4a O 46/11 – Zahnersatz

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1943

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. Oktober 2012, Az. 4a O 46/11

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Regressansprüche aus einem Patentanwaltsvertrag geltend.

Der Beklagte ist Patentanwalt und war für die Klägerin in dieser Eigenschaft zwischen 1997 – 2010 tätig. Mit Schreiben vom 28.12.2009 legte der Beklagte sein Mandat nieder.

Der Beklagte meldete auftragsgemäß die Erfindung „Zahnersatz mit auch für Prothesen geeigneten künstlichen Zähnen“ beim Deutschen Patent- und Markenamt (im Folgenden DPMA) mit der Registernummer 197 53 XXX.7 am 03.12.1997 zum Patent an. Das deutsche Patent wurde im Gegensatz zu einem späteren europäischen Patent über dieselbe Erfindung nicht erteilt. Weitere Einzelheiten über den Umfang des Auftrags im Hinblick auf diese Erfindung sind zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 11.12.1997 teilte der Beklagte der Klägerin unter anderem mit, dass innerhalb von 12 Monaten Prioritätsanmeldungen in den der PVÜ angehörigen Staaten hinterlegt werden könnten. Weiter heißt es, dass wenn die Klägerin keine Schutzrechte im Ausland erwerben wolle, sie die Erfindung dem oder den Erfindern rechtzeitig freigeben müsse. Wegen des genauen Inhalts des Schreibens wird auf die Anlage B 2 Bezug genommen. Die Anmeldungen und laufenden Vertretungen der Klägerin vor den Patentämtern erfolgten durch den Beklagten.

Die Klägerin befand sich zum Zeitpunkt der nationalen Patentanmeldung in Verhandlungen mit der späteren ausschließlichen Lizenznehmerin, der Firma A GmbH & Co KG (im Folgenden: Lizenznehmerin), einem international tätigen Unternehmen mit Sitz in Hanau. Am 13.11.1997 kam es zu einem Treffen zwischen Vertretern der Klägerin und der Lizenznehmerin. Ausweislich des Gesprächsprotokolls wurde festgehalten, dass die Lizenznehmerin eine Lizenzgebühr zunächst auf Basis von Nettoerlösen zahlen soll; anschließend soll Grundlage für die Lizenzgebühren sein, dass ein „rechtsgültiges Patent für die Zahnlinie vorgelegt werden kann“. Wegen des genauen Inhalts des Protokolls wird auf die Anlage B 14 verwiesen.

Die Klägerin schloss mit der Lizenznehmerin unter Beteiligung des Beklagten den Lizenzvertrag vom 22./28.05.1998 (im Folgenden Lizenzvertrag), wegen dessen Inhalts auf die Anlage K 4 Bezug genommen wird. In welchem Umfang der Beklagte an der Vertragsgestaltung beteiligt gewesen ist, ist zwischen den Parteien streitig. Unter anderen heißt es im Lizenzvertrag unter § 1 wie folgt:

„4. Vertragsschutzrechte sind alle nationalen und internationalen Schutzrechte, die aufgrund einer Schutzrechtsanmeldung der Lizenzgeberin bezüglich der Lizenzerzeugnisse erteilt werden.“

Weiter steht unter § 7 des Lizenzvertrages:

3. Die Lizenznehmerin bezahlt der Lizenzgeberin eine Lizenzgebühr in Höhe von 4 % des Nettoverkaufserlöses für jedes Lizenzerzeugnis bis zum 31.12.2005 unabhängig davon, ob Vertragsschutzrechte erteilt werden. Die Lizenznehmerin bezahlt der Lizenzgeberin für die nachfolgenden 5 Jahre bis zum 31.12.2010 eine Lizenzgebühr in Höhe von 3 % des Nettoverkaufserlöses für jedes Lizenzerzeugnis, das die Lizenznehmerin in einem Land herstellt oder vertreibt, in dem ein Vertragsschutzrecht besteht. Ab 01.01.2011 bezahlt die Lizenznehmerin der Lizenzgeberin eine Lizenzgebühr in Höhe von 1,5 % des Nettoverkaufserlöses für jedes Lizenzerzeugnis, das die Lizenznehmerin in einem Land herstellt oder vertreibt, in dem ein Vertragsschutzrecht besteht. Diese Lizenzzahlungsverpflichtung erlischt, sobald und soweit die Vertragsschutzrechte, gleich aus welchem Rechtsgrund, entfallen.“

Ferner wurde ein 5. Nachtrag zum Lizenzvertrag am 19.12.2003/06.01.2004 zwischen der Klägerin und der Lizenznehmerin geschlossen. Ziffer 5 des Nachtrages lautet wie folgt:

„Die Lizenzzahlungsverpflichtung erlischt in jedem Fall, sobald und soweit die Vertragsschutzrechte, gleich aus welchem Rechtsgrund, entfallen.“

Unter „Vertragsschutzrechten“ verstanden die Lizenzvertragsparteien auch das europäische Patent. Weiter heißt es:

„Des weiteren vereinbaren die Parteien, dass die Lizenznehmerin in Abänderung von Ziffer 5 des Lizenzvertrages die Gebühren, Übersetzungskosten und Patentanwaltskosten der Nationalisierungen des europäischen Patents EP 1 010 XXX B1 für die Länder Österreich, Belgien, Schweiz, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Lichtenstein, Niederlande und Schweden trägt, allerdings nur bis zu einer Höhe von EUR 25.000,00 zuzüglich Mehrwertsteuer. Zusätzlich wird die Lizenznehmerin hinsichtlich der Nationalisierungen auch die entsprechenden Jahresgebühren übernehmen, und zwar auch über die vorstehende Obergrenze von EUR 25.000,00 hinaus. Die Kostenerstattung durch die Lizenznehmerin setzt voraus, dass ihr die Lizenzgeberin entsprechende Zahlungen durch Vorlage von Gebühren- und Honorarrechnungen nachweist.“

Die Klägerin war Inhaberin des beim europäischen Patentamt (im Folgenden EPA) am 15.12.1998 angemeldeten und erteilten Patents 1 010 XXX mit der Bezeichnung „Zahnersatz mit auch für Prothesen geeigneten künstlichen Zähnen“. Der Hinweis auf die Erteilung des Patents wurde am 24.09.2003 veröffentlicht. Das europäische Patent wurde für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (DE 598 09 XXX.6) erteilt.

Die Gebühr für das siebte Jahr wurde am 31.12.2004 fällig. Im Rahmen einer Besprechung am 07.09.2004 wurde erörtert, ob der deutsche Teil des europäischen Schutzrechts weiter aufrecht erhalten bleiben soll. Hintergrund war die unterbliebene Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung für das europäische Patent. Aus welchen Gründen die deutsche Priorität nicht rechtzeitig in Anspruch genommen wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die Lizenznehmerin erklärte sich damit einverstanden, die Jahresgebühr für den deutschen Teil des europäischen Patents nicht mehr zu zahlen. Das Schreiben der Lizenznehmerin ist der Klägerin mit Schreiben des Beklagten vom 19.10.2004 übermittelt worden. Das Bestätigungsschreiben des Beklagten an der Lizenznehmerin vom 26.10.2004 über die Tatsache, die 7. Jahresgebühr nicht mehr zu zahlen, wurde der Klägerin mit Schreiben vom gleichen Tag übermittelt. Die Jahresgebühr wurde nicht eingezahlt. Damit erlosch das europäische Patent für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland am 01.07.2005.

Mit Vertrag vom 16./23.02.2010 übertrug die Klägerin an ihre Lizenznehmerin das Europäische Patent sowie die deutsche Patentanmeldung (DE 197 53 XXX A1). Als Kaufpreis zahlte die Lizenznehmerin einen Betrag in Höhe von 1.300.000,- EUR.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe den Auftrag gehabt, einen möglichst umfassenden Schutz der Erfindung in Europa zu erwirken und die Erfindung bestmöglich auch im Hinblick auf die Lizenznehmerin zu schützen. Der Beklagte habe pflichtwidrig die Prioritätsfrist verstreichen lassen und den Antrag auf Erteilung des europäischen Patents 12 Tage zu spät gestellt. Deshalb habe die deutsche Patentanmeldung nach Art.139 Abs.2 des Europäischen Patentübereinkommens (im Folgenden EPÜ) in Verbindung mit Art. 54 Abs. 3 EPÜ in Bezug auf die europäische Patentanmeldung im Bestimmungsland der Bundesrepublik Deutschland als Stand der Technik gegolten. Diese führe – unstreitig – zu einer fehlenden Rechtsbeständigkeit des europäischen Patents mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland. Auftragsgemäß hätte der Beklagte für einen umfassenden europäischen Patentschutz sorgen müssen. Der Beklagte hätte aber mindestens die Klägerin darüber informieren müssen, was es für Konsequenzen habe, die Prioritätsfrist ohne eine Nachanmeldung beim EPA verstreichen zu lassen; dies habe er unterlassen.

Der Beklagte habe pflichtwidrig die zur Aufrechterhaltung des deutschen Teils des europäischen Patents erforderliche Zahlung der jährlichen Gebühr unterlassen. Gleichzeitig sei damit der Lizenzvergütungsanspruch der Klägerin gegenüber ihrer Lizenznehmerin zum 01.01.2008 erloschen. Dies ergebe sich aus dem 5. Nachtrag zum Lizenzvertrag aus dem Jahr 1998. Dieses Ergebnis sei für den Beklagten vorhersehbar gewesen. Unter seiner Mithilfe sei Ziffer 5 des 5. Nachtrags verfasst worden. Der Beklagte sei im Auftrag der Klägerin federführend für sie in den Lizenzvertragsverhandlungen tätig geworden. Hierdurch sei der Klägerin ein Schaden entstanden. Der Schaden der Klägerin bestehe darin, dass sie einem Rückforderungsanspruch der Lizenznehmerin für den Zeitraum vom 01.01.2008 – 30.06.2009 in Höhe von 220.575,26 EUR ausgesetzt gewesen sei und für den Zeitraum vom 01.07.2009 – 31.12.2009 einen Vergütungsanspruch für Lizenzgebühren gegenüber der Lizenznehmerin in Höhe von 81.043,42 EUR verloren habe, da diese die Lizenzzahlungen eingestellt habe. Diese beiden Schadenspositionen hätten sich mindernd auf den Kaufpreis ausgewirkt.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 301.618,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2011 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe im November 1997 nur den Auftrag gehabt, betreffend der Erfindung „Zahnersatz mit auch für Prothesen geeigneten künstlichen Zähnen“ ein deutsches Patent beim DPMA anzumelden. Ein weitergehender Auftrag, ein europäisches Patent anzumelden, sei erst später – nach Ablauf der Prioritätsfrist – von der Klägerin erteilt worden. Er habe die Klägerin rechtzeitig vor den Ablauf der Prioritätsfrist auf die Konsequenzen hingewiesen.

Der Beklagte habe nur punktuell an den Lizenzvertragsverhandlungen mit der Lizenznehmerin mitgewirkt. Dies gelte insbesondere für die Regelung der weltweiten Nutzungsberechtigung der Lizenznehmerin an der Erfindung, die dem europäischen Patent zugrunde liegt. Da die Klägerin keine Investitionskosten für die Anmeldung der Erfindung in anderen Ländern tätigen wollte und eine Einigung mit der Lizenznehmerin hierüber zunächst scheiterte, habe der Geschäftsführer der Klägerin dem Beklagten erst am 15.12.1998 telefonisch den Auftrag erteilt, eine europäische Patentanmeldung einzureichen. In dem Telefonat habe der Beklagte den Geschäftsführer der Klägerin darauf hingewiesen, dass ein Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland über ein Europäisches Patent nicht zu erhalten sei. Der Geschäftsführer der Klägerin habe mitgeteilt, dass dies unwesentlich und hinnehmbar sei. Im allseitigen Einvernehmen habe ab Inkrafttreten des 5. Nachtrags die Klägerin die Jahresgebühren nur noch für Deutschland und die Lizenznehmerin für Europa – auch rückwirkend – gezahlt.

Die Klägerin sei nach Analyse der Schutzrechtslage für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in dem Gespräch am 07.09.2004 damit einverstanden gewesen, den deutschen Teil des europäischen Patents fallenzulassen.

Im Übrigen seien die Ansprüche der Klägerin gegenüber dem Beklagten verjährt. Dies gelte insbesondere für die von der Klägerin vorgetragene Pflichtverletzung wegen der nicht rechtzeitigen Nachanmeldung beim EPA. Ersatzansprüche verjährten innerhalb von drei Jahren ab dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch entstanden ist. Ein Schaden sei auch dann eingetreten, wenn sich die Vermögenslage der Mandantin durch die Pflichtverletzung des Beraters gegenüber seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtere. Dies sei mit Ablauf der Prioritätsfrist am 03.12.1998 der Fall gewesen, so dass ein Ersatzanspruch seit dem 04.12.2001 nicht mehr durchsetzbar sei. Auch wenn man der Klägerin einen sekundären Ersatzanspruch wegen eines nicht erfolgten Hinweises auf den möglicherweise bestehenden primären Ersatzanspruch zubilligen würde, sei dieser seit dem 04.12.2004 nicht mehr durchsetzbar. Denn dieser unterliege ebenfalls der dreijährigen Verjährung. Der Ersatzanspruch wegen der fehlenden Zahlung der 7.Jahresgebühr sei ebenfalls nicht mehr durchsetzbar, da die dreijährige Frist nach §§ 195, 199 BGB zur Geltendmachung am 31.12.2008 abgelaufen sei. Die Klägerin habe von dem Umstand, dass die Jahresgebühr nicht mehr gezahlt werden sollte, Kenntnis gehabt, so dass der Lauf der Verjährungsfrist ab dem 01.01.2006 zu laufen begonnen habe.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Schadenseintritt sei am 01.01.2008 gewesen, zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin über kein Vertragsschutzrecht mehr für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verfügt habe. Der Ablauf der Prioritätsfrist stelle lediglich eine risikobehaftete Lage dar, die die Frist der Verjährung nicht in Gang setzen könne.

Mit Beschluss vom 01.03.2011 hat das zunächst angerufene Landgericht Essen den Rechtsstreit an das Landgericht Düsseldorf verwiesen.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 301.618,68 EUR zusteht, kann dahinstehen. Solche Ansprüche, die sich aus §§ 280 Abs. 1, 611, 675 BGB, oder §§ 281 Abs. 1, 633, 634 Nr. 4, 675 BGB oder §§ 280 Abs. 1, 631, 634 Nr. 4, 675 BGB ergeben könnten, sind nicht mehr durchsetzbar. Ihnen steht die Einrede der Verjährung entgegen, § 214 Abs.1 BGB bzw. § 222 BGB a.F.

I.
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe seine Pflicht aus dem Patentanwaltsvertrag verletzt, indem er sie nicht darüber aufgeklärt habe, welche Konsequenzen es haben könnte, wenn sie die deutsche Priorität für die europäische Patentanmeldung nicht in Anspruch nehme.

1.
In diesem Zusammenhang ist die Frage, welchen Umfang der von der Klägerin im November 1997 erteilte Auftrag an den Beklagten hatte, ohne Bedeutung. Ob der Beklagte – wie nach seinem Vortrag – lediglich den Auftrag hatte, eine Erfindung aus dem Hause der Klägerin über Zahnersatz mit auch für Prothesen geeigneten künstlichen Zähnen als deutsche Patent anzumelden oder – nach dem Vortrag der Klägerin – für einen umfassenden, auch europäischen patentrechtlichen Schutz der Erfindung sorgen sollte, würde in beiden Fällen dazu führen, dass der Beklagte seine Pflicht aus dem Patentanwaltsvertrag verletzt hätte.

Im Rahmen des ihm erteilten Auftrags treffen den Patentanwalt grundsätzlich die gleichen Aufklärungs- und Beratungspflichten, wie sie für einen Rechtsanwalt gelten (BGH NJW-RR 2000, 791; Zugehör, Hdb. der Anwaltshaftung, 3.Aufl., Rn.539). Der um eine Beratung ersuchte Anwalt ist zu einer umfassenden und erschöpfenden Belehrung seines Auftraggebers verpflichtet, solange dieser nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf. Der Anwalt muss den ihm vorgetragenen Sachverhalt daraufhin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Auftraggeber erstrebten Erfolg herbeizuführen. Er hat dem Auftraggeber diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel führen können, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Auftraggeber eine sachgerechte Entscheidung treffen kann; Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlass gibt, muss der Anwalt darlegen und mit dem Auftraggeber erörtern (vgl. BGH, NJW 1993, 1320, 1322; NJW 1994, 1211, 1212; NJW 1995, 449, 450). Der konkrete Umfang der Beratungspflichten richtet sich dabei nach dem erteilten Mandat und den Umständen des Einzelfalls (BGH, NJW 1996, 2648, 2649).

Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe sie nicht über die Konsequenzen des Ablaufs der Prioritätsfrist nach Art. 87 EPÜ aufgeklärt. Selbst wenn der Vortrag des Beklagten als zutreffend unterstellt wird, sein Auftrag habe nur die nationale Patentanmeldung beim DPMA umfasst, hätte er nach dem Patentanwaltsvertrag die Nebenpflicht gehabt, seine Mandantin aufgrund der Umstände des Einzelfalls auf die Möglichkeit einer europäischen Patentanmeldung innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach der ersten – hier deutschen – Patentanmeldung hinzuweisen. Aufgrund der Kenntnis des Beklagten von den Vertragsverhandlungen der Klägerin mit der geschäftsmäßig international ausgerichteten Lizenznehmerin lag eine dahingehende Nachanmeldung beim EPA nahe. Diese Frist zur Nachanmeldung lief aufgrund der Anmeldung der Erfindung beim DPMA vom 03.12.1997 am 03.12.1998 ab. Ob eine Pflichtverletzung vorliegt, kann letztendlich dahingestellt bleiben.

2.
Die Klägerin kann gegenüber dem Beklagten ihren Anspruch auf Schadensersatz wegen dieser möglichen Pflichtverletzung nicht durchsetzen. Die Einrede der Verjährung steht dem entgegen, § 214 BGB bzw. § 222 BGB a.F.

a)
Die Verjährung bestimmt sich nach § 45b, 1.Var. PatO a.F., da die von der Klägerin vorgetragene Pflichtverletzung als Anknüpfungspunkt für die Frage der Verjährung in dem Unterlassen des Beklagten liegt, die Erfindung beim EPA nachanzumelden. Dies war spätestens mit Ablauf des 03.12.1998 der Fall. Der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Patentanwalt bestehenden Vertragsverhältnis verjährt danach in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist.

Ein Schaden entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1995, 2039, 2040; 1992, 2766), der sich die Kammer anschließt, sobald sich die Vermögenslage des Mandanten durch die Pflichtverletzung des Beraters gegenüber seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert (vgl. Zugehör, a.a.O., Rz.1352). Ausreichend ist es, wenn der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist. Ein Schaden ist dagegen noch nicht eingetreten, wenn lediglich eine Vermögensgefährdung vorliegt (vgl. BGH, GRUR 1995, 344 – fehlerhafte Anwaltsberatung). Ein Risiko eines Vermögensnachteils infolge der Pflichtverletzung des Beraters stellt somit keinen Schaden dar. Zur Bestimmung des Zeitpunkts der Entstehung des Schadens durch die Pflichtverletzung bedarf es der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sowie der beiden Zielrichtungen der sog. Risiko-Schaden-Formel des Bundesgerichtshofes, nämlich einen zu frühen, den Mandanten benachteiligenden Verjährungsbeginn zu vermeiden und im Interesse der Rechtsklarheit einen eindeutigen, greifbaren Zeitpunkt für den Schadenseintritt zu bestimmen (Zugehör, a.a.O. Rz.1353). So hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass der Mandant mit dem Ablauf einer materiellen oder prozessualen Frist geschädigt ist (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 494).

Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihres Schadensersatzanspruchs darauf, der Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, sie umfassend über die Folgen einer fehlenden Nachanmeldung der Erfindung beim EPA zu informieren. Diese Pflichtverletzung des Beklagten hat ihren Niederschlag zunächst in dem Ablauf der Frist zur Nachanmeldung der Erfindung beim EPA gefunden. Zu diesem Zeitpunkt war der Schadensersatzanspruch der Klägerin aber auch dem Grunde nach bereits entstanden. Dies war mit Ablauf des 03.12.1998 der Fall. Denn indem der Beklagte möglicherweise die Frist zur Nachanmeldung hat Verstreichen lassen, trat nicht nur eine Vermögensgefährdung ein. Hierdurch geriet die Klägerin in eine so ungünstige Rechtslage, dass von einer objektiven Vermögenseinbuße ausgegangen werden muss.

Zwar ist es zutreffend, dass der Klägerin erst ab dem 01.01.2008 kein formales Schutzrecht mehr für das Schutzgebiet der Bundesrepublik Deutschland zustand, da zu diesem Zeitpunkt der deutsche Teil des europäischen Patents durch Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen war, das deutsche Patent (noch) nicht erteilt wurde und die Schutzfrist des Gebrauchsmusters zum 31.12.2007 auslief. Indes war der Mangel, der dem deutschen Teil des europäischen Patents anhaftete, mit Ablauf der Frist zur Inanspruchnahme der Priorität aus der deutschen Patentanmeldung entstanden, ohne dass die Möglichkeit bestand, diesen Mangel zu heilen. Die Prioritätsfrist nach Art.4 C Abs.1 PVÜ lief am 03.12.1998 ab und eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei Versäumen dieser Frist war unzulässig (vgl. Singer/Stauder, EPÜ, 4.Aufl., Art.87 Rz.43). Damit standen die tatsächlichen Umstände, die Grundlage des Schadensersatzanspruchs der Klägerin sein könnten, mit Ablauf der Prioritätsfrist fest. Ein dahingehender Schadensersatzanspruch hätte damit Gegenstand einer Feststellungsklage in dem Sinne sein können, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch die Pflichtverletzung entsteht (vgl. BGH, NJW 1995, 2039, 2040), da die genaue Schadenshöhe zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststand. Es ist im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht anerkannt, dass es für die Begründetheit einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO ausreichend ist, wenn der Schadenseintritt wahrscheinlich ist (BGH, GRUR 2001, 1177, 1178 – Feststellungsinteresse II; Rogge/Grabinski, in Benkard: PatG, 10.Aufl., § 139 Rz.80). Dies war vorliegend der Fall.

Auch bei einer wirtschaftlichen Beurteilung der Veränderung der Vermögenslage des Mandanten durch das schädigende Ereignis (BGH, GRUR 1995, 344 – fehlerhafte Anwaltsberatung) ergibt sich nichts anderes. Das Vermögen der Klägerin hatte sich mit Ablauf der Prioritätsfrist zu ihren Lasten verändert. Dabei ist es unerheblich, dass der Schaden der Höhe nach noch nicht beziffert werden konnte. Der wirtschaftliche Wert des deutschen Teils des europäischen Patents war mit dem Mangel behaftet, in einem Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht für nichtig erklärt zu werden, vgl. § 6 Abs.1 Nr.1 IntPatÜbkG i.V.m. Art.54 Abs.3, 139 Abs.2 EPÜ. Dass ein Schaden der Klägerin möglicherweise durch das deutsche Patent, wenn es erteilt worden wäre, hätte kompensiert werden können, steht dem nicht entgegen. Denn Voraussetzung für einen Schaden dem Grunde nach ist es nicht, dass der Schaden bereits endgültig eingetreten ist, weil die Lizenznehmerin einen fiktiven Rückforderungsanspruch wegen zu Unrecht gezahlter Lizenzzahlung stellte bzw. die Lizenzzahlung selbst einstellte. Dies ist nur die Konsequenz aus der fehlenden Nachanmeldung beim EPA.

Verjährungshemmende Maßnahmen wurden seitens der Klägerin nach dem Vortrag der Parteien in diesem Zeitraum nicht ergriffen.

b)
Zwar trat drei Jahre nach dem vorgenannten Zeitpunkt die Verjährung des Primäranspruchs ein. Der Beklagte ist aber aufgrund einer sogenannten sekundären Schadensersatzverpflichtung (§ 249 Abs. 1 BGB) nicht gehindert, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen. Ein diesen Umstand begründender möglicher Sekundärhaftungsanspruchs ist nicht mehr durchsetzbar, weil ihm die Einrede der Verjährung ebenfalls entgegensteht. Der Patentanwalt muss gemäß seiner sekundären Pflicht auf die Möglichkeit seiner Regresshaftung und gleichzeitig auf den drohenden Eintritt der Verjährung so rechtzeitig hinweisen, dass der Mandant anderweitigen Rechtsrat einholen und den Eintritt der Verjährung des primären Schadensersatzanspruches verhindern kann (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1985, IX ZR 153/84 Rz.27; Zugehör, a.a.O., Rz.1377).

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung sich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 10.10.1985 (IX ZR 153/84, AnwBl. 1985, 641) beruft, vermag ihr dies im vorliegenden Fall nicht zum Erfolg verhelfen. Unter Anwendung der in diesem Urteil ausgeführten Rechtsgrundsätze ist auch der Sekundäranspruch der Klägerin nicht mehr durchsetzbar. Der Beklagte hat unstreitig trotz gegebenen Anlasses die Klägerin nicht auf seine Verpflichtung hingewiesen, sie im Wege des Schadensersatzes von ihren finanziellen Nachteilen zu befreien, und hat sie nicht über die Verjährung des Primärschadensersatzanspruchs belehrt. Ein sekundärer Schadensersatzanspruch verjährt in drei Jahren nach seiner Entstehung, spätestens in drei Jahren nach Beendigung des Auftrags (Zugehör, a.a.O., Rz.1415). Der Sekundäranspruch entstand mit Ablauf der Frist der Verjährung des primären Schadensersatzanspruchs am 04.12.2001, da der Beklagte zu diesem Zeitpunkt die Klägerin auf ihren Primärersatzanspruch hätte hinweisen müssen; die Frist endete am 03.12.2004.

Auf die Mandatsbeendigung, welche mit Schreiben vom 28.12.2009 erfolgte, kommt es nicht an. Diese ist nur für den Lauf der Verjährung entscheidend, wenn – so die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 23.06.2005 (IX ZR 197/01, NJW-RR 2006, 279) – die Mandatsbeendigung vor dem Ablauf der Primärverjährung erfolgt. Dies war vorliegend unstreitig nicht der Fall.

Schließlich ergibt sich aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 24.04.2012, I-28 U 152/11, BeckRS 2012, 10238) nichts anderes. Unabhängig davon, dass es in dem vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall um einen Sachverhalt ging, der ein Folgemandat betraf, welches unstreitig hier nicht vorlag, ist der Entscheidung zu entnehmen, dass die Verjährungsfrist für den Sekundäranspruch mit dem Eintritt des Sekundärschadens, der durch den Eintritt der Primärverjährung begründet wird, begann. Dies war vorliegend der 04.12.2001. Diese Frist endete am 03.12.2004. In diesem Zeitraum ergriff die Klägerin keine verjährungshemmenden Maßnahmen.

c)
Dafür, dass sich der Beklagte nach § 242 BGB auf die Einrede der Verjährung nicht berufen könne, gibt es keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass der Beklagte im Rahmen einer Besprechung am 04.09.2009 nach dem Vortrag der Klägerin eingeräumt haben soll, eine Pflichtverletzung begangen zu haben, vermag den dolo-agit Einwand nicht zu rechtfertigen, da zu diesem Zeitpunkt die Frist der Verjährung abgelaufen war. Dementsprechend fehlen hinreichende Anhaltspunkte für ein Vertrauenstatbestand.

II.
Indem der Beklagte auf Anweisung der Lizenznehmerin die Jahresgebühr für den deutschen Teil des EP nicht mehr einzahlte, könnte der Beklagte gegen seine berufsrechtlichen Pflichten aus dem Patentanwaltsvertrag mit der Klägerin verstoßen haben. Ob dies der Fall ist, kann ebenfalls dahingestellt bleiben, denn selbst für diesen Fall wäre ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aufgrund der von dem Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung nicht mehr durchsetzbar, § 214 BGB.

1.
Hier kann die Pflichtverletzung des Beklagten darin liegen, nicht dafür Sorge getragen zu haben, dass die Klägerin gegenüber der Lizenznehmerin Inhaberin eines Schutzrechts für Deutschland geblieben ist. Für den Lizenzvergütungsanspruch der Klägerin kam es entscheidend auf die – formale – Rechtsposition an, ein Vertragsschutzrecht für Deutschland inne zu haben. Der Einwand des Beklagten, es komme nach dem Lizenzvertrag auf „durchsetzbare“ Vertragsschutzrechte an, geht fehl.

a)
Entscheidend ist bei verständiger Auslegung der Lizenzvertragsdokumente, dass erteilte Schutzrechte vorliegen. Dafür spricht bereits der Wortlaut der Ziffer 5 des
5. Nachtrags. Dort wird die Vergütungspflicht der Lizenznehmerin ab 2008 davon abhängig gemacht, dass ein Vertragsschutzrecht besteht. Der Wortlaut verhält sich nicht darüber, dass über den Erteilungsakt hinaus das Vertragsschutzrecht weitere Anforderungen erfüllen muss. Dass ein rechtskräftig erteiltes Schutzrecht Grundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin sein soll, lässt sich der Formulierung nicht entnehmen. Zugleich wird in diesem Absatz konkretisiert, dass Vertragsschutzrechte nur solche sind, in denen Schutzrechte im Sinne von § 1 Abs.4 erteilt worden sind und Schutzrechtsanmeldungen gerade keine Vertragsschutzrechte darstellen. Nach § 1 Abs.4 des Lizenzvertrages sind Vertragsschutzrechte alle nationalen und internationalen Schutzrechte, die aufgrund einer Schutzrechtsanmeldung der Klägerin erteilt werden. Entscheidend ist somit ein erteiltes Schutzrecht je Schutzrechtsgebiet. Hieraus wird deutlich, dass die Abgrenzung, ob ein Vertragsschutzrecht im Sinne des Lizenzvertrages vorliegt, im Verhältnis zur Schutzrechtsanmeldung erfolgen sollte und nicht darüber definiert werden sollte, ob das einzelne Schutzrecht in einem Schutzrechtsgebiet durchsetzbar ist.

Für dieses Verständnis des Lizenzvertrages spricht auch, dass ein nachträglicher Widerruf oder die Nichtigkeit eines Patents die Lizenzzahlungspflicht für die Vergangenheit grundsätzlich unberührt lässt. Dem Lizenznehmer steht in diesem Fall grundsätzlich nur ein Kündigungsrecht für die Zukunft zu (vgl. Ullmann, in Benkard: PatG, 10. Auf., § 15 Rz.192 ff). Grund hierfür ist die tatsächliche Vorzugsstellung aufgrund des erteilten Patents. Auf die tatsächliche Möglichkeit, das lizensierte Schutzrecht wirksam durchsetzen zu können, kommt es nicht an. Vor diesem Hintergrund kann ohne ausdrückliche anderweitige vertragliche Vereinbarung nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien mit der hier in Frage stehenden Regelung von „durchsetzbaren“ Vertragsschutzrechten ausgegangen sind. Denn unter § 7 Ziffer 3 des Lizenzvertrages heißt es am Ende, dass die Lizenzzahlungsverpflichtung erlischt, sobald die Vertragsschutzrechte entfallen. Dem kann nicht entnommen werden, dass die Lizenzzahlungsverpflichtung der Lizenznehmerin entfallen sollte, soweit ein Vertragsschutzrecht rechtlich angreifbar wäre.

Schließlich erbrachte die Lizenznehmerin ihre vertraglich geschuldeten Lizenzzahlungen auch für einen Zeitraum, in welchem das deutsche Patent nicht erteilt gewesen ist und ein Schutz nach § 11 GebrMG bestand, obwohl es sich beim Gebrauchsmuster um ein ungeprüftes Schutzrecht handelt. Daraus lässt sich folgern, dass die Bestandsfähigkeit eines Schutzrechts nicht Grundlage der vertraglich vereinbarten Lizenzzahlungen gewesen sein kann.

b)
Allein der Umstand, dass es sich bei dem deutschen Teil des EP lediglich um eine formale Rechtsposition gehandelt hat, die im Rahmen ein Nichtigkeitsverfahrens keinen Bestand gehabt hätte, führt nicht dazu, dass der Beklagte seinen patentanwaltlichen Pflichten im Hinblick auf den Lizenzvertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte.

2.
Die Klägerin kann gegenüber dem Beklagten ihren Anspruch auf Schadensersatz nicht durchsetzen. Die Einrede der Verjährung steht dem entgegen, § 214 BGB.

a)
Die Verjährung bestimmt sich nach § 195, 199 BGB, da Anknüpfungspunkt für die Frage des Schadenseintritts die Nichtzahlung der jährlichen Aufrechterhaltungsgebühr nach Art.II § 7 IntPatÜbkG, § 17 PatG ist, welche bis spätestens zum 30.06.2005 nach § 7 Abs.1 PatKostG zu zahlen gewesen wäre. Der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Patentanwalt bestehenden Vertragsverhältnis verjährt danach innerhalb von drei Jahren zum Jahresende von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist und Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis über die den Anspruch begründenden Umständen und die Person des Schuldners besteht.

Anknüpfungspunkt für den Schadensersatzanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten ist der Umstand, dass der Beklagte die fällige Jahresgebühr für den deutschen Teil des Europäischen Patents nicht eingezahlt hatte und es zum 01.07.2005 erlosch. Unter Anwendung der obigen Grundsätze zur Abgrenzung eines objektiven Vermögensschadens zu einer Vermögensgefährdung ist vorliegend von einem Eintritt eines Vermögensschadens zum 01.07.2005 auszugehen.

Zu diesem Zeitpunkt verschlechterte sich die Vermögenslage der Klägerin objektiv. Bis zur Nichtigerklärung des Patents verfügt ein Lizenznehmer über eine tatsächliche Nutzungsmöglichkeit der ihm eingeräumten Nutzungsrechte und damit über eine günstige geschäftliche Stellung, die er ohne den Lizenzvertrag nicht gehabt hätte. Dies führt für sich genommen zu einer tatsächlichen Vorzugsstellung des Lizenznehmers (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2005, X ZR 167/03 Rz.20; Ullmann, in Benkard: PatG, 10.Aufl., § 15 Rz.195). Hieraus ergeben sich geschäftliche Vorteile wie einer höheren Kalkulation und der Möglichkeit des Ausbaus einer Monopolstellung. Der Nichtigerklärung steht es gleich, wenn das bestehende Patent erlischt, weil die erforderliche Jahresgebühr zur Aufrechterhaltung des Patents nicht gezahlt wird; die Vorzugsstellung entfällt. Spiegelbildlich gilt dementsprechend, dass eine dahingehende Vorzugsstellung auch für den Lizenzgeber, hier die Klägerin, entfällt.

Ferner ist deshalb von einer Vermögenseinbuße zum 01.07.2005 auszugehen, weil der deutsche Teil des europäischen Patents nicht mehr Grundlage für einen gegenwärtigen und zukünftigen Anspruch auf die Lizenzvergütung aus dem Lizenzvertrag sein konnte. Aufgrund der oben dargestellten Erwägungen kam es bei verständiger Würdigung des Lizenzvertrages darauf an, dass der Klägerin gegenüber der Lizenznehmerin ein formales Schutzrecht für das Schutzgebiet der Bundesrepublik Deutschland zustand. Damit lagen auch die erforderlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz vor.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin nach § 199 Abs.1 Nr.2 BGB die erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Erforderlich, aber ausreichend ist es, dass die Klägerin als Gläubigerin eines Schadensersatzanspruchs alle Einzelheiten der dem Anspruch zugrunde liegenden Umstände überblickt und der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte bietet, dass ein Ersatzanspruch entstehen kann (OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2012, I-24 U 77/11 Rz.35). Nicht erforderlich ist, dass die Klägerin als Gläubigerin des Schadensersatzanspruchs den Vorgang rechtlich zutreffend würdigt (Palandt/Ellenberger, BGB, 70.Aufl., § 199 Rz.27). Die Klägerin kannte die Vertragsstruktur des Lizenzvertrages sowie die Bedeutung eines bestehenden Schutzrechts für ihren Anspruch auf die von der Lizenznehmerin geschuldeten Lizenzzahlungen. Unstreitig wurde ihr seitens des Beklagten mitgeteilt, dass die Aufrechterhaltungsgebühr für den deutschen Teil des europäischen Patents nicht mehr gezahlt werden sollte. Damit waren ihr alle Einzelheiten bekannt, die Grundlage eines Ersatzanspruchs gegenüber dem Beklagten gewesen wären. Dass die Klägerin die Sach- und Rechtslage möglicherweise anders beurteilt hat, steht dem nicht entgegen. Deshalb begann der Lauf der Verjährung nach § 199 Abs.1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2005 zu laufen und endete mit Ablauf des 31.12.2007. Auch in diesem Zeitraum unternahm die Klägerin keine den Lauf der Verjährung unterbrechende Handlungen.

III.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, es habe die Möglichkeit bestanden, die deutsche Patentanmeldung vor Ablauf der Prioritätsfrist und vor Offenlegung der deutschen Patentanmeldung, welche am 10.06.1999 erfolgte, zurückzunehmen. Damit wäre die deutsche Patentanmeldung für den deutschen Teil des europäischen Patents nicht zum Stand der Technik geworden. Hierauf habe sie der Beklagte nicht hingewiesen. Die Kammer vermag nicht zu erkennen, wie der Beklagte zum Zeitpunkt des Ablaufs der Prioritätsfrist am 03.12.1998 die weitere Entwicklung der Schutzrechte vorhersehen hätte können, so dass die von der Klägerin behauptete Pflichtverletzung nicht durchgreift. Die Vermutung, der Mandant wäre bei pflichtgemäßer Beratung des Anwalts dessen Hinweisen gefolgt, sofern es für den Mandanten bei vernünftiger Betrachtungsweise aus damaliger Sicht nur eine Entscheidung nahe gelegen hätte (vgl. BGH, NJW 1993, 1320, 1323), greift vorliegend nicht durch. Zum damaligen Zeitpunkt bestand gerade nicht nur eine Entscheidungsmöglichkeit. Diese hätte darin liegen müssen, die deutsche Patentanmeldung zurückzunehmen. Dem Sachvortrag der Parteien ist allerdings nicht zu entnehmen, dass es bereits zu diesem Zeitpunkt abzusehen gewesen wäre, dass das deutsche Patent – im Gegensatz zum europäischen Patent – aufgrund einer gesicherten Prognose nicht erteilt werden würde. Nach dem Sachvortrag der Parteien teilte das DPMA mit Bescheid vom 10.09.2009 mit, dass eine Patenterteilung nicht in Betracht komme. Inwiefern zehn Jahre zuvor eine sichere Entscheidung möglich gewesen sein soll, die deutsche Patentanmeldung zurückzunehmen, lässt sich dem Sachvortrag der Klägerin nicht nehmen und vermag die Kammer auch nicht zu erkennen.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Streitwert: 301.618,68 EUR