4a O 122/05 – Kabelschlosshalterung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 483

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 9. Februar 2006, Az. 4a O 122/05

Rechtsmittelinstanz: 2 U 27/06

I. Die Beklagte zu 1. wird wegen der nachfolgend unter a) bezeichneten Tathandlungen,

die Beklagte zu 2. wird wegen der nachfolgend unter b) bezeichneten Tathandlungen und

der Beklagte zu 3. wird wegen der nachfolgend unter a) und b) bezeichneten Tathandlungen

verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Eur, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

Kombinationen einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss, wobei an dem einen Ende eines Schließkabels des Kabelschlosses ein in einem Schließwerksgehäuse untergebrachtes Schließwerk angeordnet ist und am anderen Ende des Schließkabels ein mit dem Schließwerk kuppelbares Riegelstück angebracht ist und wobei Schließwerk und Riegelstück im gekuppelten Zustand an der Halterung im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind,

im Geltungsbereich des deutschen Teils DE 589 07 xxx des europäischen Patentes EP 0 361 xxx

a) anzubieten oder in Verkehr zu bringen

und/oder

b) zu Zwecken des Anbietens oder Inverkehrbringens durch die Beklagte zu 1. entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen an der Halterung eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche des Schließwerksgehäuses und eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses begrenzende Anschlagfläche vorgesehen sind, bei denen das Riegelstück in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk einkuppelbar ist und bei denen das Schließwerksgehäuse in der Linearführung durch Reibschluss oder durch Anlage des Riegelstücks in einer weiteren Anschlagfläche der Halterung und/oder durch Verrastung gesichert ist.

II. Die Beklagten zu 1. und 3. werden verurteilt,

1. der Klägerin über die Herkunft und den Vertriebsweg Auskunft der vorstehend unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse ab dem 1. April 2004 zu erteilen, indem die Beklagten zu 1. und 3. der Klägerin Angaben über Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und der anderen Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber und weiterhin über die Mengen der erhaltenen, bestellten Erzeugnisse gemäß vorstehend I.1. machen;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1. und 3. die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 1. April 2004 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagen und Stückzahlen pro Auflage pro Werbeträger, nach Verbreitungsgebieten und Verbreitungszeiten,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den zu Ziffer I.1. genannten Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden.

III. Die Beklagte zu 2. wird verurteilt,

1. der Klägerin über die Herkunft der vorstehend unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse ab dem 1. April 2004 zu erteilen, indem die Beklagte zu 2. der Klägerin Angaben über Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und der anderen Vorbesitzer und weiterhin über die Mengen der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse gemäß vorstehend I.1. macht;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte zu 2. die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 1. April 2004 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen),

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen),

c) der etwa betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagen und Stückzahlen pro Auflage pro Werbeträger, nach Verbreitungsgebieten und Verbreitungszeiten,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den zu Ziffer I.1. genannten Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden,

wobei bezüglich Ziffer II. und III.

den Beklagten insgesamt vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,

wobei bezüglich II.1. und III.1.

die Auskünfte unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses und der entsprechenden Belege, wie Aufträge, Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Liefer- und Zollpapiere zu machen sind.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 1. April 2004 jeweils von ihnen begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

VII. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,- € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage gegen die Beklagten Ansprüche wegen Verletzung des europäischen Patentes 0 361 xxx (Anlage K 1, nachfolgend Klagepatent) geltend.

Die Klägerin ist seit dem 14. November 2001 eingetragene Inhaberin des Klagepatentes betreffend die Kombination einer zweiradseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss. Das Klagepatent wurde am 6. September 1989 unter Inanspruchnahme zweier Prioritäten vom 7. September 1988 und 24. April 1989 angemeldet, die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 4. April 1990. Der Hinweises auf die Patenterteilung ist am 27. April 1994 bekannt gemacht worden. Das Klagepatent hat ein Einspruchsverfahren durchlaufen und nimmt Schutz auch für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Kombination einer rahmenseitigen Kabelschlosshalterung (60) mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss (50), wobei an dem einen Ende eines Schließkabels (53) des Kabelschlosses (50) ein in einem Schließwerksgehäuse (54) untergebrachtes Schließwerk (51) angeordnet ist und am anderen Ende des Schließkabels (53) ein mit dem Schließwerk (51) kuppelbares Riegelstück (52) angebracht ist und wobei Schließwerk (51) und Riegelstück (52) im gekuppelten Zustand an der Halterung im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind, dadurch gekennzeichnet, dass an der Halterung (60) eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung (48) zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche (55) des Schließwerksgehäuses (54) und eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses (54) begrenzende Anschlagfläche (78) vorgesehen sind, dass das Riegelstück (52) in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk (51) einkuppelbar ist und dass das Schließwerksgehäuse (54) in der Linearführung (48) durch Reibschluss oder durch Anlage des Riegelstücks (52) an einer weiteren Anschlagfläche (bei 49) der Halterung (60) und/oder durch Verrastung gesichert ist.

Nachfolgend gezeigt sind die verkleinert wiedergegebenen Figuren 3, 4 und 7 der Klagepatentschrift, welche in Figur 3 einen Querschnitt durch eine erfindungsgemäße Kombination aus einem Halter und einem Zweiradschloss zeigen, in Figur 4 einen Schnitt entlang der Linie IV-IV und in Figur 7 eine perspektivische Darstellung eines weiteren Ausführungsbeispiels zeigen.

Gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes erhob die A Ltd. mit Sitz in der Schweiz im August 2005 Nichtigkeitsklage, über die noch nicht entschieden wurde. Die Nichtigkeitsklägerin belieferte die Beklagten mit den streitgegenständlichen Sicherheitskabelschlössern.

Im Jahre 2002 wies die Klägerin die Beklagte zu 2. u.a. auf die Existenz des Klagepatentes und auf den Umstand hin, dass die im B-Bestell-Magazin „Ostern 2002“ angebotenen und über das B-Filialnetz vertriebenen Kabelschlösser mit Clip-Halterung dem Schutzbereich des Klagepatentes unterfallen würden. Mit Schreiben vom 10. März 2004 wies die Klägerin die Beklagte zu 2. ein weiteres Mal auf die Existenz des Klagepatentes hin. Darauf hin verwies die Beklagte zu 2. auf ihre Vorlieferanten, mit denen die Klägerin darauf hin Unterlassungs- und Schadenersatzvereinbarungen traf. Dessen ungeachtet bot die Beklagte zu 1. mit der als Anlage K 5 vorgelegten Werbung unter der Domain www..de zum Thema „1 – 2 – 3 – FIT Schwimmen. Radfahren. Laufen“ Sicherheitskabelschlösser an, die unstreitig von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch machen. Die Klägerin erwarb am 21. Februar 2005 in Ulm ein entsprechendes Sicherheitsschloss und reichte dieses als Anlage K 6 zur Gerichtsakte. Entsprechende Werbung für ein Sicherheitsschloss machte die Beklagte zu 2. auch im August 2005 zum Thema „Sommerspecials“. Ein Sicherheitskabelschloss erwarb die Klägerin in Münster; das entsprechende Exemplar wurde als Anlage K 13 zur Gerichtsakte gereicht.

Inhaberin der Internetdomain, über die die Angebots- und Vertriebstätigkeit der Beklagten zu 1. erfolgt, ist die Beklagte zu 2. Dabei wird die Beklagte zu 1. in den allgemeinen Geschäftsbedingungen als Vertragspartnerin interessierter Käufer bezeichnet. Der Beklagte zu 3. ist Geschäftsführer sowohl der Beklagten zu 1. als auch der Beklagten zu 2.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, im Wesentlichen wie geschehen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

sowie gemäß § 148 ZPO die Verhandlung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung über die beim Bundespatentgericht erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent auszusetzen.

Die Beklagte stellt die Rechtsbeständigkeit des Klagepatentes in Abrede. Vor dem Hintergrund der Entgegenhaltungen DE 33 35 xxx C2 und der DE 87 11 xxx sei die Erfindung nach dem Klagepatent nicht erfinderisch. Im Übrigen sei die Erfindung durch die offenkundige Vorbenutzung des Langbügelschlosses „C“ vorweggenommen. Sie nehmen zur Konkretisierung ihres Vorbringens auf die Nichtigkeitsklage gemäß Anlage B 1 Bezug.
Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten vollumfänglich entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadenersatzverpflichtung zu, da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent unstreitig Gebrauch macht und keine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits besteht.

I.
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft eine Kombination einer zweirradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss, wobei an dem einen Ende eines Schließkabels des Kabelschlosses ein in einem Schließwerksgehäuse untergebrachtes Schließwerk angeordnet ist und am anderen Ende des Schließkabels ein mit dem Schließwerk kuppelbares Riegelstück angebracht ist und wobei Schließwerk und Riegelstück im gekuppelten Zustand an der Halterung im wesentlichen unbeweglich festgelegt sind.

Eine solche Halterung für Ringschlösser ist nach den Ausführungen der Klagepatentschrift aus der DE 33 35 xxx bekannt. Darüber hinaus ist die Verwendung einer Halterung auch bei sogenannten Langbügelschlössern durch offenkundige Vorbenutzung bekannt geworden.

Das Handhaben von Kabelschlössern ist verhältnismäßig schwierig, insbesondere bei unzureichenden Beleuchtungsverhältnissen. Dies rührt daher, dass die Kabelschlösser einerseits in nächster Nähe ihrer Schließstelle exakt gehalten und geführt werden müssen, um die Schließteile in gegenseitigen Eingriff bringen und miteinander verrasten zu können, und dass andererseits der exakten relativen Positionierung der Schließteile die exzentrische Gewichtsverteilung des Kabelschlosses mit einem in der Regel weit außerhalb der die Schließteile erfassenden Hände liegendem Schwerpunkt und regelmäßig auch die elastischen Rückstellkräfte entgegen wirken, welche versuchen, das Schließkabel in eine Konfiguration zu bringen, die nicht der bei Verbindung der Schließteile miteinander erzwungenen Konfiguration entspricht.

Bei der aus der DE-A1 33 35 xxx bekannten Kombination ist ein Führungsweg der Halterung für beide Schließteile nur äußerst kurz bemessen. Deshalb können diese Schließteile beim Zusammenstecken kippen, wodurch die beiden Schließteile nicht mehr miteinander verrastbar sind. Insbesondere bei Dunkelheit kann deshalb das Zweiradschloss nur schwer in der Halterung fixiert werden.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik liegt der Erfindung nach dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, die Herstellung der Verbindung zwischen Kabelschloss und Kabelschlosshalterung zu erleichtern. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentanspruch 1 ein Kabelschloss mit folgenden Merkmalen vor:

Kombination einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung (60) mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss (50), wobei

1. an dem einen Ende eines Schließkabels (53) des Kabelschlosses (50) ein in einem Schließwerksgehäuse (54) untergebrachtes Schließwerk (51) angeordnet ist und

2. an dem unteren Ende des Schließkabels (53) ein mit dem Schließwerk (51) kuppelbares Riegelstück (52) angebracht ist und

3. Schließwerk (51) und Riegelstück (52) im gekuppelten Zustand an der Halterung (60) im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind.

4. An der Halterung (60) sind vorgesehen

a) eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung (48) zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche (55) des Schließwerkgehäuses (54) und

b) eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses (54) begrenzende Anschlagfläche (78);

5. Das Riegelstück (52) ist in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk (51) einkuppelbar und

6. das Schließwerksgehäuse (54) ist in der Linearführung (48)

a) durch Reibschluss oder

b) durch Anlage des Riegelstücks (52) an einer weiteren Anschlagfläche (bei 49) der Halterung (60) und/oder

c) durch Verrastung gesichert.

Zwischen den Parteien unstreitig machen die von der Klägerin bei den Beklagten erworbenen Kabelschlösser von den genannten Merkmalen der klagepatentgemäßen Erfindung Gebrauch.

II.
Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.
Da die Beklagten den Gegenstand des Klagepatentes unter Verstoß gegen § 9 Nr. 1 und Nr. 2 PatG benutzt haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG. Der Beklagte zu 3. als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. und 2. ist nach § 31 BGB verantwortlich.

2.
Die Klägerin kann zudem von den Beklagten nach § 139 Abs. 2 PatG Schadensersatz verlangen. Denn die Beklagten hätten die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Da die Klägerin in der Vergangenheit wegen Verletzungshandlungen der Beklagten zu 2. abschließende Schadenersatzregelungen mit deren Vorlieferanten getroffen hat, sind die Ansprüche auf Auskunftserteilung sowie Rechnungslegung und Schadenersatzfeststellung erst für die Zeit nach Beendigung der Frühjahrsaktion im Jahre 2004 – ab dem 1. April 2004 -, wie beantragt, zugesprochen worden.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, sind die Beklagten ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten sind auch zur Belegvorlage – allerdings nur im Umfang des Auskunftsanspruchs nach § 140 b PatG (vgl. BGH GRUR 2003, 433, 434 – Cartier – Ring zu § 19 MarkenG) – verpflichtet (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. April 2005, Az. I-2 U 110/03).

4.
Gemäß § 140 b PatG haben die Beklagten ferner über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu II.2. und III.2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

III.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung. Nach der Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht keine Veranlassung zur Aussetzung. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Vernichtung des Klagepatentes.

1. Erfindungshöhe
Die Beklagten berufen sich darauf, dass es der Erfindung nach dem Klagepatent vor dem Hintergrund der DE 33 35 xxx C2 (Anlage K 8 zur Anlage B 1) und DE 87 17 xxx (Anlage K 7 zur Anlage B 1) an Erfindungshöhe fehle.

Auszugehen bei der Beurteilung ist, wie die Beklagten vortragen, von der DE 87 17 397. Diese zeigt, wie nachfolgend in den Figur 1 und 4 abgebildet, einen Schutz für ein Drahtschloss.

Zwischen den Parteien unstreitig offenbart die Entgegenhaltung nicht das Merkmal 4.b), wonach an der Halterung eine den Einführungsweg des Schließwerkzeugs (54) begrenzende Anschlagfläche vorgesehen ist. Zu dem gleichen Ergebnis gelangte auch das Europäische Patentamt in dem das Klagepatent betreffenden Einspruchsverfahren (Anlage K 14 zur Anlage B 1 Seite 7 f. und 8 Mitte).

Die Beklagten meinen nun, dass sich eine solche Anschlagfläche aus der DE 33 35 xxx C2 ergeben würde. Im Prüfungsverfahren sei – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – lediglich die DE 33 35 xxx A1 berücksichtigt worden. Die C2-Schrift sei jedoch weitergehend und offenbare eine Anschlagfläche, wie sie in Merkmal 4.b) vorgesehen sei. Dies ergebe sich, wenn die Druckschrift wie folgt ausführt:

„Fig. 3 lässt erkennen, dass der Ringösenteil 28 mit seinem Innendurchmesser an den Außendurchmesser von Zentrierflächen 29 an den Schließteilen 34, 36 angepasst ist und dass die Ringstufen 31 der Schließteile 34, 36 die Ringöse 22 zwischen sich aufnehmen, so dass die miteinander verbundenen Schließteile 34, 36 in axialer Richtung an dem Ringösenteil festgelegt sind.“

Eine Kombination der beiden Druckschriften führe daher naheliegend zum Gegenstand der Erfindung nach dem Klagepatent. Dem kann nicht zugestimmt werden.

Die DE 33 35 xxx C2 offenbart eine Halterung für ein Ringschloss an einem Fahrradrahmen. Nachfolgend abgebildet ist in den Figuren 1 und 2 eine entsprechende Halterung.

Die nachfolgende Figur 3 zeigt einen achsenthaltenden Schnitt durch die Ringöse einer Befestigungslasche mit den Schließteilen eines angebrachten Kabelschlosses.

Die offenbarte Halterung umfasst mithin eine an dem Fahrradrahmen 10 angebrachte Befestigungslasche 22, welche mit mindestens einem Ende des Ringschlosses verbindbar ist (Figur 1). Diese Befestigungslasche 22 umfasst einen Befestigungsflansch 24 mit einer Durchtrittsöffnung für die Sattelrohr-Klemmschraube 18 und einem Ringösenteil 28 mit einer Ringöse 30 (Figur 2). Das Kabelschloss hat Schließteile 34, 36, wie sie in der Figur 3 gezeigt werden. Gemäß der Entgegenhaltung ist die Ringöse 30 derart auf die zusammensteckbaren Schließteile 34, 36 durch die Ringöse 30 abgestimmt, dass diese Schließteile 34, 36 durch die Ringöse 30 hindurch verbindbar und dadurch an der Befestigungslasche befestigbar sind. In Figur 3 sind die Schließteile 34, 36 an der Ringöse 30 der Befestigungslasche angebracht gezeigt. Gemäß Anspruch 14 der Entgegenhaltung nehmen die Ringstufen 31 der Schließteile die Ringöse 22 zwischen sich auf, so dass die miteinander verbundenen Schließteile 34, 36 an dem Ringösenteil 28 festgelegt sind.

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird in dem Anspruch und der gesamten Druckschrift nicht offenbart, dass die miteinander verbundenen Schließteile in axialer Richtung an einem Ringösenteil festgelegt sind. Bei dem Ringschloss werden die beiden Schließteile in axialer Richtung frontal aufeinander zu bewegt, bis die beiden Schließteile aufeinander treffen; ein axialer Anschlag ist daher nicht notwendig. Das Ringösenteil stellt eine Anschlagfläche dar, die den Einführungsweg der Schließteile 34, 36 in die Ringöse begrenzt. Diese Anschlagfläche stellt sicher, dass sich das Schließteil 36 nach Einführen der Ringstufe 31 in die Ringöse 30 in einer vorbestimmten Position befindet, so dass sich das Schließteil 34 leichter mit dem Schließteil 36 verbinden lässt.

Die Beklagten vertreten die Auffassung, dass ausgehend von der DE 87 17 xxx lediglich eine axiale Positionierung des Schließwerksgehäuses 1 in der ösenförmigen Kabelschlosshalterung so erforderlich sei, dass das Riegelstück 4, 41 exakt durch die Öffnung 62 in die Öffnung 13 eingeführt werden könne. Eine solche axiale Positionierung stelle die DE 33 35 xxx C2 dem Fachmann zur Verfügung, da diese eine Konstruktion mit einer ebenfalls ösenförmigen Kabelschlosshalterung 22 und einem darin festlegbaren Kabelschloss 34, 36 zur Verfügung stelle, bei der die Verbindung des Schließwerks mit dem Riegelstück durch eine den axialen Einführungsweg des Schließwerksgehäuses 36 begrenzende Anschlagfläche 28 gewesen sei. Es sei daher für einen Fachmann naheliegend gewesen, den axialen Anschlag der DE 33 35 xxx C2 auch bei der DE 87 17 397 einzusetzen, um das Schließwerksgehäuse 3 leicht in eine definierte Position zu bringen. Hierzu habe er nur das Riegelstück 4, 41 mit einer Ringstufe versehen müssen, die am Ende der Einführbewegung auf einer Stirnfläche der Hülse 6 aufsitze.

Dem kann nicht zugestimmt werden. Denn zum einen offenbart die C2-Schrift – wie ausgeführt – keinen axialen Anschlag. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten beruht auf einer rückschauenden Betrachtung der Beklagten dahingehend, dass die DE 33 35 xxx C2 einen axialen Anschlag offenbart. Ein solcher ist nach der Offenbarung jedoch nicht erforderlich. Auch gibt die DE 87 17 xxx keinen Anhalt, die offenbarte Vorrichtung, welche ohne Anschläge auskommt, mit axialen Anschlägen zu versehen. Eine solche Begrenzung ist nicht erforderlich, da die beiden Schließteile in axialer Richtung frontal aufeinander zu bewegt werden und sich gegenseitig begrenzen.

2. Offenkundige Vorbenutzung „C
Eine solche war bereits Gegenstand des Prüfungsverfahrens, wie sich aus dem vorstehend dargestellten Stand der Technik (vgl. Klagepatent Spalte 1 Zeilen 16 bis 18) ergibt. Im Prüfungsverfahren wurde von der Klägerin auf Aufforderung des Prüfers ein Prospektblatt der C mit Abbildung (Anlage K 10 zur Anlage B 1) vorgelegt und zugleich dargelegt, dass die Vorveröffentlichung dieses im März 1993 eingereichten Prospektblattes vor dem Prioritätsdatum vom 07.07.1988 nicht bekannt sei; die Zugehörigkeit dieses Prospektblattes zum Stand der Technik wurde von der Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zugestanden. Allein die offenkundige Vorbenutzung, wie sie die Klägerin auf Seite 6 des klageabweisenden Schriftsatzes vom 23. August 2005 im Nichtigkeitsverfahren beschreibt, ist zugestanden. Die Kopie zeigt die Konstruktion des Langbügelschlosses nicht.

Die Beklagten behaupten nunmehr, dass sich die in dem Prospektblatt offenbarte Konstruktion aus der – prioritätsjüngeren – DE 43 21 xxx C2 (Anlage K 11 zur Anlage B 1) ergebe. Die Figur 1 gebe alle Merkmale des Klagepatentes wieder. Dort werde zwar ein Langbügelschloss gezeigt. Die Übertragung der Lösung bei Halteanordnungen von Bügelschlössern auf Halteanordnungen bei Kabelschlössern sei einem Fachmann jedoch selbstverständlich.

Dem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Die Beklagten gehen von dem Prospektblatt als Stand der Technik aus, obwohl die Zugehörigkeit des Standes der Technik zwischen den Parteien unstreitig ist. Diese Frage müsste also im Rahmen einer Beweisaufnahme vor dem Bundespatentgericht geklärt werden. Da deren Ausgang zwangsläufig nicht vorhergesehen werden kann, besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Vernichtung des Klagepatentes wegen der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung.

Das gleiche gilt für das weitere Vorbringen der Beklagten, dass – obwohl sich technische Details aus dem Prospektblatt nicht entnehmen lassen – sich die technische Konstruktion des Langbügelschlosses aus der DE 43 21 xxx ergebe. Die entsprechende Behauptung wurde von der Klägerin bestritten. Die Druckschrift wurde am 31. Januar 2002 veröffentlicht und ist demnach gegenüber dem Klagepatent nachveröffentlicht. Nachveröffentlicht ist auch die dazugehörige Offenlegungsschrift DE 43 21 xxx A1 sowie die Schrift DE 92 12 xxx U1, deren Priorität in Anspruch genommen wurde. Die Druckschrift gehört mithin nicht zum Stand der Technik, der für die Beurteilung des Rechtsbestandes des Klagepatentes heranzuziehen ist. Im Übrigen ist der Klägerin zuzugeben, dass es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass der Gegenstand, wie er in der DE 43 21 xxx gezeigt, ist bereits vor Priorität des Klagepatentes offenkundig vorbenutzt wurde, da dann die offenkundige Vorbenutzung auch für diese Druckschrift zum Stand der Technik gehören würde. Auch wird die die Priorität des Klagepatentes begründende Druckschrift DE 39 13 xxx in der DE 43 21 xxx als Stand der Technik aufgeführt.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 500.000,- EUR.