4a O 219/10 – Ein-/Ausgabe-Module II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1778

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 2. Februar 2012, Az. 4a O 219/10

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 44 02 XXX B4 (Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 18.01.1994 angemeldet, die Patentanmeldung am 20.07.1995 offengelegt und die Patenterteilung am 27.10.2005 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft. Eine gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage wurde vom Bundespatentgericht abgewiesen und das Klagepatent uneingeschränkt aufrecht erhalten. Gegen das Urteil des Bundespatentgerichts wurde Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden wurde.

Das Klagepatent betrifft E/A-Module für einen Datenbus. Der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Ein-/Ausgabe-Module für einen Datenbus
– von denen mehrere benachbart zueinander auf einer Tragschiene aufrastbar sind,
– mit Klemmstellen für die parallele Verdrahtung von Busteilnehmern (Aktoren, Sensoren, Geräte)
– und mit einer E/A-Elektronik, die mit einer seriellen Datenbusleitung verbunden ist,
dadurch gekennzeichnet,
– dass die E/A-Module jeweils in an sich bekannter Weise als separate Einzelreihenklemmen oder zu mehreren in einer Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene aufrastbar sind,
– wobei jede Einzelreihenklemme, auch der Gruppe, jeweils eine eigene E/A-Elektronik aufweist, die in die Einzelreihenklemme eingebaut oder auf diese aufsteckbar ist,
– dass sowohl die Datenbusleitungen als auch die Stromversorgungsleitungen für die E/A-Elektronik in die Einzelreihenklemme integriert und durch diese hindurchgeschleift sind, indem jede Einzelreihenklemme und jede Gruppe von Einzelreihenklemmen in ihren Seitenflächen zu den Nachbarklemmen jeweils Druckkontakte (10, 11) aufweisen,
– derart, dass die Druckkontakte beim Aufrasten der Einzelreihenklemmen oder der Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene automatisch einander kontaktieren, so dass die auf die Tragschiene aufgerastete Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen zu einem Klemmenbus mit durchgehenden Datenbus- und Stromversorgungsleitungen verbunden sind,
– dass die Leistungsstromversorgung für die an die Klemmstellen (19, 20) der Einzelreihenklemmen angeschlossenen Busteilnehmer mittels Leistungsstrombrücker (15, 16) erfolgt, die an den Seitenflächen jeder Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen fest angeordnet sind, und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene automatisch ineinandergreifen derart,
– dass die Leistungsstrombrücker jeweils aus einem Kontaktmesser (15) und einer federnden Kontaktgabel (16) bestehen, die wechselseitig an den Seitenflächen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen vorhanden sind und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene in Querrichtung ineinandergreifen.

Wegen des Wortlauts des lediglich in Form eines „insbesondere“-Antrags geltend gemachten Patentanspruchs 2 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Nachfolgend werden in leicht verkleinerter Form aus der Klagepatentschrift stammende zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung abgebildet. Figur 1 zeigt mit den Figuren 2 und 3 3-er Gruppen von Einzelreihenklemmen. In den Figuren 4 und 5 sind Querschnitte durch eine Einzelreihenklemme abgebildet. Details der Druckkontakte und der Leistungsstrombrücker sind in den Figuren 6 und 7 wiedergegeben.

Die Beklagte ist im Bereich der Automation tätig und bietet über die Internetseite www.A.de unter der Bezeichnung „B“ (für „slice I/O“) ein modulares System von Reihenklemmen an, bestehend aus einer auf eine Tragschiene aufrastbaren Basiseinheit mit Klemmstellen (Klemmmodul „CM“), auf die Module mit unterschiedlichen elektronischen Funktionen aufgesteckt werden können, darunter Signalmodule („SM“), Kommunikationsprozessoren („CP“) und Funktionsmodule („FM“). Diese Module sind sämtlich mit einer E/A-Elektronik ausgestattet. Daneben vertreibt die Beklagte auch noch passende Powermodule („PM“) und Interfacemodule („IM“). Mit der vorliegenden Klage greift die Klägerin den Vertrieb der Klemmmodule, Signalmodule, Kommunikationsprozessoren und Funktionsmodule an (angegriffene Ausführungsform). Zwei Muster der angegriffenen Ausführungsform – ein Signalmodul des Typs C und eines des Typs D, jeweils mit Klemmmodul – hat die Klägerin zur Akte gereicht. Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform sind nachstehend eingeblendet. Die erste Abbildung zeigt ein Klemmmodul mit aufsteckbarem Signalmodul. Die Druckkontakte am Klemmmodul sind in der zweiten Abbildung zu sehen. Die beiden weiteren Abbildungen zeigen das zur Akte gereichte Muster und die letzte Abbildung verdeutlicht die Stromversorgung, wie sie von der Beklagten in ihrem Internetauftritt dargestellt wird.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Bei den angegriffenen Modulen handele es sich um Einzelreihenklemmen, auf die jeweils eine eigene E/A-Elektronik aufsteckbar sei. Auf die Anzahl der Klemmstellen oder der anschließbaren Busteilnehmer komme es nicht an. Entscheidend sei hingegen, dass die Modularität dadurch erhöht werde, dass nicht mehr Reihenklemmen zu einem Block zusammengefasst und mit einer blockeinheitlichen Elektronik versehen würden, sondern dass jede einzelne Reihenklemme selbst eine E/A-Elektronik in ihrem Gehäuse integriere. Das sei bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Auf die Anordnung der Klemmstellen oder die Breite der Einzelreihenklemme komme es nicht an. Für die Datenbus- und Stromversorgungsleitungen komme es lediglich darauf an, dass ohne zusätzlichen Montageaufwand eine Verbindung zur Stromleitung und zur Datenleitung hergestellt werde. Wie diese Leitungen im Inneren der Einzelreihenklemmen geführt würden, insbesondere ob sie durch die E/A-Elektronik geführt würden, lasse das Klagepatent offen. Es müsse lediglich im Ergebnis zu einer durchgehenden Datenbus- und Stromleitung kommen. Ebenso wenig enthalte das Klagepatent Vorgaben für die Verbindungsstruktur des Datenbusses. Daher sei es unbeachtlich, ob es sich bei dem Datenbus um eine Sammelleitung oder eine Daisy-Chain-Verbindung handele. Es gehe lediglich um die Konstruktion der Einzelreihenklemme. Aber selbst wenn man auf die Verbindungsstruktur abstellen wollte, sei auch eine Daisy-Chain-Verbindung als durchgehende Datenleitung anzusehen. Im Übrigen seien die mittleren drei der sieben Druckkontakte mit einem Steg verbunden, so dass jedenfalls die Leitung für die Übertragung von Alarmsignalen nicht über die E/A-Elektronik geführt werde und eine Sammelleitung darstelle. Was die Leistungsstromversorgung mittels Leistungsstrombrücker angehe, sei es lediglich erforderlich, dass ein Stromabgriff an jeder Klemmstelle aufgrund der durchgehenden Leistungsstromversorgungsleitungen möglich sei. Ob er tatsächlich an jeder Klemmstelle erfolge, sei unbeachtlich. Bei der angegriffenen Ausführungsform würden die Stromleitungen über die Messer-Gabel-Kontakte durch die gesamten Reihenklemmen hindurchgeschleift, was auch aus den Schaltbildern ersichtlich sei.

Die Klägerin beantragt,

A. die Beklagte zu verurteilen,

I. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen Vorsitzenden bzw. Geschäftsführern der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

Ein-/Ausgabe-Module für einen Datenbus, von denen mehrere benachbart zueinander auf einer Tragschiene aufrastbar sind, mit Klemmstellen für die parallele Verdrahtung von Busteilnehmern (Aktoren, Sensoren, Geräte) und mit einer E/A-Elektronik, die mit einer seriellen Datenbusleitung verbunden ist,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

– bei denen die E/A-Module jeweils in an sich bekannter Weise als separate Einzelreihenklemmen oder zu mehreren in einer Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene aufrastbar sind, wobei jede Einzelreihenklemme, auch der Gruppe, jeweils eine eigene E/A-Elektronik aufweist, die in die Einzelreihenklemme eingebaut oder auf diese aufsteckbar ist,

– dass sowohl die Datenbusleitungen als auch die Stromversorgungsleitungen für die E/A-Elektronik in die Einzelreihenklemme integriert und durch diese hindurchgeschleift sind, indem jede Einzelreihenklemme und jede Gruppe von Einzelreihenklemmen in ihren Seitenflächen zu den Nachbarklemmen jeweils Druckkontakte aufweisen, derart, dass die Druckkontakte beim Aufrasten der Einzelreihenklemmen oder der Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene automatisch einander kontaktieren, so dass die auf die Tragschiene aufgerastete Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen zu einem Klemmenbus mit durchgehenden Datenbus- und Stromversorgungsleitungen verbunden sind,

– dass die Leistungsstromversorgung für die an die Klemmstellen der Einzelreihenklemmen angeschlossenen Busteilnehmer mittels Leistungsstrombrücker erfolgt, die an den Seitenflächen jeder Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen fest angeordnet sind, und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene automatisch ineinandergreifen derart, dass die Leistungsstrombrücker jeweils aus einem Kontaktmesser und einer federnden Kontaktgabel bestehen, die wechselseitig an den Seitenflächen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen vorhanden sind und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene in Querrichtung ineinandergreifen;

II. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den jeweiligen Vorsitzenden bzw. Geschäftsführern der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

(1) auf Tragschienen aufrastbare Basisbaugruppen (Bus terminal) und/oder

(2) aufsteckbare Baugruppen mit einer E/A-Elektronik (Electronic module),

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und zu liefern, wenn diese geeignet sind

– zu Ein-/Ausgabe-Modulen für einen Datenbus verbunden zu werden, von denen mehrere benachbart zueinander auf einer Tragschiene aufrastbar sind, mit Klemmstellen für die parallele Verdrahtung von Busteilnehmern (Aktoren, Sensoren, Geräte) und mit einer E/A-Elektronik, die mit einer seriellen Datenbusleitung verbunden ist,

– wobei die E/A-Module jeweils in an sich bekannter Weise als separate Einzelreihenklemmen oder zu mehreren in einer Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene aufrastbar sind, wobei jede Einzelreihenklemme, auch der Gruppe, jeweils eine eigene E/A-Elektronik aufweist, die in die Einzelreihenklemme eingebaut oder auf diese aufsteckbar ist, und

– dass sowohl die Datenbusleitungen als auch die Stromversorgungsleitungen für die E/A-Elektronik in die Einzelreihenklemme integriert und durch diese hindurchgeschleift sind, indem jede Einzelreihenklemme und jede Gruppe von Einzelreihenklemmen in ihren Seitenflächen zu den Nachbarklemmen jeweils Druckkontakte aufweisen, derart, dass die Druckkontakte beim Aufrasten der Einzelreihenklemmen oder der Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene automatisch einander kontaktieren, so dass die auf die Tragschiene aufgerastete Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen zu einem Klemmenbus mit durchgehenden Datenbus- und Stromversorgungsleitungen verbunden sind,

– dass die Leistungsstromversorgung für die an die Klemmstellen der Einzelreihenklemmen angeschlossenen Busteilnehmer mittels Leistungsstrombrücker erfolgt, die an den Seitenflächen jeder Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen fest angeordnet sind, und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene automatisch ineinandergreifen derart, dass die Leistungsstrombrücker jeweils aus einem Kontaktmesser und einer federnden Kontaktgabel bestehen, die wechselseitig an den Seitenflächen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen vorhanden sind und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene in Querrichtung ineinandergreifen;

III. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Rechnungen und/oder Quittungen und/oder Lieferscheinen hinsichtlich der Angaben zu A III. 1., A. III. 2. und A III. 3. darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu A I. und A II. bezeichneten Handlungen seit dem 20.08.1995 begangen haben, und zwar unter Angabe

1. der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,

2. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

3. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

wobei im Fall der Lieferung von einzelnen der in A II. genannten Bauteile auch kenntlich gemacht werden soll, welche dieser Lieferungen zu patentverletzenden Produkten kombiniert wurden,

4. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

5. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie im Fall von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,

6. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

– wobei die Rechnungslegung zu A III. 3., 4., 5. und 6. auch alle Umsätze mit weiteren Bauteilen der B-Produktserie umfasst,

– wobei die Angaben zu 6. nur für die Zeit ab dem 27.11.2005 zu machen sind und

– der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

B festzustellen, dass

I. die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die zu A I. bezeichneten, in der Zeit vom 20.08.1995 bis zum 26.11.2005 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

II. die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die zu A I. und A II. bezeichneten und seit dem 27.11.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

C die Beklagte zu verurteilen,

I. die unter A I. bezeichneten, seit dem 01.09.2008 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse, insbesondere Reihenklemmen der Baureihe B,

auf eigene Kosten aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Landgericht Düsseldorf mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatentes DE 44 02 XXX B4 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;

II. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend zu A I. bezeichneten Erzeugnisse, insbesondere Reihenklemmen der Baureihe B, zu vernichten oder an einen zur Vernichtung bereiten Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;

hilfsweise ihr zu gestatten, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Form einer Bankbürgschaft ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Beklagten abzuwenden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, durch die angegriffene Ausführungsform werde das Klagepatent nicht wortsinngemäß verletzt. Das Klagepatent verstehe unter einer Einzelreihenklemme eine – typischerweise scheibenförmige – Klemmenreihe, über die jeweils genau ein Busteilnehmer angesteuert werde. Dies ergebe sich in Abgrenzung zum Stand der Technik, aus dem ein E/A-Bus-Block zum Anschluss mehrerer Busteilnehmer mit einem einheitlichen Elektronikblock bekannt sei. Das Klagepatent stelle zudem regelmäßig die Einzelreihenklemme der Gruppe von Einzelreihenklemmen gegenüber. Diese Unterscheidung ergebe keinen Sinn, wenn es nicht auf die Anzahl der anschließbaren Busteilnehmer ankäme. Dies zeige auch das Ausführungsbeispiel des Klagepatents. Darüber hinaus ergebe sich aus der Beschreibung des Klagepatents, dass die Einzelreihenklemmen die übliche Breite einer Reihenklemme aufweisen müssten und die Klemmstellen in einer Reihe angeordnet sein müssten. Die Module der angegriffenen Ausführungsform wiesen zwei Einzelreihenklemmen auf, aber nur eine gemeinsame E/A-Elektronik für beide Einzelreihenklemmen. Nach der Lehre des Klagepatentanspruchs müsste jedoch jeder Einzelreihenklemme – auch einer Gruppe von Einzelreihenklemmen – genau eine E/A-Elektronik zugeordnet sein und die E/A-Elektronik genau einer Einzelreihenklemme. Das sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall.
Was die Datenbusleitungen und Stromversorgungsleitungen angehe, ergebe sich aus den Begriffen „hindurchgeschleift“ und „durchgehende“ Leitungen, dass die Leitungen unabhängig von der E/A-Elektronik sein sollten. Auch wenn diese entfernt werde, dürfte die Stromversorgung beziehungsweise Datenleitung nicht unterbrochen werden. Das sei bei der angegriffenen Ausführungsform aber nicht der Fall, da die Strom- und Datenleitungen über die E/A-Elektronik geführt würden. Soweit drei der sieben Druckkontakte durch einen Steg verbunden seien, handele es sich um zwei Stromversorgungsleitungen und eine Leitung zur Übertragung eines Alarmsignals. Letztere sei jedoch keine Datenleitung. Weiterhin ergebe sich aus dem Ausführungsbeispiel, dass es sich bei einer durchgehenden Datenleitung, wie sie im Klagepatentanspruch genannt sei, um eine Sammelleitung handeln müsse. Ein Klemmenbus mit einer Daisy-Chain-Verbindung wie bei der angegriffenen Ausführungsform sei nicht erfindungsgemäß, weil er keine durchgehende Leitung aufweise.
Schließlich erfolge bei einem Teil der von der Klägerin angegriffen E/A-Bausteine die Leistungsstromversorgung für die angeschlossenen Busteilnehmer nicht mittels der Leistungsstrombrücker. Es handele sich dabei um die auf Seite 27 der Klageerwiderung genannten Bauteile (insoweit wird auf Blatt 70 der Akte Bezug genommen). Soweit diese (digitale oder analoge) Eingänge aufwiesen, müsse der Leistungsstrom für die Busteilnehmer über externe Netzteile bezogen werden. Seien diese Bauteile mit (digitalen oder analogen) Ausgängen ausgestattet, werde zwar Strom von der Elektronik bezogen, aber nur im Zusammenhang und aufgrund von signalabhängigen Schaltungen und nicht automatisch durch „Aufstecken“. Auch hier müssten die Busteilnehmer eigenen Leistungsstrom unabhängig vom jeweiligen Modul beziehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung der Entschädigungspflicht und der Schadensersatzpflicht, Rückruf aus den Vertriebswegen und Vernichtung aus §§ 33 Abs. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB. Der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform stellt keine wortsinngemäße Benutzung der patentierten Erfindung im Sinne von § 9 S. 1 und 2 Nr. 1 PatG dar. Ebenso wenig handelt es sich bei den einzelnen Bauteilen um Mittel im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG, die dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

I.
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft E/A-Module für einen Datenbus.

Zum Hintergrund des Standes der Technik führt das Klagepatent aus, dass E/A-Module für einen Datenbus die Firma E vorgestellt hat. Bei diesem Datenbus-System sind die E/A-Module großvolumig als sogenannte E/A-Blöcke ausgebildet und jeweils für eine größere Anzahl von Busteilnehmern ausgelegt. Die Modularität eines solchen Systems, d.h. die Anpassungsmöglichkeit der E/A-Module an die tatsächlich vorhandenen Busteilnehmer, ist entsprechend gering, so die Klagepatentschrift in Absatz [0002]. Weiterhin wird zu diesem Stand der Technik ausgeführt, dass die Datenbus-Verbindung zwischen den E/A-Bus-Blöcken des bekannten INTERBUS-ST-Systems von Block zu Block jeweils mittels eines steckbaren Verbindungskabels erfolgt. Die Stromversorgung für die Modulelektronik der E/A-Bus-Blöcke und für die Leistungsstromversorgung der an die E/A-Bus-Blöcke angeschlossenen Busteilnehmer erfolgt pro Block jeweils gesondert, wobei jedoch Standard-Einlegebrücken angeboten werden, um eine Querverteilung der Stromversorgungen auf mehrere nebeneinander angeordnete Bus-Blöcke zu ermöglichen. Das ist jedoch – so das Klagepatent – insgesamt eine für den Anwender umständliche und zeitraubende Montagearbeit.

Als weiteren Stand der Technik führt das Klagepatent die DE 22 05 086 an, in welcher bereits im Jahre 1972 vorgeschlagen wurde, als Querverbindungssystem zwischen reihenklemmenähnlichen Funktionsbausteinen beidseitig steckbare Verbindungsstifte zu verwenden (Stöpselverbindungen), die allerdings den Nachteil haben, dass die Funktionsbausteine vor der Schienenmontage zusammengesteckt werden müssen. Eine verbesserte elektrische Querverbindung zwischen eng benachbarten Reihenklemmen ist durch Seitenwandkontakte möglich, die beim senkrechten Aufsetzen der Reihenklemme auf eine Tragschiene einander automatisch elektrisch kontaktieren.

Das Klagepatent hat es sich vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik zur Aufgabe gemacht, E/A-Module für einen Datenbus zu schaffen, die eine hohe Modularität haben und die in einfacher Weise auf eine handelsübliche und unveränderte Tragschiene aufzurasten sind, wobei zugleich beim Aufrastvorgang automatisch die Verbindung zu den Datenbus- und Stromversorgungsleitungen hergestellt sein soll. Hierzu schlägt das Klagepatent in seinem für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentanspruch 1 folgende Vorrichtung vor:

1. Ein-/Ausgabe-Module für einen Datenbus,
2. von denen mehrere benachbart zueinander auf einer Tragschiene aufrastbar sind,
3. mit Klemmstellen für die parallele Verdrahtung von Busteilnehmern (Aktoren, Sensoren, Geräte) und
4. mit einer E/A-Elektronik, die mit einer seriellen Datenbusleitung verbunden ist;
5. die E/A-Module sind jeweils in an sich bekannter Weise als separate Einzelreihenklemmen oder zu mehreren in einer Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene aufrastbar,
5.1 wobei jede Einzelreihenklemme, auch der Gruppe, jeweils eine eigene E/A-Elektronik aufweist, die in die Einzelreihenklemme eingebaut oder auf diese aufsteckbar ist,
6. dass sowohl die Datenbusleitungen als auch die Stromversorgungsleitungen für die E/A-Elektronik in die Einzelreihenklemme integriert und durch diese hindurchgeschleift sind,
6.1 indem jede Einzelreihenklemme und jede Gruppe von Einzelreihenklemmen in ihren Seitenflächen zu den Nachbarklemmen jeweils Druckkontakte (10, 11) aufweisen,
6.2 derart, dass die Druckkontakte beim Aufrasten der Einzelreihenklemmen oder der Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene automatisch einander kontaktieren,
6.3 so dass die auf die Tragschiene aufgerastete Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen zu einem Klemmenbus mit durchgehenden Datenbus- und Stromversorgungsleitungen verbunden sind;
7. dass die Leistungsstromversorgung für die an die Klemmstellen (19, 20) der Einzelreihenklemmen angeschlossenen Busteilnehmer mittels Leistungsstrombrücker (15, 16) erfolgt,
7.1 die an den Seitenflächen jeder Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen fest angeordnet sind und
7.2 die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene automatisch ineinandergreifen,
7.3 derart, dass die Leistungsstrombrücker jeweils aus einem Kontaktmesser (15) und einer federnden Kontaktgabel (16) bestehen, die wechselseitig an den Seitenflächen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen vorhanden sind und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene in Querrichtung ineinandergreifen.

II.
Der Klagepatentanspruch betrifft Ein-/Ausgabe-Module (E/A-Module) für einen Datenbus. Bei einem Datenbus handelt es sich nach dem allgemeinen Verständnis des Fachmanns um eine Verbindungsstruktur zum Datentransport zwischen verschiedenen Busteilnehmern. Diese Struktur wird in den Merkmalen 1 bis 4 des Klagepatentanspruchs allgemein beschrieben. Die E/A-Module weisen Klemmstellen auf, über die die Busteilnehmer mit dem Datenbus verbunden werden können (Merkmal 3). Die E/A-Elektronik ist mit der Datenbusleitung verbunden (Merkmal 4), um Signale für die einzelnen Busteilnehmer zu empfangen und zu senden.

Nach den Merkmalen 5 und 5.1 sind die E/A-Module als separate Einzelreihenklemmen oder zu mehreren in einer Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene aufrastbar. Dabei soll jede Einzelreihenklemme – auch der Gruppe – jeweils eine eigene E/A-Elektronik aufweisen, die in die Einzelreihenklemme eingebaut oder aufsteckbar ist. Der Klagepatentanspruch differenziert somit zwischen der Einzelreihenklemme einerseits und einer Gruppe von Einzelreihenklemmen andererseits. In beiden Fällen soll jede Einzelreihenklemme – auch die der Gruppe – mit einer eigenen E/A-Elektronik ausgestattet sein (Merkmal 5.1). Damit unterscheidet sich die Anordnung der E/A-Elektronik bereits von der Anordnung der Druckkontakte beziehungsweise der Leistungsstrombrücker für die Datenbus- und Stromversorgungsleitungen, für die es genügt, wenn die Kontakte in den Seitenflächen der Gruppe von Einzelreihenklemmen und nicht in jeder Einzelreihenklemme der Gruppe angeordnet sind (Merkmale 6.1 und 7.1).

Das Ausführungsbeispiel des Klagepatents zeigt in der Figur 1 zwei Gruppen von Einzelreihenklemmen, jeweils bestehend aus drei Einzelreihenklemmen (Abs. [0016]; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift, Anlage K 1). Für jeden Busteilnehmer sind ein Signalanschluss 18, ein (+) Anschluss 19, ein (-) Anschluss 20 und ein Schutzleiteranschluss 21 vorgesehen (Abs. [0022]). Daher dienen in dem Ausführungsbeispiel sämtliche Klemmstellen einer Einzelreihenklemme dem Anschluss genau eines Busteilnehmers. Dieses Verständnis vom Begriff der Einzelreihenklemme liegt dem Klagepatent auch allgemein zugrunde, ohne dass damit eine Einschränkung der Lehre des Klagepatentanspruchs auf das Ausführungsbeispiel verbunden ist. Denn auch aus dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs und der allgemeinen Beschreibung der Erfindung lässt sich herleiten, dass eine Einzelreihenklemme dadurch gekennzeichnet ist, dass ihre Klemmstellen dem Anschluss genau eines Busteilnehmers dienen.

Eine Einzelreihenklemme weist mehrere Klemmstellen auf. An die Klemmstellen werden die Busteilnehmer angeschlossen. In Abgrenzung zu dem ebenfalls in der Klagepatentschrift verwendeten Begriff „Reihenklemme“ weist die Wahl des Begriffs „Einzelreihenklemme“ darauf hin, dass es sich quasi um die kleinste Einheit einer Reihenklemme handelt. Da die Klemmstellen dem Anschluss von Busteilnehmern dienen, zeichnet sich die Einzelreihenklemme dadurch aus, dass an ihr genau ein einzelner Busteilnehmer angeschlossen werden kann. Ob dafür genau die vier im Ausführungsbeispiel beschriebenen Klemmstellen mit der dargestellten Belegung der Leitungen erforderlich sind, ist unbeachtlich und hängt vom jeweiligen Busteilnehmer und von der Konstruktion des jeweiligen Datenbuses ab. Erforderlich ist lediglich, dass sämtliche Klemmstellen einer Einzelreihenklemme dem Anschluss genau eines Busteilnehmers dienen.

Indem das Klagepatent auf die Einzelreihenklemme abstellt, die jeweils eine eigene E/A-Elektronik aufweisen soll (Merkmal 5.1), grenzt sich das Klagepatent von dem aus dem Stand der Technik bekannten Interbus-ST-System der Firma F ab. Bei diesem Datenbus-System sind die E/A-Module als E/A-Bus-Blöcke ausgebildet und jeweils für eine größere Anzahl von Busteilnehmern ausgelegt. Im Klagepatent wird daran kritisiert, dass die Modularität eines solchen Systems gering sei (Abs. [0002]). Unter Modularität versteht das Klagepatent ausdrücklich die Anpassungsmöglichkeit der E/A-Module an die tatsächlich vorhandenen Busteilnehmer (Abs. [0002]). Die Lösung der Aufgabe, E/A-Module für einen Datenbus zu schaffen, die eine hohe Modularität haben (Abs. [0005]), hängt also davon ab, einer möglichst geringen Anzahl von Busteilnehmern jeweils ein E/A-Modul zuzuordnen. Das Klagepatent löst die Aufgabe dadurch, dass jede Einzelreihenklemme eine eigene E/A-Elektronik aufweist. Entsprechend heißt es in der Klagepatentschrift, die Modularität der erfindungsgemäßen Module sei besonders groß, weil jede Einzelreihenklemme eine eigene E/A-Elektronik aufweist (Abs. [0008]), statt wie im Stand der Technik ein E/A-Modul für mehrere Busteilnehmer vorzusehen. Kommt es für die Modularität aber auf die Anzahl der Busteilnehmer an, kann der Begriff der Einzelreihenklemme nur über die Anzahl der anschließbaren Busteilnehmer definiert werden. Dabei weist nicht nur der Begriff der Einzelreihenklemme darauf hin, dass der Einzelreihenklemme genau ein Busteilnehmer zugeordnet werden soll, sondern auch die Abgrenzung zu dem aus dem Stand der Technik bekannten Interbus-System ST der Firma F. Könnten nämlich an eine Einzelreihenklemme mehrere Busteilnehmer angeschlossen werden, wäre wiederum ein E/A-Modul wie im Stand der Technik für mehrere Busteilnehmer ausgelegt, was vom Klagepatent gerade nicht gewollt ist. Eine Differenzierung zwischen einer geringen und einer größeren Anzahl von angeschlossenen Busteilnehmern verbietet sich, weil das Klagepatent dafür nichts hergibt. Wenn das Klagepatent den Anschluss mehrerer Busteilnehmer an „einer“ Reihenklemme – nicht Einzelreihenklemme – ermöglichen will, verwendet es den Begriff „Gruppe von Einzelreihenklemmen“. Der Klagepatentanspruch enthält diesbezüglich aber die Anweisung, dass sogar jede Einzelreihenklemme einer solchen Gruppe eine eigene E/A-Elektronik aufweist.

Soweit die Klägerin – so ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung – meint, die Einzelreihenklemme werde durch ihr Gehäuse definiert, so dass es nicht auf die Anzahl der Klemmstellen und anschließbaren Busteilnehmer ankomme, kann dem nicht gefolgt werden. Für eine solche Auslegung gibt es weder im Klagepatentanspruch, noch in der Beschreibung des Klagepatents eine Stütze. Wenn es in der Klagepatentschrift heißt, jede Einzelreihenklemme stelle immer nur einen E/A-Baustein dar und weise eine eigene E/A-Elektronik auf, die in das Gehäuse der Einzelreihenklemme eingebaut sei (Abs. [0008]), lässt sich damit eine abweichende Auslegung nicht begründen. Insbesondere rechtfertigt es die Textstelle nicht, die Einzelreihenklemme in Abhängigkeit von ihrem Gehäuse zu definieren. Gegen eine solche Auslegung spricht bereits die zitierte Textstelle selbst, die zwischen dem Isolierstoffgehäuse der Einzelreihenklemme und dem der Gruppe von Einzelreihenklemmen differenziert. Aber auch wenn das Isolierstoffgehäuse mehrere Einzelreihenklemmen umfasst, soll – so die zitierte Textstelle und auch der Klagepatentanspruch (Merkmal 5.1) – jede Einzelreihenklemme eine eigene E/A-Elektronik aufweisen. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass mit der Gruppe von Einzelreihenklemmen ein Gehäuse gemeint ist, das mehrere Gehäuse von Einzelreihenklemmen umfasst, die wiederum jeweils dem Anschluss mehrerer Busteilnehmer dienen. Der Verweis der Klägerin auf die weiteren Textstellen, in denen von dem Isolierstoffgehäuse der Einzelreihenklemmen die Rede ist (Abs. [0017] und [0020]), führt insofern nicht weiter, weil hier das Gehäuse der Einzelreihenklemme jeweils genau so viele Klemmstellen umfasst, wie für den Anschluss genau eines Busteilnehmers nötig sind. Im Übrigen erlaubt ein Ausführungsbeispiel regelmäßig keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (GRUR 2004, 1023, 1024 – bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung). Daher kann sich die Klägerin für ihre Auslegung auch nicht mit Erfolg auf die Ausführungen des Bundespatentgerichts im Urteil vom 09.12.2009 berufen (Anlage B 3, dort S. 7).

Auch in technischer Hinsicht ist die von der Kläger vertretene Definition der Einzelreihenklemme nicht sinnvoll und berücksichtigt nicht die Differenzierung im Klagepatentanspruch zwischen einer Einzelreihenklemme einerseits und der Gruppe von Einzelreihenklemmen andererseits. Module mit einer Vielzahl von Klemmstellen und einer E/A-Elektronik in einem Gehäuse stellten nach der abweichenden Auslegung eine Einzelreihenklemme dar; sind die Klemmstellen hingegen baulich getrennt und weisen jeweils eine eigene E/A-Elektronik auf, handelte es sich um eine Gruppe von Einzelreihenklemmen. Für das dem Klagepatent zugrunde liegende technische Problem bietet eine solche Differenzierung keine Lösung.

Ebenso wenig trägt der Verweis der Klägerin auf den im Klagepatent zitierten Stand der Technik eine Auslegung, die die Einzelreihenklemme in Abhängigkeit von ihrem Gehäuse definiert. Im Rahmen der Darstellung des Standes der Technik in der Klagepatentschrift gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Einzelreihenklemme im Sinne eines Gehäuses mit Klemmstellen für den Anschluss mehrerer Busteilnehmer verstanden werden soll. Bezüglich des Interbus-ST-Systems ist die Rede von E/A-Bus-Blöcken, von denen sich das Klagepatent – wie bereits ausgeführt – durch die Zuordnung von genau einem Busteilnehmer zu jeder E/A-Elektronik abgrenzt. Nach der von der Klägerin vertretenen Ansicht wäre eine Abgrenzung zum Stand der Technik nur möglich, wenn ein E/A-Bus-Block mehrere Gehäuse von Einzelreihenklemmen umfasst. Dies lässt sich der Klagepatentschrift nicht entnehmen. Selbst wenn man es als zulässig erachten sollte, den Inhalt der zitierten Druckschrift (hier die Date Up 92/2 – Druckschrift Nr. 5007833 der Firma F GmbH & Co., Juni 1993, S. 4 und 5 – Anlage K 4) selbst zur Auslegung heranzuziehen, ergibt sich nichts anderes. Der Begriff „kompakte Gehäuseform“ (Anlage K 4, S. 4 li. Sp.) deutet stattdessen darauf hin, dass lediglich ein Gehäuse für den gesamten Bus-Block vorhanden ist. In der zu diesem Bus-System gehörigen Patentanmeldung DE 43 03 717 A1 wird eine solche Bauweise sogar ausdrücklich beschrieben (Anlage K 4a, Sp. 3 Z. 52-67). Der weitere in der Klagepatentschrift genannte druckschriftliche Stand der Technik wird lediglich im Zusammenhang mit dem Querverbindungssystem zwischen den Funktionsbausteinen beschrieben. Für eine Definition der Einzelreihenklemme in Abhängigkeit vom Gehäuse gibt es keine Anhaltspunkte, zumal in der Klagepatentschrift an dieser Stelle nur von „reihenklemmenähnlichen Funktionsbausteinen“ oder von „Reihenklemmen“, aber nicht von Einzelreihenklemmen die Rede ist (vgl. Abs. [0004]). Im Übrigen ist nichts dafür dargetan, dass die Druckschriften selbst (Anlagen K 5 und K 6) einen Hinweis darauf enthalten, dass an eine Reihenklemme mehrere Busteilnehmer angeschlossen werden können.

Ebenso wenig führt die von der Klägerin vertretene Differenzierung zwischen herkömmlichen Reihenklemmen einerseits und zu E/A-Bus-Blöcken zusammengefassten Reihenklemmen andererseits zu einer anderen Auslegung des Klagepatentanspruchs. Denn der Klagepatentanspruch verwendet nicht den Begriff der Reihenklemme, sondern der Einzelreihenklemme. Zudem hat auch die Klägerin nicht erklären können, ab welcher Anzahl von anschließbaren Busteilnehmern nicht mehr von einer (Einzel-)Reihenklemme, sondern von einem Block von Reihenklemmen die Rede sein soll. Soweit die Klägerin für diese Abgrenzung auf die im Stand der Technik üblichen Reihenklemmen abstellen will, gibt das Klagepatent dafür nichts her. Im Klagepatent wird nur dann auf die im Stand der Technik bekannten Reihenklemmen verwiesen, wenn es um die elektrische Verbindung zwischen zwei Reihenklemmen (Abs. [0004]) oder um die Montage auf der Tragschiene und die Anschlusstechnik bezüglich der Klemmstellen für die Verdrahtung der Busteilnehmer geht (Abs. [0008]). Was im Hinblick auf die Anzahl der anzuschließenden Busteilnehmer unter einer herkömmlichen Reihenklemme verstanden werden soll, geht aus der Klagepatentschrift nicht hervor. Die von der Klägerin vertretene Auslegung lässt auch eine technisch sinnvolle Differenzierung zwischen den im Klagepatentanspruch genannten Einzelreihenklemmen einerseits und Gruppen von Einzelreihenklemmen andererseits nicht zu. Es lässt sich nicht erklären, wann eine Reihenklemme mit Klemmstellen für den Anschluss von drei Busteilnehmern eine Einzelreihenklemme darstellen soll und wann sie als Gruppe von Einzelreihenklemmen anzusehen ist, wie sie beispielsweise in den Figuren 1 und 2 des Ausführungsbeispiels dargestellt ist. Eine Unterscheidung nach der Gehäusestruktur und der zugeordneten E/A-Elektronik ist – wie bereits ausgeführt – nicht angebracht.

III.
Vor dem Hintergrund dieser Auslegung macht die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatentanspruchs nicht wortsinngemäß Gebrauch, da die Einzelreihenklemmen der beanstandeten E/A-Module keine jeweils eigene E/A-Elektronik aufweisen (Merkmal 5.1). Das Klemmmodul CM der angegriffenen Ausführungsform hat Klemmstellen für den Anschluss von zwei Busteilnehmern. Entsprechend ist das Klemmmodul CM als Gruppe von zwei Einzelreihenklemmen anzusehen. Auf das Klemmmodul CM werden Module mit einer E/A-Elektronik für beide Einzelreihenklemmen aufgesteckt. Der Klagepatentanspruch verlangt jedoch, dass jede Einzelreihenklemme, auch die der Gruppe, jeweils eine eigene E/A-Elektronik aufweist, die in die Einzelreihenklemme eingebaut oder auf diese aufsteckbar ist. Daran fehlt es hier.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Dem von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Vollstreckungsschutzantrag war nicht stattzugeben, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt, noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.

Streitwert: 500.000,00 EUR