4a O 258/10 – WC-Duftspülung III

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1848

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. März 2012, Az. 4a O 258/10

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

Abgabevorrichtungen zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken mit einem am Rand des Toilettenbeckens aufhängbaren Halter und zwei im Halter vorgesehenen, voneinander separierten Vorratsbehältern für jeweils ein Wirkstofffluid, wobei jeder Vorratsbehälter eine eigene Auslassöffnung aufweist, über die das jeweilige Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist,

im Geltungsbereich des deutschen Teils 501 08 XXX.9 des europäischen Patents 1 334 XXX anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die Vorratsbehälter gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt sind und die Auslassöffnungen der Vorratsbehälter so angeordnet sind, dass nur Wirkstofffluid austritt, die Auslassöffnungen der Vorratsbehälter in Gebrauchsstellung bodenseitig angeordnet sind, bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter in die Spülflüssigkeit erfolgt, am Halter ein plattenartiges Verteilungselement vorgesehen ist, das einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich aufweist, das Innere des Vorratsbehälters über die Auslassöffnung unter Zwischenanordnung einer ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Anordnung dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung steht und das plattenartige Verteilungselement für mindestens zwei Vorratsbehälter gemeinsam vorgesehen ist;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 04.02.2006 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und unter Vorlage sämtlicher Rechnungen,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen -zeiten und -preisen,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

3. (nur die Beklagte zu 2)) die vorstehend zu I. 1. bezeichneten, seit dem 30.04.2006 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblich handelnden Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1 334 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 04.02.2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 EUR. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 334 XXX (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf aus den Vertriebswegen (nur Beklagte zu 2)) und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das von der Klägerin – damals noch firmierend unter A KGaA – am 21.07.2001 in deutscher Verfahrenssprache unter Inanspruchnahme deutscher Prioritäten vom 17.11.2000 und 17.03.2001 angemeldet wurd. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 04.01.2006 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Deutschland in Kraft. Über die von der Beklagten zu 1) unter dem 04.10.2011 beim Bundespatentgericht erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent ist noch nicht entschieden worden.

Das Klagepatent betrifft eine Abgabevorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken. Der in erster Linie geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

Abgabevorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken mit einem am Rand des Toilettenbeckens aufhängbaren Halter (1) und zwei im Halter (1) vorgesehenen, voneinander separierten Vorratsbehältern (2, 3) für jeweils ein Wirkstofffluid, wobei jeder Vorratsbehälter (2, 3) eine eigene Auslassöffnung (4) aufweist, über die das jeweilige Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Vorratsbehälter (2, 3) gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt sind und die Auslassöffnungen (4) der Vorratsbehälter (2, 3) so angeordnet sind, dass nur Wirkstofffluid austritt,
dass die Auslassöffnungen (4) der Vorratsbehälter (2, 3) in Gebrauchsstellung bodenseitig angeordnet sind,
dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter (2, 3) in die Spülflüssigkeit erfolgt,
dass am Halter (1) ein plattenartiges Verteilungselement vorgesehen ist, das einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich aufweist,
dass das Innere des Vorratsbehälters (2, 3) über die Auslassöffnung (4) unter Zwischenanordnung einer ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Anordnung dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung steht und
dass das plattenartige Verteilungselement für mindestens zwei Vorratsbehälter (2, 3), vorzugsweise für alle Vorratsbehälter (2, 3) gemeinsam vorgesehen ist.

Hinsichtlich des Wortlauts der zum Gegenstand von Insbesondere-Anträgen gemachten Unteransprüche 6, 14 und 15 wird auf die Klagepatentschrift (Anlage K 4) verwiesen.

Die Beklagte zu 1) ist eine in Italien ansässige Wettbewerberin der Klägerin. Sie lieferte an die Beklagte zu 2) WC-Körbchen, die die Beklagte zu 2) weiterveräußerte. Unter anderem erwarb die Klägerin von der Beklagten zu 2) ein Muster der angegriffenen Ausführungsform, das sie als Anlage K 2 (angegriffene Ausführungsform) zur Akte gereicht hat. Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.09.2011 teilte die Beklagte zu 2) der Klägerin mit, dass sie zwar anbiete, die angegriffenen Ausführungsformen bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren nicht mehr weiter zu vertreiben, dass davon jedoch Restbestände aus einer ersten Verkaufsaktion vom August 2011 ausgenommen bleiben sollten. Darauf ließ sich die Klägerin nicht ein.

Die konkstruktive Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform entspricht im Wesentlichen der schematischen Darstellung eines WC-Körbchens in den Figuren 1 bis 3A der von der Beklagten zu 1) eingereichten PCT-Anmeldung mit der Veröffentlichungsnummer WO 2004/07XXX0, auf die der Beklagten zu 1) mittlerweile das Patent EP 1 595 XXX B1 erteilt wurde. Die genannten Figuren sind nachstehend abgebildet und zeigen eine Schnittansicht der angegriffenen Ausführungsform (Figur 1), ihren Grundriss von oben (Figur 2) und ein Detail der Figur 3 (Figur 3A). Der Figur 2 ist eine fotographische Abbildung der angegriffenen Ausführungsform gegenübergestellt, woraus die Unterschiede zwischen der schematischen Darstellung und der angegriffenen Ausführungsform ersichtlich sind. Die Unterschiede betreffen einen Verbindungsgang 29 zwischen den so genannten Auffangbehältern 21 und einen Steg, der die angegriffene Ausführungsform in zwei gleiche Hälften teilt.

Bei der angegriffenen Ausführungsform tritt im Gebrauchszustand – wenn der Vorratsbehälter auf die Hohldorne gesteckt ist – das Wirkstofffluid durch die Auslassöffnung des Vorratsbehälters sowohl in den jeweiligen Hohldorn als auch durch den an diesen angesetzten Sickerkanal 35 in den – konzentrisch zum Hohldorn angeordneten – Auffangbehälter 21. Der jeweilige Auffangbehälter ist mit Aussparungen 21b versehen, die sich in Richtung Bodenplatte bis zum Niveau L1 erstrecken. Bis zu diesem Niveau füllt sich der Auffangbehälter mit dem Wirkstofffluid. Dessen Viskosität ist so eingestellt, dass sich mit dem Erreichen des Niveaus L1 ein statisches Druckgleichgewicht einstellt und Wirkstofffluid nicht weiter nachfließt. Das Fluid tritt nicht durch die Aussparungen 21b aus dem Auffangbehälter 21 aus. Ebenso wenig tritt das Wirkstofffluid aufgrund seiner Viskosität durch den bis auf den Boden des Halters reichenden Spalt 41 aus. Bei einem Spülvorgang tritt die Spülflüssigkeit über den Spalt F in den Auffangbehälter 21, um einen Teil des dort befindlichen Wirkstofffluids zu lösen und über die Aussparungen 21b und den Spalt 41 auszuspülen. Wirkstofffluid aus dem Vorratsbehälter kann nun nachfließen, bis wieder das Niveau L1 erreicht ist.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch. Das plattenartige Verteilungselement solle nach der Beschreibung des Klagepatents erfindungsgemäß lediglich dafür sorgen, dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der beiden Vorratsbehälter in das Spülwasser erfolge. Bei der angegriffenen Ausführungsform könne der den Auffangbehältern 21 vorgelagerte Teil der Bodenplatte, aber auch die gesamte Bodenplatte unter Einschluss der Fläche der Auffangbehälter 21 als Verteilungselement angesehen werden.
Diese Fläche sei auch plattenartig im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs. Der Begriff schließe Erhebungen und Unterbrechungen nicht aus. Es komme vielmehr auf eine im Wesentlichen horizontale Erstreckung an, die das Verteilungselement der angegriffenen Ausführungsform durchaus habe, um zu vermeiden, dass das Wirkstoffluid ohne Vermischung mit dem Spülwasser in das Toilettenbecke tropfe.
Der Beaufschlagungsbereich werde bei der angegriffenen Ausführungsform im Wesentlichen durch den den Auffangbehältern vorgelagerten Teil des Verteilungselements gebildet. Dieser werde beim Spülvorgang ungeschützt mit Spülwasser beaufschlagt und überströmt. Er liege an der inneren Wand des Toilettenbeckens an und sei dem Spülwasser unmittelbar ausgesetzt. Abgesehen davon, dass der Wortlaut des Klagepatentanspruchs nicht verlange, dass von diesem Bereich Wirkstofffluid ausgetragen werden müsse, diene dieser Bereich der angegriffenen Ausführungsform ausweislich der Patentanmeldung der Beklagten ausdrücklich zum Fortwaschen und Entfernen des Wirkstoffs. Es lasse sich gar nicht vermeiden, dass das Wirkstofffluid über diesen Beaufschlagungsbereich in das Toilettenbecken gelange. Beim Spülvorgang werde das Fluid aus dem Auffangbehälter 21 durch die Durchbrüche 21b zum Beaufschlagungsbereich ausgetragen und von dort mit der Spülflüssigkeit in das Spülbecken gespült. Ebenso könne der Bereich des Auffangbehälters als Beaufschlagungsbereich angesehen werden.
Das so verstandene Verteilungselement der angegriffenen Ausführungsform sei aufgrund des durchgehenden Bodens auch für die beiden Vorratsbehälter der angegriffenen Ausführungsform gemeinsam vorgesehen. Erforderlich sei lediglich ein gemeinsames Bauteil, nicht aber dass die Wirkstofffluide durch die auftreffende Spülflüssigkeit gleichzeitig und gemeinsam abgetragen werden, dass also ein ohne Unterbrechung gestaltetes Verteilungselement vorhanden sei. Daran ändere im Übrigen auch der Steg auf dem Verteilungselement nichts, weil dieser beim Spülvorgang durch die einströmende Spülflüssigkeit ohne weiteres überwunden werde.
Für eine dauernde Verbindung zwischen Vorratsbehälter und Verteilungselement sei lediglich erforderlich, dass die Vorratsbehälter grundsätzlich dauernd offen stehen, also kein Schließelement wie im Anspruch 2 des Klagepatents 1 vorgesehen sei. Die Verbindung müsse aber nicht mit sämtlichen Bereichen des Verteilungselements gleichzeitig gegeben sein.
Die angegriffene Ausführungsform weise auch eine Zwischenanordnung auf, da ein freies Fließen über die Aussparungen im Auffangbehälter hinaus nicht erfolge. Insoweit sei die Zwischenanordnung lediglich als Gegensatz zu dem im Anspruch 2 geschützten positiv schließenden Ventil zu verstehen. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde die Zwischenanordnung durch den Auffangbehälter gebildet. Sehe man die Auffangbehälter als Teil des Verteilungselements an, könnten als wesentliche Bestandteile einer solchen Zwischenanordnung auch der Sickerkanal 35 und der Belüftungskanal 31 angesehen werden.

Die Klägerin beantragt,

– wie erkannt –

hilfsweise ihr zu gestatten, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung abwenden zu dürfen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsverfahren auszusetzen.

Sie behaupten, bei der angegriffenen Ausführungsform werde das gelöste Wirkstofffluid nicht erst auf der sich außerhalb der Auffangbehälter befindlichen Bodenplatte der Vorrichtung transportiert und sodann von dort abgetragen. Vielmehr werde das im Auffangbehälter gelöste Wirkstofffluid unmittelbar in der gesamten Toilettenschüssel verteilt. Damit fehle es aber an einem Verteilungselement im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs. Dafür müsse sich Wirkstofffluid auf dem Beaufschlagungsbereich des Verteilungselements befinden, von dem es mit dem Spülwasser weggetragen werden könne. Das sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall.
Die Beklagten sind weiterhin der Ansicht, das Innere der Vorratsbehälter stehe über die Auslassöffnungen nicht dauernd mit einem Verteilungselement in Verbindung. „Dauernd“ bedeute, dass der Fluss des Wirkstofffluids vom Vorratsbehälter zum plattenartigen Verteilungselement nicht unterbrochen sein dürfe. Erfindungsgemäß müsse sich die dauernde Verbindung sogar bis zum Beaufschlagungsbereich erstrecken. Da bei der angegriffenen Ausführungsform das Wirkstofffluid nur bei jedem Spülvorgang aus dem Auffangbehälter gelöst werde, ende die Verbindung zum Verteilungselement mit dem Ende des jeweiligen Spülvorgangs.
Selbst wenn man die gesamte Bodenplatte der angegriffenen Ausführungsform – sei es mit oder ohne Auffangbehälter 21 – als Verteilungselement ansähe, werde das Klagepatent nicht verletzt. Ein solches Verteilungselement sei nicht für zwei Vorratsbehälter gemeinsam vorgesehen, da es durch den Mittelsteg in zwei gleiche Hälften geteilt werde. Abgesehen davon könnten auch die Auffangbehälter nicht Teil eines Verteilungselements sein, weil sie nicht plattenartig, sondern trogartig ausgebildet seien und nicht an der Verteilungsfunktion des Verteilungselements teilnähmen. Das Wirkstofffluid könne nicht – im Wege einer dauerhaften Verbindung – aus dem Auffangbehälter auf den Beaufschlagungsbereich der Bodenplatte fließen.
Soweit die Klägerin dem Auffangbehälter eine Doppelfunktion als Bestandteil des Verteilungselements und eine ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Anordnung zukommen lassen wolle, überzeuge auch das nicht, weil die Zwischenanordnung im Sinne des Klagepatentanspruchs ein gesondertes, zwischen der Auslassöffnung und dem Verteilungselement angeordnetes Verbindungselement darstellen müsse. Daran fehle es bei der angegriffenen Ausführungsform.
Aber auch die Auffangbehälter 21 könnten (für sich genommen) keine Verteilungselemente darstellen, da jedem Vorratsbehälter ein Auffangbehälter zugeordnet sei. Zudem würde dann auch eine das freie Fließen verhindernde Anordnung fehlen.

Die Klägerin hat einen Antrag auf Auskunft über die Herstellungsmengen -zeiten und -preise und einen gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Antrag auf Rückruf aus den Vertriebswegen in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Rückruf aus den Vertriebswegen (nur Beklagte zu 2)) aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 3, 140b Abs. 1 PatG und §§ 242, 259 BGB.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken, die als „WC-Körbchen“ in verschiedenen Ausführungen bekannt ist.

Mit Wirkstofffluiden meint die Klagepatentschrift fließfähige, also flüssige bis zähflüssige, gegebenenfalls gel- oder pastenartige, granulatartige oder anderweit schüttfähige Wirkstoffzubereitungen mit reinigender, desinfizierender, desodorierender, bleichender oder ähnlicher Wirkung (vgl. Abs. [0002]; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift, Anlage K 1).

Die Klagepatentschrift beschreibt zunächst diversen druckschriftlichen Stand der Technik, der sich mit Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid befasst (Abs. [0003] bis [0007]). Das Wirkstofffluid befindet sich dort innerhalb eines in einem Halter fest angeordneten oder auswechselbar eingesetzten Vorratsbehälters mit einer bodenseitigen Auslassöffnung. Im Hinblick auf Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid beschreibt die Klagepatentschrift ein mit dem Wirkstofffluid tränkbares, mit der Spülflüssigkeit zu beaufschlagendes Betätigungselement, bei dem die Auslassöffnung von einem am Halter ortsfest angeordneten Dichtungselement großflächig verschlossen wird, so dass nur noch ein Strömungsweg mit geringem Querschnitt für das Wirkstofffluid zur Verfügung steht. Diese Vorrichtung funktioniert unter Nutzung der Kapillarwirkung des offenporigen Schaumstoffs (als Betätigungselement), wobei eine ähnliche Konstruktion auch mit einer der Verteilung dienenden Rippenplatte bekannt sei (Abs. [0004]). Bei beiden Varianten sei es jedoch nicht optimal, dass die Auslassöffnung im Grundsatz dauernd geöffnet ist, so dass auch bei längerer Nichtbenutzung Wirkstofffluid weiter heraussickern könne (Abs. [0005]). Weiter wird eine Abgabevorrichtung für ein einzelnes Wirkstofffluid beschrieben, bei der am Vorratsbehälter ein ventilartiges Dichtungselement zwischen einer Schließstellung und einer die Auslassöffnung geringfügig freigebenden Stellung mittels eines schwenkbar gelagerten Betätigungselements hin und her bewegt werden kann (Abs. [0006]). Weitere ventilgesteuerte Dichtungselemente werden im Absatz [0007] genannt.

Hinsichtlich aller Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid sieht es die Klagepatentschrift als nachteilig an, dass sämtliche Komponenten, die in die Spülflüssigkeit gelangen sollen, in dem einzigen Wirkstofffluid gemeinsam enthalten sein müssen. Dies wird deshalb als problematisch beschrieben, weil manche Wirkstoffkomponenten nicht gemeinsam lagerstabil zu realisieren seien (Abs. [0008]).

Die Klagepatentbeschreibung befasst sich in dieser Hinsicht weiter mit der in der europäischen Anmeldeschrift EP 0 960 XXX A2 behandelten Mehrkammer-Abgabevorrichtung (Abs. [0009], [0010] und [0011]). In dem am Rand des Toilettenbeckens aufhängbaren Halter befindet sich ein Behälter zum Bevorraten der Wirkstofffluide, der mindestens zwei nebeneinander angeordnete eigenständige Kammern aufweist. Jede Kammer hat eine Abgabevorrichtung mit einem Abgaberöhrchen, das mit seinem unteren freien Ende über den Boden des Behälters in die Umgebung austritt und an seinem anderen freien Ende führend von einer Abdeckung umgeben ist. Beim Spülvorgang gelangt über schlitzartige Durchlässe eines beide Kammern überspannenden Deckelteils Spülflüssigkeit in die Kammern des Behälters, löst dort Teile der Wirkstoffsubstanz und tritt nach Art eines Siphons oder Überlaufs über die Abgaberöhrchen unter Mitnahme des gelösten Wirkstoffs in das Toilettenbecken aus. Dabei sieht die Klagepatentschrift ein Problem darin, dass der Siphoneffekt (die freien Enden der Abgaberöhrchen bestimmen den Flüssigkeitspegel) in den beiden Kammern einen erheblichen Flüssigkeitspegel zurücklässt. Die in den Kammern verbleibende Spülflüssigkeit wirkt auch nach Abschluss des Spülvorgangs weiterhin auf das Wirkstofffluid in der jeweiligen Kammer ein. Der Verbrauch von Wirkstofffluid – so die Klagepatentschrift – sei damit praktisch nicht optimal zu steuern (Abs. [0011]).

Zu dem aus der WO 92/20876 A1 bekannten Stand der Technik einer Zweikammer-Abgabevorrichtung für gelartige Wirkstofffluide führt die Beschreibung aus (Abs. [0012]), dass die Auslassöffnungen als bodenseitige Perforation ausgeführt und dadurch dauernd offen seien. Durch die Viskosität und Oberflächenspannung des Gels könne dieses normalerweise nicht von selbst durch Einwirkung der Schwerkraft austreten, sondern nur, wenn überlaufende Spülflüssigkeit von unten her in die Auslassöffnungen eintritt, das dort befindliche Gel etwas anlöst und Teilmengen der Wirkstofffluide austrägt. Bei diesem Zweikammer-System sieht es das Klagepatent als nachteilig an, dass die Auslassöffnungen im Grundsatz dauernd geöffnet sind, so dass bei längerer Nichtbenutzung des Toilettenbeckens die Wirkstofffluide entweder heraussickern könnten oder unter Einfluss der Umgebungsatmosphäre verhärten und danach nicht mehr aktivierbar seien. Von diesem Stand der Technik geht die Klagepatentschrift nach eigenem Bekunden aus (Abs. [0012]).

Dem Klagepatent liegt vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik von Mehrkammer-Abgabevorrichtungen die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, die zuvor erläuterte Abgabevorrichtung mit mindestens zwei voneinander separierten Vorratsbehältern hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeit für die Abgabe der Wirkstofffluide zu optimieren (vgl. Abs. [0013]).

Der hier allein geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents umfasst die folgenden Merkmale, die sich wie folgt gliedern lassen:

1. Abgabevorrichtung zur Abgabe von Wirkstofffluiden in die Spülflüssigkeit in einem Toilettenbecken.
2. Die Vorrichtung weist auf
2.1 einen Halter (1), der am Rand des Toilettenbeckens aufhängbar ist, und
2.2 mindestens zwei Vorratsbehälter (2, 3).
3. Die Vorratsbehälter (2, 3) sind
3.1 im Halter (1) vorgesehen,
3.2 voneinander separiert für jeweils ein Wirkstofffluid.
4. Jeder Vorratsbehälter (2, 3) weist eine eigene Auslassöffnung (4) auf, über die das jeweilige Wirkstofffluid in die Spülflüssigkeit abgebbar ist.
5. Die Vorratsbehälter (2, 3) sind gegen den Eintritt von Spülflüssigkeit in ihr Inneres geschützt.
6. Die Auslassöffnungen (4) der Vorratsbehälter (2, 3) sind
6.1 in Gebrauchsstellung bodenseitig und
6.2 so angeordnet, dass nur Wirkstofffluid austritt.
7. Bei jedem Spülvorgang erfolgt die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem der Vorratsbehälter (2, 3) in die Spülflüssigkeit.
8. Es ist ein Verteilungselement vorgesehen, das
8.1 am Halter (1) angeordnet und
8.2 plattenartig ist,
8.3 einen beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmten Beaufschlagungsbereich aufweist und
8.4 für mindestens zwei Vorratsbehälter (2, 3), vorzugsweise für alle Vorratsbehälter (2, 3) gemeinsam vorgesehen ist.
9. Das Innere des Vorratsbehälters (2, 3)
9.1 steht über die Auslassöffnung (4) dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung,
9.2 und zwar unter Zwischenanordnung einer ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Anordnung.

II.
Zwischen den Parteien ist zu Recht unstreitig, dass die angegriffene Ausführungsform von den Merkmalen 1 bis 7 wortsinngemäß Gebrauch macht. Darüber hinaus werden aber auch die Merkmalsgruppen 8 und 9 verwirklicht.

1.
Die angegriffene Ausführungsform weist ein Verteilungselement im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs auf.

a)
Mit der Merkmalsgruppe 8 wird das Verteilungselement beschrieben, das neben dem Halter und den Vorratsbehältern das dritte wesentliche Bauteil einer erfindungsgemäßen Abgabevorrichtung darstellt. Ausgehend vom Wortlaut des Klagepatentanspruchs soll von diesem Bauteil der Abgabevorrichtung die Verteilung des Wirkstofffluids in das Spülwasser und infolgedessen in das Toilettenbecken erfolgen. In der Merkmalsgruppe 8 wird das Wirkstofffluid zwar nicht erwähnt, aber in der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass bei jedem Spülvorgang die Abgabe einer Teilmenge des Wirkstofffluids aus jedem Vorratsbehälter in das Spülwasser erfolgt. Die technische Realisierung dieses Vorganges erfolge dadurch, dass am Halter ein plattenartiges Verteilungselement vorgesehen werde, mit dem das Innere der beiden Vorratsbehälter über die jeweilige Auslassöffnung dauerhaft in Verbindung steht (Abs. [0014]). Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass die an einer Stelle im Toilettenbecken in einer Abgabevorrichtung vorgehaltenen Wirkstofffluide ihre reinigende, desinfizierende, desodorierende oder bleichende Wirkung (Abs. [0002]) zweckmäßiger Weise im gesamten Toilettenbecken entfalten sollen und dafür in der Spülflüssigkeit eines Spülvorganges verteilt werden müssen. Dies geschieht mittels des Verteilungselements, dessen Funktion in der Verteilung von Wirkstofffluid im Spülwasser besteht. Dies kommt auch in den weiteren Untermerkmalen der Merkmalsgruppe 8 und 9 zum Ausdruck.

Das Verteilungselement soll nach der Lehre des Klagepatentanspruchs am Halter angeordnet (Merkmal 8.1) und plattenartig (Merkmal 8.2) sein. Die Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Begriff „plattenartig“ nicht bedeutet, dass das Verteilungselement völlig eben sein muss. Es genügt vielmehr, dass es „nach Art einer Platte“ horizontal ausgerichtet und im Wesentlichen eben ist. Erhebungen oder Ausnehmungen sind nicht gänzlich ausgeschlossen, soweit sie die Funktion der plattenartigen Ausführung des Verteilungselements nicht aufheben. Soweit die Beklagten wie in der mündlichen Verhandlung meinen, der Begriff des plattenartigen Elements stamme ursprünglich aus der DE 199 12 217, ist dies unbehelflich, weil diese Patentanmeldung nicht zur Auslegung herangezogen werden kann. Sie ist nicht einmal in der Beschreibung des Klagepatents erwähnt.

Der Zweck der plattenartigen Ausbildung erschließt sich aus dem Zusammenspiel der Merkmale 8.3 und 9.1. Demnach soll zum einen das Innere der Vorratsbehälter über die Auslassöffnung dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung stehen (Merkmal 9.1) und zum anderen das Verteilungselement einen Beaufschlagungsbereich aufweisen. Bei letzterem handelt es sich um den Bereich des Verteilungselements, der beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmt wird (Merkmal 8.3). Die plattenartige Ausbildung des Verteilungselements sorgt dabei dafür, dass die Spülflüssigkeit nicht einfach an den Vorratsbehältern vorbei in das Toilettenbecken abfließt, sondern von dem Verteilungselement aufgrund seiner horizontalen Ausrichtung aufgefangen wird. Die dauernde Verbindung zwischen dem Inneren der Vorratsbehälter und dem Verteilungselement soll dafür sorgen, dass Wirkstofffluid zunächst auf das Verteilungselement gelangt und in der Spülflüssigkeit verteilt wird, statt unverdünnt aus den Vorratsbehältern in das Toilettenbecken zu tropfen. Zusammengenommen soll damit nach der Lehre des Klagepatentanspruchs die Verteilung des Wirkstofffluids in der Spülflüssigkeit gerade auch im Beaufschlagungsbereich des Verteilungselements erfolgen. Das schließt nicht aus, dass das Wirkstofffluid auch an anderer Stelle in die Spülflüssigkeit gelangt und in das Toilettenbecken transportiert wird. Das Erfordernis eines Beaufschlagungsbereichs (Merkmal 8.3) wäre jedoch sinnentleert, wenn nicht auch in diesem Bereich, wo die Spülflüssigkeit das Verteilungselement überströmen soll, Wirkstofffluid in der Spülflüssigkeit verteilt wird (vgl. auch S. 29 des landgerichtlichen Urteils vom 12.02.2008 – Az. 4a O 427/06, Anlage K 6). Ebenso wenig ist es ausgeschlossen, dass das gesamte Verteilungselement zugleich als Beaufschlagungsbereich fungiert. Allein aus dem Begriff Beaufschlagungsbereich kann nicht hergeleitet werden, dass das Verteilungselement weitere Bereiche umfassen muss, die nicht als Beaufschlagungsbereich dienen.

Weiterhin soll das Verteilungselement für mindestens zwei Vorratsbehälter, bevorzugt sogar für alle Vorratsbehälter gemeinsam vorgesehen sein (Merkmal 8.4). Die Auffassung der Klägerin, dass dafür lediglich ein gemeinsames, ohne Unterbrechung gestaltetes Bauteil erforderlich sei, nicht aber dass die Wirkstofffluide durch die auftreffende Spülflüssigkeit gleichzeitig und gemeinsam abgetragen werden, greift jedoch zu kurz. Die technische Lehre des Klagepatentanspruchs sieht deswegen mindestens zwei Vorratsbehälter vor, weil nicht immer alle Wirkstoffkomponenten eines Wirkstofffluids gemeinsam lagerstabil zu realisieren sind (Abs. [0008]). Die Trennung der Kammern hat nach der Beschreibung des Klagepatents den Vorteil, dass unterschiedliche Medien eingesetzt werden können, die sich ansonsten bei einer gemeinsamen Bevorratung in nur einer Kammer in ihrer gewünschten Wirkung schädlich beeinflussen könnten oder die eine unterschiedliche Konsistenz haben (Abs. [0010]). Davon ausgehend erschließt sich, welche technische Funktion damit verbunden ist, dass das Verteilungselement für mindestens zwei Vorratsbehälter vorgesehen sein soll. Denn trotz der getrennten Bevorratung der Wirkstoffkomponenten sollen beide Bestandteile des Wirkstofffluids im gesamten Toilettenbecken gleichmäßig verteilt werden. Dafür ist erforderlich, dass jedenfalls auf dem Verteilungselement die Bestandteile des Wirkstofffluids aus beiden Vorratsbehältern gleichmäßig in die Spülflüssigkeit gelangen. Für die räumlich-körperliche Gestaltung des Verteilungselements bedeutet dies, dass es aufgrund seiner Bauweise jedenfalls geeignet sein muss, eine entsprechende Verteilung beider Wirkstoffkomponenten in der Spülflüssigkeit zu ermöglichen. Die Ausführungen der Klägerin im Erteilungsverfahren (Anlage NI 12 zur Anlage B 3, dort S. 3 erster Absatz) stellen entgegen der von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung kein relevantes Auslegungsmaterial dar.

Über die Merkmale 8.1 bis 8.4 hinaus enthält der Klagepatentanspruch keine weiteren Vorgaben für die räumlich-körperliche Gestaltung des Verteilungselements. Insbesondere ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erforderlich, dass dieses Vertiefungen aufweist, die als Beaufschlagungsbereich oder anderweitig der Verteilung des Wirkstofffluids dienen könnten.

b)
Von dieser Auslegung ausgehend weist die angegriffene Ausführungsform ein Verteilungselement im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs auf. Es handelt sich dabei um die außerhalb der Auffangbehälter 21 befindliche Bodenplatte des Halters. Diese ist am Halter angeordnet (Merkmal 8.1) und plattenartig ausgebildet (Merkmal 8.2). In der PCT-Anmeldung der Beklagten (Anlage K 8a) und dem darauf erteilten Patent EP 1 595 XXX B1 (Anlage B 1) wird die Bodenplatte entsprechend als „horizontal platform 23“ bezeichnet. Dass auf der Bodenplatte mittig zwischen den Auffangbehältern 21 ein Steg verläuft ist für die Einordnung der Bodenplatte als plattenartiges Bauteil unschädlich. Der Steg steht der Funktion der plattenartigen Ausbildung des Verteilungselements nicht entgegen, Wirkstofffluid aufzunehmen und beim Spülvorgang Spülflüssigkeit aufzufangen, damit das Fluid in der Spülflüssigkeit verteilt werden kann.

Das Verteilungselement weist auch einen Beaufschlagungsbereich auf. Es handelt sich um den den Auffangbehältern 21 vorgelagerten Bereich der Bodenplatte, da dieser unstreitig beim Spülvorgang von Spülflüssigkeit überströmt wird. Dass dieser Bereich mit dem Verteilungselement identisch ist, ist nach der hier vertretenen Auslegung unschädlich. Die Kammer vermag der Beklagten nicht darin zu folgen, dass der als Beaufschlagungsbereich identifizierte Bereich nicht auch der Verteilung des Wirkstofffluids in der Spülflüssigkeit und dem Weitertransport in das Toilettenbecken dient. Die Beklagte hat insofern behauptet, die im Auffangbehälter gelösten Wirkstoffe würden unmittelbar in der gesamten Toilettenschüssel verteilt und sich nicht erst auf der außerhalb der Auffangbehälter befindlichen Bodenplatte niederschlagen. Woher die Beklagten dieses Wissen nehmen, erschließt sich nicht. Jedenfalls stehen ihre Ausführungen bereits zur eigenen Patentanmeldung und zum eigenen Patent der Beklagten im Widerspruch. Darin wird zur angegriffenen Ausführungsform ausgeführt, dass durch die horizontale Plattform 23 – das ist der Beaufschlagungsbereich – das Fortwaschen und Entfernen des aus den Auffangbehältern 21 gelösten Wirkstoffs ermöglicht wird (S. 11 Z. 3-10 der Anlage K 8b und Abs. [0041] der Anlage B 1). Dies wird auch anhand des zur Akte gereichten Musters der angegriffenen Ausführungsform ohne weiteres ersichtlich. Das Wirkstofffluid kann bei einem Spülvorgang nur durch die Ausnehmungen 21b aus den Auffangbehältern 21 nach vorne in den Bereich der horizontalen Plattform 23 ausfließen (wenn nicht gerade eine Toilette verwendet wird, bei der die Abgabevorrichtung bei einem Spülvorgang vollständig in Wasser getaucht wird; darauf kommt es aber nicht an, weil die Eignung der angegriffenen Ausführungsform für die erfindungsgemäße Funktion genügt). Dort ist weitere Spülflüssigkeit vorhanden beziehungsweise sammelt sich während des Spülvorganges, weil die Bodenplatte von Seitenwänden mit Abflussschlitzen umgeben ist und das Wasser nicht ohne Verzögerung abfließen kann. Dies führt zwangsläufig dazu, dass jedenfalls ein Teil des aus den Auffangbehältern gelösten Wirkstofffluids in der auf dem Beaufschlagungsbereich befindlichen Spülflüssigkeit verteilt und von dort in das Toilettenbecken transportiert wird. Da die Abflussschlitze innerhalb der die Bodenplatte umgebenden Seitenwände ausweislich des überreichten Musters der angegriffenen Ausführungsform nicht ganz bis hinab zur Bodenplatte reichen, wird auf dem Beaufschlagungsbereich zudem immer Spülflüssigkeit mit darin gelöstem Wirkstofffluid nach einem Spülvorgang zurückbleiben. Ebenso gelangt nach dem Ende des Spülvorgangs weiteres Wirkstofffluid durch den Spalt 41 aus dem Auffangbehälter auf den Beaufschlagungsbereich. Der Spalt hilft zu vermeiden, dass Spülflüssigkeit in den Auffangbehältern stehen bleibt und das Wirkstofffluid immer weiter verdünnt. Durch den Spalt 41 läuft nach einem Spülvorgang das bereits verdünnte Wirkstofffluid ab, während das noch ungelöste Fluid aufgrund seiner höheren Viskosität in den Auffangbehältern 21 verbleibt (S. 12 Z. 2-6 der Anlage K 8a und Abs. [0044] der Anlage B 1). Die Spülflüssigkeit mit dem darin gelösten Wirkstofffluid steht auf dem Beaufschlagungsbereich, bis sie beim nächsten Spülvorgang in der hinzukommenden Spülflüssigkeit weiter verteilt und abtransportiert wird.

Das Verteilungselement ist schließlich auch für beide Vorratsbehälter der angegriffenen Ausführungsform gemeinsam vorgesehen. Dem steht auch der mittig zwischen den Auffangbehältern 21 verlaufende Steg nicht entgegen. Denn trotz des Steges ist die als Verteilungselement verstandene Bodenplatte der angegriffenen Ausführungsform aufgrund ihrer Bauweise jedenfalls geeignet, eine Verteilung beider Wirkstoffkomponenten in der Spülflüssigkeit zu ermöglichen. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, der Steg werde beim Spülvorgang durch das eindringende Spülwasser ohne weiteres überwunden. Das heißt aber, dass in der einen Hälfte des Verteilungselements befindliche Anteile des Wirkstofffluids auch in die andere Hälfte gespült werden und insofern eine Vermischung der beiden Komponenten innerhalb der in der Abgabevorrichtung befindlichen Spülflüssigkeit erfolgt. Dem ist die Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegen getreten. Sie hat lediglich den weiteren Vortrag der Klägerin, dass der mittlere Steg den Abtrag des Wirkstofffluids sogar durch zusätzliche Turbulenzen des Spülwassers begünstige, bestritten. Dass die Bodenplatte der angegriffenen Ausführungsform trotz des Steges aber grundsätzlich baulich geeignet ist, als gemeinsames Verteilungselement für beide Vorratsbehälter zu fungieren, hat die Beklagte zu Recht nicht in Frage gestellt. Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass bei einer entsprechenden Wassermenge eines Spülvorgangs der Steg überflutet wird und eine Vermengung der beiden Wirkstoffkomponenten erfolgt.

2.
Bei der angegriffenen Ausführungsform wird auch die Merkmalsgruppe 9 verwirklicht.

a)
Nach der Lehre des Klagepatentanspruchs soll das Innere der Vorratsbehälter über die Auslassöffnung dauernd mit dem Verteilungselement in Verbindung, stehen (Merkmal 9.1). In Abgrenzung zum Patentanspruch 2 des Klagepatents soll eine Verbindung bestehen, die nicht von einem Dichtungselement geregelt wird, das in der einen Stellung die Auslassöffnung verschließt und in einer anderen Stellung die Verbindung freigibt. Statt einer solchen positiven oder aktiven Schließung der Auslassöffnung (Abs. [0015] und [0037]) verlangt der Klagepatentanspruch 1 eine dauernde Verbindung mit dem Verteilungselement. Der Auffassung der Beklagten, dies setze einen konstanten – nicht unterbrochenen oder von weiteren Faktoren abhängigen – Fluss des Wirkstofffluids vom Vorratsbehälter zum plattenartigen Verteilungselement voraus, vermag die Kammer nicht zu folgen. Es ist nicht erforderlich, dass es sich bei der dauernden Verbindung um eine Fließverbindung handelt, aufgrund derer das Wirkstofffluid selbstständig aus den Auslassöffnungen der Vorratsbehälter auf das Verteilungselement fließt. Denn im Klagepatentanspruch ist weiterhin vorgesehen, dass die Verbindung unter Zwischenanordnung einer ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Anordnung bestehen soll (Merkmal 9.2). Es kann sich dabei um eine Anordnung handeln, die es erlaubt, dass das Wirkstofffluid auf das Verteilungselement und nicht weiter fließt, wie dies beispielsweise bei dem aus dem Urteil der Kammer vom 12.02.2008 (Anlage K 6) bekannten Kapillarsystem oder der aus der EP 0 538 957 B1 (Anlage K 5; vgl. auch Abs. [0036]) bekannten porösen Masse der Fall ist. Es ist aber auch möglich, dass die Zwischenanordnung bereits ein freies Fließen des Wirkstofffluids auf das Verteilungselement verhindert. Das Merkmal 9.2 enthält keine konstruktiven Vorgaben, sondern stellt allein auf die Funktion ab, ein freies, das heißt ungehindertes Fließen zu verhindern.

Ebenso wenig wird durch das Merkmal 9.1 vorgegeben, wie eine dauernde Verbindung räumlich-körperlich gestaltet sein muss. Durch eine Anordnung, die bereits verhindert, dass Wirkstoff auf das Verteilungselement gelangt, wird eine dauernde Verbindung im Sinne des Merkmals 9.1 nicht ausgeschlossen. In Abgrenzung zum Patentanspruch 2 des Klagepatents 1 besagt dieses Merkmal lediglich, dass die dauernde Verbindung nicht durch ein aktiv oder positiv schließendes Dichtelement verwirklicht werden kann (vgl. auch Urteil der Kammer vom 12.02.2008, Anlage K 6). Insofern genügt es für eine dauernde Verbindung, dass die Auslassöffnungen dauerhaft geöffnet sind und das Wirkstofffluid aus den Vorratsbehältern auf das Verteilungselement gelangen kann. Wann und wie letzteres geschieht, wird vom Klagepatentanspruch nicht vorgegeben. Insbesondere ist auch nicht ausgeschlossen, dass das Wirkstofffluid nur während eines Spülvorgangs oder erst mittels der Spülflüssigkeit auf das Verteilungselement gelangt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Beschreibung des Klagepatents. Diese verweist zwar für die Realisierung der erfindungsgemäßen Konstruktion auf Techniken von Abgabevorrichtungen für ein einzelnes Wirkstofffluid, wie sie im Stand der Technik bekannt waren (Abs. [0016]), insbesondere auf die EP 0 538 957 B1 (Abs. [0036]). Die Merkmalsgruppe 9 ist aber nicht auf die in diesem Patent offenbarte konstruktive Umsetzung einer dauerhaften Verbindung mittels einer porösen Masse beziehungsweise eines Schwamms beschränkt. In der Klagepatentschrift wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs um „eine konstruktive Möglichkeit handelt, die im Großen und Ganzen auf die EP 0 538 957 B1 zurückgeht“ (Abs. [0036]; Hervorhebungen seitens der Kammer). Die Beschreibung des Klagepatents verweist insofern für die dauernde Verbindung nicht konkret auf die poröse Masse oder einen Schwamm, sondern beschreibt die gewählte konstruktive Möglichkeit allgemein mit den Worten des Klagepatentanspruchs. Die konkrete technische Lehre des EP 0 538 957 B1, die die Verwendung einer porösen Masse und eines Schwamms vorsieht, hat im Klagepatentanspruch keinen Niederschlag gefunden. Gleiches gilt für die Verwendung eines Kapillarsystems als Zwischenanordnung im Sinne des Merkmals 9.2. Trotz des Verweises in der Klagepatentschrift auf die im Stand der Technik bekannten technischen Möglichkeiten, eine Abgabevorrichtung zu konstruieren (Abs. [0016]), hat sich das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 nicht auf das Kapillarsystem festgelegt.

b)
Das Innere der Vorratsbehälter der angegriffenen Ausführungsform steht über die jeweilige Auslassöffnung mit dem Verteilungselement dauernd in Verbindung. Die Verbindung erfolgt vom Inneren der Vorratsbehälter über den Sickerkanal 35 in den Auffangbehälter 21 und von dort durch die Ausnehmungen 21b und den Spalt 41 zu der als Beaufschlagungsbereich des Verteilungselements dienenden Bodenplatte 23. Dass das Wirkstofffluid nicht selbstständig durch die gesamte Verbindung auf das Verteilungselement fließt, sondern aufgrund des sich einstellenden statischen Druckgleichgewichts daran gehindert wird, durch die Ausnehmungen 21b aus dem Auffangbehälter 21 zu fließen, führt nicht aus der Lehre des Klagepatentanspruchs heraus. Denn die Verbindung vom Inneren der Auffangbehälter zum Verteilungselement ist grundsätzlich gegeben. Sie ist auch dauernd, da sie nicht durch einen Schließmechanismus oder anderweitig aktiv beziehungsweise positiv zeitweise geschlossen wird. Das statische Druckgleichgewicht stellt sich allein deswegen ein, weil die Unterkante der Auslassöffnung des eingesetzten Vorratsbehälters unterhalb der Unterkante der Ausnehmungen 21b, dem Niveau L1, liegt. Erst wenn bei einem Spülvorgang Spülflüssigkeit in den Auffangbehälter 21 dringt, wird das Niveau L1 überschritten und das im Wasser gelöste Wirkstofffluid kann durch die Ausnehmungen 21b abfließen. Dabei wird genau die Verbindung genutzt, die schon immer bestand. Sie ist zeitlich auch nicht dadurch terminiert, dass der Spülvorgang irgendwann endet. Abgesehen davon fließt auch nach dem Spülvorgang noch Wirkstofffluid durch den Spalt 41 auf das Verteilungselement, wo es bis zum nächsten Spülvorgang verbleibt (s.o.). Dass das Wirkstofffluid nicht selbstständig, sondern erst mittels der Spülflüssigkeit bis auf das Verteilungselement gelangt, ist unbeachtlich. Der Klagepatentanspruch sieht lediglich eine dauernde Verbindung vor, die hier gegeben ist.

Schließlich steht das Innere der Vorratsbehälter der angegriffenen Ausführungsform unter Zwischenanordnung einer ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindernden Anordnung mit dem Verteilungselement in Verbindung. Zu dieser Anordnung gehört jedenfalls auch die Wandung des Auffangbehälters 21, die dafür sorgt, dass ein freies Fließen des Wirkstofffluids verhindert wird, indem die Unterkante der Ausnehmungen 21b, das Niveau L1, oberhalb der Unterkante der Auslassöffnung des in die Vorrichtung eingesetzten Vorratsbehälters liegt. Diese Anordnung befindet sich zudem genau zwischen den Auslassöffnungen der Vorratsbehälter und dem Verteilungselement.

III.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG, weil die Beklagten die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben und damit angeboten und in Verkehr gebracht haben, ohne dazu berechtigt zu sein.

Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG, weil die Beklagten die Patentverletzung schuldhaft begingen. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1) die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Die Beklagte zu 2) ist ein Handelsunternehmen, das jedenfalls deswegen ohne die erforderliche Sorgfalt handelte, weil es ein Erzeugnis in den Verkehr gebracht hat, ohne begründetermaßen annehmen zu dürfen, dass die notwendige Prüfung auf die Verletzung absoluter Rechte Dritter zumindest einmal durchgeführt worden ist (vgl. BGH GRUR 2006, 575 – Melanie). Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte zu 2) einen Anspruch aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG darauf, dass die Beklagte zu 2) gegenüber ihren gewerblichen Abnehmern die nach dem 30.04.2006 in deren Besitz gelangten angegriffenen Ausführungsformen zurückruft. Die Beklagte zu 2) hat mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform die klagepatentgemäße Erfindung im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG benutzt, ohne dazu berechtigt zu sein.

IV.
Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht kein Anlass, weil nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem Erfolg der von der Beklagten beim Bundespatentgericht erhobenen Nichtigkeitsklage ausgegangen werden kann.

1.
Eine Aussetzung der Verhandlung kann im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg mit dem Einwand der unzureichenden Offenbarung der Erfindung begründet werden. Eine patentierte Erfindung ist nur dann unzureichend offenbart, wenn ein für das Gebiet der Erfindung zuständiger Fachmann anhand der Patentschrift unter Zuhilfenahme seines Fachwissens und des allgemeinen Fachwissens mit zumutbarem Aufwand nicht in der Lage ist, die unter Schutz gestellte Erfindung in ausreichendem Maße im gesamten beanspruchten Bereich praktisch zu verwirklichen. Zwar enthält die Klagepatentschrift kein konkretes Ausführungsbeispiel der mit dem Klagepatentanspruch 1 geschützten technischen Lehre. Diese ist jedoch in weiten Teilen mit der im Patentanspruch 2 beschriebenen technischen Lehre identisch, so dass der Fachmann insoweit in die Lage versetzt wird, die technische Lehre des Klagepatentanspruchs 1 nachzuarbeiten. Im Hinblick auf die vom Patentanspruch 2 abweichenden Merkmalsgruppen 8 und 9 verweist die Klagepatentschrift auf die EP 0 538 957 B1, indem sie ausführt, dass eine konstruktive Möglichkeit für eine Mehrkammer-Abgabevorrichtung – nämlich die im Klagepatentanspruch 1 beschriebene Lehre – im Großen und Ganzen auf die EP 0 538 957 B1 zurückgehe (Abs. [0036]). Dadurch erhält der Fachmann Vorgaben und Anhaltspunkte, wie die technische Lehre grundsätzlich verwirklicht werden kann. Ob die von der Beklagten in der Nichtigkeitsklage erhobenen Einwände durchgreifen und der Fachmann dadurch tatsächlich gehindert ist, die geschützte Lehre anhand des Klagepatents und seines Fachwissens nachzuarbeiten, begegnet durchgreifenden Zweifeln. Letztlich ist diese Entscheidung jedoch dem fachkundig besetzten Nichtigkeitssenat beim zuständigen Bundespatentgericht vorbehalten. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Nichtigkeitsklage begründen die Einwände der Beklagten nicht.

2.
Ebenso wenig kann mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich die Lehre des Klagepatentanspruchs 1 in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab.

Eine Aussetzung der Verhandlung im Hinblick auf eine Kombination der GB 2 338 496 (Anlage NI 9) mit der EP 0 960 XXX A2 (Anlage NI 3) oder WO 92/20876 (Anlage NI 5) scheitert bereits daran, dass die Entgegenhaltung NI 9 nicht in deutscher Übersetzung vorgelegt worden ist. Abgesehen davon ist nicht dargelegt, welchen Anlass der Fachmann hat, ausgehend von der Entgegenhaltung NI 9 die Entgegenhaltungen NI 3 oder NI 5 heranzuziehen und zur Lehre des Klagepatentanspruchs 1 zu gelangen. Die NI 9 hat eine Abgabevorrichtung mit einem einzelnen Vorratsbehälter zum Gegenstand. Im Nichtigkeitsverfahren hat die Klägerin zugestanden, dass in dieser Entgegenhaltung sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs bis auf die Merkmale 2.2, 4 und 8.4 offenbart werden. Zu Recht weist die Klägerin jedoch darauf hin, dass nicht ersichtlich ist, aufgrund welcher Anregung der Fachmann nunmehr den einzelnen Vorratsbehälter der in der NI 9 offenbarten Vorrichtung durch zwei Vorratsbehälter ersetzen, für jeden eine separate Auslassöffnung aber ein gemeinsames Verteilungselement vorsehen sollte. Selbst wenn der Fachmann aufgrund der Überlegung, nicht zusammen lagerbare Komponenten eines Wirkstoffs in getrennten Vorratsbehältern zu lagern, führt ihn das nicht zwangsläufig zur Lehre des Klagepatentanspruchs. Bereits die Entgegenhaltungen NI 3 und NI 5 bieten andere Lösungsmöglichkeiten. Es kommt daher nicht zwingend allein auf die Frage an, ob der Fachmann ein plattenartiges Verteilungselement für beide Vorratsbehälter gemeinsam oder für beide getrennt vorsieht. Abgesehen davon ist auch nicht ausgeschlossen, dass der Fachmann die Frage nach der Gestaltung des Verteilungselements nicht nur aus konstruktions- und montagetechnischer Sicht beantwortet, sondern auch Überlegungen zu den Folgen für die verwendeten Wirkstoffkomponenten anstellt. Ob es sich dabei noch um allein routinemäßige Überlegungen handelt, ist zweifelhaft. Jedenfalls kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Lehre des Klagepatentanspruchs 1 durch die Entgegenhaltung NI 9 in Verbindung mit der NI 3 oder NI 5 nahegelegt war.

Die vorstehenden Überlegungen gelten in gleicher Weise für eine Kombination der DE 199 12 217 (Anlage NI 7) mit einer der Entgegenhaltungen NI 3 oder NI 5, da sich der Offenbarungsgehalt der NI 7 in dem hier entscheidenden Umfang kaum von dem der NI 9 unterscheidet.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 4, 269 Abs. 3 S. 2 2. HS ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

Streitwert: 250.000,00 EUR, auf die Feststellung der gesamtschuldnerischen Pflicht zur Schadensersatzleistung entfallen 75.000,00 EUR