4a O 5/04 – Zugschloss

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 534

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. Januar 2006, Az. 4a O 5/04

I. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungsgeld bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren bis zum 12. Februar 2005 zu unterlassen,

einen Zugschlossmechanismus mit einem festen Lager mit einer nach innen ragenden Lagermanschette, einem Aufsatz, der in dem Lager und koaxial zu der Lagermanschette drehbar gelagert ist, einer Welle, die drehbar und koaxial zur Lagermanschette in dem Lager gelagert ist und von diesem nach innen ragt, einer Bewegungssteuerbuchse, die durch mit der Innenwand der Lagermanschette einstückige Ausbildung innerhalb der Lagermanschette befestigt ist, einem Paar diametral gegenüberliegender, axial bzw. quer verlaufender Bewegungssteuernuten in der Bewegungssteuerbuchse, wobei die axial verlaufenden Bewegungssteuernuten an einem Ende in ein Ende der quer verlaufenden Bewegungssteuernuten an einer Bewegungsübergangsstelle übergehen, und mit einem Querstift, der an der Welle befestigt ist und sich quer in entgegengesetzten Richtungen von dieser erstreckt, wobei die entgegengesetzten Enden des Querstiftes in je eine der Bewegungssteuernuten hineinragen,

anzubieten, zu veräußern, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei dem eine drehbare Mitnehmerhülse vorhanden ist, die koaxial zu der Welle und der Bewegungssteuerbuchse in der Lagermanschette angeordnet ist und diametral gegenüberliegende Mitnehmernuten aufweist, die sowohl axiale als auch in Umfangsrichtung weisende Komponenten haben, wobei der an der Welle befestigte Querstift sich in die Mitnehmernuten erstreckt, und bei dem Aufsatz und Mitnehmerhülse einstückig miteinander verbunden sind, wodurch das Aufbringen einer Drehbewegung auf den Aufsatz die Mitnehmerhülse in eine Drehbewegung versetzt, wobei aufgrund der Drehbewegung des Aufsatzes der Welle über den sowohl in den Mitnehmernuten als auch in den Bewegungssteuernuten geführten Querstift nacheinander Dreh- und Axialbewegungen erteilt werden, und zwar abhängig von der Drehrichtung des Aufsatzes in dieser oder in entgegengesetzter Reihenfolge;

2. Die Beklagten zu 1. bis 3. werden verurteilt, der Klägerin über den Umfang der vorstehend in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen für die Zeit seit dem 21. Dezember 1985 Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe

a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Zugschlösser sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der unter Ziffer 1. beschriebenen Erzeugnisse,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen nebst Produktbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen nebst Produktbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der Art und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) des durch die in Ziffer 1. beschriebenen Handlungen erzielten Gewinns unter Aufschlüsselung der Gestehungskosten sowie sonstiger Kostenfaktoren,

wobei die Angaben zu e) erst ab dem 24. Februar 1991 zu machen sind,

und sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;

3. Die Beklagten zu 1. bis 3 werden verurteilt, die in ihrem mittelbaren und/oder unmittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend in Ziffer 1. beschriebenen Zugschlösser auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden und zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an die Klägerin für die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 21. Dezember 1985 bis zum 23. Februar 1991 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr seit dem 24. Februar 1991 durch die in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

IV. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,- € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patentes 35 04 xxx (Anlage K 1, nachfolgend Klagepatent), das am 12. Februar 1985 angemeldet wurde und dessen Offenlegung am 21. November 1985 erfolgte. Die Erteilung des Klagepatentes wurde am 24. Januar 1991 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft.

Es betrifft einen Zugschlossmechanismus zum Verschließen von Räumen oder Behältnissen. Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Zugschlossmechanismus mit

a) einem festen Lager (30) mit einer nach innen ragenden Lagermanschette (31),
b) einem Aufsatz (10), der in dem Lager (30) und koaxial zu der Lagermanschette (31) drehbar gelagert ist,
c) einer Welle (30), die drehbar und koaxial zur Lagermanschette (31) in dem Lager (30) gelagert ist und von diesem nach innen ragt,
d) einer Bewegungssteuerbuchse (40), die innerhalb der Lagermanschette (31) befestigt ist, einem Paar diametral gegenüberliegender, axial bzw. quer verlaufender Bewegungssteuernuten (41, 42) in der Bewegungssteuerbuchse (40),
e) wobei die axial verlaufenden Bewegungssteuernuten (41) an einem Ende in ein Ende der quer verlaufenden Bewegungssteuernuten (42) an einer Bewegungsübergangsstelle übergehen, und mit
f) einem Querstift (60), der an der Welle (50) befestigt ist und sich quer in entgegengesetzten Richtungen von dieser erstreckt, wobei die entgegengesetzten Enden des Querstiftes (60) in je eine der Bewegungssteuernuten (41, 42) hineinragt,

gekennzeichnet durch,

g) eine drehbare Mitnehmerhülse (20), die koaxial zu der Welle (50) und der Bewegungssteuerbuchse (40) in der Lagermanschette (31) angeordnet ist und diametral gegenüberliegende Mitnehmernuten (25) aufweist, die sowohl axiale als auch in Umfangsrichtung weisende Komponenten haben, wobei
h) der an der Welle (50) befestigte Querstift (60) sich in die Mitnehmernuten (25) erstreckt,
i) eine Einrichtung (16, 21) zum Verbinden des Aufsatzes (10) und der Mitnehmerhülse (20), wodurch das Aufbringen einer Drehbewegung auf den Aufsatz (10) die Mitnehmerhülse (20) in eine Drehbewegung versetzt, wobei
k) aufgrund der Drehbewegung des Aufsatzes (10) der Welle (50) über den sowohl in den Mitnehmernuten (25) als auch in den Bewegungssteuernuten (41, 42) geführten Querstift (60) nacheinander Dreh- und Axialbewegungen erteilt werden, und zwar abhängig von der Drehrichtung des Aufsatzes in dieser oder in entgegengesetzter Reihenfolge.

Wegen der lediglich insbesondere geltend gemachten Ansprüche 2 bis 5, 7, 12 und 14 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen. Nachfolgend abgebildet ist ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel, das der Erläuterung der Erfindung dient. Figur 1 zeigt eine Ansicht von oben auf ein erfindungsgemäßes Schloss mit Zugmechanismus, dargestellt im in eine Schranktür eingebauten und voll eingeklinkten Zustand; Figur 2 zeigt einen Aufriss im Querschnitt entlang der Linie 2-2 in Figur 1.

Die Beklagte zu 1., ein italienisches Unternehmen, deren deutsches Vertriebsunternehmen die Beklagte zu 2. ist, deren geschäftsführender Inhaber wiederum der Beklagte zu 3. ist, vertreibt – zwischen den Parteien unstreitig jedenfalls außerhalb der Bundesrepublik Deutschland – u.a. Zugschlösser, die auch als „1/4 turn fasteners“ bezeichnet werden. Auf der Homepage der Beklagten zu 1. werden, entsprechend der von der Klägerin als Anlage K 8 vorgelegten Ablichtungen, auf Seite 1 „1/4 turn fasteners“ erwähnt. Hierbei handelt es sich um Schlösser, bei denen durch eine Vierteldrehung des Betätigungsgriffes eine Dreh- und Axialbewegung der Welle des Schlosses erfolgt. Auf Seite 2 der Anlage K 8 wird die Beklagte zu 2. als Vertriebsunternehmen der Beklagten zu 1. für Deutschland genannt.

Die Klägerin legte als Anlage K 9 ein angefrästes Muster eines Schlosses des Typs FL 91 BR.85.72.BK vor, welches die Klägerin über ihren deutschen Vertriebspartner, der K-GmbH, von der Beklagten zu 2. anlässlich eines Besuches des Beklagten zu 3. erhalten hat. Der Beklagte zu 3. gab sich dabei als Repräsentant der Beklagten zu 1. aus und suchte nach Vertriebspartnern für Produkte der Klägerin in Deutschland, Österreich und der Schweiz, was zwischen den Parteien streitig ist. Eine Explosionszeichnung von der angegriffenen Ausführungsform, welche die Klägerin als Anlage K 13 vorgelegt hat, ist nachfolgend abgebildet.

Die Beklagten wurden mit den als Anlage K 10 und 11 in Kopie überreichten Abmahnschreiben zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufgefordert. Eine Verletzung des Klagepatentes bestritt die Beklagte zu 2. (Anlage K 12). Die Beklagte zu 2. gab dennoch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, welche von der Klägerin akzeptiert wurde. Die Klägerin nimmt nunmehr die Beklagten insgesamt auf Rechnungslegung, Vernichtung und der Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzverpflichtung in Anspruch, die Beklagte zu 1. zusätzlich auf Unterlassung.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen, jedenfalls jedoch äquivalenten Gebrauch mache.

Sie beantragt,

I. die Beklagte zu 1. zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungsgeld bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren zu unterlassen,

einen Zugschlossmechanismus mit einem festen Lager mit einer nach innen ragenden Lagermanschette, einem Aufsatz, der in dem Lager und koaxial zu der Lagermanschette drehbar gelagert ist, einer Welle, die drehbar und koaxial zur Lagermanschette in dem Lager gelagert ist und von diesem nach innen ragt, einer Bewegungssteuerbuchse, die innerhalb der Lagermanschette befestigt ist, einem Paar diametral gegenüberliegender, axial bzw. quer verlaufender Bewegungssteuernuten in der Bewegungssteuerbuchse, wobei die axial verlaufenden Bewegungssteuernuten an einem Ende in ein Ende der quer verlaufenden Bewegungssteuernuten an einer Bewegungsübergangsstelle übergehen, und mit einem Querstift, der an der Welle befestigt ist und sich quer in entgegengesetzten Richtungen von dieser erstreckt, wobei die entgegengesetzten Enden des Querstiftes in je eine der Bewegungssteuernuten hineinragen,

anzubieten, zu veräußern, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei dem eine drehbare Mitnehmerhülse vorhanden ist die koaxial zu der Welle und der Bewegungssteuerbuchse in der Lagermanschette angeordnet ist und diametral gegenüberliegende Mitnehmernuten aufweist, die sowohl axiale als auch in Umfangsrichtung weisende Komponenten haben, wobei der an der Welle befestigte Querstift sich in die Mitnehmernuten erstreckt, eine Einrichtung zum Verbinden des Aufsatzes und der Mitnehmerhülse, wodurch das Aufbringen einer Drehbewegung auf den Aufsatz die Mitnehmerhülse in eine Drehbewegung versetzt, wobei aufgrund der Drehbewegung des Aufsatzes der Welle über den sowohl in den Mitnehmernuten als auch in den Bewegungssteuernuten geführten Querstift nacheinander Dreh- und Axialbewegungen erteilt werden, und zwar abhängig von der Drehrichtung des Aufsatzes in dieser oder in entgegengesetzter Reihenfolge;

2. die Beklagten insgesamt zu verurteilen, der Klägerin über den Umfang der vorstehend in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen für die Zeit seit dem 21. Dezember 1985 Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe

a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Zugschlösser sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der unter Ziffer 1. beschriebenen Erzeugnisse,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen nebst Produktbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen nebst Produktbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der Art und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) des durch die in Ziffer 1. beschriebenen Handlungen erzielten Gewinns unter Aufschlüsselung der Gestehungskosten sowie sonstiger Kostenfaktoren,

wobei die Angaben zu e) erst ab dem 24. Februar 1991 zu machen sind,

und sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;

3. die in ihrem mittelbaren und/oder unmittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend in Ziffer 1. beschriebenen Zugschlösser auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden und zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

II. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an die Klägerin für die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 21. Dezember 1985 bis zum 23. Februar 1991 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

III. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr seit dem 24. Februar 1991 durch die in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird;

hilfsweise, zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagten beantragen,

1. die Klage abzuweisen,

2. das Urteil gemäß §§ 708 Nr. 1, 710 ZPO ohne, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung auch durch Bankbürgschaft für vorläufig vollstreckbar zu erklären,

3. hilfsweise, von der vorläufigen Vollstreckbarkeit gemäß § 712 Abs. 1 Satz 2 ZPO abzusehen bzw. den Beklagten gemäß § 712 Abs. 1 ZPO zu gestatten, die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft abzuwenden.

Sie stellen eine Patentverletzung in Abrede. Die Beklagte zu 1. sei bereits nicht passivlegitimiert, da sie in Deutschland keine Zugschlösser der angegriffenen Art patentverletzend vertreibe; sie habe keinen Einfluss darauf, welche Schlösser durch ihre Vertriebspartner vertrieben würden.
Im Übrigen mache die angegriffene Ausführungsform auch von der Lehre nach dem Klagepatent keinen Gebrauch. Sie weise keinen Aufsatz auf, da das Klagepatent hierunter ein bestimmtes, abgrenzbares Bauteil des Schlosses verstehe, was bei der angegriffenen Ausführungsform jedoch nicht vorhanden sei, da der Aufsatz und die Mitnehmerhülse einstückig ausgebildet seien. Auch fehle eine Bewegungssteuerbuchse, da die Steuernuten unmittelbar in der Innenwand des Lagers ausgebildet seien. Das Klagepatent hingegen sehe auch hier ein separates Bauteil vor. Weiterhin sei keine Mitnehmerhülse vorhanden, da der Schlüssel zur Betätigung des Schlosses direkt in eine Buchse eingeführt werden würde. Entsprechend fehle es an einer Einrichtung zum Verbinden eines Aufsatzes und der Mitnehmerhülse, da diese bei der angegriffenen Ausführungsform nicht vorhanden bzw. einstückig ausgebildet seien.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen vollumfänglich entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche zu, da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent jedenfalls äquivalenten Gebrauch macht und die Beklagte zu 1. passivlegitimiert ist.

I.
Zugschlösser mit

1. einem festen Lager (30) mit einer nach innen ragenden Lagermanschette (31),

2. einem Aufsatz (10), der in dem Lager (30) und koaxial zu der Lagermanschette (31) drehbar gelagert ist,

3. einer Welle (30), die drehbar und koaxial zur Lagermanschette (31) in dem Lager (30) gelagert ist und von diesem nach innen ragt,

4. einer Bewegungssteuerbuchse (40),

4.1 die innerhalb der Lagermanschette (31) befestigt ist,

4.2 einer Bewegungssteuerbuchse (40) verfügt über ein Paar diametral gegenüberliegender, axial bzw. quer verlaufender Bewegungssteuernuten (41, 42),

4.3 wobei die axial verlaufenden Bewegungssteuernuten (41) an einem Ende in ein Ende der quer verlaufenden Bewegungssteuernuten (42) an einer Bewegungsübergangsstelle übergehen, und mit

5. einem Querstift (60), der an der Welle (50) befestigt ist und

5.1 sich quer in entgegengesetzten Richtungen von dieser erstreckt,

5.2 wobei die entgegengesetzten Enden des Querstiftes (60) in je eine der Bewegungssteuernuten (41, 42) hineinragen,

sind im Stand der Technik aus den – so die Klagepatentschrift – US-Patentschriften 28 60 xxx (Anlage K 3), 33 02 xxx (Anlage K 2) und 34 02 xxx (Anlage K 4) bekannt. Die in diesen Patenten gezeigten Schlösser mit Zugmechanismus können als „Hub- und Dreh“-Schlösser bezeichnet werden. Einer der Nachteile der „Hub- und Dreh“-Schlösser des Typs, der in den US-PS 28 60 xxx und 33 02 xxx gezeigt ist, besteht darin, dass es beim Öffnen des Schlosses möglich ist, den Griff zu drehen, bevor er angehoben wird, und umgekehrt, dass es beim Verschließen möglich ist, den Griff hineinzudrücken, bevor er gedreht wird. Diese Möglichkeiten sind nach der Beschreibung der Klagepatentschrift nachteilig.

Die US-PS 34 02 xxx stellt – so das Klagepatent – eine Verbesserung dar, weil Erweiterungen an den Seiten des Griffes vorgesehen sind. Diese Erweiterungen umschließen den viereckigen Kopf einer Muffe, wodurch ein Drehen des Griffes in der eingeklinkten Stellung verhindert wird. Wenn jedoch ein ausreichendes Drehmoment angewendet wird, ist es möglich, die Erweiterungen von dem Griff abzubrechen, wenn er vor dem Anheben gedreht wird. Wenn sich der Griff in der geöffneten Stellung befindet, sorgen die zusammenwirkenden Oberflächen auf dem Griff und der Muffe für einen Sperrvorgang. Sogar mit diesen Verbesserungen ist es jedoch noch möglich, die Verschlussvorrichtung mit in falscher Lage befindlicher Sperrklinke zu verschließen.

Bei dem aus der US-Patentschrift 33 97 xxx bekannten Schloss führt der Betätigungsknopf die axiale Bewegung der Welle mit aus. Um den festen Zusammenhalt der miteinander zu verschließenden Teile zu gewährleisten, muss außerdem das zweite Teil mit einem speziellen Gegenhalter versehen werden, der an seiner einen Seite Nockenflächen aufweist, um die gewünschte Anzugwirkung zu erzielen. Dabei wird die erforderliche Drehkraft auf die Welle durch die Torsionswirkung einer Feder erzielt. Zum Entriegeln muss der Betätigungsknopf mit der Welle gegen die Torsionskraft der Feder gedreht werden, woraufhin die gleichfalls unter axialem Druck stehende Torsionsfeder Welle und Betätigungsknopf wieder in axialer Richtung nach außen drückt.

Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung das technische Problem (die Aufgabe) zugrunde, einen Zugschlossmechanismus zu schaffen, bei welchem die Welle allein auf Grund der Drehung des Betätigungselementes in einer gewünschten Reihenfolge nacheinander eine Dreh- und eine Axialbewegung ausführt. Hierzu schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 einen weitergehenden Mechanismus mit folgenden Merkmalen vor:

6. eine drehbare Mitnehmerhülse (20),

6.1 die koaxial zu der Welle (50) und der Bewegungssteuerbuchse (40) in der Lagermanschette (31) angeordnet ist

6.2 und diametral gegenüberliegende Mitnehmernuten (25) aufweist, die sowohl axiale als auch in Umfangsrichtung weisende Komponenten haben,

6.3 wobei der an der Welle (50) befestigte Querstift (60) sich in die Mitnehmernuten (25) erstreckt,

7. eine Einrichtung (16, 21) zum Verbinden des Aufsatzes (10) und der Mitnehmerhülse (20), wodurch das Aufbringen einer Drehbewegung auf den Aufsatz (10) die Mitnehmerhülse (20) in eine Drehbewegung versetzt,

8. auf Grund der Drehbewegung des Aufsatzes (10) der Welle (50) über den sowohl in den Mitnehmernuten (25) als auch in den Bewegungssteuernuten (41, 42) geführten Querstift (60) nacheinander Dreh- und Axialbewegungen erteilt werden, und zwar abhängig von der Drehrichtung des Aufsatzes in dieser oder in entgegengesetzter Reihenfolge.

II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre nach dem Klagepatent jedenfalls mit äquivalenten Mitteln Gebrauch.

Zwischen den Parteien im Streit steht die Verwirklichung der Merkmale 2, 4, 6 und 7, während die weiteren Merkmale – zu Recht – außer Streit stehen, so dass sich hierzu Ausführungen erübrigen.

Merkmal 2 sieht einen Zugschlossmechanismus mit einem Aufsatz (10) vor, der in dem Lager (30) und koaxial zur Lagermanschette (31) drehbar gelagert ist. Die Beklagten wenden gegen eine Verwirklichung des Merkmals ein, dass nach der Lehre des Klagepatentes der Aufsatz, auch als Zapfen bezeichnet, eines der wichtigsten Bauteile des Schlosses sei, womit ein bestimmtes, abgrenzbares Bauteil des Schlosses beschrieben werde. In Spalte 3 Zeilen 55 ff. der Klagepatentschrift würden die Ausgestaltung und die Funktion des Aufsatzes im Allgemeinen beschrieben, wobei insbesondere dessen Lagerung und Funktion als Aufnahmeeinheit für das äußere Ende der Welle beschrieben würden.

Als Aufsatz bezeichnet die Klägerin das Element (E) wie in der Explosionszeichnung der angegriffenen Ausführungsform, vorgelegt als Anlage K 13, beschrieben. Danach bilden der Aufsatz (E) und die Mitnehmerhülse (G) eine untrennbare Einheit.

Ob Merkmal 2 bereits wortsinngemäß verwirklicht ist, ist fraglich. Denn es spricht viel dafür, dass das Klagepatent nach dem Wortlaut des Patentanspruches 1 und der Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele unter einem Aufsatz ein separates Bauteil versteht, das in der Lage ist, wenn es durch ein Werkzeug in Drehung versetzt wird, die Mitnehmerhülse ebenfalls in Drehung zu versetzten (vgl. Spalte 3 Zeilen 55 ff. bis Spalte 4 Zeile 7). Merkmal 2 muss dabei im Zusammenhang mit dem Merkmal 7 gesehen werden, wonach der Zugschlossmechanismus mit einer Einrichtung (16, 21) zum Verbinden des Aufsatzes (10) und der Mitnehmerhülse (20) versehen ist, wodurch das Aufbringen einer Drehbewegung auf den Aufsatz und die Mitnehmerhülse (20) in eine Drehbewegung versetzt wird. Nichts anderes wird auch bei der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels beschrieben (vgl. Spalte 3 Zeile 67 bis Umbruch Spalte 4 Zeile 7) wo es heißt:

„Das innere Ende des Aufsatzes 10 ist mit einem Paar Nuten 16 zum Aufnehmen von Klammern 21 als den Aufsatz 10 und die Mitnehmerhülse 20 verbindende versehen, die von der Mitnehmerhülse 20 axial nach außen vorspringen. Auf diese Weise wird, wenn der Aufsatz 10 in Drehung versetzt wird, z.B. durch ein geeignetes in die Ausnehmung 11 eingestecktes Werkzeug, die Mitnehmerhülse 20 ebenfalls in Drehung versetzt.“

Als Einrichtung wird bei dem bevorzugten Ausführungsbeispiel als Einrichtung ein Paar Nuten 16 angesehen.
Die Lehre nach dem Klagepatent geht mithin von einer zweiteiligen Ausgestaltung aus. Dabei ist der Klägerin zwar zuzustimmen, dass der Schutzbereich eines Patentes nicht durch Ausführungsbeispiele beschränkt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 07.09.2004, Az. X ZR 255/01 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung). Anhand des Wortlauts des mit dem Merkmal 2 in technischem Zusammenhang stehenden Merkmal 7 erkennt der Fachmann jedoch, dass nach dem Wortsinn unter den Schutz des Klagepatentes nur solche Ausgestaltungen fallen sollen, die eine zweiteilige Ausgestaltung von Aufsatz und Mitnehmerhülse aufweisen. Ansonsten würde das Merkmal 7, welches eine Einrichtung zum Verbinden des Aufsatzes mit der Mitnehmerhülse vorsieht, leer laufen. Letztlich bedarf die Frag einer wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 2 durch die angegriffene Ausführungsform jedoch keiner abschließenden Beurteilung, weil diese jedenfalls mit äquivalenten Mitteln von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch macht.

Die Beklagten haben nicht in Abrede gestellt, dass die angegriffene Ausführungsform, insbesondere das Element (E), die gleiche Funktion und Wirkung aufweist, wie eine entsprechend dem Wortlaut mit einer Einrichtung versehene, zweiteilige Ausgestaltung. Das Element (E) verfügt über eine Vierkantaufnahme (F), an der ein üblicher Vierkantschlüssel zur Betätigung des Schlosses angesetzt werden kann. Durch die einstückige Verbindung mit der der Mitnehmerhülse (20) entsprechenden Hülse (G) wird eine von dem Vierkantschlüssel ausgehende Drehbewegung über den Aufsatz (E) auf die Hülse (G) übertragen.

Die Klägerin hat auch substantiiert dargetan, was von den Beklagten nicht konkret in Abrede gestellt wurde, dass die gleichwirkenden Mittel – Einstückigkeit des Aufsatzes und der Mitnehmerhülse – für einen Fachmann ohne Weiteres unter Berücksichtigung der in Anspruch 1 des Klagepatentes unter Schutz gestellten Lehre auffindbar gewesen wäre, und er dieses Mittel auch tatsächlich als gleichwirkend in Betracht gezogen hätte.

Nach der Lehre des Klagepatentes ist es für die Funktion des beanspruchten Schlosses u.a. entscheidend, dass der Aufsatz (10) im Sinne vom Merkmal 2 mit der drehbaren Mitnehmerhülse fest verbunden ist, um eine Drehbewegung vom Aufsatz (10) auf die Mitnehmerhülse (20) zu übertragen. Eine konkrete Art der Verbindung gibt der Anspruch 1 dem Fachmann nicht vor. Merkmal 7 spricht lediglich von einer Einrichtung. Eine bevorzugte Ausführungsform sieht Nuten zum Aufnehmen von Klammern vor.

Eine einstückige Verbindung von Aufsatz und drehbarer Mitnehmerhülse ist die einfachste Art eine feste Verbindung zwischen den beiden Vorrichtungsteilen herzustellen. Hierzu wird der Fachmann insbesondere durch die Beschreibung einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung angeleitet, wenn es dort heißt (Spalte 5 Zeilen 39 bis 43 und 57 bis 62):

„Um die Schranktür D aus dem Schrankrahmen F auszuklinken, wird der Aufsatz 10 entgegen dem Uhrzeigersinn in Richtung des Pfeiles in Fig. 6 gedreht. Wenn das getan wird, drehen sich der Aufsatz 10 und die Mitnehmerhülse 20 als eine Einheit.“

„Nachdem der Aufsatz 10 und die Mitnehmerhülse 20 von der in Fig. 6 gezeigten Stellung aus als eine Einheit um 120° gedreht worden sind, hat sich der Querstift 60 axial nach innen zu der in Fig. 7 gezeigten Stellung bewegt und fluchtet nun mit den gegenüberliegenden Bewegungssteuernuten 42.“

Der Fachmann wird durch das Klagepatent daher dazu angeregt, auf ihm bekannte Möglichkeiten zur Herstellung einer festen Verbindung zurückzugreifen.

Die Beklagten wenden gegen eine entsprechende Auffindbarkeit des Austauschmittels ein, dass ein Fachmann auf Grund der Ausführungen der Klagepatentschrift in Spalte 4 Zeilen 54 bis 58, wo es heißt:

„Die relativen Positionen der Bewegungssteuerbuchse 40 und der Mitnehmerhülse 20 könnten umgekehrt sein, d.h. die Bewegungssteuerbuchse 40 könnte radial außerhalb der Mitnehmerhülse 20 anstatt innerhalb derselben angeordnet sein.“

von einem Austausch der gleichwirkenden Mittel abgehalten werden würde. Bei der angeführten Beschreibung handelt es sich jedoch lediglich um die Darstellung einer Ausführungsbeispiels der Erfindung, was dem Fachmann ohne Weiteres bewusst ist. Eine äquivalente Verwirklichung des Merkmals 2 liegt mithin vor.

Auch das Merkmal 4 wird durch die angegriffene Ausführungsform jedenfalls mit äquivalenten Mitteln verwirklicht. Das Merkmal besagt, dass der Zugschlossmechanismus eine Bewegungssteuerbuchse aufweist und konkretisiert die Anordnung der Bewegungssteuerbuchse in den Untermerkmalen 4.1 bis 4.3 gemäß der obigen Merkmalsgliederung.
Die Beklagten wenden sich gegen eine Verwirklichung des Merkmals mit der Begründung, dass eine Bewegungssteuerbuchse nicht vorhanden sei, da die Steuernuten unmittelbar in der Innenwand des Lagers ausgebildet seien. Bereits die Verwendung des Begriffes „Buchse“ bedeute, dass es sich um ein separates Bauteil in Form einer zylindrischen Hülle handle.

Zwischen den Parteien unstreitig wird bei der angegriffenen Ausführungsform die Bewegungssteuerbuchse – mit (C) in der Explosionszeichnung gemäß Anlage K 13 bezeichnet – durch eine Verdickung in der Innenwand der Lagermanschette (B) gebildet; die Bewegungssteuerbuchse ist einstückig mit dem Lager(A) und der Lagermanschette (B) verbunden. Eine solche Ausgestaltung macht von der Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen, jedenfalls aber äquivalenten Gebrauch. Der Wortlaut des Patentanspruches 1 macht keine konkreten Angaben, dass es sich bei der Bewegungssteuerbuchse um ein separates Bauteil handeln muss. Zwar wird in dem Merkmal 4.1 ausgeführt, dass die Bewegungssteuerbuchse innerhalb der Lagermanschette befestigt wird. Der Begriff Befestigung sagt jedoch nichts darüber aus, wenn man den allgemeinen Sprachgebrauch zugrunde legt, dass hierunter nur mehrteilige Ausgestaltungen verstanden werden können. Auch bei technisch-funktionaler Auslegung des Merkmals ist eine mehrteilige Ausgestaltung nicht erforderlich. Die Bewegungssteuerbuchse hat die Aufgabe den in den Bewegungssteuernuten geführten Querstift aufzunehmen und entsprechend der Drehbewegung den Querstift axial oder quer verlaufend zu führen. Anhand der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels in Spalte 4 Zeilen 13 bis 25 erkennt der Fachmann, dass die erfindungsgemäße Bewegungssteuerbuchse (40) sich in Bezug auf das Lager nicht drehen darf. Würde sich die Bewegungssteuerbuchse (40) relativ zum Lager drehen, wäre eine Bewegungssteuerung der Welle über den Bewegungssteuerstift (60), wie in Spalte 4 Zeilen 37 bis 42 beschrieben, nicht möglich. Wie die feste Verbindung geschaffen werden soll, die zu der notwendigen Drehunbeweglichkeit in Bezug auf das Lager führt, wird nicht gesagt. Das Klagepatent spricht zwar in einem bevorzugten Ausführungsbeispiel von einer Verhinderung der Drehbewegung der Bewegungssteuerbuchse durch Klammern (44) (vgl. Spalte 4, Zeilen 21 bis 23). Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um die Beschreibung einer bevorzugten Ausführungsform, welche den Schutzbereich der erfindungsgemäßen Lehre nicht beschränken kann.

Selbst wenn man hingegen die Auffassung vertritt, dass eine wortsinngemäße Verwirklichung des Merkmals 4 bei einer einstückigen Ausgestaltung von Bewegungssteuerbuchse und Lagermanschette nicht vorliegt, so verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das Merkmal jedoch mit äquivalenten Mitteln. Die gleichwirkenden Mittel – Einstückigkeit der Bewegungssteuerbuchse und der Lagermanschette – sind für einen Fachmann ohne Weiteres unter Berücksichtigung der in Anspruch 1 des Klagepatentes unter Schutz gestellten Lehre auffindbar gewesen, und er hätte dieses Mittel auch tatsächlich als gleichwirkend in Betracht gezogen. Die Beklagten haben nicht in Abrede gestellt und es sind auch keine Gründe ersichtlich, die der Feststellung entgegen stehen, dass das Austauschmittel gleichwirkend ist.
Die einstückige Anordnung der Buchse (C) in der Lagermanschette der Verletzungsform wäre für den Fachmann unter Berücksichtigung der Lehre des Klagepatentes ebenfalls auffindbar gewesen, und er hätte diese Lösung auch als gleichwirkend in Betracht gezogen. Für den Fachmann war es ohne Weiteres zu erkennen, dass es nach Merkmal 4.1 sowie dem Inhalt der Beschreibung des Klagepatentes darauf ankommt, dass die Bewegungssteuerbuchse (40) im Sinne von Merkmal 4 in der Lagermanschette fest angeordnet ist. Denn nur bei einer hinreichend festen Anordnung können die in der Bewegungssteuerbuchse eingebrachten Nuten als Bewegungssteuernuten im Sinne von Merkmal 4.2 arbeiten, so dass auf die Welle eine Dreh- und Axialbewegung ausgeübt wird (vgl. Spalte 4 Zeilen 37 bis 42, Spalte 5 Zeilen 24 bis 28 sowie Spalte 6 Zeilen 22 bis 26). Für die Befestigung der Bewegungssteuerbuchse innerhalb der Lagermanschette sind dem Fachmann durch die Formulierung von Anspruch 1 keine konkreten Mittel vorgegeben; er hat daher die Wahlmöglichkeit im Hinblick auf die ihm auf Grund seines allgemeinen Fachwissens zur Verfügung stehenden Verbindungsmittel. Hierzu zählt dann auch die Ausführung der Bewegungssteuerbuchse als integraler Bestandteil der Lagermanschette.

Eine Verwirklichung des Merkmals 4 liegt mithin vor.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch das Merkmal 6 verwirklicht, wonach der Zugschlossmechanismus eine drehbare Mitnehmerhülse (20) aufweisen soll. Gegen eine Verwirklichung haben die Beklagten eingewandt, dass keine Mitnehmerhülse bei der angegriffenen Ausführungsform vorhanden sei, da der Schlüssel zur Betätigung des Schlosses direkt in eine Buchse eingeführt werde, die sich über die Länge der gesamten Einheit erstrecke, in der die Bewegung der Welle erzeugt werde.

Als Mitnehmerhülse bezeichnet die Klägerin in der Explosionszeichnung gemäß Anlage K 13 das Bauteil (G). Diese Hülse entspricht in ihrer Funktion der Mitnehmerhülse (20) im Sinne des Merkmals 6. Sie wird über den mit ihr einstückig verbundenen Aufsatz (E) gedreht und weist auch die in den Merkmalen 6.1 bis 6.3 beschriebene Anordnung auf, d.h. sie ist koaxial zu der Welle (50) und der Bewegungsbuchse (40) in der Lagermanschette (31) angeordnet. Sie weist diametral gegenüberliegende Mitnehmernuten (25) auf, die sowohl axiale als auch in Umfangsrichtung weisende Komponenten haben, wobei der an der Welle (50) befestigte Querstift (60) sich in die Mitnehmernuten (25) erstreckt.

Die Ausführungen der Beklagten zu einer fehlenden Verwirklichung des Merkmals 6 greifen nicht durch. Denn bei der Verletzungsform wird der Vierkantschlüssel zur Betätigung des Schlosses nicht in eine Buchse eingeführt, sondern gelangt mit der Vierkantaufnahme (F) des Aufsatzes (E) in Eingriff.

Auch das zwischen den Parteien streitige Merkmal 7, wonach der Zugschlossmechanismus eine Einrichtung zum Verbinden des Aufsatzes und der Mitnehmerhülse aufweisen soll, ist mit äquivalenten Mitteln verwirklicht. Die angegriffene Ausführungsform weist zwar lediglich eine einstückige Ausbildung von Aufsatz und Mitnehmerhülse auf, so dass entsprechend der Ausführungen einer wortsinngemäße Verletzung ausscheidet. Die einstückige Ausbildung stellt jedoch eine äquivalente Verwirklichung des Merkmals 7 dar, da das Austauschmittel gleichwirkend und für einen Fachmann auch auffindbar war. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Verwirklichung des Merkmals 2 verwiesen werden.

III.
Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

Da die Beklagte zu 1. die Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin rechtswidrig verletzt hat, ist sie gemäß § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet. Die Beklagten zu 2. und 3. haben insoweit eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, welche von der Klägerin angenommen wurde.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Beklagte zu 1. passivlegitimiert. Als Störer haftet jeder, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt (vgl. Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Aufl. § 143 Rdnr. 27 m. N. aus der Rechtsprechung). Ausweislich der von der Klägerin als Anlage K 8 überreichten Auszüge aus dem Internet bietet die Beklagte zu 1. unter ihrer über die Adresse xyz auch von Deutschland aus aufrufbaren Homepage u.a. das beanstandete Schloss im Internet an, wobei die angesprochenen Verkehrsteilnehmer schon aus dem in ihrer Domain enthaltenen Bestandteil „worldwide“ schließen können, dass sich das Angebot der Beklagten zu 1. nicht auf den italienischen Markt beschränkt. Dafür, dass sich das Angebot der Beklagten zu 1. auch an deutsche Interessenten richtet, spricht der Hinweis der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. als ihre Vertriebshändlerin in Deutschland. Aus der Sicht eines objektiven Dritten kann dies nur so verstanden werden, dass die Beklagte zu 1. ihre Produkte und damit die angegriffene Ausführungsform auch in Deutschland ansässigen Interessenten anbietet. Diese werden sich auf Grund der Internetwerbung der Beklagten zu 1. entweder an die Beklagten zu 1. selbst oder an die von ihr angegebene Beklagte zu 2. wenden (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 3, 54, 56 – Sportschuhsohle). Im Übrigen ergibt sich aus dem als Anlage K 8 überreichten Auszug aus der Homepage der Beklagten zu 1., dass diese ihre Produkte über Vertriebspartner u.a. in Deutschland vermarktet. Dass die Homepage der Beklagten zu 1. in englischer Sprache abgefasst ist, schadet hierbei nicht, denn der Handel verkehrt regelmäßig in englischer Sprache.

Die Beklagten trifft ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätten sie die Benutzung des Klagepatentes durch die angegriffenen Ausführungsformen erkennen und vermeiden können. Die Beklagte zu 1. hat das in Rede stehende Schloss im Internet auch mit Bezug auf in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Interessenten angeboten, jedenfalls aber an solchen Angebotshandlungen mitgewirkt. Aus diesem Grunde war sie als Gewerbetreibende verpflichtet sich über entgegenstehende Schutzrechte zu informieren, wenn sie Angebotshandlung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vornimmt bzw. an diesem teilnimmt. Dass die Beklagten zu 2) und 3) das beanstandete Schloss in Deutschland vertrieben haben, ist unstreitig. Insbesondere hat der Beklagte zu 2) das als Anlage K 9 vorgelegte Musterschloss auf einer Musterplatte der Firma K übergeben. Darin liegt ein Anbieten, selbst wenn – wie die Beklagten vortragen- sich die Verhandlungen zwischen der Beklagten zu 2) und der Firma K nicht auf dieses Schloss bezogen haben. Die Beklagten haften der Klägerin deshalb auf Schadenersatz (§ 139 Abs. 2 PatG, § 840 BGB). Die genaue Schadenhöhe steht derzeit noch nicht fest, weil die Klägerin ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Verletzungshandlungen ist. Es besteht deswegen ein rechtliches Interesse der Klägerin daran, die Schadensersatzhaftung der Beklagten zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen (§ 256 ZPO). Das Gleiche gilt bezüglich der sich aus § 33 Abs. 1 PatG ergebenden Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung.

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§ 140 b PatG, §§ 242, 259 BGB).

Gemäß § 140 a PatG sind die Beklagten weiterhin zur Vernichtung der patentverletzenden Gegenstände verpflichtet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 709, 108 ZPO. Vollstreckungsschutz nach § 712 Abs. 1 Satz 2 ZPO war den Beklagten mangels Darlegung und Glaubhaftmachung der entsprechenden Tatsachen nicht einzuräumen.

Streitwert: 100.000,- €