellschaft, dass er aber keinen Anhaltspunkt dafür gewinnen konnte, dass auch der Beklagte von dieser seiner – des Zeugen D – Überzeugung Kenntnis haben konnte. Diese Überzeugung könnte also eine dem Beklagten nicht bekannt gewordene einseitige Vorstellung an den Inhalt des Anwaltsvertrages geblieben sein. Das erlaubt aber nicht die Feststellung, dass der Anwaltsvertrag gerade im Verhältnis zur Klägerin zustande gekommen ist.
Zum anderen wird aus der Aussage des Zeugen D im Übrigen deutlich, dass er zwar daran interessiert war, ein Anliegen zu formulieren, das mehrere Gesellschaften aus der klägerischen Unternehmensgruppe und wohl auch die Klägerin betraf, dass er selber, der Zeuge D, sich über die juristischen Implikationen dieses Anliegens nicht vollständig im Klaren war. Im Zusammenhang der Frage, ob sich das Mandat auf die Prüfung von Schutzrechten allein der Firma G & H beschränkt oder auf die Prüfung aller möglichen entgegenstehenden Schutzrechte beliebiger Dritter erstreckt hatte, hat der Zeuge D das weitere Anwaltsschreiben des Beklagten vom 29. Juli 2009 (Anlage K 3) als Beleg für seine Auffassung herangezogen, der Beklagte habe auch Schutzrechte anderer Unternehmen als der Fa. G & H, insbesondere solche der Fa. L prüfen sollen und auch tatsächlich geprüft. Insoweit bezog sich der Zeuge ausweislich seiner Aussage (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2013, Seite 5 = Bl. 115 GA, vorletzter Absatz) auf den vorletzten Absatz auf der ersten Seite des genannten Anwaltsschreibens. Dort ist zwar ersichtlich nur die Rede von einem deutschen Patent der Firma G & H. Aus der Tatsache, dass der Beklagte in diesem Zusammenhang Merkmale einer Tasche diskutiert, und zwar mit Blick auf die Merkmale des Patentes von G & H, zog der Zeuge jedoch die Schlussfolgerung, dass der Beklagte tatsächlich Rechte der Firma L geprüft habe, denn, so die Begründung des Zeugen für seine Schlussfolgerung, Taschen würden nur von der Firma L, nicht aber von der Firma G & H vertrieben. Diese Aussage belegt, dass der Zeuge D die juristischen Zusammenhänge verkennt, nach denen beispielsweise sehr wohl ein technisches Schutzrecht bestehen kann, ohne dass es tatsächlich am Markt benutzt wird. Daraus lässt sich, ohne dass dem Zeugen D ein Vorwurf zu machen wäre, ablesen, dass der Zeuge in seiner Vorstellung auf ein wünschenswertes Ergebnis der Prüfung des Sachverhaltes durch den Beklagten gerichtet gewesen sein mag, ohne dass er dem Beklagten überhaupt ein Mandat im gewünschten Umfang erteilt hätte. Dies deutet insgesamt darauf hin, dass der Zeuge einem Missverständnis unterlegen haben mag, als er davon ausging, er habe dem Beklagten (auch) im Namen der Klägerin ein Mandat erteilt.
Ob die Zweifel an der objektiven Richtigkeit der Erinnerung des Zeugen D sich im Ergebnis in einer Aussage niedergeschlagen haben, die von den tatsächlichen Geschehnissen abweicht, bedarf keiner Entscheidung. Maßgeblich ist, dass gewichtige Zweifel daran bestehen, dass sich das Telefonat zwischen dem Zeugen D am 12. Mai 2009 und die darauf folgende Kommunikation inhaltlich so zugetragen haben, wie das der Zeuge aus seiner Erinnerung wiedergegeben hat. Auf dieser Grundlage lässt sich nicht mit der erforderlich Gewissheit, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie gänzlich auszuschließen (vgl. zum Beweismaß im Zivilprozess statt aller: Zöller / Greger, Komm. z. ZPO, 28. Aufl., § 286 Rdn. 18f.) feststellen, dass der Vortrag der Klägerin zutreffend ist.
Für ein Zustandekommen eines Mandatsverhältnisses mit der Klägerin sprechen auch keine anderen Umstände, aus denen der Beklagte hätte erkennen können, dass es gerade die Klägerin gewesen wäre, die um Rechtsrat nachsuchte. Die Kontaktaufnahme, die schließlich zu einem Mandat führte, geschah durch den Zeugen D, der damals wie heute Geschäftsführer der E-Zweirad-Service GmbH war, also einer von der Klägerin verschiedenen juristischen Person. Die Anfrage eines Geschäftsführers einer GmbH musste den Beklagten aber nicht zu der Annahme veranlassen, es solle ein Mandat mit einer anderen GmbH begründet werden. Im Gegenteil durfte der Beklagte davon ausgehen, dass der Zeuge D als Geschäftsführer der E-Zweirad-Service GmbH auch für diese Gesellschaft handelte. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass die Schreiben des Beklagten in der Folgezeit verabredungs- und bestimmungsgemäß an den Zeugen D unter der geschäftlichen Anschrift der E-Zweirad-Service GmbH als deren Geschäftsführer gerichtet waren. Gleiches galt für den E-Mail-Verkehr zwischen dem Beklagten und dem Zeugen D. Die E-Mail-Adresse des Zeugen lautet zwar „@A.net“, was auf die Firma der A GmbH & Co. KG hindeutet, zu der allerdings der Zeuge D in keiner, jedenfalls in keiner für den Beklagten erkennbaren rechtlichen Verbindung steht. Außerdem verwendet der Zeuge D, wie er selber ausgesagt hat (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2013, Seite 6 = Bl. 115R GA, erster Absatz), innerhalb seiner E-Mails eine Signatur, die auf seine Geschäftsführerstellung bei der E-Zweirad-Service GmbH hinweist. Der Beklagte hatte also Anlass zu der Annahme, er kommuniziere mit der E-Zweirad-Service GmbH, was ihn zu der weiteren Annahme leiten konnte (die er auch tatsächlich hegte, siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2013, Seite 3 = Bl. 114 GA, erster Absatz), seine Mandantin sei die E-Zweirad-Service GmbH, nicht die Klägerin. Dies konnte sich aus Sicht des Beklagten schließlich darin fügen, dass der Beklagte seine Gebührenrechnung wiederum an die E-Zweirad-Service GmbH richtete, ohne dass dies moniert worden wäre.
Sollten die Vorgänge innerhalb der Unternehmensgruppe, zu der auch die Klägerin gehört, in der Weise ablaufen, dass alle gruppenzugehörigen Gesellschaften in gleichberechtigter Weise von Dienstleistungen Dritter, beispielsweise des Beklagten als Rechtsanwalt, profitieren, und dass die Kostentragung sich intern danach richtet, welchem profitablen Unternehmen die Dienstleistung am meisten nützt, bliebe dies für den Beklagten verborgen und könnte also seinen objektiven Empfängerhorizont nicht verändern. Es stützt daher nicht den Vortrag der Klägerin, dass der Zeuge D bekundet hat (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2013, Seite 7 = Bl. 116 GA, erster Absatz), die Rechnung des Beklagten sei womöglich von der E-Zweirad-Service GmbH als Rechnungsempfängerin beglichen, die Kosten seien dann aber wohl intern von der A GmbH & Co. KG übernommen worden. Im Außenverhältnis ist allein maßgeblich, welche Gesellschaft aus der Unternehmensgruppe eine Willenserklärung gerichtet auf den Abschluss eines Anwaltsvertrages abgegeben hat, und das war, aus den dargelegten Gründen, aus dem objektiven Empfängerhorizont des Beklagten wohl die E-Zweirad-Service GmbH. Jedenfalls lässt sich nicht feststellen, dass es die Klägerin war.
Die erwähnte Bekundung des Zeugen D offenbart zugleich, dass nach der Vorstellung des Zeugen D – und wohl auch anderer Mitarbeiter von Gesellschaften aus der Unternehmensgruppe – offenbar ausreichend war, dass eine der Gesellschaften, nämlich die E-Zweirad-Service GmbH, Rechtsrat einholte und diesen innerhalb der Unternehmensgruppe an diejenige Gesellschaft weitergab, die von dem Rechtsrat betroffen war, nämlich eine unternehmerische Entscheidung darauf stützen wollte. Diese Praxis ist zwar nicht illegitim, birgt aber das Risiko, dass der faktische Empfänger des Rechtsrats kein Mandant des Rechtsrat erteilenden Rechtsanwalts ist und daher auch keine Ansprüche aus einer Vertragspflichtverletzung des Rechtsanwalts erlangen kann. Dies kann dazu führen, dass Anspruchsinhaberschaft dem Grunde nach und Schaden der Höhe nach auseinanderfallen, nämlich bei jeweils anderen Gesellschaften vorliegen.
Die Aussage des Zeugen Forster ist für die Behauptung der Klägerin zu ihrem angeblichen eigenen Mandatsverhältnis zum Beklagten unergiebig. Der Zeuge Forster konnte nichts dazu bekunden, in welcher Weise der Zeuge D die Anfrage an den Beklagten gestaltet hat. Insbesondere konnte der Zeuge Forster keine Angaben zu einer angeblichen ständigen Übung des Zeugen D bei der Mandatierung des Beklagten machen, was sich darin fügt, dass die Anfrage vom 12. Mai 2009 zum ersten Mal dem Beklagten ein Mandat erteilte.

2.
Aus rechtlichen Gründen hat die Klägerin den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Es lässt sich nicht feststellen, dass ein etwaiges Mandatsverhältnis zwischen dem Beklagten und einer Schwestergesellschaft der Klägerin (beispielsweise der E-Zweirad-Service GmbH) Schutzwirkung zugunsten der Klägerin entfaltete.
Ein Anspruch aus Vertragspflichtverletzung unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter setzt nach gefestigter Rechtsprechung und allgemeiner Meinung voraus – erstens – eine Leistungsnähe des Dritten, – zweitens – ein Einbeziehungsinteresse der Vertragspartei, – drittens – eine Erkennbarkeit der Drittbezogenheit für den Vertragsgegner und – viertens – eine Schutzbedürftigkeit des Dritten. Das als zweites Tatbestandsmerkmal aufgeführte Einbeziehungsinteresse der Vertragspartei kann sich seinerseits entweder daraus ergeben, dass der Vertragspartner für das „Wohl und Wehe“ der einzubeziehenden Partei einzustehen hat, oder aber daraus, dass der Vertragspartner ein besonderes Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich hat und der Vertrag in der Weise ausgelegt werden kann, dass sich der Schutz auf den Dritten erstrecken sollte. Demnach lässt sich vorliegend jedenfalls das Tatbestandsmerkmal des Einbeziehungsinteresses nicht feststellen.
Für die erste der beiden genannten Varianten gibt es vorliegend keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte. Eine Konzerngesellschaft hat nicht für das Wohl und Wehe einer anderen einzustehen. Für den Schutzbereich eines Anwaltsvertrages kann es zwar vorkommen, dass die vom Mandanten beherrschte juristische Person in den Schutzbereich einbezogen ist (BGHZ 61, 380), aber eine Beherrschung ist im Verhältnis der E-Zweirad-Service GmbH zur Klägerin und/oder zur B C GmbH nicht vorgetragen. Die zweite Variante lässt sich deshalb nicht feststellen, weil es keinen Vortrag dazu gibt, warum die Mandantin des Beklagten (womöglich: die E-Zweirad-Service GmbH) ein eigenes Interesse an der Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des Anwaltsvertrages hätte haben sollen. Dass umgekehrt die Klägerin ein Interesse gehabt haben mag, in diesen Schutzbereich zu gelangen, trägt dazu nichts bei.
Darauf, dass die Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten der Klägerin nicht dargelegt sind, hat das Gericht die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2013 hingewiesen (siehe Bl. 93f. GA). Hierzu hat die Klägerin nicht Stellung genommen.

3.
Weil die Klägerin demnach jedenfalls schon aus den dargelegten Gründen nicht aktivlegitimiert ist, kommt es nicht darauf an und bedarf es keiner Aufklärung, ob ihr der geltend gemachte Schaden der Höhe nach entstanden ist und ihr Schadensposten von Schwestergesellschaften im behaupteten Umfang abgetreten worden sind. Ebenso wenig bedarf es einer Entscheidung dazu, ob das dem Beklagten erteilte Mandat auf die Prüfung von Schutzrechten der Firma G und H beschränkt war oder die vollständige Prüfung aller denkbaren entgegenstehenden Schutzrechte beliebiger Dritter umfasste.

4.
Unschlüssig ist die Klage, unabhängig von Kgen Feststellung und Ausführungen, auch insoweit, als vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.687,60 EUR geltend gemacht werden. Insoweit fehlt es an einem Rechtsgrund für diese Anspruch, weil, worauf die Klägerin ebenfalls am 30. April 2013 hingewiesen worden ist (vgl. Bl. 94 GA), dies den Eintritt von Verzug voraussetzen würde, was jedoch, auch nicht auf den erteilten Hinweis hin, die Klägerin nicht dargetan hat.

II.
Mangels Hauptanspruch besteht auch der geltend gemachte Zinsanspruch der Klägerin nicht, wobei wiederum mangels Darlegung (trotz erteilten Hinweises, vgl. Bl. 94 GA) eines Verzugseintritts die Geltendmachung von Zinsen vor Rechtshängigkeit auch aus diesem weiteren Grunde unschlüssig ist.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.