4b O 407/04 – Extrusionsanlage

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 423

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Februar 2005, Az. 4b O 407/04

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 22.10.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

III. Das Urteil ist für die Antragsgegnerinnen vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 12.000,– EUR abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Der Streitwert wird auf 250.000,00 EUR festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Antragstellerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 879 xxx, das eine österreichische Priorität vom 30.01.1996 in Anspruch nimmt und dessen Erteilung am 24.10.2001 bekanntgemacht worden ist. Das Verfügungspatent, zu dessen Benennungsstaaten die Bundesrepublik Deutschland gehört, betrifft eine Extrusionsanlage mit Formgebungseinrichtung. Die im vorliegenden Verfahren interessierenden Patentansprüche 1 und 2 haben folgenden Wortlaut:

1. Extrusionsanlage (1) mit einer Formgebungseinrichtung (3), die zumindest eine einem Extrusionswerkzeug (8) in Extrusionsrichtung (7) nachgeordnete Kalibriervorrichtung (9) aus mehreren in Extrusionsrichtung (7) hintereinander angeordneten Kalibrierwerkzeugen (24, 31, 32, 33) mit Formflächen (71 bis 78) zum Anlegen eines hindurchzuführenden Gegenstandes (6) aufweist, wobei die Kalibriervorrichtung (9) und/oder die Kalibrierwerkzeuge (24, 31, 32, 33) mit Kühlkanälen zum Durchfluss eines Temperiermittels versehen sind, und wobei benachbarte Kalibrierwerkzeuge (24, 31, 32, 33) zwischen ihren einander zugewandten Stirnflächen (26, 87, 88) Vakuum-Schlitze begrenzen,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,

dass in einem zwischen dem Extrusionswerkzeug (8) und dem in Extrusionsrichtung (7) unmittelbar nachfolgenden ersten Kalibrierwerkzeug (24) ausgebildeten Vakuum-Schlitz und/oder in mindestens dem Vakuum-Schlitz zwischen dem ersten Kalibrierwerkzeug (24) und mindestens einem weiteren Kalibrierwerkzeug (31, 32, 33) zur Ausbildung eines den hindurchzuführenden Gegenstand (6) im Bereich seiner äußeren Oberflächen (48) aufnehmenden Hohlraums (38 bis 41) als Distanzelement (28, 30, 36, 37) eine die Stirnkanten der Formflächen (71 bis 78) gegenüber dem Umgebungsdruck abschließende, räumlich verformbare Dichtungsvorrichtung angeordnet ist.

2. Extrusionsanlage nach Anspruch 1,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,

dass zumindest einer der den hindurchfließenden Gegenstand (6) umschließende Hohlräume (38 bis 41) auf einen gegenüber dem Umgebungsdruck abgesenkten Unterdruck evakuiert ist.

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 bis 3 der Verfügungspatentschrift) zeigen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung.

Die Antragsgegnerinnen vertreiben Kalibriervorrichtungen für Extrusionsanlagen, die nach Auffassung der Antragstellerin wortsinngemäß mindestens mittelbar das Verfügungspatent verletzen. Zur Begründung ihres Verletzungsvorwurfs stützt sich die Antragsgegnerin zunächst auf den als Anlage Ast 8 überreichten Internetauftritt der Antragsgegnerin zu 2). Ferner verweist sie auf die Messepräsenz der Antragsgegnerinnen bei der Kunststoffmesse, bei der die aus der nachfolgenden Abbildung (Anlage Ast 15) ersichtlichen Kalibrierwerkzeuge ausgestellt worden sind.

Während der Messe ist von den Antragsgegnerinnen ein Werbevideo verteilt worden, dem die – nachstehend ebenfalls eingeblendeten – Abbildungen gemäß den Anlagen Ast 16 und Ast 17 entnommen sind.

Schließlich hat sich die Antragstellerin im Verhandlungstermin vom 3.02.2005 darauf berufen, dass die Antragsgegnerin zu 2) an eine Firma Aluplast in Ettlingen bzw. Münster die aus den nachfolgenden Lichtbildern ersichtlichen Kalibriervorrichtungen geliefert habe.

Die aus einem Teil der Fotografien ersichtlichen Dichtungen zwischen den einzelnen Kalibrierwerkzeugen seien in der aus der nachstehenden Prinzipskizze ersichtlichen Weise montiert.

Die Antragstellerin beantragt,

den Antragsgegnerinnen unter Androhung der gesetzlichen (näher bezeichneten) Ordnungsmittel zu untersagen,

1. Extrusionsanlagen mit einer Formgebungseinrichtung, die zumindest eine Kalibriervorrichtung aufweist, wobei die Kalibriervorrichtung einem Extrusionswerkzeug in Extrusionsrichtung nachgeordnet ist und aus mehreren Kalibrierwerkzeugen besteht, die in Extrusionsrichtung hintereinander angeordnet sind, und wobei die Kalibriervorrichtungen Formflächen zum Anlegen eines hindurchzuführenden Gegenstandes aufweisen, und wobei die Kalibriervorrichtung und/oder die Kalibrierwerkzeuge mit Kühlkanälen zum Durchfluss eines Temperaturmittels versehen sind, und wobei benachbarte Kalibrierwerkzeuge zwischen ihren einander zugewandten Stirnflächen Vakuum-Schlitze begrenzen,

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen in einem zwischen dem Extrusionswerkzeug und dem in Extrusionsrichtung unmittelbar nachfolgenden ersten Kalibrierwerkzeug ausgebildeten Vakuum-Schlitz und/oder in mindestens dem Vakuum-Schlitz zwischen dem ersten Kalibrierwerkzeug und mindestens einem weiteren Kalibrierwerkzeug zur Ausbildung eines den hindurchzuführenden Gegenstand im Bereich seiner äußeren Oberflächen aufnehmenden Hohlraumes als Distanzelement eine die Stirnkanten der Formflächen gegenüber dem Umgebungsdruck abschließende Dichtungsvorrichtung angeordnet ist und die Dichtungsvorrichtung räumlich verformbar ist;

2. hilfsweise, Formgebungseinrichtungen, die zumindest eine Kalibriervorrichtung aufweisen, wobei die Kalibriervorrichtung einem Extrusionswerkzeug in Extrusionsrichtung nachgeordnet ist und aus mehreren Kalibrierwerkzeugen besteht, die in Extrusionsrichtung hintereinander angeordnet sind, und wobei die Kalibriervorrichtung Formflächen zum Anlegen eines hindurchzuführenden Gegenstandes aufweist, und wobei die Kalibriervorrichtung und/oder die Kalibrierwerkzeuge mit Kühlkanälen zum Durchfluß eines Temperaturmittels versehen sind, und wobei benachbarte Kalibrierwerkzeuge zwischen ihren einander zugewandten Stirnflächen Vakuum-Schlitze begrenzen,

für Extrusionsanlagen anzubieten und/oder zu liefern,

bei denen in einem zwischen dem Extrusionswerkzeug und dem in Extrusionsrichtung unmittelbar nachfolgenden ersten Kalibrierwerkzeug ausgebildeten Vakuum-Schlitz und/oder in mindestens dem Vakuum-Schlitz zwischen dem ersten Kalibrierwerkzeug und mindestens einem weiteren Kalibrierwerkzeug zur Ausbildung eines den hindurchzuführenden Gegenstand im Bereich seiner äußeren Oberflächen aufnehmenden Hohlraumes als Distanzelement eine die Stirnkanten der Formflächen gegenüber dem Umgebungsdruck abschließende Dichtungsvorrichtung angeordnet ist und die Dichtungsvorrichtung räumlich verformbar ist.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück-
zuweisen.

Sie bestreiten, das Verfügungspatent – unmittelbar oder mittelbar – benutzt zu haben. Abgesehen davon, dass bei den angegriffenen Vorrichtungen zwischen den Stirnflächen benachbarter Kalibrierwerkzeuge keine Vakuum-Schlitze vorhanden seien und nirgends eine vollständige Extrusionsanlage gezeigt sei, gebe es keine räumlich verformbare Dichtung, die als Distanzelement wirke. Erst recht lieferten die von der Antragstellerin in Bezug genommenen Abbildungen keinen Beleg dafür, dass Dichtungen dort vorhanden seien, wo sie der kennzeichnende Teil von Patentanspruch 1 des Verfügungspatents fordere, nämlich zwischen der Extrusionsvorrichtung und dem ersten Kalibrierwerkzeug bzw. zwischen den ersten beiden Kalibrierwerkzeugen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bleibt ohne Erfolg. Das Vorbringen der Antragstellerin lässt nicht die tatrichterliche Feststellung zu, dass die Antragsgegnerinnen in der Bundesrepublik Deutschland Extrusionsanlagen bzw. Kalibriervorrichtungen angeboten haben, die von sämtlichen Merkmalen des Verfügungspatents Gebrauch machen, oder dass zumindest die ernsthafte Gefahr einer erstmaligen Begehungshandlung besteht.

I.

Das Verfügungspatent betrifft eine Extrusionsanlage, die zur Herstellung von stranggepressten Hohlprofilen aus thermoplastischem Kunststoff verwendet wird.

Wie die Verfügungspatentschrift einleitend erläutert, ist eine derartige Anlage bereits aus der deutschen Offenlegungsschrift 22 39 746 bekannt, deren Figur 1 nachstehend eingeblendet ist.

Wie die Darstellung verdeutlicht, ist – in Extrusionsrichtung (d.h. von rechts nach links) betrachtet – hinter dem Extrusionswerkzeug bzw. Spritzkopf (2) der Kunststoffstrangpresse eine Vakuum-Kalibriereinrichtung (3) mit einer darin integrierten Kühlung angeordnet. Im Anschluss an die Vakuum-Kalibriervorrichtung (3) befindet sich ein Unterdruckkalibriertank (5), der von einem Kühlmittel (4) durchflossen wird. Die Vakuum-Kalibriereinrichtung (3) ist so ausgelegt, dass in ihr lediglich die Außenhaut und gegebenenfalls vorhandene äußere Profilpartien sowie Feinkonturen des zu kalibrierenden Kunststoffhohlprofils in ihrer endgültigen Form ausgebildet werden. Die noch im Profil enthaltene Restwärme wird anschließend durch das Kühlmittel (4) im Unterdruck-Kalibriertank (5) abgeführt. In der Vakuum-Kalibriereinrichtung (3) sind einzelne Kalibrierblenden (7) im Abstand hintereinander angeordnet und in einem gemeinsamen Unterdruckgehäuse (9) plaziert, in welches ein zentraler Vakuum-Anschluss (8) einmündet. Auf diese Weise bilden sich zwischen den einzelnen Kalibrierblenden (7) Hohlräume in Form von Vakuum-Schlitzen aus.

Die Verfügungspatentschrift bemängelt an dieser Konstruktion, dass nicht in allen Anwendungsfällen eine einwandfreie Oberflächenqualität des extrudierten Gegenstandes und eine hohe Standzeit der Vorrichtung erzielt werden könne.

Als weiteren Stand der Technik wendet sich die Verfügungspatentschrift deshalb der aus der deutschen Offenlegungsschrift 22 10 657 vorbekannten Formgebungseinrichtung zu. Wie die nachfolgend eingeblendete Zeichnung erkennen lässt,

ist im Anschluss an ein Extrusionswerkzeug (1) eine – in Extrusionsrichtung (10) – nachgeordnete Kalibriervorrichtung (3) vorgesehen. Die Kalibriervorrichtung (3) besteht dabei aus einem einzigen Kalibrierwerkzeug, das kühlbar ausgestaltet sein kann. Die Kalibriervorrichtung (3) weist Formflächen zum Anlegen eines hindurchzuführenden Gegenstandes (Kunststoffhohlprofils) auf. Zwischen dem Extrusionswerkzeug (1) und der Kalibriervorrichtung (3) ist eine Unterdruckkammer (7) vorgesehen, deren Inneres über einen Stutzen (8) mit einer Unterdruckeinheit in Verbindung steht.

Auch insoweit bemängelt die Verfügungspatentschrift die unzureichende Oberflächenqualität der hergestellten Extrudate sowie die Standzeit der Formgebungseinrichtung.

Aufgabe der Erfindung soll es deswegen sein, auch bei hohen Durchsatzleistungen eine einwandfreie und gleichbleibende Oberflächenqualität der extrudierten Profile zu erreichen, ohne dass eine Erhöhung des maschinentechnischen Aufwandes notwendig ist.

Zur Lösung dieses technischen Problems sieht Patentanspruch 1 des Verfügungspatents die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Extrusionsanlage (1) mit

(a) einem Extrusionswerkzeug (8) und

(b) einer Formgebungseinrichtung (3).

(2) Die Formgebungseinrichtung (3) weist zumindest eine Kalibriervorrichtung (9) auf.

(3) Die Kalibriervorrichtung (9)

(a) ist dem Extrusionswerkzeug (8) in Extrusionsrichtung (7) nachgeordnet und

(b) besteht aus mehreren Kalibrierwerkzeugen (24).

(4) Die Kalibrierwerkzeuge (24) sind in Extrusionsrichtung (7) hintereinander angeordnet.

(5) Die Kalibriervorrichtungen (9) weisen Formflächen (71 bis 78) zum Anlegen eines hindurchzuführenden Gegenstandes (6) auf.

(6) Die Kalibriervorrichtung (9) und/oder die Kalibrierwerkzeuge (24) sind mit Kühlkanälen (49) zum Durchfluss eines Temperaturmittels (50) versehen.

(7) Benachbarte Kalibrierwerkzeuge (24, 31, 32, 33) begrenzen zwischen ihren einander zugewandten Stirnflächen (26, 87, 88) Vakuum-Schlitze (110).

(8) Zur Ausbildung eines Hohlraums (38 bis 41) ist als Distanzelement (28, 30, 36, 37) eine Dichtungsvorrichtung angeordnet.

(9) Die Dichtungsvorrichtung

(a) befindet sich

 in einem Vakuum-Schlitz, der zwischen dem Extrusionswerkzeug (8) und dem in Extrusionsrichtung (7) unmittelbar nachfolgenden ersten Kalibrierwerkzeug (24) ausgebildet ist,

und/oder

 in mindestens dem Vakkum-Schlitz zwischen dem ersten Kalibrierwerkzeug (24) und mindestens einem weiteren Kalibrierwerkzeug (31, 32, 33),

(b) schließt die Stirnkanten der Formflächen (71 bis 78) gegenüber dem Umgebungsdruck ab und

( c) ist räumlich verformbar.

(10) Der Hohlraum (38 bis 41) nimmt den hindurchzuführenden Gegenstand (6) im Bereich seiner äußeren Oberfläche (48) auf.

Zu den Vorteilen einer derartigen Anordnung führt die Verfügungspatentschrift aus, dass sich eine höhere Maßgenauigkeit bei dem zu extrudierenden Profil einstelle, weil das Extrudat nach dem Austritt aus der Düsenlippe des Extrusionswerkzeuges nicht mehr den Umgebungsbedingungen ausgesetzt sei. Durch den unmittelbaren Übertritt von der Extrusionsvorrichtung in die Kalibrierwerkzeuge werde auch ein Einsinken der äußeren Mantelflächen durch innerhalb des Profils angeordnete Stege vermieden, weil der äußere Luftdruck an der Außenoberfläche nicht direkt wirksam werden könne. Gleichzeitig werde die Standzeit zwischen den einzelnen Reinigungsvorgängen erheblich erhöht, weil Verschmutzungen im Eintrittsbereich der Kalibrierwerkzeuge durch die Entfernung überschüssigen Gleitmittels verhindert und Verschmutzungen in den Formflächen der einzelnen Kalibrierwerkzeuge vermieden würden. Schließlich sei eine universelle Anpassung der als Vakuum-Schlitze dienenden Hohlräume in einfacher Weise durch manuelle Verstellung einzelner Kalibrierwerkzeuge möglich. Da die Dichtungen räumlich verformbar seien, könne auch auf Distanzänderungen reagiert werden, die sich durch temperaturbedingte Wärmedehnungen des Materials der Kalibrierwerkzeuge einstellen könnten.

II.

Der Sachvortrag der Antragstellerin erlaubt nicht die Feststellung, dass die Antragsgegnerinnen in der Bundesrepublik Deutschland eine patentverletzende Vorrichtung angeboten oder vertrieben haben oder zumindest eine diesbezügliche Erstbegehungsgefahr besteht.

1.
Sowohl der Internetauszug der Antragsgegnerin zu 2) (Anlage Ast 8) als auch das auf der Fachmesse angefertigte Lichtbild (Anlage Ast 15) zeigen mehrere hintereinander angeordnete Kalibrierwerkzeuge, die zwischen sich keine Dichtung aufweisen. Mit Blick auf den beworbenen bzw. anlässlich der Messe präsentierten Gegenstand fehlt es deswegen an den kennzeichnenden Merkmalen (8) bis (10).

Dafür, dass der Betrachter die fehlende Dichtung gedanklich ergänzt und die Vorrichtung auf diese Weise zu einem Erzeugnis mit sämtlichen Merkmalen von Patentanspruch 1 des Verfügungspatents vervollständigt, fehlen stichhaltige Anhaltspunkte. Angebotsunterlagen, wie sie vorliegend in Rede stehen, dürfen nicht ohne weiteres im Hinblick auf ein bestimmtes Patent interpretiert werden (LG Düsseldorf, InstGE 1, 296 – Mehrlagendichtung). Es bedürfte deshalb konkreter Tatsachen dafür, dass und warum der fachkundige, aber unbefangene Betrachter zu der Auffassung gelangen sollte, ihm werde eine Formgebungseinrichtung angeboten, die – obwohl bei dem präsentierten Gegenstand nicht vorhanden – zwischen den einzelnen Kalibrierwerkzeugen eine räumlich verformbare Dichtung als Distanzelement besitzt. Solche Überlegungen mögen in Betracht kommen, wenn sich das Verfügungspatent in dem betreffenden Fachgebiet als der maßgebliche Stand der Technik durchgesetzt haben sollte. Schon hierfür fehlt jeglicher Sachvortrag. Ebensowenig ist ersichtlich, dass in unmittelbarer Nähe der Kalibrierwerkzeuge Dichtungselemente ausgestellt worden sind, und zwar in einer solchen Art und Weise, dass der Betrachter zu der Auffassung gelangen konnte, bei ihnen handele es sich um Vorrichtungsteile, die bei geschlossenem Kalibrierwerkzeug zwischen den einander zugewandten Stirnflächen benachbarter Geräte anzuordnen sind. Es ist schließlich auch nichts dafür ersichtlich, dass beispielsweise die Halterung für das eine Ende der Dichtung so ausgebildet und für den Betrachter unmittelbar erkennbar gewesen ist, dass aufgrund dessen Veranlassung zu der Annahme bestanden hat, zwischen den benachbarten Kalibrierwerkzeugen seien jeweils umlaufende Dichtungen vorgesehen.

2.
Soweit sich die Antragstellerin für ihren Verletzungsvorwurf auf das während der Kunststoffmesse verteilte Werbevideo bezieht, hat die Antragstellerin – ohne das Video als solches vorzulegen oder im Verhandlungstermin insoweit vorzuführen – lediglich zwei Standfotos als Anlagen Ast 16 und Ast 17 überreicht. Es ist bereits unklar, für welche Dauer die aus den Lichtbildern erkennbaren Szenen für den Betrachter überhaupt wahrnehmbar sind. Mit Rücksicht darauf stellt es bereits eine Spekulation zum Nachteil der Antragsgegnerinnen dar, anzunehmen, die betreffenden Szenen seien für eine solche Dauer im Bild, dass der unbefangene Betrachter aus ihnen brauchbare Erkenntnisse über die konstruktive Ausgestaltung der gezeigten Vorrichtung hätte gewinnen können.

Selbst wenn dieses Bedenken jedoch zurückgestellt wird, lässt das Werbevideo auch aus anderen Gründen keine Vorrichtung erkennen, die sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 des Verfügungspatents aufweist. Das Verfügungsschutzrecht verlangt in seinem Merkmal (9a), dass eine räumlich verformbare Dichtung am Beginn der Formgebungseinrichtung vorgesehen wird, nämlich entweder zwischen der Extrusionsvorrichtung und dem ersten Kalibrierwerkzeug oder zwischen dem ersten und mindestens einem weiteren Kalibrierwerkzeug. Weder aus dem Standfoto gemäß Anlage Ast 16 noch aus demjenigen gemäß Anlage Ast 17 ist ein Extrusionswerkzeug ersichtlich. Die auf den Lichtbildern erkennbaren Dichtungen zwischen benachbarten Kalibrierwerkzeugen können deshalb rechtlich nur dann relevant sein, wenn es sich bei dem aus Anlage Ast 17 im Vordergrund rechts bzw. bei dem aus Anlage Ast 16 als erstes bzw. viertes Kalibrierwerkzeug erkennbaren Vorrichtungsteil um das in Extrusionsrichtung gesehen erste Kalibrierwerkzeug handeln würde. Eine dahingehende Feststellung lässt sich indessen nicht mit der gebotenen Sicherheit treffen. Weder auf dem Foto gemäß Anlage Ast 16 noch auf dem Lichtbild gemäß Anlage Ast 17 ist ein Extrusionswerkzeug zu erkennen, welches eine zuverlässige Aussage darüber zuließe, dass das – in Extrusionsrichtung – nachfolgende Kalibrierwerkzeug das „erste„ im Sinne der Erfindung ist. Mit Blick auf Anlage Ast 17 erscheint es sogar bereits aus Platzgründen ausgeschlossen, dass sich rechts des im Vordergrund ersichtlichen Kalibrierwerkzeuges ein Extrusionskopf anschließen könnte. Was das Lichtbild gemäß Anlage Ast 16 betrifft, so ist ebenfalls nicht mit der gebotenen Zuverlässigkeit zu beurteilen, ob die gesamte Kalibriervorrichtung lediglich aus den dort gezeigten vier Einzelwerkzeugen besteht. Zumindest denkbar wäre es, dass lediglich vier der insgesamt fünf oder mehr Kalibrierwerkzeuge auf dem Boden abgestellt sind, um – wie aus dem Foto ersichtlich – irgendwelche Montagearbeiten vorzunehmen. Es beruht deshalb letztlich auf Spekulation, wenn die Antragstellerin geltend macht, das vordere (bzw. hintere) Kalibrierwerkzeug sei das erste im Anschluß an den Spritzkopf.

3.
Aus genau denselben Gründen scheitert der Verletzungsvorwurf, soweit die Antragstellerin sich auf angebliche Lieferungen der Antragsgegnerin zu 2) an die Firma Aluplast bezieht und hierzu auf ein Lichtbild verweist, welches – auf einem Holztisch oder dergleichen – mehrere nicht vollständig angeschlossene Kalibrierwerkzeuge zeigt.

4.
Eine andere Betrachtung hat zwar für das zweite, zu dem Liefervorgang „Aluplast„ präsentierte Lichtbild zu gelten, welches neben zwei Kalibrierwerkzeugen außerdem den rechts davon befindlichen Spritzkopf wiedergibt. Letztlich verbietet sich aber auch insoweit die Annahme einer Patentverletzung, weil sich nicht feststellen lässt, dass die einander zugewandten Stirnflächen der beiden benachbarten Kalibrierwerkzeuge zwischen sich „Vakuum-Schlitze„ begrenzen. Wie sich aus dem Unteranspruch 2 ergibt, fordert das Verfügungspatent mit dem Merkmal (7) zwar nicht, dass der Bereich zwischen den benachbarten Kalibrierwerkzeugen selbst an eine Unterdruckleitung angeschlossen ist und damit unmittelbar evakuiert wird. Es genügt deshalb – ist andererseits aber auch erforderlich -, dass sich im Übergangsbereich zwischen zwei benachbarten Kalibrierwerkzeugen ein Vakuum aufgrund des in den beteiligten Kalibrierwerkzeugen selbst herrschenden Unterdrucks einstellt. Ob solches der Fall ist, hängt beispielsweise von der Größe und Positionierung der im Inneren der Kalibrierwerkzeuge angeordneten Vakuumkanäle sowie davon ab, mit welchem Unterdruck in den Kalibrierwerkzeugen gearbeitet wird. Die Antragsgegnerinnen haben im Verhandlungstermin vom 3.02.2005 – ausgehend von der vorstehend erläuterten, seitens der Antragsgegnerinnen hilfsweise eingeräumten Patentauslegung – ausdrücklich bestritten, dass zwischen den benachbarten Kalibrierwerkzeugen Vakkum-Schlitze vorhanden seien. Diesen Sachvortrag hat die Antragstellerin nicht widerlegt. Weder ist etwas über die Größe des Unterdrucks in den Kalibrierwerkzeugen noch dazu bekannt, wie die Vakuumkanäle im Inneren der Kalibrierwerkzeuge beschaffen sind. Insoweit hilft auch die Darstellung gemäß Anlage Ast 15 nicht weiter, weil nicht ersichtlich ist, dass dem Liefervorgang „Aluplast„ exakt dieselbe Vorrichtung zugrunde gelegen hat, wie sie auf der „K 2004„ präsentiert worden ist. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr der Umstand, dass die gelieferte Vorrichtung über andere Anschlüsse verfügt als die aus Anlage Ast 15 ersichtliche.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.