4a O 24/11 – Möbelbeschlag

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1914

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. Juli 2012, Az. 4a O 24/11

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an dem Vorstand/der Geschäftsführung der Beklagten, zu unterlassen,

Scharniere für Möbel mit einem Scharnierarm, der über Gelenkhebel oder dergl. mit einem türseitigen Scharnierteil verbunden ist und mit einem Fluiddämpfer, der ein Gehäuse und einen Betätigungsteil aufweist,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken auszuführen oder einzuführen, bei denen

das Gehäuse des Fluiddämpfers von außen auf den Scharnierarm aufgesetzt ist und der Betätigungsteil an der Türe oder am türseitigen Scharnierteil angreift;

2. der Klägerin durch Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 06.07.2002 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, Bestellzeiten und Bestellpreisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu a) Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen oder Liefer- oder Zollpapiere vorzulegen haben,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem in Antrag I.2. bezeichneten Zeitpunkt begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,- EUR.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 199 XXX B1 (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents. Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer österreichischen Priorität (AT 17922XXX) am 26.09.2001 angemeldet; der Hinweis auf die Patenterteilung erfolgte am 26.04.2006. Das Klagepatent steht in Kraft.

Die Klägerin war ferner eingetragene Inhaberin eines Klagegebrauchsmusters, welches ursprünglich Gegenstand des Klagebegehrens war. Es wurde am 26.09.2001 angemeldet, am 02.05.2002 eingetragen und seine Eintragung wurde am 06.06.2002 im Patentblatt bekannt gemacht. Der Gebrauchsmusterschutz endete zum 01.10.2011.

Das Klagepatent bezieht und das Klagegebrauchsmuster bezog sich auf ein Scharnier mit Dämpfer, insbesondere für Möbel. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 sowie die Unteransprüche 2, 6 und 7 stimmen wortgleich mit den Ansprüchen 1, 2, 6 und 7 des Gebrauchsmusters überein und lauten wie folgt:

1. Scharnier insbesondere für Möbel mit einem Scharnierarm (2), der über Gelenkhebel od. dgl. mit einem türseitigen Scharnierteil, beispielsweise einem Scharniertopf (1) verbunden ist, und mit einem Fluiddämpfer (20), der ein Gehäuse (13) und einen Betätigungsteil (15) aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß das Gehäuse (13) des Fluiddämpfers (20) von außen auf den Scharnierarm (2) aufgesetzt ist und daß der Betätigungsteil (15) an der Türe (12) oder am türseitigen Scharnierteil angreift.

2. Scharnier nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Scharnierarm im Querschnitt U-förmig mit einem Mittelsteg und zwei Seitenstegen ausgeführt ist und daß das Gehäuse (13) des Fluiddämpfers (20) auf den Mittelsteg (2‘) des Scharnierarmes (2) aufgesetzt ist.

6. Scharnier nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Betätigungsteil als Schieber (15) ausgeführt ist, der bei geschlossener Türe (12) am türseitigen Scharnierteil anliegt.

7. Scharnier nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der als Scharniertopf (1) ausgebildete Scharnierteil einen Flansch (18) aufweist, an dem der Schieber (15) bei geschlossener Türe (12) anliegt.

Der Unteranspruch 14 des Klagepatents lautet wie folgt:
Scharnier nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Schieber (15) von einer Feder (17) beaufschlagt wird, die den Schieber (15) in die Bereitschaftsstellung drückt.

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen eines Ausführungsbeispiels, welche der Klagepatentschrift entnommen worden sind. Figur 1 zeigt ein Schaubild eines Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Scharniers; die Figur 2 zeigt ein auseinandergezogenes Schaubild des Scharniers und des Dämpfers.
Die Beklagte zu 1) ist eine Aktiengesellschaft italienischen Rechts. Sie stellt her und vertreibt Möbelbeschläge und steht in direktem Wettbewerb mit der Klägerin. Sie ist Inhaberin der Internetseite www.B.it. Auf der Unterseite „B Group“ heißt es u.a., dass Deutschland das Vertriebsgebiet der Möbelbeschläge der Beklagten zu 1) ist. Als Distributionseinheit wird die Beklagte zu 2) als Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) auf der Internetseite aufgeführt. Die Beklagte zu 2) ist Inhaberin der Interseite www.Bgermany.com. Von dieser Internetseite erfolgt beim Anklicken auf diese Domain eine Weiterleitung auf die Internetseite der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1) hält auf ihrer Internetseite einen Online-Katalog zum Herunterladen bereit.

Beide Beklagten vertreiben auch nach Deutschland ein C-Scharnier mit der Bezeichnung „D E“, die angegriffene Ausführungsform. Die angegriffene Ausführungsform ist nachfolgend abgebildet. Die Abbildung entstammt der Klageschrift und gibt einen Bildschirmabdruck einer Internetseite der Beklagten zu 1) wieder:
Die nachfolgende Abbildung, die der Anlage K 28 entnommen wurde, zeigt die angegriffene Ausführungsform in zwei Teilen, wobei die Beschriftung von der Klägerin stammt.
Die Parteien schlossen am 02.06.2009 bzw. 08.06.2009 eine in englischer Sprache abgefasste Vereinbarung zur Beilegung von Streitigkeiten (im Folgenden: Vereinbarung). In der Vereinbarung heißt es u.a. wie folgt:

Weiter heißt es auszugsweise:
Wegen des genauen Inhalts der Vereinbarung wird auf die Anlage B 4 Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die von den Beklagten behauptete Gerichtsstandsvereinbarung greife nicht ein, weil die Vereinbarung sich nur auf die D-hinge-09 beziehe. Die angegriffene Ausführungsform D-E falle nicht hierunter. Soweit sich die Beklagten darauf bezögen, in Ziffer 3.1 sei von „type of mounting“ die Rede, greife dies zu kurz. Dies beziehe sich allein auf die D-hinge-09, wie die Überschrift in Ziffer 3 der Vereinbarung zeige. Zudem sei der „type of mounting“ durch das Einfügen der Abbildung konkretisiert.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache wortsinngemäß Gebrauch von der technischen Lehre der Klageschutzrechte. Die angegriffene Ausführungsform enthalte ein Gehäuse, welches neben dem Zylinder, dem Betätigungsteil, auch die Ummantelung und die seitlichen Lappen umfasse. Eine isolierte Betrachtung des Zylinders als Gehäuse, so wie es die Beklagten vertreten, sei unzutreffend. Dieses Gehäuse werde von außen auf den Scharnierarm aufgesetzt. Der Fachmann verstehe unter „aufsetzen“ nicht nur eine Befestigung des Gehäuses auf dem Scharnierarm.

Ein Verschulden als Voraussetzung für die Feststellung der Verpflichtung, an die Klägerin Schadensersatz zu leisten, liege vor. Es könne nur unter sehr hohen Voraussetzungen davon ausgegangen werden, dass die Beklagten kein Verschuldensvorwurf treffe. Bei einer zweifelhaften Rechtslage hätte die Beklagte zu 1) nicht die ihr günstige Rechtsfolge aus der Vereinbarung ziehen dürfen. Die Beklagte zu 2) könne sich auf die Vereinbarung nicht berufen, da sie nicht Vertragspartnerin der Vereinbarung sei.

Die Parteien haben den Rechtsstreit, soweit er das Klagegebrauchsmuster für den Zeitraum ab dem 01.10.2011 betraf, übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,–, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren — die Ordnungshaft zu vollziehen an den gesetzlich für sie handelnden Personen — zu unterlassen,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland

1.1 Scharniere für Möbel mit einem Scharnierarm (2), der über Gelenkhebel oder dergl. mit einem türseitigen Scharnierteil verbunden ist und

1.2 mit einem Fluiddämpfer (20), der ein Gehäuse (13) und einen Betätigungsteil (15) aufweist

anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken auszuführen oder einzuführen, bei denen

1.3 das Gehäuse (13) des Fluiddämpfers (20) von außen auf den Scharnierarm (2) aufgesetzt ist und

1.4 der Betätigungsteil (15) an der Türe (12) oder am türseitigen Scharnierteil angreift;

insbesondere, wenn
2.1 der Scharnierarm im Querschnitt U-förmig mit einem Mittelsteg und zwei Seitenstegen ausgeführt ist und

2.2 das Gehäuse (13) des Fluiddämpfers (20) auf den Mittelsteg (2‘) des Scharnierarmes (2) aufgesetzt ist;

weiter insbesondere wenn zusätzlich zu den Merkmalsgruppen oben 1 oder 1 und 2
6.1 der Betätigungsteil als Schieber (15) ausgeführt ist,
6.2 der bei geschlossener Türe (12) am türseitigen Scharnierteil anliegt;

weiter insbesondere wenn zusätzlich zu den Merkmalsgruppen oben 1 und 6, oder 1, 2 und 6

7.1 der als Scharniertopf (1) ausgebildete Scharnierteil einen Flansch (18) aufweist,

7.2 an dem der Schieber (15) bei geschlossener Türe (12) anliegt;

weiter insbesondere wenn zusätzlich zu den Merkmalsgruppen oben 1 und 6, oder 1, 2 und 6
14.1 der Schieber (15) von einer Feder (17) beaufschlagt wird, die den Schieber (15) in die Bereitschaftsstellung drückt;

2. der Klägerin durch Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit 06.07.2002 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, Bestellzeiten und Bestellpreisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungsfaktoren und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu a) Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen oder Liefer- oder Zollpapiere vorzulegen haben,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

3. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen der ihr durch die in Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem in Antrag I. 2. bezeichneten Zeitpunkt begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie rügen die fehlende internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf. Die Klägerin und die Beklagte zu 1) hätten eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen, wonach das Handelsgericht Wien zuständig sei und die auch die von der Klägerin geltend gemachten deliktischen Ansprüche umfasse. Die angegriffene Ausführungsform falle auch inhaltlich unter die Vereinbarung der Parteien. Es handele sich um eine zulässige Weiterentwicklung des Scharniers „D-09“. Die Beklagte zu 2) könne sich auf diese Vereinbarung ebenfalls berufen, obwohl sie nicht Vertragspartei der Vereinbarung gewesen sei, da Ziffer 5.1 der Vereinbarung einschlägig sei.

Im Übrigen falle die angegriffene Ausführungsform nicht in den Schutzbereich der Klageschutzrechte. Die angegriffene Ausführungsform enthalte kein Gehäuse im Sinne der Klageschutzrechte. Gehäuse sei vielmehr die Plastikummantelung des Dämpfers, welcher nicht auf dem Scharnierarm aufgebracht sei. Das Gehäuse sei schließlich nicht auf den Scharnierarm aufgesetzt. Vielmehr sei das Gehäuse auf dem Gelenkhebel angebracht bzw. „aufgeklipst“. Die Klageschutzrechte erforderten es auch, dass keine lose Verbindung zwischen dem Gehäuse und dem Scharnierarm bestehe, so wie es bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall sei, sondern eine dauerhafte Beziehung zwischen dem Gehäuse und dem Scharnierarm. Es müsse also mehr als ein loses, zufälliges Berühren gegeben sein.

Ein Anspruch auf Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz bestehe nicht, da es an der Voraussetzung des Verschuldens fehle. Die Beklagten hätten davon ausgehen dürfen, die angegriffene Ausführungsform als Weiterentwicklung aufgrund der Vereinbarung in den Verkehr bringen zu dürfen. In Ziffer 3.1 der Vereinbarung stehe „type of mounting“, was Weiterentwicklungen an Ausführungsformen mit einschließe.
Wegen des weiteren Parteivortrages wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

A.
Das Landgericht Düsseldorf ist international und örtlich zuständig. Dem steht die von den Beklagten geltend gemachte Gerichtsstandsvereinbarung nicht entgegen.

I.
Die internationale Zuständigkeit für die Beklagte zu 1) bestimmt sich vorliegend nach der EuGVVO (Verordnung (EG) Nr.44/2001). Die Beklagte zu 1) hat ihren Sitz in der Republik Italien. Da die Beklagte zu 1) abweichend von Art.3 Abs.1 EuGVVO nicht an ihrem Wohnsitz verklagt worden ist, kommt eine internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf nur nach Art.5 Nr.3 EuGVVO in Betracht.

1.
Nach Art.5 Nr.3 EuGVVO kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Hierunter fallen auf Unterlassung und Schadensersatz gerichtete Klagen wegen Verletzung gewerblicher Schutzrechte (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28.Aufl., Anh I, Art.5 EuGVVO Rz.30b). Der Ort des schädigenden Ereignisses ist neben dem Handlungsort auch der Erfolgsort. Als Anknüpfungspunkt für Klagen von deliktischen Ansprüchen ist als Erfolgsort der Ort anzusehen, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (EuGH, GRUR Int. 1998, 298 – Shevill; BGH, GRUR 2006, 513, 514 f. – Arzneimittelwerbung im Internet). In den Fällen eines Angebotes von Gegenständen über das Internet liegt der Handlungsort grundsätzlich nicht nur am Absende-, sondern auch am Empfangsort (vgl. EuGH, GRUR Int 2012, 47 – eDate Advertising; BGH, Urt. v. 08.05.2012, VI ZR 217/08).

Nach diesen Grundsätzen ist die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf in Bezug auf die Beklagte zu 1) gegeben.

Die Beklagte zu 1) hat ihre Internetpräsenz international ausgerichtet und über die Internetpräsenz der Beklagten zu 2) deutsche Kunden angesprochen und bundesweit die streitgegenständlichen Produkte angeboten und vertrieben. Über die Internetseite www.Bgermany.com, deren Inhaberin die Beklagte zu 2) ist, wird der deutsche Verkehrskreis gezielt angesprochen. Ein Interessent wird automatisch auf die Internetseite www.B.it umgeleitet, welche die Beklagte zu 1) inne hat, wenn auf die Domain der Beklagten zu 2) geklickt wird. Damit macht sich die Beklagte zu 1) den Internetauftritt der Beklagten zu 2) zu Eigen.

2.
Die örtliche Zuständigkeit in Bezug auf die Beklagte zu 1) richtet sich nach den gleichen Kriterien wie die internationale Zuständigkeit. Zur Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) ist das Angebot der Beklagten zu 1) in Verbindung mit dem Angebot der Beklagten zu 2) im Internet ausreichend. Dieser Internetauftritt ist bundesweit abrufbar und richtet sich gerade nicht auf regionale Teile der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb wurde die vorgetragene Rechtsverletzung auch in Nordrhein-Westfalen begangen, so dass nach der Verordnung über die Zuweisung von Gemeinschaftsmarken-, Gemeinschaftsgeschmackmuster-, Patent-, Sortenschutz-, Gebrauchsmusterstreitsachen und Topographieschutzsachen vom 30.08.2011 (GV NRW v. 23.09.2011, S.467) das Landgericht Düsseldorf örtlich zuständig ist.

II.
Für die örtliche Zuständigkeit der Beklagten zu 2) gilt im Ergebnis nichts anderes. Diese folgt aus §§ 12, 17 ZPO i.V.m. der Verordnung über die Zuweisung von Gemeinschaftsmarken-, Gemeinschaftsgeschmackmuster-, Patent-, Sortenschutz-, Gebrauchsmusterstreitsachen und Topographieschutzsachen vom 30.08.2011 (GV NRW v. 23.09.2011, S.467). Der Sitz der Beklagten zu 2) ist in Rietberg und liegt damit im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm.

III.
Eine ausschließliche Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien besteht für den vorliegenden Rechtsstreit nicht. Zu Unrecht berufen sich die Beklagten zu auf die Gerichtsstandsvereinbarung vom 02.06.2009.

Die von der Klägerin vorliegend geltend gemachten Ansprüche sind von der Gerichtsstandsvereinbarung nicht umfasst. Die geltend gemachten deliktischen Ansprüche entspringen nicht dem durch die Vereinbarung geregelten Rechtsverhältnis, Art. 23 EuGVVO.

Der Wortlaut der Regelung in Ziffer 5.3 der Vereinbarung bezieht sich auf die Vereinbarung selbst. Diese Vereinbarung und damit die in dieser Vereinbarung geregelten Rechtsverhältnisse sollen der Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien unterfallen. So heißt es in der Vereinbarung wie folgt:

Über weitergehende, insbesondere deliktische Ansprüche verhält sich die Vereinbarung nicht. Zwar umfasst eine Gerichtsstandsvereinbarung über vertragliche Ansprüche im Zweifel auch deliktische Ansprüche (vgl. Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 6.Aufl., Rz.1714), indes ist der Streitgegenstand in der Vereinbarung auf die D-hinge 09 begrenzt. Die Vereinbarung umfasst die angegriffene Ausführungsform D-E deshalb nicht.

Der Streitgegenstand einer Patentverletzungsklage wird über die üblicherweise als angegriffene Ausführungsform bezeichnete tatsächliche Ausgestaltung eines bestimmten Produkts im Hinblick auf die Merkmale des geltend gemachten Patentanspruchs bestimmt (BGH, GRUR 2012, 485 – Rohrreinigungsdüse II). Übertragen auf diesen Rechtsstreit bedeutet dies, dass Gegenstand der Vereinbarung die Ausführungsform D-hinge 09 der Beklagten war. Die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform D-E weicht hiervon ab. Die Vereinbarung enthält keine Ansatzpunkte dafür, dass weitere Ausführungsformen der Beklagten Gegenstand der Vereinbarung sein sollten. So haben die Parteien keine Formulierung gewählt, die „sämtliche Streitigkeiten“ aus der Vereinbarung erfassen sollte. Auch die Vorkorrespondenz, wie sie sich aus der Anlage K 18 ergibt, bietet hierfür keine Anhaltspunkte. Denn die D-E war zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung noch nicht Gegenstand der Verhandlungen zwischen den Parteien gewesen. Die D-hinge 09 war vielmehr eine Alternativlösung zu der von der Klägerin beanstandeten D-08, deren Vertrieb die Beklagten anschließend eingestellt haben.

Der Begriff „type of mounting“, welcher in der Vereinbarung verwendet wurde, wurde konkretisiert durch die Abbildung des Scharniers der D-09, die in Ziffer 3.1 eingefügt wurde. Selbst wenn der Begriff als eine Art von Befestigung zu verstehen sein sollte, besagt die Formulierung nicht, dass jede Art der Befestigung von der Freigabeerklärung der Klägerin umfasst sein sollte. Der Begriff ist damit nicht geeignet, Grundlage für eine extensive Auslegung der Vereinbarung zu sein, so dass Weiterentwicklungen ebenfalls von der Vereinbarung umfasst wären. Dies entspräche nicht dem Sinn und Zweck der Vereinbarung, eine ganz bestimmte alternative Ausführungsform zu der Verletzungsform D-08 seitens der Klägerin als Schutzrechtsinhaberin frei zu geben und konnte unter diesen Umständen von der Beklagten zu 1) auch so nicht verstanden werden. Dies auch deshalb nicht, weil eine Gerichtsstandsvereinbarung auf Rechtsstreitigkeiten beschränkt werden soll, die ihren Ursprung in dem Rechtsverhältnis haben, anlässlich dessen die Vereinbarung geschlossen wurde (EuGH, NJW 1992, 1671, Rz.31; OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.03.2011, I-15 U 18/10, BeckRS 2011, 17832). Die Beklagten haben nicht vorgetragen, dass die D-E Anlass für den Abschluss der Vereinbarung gewesen wäre. Würden also weitere Ausführungsformen, die nicht in der Vereinbarung geregelt wurden, von der Gerichtsstandsvereinbarung erfasst, so wäre bei verständiger Würdigung nicht vorhersehbar, in welchen Fällen die Vereinbarung eingreifen würde. Aus Gründen der Rechtssicherheit vermag die Argumentation der Beklagten somit nicht zu überzeugen.

Der Einwand der Beklagten, die Vereinbarung habe eine grundsätzliche Klärung der Verletzungsthematik in Bezug auf die Scharniere erreichen wollen, mag für den Zeitpunkt der Vereinbarung zutreffend gewesen sein, bezog sich aber auf die in diesem Zeitpunkt bekannten Ausführungsformen. Eine grundsätzliche Klärung in dem Sinne, dass für die Zukunft Weiterentwicklungen ebenfalls umfasst sein sollten, kann der Vereinbarung nicht entnommen werden.

B.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz dem Grunde nach, Auskunft und Rechnungslegung aus Art.64 Abs.1 EPÜ, §§ 9, 139 Abs.1, 2, 140b PatG,§ 24 Abs, 2 GebrMG, §§ 242, 259 BGB zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Scharnier mit Dämpfer.

Sowohl Scharniere als auch Dämpfer sind aus dem Stand der Technik bekannt. In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass es bekannt sei, bei Möbeltüren und Schubladen Dämpfervorrichtungen anzubringen, die ein Zuschlagen der Möbeltüre bzw. der Schublade verhinderten. Aus der DE 25 39 XXX sei bekannt, an einem Scharnierteil ein elastisch verformbares Dämpferelement anzubringen, wobei der Nachteil darin liege, dass die Dämpfwirkung sehr gering sei. Daher würden in neuerer Zeit Fluiddämpfer in Form von Linear- bzw. Rotationsdämpfern eingesetzt. Nach dem Stand der Technik, so die Beschreibung weiter, seien derartige Dämpfungseinrichtungen entweder als zusätzliche separate eigenständige Einrichtung am Möbel montiert oder im Scharnier integriert. Dies sei nachteilig.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, ein Scharnier der eingangs erwähnten Art und einen Dämpfer für ein derartiges Scharnier dahingehend zu verbessern, dass das Scharnier wahlweise und nachträglich mit einer Dämpfungseinrichtung ausgerüstet werden kann.

Patentanspruch 1 sieht zur Lösung dieses Problems folgende Merkmale vor:

1.1 Scharnier insbesondere für Möbel mit einem Scharnierarm (2), der über Gelenkhebel od. dgl. mit einem türseitigen Scharnierteil, beispielsweise einem Scharniertopf (1) verbunden ist,

und

1.2 mit einem Fluiddämpfer (20), der ein Gehäuse (13) und einen Betätigungsteil (15) aufweist,

dadurch gekennzeichnet,

1.3 dass das Gehäuse (13) des Fluiddämpfers (20) von außen auf den Scharnierarm (2) aufgesetzt ist,

und

1.4 dass der Betätigungsteil (15) an der Türe (12) oder am türseitigen Scharnierteil angreift.

II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre der Klageschutzrechte wortsinngemäß Gebrauch. Dies ist zwischen den Parteien zu recht unstreitig, soweit nicht das Gehäuse (Merkmal 1.2) und das Aufsetzen des Gehäuses auf den Scharnierarm (Merkmal 1.3) in Frage stehen. Aber auch diese beiden Merkmale verwirklicht die angegriffene Ausführungsform.

1.
Merkmal 1.2 verlangt einen Fluiddämpfer (20), der ein Gehäuse (13) und einen Betätigungsteil (15) aufweist. Weitere Angaben über das Verständnis des Gehäuses (13) ist dem Anspruchswortlaut nicht zu entnehmen. Der Fachmann wird jedoch zum technischen Verständnis des Begriffs „Gehäuse (13)“ auch die weiteren Merkmale des Klagepatentanspruchs in Betracht ziehen. Merkmal 1.3 beschreibt das Gehäuse (13) als ein Gehäuse des Fluiddämpfers (20), welches auf den Scharnierarm aufgesetzt wird. Der Fachmann erkennt, dass das Gehäuse nicht irgendein Gehäuse ist und irgendeine Funktion hat, sondern in einem funktionalen Zusammenhang mit dem Fluiddämpfer (20) steht. Dieser Zusammenhang ergibt sich auch aus Abschnitt [0009] der Klagepatentbeschreibung, in welchem die erfindungsgemäße technische Lehre beschrieben ist. Dem Fluiddämpfer (20) kommt nach dem Klagepatent die Funktion zu, als Dämpfervorrichtung die Dämpferflüssigkeit zu umfassen (vgl. [Abschnitt 0006]).

Hinsichtlich der Gestaltung und der Funktionsweise des Fluiddämpfers hat der Fachmann einen weiten Spielraum, wie sich aus Abschnitt [0021] der Klagepatentschrift ergibt. Anstelle eines Rotationsdämpfers kann auch ein Fluiddämpfer mit linearverschieblichen Kolben sowohl als Pneumatik- als auch als Hydraulikdämpfer verwendet werden. Technisch-funktional ist kein Grund ersichtlich, ein Gehäuse im Sinne des Klagepatents nicht mehrteilig zu gestalten, so dass weitere (Teil-)Einfassungen vom Anspruchswortlaut umfasst sein können, jedoch mit der Maßgabe, dass der Fluiddämpfer seine Funktion der Dämpfung erfüllen kann. Aus dem Stand der Technik ergibt sich nichts anderes. Zwar könnte Abschnitt [0006], in welchem das Gehäuse als Gehäuse für die Dämpferflüssigkeit beschreiben wird, abschließend verstanden werden, jedoch ist der Klagepatentschrift kein Hinweis zu entnehmen, dass der Stand der Technik eine Definition dieses Merkmals für die technische Lehre des Klagepatents vorsehen wollte. Am Stand der Technik wird kritisiert, dass die Dämpfungseinrichtungen entweder zusätzlich separat montiert oder integriert sind. Der erfindungsgemäße Vorteil des Klagepatents ist es, dass die Dämpfungseinrichtung mit dem vorhandenen Scharnier wahlweise kombiniert werden kann. Dies kann auch ein mehrteiliges Gehäuse sein.

Die Klägerin bezeichnet als Gehäuse (13) der angegriffenen Ausführungsform – wie nachfolgend abgebildet und der Anlage K 10 entnommen – die Ummantelung und die seitlichen Lappen sowie den Zylinder (15) als Betätigungsteil.

Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht Merkmal 1.2. Soweit die Beklagten der Auffassung sind, der Zylinder allein ohne die Ummantelung bzw. Hülse und den seitlichen Lappen stelle das Gehäuse dar (wie in der nachfolgenden Kopie der Anlage B 1 (rechte Seite) abgebildet), verfängt dies nicht.

Zwar ist aus der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 der Anlage K 11 ersichtlich, dass das Gehäuse des Fluiddämpfers zweiteilig ist; dies steht jedoch der Verwirklichung des in Frage stehenden Merkmals nicht entgegen.

Das Betätigungsteil – nach der Bezeichnung durch die Klägerin – stellt gleichzeitig den Fluiddämpfer dar. Wie aus der Figur 1 zu erkennen ist, ist das Betätigungsteil bzw. der Fluiddämpfer ein Teil der Vorrichtung. An einem Ende des Bestätigungsteils bzw. Fluiddämpfers ist ein Metallstift angebracht. Beide, Fluiddämpfer und Metallstift, werden in einer Hülse geführt und gehalten. Der Metallstift steht in Verbindung mit der am Ende der Hülse befindlichen Stellschraube. Ohne die Hülse wäre der Fluiddämpfer unbefestigt und der Metallstift könnte nicht mit der Stellschraube in Kontakt treten. Damit wäre aber nicht gewährleistet, dass über die Stellschraube die räumliche Anordnung des Fluiddämpfers in der Hülse justiert werden könnte. Denn die Stellschraube dient augenscheinlich der Justierung des Fluiddämpfers. Ferner bliebe der Fluiddämpfer allein – also ohne die Hülse – ohne Funktion. Der Fluiddämpfer allein umfasst zwar das Fluid, allerdings würde sich darin die Funktion des Fluiddämpfers erschöpfen, wenn der Fachmann dies als Gehäuse des Fluiddämpfers verstünde. Dem werden aber die angegriffene Ausführungsform und deren technische Funktionsweise nicht gerecht. Denn erst das Zusammenspiel von Fluiddämpfer bzw. Betätigungsteil mit der Hülse ermöglicht es, dass der Fluiddämpfer seine Funktion als Dämpfungseinrichtung erfüllen kann. Nur in diesem funktionalen Zusammenhang kann eine Schranktüre, die gerade geschlossen wird, von der Dämpfungseinrichtung gedämpft werden und ein „Zuknallen“ verhindert werden. Um den Dämpfungseffekt zu verbessern und die Dämpfungseinrichtung zu justieren, kann der Abstand des Fluiddämpfers zum Flansch mittels der Stellschraube zusammen mit dem Metallstift reguliert werden. Ist die Hülse funktional betrachtet in das Zusammenspiel von Fluiddämpfer und Dämpfungswirkung einbezogen, versteht sie der Fachmann auch als Gehäuseteil des Fluiddämpfers. Anderenfalls könnte das Gehäuse des Fluiddämpfers nicht von außen auf den Scharnierarm aufgesetzt werden und seine Funktion als Dämpfungseinrichtung erfüllen.

2.
Merkmal 1.3 ist ebenfalls verwirklicht.

Dem Anspruchswortlaut nach verlangt Merkmal 1.3, dass das Gehäuse (13) des Fluiddämpfers (20) von außen auf den Scharnierarm (2) aufgesetzt ist. Weder der Klagepatentanspruch selbst noch die Beschreibung enthalten eine Definition des Begriffs „aufsetzen“. Dem allgemeinen Sprachgebrauch kann der Fachmann entnehmen, dass auf etwas Vorhandenem aufgebaut werden soll. Im Stand der Technik werden verschiedene Dämpfervorrichtungen beschrieben, die entweder als zusätzliche separate eigenständige Einrichtungen am Möbel montiert oder im Scharnier integriert sind (vgl. [Abschnitt 0007]). Aufgabe des Klagepatents ist es, ein Scharnier wahlweise und nachträglich mit einer Dämpfungseinrichtung auszurüsten. Deshalb wird die erfindungsgemäße Aufgabe [Abschnitt 0008] dadurch gelöst, dass das Gehäuse des Fluiddämpfersauf auf den Scharnierarm aufgesetzt wird. Dies ermöglicht es gerade, ein bereits vorhandenes Scharnier nachträglich mit einem Fluiddämpfer auszurüsten. Damit besagt Merkmal 1.3, dass das Gehäuse des Fluiddämpfers in Kontakt mit dem Scharnierarm tritt und räumlich-körperlich auf ihm angeordnet ist.

Allerdings verhält sich weder der Klagepatentanspruch noch die Beschreibung dazu, durch welche Art von Befestigung oder Halterung ein technisch sinnvolles Aufgesetztsein auf dem Scharnierarm erreicht werden kann oder ob die Befestigung unmittelbar auf dem Scharnierarm zu erfolgen hat. Der Argumentation der Beklagten, der Dämpfer sei erfindungsgemäß direkt auf dem Scharnierarm zu verankern, schränkt den Klagepatentanspruch unter seinen Wortlaut ein. Dafür gibt weder der Anspruchswortlaut noch die Beschreibung etwas her. Unteranspruch 2, der eine Befestigung auf dem Mittelsteg (2`) des Scharnierarms (2) vorsieht, kann als Ausführungsbeispiel nicht verallgemeinert werden und den Schutzbereich des Klagepatentanspruchs 1 nicht beschränken. Vielmehr ist die Befestigung in das Belieben des Fachmanns gestellt, wenn sichergestellt ist, dass das Aufgesetzsein am Scharnierarm erfolgt.

Merkmal 1.3 ist verwirklicht. Zwar wird bei der angegriffenen Ausführungsform der Fluiddämpfer über eine Klammer am Gelenkhebel und nicht am Scharnierarm befestigt. Die Ummantelung mit den seitlichen Lappen ermöglicht es jedoch, das Gehäuse des Fluiddämpfers zu zentrieren, und sie verhindert, dass der Fluiddämpfer, insbesondere bei einem horizontalen Einbau, seitlich verrutscht. Dabei treten die seitlichen Lappen in Kontakt mit dem Scharnierarm, so dass von einem Beitrag zum Aufsitzen des Gehäuses ausgegangen werden kann. Dies ist ausreichend, um die technische Lehre des Klagepatents zu verwirklichen, denn wie die körperlich-räumliche Anordnung zu erfolgen hat, ist in das Belieben des Fachmanns gestellt. Die Beklagten tragen vor, dass „Kräfte von oben oder unten“ (Bl.129 GA) in der Regel nicht auftreten, indes sind sie nicht ausgeschlossen, so dass die Seitenlappen eine Art der Anordnung auf dem Scharnierarm darstellen, um die Funktionsausübung durch den Dämpfer zu ermöglichen.

Ferner sitzt bei Inaugenscheinnahme der angegriffenen Ausführungsform dessen Gehäuse auf einer Schraube des Scharnierarms auf, stützt sich dort ab und ist somit auf dem Scharnierarm erfindungsgemäß aufgesetzt. Soweit die Beklagten vortragen, zwischen dem Gehäuse und dem Scharnierarm bestünde immer ein Abstand und das Aufliegen des Gehäuses auf der Schraube sei ohne Bedeutung, weil die Schraube nicht zum Scharnierarm zähle, greift dieser Einwand nicht durch. Die technische Lehre des Klagepatents schließt es nicht aus, dass der Scharnierarm aus mehreren Bauteilen einschließlich Schrauben besteht und diese die Verbindung zum anderen Teil des Gehäuses vermitteln.

III.
Da die angegriffene Ausführungsform sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 der Klageschutzrechte verwirklicht, ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.

1.
Der Unterlassungsanspruch ist nach Art.64 Abs.1 EPÜ, § 139 Abs.1 i.V.m. § 9 S.2 Nr.1 PatG begründet. Die Beklagten haben die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Klägerin angeboten. Sie haben es danach auch zu unterlassen, die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen und zu den genannten Zwecken einzuführen und zu besitzen.

Die Beklagten können sich für die Benutzungshandlungen nicht mit Erfolg auf eine Berechtigung berufen. Die Vereinbarung vom 06.02.2009 umfasst die angegriffene Ausführungsform der Beklagten nicht. Sie kann damit auch nicht Grundlage einer Lizenz zu Gunsten der Beklagten sein.

2.
Des Weiteren haben die Beklagten der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG, § 24 Abs. 2 GbrMG), denn als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB.

Soweit die Beklagten der Auffassung sind, es läge kein Verschulden vor, verfängt dieser Einwand nicht. Die Sorgfaltsanforderungen, die der Benutzer darzulegen hat und die erfüllt sein müssen, damit dem Benutzer zumindest ein Fahrlässigkeitsvorwurf nicht gemacht werden kann, sind hoch (vgl. Schulte/Kühnen, PatG, 8.Aufl., § 139 Rz.73). Bei einer zweifelhaften Rechtslage darf der Benutzer nicht einfach von der für ihn günstigen Beurteilung ausgehen (vgl. Schulte/Kühnen, PatG, 8.Aufl., § 139 Rz.73). Die Vereinbarung vom 06.02.2009 durften die Beklagten nicht zur Grundlage ihrer Entscheidung machen, den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform aufzunehmen. Die Beklagten konnten nicht davon ausgehen, dass ein Gericht die Sach- und Rechtslage in ihrem Sinne beurteilen würde. Der Subsumtionsirrtum der Beklagten kann vorliegend nicht zu Lasten der Klägerin das Verschuldensmoment der Beklagten entfallen lassen.

Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten zur Rechnungslegung verpflichtet (Art. 64 Abs. 1 EPÜ , § 140 b PaTG, § 24 b GebrMG, §§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügen. Darüber hinaus werden die Beklagten durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 242 BGB). Dieser Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch ist ab dem 06.07.2002 begründet, einen Monat nach dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Eintragung des Gebrauchsmusters.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 und 91a ZPO, soweit es um das Klagegebrauchsmuster für die Zeit ab dem 01.10.2011 geht.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Streitwert: 500.000,- EUR. Davon entfallen 125.000,- EUR auf die beantragte Feststellung der gesamtschuldnerischen Schadenersatzpflicht.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 17.07.2012 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.