4a O 5/07 – Medizinisches Instrument II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 662

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 2. März 2007, Az. 4a O 5/07

Rechtsmittelinstanz: 2 U 25/07

I. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 10. Januar 2007 zu dem Aktenzeichen 4a O 5/07 wird aufgehoben, der auf ihren Erlass gerichtete Antrag der Antragstellerin vom 10. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Verfügungsverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Antragstellerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung aus dem deutschen Teil des europäischen Patents 0 991 xxx (nachfolgend: Verfügungspatent) auf Unterlassung in Anspruch. Das Verfügungspatent wurde am 03. Juni 1998 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 17. Juni 1997 angemeldet, die Patentanmeldung am 12. April 2000 veröffentlicht. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 01. Dezember 2004. Eingetragene Inhaberin des Verfügungspatents, das in Kraft steht, ist die A- Holding S.A. Diese hat der Antragstellerin eine ausschließliche Lizenz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilt. Das Verfügungspatent betrifft ein medizinisches Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe mittels extrakorporal erzeugter Druckwellen.

Gestützt auf das Verfügungspatent hat die Kammer mit Urteil vom 01. Juni 2006 (Az. 4a O 234/05) die Antragsgegnerin als dortige Beklagte zu 5) unter anderem zur Unterlassung verurteilt. Gegenstand des Hauptsacheverfahrens war ein von der B-AG hergestelltes und unter anderem von der Antragsgegnerin unter der Bezeichnung „Cx“ angebotenes und vertriebenes Gerät zur Behandlung von biologischem Gewebe. Mit Rücksicht auf eine Entscheidung der Gebrauchsmusterlöschungsabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 24. April 2006 betreffend das im Wesentlichen parallele Gebrauchsmuster DE 298 24 944 (Gegenstand des Hauptsacheverfahrens 4a O 162/06), welche die Schutzfähigkeit dieses Gebrauchsmusters nur in eingeschränktem Umfang bejaht hatte, machte die Antragstellerin auch im auf das Verfügungspatent gestützten Hauptsacheverfahren eine Kombination der eingetragenen Ansprüche 1, 2, 4, 6 und 12 des Verfügungspatents geltend. Daraus ergab sich die den Beteiligten aus dem Urteil vom 01. Juni 2006 bekannte Merkmalskombination, nach deren Merkmal 11, das dem eingetragenen Unteranspruch 12 entstammt, das Durchmesserverhältnis der Austrittsgrenzfläche zur Eintrittsgrenzfläche ca. 2 bis 3 beträgt. Die Verwirklichung auch dieses Merkmals hat die Kammer für die damals angegriffene Ausführungsform bejaht, soweit diese mit dem „Applikator D“ (Durchmesser der Eintrittsgrenzfläche: 15 mm) und dem „Applikator E“ (Durchmesser der Eintrittsgrenzfläche: 10 mm) ausgerüstet ist.
Im Hinblick auf das Urteil vom 01. Juni 2006 hat die Herstellerin des Gerätes „C“, die BAG, die Ausgestaltung des Projektils (das nunmehr konisch zulaufend ist und im Stirnbereich nur noch einen Durchmesser von ca. 4,2 mm aufweist) geändert und das abgewandelte Gerät sodann unter der Bezeichnung „C Y“ angeboten. Der Lieferumfang dieser im vorliegenden Verfahren angegriffenen Ausführungsform umfasst nicht mehr den Applikator E, sondern nur noch die Applikatoren D (15 mm Austrittsgrenzfläche) und Y (6 mm Austrittsgrenzfläche), und wird in der Bundesrepublik Deutschland seit Juli 2006 vertrieben. Aus der neuen Projektilgestaltung ergeben sich Durchmesserverhältnisse von 3,57 (D-Applikator) bzw. 1,43 (Y-Applikator).

Die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts (EPA) hat als Ergebnis der Einspruchsverhandlung vom 31. Oktober 2006 Patentanspruch 1 des Verfügungspatents in einem Umfang aufrechterhalten, der das oben genannte Merkmal 11, wonach das Durchmesserverhältnis der Austritts- zur Eintrittsgrenzfläche ca. 2 bis 3 beträgt, nicht umfasst. Patentanspruch 1 des Verfügungspatents lautet in der aufrecht erhaltenen Fassung wie folgt:
Medizinisches Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe, mit einer Einrichtung zum extrakorporalen Erzeugen von Druckwellen und mit einem Übertragungselement (2) zum Einkoppeln der Druckwellen in den Körper von Lebewesen, wobei
– das Übertragungselement (2) aus einer metallischen Sonde besteht, die eine stumpfe, auf der Körperoberfläche anzuordnende Sondenspitze (22) mit einer flachen oder gekrümmten Austrittsgrenzfläche (24) aufweist, die eine unfokussierte, mechanisch erzeugte Druckwelle in das biologische Gewebe einkoppelt, die von einem auf eine hohe Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s beschleunigten und auf das Übertragungselement (2) auftreffenden hin- und her bewegbaren Schlagteil (10) erzeugbar ist, dessen Schlagfrequenz ca. 1 bis 30 Hz, vorzugsweise 6 bis 20 Hz, beträgt,
– die Einrichtung zum Erzeugen von Druckwellen aus einem in einem Gehäuse (4) geführten mit Hilfe eines Antriebsmittels (14) hin- und her bewegbaren Schlagteil (10) besteht, das auf das Übertragungselement (2) einen oder mehrere Kraftstöße ausübt, wobei das Schlagteil (10) infolge des Kraftstoßes eine Druckwelle in das Übertragungselement (2) induziert, die sich bis zu der Auftrittsgrenzfläche (24) der stumpfen Sondenspitze (22) des Übertragungselementes (2) fortpflanzt.

Die BAG hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA vom 31. Oktober 2006 Beschwerde eingelegt, über die von der technischen Beschwerdekammer bislang noch nicht entschieden wurde.
Mit Urteil der Kammer vom 14. November 2006 (Az. 4a O 406/06), das den Beteiligten (der Antragsgegnerin über ihre Verfahrensbevollmächtigten) bekannt ist und hier in Kopie als Anlage ASt 4 vorliegt, hat die Kammer die BAG im Wege der einstweiligen Verfügung zur Unterlassung der Benutzung des Verfügungspatents in dem von der Einspruchsabteilung des EPA aufrecht erhaltenen Umfang verurteilt. Den in jenem Verfahren erhobenen Einwand widerrechtlicher Entnahme hat die Kammer für nicht durchgreifend erachtet.
Die Antragsgegnerin, die sich mit dem Vertrieb medizinischer Geräte befasst, bot F in Köln mit Schreiben vom 07. Dezember 2006 unter anderem ein Gerät „C Y“ an. Dieses Angebot wurde am 03. Januar 2007 an den zuständigen Mitarbeiter der Antragstellerin weitergeleitet.

Gestützt darauf hatte die Antragstellerin am 10. Januar 2007 den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin beantragt, die am selben Tag antragsgemäß erlassen wurde, nachdem die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin auf Nachfrage erklärt hatten, die auch im Namen der hiesigen Antragsgegnerin eingereichte und in dem Verfügungsverfahren gegen die BAG (Az. 4a O 406/06) berücksichtigte Schutzschrift vom 02. November 2006 solle hier nicht berücksichtigt werden.
Durch Beschlussverfügung vom 10. Januar 2007 ist der Antragsgegnerin in Wege der einstweiligen Verfügung untersagt worden,
medizinische Instrumente zur Behandlung von biologischem Gewebe, mit einer Einrichtung zum extrakorporalen Erzeugen von Druckwellen und mit einem Übertragungselement zum Einkoppeln der Druckwellen in den Körper von Lebewesen,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen das Übertragungselement aus einer metallischen Sonde besteht, die eine stumpfe, auf der Körperoberfläche anzuordnende Sondenspitze mit einer flachen oder gekrümmten Austrittsgrenzfläche aufweist, die eine unfokussierte, mechanisch erzeugte Druckwelle in das biologische Gewebe einkoppelt, die von einem auf eine Endgeschwindigkeit von 5 m/s bis 20 m/s beschleunigten und auf das Übertragungselement auftreffenden, hin- und herbewegbaren Schlagteil erzeugt wird, wobei die Einrichtung zum Erzeugen von Druckwellen aus einem in einem Gehäuse geführten, mit Hilfe eines Antriebsmittels hin- und herbewegbaren Schlagteil besteht, das auf das Übertragungselement einen oder mehrere Kraftstöße ausübt, wobei das Schlagteil infolge des Kraftstoßes eine Druckwelle in das Übertragungselement induziert, die sich bis zu der Austrittsgrenzfläche der stumpfen Sondenspitze des Übertragungselements fortpflanzt und die Schlagfrequenz des Schlagteils ca. 1 bis 30 Hz, vorzugsweise 6 bis 20 Hz beträgt.

Am 25. Januar 2007 fand vor dem 21. Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts eine Beschwerdeverhandlung betreffend das zum Verfügungspatent im Wesentlichen parallele deutsche Patent 197 25 477 statt. Dieses war auf den Einspruch der BAG mit Beschluss des DPMA vom 16. Dezember 2004 wegen unzulässiger Erweiterung widerrufen worden. Gegen diesen Beschluss hatte die Inhaberin des DE 197 25 477, die A-Holding S.A., Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdeverhandlung machte die Patentinhaberin mehrere Hilfsansprüche geltend, nahm ihre Beschwerde gegen den Widerruf des dortigen Streitpatents jedoch schließlich aus zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfügungsverfahrens umstrittenen Gründen zurück.

Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2007 hat die Antragsgegnerin Widerspruch gegen die Beschlussverfügung vom 10. Januar 2007 eingelegt.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
die einstweilige Verfügung vom 10. Januar 2007 unter Zurückweisung des Widerspruchs der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2007 aufrecht zu erhalten.

Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 10. Januar 2007 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag der Antragstellerin vom 10. Januar 2007 zurückzuweisen,
hilfsweise, die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.

Sie stellt den Rechtsbestand des Verfügungspatents unter anderem unter Bezugnahme auf den Gang der das DE 197 25 477 betreffenden Beschwerdeverhandlung vom 25. Januar 2007 vor dem Bundespatentgericht in Abrede. In der mündlichen Verhandlung habe der Vorsitzende die vorläufige Meinung des Beschwerdesenats kundgetan, dass der Gegenstand aller Ansprüche des DE 197 25 477 als insbesondere durch die Entgegenhaltung US 4,549,535 (Anlage E8), gegebenenfalls unter Heranziehung der Entgegenhaltungen WP 94/17771 (Anlage E9) und US 4,716,890 (Anlage E10), nahegelegt anzusehen sei. Auch die daraufhin von der Patentinhaberin vorgelegten weiteren Hilfsanträge habe der Beschwerdesenat nach vorläufiger Würdigung für nicht geeignet erachtet, eine erfinderische Tätigkeit zu begründen. Vor diesem Hintergrund sei es auch hinsichtlich des (europäischen) Verfügungspatents wahrscheinlich, dass das Bundespatentgericht dieses auf eine Nichtigkeitsklage, die gegen das Verfügungspatent erhoben werden würde, wenn die Technische Beschwerdekammer des EPA das Verfügungspatent auf die Beschwerde der BAG nicht widerrufe, vernichten würde. Jedenfalls bestehe Veranlassung, die Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents einer neuerlichen kritischen Würdigung zu unterziehen.
Die Antragsgegnerin erhebt – unter Verweis auf das den Beteiligten bekannte Vorbringen der BAG in dem Verfügungsverfahren 4a O 406/06 sowie dem Berufungsverfahren OLG Düsseldorf, I-2 U 64/06 (LG Düsseldorf, 4a O 162/06) – den Einwand widerrechtlicher Entnahme. Der eingetragene Miterfinder G, der als freier Mitarbeiter und Berater der Antragstellerin in Deutschland tätig gewesen sei, habe mit Vertrag vom 27. Oktober 2006 seine Rechte am Verfügungspatent auf die BAG übertragen, was auch der Antragsgegnerin zugute komme. Eine vorherige Übertragung der Rechte an der Erfindung auf die Inhaberin des Verfügungspatents, die A-Holding S.A., sei entgegen der Annahme der Antragstellerin und der Kammer im Urteil vom 14. November 2006 (4a O 406/06) nicht wirksam erfolgt.
Neben dem nach Ansicht der Antragsgegnerin fehlenden Rechtsbestand des Verfügungspatents und dem Einwand der widerrechtlichen Entnahme sprächen auch weitere Gesichtspunkte im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung gegen die Aufrechterhaltung der angegriffenen Beschlussverfügung. So seien die der Antragsgegnerin drohenden Verluste durch eine weiter andauernde Einstellung ihrer Vertriebstätigkeit weniger zuverlässig durch einen Ersatzanspruch wegen Vollzugsschäden auszugleichen als die der Antragstellerin durch eine Patentverletzung drohenden Schäden.

Dem tritt die Antragstellerin entgegen. Die sowohl von der Einspruchsabteilung des EPA als auch vom 21. Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts als vermeintlich nächstkommender Stand der Technik herangezogene Entgegenhaltung US 4,549,535 (Anlage E8, entsprechend D3 des Einspruchsverfahrens) betreffe, wie die Antragstellerin im Termin vor der Kammer vorbringen ließ, ein Massagegerät, das nach einem völlig anderen Arbeitsprinzip funktioniere als jenes, das dem Verfügungspatent zugrunde liege. Die technische Lehre des Verfügungspatents setze voraus, dass sich die von dem Schlagteil in das Übertragungselement induzierte Druckwelle bis zur Austrittsgrenzfläche der stumpfen Sondenspitze des Übertragungselements fortsetze und dort als yische Welle in den Körper des zu behandelnden Lebewesens eingekoppelt werde. Bei der Entgegenhaltung nach Anlage E8 absorbiere der „soft tip 12“ eine von dem Schlagteil (11) etwa erzeugte yische Welle hingegen; wenn bei der dort offenbarten Vorrichtung eine Druckwelle in den Körper eingekoppelt werde, dann beginne sie am „soft tip 12“ erneut. Jedenfalls dieses Merkmal, das sich aus einer Zusammenschau der Merkmale 4 und 8 der in den Entscheidungsgründen zu I. wiedergegebenen Merkmalsgliederung ergebe, sei durch keine der Entgegenhaltungen vorweggenommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die mit dem Widerspruch angefochtene einstweilige Verfügung vom 10. Januar 2007 war mangels hinreichender Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes im Sinne der §§ 935; 940 ZPO aufzuheben, weil der Rechtsbestand des Verfügungspatents auch unter Berücksichtigung der Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA vom 31. Oktober 2006 auf der Grundlage des „neuen“ Vorbringens der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Verhandlung vom 25. Januar 2007 vor dem 21. Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts durchgreifenden Bedenken begegnet.

I.
Das Verfügungspatent betrifft ein medizinisches Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe mittels einer Einrichtung zum Erzeugen extrakorporaler Druckwellen und eines Übertragungselements zum Einkoppeln der Druckwellen in den Körper von Lebewesen.
Instrumente zur Behandlung von biologischem Gewebe dienen nach den Ausführungen der Verfügungspatentschrift dazu, mittels Druck- oder Stoßwellen den Heilungsprozess bei Knochenbrüchen, Enthesiopathien, Tendopathien oder Parodontose zu beschleunigen. Wie die Verfügungspatentschrift ausführt (Anlage ASt 1, Spalte 1 Zeilen 17-20), wird vermutet, dass mit Hilfe der Druckwellen Mikroschädigungen im biologischen Gewebe erzeugt werden, die den Körper zu Regenerationsmaßnahmen veranlassen. Nach der Beschreibung der Verfügungspatentschrift (Anlage ASt 1, Spalte 1 Zeilen 21-29) verwendeten bekannte Druckimpulsquellen fokussierte Stoßwellen und konnten lediglich im eng begrenzten Fokusbereich eine Wirkung erzielen. Da für ein befriedigendes Behandlungsergebnis jedoch der gesamte zu behandelnde Bereich gleichmäßig beschallt werden müsse, sei ein aufwendiger Bewegungsmechanismus für die Druckimpulsquelle erforderlich und das wiederholte Aufsuchen der Behandlungspositionen sei sehr zeitintensiv. In Abschnitt [0006] (Anlage ASt 1, Spalte 1 Zeilen 48-50) nennt die Verfügungspatentschrift die Entgegenhaltungen US-A 4,549,535 (hier als Patentschrift Anlage E8) und US-A 4,716,890 (hier als Patentschrift Anlage E10), aus denen entsprechende Geräte bekannt seien, allerdings ohne Angabe der konkreten Endgeschwindigkeit, mit der das Schlagteil auf das Übertragungselement auftrifft.

Das Verfügungspatent verfolgt die Aufgabe („das technische Problem“), einen Druckwellengenerator so auszubilden, dass er auf eine einfache und kostengünstige Weise eine gleichmäßige Energieverteilung der Druckwellen auf einen großflächigen Wirkungsbereich ermöglicht (vgl. auch Anlage ASt 1, Spalte 2 Zeilen 1-5).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Verfügungspatent in seinem von der Einspruchsabteilung des EPA aufrecht erhaltenen Anspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

1. Medizinisches Instrument zur Behandlung von biologischem Gewebe
mit einer Einrichtung zum extrakorporalen Erzeugen von Druckwellen und
mit einem Übertragungselement (2) zum Einkoppeln der Druckwellen in den Körper von Lebewesen;
2. das Übertragungselement (2) besteht aus einer metallischen Sonde;
3. die metallische Sonde weist eine stumpfe, auf der Körperoberfläche anzuordnende Sondenspitze (22) mit einer flachen oder gekrümmten Austrittsgrenzfläche (24) auf;
4. die flache oder gekrümmte Austrittsgrenzfläche (24) koppelt eine unfokussierte, mechanisch erzeugte Druckwelle in das biologische Gewebe ein;
5. die Druckwelle ist von einem auf eine hohe Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s beschleunigten und auf das Übertragungselement (2) auftreffenden Schlagteil (10) erzeugbar;
6. die Schlagfrequenz des Schlagteils beträgt ca. 1 bis 30 Hz, vorzugsweise 6 bis 20 Hz;
7. die Einrichtung zum Erzeugen von Druckwellen besteht aus einem in einem Gehäuse (4) geführten, mit Hilfe eines Antriebsmittels (14) hin- und herbewegbaren Schlagteil (10), das auf das Übertragungselement (2) einen oder mehrere Kraftstöße ausübt;
8. das Schlagteil (10) induziert infolge des Kraftstoßes eine Druckwelle in das Übertragungselement (2), die sich bis zu der Austrittsgrenzfläche (24) der stumpfen Sondenspitze (22) des Übertragungselementes (2) fortpflanzt.

Die Antragstellerin hat im Termin vor der Kammer erstmals darauf hinweisen lassen, dass das Verfügungspatent mit Merkmal 8 der vorstehenden Merkmalsgliederung ein grundlegend anderes Prinzip der Einkopplung von Druckwellen in das biologische Gewebe voraussetze als dasjenige, das in sämtlichen Entgegenhaltungen offenbart werde. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass grundlegend zwei Arten der Einkopplung von Druck- oder Stoßwellen in den Körper unterschieden werden können, wenn ein Schlagteil auf ein Übertragungselement trifft, das seinerseits auf der Körperoberfläche angeordnet ist. Zum einen wird das elastische Material des Übertragungselements durch den Aufprall geringfügig zusammengestaucht, woraufhin es sich in einer Gegenbewegung wieder ausdehnt. Diese Kompressionswelle (bestehend aus Stauchung und Dehnung) durchläuft das Übertragungselement in Längsrichtung von der Aufprallstelle zur Sondenspitze und führt zu einer kurzzeitigen Längenänderung des Übertragungselements in einer Größenordnung von wenigen µm. Zum anderen wird das Übertragungselement insgesamt in Richtung Sondenspitze verlagert, vorausgesetzt, die bauliche Beschaffenheit, das heißt die Art der Lagerung des Übertragungselements in der übrigen Vorrichtung, lässt diese Vorwärtsbewegung des gesamten Übertragungselements zu. Abstrakt betrachtet sind beide Bewegungen geeignet, eine Druck- oder Stoßwelle an den Körper zu übertragen, indem sich die Spitze des Übertragungselements nach vorne bewegt, mithin auf den Körper zu, auf den sie in der Anwendung aufgesetzt ist (vgl. Merkmal 3).
Patentgemäß ist von diesen beiden Arten der Wellenübertragung nur die erstgenannte, wie sich nach Auffassung der Kammer schon aus der Zusammenschau der Merkmale 8 und 4 ergibt. Nach Merkmal 8 induziert das Schlagteil infolge des Kraftstoßes (nach Merkmal 7) eine Druckwelle in das Übertragungselement, die sich dort bis zu der Austrittsgrenzfläche der stumpfen Sondenspitze des Übertragungselements fortpflanzt. Der Austrittsgrenzfläche kommt sodann gemäß Merkmal 4 die Funktion zu, die (unfokussierte, mechanisch erzeugte) Druckwelle in das biologische Gewebe einzukoppeln. Dabei wird nicht verkannt, dass ausweislich des eingetragenen Unteranspruchs 8 zwischen dem Übertragungselement (2) und dem Gehäuse (4) ein in Axialrichtung wirkendes Feder-/Dämpfungselement (30) angeordnet sein kann, so dass in patentgemäßer Weise eine Verlagerung des gesamten Übertragungselements in Längsrichtung keineswegs ausgeschlossen sein kann. Dies wird bestätigt durch die Beschreibung in Abschnitt [0016] (Anlage ASt 1, Spalte 3 Zeilen 18-34), der sich mit einer bevorzugten Ausführungsform entsprechend dem eingetragenen Unteranspruch 8 befasst. Wenn es dort heißt (Zeilen 28-31), dass für die Einkopplung der Druckwelle in das biologische Gewebe eine große Auslenkung der „Ausgangsgrenzfläche“ des Übertragungselements nicht notwendig sei, deutet dies im Sinne der Antragsgegnerin zwar darauf hin, dass eine Längsverlagerung des Übertragungselements patentgemäß nicht ausgeschlossen ist. Den weitergehenden Schluss, dass der hier geltend gemachte Anspruch 1 des Verfügungspatents beide Bewegungen „umfasse“ (im Sinne einer Erfüllung durch die eine oder andere Bewegung der Sondenspitze), lässt dies jedoch nicht zu. Gerechtfertigt ist lediglich die Annahme, dass das Stattfinden einer Gesamtverlagerung des Übertragungselements nicht aus der technischen Lehre hinausführt, wenn es zumindest auch zu einer Kompressionswelle (einer yischen Druckwelle) in dem Übertragungselement kommt, die in das biologische Gewebe eingekoppelt wird. Indem die Beschreibung des Verfügungspatents (Anlage ASt 1, Spalte 3 Zeilen 31-34) schließlich darauf hinweist, die Einkopplung der Druckwelle solle sogar nach Möglichkeit nur aufgrund der Längenänderung des Übertragungselements und nicht durch dessen Verlagerung erfolgen, betont sie, dass jene bei der patentgemäßen technischen Lehre im Vordergrund stehen soll, eine daneben stattfindende Verlagerung des gesamten Übertragungselements aber nicht schädlich sei. Dementsprechend beschränkt der eingetragene Unteranspruch 3 den Hub der Sondenspitze aufgrund der von dem Schlagteil ausgeübten Kraftstöße auf weniger als einen Millimeter (vorzugsweise weniger als 0,5 mm).
Diese Auslegung des aufrecht erhaltenen Anspruchs 1 des Verfügungspatents steht zudem in Übereinstimmung mit dessen Ausgangspunkt, den es gemäß Abschnitt [0003] (Anlage ASt 1, Spalte 1 Zeilen 12-16) bei den „bislang bekannten extrakorporalen Druckwellengeneratoren“ nimmt: Bei ihnen sei im Brennpunkt eines yischen Reflektors eine Druck- oder Stoßwelle erzeugt worden, die dann durch den Reflektor auf das zu beschallende Objekt fokussiert werde. Dies sei für den patentgemäß vorgesehenen Einsatzzweck (die Beschleunigung des Heilungsprozesses bei Knochenbrüchen, Enthesiopathien, Tendopathien und Parodontose) mit den in Abschnitt [0004] (Anlage ASt 1, Spalte 1 Zeilen 21-29) beschriebenen Nachteilen behaftet, die durch die unfokussierte Einkopplung der Druckwelle in das biologische Gewebe (Merkmal 4) überwunden werden sollen. Dabei bleibt das Verfügungspatent jedoch bei der Art der Erzeugung der Druckwelle durch das Aufschlagen eines Schlagteils auf das Übertragungselement dem Stand der Technik bei fokussierenden extrakorporalen Druckwellengeneratoren verhaftet. Danach pflanzt sich die in das Übertragungselement induzierte Druckwelle zunächst innerhalb des Übertragungselements fort (Merkmal 8) und wird über die Austrittsgrenzfläche in das biologische Gewebe eingekoppelt (Merkmal 4). Dass damit eine Längsverlagerung des gesamten Übertragungselements einhergehen mag, nimmt das Verfügungspatent in Kauf, ohne sie damit zu einem patentgemäßen Merkmal zu erheben. Denn mit der anspruchsgemäßen Induktion einer Druckwelle in das Übertragungselement, ihrer Fortbewegung durch das Übertragungselement und ihrer unfokussierten Einkopplung in das biologische Gewebe hat die stoßbedingte Längsverlagerung nichts zu tun.

II.
Die angegriffene Ausführungsform „C Y“, welche die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 07. Dezember 2006 (Anlage ASt 6) gegenüber einer Angebotsempfängerin in Köln angeboten hat, macht von sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 des Verfügungspatents in der Fassung, die er durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA vom 31. Oktober 2006 erhalten hat, wortsinngemäß Gebrauch. Dies stellt die Antragsgegnerin zu Recht nicht in Abrede.
Ob der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand widerrechtlicher Entnahme einer Geltendmachung von Verbietungsrechten aus dem Verfügungspatent mit Erfolg entgegengehalten werden kann, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung. Die Frage, ob der Antragstellerin ein Verfügungsanspruch nach Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1 PatG zusteht, dem nicht gemäß § 242 BGB der Einwand widerrechtlicher Entnahme entgegensteht, ist nicht entscheidungserheblich, weil es jedenfalls am Verfügungsgrund fehlt, wie nachfolgend unter III. auszuführen sein wird.

III.
Ein Verfügungsgrund ist im Hinblick auf die zweifelhafte Schutzfähigkeit des Verfügungspatents in demjenigen Umfang, in dem es hier geltend gemacht wurde, nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Als Verfügungsgrund fordert die einstweilige Verfügung die Dringlichkeit der einstweiligen Regelung im Sinne der §§ 935; 940 ZPO. Durch Veränderung des bestehenden Zustandes muss entweder die Verwirklichung der Rechte des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden können (§ 935 ZPO) oder die Regelung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheinen (§ 940 ZPO) (Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Auflage 2003, § 143 PatG Rn. 326). Die Prüfung der drohenden Nachteile erfordert u.a. eine Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, die gegen die Interessen des Antragstellers abgewogen werden müssen (OLG Düsseldorf, Mitt. 1982, 230 – Warmhaltekanne; GRUR 1983, 79, 80 – AHF-Konzentrat; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Auflage 2006, § 139 PatG Rn. 153a). Ist der Verletzungstatbestand glaubhaft gemacht und bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Schutzrechtes, haben grundsätzlich die Interessen des Verletzten Vorrang, auch wenn die einstweilige Verfügung mit einschneidenden Folgen für den Verletzer verbunden ist (Meier-Beck, GRUR 1988, 861, 866).
Im Rahmen der Interessenabwägung sind jedoch auch Zweifel an der Schutzfähigkeit eines an sich zu respektierenden Patents zu berücksichtigen, weil das Interesse des Patentinhabers oder eines kraft Lizenzerteilung Berechtigten an einer Geltendmachung eines möglicherweise im Einspruchs-, Einspruchsbeschwerde- oder Nichtigkeitsverfahren scheiternden Schutzrechts gegenüber dem Interesse des als Verletzer in Anspruch Genommenen schwächer wiegt.
Legt man diese Erwägungen zugrunde, überwiegt im vorliegenden Fall das Interesse der Antragstellerin am Erlass der angegriffenen einstweiligen Untersagungsverfügung nicht gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin, nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. Denn der Rechtsbestand des Verfügungspatents begegnet trotz der Aufrechterhaltung im geltend gemachten Umfang durch die Einspruchsabteilung des EPA durchgreifenden Bedenken.
Angesichts der Entgegenhaltung gemäß Anlage E8 (US 4,549,535) spricht viel dafür, dass es dem Verfügungspatent an der erforderlichen Erfindungshöhe gegenüber dem Stand der Technik zum Prioritätszeitpunkt fehlt (Art. 52 Abs. 1; 56 EPÜ; Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG). Das von der Beschreibung des Verfügungspatents in Abschnitt [0006] (Anlage ASt 1, Spalte 1 Zeilen 48-50) zitierte US-Patent 4,549,535 wurde am 29. Oktober 1985 erteilt und ist damit als gegenüber dem Verfügungspatent (Priorität: 17. Juni 1997) prioritätsälter zu dessen Stand der Technik zu zählen. Es betrifft ein Handgerät zur Behandlung der Muskulatur und des Knochengerüsts, bei dem die Stöße bzw. Druckwellen („impacts“) dadurch erzeugt werden, dass ein elektromagnetisch angetriebenes Schlagteil gegen ein Übertragungselement schlägt. Dieses wird mit seinem distalen Ende auf die Körperoberfläche aufgesetzt und gibt die erzeugten Druckwellen an das zu behandelnde Körperteil weiter. Bei der in Anlage E8 offenbarten Vorrichtung handelt es sich um ein medizinisches Instrument zur Behandlung biologischen Gewebes (Merkmal 1), wie sich aus der Beschreibung der Entgegenhaltung (Anlage E8, Spalte 1 Zeilen 6-8 und 20-23) ergibt. Danach betrifft die Erfindung nach der Entgegenhaltung die körperliche Behandlung von Menschen mittels Vibration, Massage und der Einbringung mechanischer Impulse („This invention relates to physical treatment of human beings by vibration, massage, and the application of mechanical impulses.“). Durch die Schockwellen wird Einfluss auf die Muskulatur und das Knochengerüst des Körpers ausgeübt („… so as to induce shock waves that will affect the musculature and bony structure within the body.“). Das Gerät nach Anlage E8 enthält eine Einrichtung zum extrakorporalen Erzeugen von Druckwellen (Merkmal 1.1), indem das Schlagteil (der „main shaft impact tip 11“) auf das Übertragungselement (den „anvil 24“, an dem über den „soft tip shaft 14“ der „soft tip 12“ angebracht ist) auftrifft. Dass es mit dem Gerät nach Anlage E8 zu einer Erzeugung von Druckwellen im Sinne von hochfrequenten Kompressionswellen kommt, stellt die Antragstellerin nicht in Abrede. Sie bestreitet lediglich, dass die Entgegenhaltung dem Fachmann auch die Möglichkeit offenbart habe, diese Druckwellen in den Körper von Lebewesen einzukoppeln, weil sie lediglich die Einkopplung von Stoßwellen im Blick gehabt habe, die durch die Verlagerung des gesamten Übertragungselements entstünden. Es fehle bei der in der Anlage E8 offenbarten Vorrichtung daher an einem Übertragungselement zum Einkoppeln der Druckwellen in den Körper von Lebewesen (Merkmal 1.2). Nachdem diese Diskussion zwischen den Beteiligten schon im Termin allein im Zusammenhang mit Merkmal 8 (entsprechend dem zweiten Teilmerkmal des Merkmals A2. nach der Merkmalsgliederung der Antragsgegnerin in Anlage L15) geführt wurde, soll die Frage der Offenbarung dieses Merkmals durch Anlage E8 an dieser Stelle noch offen gelassen und ebenfalls erst dort geklärt werden.
Im Sinne des Merkmals 2 besteht auch bei der Entgegenhaltung E8 das Übertragungselements aus einer metallischen Sonde. Soweit die Antragstellerin darauf verweisen ließ, der in keiner der Figuren im Schnitt dargestellte „soft tip shaft 14“ müsse – anders als der „anvil 24“ – nicht aus Metall gefertigt sein, ist dies unerheblich. Denn der Fachmann wird jedenfalls aufgrund seiner Fachkunde erkennen, dass der „soft tip shaft 14“ wie der „anvil 24“ aus Metall gefertigt sein kann, was ausreicht. Auch die fachkundig besetzte Einspruchsabteilung des EPA hat in ihrer Entscheidung vom 31. Oktober 2006 (Anlage ASt 3) die metallische Sonde bereits in dem Element 24 der Figur 2 (Anlage E8) gesehen, mithin in dem „anvil 24“, auf den der „main shaft impact tip 11“ aufschlägt und der in Figur 2 der E8 (vor dem EPA Entgegenhaltung „D3“) mit einer das Material Metall kennzeichnenden Schraffur versehen ist (vgl. Anlage ASt 3, Seite 6 unter Ziffer 7.1). Diese metallische Sonde weist des Weiteren eine stumpfe, auf der Körperoberfläche anzuordnende Sondenspitze mit einer gekrümmten Austrittsgrenzfläche auf (Merkmal 3), die eine unfokussierte, mechanisch erzeugte Druckwelle (wie auch an dieser Stelle unterstellt und erst im Zusammenhang mit Merkmal 8 näher erläutert werden soll) in das biologische Gewebe einkoppelt (Merkmal 4), welche von einem beschleunigten und auf das Übertragungselement auftreffenden (Merkmal 5), in einem Gehäuse geführten und mit Hilfe eines Antriebsmittels hin- und herbewegbaren Schlagteil erzeugt wird, das auf das Übertragungselement einen oder mehrere Kraftstöße ausübt (Merkmal 7).
Wie die Antragsgegnerin zugesteht, werden in der Entgegenhaltung E8 jedoch keine konkreten Werte für die Endgeschwindigkeit des Schlagteils im Sinne des Merkmals 5 genannt. Auch eine Schlagfrequenz des Schlagteils von ca. 1 bis 30 Hz (Merkmal 6) wird in der Entgegenhaltung E8 nicht offenbart. Im Zusammenhang mit Merkmalen 4 und 8 (sowie dem weiteren Merkmal 1.2, soweit in ihm von der Einkopplung von Druckwellen die Rede ist) stellt die Antragstellerin in Abrede, dass in Anlage E8 die Induktion einer Druckwelle in das Übertragungselement offenbart sei, die sich bis zur Austrittsgrenzfläche der stumpfen Sondenspitze fortpflanze und von der Austrittsgrenzfläche in das biologische Gewebe eingekoppelt werde. Keines dieser Merkmale vermag jedoch nach Auffassung der Kammer eine erfinderische Tätigkeit bei der Entwicklung der technischen Lehre des Verfügungspatents mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu begründen. Zu den Merkmalen 5, 6 und 4/8 im Einzelnen:

Merkmal 5 (hohe Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s)
Das Merkmal der „hohen Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s“ scheidet aus der Betrachtung für die Beurteilung der Erfindungshöhe schon deshalb aus, weil nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, dass mit seiner Beschränkung auf die reine Geschwindigkeitsangabe ein erkennbarer Beitrag zur Lösung des der technischen Lehre des Verfügungspatents zugrunde liegenden technischen Problems geleistet wird.
Der Grundsatz, dass der Erfindungsgegenstand in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zugrunde zu legen ist, gilt nicht für solche Merkmale, die zur Lösung des technischen Problems nichts beitragen (Benkard/Asendorf/Schmidt, a.a.O., § 4 PatG Rn. 27 m.w.N.). Ein Merkmal, das nicht durch eine technische Wirkung zur Lösung einer technischen Aufgabe beiträgt, ist für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit daher ohne Belang (EPA, Technische Beschwerdekammer, Entscheidung vom 26. September 2002, 641/00-3.5.1, GRUR Int. 2003, 852, 854 unter Ziffer 6.). Dadurch wird verhindert, technisch sinnlose Merkmale zur Begründung der Patentfähigkeit heranzuziehen. Das Verfügungspatent will einen Druckwellengenerator so ausbilden, dass er auf eine einfache und kostengünstige Weise ein gleichmäßige Energieverteilung der Druckwellen auf einen großflächigen Wirkungsbereich ermöglicht (Anlage ASt 1, Spalte 2 Zeilen 1-5). Dieser (subjektiven) Aufgabe entspricht das (objektive) technische Problem aus dem Stand der Technik, dass bekannte Druckimpulsquellen nur in einem eng begrenzten Fokusbereich eine Wirkung erzielen konnten und für eine gleichmäßige Beschallung eines nicht nur punktuellen Behandlungsbereichs aufwendige Bewegungsmechanismen erforderlich machten.
Welchen Beitrag die reine Angabe der Endgeschwindigkeit des Schlagteils zur Lösung dieses technischen Problems sollte leisten können, hat die Antragstellerin nicht aufzuzeigen vermocht. Dem Verfügungspatent geht es um die Einkopplung von Druckwellen in den Körper von Lebewesen (vgl. Merkmal 1.2). Die Formel für die kinetische Energie lautet E = ½ m v2, sie hängt mithin nicht nur von (dem Quadrat) der Geschwindigkeit (v) des auftreffenden Schlagteils, sondern daneben auch (wenn auch nur in linearer Weise) von dessen Masse (m) ab. Eine mit der Geschwindigkeitsangabe (v) verbundene technische Wirkung könnte sich daher allein dann ergeben, wenn auch die Masse (m) des auf das Übertragungselement auftreffenden Projektils angegeben würde. Daran fehlt es in Anspruch 1 des Verfügungspatents jedoch. Eine bestimmte Masse des Schlagteils wird dort nicht genannt, so dass das Merkmal der Geschwindigkeit allein nicht zu einer sinnvollen technischen Aussage führen kann.
Dass die Formel für die in das Übertragungselement induzierte kinetische E = ½ m v2 zutreffend ist, hat die Antragstellerin nicht in Abrede gestellt. Sie hat im Termin lediglich die DDR-Patentschrift DD 248 067 A5 vorgelegt, aus der sich nach Auffassung der Antragstellerin ergeben soll, dass auch die bloße Geschwindigkeit des Schlagteils (in Gestalt des dort auf den Amboß aufschlagenden Hammers) von Relevanz sei. So heißt es auf Seite 5 unten der DD 248 067 A5, dass die Druckspitze der erzeugten elastischen Welle nur von der Geschwindigkeit des Hammers (und nicht von seiner Masse) abhänge. Auch die Beschreibung des Verfügungspatents spricht in Abschnitt [0011] (Anlage ASt 1, Spalte 2 Zeilen 39-41) davon, dass sich durch die schnelle Bewegung der Sondenspitze eine Druckwelle mit hohen Druckspitzenwerten erzeugen lasse. Aus der Kombination der erwähnten technischen Einschätzung in der DDR-Patentschrift mit der Schilderung in Abschnitt [0011] der Verfügungspatentschrift möchte die Antragstellerin ableiten, dass auch der reinen Geschwindigkeitsangabe für sich genommen eine eigenständige technische Bedeutung zukommen könne, wenn und soweit es nicht um die Größe der eingekoppelten Energie (nach der Formal E = ½ m v2) gehe, sondern allein um die Druckwellencharakteristik, die sich in patentgemäßer Weise durch „hohe Druckspitzenwerte“ (vgl. Abschnitt [0011], Anlage ASt1, Spalte 2 Zeilen 39-41) auszeichne.
Dies vermag die Kammer im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens ohne die – hier wegen des Charakters der Eilentscheidung nicht mögliche – Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe nicht nachzuvollziehen. Zunächst erschließt sich schon nicht ohne weiteres, was das Verfügungspatent mit „hohen Druckspitzenwerten“ überhaupt meint. Offenbar geht es nicht allein darum, bei jeder einzelnen Druckwelle möglichst schnell den Druckspitzenwert (gleich welcher Höhe) zu erzielen. Denn in Abschnitt [0011] der Verfügungspatentschrift (Anlage ASt 1) heißt es in Spalte 2 Zeilen 43-47 im Zusammenhang mit den erstrebten Druckwellen mit „hohen Druckspitzenwerten“, die mit einem patentgemäßen System erzeugten Druckwellen erreichten zwar nicht die kurzen Anstiegszeiten der Druckwellengeneratoren mit fokussierter Druckwelle, seien aber „in der maximalen Druckspitze“ nicht wesentlich schwächer. Die „maximale Druckspitze“ dürfte aber nach dem Verständnis der Kammer nicht allein von der Geschwindigkeit des Schlagteils, sondern auch von der bewegten Masse abhängen. Offenbar geht es also auch dem Verfügungspatent mit „hohen Druckspitzenwerten“ nicht nur um eine möglichst schnelle Erreichung des Druckspitzenwerts, sondern auch um dessen Höhe („maximale Druckspitze“).
Des Weiteren hat die Antragsgegnerin ausdrücklich in Abrede gestellt, dass die in der DD 248 067 A5 geäußerte Ansicht objektiv zutreffend sei, weil es auch insoweit neben der Geschwindigkeit auf die Masse des Schlagteils ankomme. Gegen die Überzeugungskraft der technischen Ansicht gemäß dem DDR-Patent, die Druckspitze der erzeugten elastischen Welle hinge ausschließlich von der Geschwindigkeit des Schlagteils, nicht von dessen Masse ab, spricht indiziell die auch Äußerung des Berichterstatters des 21. Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts in der dortigen mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2007, das Merkmal der Geschwindigkeit allein führe zu keiner für sich sinnvollen technischen Aussage. Die Antragsgegnerin hat diese Äußerung vorgetragen (vgl. Schriftsatz vom 01. März 2007, Seite 9 unter (4); Bl. 78 GA) und durch anwaltliche Versicherung (Bl. 79 GA) sowie durch eidesstattliche Versicherung des in der Verhandlung vor dem Beschwerdesenat anwesenden patentanwaltlichen Vertreters (Anlage L17, Seite 2 unter lit. a)) glaubhaft gemacht. Wenn die Geschwindigkeit des Schlagteils für sich genommen zumindest für die Druckwellencharakteristik (d.h. nach Auffassung der Antagstellerin für „hohe Druckspitzenwerte“) von Relevanz wäre, wäre diese Äußerung des Berichterstatters des Beschwerdesenats in dieser Allgemeinheit unzutreffend. Dem fachkundigen Berichterstatter des Bundespatentgerichts musste die Aussage des Verfügungspatents in dessen Abschnitt [0011], durch die schnelle Bewegung lasse sich eine Druckwelle mit hohen Druckspitzenwerten erzeugen, bewusst sein. Denn die Beschreibungspassage aus Abschnitt [0011] der Verfügungspatentschrift findet sich wortgleich in der DE 197 25 477 C2 (Anlage L6) in Spalte 2 Zeilen 4-22. Die Kammer sieht daher keine Grundlage dafür, der Einschätzung in der DDR-Patentschrift zu folgen. Die fachkundige Äußerung seitens des 21. Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts, die zwar das DE 197 25 477 betraf, auf das Verfügungspatent jedoch übertragbar ist, spricht vielmehr dafür, dass es auch für die Frage „hoher Druckspitzenwerte“ neben einer hohen Endgeschwindigkeit zugleich auf die Masse des Schlagteils ankommt.
Es lässt sich demnach nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der reinen Geschwindigkeitsangabe eine Bedeutung bei der Lösung des technischen Problems zukommt, so dass Merkmal 5 mit der zahlenmäßigen Angabe der „hohen Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s“ die Erfindungshöhe nicht zu begründen vermag. Soweit dies aus den Gründen der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 31. Oktober 2006 (Anlage ASt 3) ersichtlich ist, hat die Einspruchsabteilung diesen Gesichtspunkt ihrer Entscheidung nicht zugrunde gelegt, was unter Berücksichtigung der oben zitierten Rechtsprechung der Technischen Beschwerdekammer des EPA (GRUR Int. 2003, 852ff.) für die Wahrscheinlichkeit spricht, dass die mit der Beschwerde der BAG befasste Technische Beschwerdekammer zu einer abweichenden Bewertung dieses Merkmals kommt.
Es kann im vorliegenden Zusammenhang daher offen bleiben, ob der Ansicht der Antragsgegnerin gefolgt werden kann, der Fachmann auf dem Gebiet des Verfügungspatents werde ausgehend von der Entgegenhaltung E8, die ihn dazu ausdrücklich anrege, durch rein handwerkliche Maßnahmen zu der patentgemäßen Geschwindigkeitsangabe gelangen oder diese aus der Entgegenhaltung E9 (WO 94/17771; Seite 18 Zeilen 11-13: „wenigstens gleich 3 m/s“) ohne erfinderische Tätigkeit herleiten.

Merkmal 6 (Schlagfrequenz von 1 bis 30 Hz)
Die Entgegenhaltung E8 offenbart – wie die Antragsgegnerin ausdrücklich eingesteht – keinen Zahlenwert für die Schlagfrequenz des Schlagteils, wenngleich der Gedanke wiederholter Schläge in Folge bereits in Anspruch 1 der US-Patentschrift 4,549,535 angesprochen ist (vgl. Anlage E8, Spalte 6 Zeilen 14/15: „means to control the frequency of said train of pulses so applied“). Die Ermittlung der tauglichen Frequenz für die physische Behandlung von Menschen ist damit durch Anlage E8 allein in das Können des angesprochenen Fachmanns gestellt.
Korrespondierend damit, dass das Verfügungspatent nicht auf einzelne Therapiearten beschränkt ist, sondern ausdrücklich für verschiedenste Anwendungen bestimmt ist, die mit der „Behandlung von biologischem Gewebe“ (Merkmal 1) einhergehen, sieht Merkmal 6 des Verfügungspatents mit einer Frequenz von 1 bis 30 Hz eine äußerst große Bandbreite möglicher Frequenzen vor, die es erst im Rahmen einer vorzugsweise zu wählenden Ausgestaltung auf einen Bereich von 6 bis 20 Hz einschränkt. Bereits vor diesem Hintergrund spricht im Rahmen der hier vorzunehmenden Interessenabwägung viel dafür, dass mit der Aufnahme der anspruchsgemäßen Frequenzen keine erfinderische Tätigkeit verbunden ist. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Bandbreite patentgemäßer Frequenzen von 1 bis 30 Hz an ihrem unteren Rand mit einem Schlag pro Sekunde nahe dem Einzelschlag liegt. Aus dem Stand der Technik waren Frequenzen von Stoßwellen bei der Behandlung biologischen Gewebes zwischen 1 und 15 Hz bekannt. Diese ergeben sich aus den Entgegenhaltungen nach Anlagen E11 bis E16, die die Einspruchsabteilung des EPA zwar teilweise nicht herangezogen hat, die von der Technischen Beschwerdekammer aber trotz der im Einspruchsbeschwerdeverfahren eingeschränkten Amtsermittlung nach Art. 114 EPÜ bei der Beschwerdeentscheidung gleichwohl noch herangezogen werden können. Die am 18. April 1997 veröffentlichte Entgegenhaltung Anlage E11 (H. Lohse-Busch et al., „Pilotuntersuchung zur Wirkung von niedrigenergetischen, extrakorporalen Stoßwellen auf Muskelfunktionsstörungen bei spastischen Muskelfunktionsstörungen von Kindern“) sieht zur Muskelbehandlung eine Frequenz von 2 Hz vor. Für die Behandlung von Knochen (insbesondere zur Osteoporosebehandlung) beschreibt die WO 93/14720 (Anlage E12) in ihren Unteransprüchen 9 und 19 Frequenzen von 1 bis 10 Hz. Die Entgegenhaltung Anlage E13 (Haist, von Keitz-Steeger, „Stoßwellentherapie knochennaher Weichteilschmerzen – Ein neues Behandlungskonzept“) lehrt eine Frequenz von 4 Hz, die Entgegenhaltung Anlage E14 (G. P. Dahmen et al., „Die Behandlung knochennaher Weichteilschmerzen mit Extrakorporaler Stoßwellentherapie (D), Indikation, Technik und bisherige Ergebnisse“) Frequenzen von 2 bis 4 Hz. In der Entgegenhaltung nach Anlage E15 (Hansson, Ekblom, „Influence of Stimulus Frequency and Probe Size on Vibration-Induced Alleviation of Acute Orofacial Pain“) werden beispielhaft Frequenzen von 10 Hz (verbunden mit einer Auslenkung der Sondenspitze von 400-800 µm) und 15 Hz offenbart, mit denen therapeutische Erfolge erzielt worden seien. Die europäische Patentanmeldung EP 0 324 711 A2 (Anlage E16) offenbart schließlich die Einkopplung von Stoßwellen mit einer Frequenz von 1 Hz bei einer Amplitude von 100 µm in das Gewebe.
Berücksichtigt man, dass der Fachmann auf dem Gebiet des Verfügungspatents nicht nur mit der Konstruktion medizinischer Geräte im Allgemeinen, sondern auch mit den medizinischen Anforderungen an die mit ihnen vorzunehmende Behandlung vertraut sein, also orthopädische Fachkenntnisse aufweisen muss, um die Folgen der Behandlung sachgerecht abschätzen zu können, spricht viel dafür, dass diesem Fachmann die Kombination der genannten Entgegenhaltungen gelingt, um zu patentgemäßen Frequenzen von 1 bis 30 Hz (vorzugsweise 6 bis 20 Hz) zu gelangen. Denn vor dem Hintergrund der denkbar weit gehenden Anwendungsgebiete des Verfügungspatents liegt es nahe, auch die patentgemäße Frequenz entsprechend weit zu fassen, um eine Vielzahl verschiedener Einsatzmöglichkeiten zu gestatten. Der Fachmann wird sich an einem Rückgriff auf die zitierten Entgegenhaltungen (Anlagen E11 bis E16) auch nicht dadurch gehindert sehen, dass die Entgegenhaltung E8 ein Massagegerät betreffe, während die Entgegenhaltung E11 etwa Muskelfunktionsstörungen und E12 Osteoporose behandeln wolle. Denn schon die US-Patentschrift 4,549,535 (Anlage E8) ist nicht auf ein Massagegerät im engeren Sinne beschränkt, sondern betrifft jede physische Behandlung von Menschen durch Vibration, Massage und die Einbringung mechanischer Impulse oder Schockwellen (vgl. Anlage E8, Spalte 1 Zeilen 6-8: „application of mechanical impulses“ und Zeilen 20-23: „shock waves“). Damit öffnet der dem Verfügungspatent nächstkommende Stand der Technik den Blick des angesprochenen Fachmanns über Massagegeräte im engeren Sinne hinaus auch für andere medizinische Geräte, die sich mit der Einbringung mechanischer Impulse in den menschlichen Körper befassen, sei es für die Schmerzbehandlung, die Behandlung von Muskelfunktionsstörungen oder von Osteoporose. Der Fachmann erhält daher durch die Entgegenhaltung E8 hinreichende Veranlassung, auch andere Offenbarungen geeigneter Frequenzen mit in den Blick zu nehmen.
Damit sprechen im Rahmen der hier vorzunehmenden Interessenabwägung gute Gründe dafür, dass die Technische Beschwerdekammer des EPA entgegen der Entscheidung der Einspruchsabteilung auch aus dem Merkmal 6 keine erfinderische Tätigkeit ableiten wird.

Merkmale 4 und 8 (Einkoppeln einer unfokussierten Druckwelle in das biologische Gewebe, die von dem Schlagteil in das Übertragungselement induziert wird und sich bis zu der Austrittsgrenzfläche der stumpfen Sondenspitze des Übertragungselements fortpflanzt)
Wie vorstehend unter I. ausgeführt, verlangen Merkmale 4 und 8 (wie auch Merkmal 1.2), dass die von der Austrittsgrenzfläche in den Körper von Lebewesen bzw. in biologisches Gewebe eingekoppelte unfokussierte Druckwelle als solche von dem auf das Übertragungselement auftreffenden Schlagteil erzeugt wird und sich in dem Übertragungselement bis zur Austrittsgrenzfläche der stumpfen Sondenspitze fortpflanzt. Diese Druckwelle resultiert aus der Kompression (Stauchung) und anschließenden Ausdehnung des Übertragungselements und ist als solche nicht zwingend mit einer Verlagerung des Übertragungselements im Ganzen verbunden. Dass es daneben auch zu einer solchen Verlagerung kommen mag (und nach der technischen Lehre des Verfügungspatents auch kommen darf), steht der Verwirklichung dieser Merkmale nicht entgegen, ist allerdings auch nicht hinreichend für die patentgemäße technische Lehre.
Die Antragstellerin vertritt ausweislich ihres Vorbringens in der mündlichen Verhandlung die Ansicht, in der Entgegenhaltung E8 werde ausschließlich eine Verlagerung des Übertragungselements (des „anvil 24“ mit dem verbundenen „soft tip shaft 14“ und dem „soft tip 12“) offenbart, mittels derer eine Stoßwelle in das biologische Gewebe eingekoppelt werde, ohne dass damit die Einkopplung einer Druckwelle durch den „soft tip 12“ verbunden wäre, die sich zuvor durch das Übertragungselement fortgepflanzt hätte. Denn – so die Antragstellerin – der „soft tip 12“ absorbiere eine von dem „main shaft impact tip 11“ etwa in das Übertragungselement induzierte Druckwelle (yische Welle) durch die Flexibilität seines schon der Bezeichnung nach „weichen“ Materials vollständig. Zu diesem Zweck, die yische Welle vollständig zu absorbieren, sei der „soft tip 12“ der Entgegenhaltung E8 gerade da. Es könne daher – wie die Antragstellerin meint – zugunsten der Antragsgegnerin unterstellt werden, dass bei einem jeden Aufprall eines Schlagteils auf ein elastisches Übertragungselement eine Druckwelle induziert wird. Denn jedenfalls sei der „soft tip 12“ bei der Entgegenhaltung E8 nicht geeignet, diese Druckwelle (nachdem sie sich durch das Übertragungselement fortgepflanzt hat) in das biologische Gewebe einzukoppeln. Wenn es auch bei der Vorrichtung nach Anlage E8 zur Einkopplung einer Stoß- oder Druckwelle in das biologische Gewebe komme, so allein deshalb, weil der „soft tip 12“ in Längsrichtung verlagert werde und eine „neue“ Welle in das biologische Gewebe einkoppele. Dies habe jedoch mit der patentgemäßen Einkopplung einer Druckwelle nach Merkmalen 4 und 8 nichts zu tun.
Dieser Ansicht vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Antragstellerin hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass bei der Entgegenhaltung E8 der „soft tip 12“ nicht geeignet sei, eine von dem Schlagteil in das Übertragungselement induzierte Druckwelle in das biologische Gewebe einzukoppeln, weil er diese aufgrund seiner Materialbeschaffenheit vollständig absorbiere. Jedenfalls ist es der Kammer aufgrund des Vortrags der Antragstellerin nicht möglich, hinreichend sicher zu beurteilen, dass der „soft tip 12“ nach der Entgegenhaltung E8 tatsächlich so ausgestaltet sein muss, dass es zu einer gänzlichen Absorption der Druckwelle komme. Nur wenn er das Übertragungselement auf diese Weise vollständig von dem biologischen Gewebe „abkoppelt“, und zwar dergestalt, dass keinerlei Druckwelle weitergegeben wird, sondern allenfalls durch die Longitudinalverschiebung des „soft tip 12“ eine neue Welle in das biologische Gewebe eingebracht wird, wären Merkmale 4 und 8 (sowie Merkmal 1.2) durch Anlage E8 nicht nahegelegt. Wenn allerdings auch nur zum Teil eine Einkopplung der ursprünglich von dem Schlagteil in das Übertragungselement induzierten Druckwelle in das biologische Gewebe erfolgt und im Übrigen die Verlagerung des Übertragungselements wirksam wird, sind diese Merkmale nahegelegt, weil es allein auf eine zumindest teilweise Einkopplung der „ursprünglichen“ Druckwelle ankommt. Der Entgegenhaltung E8 ist nicht zu entnehmen, welche näheren Eigenschaften den „soft tip 12“ kennzeichnen sollen, insbesondere ob er so weich ausgestaltet sein muss, dass er nicht in der Lage ist, eine vom Schlagelement in das Übertragungselement induzierte Druckwelle einzukoppeln, weil er sie vollständig absorbiert.
Die Beschreibung der Entgegenhaltung E8 deutet allenfalls darauf hin, dass ihr Verfasser in erster Linie die Einbringung eines Stoßes durch Verlagerung der Sondenspitze in Blick hatte (vgl. Anlage E8, Spalte 3 Zeilen 44-47: „It is clear that soft tip 12 has been extended from ist original position as shown in FIG. 1 such that an impact may have been imparted to a body for which treatment was intended.“). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Fachmann, der die E8 insgesamt zur Kenntnis nimmt, nicht zugleich mitliest, dass sich infolge des Aufpralls des Schlagteils (11) auf das Übertragungselement (den „anvil 24“) auch eine yische Druckwelle bis zur Sondenspitze fortpflanzt und dort von dem „soft tip 12“ in das biologische Gewebe eingekoppelt wird, weil dieser nicht in der Lage ist, die yische Druckwelle vollständig zu absorbieren. Es spricht viel dafür, dass der Fachmann in Unkenntnis der genauen Beschaffenheit des „soft tip 12“ nicht von einer vollständigen Absorption ausgehen und daher zumindest eine teilweise stattfindende Einkopplung der y-ischen Druckwelle auch bei der Vorrichtung nach Anlage E8 annehmen wird.
Eine Ergänzung des Übertragungselements, das aus einer metallischen Sonde besteht, um weitere Materialien führt noch nicht aus dem Verfügungspatent hinaus. Denn dieses sieht im eingetragenen Unteranspruch 13 selbst vor, zwischen der Sondenspitze und der Einkoppelstelle auf dem biologischen Gewebe ein beispielsweise pastenförmiges Impedanzanpassungsmedium anzuordnen, das die Einkopplung der Druckwelle in das biologische Gewebe verbessert. Abschnitte [0023], [0024] und [0038] erläutern dies dahin, dass auch das Übertragungselement selbst zur Impedanzanpassung aus unterschiedlichen Materialien aufgebaut sein kann und eine geeignete Auswahl es ermögliche, die Einkopplung der Druckwelle in das biologische Gewebe zu beeinflussen (Anlage ASt 1, Spalte 4 Zeilen 21-27).
Die Feststellung, der Fachmann verstehe die Entgegenhaltung E8 dahin, dass der „soft tip 12“ die Druckwelle allein durch seine Materialbeschaffenheit vollständig absorbiert, ist durch die Kammer folglich nicht zu treffen. Offensichtlich sind auch die Einspruchsabteilung des EPA und der 21. Beschwerdesenat des Bundespatentsgerichts davon ausgegangen, dass Merkmale 4 und 8 in der dem Verfügungspatent nächstkommenden Entgegenhaltung E8 offenbart seien. So hat die Einspruchsabteilung des EPA in ihrer Entscheidung vom 31. Oktober 2006 (Anlage ASt 3) – wenngleich ohne nähere Problematisierung – die Offenbarung dieser Merkmale durch Anlage E8 bejaht (Anlage ASt 3, Seite 6, Ziffer 7.1 am Ende). Auch der 21. Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts hatte durch die im dortigen Termin eingereichten Hilfsanträge II bis IV der eingetragenen Patentinhaberin Veranlassung, sich mit dem hiesigen Merkmal 8 zu befassen, denn diese Hilfsanträge (vgl. Anlagenkonvolut L10) umfassten das Merkmal, nach dem „das Schlagteil (10) infolge des Kraftstoßes eine Druckwelle in das Übertragungselement (2) induziert, die sich bis zu der Austrittsgrenzfläche (24) der stumpfen, auf die Körperoberfläche anzuordnenden Sondenspitze (22) des Übertragungselements (2) fortpflanzt“. Wie die Antragsgegnerin vorgetragen und durch anwaltliche Versicherung (Seite 8 des Widerspruchsschriftsatzes vom 14. Februar 2007, Bl. 27 GA) und eidesstattliche Versicherungen des Herrn H (Anlage L11 unter 5., Bl. 37 GA) sowie des Patentanwalts J (Anlage L17, Seite 1, letzter Absatz) glaubhaft gemacht hat, habe der Vorsitzende des Beschwerdesenats nach Analyse der Hilfsanträge in vorläufiger Würdigung ausgeführt, dass auch in den weiteren Hilfsanträgen kein Gegenstand zu sehen sei, der auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Selbst wenn man unterstellt, dass – wie die Antragstellerin vorgetragen hat – vor dem Bundespatentgericht keine dezidierte Diskussion über die weiteren Merkmale der im Termin eingereichten Hilfsansprüche II bis IV geführt wurde, so ist doch davon auszugehen, dass sich der fachkundig besetzte Beschwerdesenat auch mit dem hiesigen Merkmal 8 vor dem Hintergrund der technischen Lehre des zum Verfügungspatent weitgehend parallelen DE 197 25 477 befasst hat, bevor er eine vorläufige Würdigung der neuen Hilfsanträge im Hinblick auf die Erfindungshöhe vornahm.
Auch unter Zugrundelegung der von der Antragstellerin vertretenen Auslegung der Merkmale 4 und 8 sind diese Merkmale durch die Entgegenhaltung E8 offenbart, die technische Lehre des von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Anspruchs 1 nahegelegt.
Die Kammer vermag eine ausrechende Wahrscheinlichkeit für den Rechtsbestand des Verfügungspatents, die den Erlass bzw. die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung vom 10. Januar 2007 auch unter Abwägung mit den Interessen der Antragsgegnerin rechtfertigen könnte, nicht zu erkennen. Die angegriffene Beschussverfügung war daher aufzuheben.

IV.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 6; 711 Satz 1 und 2; 709 Satz 2; 108 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 150.000,- € festgesetzt.