21 O 4582/05 – Münzschloss

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 558

Landgericht München I
Urteil vom 1. März 2006, Az. 21 O 4582/05

Es wird festgestellt,
dass der Beklagten gegen die Klägerin aus dem deutschen Patent Nr. 37 14 xxx keine Ansprüche zustehen, wenn die Klägerin im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das nachfolgend abgebildete und von ihr unter der Bezeichnung „XY“ vertriebene Münzschloss mit einer Kopplungseinrichtung, zum Anbau an Transportwagen, insbesondere an Einkaufswagen, die auf Pfandbasis ein An- und Abkoppeln von Transportwagen ermöglichen, die mit einer fest installierten Sammelstelle direkt oder über weitere Transportwagen indirekt mit dieser Sammelstelle verbunden sind,

herstellt, anbietet, verbreitet oder zu den genannten Zwecken einführt oder besitzt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist in seinem Kostenausspruch gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert des Verfahrens wird festgesetzt auf € 100.000,00.
Tatbestand:
Beide Parteien beschäftigen sich u.a. mit der Herstellung von Münzschlössern für Einkaufswagen.
Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents DE 37 14 xxx (angemeldet am 28.4.1987, Patenterteilung veröffentlicht am 18.10.1990) betreffend ein derartiges Münzschloss.
Die patentgemäße Erfindung verfolgt nach den Angaben in der Beschreibung der Patentschrift (Spalte 1, Zeile 63 ff. bis Spalte 2 Zeile 6) folgende Ziele:
– Die zum Anbringen eines Münzschlosses anfallende Montagezeit soll auf ein Minimum reduziert werden

Der Raum für ein beispielsweise in einem Einkaufswagen mitzuführendes Kleinkind soll nicht in unzumutbarer Weise durch das Münzschloss verkleinert werden und
Das Be- und Entladen eines Transportwagens soll durch das Münzschloss keine Behinderung erfahren.
Das Streitpatent (Anlage K1) will sich damit von den seinerzeit bekannten Druckschriften DE 25 54 916 <k7), de=““ 29=““ 00=““ 367=““ (anlage=““ k8)=““ 33=““ 24=““ 962=““ k9)=““ und=““ 81=““ 21=““ 677=““ k7)=““ abgrenzen=““ kritisiert=““ an=““ den=““ dort=““ gefundenen=““ lösungen=““ montageort=““ des=““ schlosses=““ (über=““ dem=““ einkaufskorb=““ in=““ der=““ k6,=““ seitlich=““ am=““ wagen=““ k9,=““ oder=““ mittig=““ griff,=““ so=““ angeblich=““ bei=““ ausführungsformen=““ gemäß=““ k7=““ k8.=““ im=““ letzteren=““ fall=““ habe=““ das=““ angebrachte=““ schloss=““ nachteil,=““ dass=““ es=““ luftraum=““ hineinrage,=““ sich=““ einkaufswagen=““ häufig=““ aufklappbare=““ kindersitze=““ befinden.<br=““> Das Klagepatent versucht die gesteckten Ziele durch die Konstruktion eines Münzschlosses mit einem oder zwei Schiebegriffabschnitten, das in seinen Endbereichen zur Befestigung direkt an dem Transportwagen bestimmt ist, zu lösen. Es vermerkt in der Beschreibung hierzu (K1, Spalte 2, Zeile 13 ff.):
Ein entscheidender Vorteil der Erfindung besteht darin, dass das Münzschloss eine Schiebegriffeinrichtung aufweist, die ohnehin immer an einem Transportwagen oder Einkaufswagen angebracht werden muss. Ein zusätzlicher Zeitaufwand für das Befestigen eines separaten Münzschlosses am Transportwagen entfällt daher.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil der Erfindung zeigt sich darin, dass umgekehrt ein Teil des Volumens der Schiebegriffeinrichtung zur Gestaltung und Unterbringung des Münzschlosses verwendet wird. Das Münzschloss baut also am Transportwagen nicht störend auf, sonder ist mit einem Teil seines Volumens in die Schiebegriffeinrichtung integriert. Dadurch verringert sich im Gegensatz zu bisher bekannten Lösungen,

(kursiv = K7), der erforderliche Raumbedarf von Schiebegriffeinrichtung und Münzschloss.
Vorteilhaft ist überhaupt, dass das Münzschloss am Transportwagen in einem Bereich angeordnet ist, der außer zum Schieben keine weitere Funktion zu erfüllen hat. Die Zweckmäßigkeit der erfindungsgemäßen Kombination von Schiebegriffeinrichtung und Münzschloss bewirkt darüber hinaus nur eine unwesentliche und daher vernachlässigbare Verkleinerung jenes Raumes am Transportwaren, in dem ein Kleinkind untergebracht werden kann. Außerdem trägt das Münzschloss seitlich an einem Transportwagen nicht auf.
In der Beschreibung wird auch die Möglichkeit genannt, statt zwei seitlich angeordneter Schiebegriffabschnitte am Münzschlossgehäuse lediglich einen Schiebegriffabschnitt vorzusehen. Eine derartige Ausführung biete sich insbesondere dann an, wenn aus Platzgründen das Münzschlossgehäuse nicht mittig angeordnet werden könne. Zur Erzeugung einer hohen Stabilität der oder des Schiebegriffabschnitte(s) wird vorgeschlagen, diesen als zwei ineinander liegende Rohrabschnitte, die durch längs verlaufende Stege miteinander verbunden werden, auszuführen (Spalte 3, Zeile 24 ff.).
Figuren 1. und 2 zeigen die beiden vorgeschlagenen Ausführungsformen (mit symmetrischer und asymmetrischer Anordnung des Schließmechanismusses.

Das Patent bemerkt dazu:
Die in den Figuren (1) und (2) dargestellten Münzschlösser (1) bestehen demnach aus einem Münzschlossgehäuse (2) mit Kopplungseinrichtung 10, einem das Münzschlossgehäuse (2) verschließenden Teil, etwa in Form eines Deckels (9), und aus einen Schiebegriffeinrichtung (3). Die Schiebegriffeinrichtung (3) wiederum besteht aus wenigstens einem Schiebegriffabschnitt (4).
Unter der Voraussetzung, dass eine ausreichende Stabilität erreicht wird, ist es gemäß einer nicht näher dargestellten Ausführungsform denkbar, jeden Schiebegriffabschnitt (4) lösbar mit dem Münzschlossgehäuse (2) zu verbinden. Um dies zu erreichen, sind beispielsweise am Münzschlossgehäuse (2) und an dem oder den Schiebegriffabschnitten (4) bajonettartige Verschlüsse bekannter Bauweise vorzusehen, mit deren Hilfe die einzelnen Teile zu einem einzigen Teil zusammensteckbar sind.
Die Ansprüche 1 bis 4 des Klagepatents lauten:
1. Münzschloss mit einer Kopplungseinrichtung zum Anbau an Transportwagen, insbesondere an Einkaufswagen, das auf Pfandbasis ein An- und Abkoppeln freistehender Transportwagen untereinander und/oder ein An- und Abkoppeln von Transportwagen ermöglicht, die mit einer fest installierten Sammelstelle direkt oder über weitere Transportwagen indirekt mit dieser Sammelstelle verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass das Münzschloss (1) mit einem oder mit zwei Schiebegriffabschnitten (4) ausgestattet ist und dass Endbereiche (8) des Münzschlosses (1) zur Befestigung an den Transportwagen (12) bestimmt sind.
2. Münzschloss nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Schiebegriffabschnitt (4) am Münzschlossgehäuse (2) angeordnet ist.
3. Münzschloss nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Münzschlossgehäuse {2} und der oder die Schiebegriffabschnitte (4) zu einem einzigen Teil geformt sind.

4. Münzschloss nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der oder die Schiebegriffabschnitte (4) lösbar am Münzschlossgehäuse (2) befestigt sind.
Die Offenlegungsschrift DE 29 00 367 vom 26.7.1976 (Anlage K8) befasste sich bereits mit Münzschlössern zur Freigabe und Entgegennahme von Einkaufswagen und nennt verschiedene Ausführungsvarianten, wobei auch Hinweise zur Montage des Schlosses gegeben werden:
Ein zweckmäßiges Ausführungsbeispiel für ein Münz- bzw. Scheinautomatenschloss besteht erfindungsgemäß darin, dass das Schloss einen in der Längsrichtung des Wagens oder Karrens ausragenden Schließriegel und eine Schließöffnung zur Entgegennahme eines einem anderen Wagen oder Karren zugehörenden Schließriegels aufweist….Ein solches Automatenschloss kann leicht neben dem Handgriff eines Standardwagens bzw. Standardkarrens angebracht werden, so dass die Schlösser auch dann bequem zugänglich sind, während die Wagen bzw. Karren ineinander geschoben sind (Seite 6 Mitte bis 7 oben in Anlage K9):
Verschiedene Ausführungsformen für eine erfindungsgemäße Anlage sollen im Folgenden näher unter Hinweis auf die Zeichnung erläutert werden.
Figur 8 ein Engagement von 4 Einkaufswagen mit einem anderen Ausführungsbeispiel für das Münzautomatenschloss, wobei 3 der Wagen aneinander verankert und der 4. Wagen freigegeben ist,
Figur 9 in größerem Maßstab eine Schrägabbildung dieses Schlosses…
FIG.8. AI –
D C B A

Die Beklagte stellt diverse Münzschlösser her, u.a. ein unter dem Namen „Z“ vertriebenes Fabrikat. Dessen Münzaufnahme- und Schließvorrichtung befindet sich in einem Gehäuse S1, an dessen Oberseite zwei quer zur Schließrichtung angebrachte Buchsen mit flachelliptischer Ausnehmung ausgebildet sind, und das durch einen Deckel S9 von oben verschlossen werden kann. Durch die Buchsen lässt sich ein auf beiden Seiten abgerundeter Flachhohlstab S5 stecken, der nach Aufschieben von 2 Griffhülsen (S7 + S8) links und rechts des Münzschlosses als Griffstange in einen Einkaufswagen eingebaut werden kann:

Die „Z“- Schlösser werden von der Klägerin an einen Hersteller von Einkaufswagen geliefert. Dieser bezieht Griffrohre und Griffshülsen von weiteren Zulieferern. Bei der Montage des Schiebegriffs wird dieser nach dem bloßen Aufstecken des Schlosses und der Griffhülsen an den Einkaufwagen montiert. Eine Vorfixierung erfolgt dabei nicht. Im Resultat ergibt sich hieraus keine Reduzierung der Montagezeit gegenüber Münzschlosssystemen, wie sie im Zeitpunkt des Antrags auf das Streitpatent aus dem Stand der Technik bekannt waren.
Unabhängig von den aufgeschobenen Griffhülsen erfüllt das abgerundete flache Griffrohr mit seiner Stabilität die Funktion der Schiebegriffstange. Es entspricht mit seinem flachovalen Querschnitt dem Querschnitt bekannter Schiebegriffe und weist eine gute Ergonomie auf. Auch die Beklagte nutzt derartige, mit einer dünnen PVC-Schicht verkleidete Griffrohre unmittelbar als Schiebegriff, wo das PVC-Ergonomie des Griffrohrs nicht verändert.
Am 16.2.05 ließ die Beklagte über ihren rechtlichen Vertreter, Herrn Rechtsanwalt Dr. Hase die Klägerin auf ihre Inhaberschaft am Streitpatent hinweisen. Nach Wiedergabe von Anspruch 1 des Streitpatents ließ sie ausführen:
Sie beliefern die Firma A GmbH & Co KG seit Jahren mit einem Münzschloss, welches von der Firma A unter den Bezeichnungen „Z“ bzw. Z-2″ vertrieben wird. Die Firma A ist deswegen von meiner Mandantin wegen Patentverletzung verklagt worden. Mit dem ebenfalls beigefügten Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16.12.2004 ist die Firma A wegen Verletzung des Patents 37 14 xxx antragsgemäß verurteilt worden.
Das von Ihnen gelieferte Münzschloss weist in seinem Gehäuse eine durchgehende Öffnung mit flachovalem Querschnitt auf, durch die das Kernrohr, welches an den beiden Grifftragarmen befestigt wird, hindurchgeführt wird und verhindert, dass sich das Münzschlossgehäuse verdrehen kann. Bei einer Vorgängerausführung bestand das Münzschlossgehäuse aus zwei Hälften, die das Kernrohr in sich aufnahmen und miteinander verschraubt wurden (XY). Das Kernrohr selbst ist für das Schieben des Transportwagens wegen der fehlender Ergonomie und wegen des nicht gebrauchsfreundlichen Materials nicht vorgesehen; vielmehr bedarf es des Aufschiebens eines Profilabschnitts oder zweier Profilabschnitte, und zwar auch deswegen, damit Werbung angebracht werden kann.
Aufgrund der langjährigen Lieferbeziehungen zu der Firma A kann es dahinstehen, ob die Herstellung und Lieferung des Münzschlosses, welches von der Firma A unter der Bezeichnung „Z-3 E“ weiter vertrieben wird, als Teilnahme an fremder Patentverletzung gewertet wird (so das OLG Düsseldorf in seinem Ihnen bekannten Urteil vom 27.11.2003, wo Sie Streitverkündete waren) oder ob man hierin eine mittelbare Patentverletzung sieht. Hinsichtlich der Rechtsfolgen besteht kein Unterschied.
Deswegen bittet meine Mandantin darum, die aus der Anlage ersichtliche Unterlassung- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Hierzu geben wir Ihnen Gelegenheit bis … (Anlage K3).

Des Weiteren stellt die Klägerin unter der Bezeichnung „XY“ Münzschlösser her, die aus einem halbschalenförmigen Vorderteil und einem Rückteil, das die Schlossmechanik aufnimmt und eine halbschalenförmige Aussparung in Querrichtung aufweist, bestehen. Beide lassen sich mittels einer Schraube so auf eine im Querschnitt runde Griffstange montieren, dass beide Halbschalen die runde Griffstange umschließen und die Schraube von einem Bauteil durch die Griffstange zum anderen Bauteil geführt wird (vgl. Anlage K13).
In der beigefügten Unterlassungserklärung bedient sich die Beklagte zur Beschreibung der zu unterlassenden Handlung einer wörtlichen Wiedergabe des Patentanspruchs 1. Ein Exemplar des Urteil des OLG Düsseldorf vom 16.12.2004 (Anlage K2; Seite 10 fehlt dort) lag dem Schreiben bei.
In Reaktion auf das Schreiben wies die Klägerin mit Fax vom 17.2.2005 (Anlage K4) die Beklagte darauf hin, dass sie das Münzschloss „Z-3 E“ weder herstelle, noch vertreibe oder bewerbe. Sie fährt fort:
Dieses nach Meinung des OLG Düsseldorf patentverletzende Münzschloss „Z-3 E“ bringen Sie nun aber in ungerechtfertigter Weise in Zusammenhang mit den Produkten „Zk“ (Ihr Schreiben Seite 2, Absatz 2) und „XYk“ (Ihr Schreiben Seite 2, Absatz 3) unserer Mandantin. Dabei suggerieren Sie in Absatz 2 auf Seite 2, es handle sich um dieselben Produkte.
Im Hinblick auf eine bevorstehende Messe und die Gefahr, dass die Gleichsetzung von Z-3 E“ mit den beiden Produkten der Klägerin dort wiederholt werde, forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihre Behauptung in der Öffentlichkeit nicht zu wiederholen. Konkret forderte sie die Unterlassung,
a) Dritten gegenüber die Behauptung aufzustellen,
Systec sei Hersteller, Lieferant und/oder Anbieter eines Münzschlosses mit der Bezeichnung „Z-3 E“ und/oder
b) ein von Systec hergestelltes, angebotenes oder vertriebenes Münz-
schloss sei Gegenstand des Verletzungsprozesses 2U 71/03 vor dem
OLG Düsseldorf gewesen.
Die Beklagte gab eine derartige Erklärung nicht ab, sondern ließ mit Faxschreiben vom 18.2.05 (Anlage K5) antworten, dass es auf die Bezeichnung des konkreten Schlosses nicht ankomme, sondern vielmehr lediglich auf dessen Konfiguration. Auch sei unerheblich, ob das Münzschloss gegenständlich (namentlich) Gegenstand des Verfahrens vor dem OLG Düsseldorf gewesen sei. Dies sei jetzt
ohne jeden Belang, weil wir die Verurteilung der Firma A nicht mit Bezug auf gegenständliche, also namentlich genannte, Münzschlösser beantragt hatten, sondern Gegenstand unseres Antrags Münzschlösser mit einer bestimmten Konfiguration wahren. Entsprechend hat das OLG Düsseldorf geurteilt. Ob solche Münzschlösser nun in „Z-3 E“ oder „XY“ oder „Z“ heißen, ist völlig egal. Ob die Reißschlösser speziell an die Firma A oder an andere Abnehmer geliefert wurden, spielt ebenfalls keine Rolle. Sie wollen bitte die an Ihre Mandantin gerichtete Verwarnung vom 16.2.2005 in diesem Sinne verstehen.
Die Klägerin behauptet, aus den beiden Schreiben K3 und K5 sei ein unbedingtes Begehren zu entnehmen, die Herstellung, das Angebot, die Verbreitung oder hierauf gerichtete Einfuhr oder Besitz der Produkte „Z“ und „XY“ zukünftig zu unterlassen
Sie ist der Ansicht, ein entsprechendes Begehren sei nicht begründet, da keines der beiden Produkte von der technischen Lehre des Streitpatents Gebrauch mache. Das „XY“ stelle ein Münzschloss zu Anbau an Transportwagen dar und beinhalte auch eine patentgemäße Kopplungseinrichtung. Es sei aber keinesfalls mit zwei Schiebegriffabschnitten ausgestattet, sondern werde an den Rundrohrgriff angeschraubt, der allein zum Schieben diene. Schließlich habe es auch keine Endbereiche, die unmittelbar zur Befestigung an den Transportwagen bestimmt seien.
Auch das Modell „Z“ verletzt nach Ansicht der Klägerin weder unmittelbar noch mittelbar das Streitpatent. Weder weise es Schiebeabschnitte auf, noch eine Halterung zur Befestigung lösbarer derartiger Abschnitte. Vielmehr werde das „Z“ auf einen Schiebegriff eines Einkaufswagens aufgeschoben. Allein dieser sei zur Befestigung an den Transportwagen bestimmt. Das Schloss selbst wirke nicht unmittelbar mit dem Einkaufswagen zusammen. Seine Befestigung an diesem geschehe erst mittels des Griffrohrs.
Auch eine mittelbare Verletzung könne nicht angenommen werden; denn die Komponenten „Griffrohr“, „aufschiebbare Griffhülsen“ und „Z“ stellten drei unabhängige Bauteile dar, die auch beim Zusammenstecken in einem labilen Zustand verblieben und daher leicht wieder auseinander rutschen könnten. Ein Zusammenhalt der Komponenten sei erst in dem Moment gegeben, wenn das Griffrohr zwischen den Tragarmen des Einkaufswagens festgeschraubt werde. Erst dann blockierten die seitlichen Tragarme die axiale Beweglichkeit der aufgeschobenen Komponenten. Zu keinem Zeitpunkt liege also ein Produkt vor, das der vormonierten Kombination von Münzschloss und Schiebegriff, wie sie das Streitpatent förderte, entspreche und direkt am Einkaufswagen befestigt werden könne.
Nach Erhebung negativer Feststellungsklagen bezüglich beider Schlossvarianten „Z“ und „XY“ im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin hinsichtlich des Produktes „Z“ Unterlassungsklage zum Landgericht Düsseldorf erhoben, wo bereits am 2.8.2005 Anträge verlesen wurden.

Beide Parteien erklärten die Klage hinsichtlich dieses Ausführungsgegenstandes daraufhin übereinstimmend für erledigt.

Die Klägerin beantragt daher zuletzt:
Es wird festgestellt,

I. dass der Beklagten gegen die Klägerin aus dem deutschen Patent Nr. 37 14 xxx keine Ansprüche zustehen, wenn die Klägerin im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
das nachfolgend abgebildete und von ihr unter der Bezeichnung „XY“ vertriebene Münzschloss mit einer Kopplungseinrichtung, zum Anbau an Transportwagen, insbesondere an Einkaufswagen, die auf Pfandbasis ein An- und Abkoppeln von Transportwagen ermöglichen, die mit einer fest installierten Sammelstelle direkt oder über weitere Transportwagen indirekt mit dieser Sammelstelle verbunden sind,

herstellt, anbietet, verbreitet oder zu den genannten Zwecken einführt oder besitzt.
Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.
Hinsichtlich des erledigten Teils der Klage beantragen beiden Parteien der jeweils anderen die Kosten aufzuerlegen.
Die Beklagte ist der Ansicht, ihre Abmahnung sei erkennbar nicht auf das Produkt „XY“ bezogen gewesen. Dieses sei vielmehr nur im Kontext sonstiger möglicher Verletzungsgegenstände als früherer Stand der Technik genannt worden.
a -T
Des Weiteren rügt sie die Formulierung des Klageantrags, der die Tatbestandsmerkmale „das Münzschloss sei mit einem oder zwei Schiebegriffabschnitten ausgestattet“ und „die Endbereiche des Münzschlosses seien zur Befestigung an den Transportwagen bestimmt“, wie sie in der Abmahnung enthalten gewesen seien, nicht erwähnt. Im Hinblick auf das Produkt „Z“ erschöpft sich der Vortrag der Beklagten im Hinweis auf die zwischenzeitliche Rechtshängigkeit eines Patentverletzungsverfahrens mit umgekehrtem Rubrum und die Tatsache, dass das OLG Düsseldorf nicht nur in dem Urteil Anlage K2 über ein Münzschloss „Z-3 E“ entschieden habe, sondern in einem Beschwerdebeschluss über eine Ordnungsgeldentscheidung (Anlage K4) auch über das Münzschloss „Z“. Dabei gelangte das OLG Düsseldorf zu dem Ergebnis, dass auch dieses wie das im Erkenntnisverfahren behandelte Münzschloss „Z-3 E“ unter das Streitpatent falle.

Hinsichtlich des weiteren Tatsachenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und deren Ausführungen im mündlichen Verhandlungstermin vom 16.11.2005 Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht ein Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten negativen Feststellung.
Denn die Beklagte hat in ihrem Abmahnungsschreiben vom 16.2.2005 und dem Ergänzungsschreiben vom 18.2.2005 (Anlagen K3, K5) das Recht der Klägerin in Zweifel gezogen, Münzschlösser des Typs „XY“ herzustellen, feilzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu einem dieser Zwecke zu besitzen oder einzuführen.
1. Der Aussagegehalt der beiden Schreiben der Beklagten ist aus dem objektivierten Blickwinkel eines verständigen Adressaten derartiger Schreiben zu bestimmen. Für diesen ergibt sich der Eindruck, dass die Beklagte die geforderte Unterlassung auch auf Münzschlösser des Typs „XY“ erstrecken wollte.

Zwar ist im Schreiben K3 vom 16.12.2005 zunächst von zwei vermeintlich identischen Schlosstypen „Z“ und „Z-3 E“ die Rede, welches in seiner Größe eine durchgehende Öffnung mit flachovalem Querschnitt aufweise. Erst dann wird das Schloss Typ „XY“ als „Vorgängerausführung“ erwähnt. Im Schreiben wird jedoch nicht klar gestellt, ob auch diese Ausführung unter den eingangs des Schreibens zitierten Anspruch 1 des Streitpatents fallen solle, oder ob die Erwähnung nur zur illustrierenden Abgrenzung von den Münzschlössern „Z“ bzw. Z-3 E“ erfolgte. Da sowohl in dem Satz, der sich auf das „XY“ bezieht, als auch im sofort anschließenden Satz ein „Kernrohr“ erwähnt wird und hinsichtlich dessen die Behauptung aufgestellt wird, dieses sei für das Schieben des Transportwagens nicht vorgesehen, vielmehr müssten erst zwei Profilabschnitte aufgeschoben werden, spricht mehr dafür, dass die Beklagte „XY“ in der irrigen Annahme erwähnte, auch dieses werde in ähnlicher Weise eingesetzt wie „Z“ und erfülle daher die Merkmale des eingangs zitierten Patentanspruchs 1. Andernfalls hätte es, um die Argumentation verständlich zu machen, eines deutlichen Hinweises bedurft, dass das im zweiten Satz des Abschnitts bei „XY“ erwähnte Kernrohr eine grundsätzlich andere Konstruktion und Funktion aufweise als das in Satz 1 und 3 des Abschnittes erwähnte Kernrohr bei „Z“.
Für einen solchen Irrtum spricht auch die Tatsache, dass die Beklagte, obwohl im entsprechenden Markt sachkundig, auch hinsichtlich des Schlosses „Z“ nicht richtig recherchiert hatte und dieses im Zeitpunkt der Abmahnung für identisch mit dem vom OLG Düsseldorf kurz zuvor als patentverletzend festgestellten Münzschloss „Z-3 E“ gehalten hat.
Nachdem die Klägerin mit dem im Tatbestand zitierten Schreiben K4 vom 17.2.05 auf diesen – zwischenzeitlich von der Beklagten eingeräumten – Irrtum hingewiesen und sich die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen diesem Schloss und ihren Produkten „Z“ und „XY“ verbeten hatte, nutzte die Beklagte auch im Schreiben vom 18.2.05 (Anlage K5) nicht die Gelegenheit, um eine etwaige Klarstellung dahingehend vorzunehmen, dass sie das Produkt „XY“ gar nicht für patentverletzend halte und daher nicht von der Abmahnung umfasst wissen wolle. Vielmehr setzte sie diesmal sogar alle drei erwähnten Schlosstypen in einem einzigen Satz mit der Bemerkung gleich, es sei egal, welche Produktbezeichnung die vermeintlich patentverletzenden Münzschlösser führten. Damit hielt sie den implizit erhobenen Vorwurf, auch „XY“ mache von der Lehre des Streitpatents Gebrauch, aufrecht.
2. Im Hinblick auf die erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen, die eine Schutzrechtsverwarnung für deren Adressaten regelmäßig nach sich ziehen, und die im Falle der fehlenden inhaltlichen Berechtigung vom BGH in ständiger Rechtsprechung als unzulässiger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGH gewertet werden, steht der Klägerin ein legitimes rechtliches Interesse daran zu, mit der vorliegenden Klage die Feststellung anzustreben, dass die Vorwürfe der Beklagten unzutreffend sind und dieser kein Verbotsrecht gegen die Klägerin in Bezug auf das Produkt „XY“ zustehe.
II.
Die Klage ist auch begründet.
Die von der Klägerin hergestellten Münzschlösser des Typs „XY“ machen von der technischen Lehre des Streitpatents keinen Gebrauch, da sie weder über Schiebegriffabschnitte verfügen, noch in ihren Endbereichen zur direkten Befestigung an den Transportwagen bestimmt sind.
1. Anspruch 1 des Streitpatents lässt sich im Sinne einer Merkmalsanalyse
wie folgt gliedern (folgend dem nicht angegriffenen Vorschlag in Anlage
K10):
1. Münzschloss (1) zum Anbau an Transportwaren (12)
2. Das Münzschloss (1) ermöglicht
o ein An- und Abkoppeln freistehender Transportwagen (12)
und/oder ■ ein An- und Abkoppeln von Transportwagen (12), die mit einer fest installierten Sammelstelle (23) direkte oder weitere Transportwagen (12) indirekt mit dieser Sammelstelle (29) verbunden sind.
3. Das Münzschloss (1) umfasst eine Kopplungseinrichtung (10)
4. Das Münzschloss (1) ist mit einem oder mit zwei Schiebegriffabschnitten (4) ausgestattet.
5. Endbereiche (8) des Münzschlosses (1) sind zur Befestigung an den Transportwagen (12) bestimmt.
2. Die Münzschlösser des Typs „XY“ machen von den Merkmalen 4 und 5, die sich mit der räumlichen Erstreckung des Münzschlosses befassen, keinen Gebrauch.
Sie werden mittels der in beiden Teilen des Münzschlossgehäuses befindlichen Ausnehmungen, die zusammengesetzt dem Querschnitt des Griffrohrs entsprechen, auf ein Standardgriffrohr für Einkaufswagen aufgesetzt und zusammen mit diesem an den Einkaufswagen montiert oder aber nach fertiger Montage des Einkaufswagens an dessen Griffrohr angeschraubt. Trotz der Tatsache, dass bei der Auslegung des Begriffs „Münzschloss“ in Anspruch 1 des Klagepatents dessen Beschreibung heranzuziehen ist, aus der sich ergibt, dass das Klagepatent hierunter nicht nur den engeren Bereich des eigentlichen Koppelungsmechanismus fasst, sondern auch die gesamte Schiebegriffeinrichtung, bestehend aus ein oder zwei Schiebegriffabschnitten, ist keine der Parteien auf die theoretisch denkbare und schlüssig darzulegende Annahme verfallen, eine Griffstange sei insgesamt als „Münzschloss“ im Sinne der Merkmale 4 und 5 des Anspruchs 1 des Klagepatents zu verstehen. Dies wäre auch fern liegend, wie sich zwar nicht bei einer nur auf den Wortlaut {einschließlich des „Lexikoncharakters“ der Gesamtpatentschrift gemäß Auslegungsprotokoll zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ) gestützten Auslegung, wohl aber bei der gebotenen wertenden Auslegung – unter Heranziehung insbesondere des mitgeteilten Stands der Technik – ergibt (siehe hierzu im Einzelnen unten III 1).
Wie auch von der Beklagten eingeräumt, lässt sich aus dem Streitpatent kein Anspruch entnehmen, die Herstellung und Verbreitung von Münzschlössern nach Typ des „XY“ zu verbieten. Da die Beklagte ein solches Recht jedoch nach richtiger Auslegung der Schreiben K3 und K5 (vgl. oben I) behauptet hatte, ist der Feststellungsanspruch der Klägerin begründet.

HD.
Nebenentscheidungen:
1. Kosten:
Die Pflicht der Klägerin, die Kosten bezüglich des Streitgegenstands „XY“ zu tragen, beruht auf § 91 ZPO.
Die Beklagte hat jedoch auch gemäß § 91a ZPO die Kosten zu tragen, die im Hinblick auf den nach der gemeinsamen Erklärung der Parteien erledigten Streitgegenstand „Z“ entfielen, so dass ihr die Kosten insgesamt aufzuerlegen waren.
Denn abweichend von der vom OLG Düsseldorf in dem Anlage H4 vorgelegten Beschluss vertretenen Einschätzung ist nach Auffassung der Kammer in der Herstellung und dem Vertrieb von Münzschlössern des Typs „Z“ keine Verletzung des Streitpatents zu sehen. Dementsprechend war auch in Bezug auf dieses die Abmahnung vom 16.2.2005 rechtswidrig, so dass die Klägerin mit Recht die Feststellung begehrte, der Beklagten würde die geltend gemachten Unterlassungsrechte nicht zustehen. Denn das „Z“ verfügt weder selbst über Schiebegriffabschnitte, noch ist es in seiner bestimmungsgemäßen Kombination mit den Bauteilen der Schiebegriffeinrichtung, also zwischen zwei Griffhülsen auf das flachelliptische Kernrohr aufgesteckt, insgesamt als Münzschloss mit Schiebegriffabschnitten und einer räumlichen Erstreckung bis zu den Montagepunkten am Einkaufswagen anzusehen.

a) Der mit der Konstruktion von Einkaufswagen und deren Zubehörteilen befasste Durchschnittsfachmann wird bei der Lektüre der Patentschrift feststellen, dass der Begriff „Münzschloss“, wie er in Patentanspruch 1 Verwendung findet, über die dem allgemeinen Sprachgebrauch zu entnehmende Bedeutung „Schließeinrichtung “ hinaus eine starke Ausdehnung in räumlicher Hinsicht erfahren hat.
aa) Nur so ist erklärbar, dass etwa Merkmal 5 des Patentanspruchs 1 die Endbereiche des Münzschlosses an den Befestigungspunkten des Transportwagens, also in einem Abstand von – je nach Ausführungsform – üblicherweise 50 cm bis 80 cm voneinander lokalisiert. Dies ergibt sich aber auch aus der Patentbeschreibung, die nach ganz herrschenden Meinung in Anwendung des Auslegungsprotokolls zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ als „eigenes Lexikon“ zur Bestimmung der in den Patentansprüchen verwendeten technischen Begriffe heranzuziehen ist (ständige Rechtsprechung seit BGH GRUR 1986, 803 – Formstein): So wird etwa in Spalte 3, Zeile 45 ff. des Klagepatents (Anlage K1) ausgeführt, dass patentgemäße Münzschlösser neben dem die Kopplungseinrichtung umfassenden (engeren) Münzschlossgehäuse auch die gesamte Schiebegriffeinrichtung, bestehend aus einem oder zwei Schiebegriffabschnitten umfassen. Der Fachmann wird den Patentansprüchen ferner entnehmen, dass derartige Münzschlösser nicht aus einem einzigen Teil geformt sein müssen (Unteranspruch 3), sondern auch mehrstückig ausgeführt sein können: Unteranspruch 4 spricht von Schiebegriffabschnitten, die lösbar am Münzschlossgehäuse befestigt sind. Die Beschreibung (Spalte 3, Zeile 51 ff.) verweist hierbei auf das Erfordernis einer ausreichenden Stabilität und schlägt beispielsweise – jedoch nicht abschließend – bajonettartige Verschlüsse zum Zusammenstecken der einzelnen Bauteile vor.
bb) Der Fachmann wird jedoch nicht an dem so aus dem Gesamtzusammenhang der Patentschrift ermittelten Wortsinn der in den Ansprüchen verwendeten technischen Begriffe haften bleiben, sondern den Schutzbereich des Patentes auch an der Bedeutung und Tragweite der Erfindung zu ermitteln suchen. Der BGH hat hierzu festgehalten (GRUR 1994, 597 – Zerlegvorrichtung für Baumstämme):
Bei der Bemessung des Schutzbereichs eines Patents nach § 14 PatG 1981 ist der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt der Patentansprüche zugrunde zu legen, wobei zu deren Verständnis die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Unter den Schutzbereich eines Patents fällt einerseits nicht allein das, was sich aus dem genauen Wortlaut der Patentansprüche ergibt. Andererseits dienen die Patentansprüche aber auch nicht lediglich als bloße Richtlinie mit der Folge, dass sich der Schutzbereich auch auf das erstreckt, was sich dem Fachmann nach Prüfung der Beschreibung und der Zeichnung als Schutzbegehren des Patentinhabers darstellt. Die Auslegung soll vielmehr zwischen diesen beiden Auffassungen liegen und einen angemessenen Schutz für den Patentinhaber mit ausreichender Rechtssicherheit für Dritte verbinden. Aus diesen Grundsätzen hat der erkennende Senat hergeleitet, dass die Auslegung der Patentansprüche nicht nur der Behebung etwaiger Unklarheiten, sondern auch zur Klarstellung der darin verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort beschriebenen Erfindung dient. Maßgeblich ist hierfür die Sicht des Fachmanns.
Der Fachmann wird die Auslegung der in den Patentansprüchen verwendeten Begriffe daher vor allem auch vor dem Hintergrund des technischen Problems vornehmen, das zu lösen die patentgemäße Erfindung sich zur Aufgabe gesetzt hat. Wie im Tatbestand wiedergegeben, soll die neu vorgeschlagene Vorrichtung vor allem dazu dienen, die zum Anbringen eines Münzschlosses anfallende Montagezeit auf ein Minimum zu reduzieren und den Raumbedarf gegenüber bislang bekannten Ausführungsformen zu verringern (um hierdurch Platz für etwa im Einkaufswagen mitzuführende Kleinkinder zu schaffen bzw. das Be- und Entladen eines Transportwagens nicht zu behindern – siehe Beschreibung Spalte 1 unten / Spalte 2 oben).
Dabei wird die Reduzierung des Montageaufwandes als „entscheidender Vorteil“ bezeichnet, der durch die Integration der Schiebegriffeinrichtungen in das Münzschloss erreicht werde, da eine solche ja ohnehin immer am Einkaufswagen angebracht werden müsse; ein zusätzlicher Zeitaufwand für das Befestigen eines separaten Münzschlosses entfalle daher (Spalte 2, Zeilen 13 bis 18). Als weiterer wesentlicher Vorteil der Erfindung wird die Verwendung eines Teils des Volumens der Schiebegriffeinrichtung zur Gestaltung unter Benennung des Münzschlosses bezeichnet. Das Münzschloss baue daher am Transportwagen nicht störend auf, sondern sei mit einem Teil seines Volumens in die Schiebegriffeinrichtung integriert. Hierdurch verlängere sich im Vergleich zu bekannten Lösungen der insgesamt für Schiebegriffeinrichtung und Münzschloss erforderliche Raumbedarf (Spalte 2, Zeilen 19 bis 28).

cc) Dabei ist für den Fachmann jedoch klar, dass die erfinderische Lösung sich nicht in der Vormontage von Schiebegriff und Münzschloss und in dessen Raum optimierender – und daher den Luftraum um den Schiebegriff nicht zu sehr beeinträchtigender – Ausgestaltung erschöpft; denn er wird zur genaueren Bestimmung der Tragweite der erfinderischen Lösung nicht umhin können, diese mit dem bislang existierenden Stand der Technik, wie er ihm aufgrund seiner Fachwissens und aus den Angaben in der Patentschrift bekannt ist, zu vergleichen. Der BGH hat hierzu in seinen Entscheidungen vom 19.9.1961, Aktenzeichen X ZR 49/59 – Schienenbefestigung II – und 28.2.1968, Aktenzeichen X ZR 80/65 – Friseurübungskopf 02 – entschieden:
Der Stand der Technik ist für den Schutzumfang schon insofern von Bedeutung, als der mit ihm vertraute Durchschnittsfachmann, auf den die rechtliche Würdigung abzustellen hat, Inhalt und Tragweite der in der Patentschrift offenbarten Lehre immer unter Berücksichtigung des Standes der Technik beurteilt (RG GRUR 1942, 261, 263). Weist dieser bereits zahlreiche Lösungswege, so steht dieser Umstand der Feststellung entgegen, der Durchschnittsfachmann entnehme der Patentschrift über ihren Wortlaut hinaus auch solche Wege, die ihm bereits an, Hand des Standes der Technik oder erfinderisches Bemühen offen standen. Der Durchschnittsfachmann liest die Patentschrift daraufhin, was sie gegenüber dem Geläufigen Neues bietet.
Dem in Einleitung der Klagepatentschrift erwähnten Stand der Technik wird der Fachmann insbesondere die im Tatbestand zitierte Offenlegungsschrift DE 29 00 367 (Anlage K8) mit ihrem Vorschlag, die Kopplungseinrichtungen zwischen mehreren Einkaufswagen – wie in den Figuren 8 und 9 dargestellt“ am Schiebegriff anzubringen, entnehmen; von eine» mittigen Montage, wie im Klagepatent als angeblicher Nachteil moniert, findet sich in dieser Offenlegungsschrift allerdings nichts:
FIG.9.

Bei der für die Bemessung des Schutzbereichs des Klagepatents entscheidenden Auslegung des Begriffs „Münzschloss“ wird der Fachmann somit zum einen berücksichtigen, dass das Patent diesen Begriff über seinen herkömmlichen Wortsinn hinaus stark ausdehnt und auch den Schiebegriff des Einkaufswagens unter bestimmten Umständen miteinbezieht; er wird zum anderen berücksichtigen, dass diese Umstände dann vorliegen können, wenn die konkret gewählte Gestaltung den Montagezeit- und den Raumbedarf durch Zurverfügungstellung eines einheitlichen (wenn auch nicht notwendig einstückigen, so jedoch vormontierten) Bauteils optimiert; er wird jedoch dabei auch berücksichtigen, dass eine derartige Zusammenfassung der beiden vorbekannten Bauteile Schiebegriff und Münzschloss in einem einheitlichen „Münzschloss“ im Sinne des Patentanspruchs 1 dann nicht vorliegen kann, wenn Gestaltungen gewählt werden, die nur eine triviale Fortentwicklung des vorbekannten Stands der Technik darstellen/ etwa eine Vormontage der beiden in Figur 9 der Offenlegungsschrift (K8) gezeigten Bauteile unter gleichzeitiger nahe liegender Raumoptimierung, etwa Anbringung des bislang in den Luftraum über dem Schiebegriff hineinragenden Münzschlosses unterhalb des Schiebegriffs.
Der Fachmann wird dem Klagepatent daher die technische Lehre entnehmen: „Integriere das Münzschloss in die Griffstange, so dass beide ein einheitliches Bauteil bilden“. In diesem Fall wird er dieses insgesamt als „Münzschloss“ im Sinne von Merkmal 5 des Patentanspruchs 1 auffassen und die daran befindlichen Schiebegriffabschnitte als dessen Bestandteile im Sinne von Merkmal 4 des Patentanspruchs 1. Er wird hierfür jedoch nicht jede Raumoptimierung eines bekannten Münzschlosses und dessen Vormontage mit einem Schiebegriff genügen lassen. Er wird des Weiteren nicht – wie auch das
OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 16.12.2004 (Aktenzeichen 1-2 U 71/03, die den Anlass zur streitgegenständlichen Abmahnung bildete, vgl. Anlage K2 auf Seite 21) zutreffend ausführte, genügen lassen, dass eine volumenmäßige Integration des Münzschlosses in die Schiebegriffeinrichtung schlicht dadurch vorgenommen wird, dass die Schiebegriffabschnitte in ihrem Durchmesser gegenüber bekannten Schiebegriffstangen erheblich vergrößert werden. Schließlich würde der als erforderlich bezeichnete Raum, in dem ein Kleinkind untergebracht werden kann, hierdurch insgesamt nicht vergrößert sondern weiter verkleinert.
Die bei der angegriffenen Ausführungsform zur Montage an den Einkaufswagen bestimmte Flachovalstange stellt ebenso wie die hierauf aufgesteckten Griffhülsen bei richtiger Auslegung unter Beachtung der oben a) hierfür aufgestellten Kriterien kein integrales Bestandteil eines weit aufzufassenden „Münzschlosses“ dar; vielmehr liegt eine Kombination zweier Bauteile vor, die eine simple Umgestaltung des aus dem Stand der Technik bekannten Zusammenwirkens von Schiebegriffstange und Münzschloss darstellt.
aa> Zum einen ist zu berücksichtigen, dass es im vorliegenden Verfahren unstreitig geblieben ist, dass auf dem Markt flachovale Schubstangen existieren, die vom Umfang und ihrer ergonomischen Form mit der Metallstange im Wesentlichen übereinstimmen. Ebenso unbestritten ist geblieben, dass die Oberfläche der verwendeten Schubstange bei gleichem Durchmesser ohne weiteres auch aus dem üblicherweise verwendeten PVC-Material gefertigt werden könnte, etwa durch direkte Ummantelung des Metalls. Wie die Klägerin im Termin unwidersprochen vortrug, verwendet auch die Beklagte selbst in ähnlicher Weise gestaltete Schubstangen (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 18.11.2005, Bl. 51 d.A.).
Da das aufgesteckte „Z“ in keiner Weise in das Volumen dieser unstreitig die gesamte Schublast aufnehmenden inneren Stange integriert ist, erzielt die gewählte Gestaltung gegenüber dem Stand der Technik keinerlei Volumensreduzierung. Eine Reduzierung ergibt sich – und auch nur in sehr geringem Umfang von ca. 8 mm in der Höhe – nur gegenüber dem im Querschnittprofil als abgerundetes Dreieck ausgestalteten Griffshülsen. Diese tragen jedoch weder zur Stabilität der Schiebegriffeinrichtung bei, noch sind sie aus ergonomischen Gründen wirklich notwendig (vgl. oben aa)). Sie erfüllen daher in konstruktiver Hinsicht vorrangig die Aufgabe, das nur lose aufgesteckte „Z“ gegenüber einer Verschiebung in axialer Richtung zu sichern, wenn sämtliche vier Bauteile fest in einem Einkaufswagen montiert sind. Diese Funktion könnte jedoch ohne weiteres auch von Schrauben oder Nieten erfüllt werden, die unterhalb des Deckels des „Z“ in die Metallstange getrieben werden.
Ein einheitliches Bauteil im Sinne eines umfassenden „Münzschlosses“ liegt aber auch aufgrund der fehlenden Vormontage vor. Die vier nur locker zusammensteckbaren Bestandteile erscheinen gerade nicht als einheitliches Bauteil. Sie können daher den Montagevorteil beim Einbau der Schiebegriffeinrichtung in den Einkaufswagen, auf den auch das OLG Düsseldorf in Abgrenzung zum Montageaufwand bei der Vormontage abstellt (Anlage K2, Seite 25/26) gerade nicht leisten. Die Beklagte hat auch den klägerischen Vortrag unbestritten gelassen, dass die angegriffene Ausführungsform keinerlei Montagezeitvorteil gegenüber herkömmlichen Lösungen bietet. Dies erscheint auch nicht unplausibel: Das Aufstecken von drei verschiedenen Bauteilen auf ein Rohr und dessen Einbau mit den im labilen Zustand befindlichen drei Bauteilen in einen Einkaufswagen dürfte dem Aufstecken und Festnieten/Schrauben eines Bauteils auf ein Rohr und anschließenden Einbau der so fixierten Kombination beider Bauteile in den Einkaufswagen vom Montageaufwand her kaum vorzuziehen sein.
c) Da insgesamt die Kombination von Schloss und Schiebestange kein einheitliches „Münzschloss“ im Sinne des Patentanspruchs 1 darstellt, können die aufgesteckten Griffhülsen auch nicht als dessen Schiebegriffelemente angesehen werden.
d) Auch die bei Nichtvorliegen einer wortsinngemäßen Erfüllung der Merkmale des Patentanspruchs noch denkbare äquivalente Verwirklichung der patentgemäßen Lehre durch das angegriffene Ausführungsbeispiel liegt nicht vor: Da das „XY“ von den entscheidenden Merkmalen 4 und 5 des Patentanspruchs gerade deshalb keinen Gebrauch macht, weil die Vorteile nicht erfüllt sind, die die erfindungsgemäße Lösung erst auszeichnen sollen, kann schon nicht von einer Gleichwertigkeit der gefundenen Lösung gegenüber der patentgemäßen ausgegangen werden.
2. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 Satz 1 ZPO.
3. Streitwert: §§ 3 ff. ZPO, 12 GKG.