4a O 63/06 – Papierrollensäge

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 679

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 3. Mai 2007, Az. 4a O 63/06

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des Patents DE 44 39 xxx (Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 05.11.1994 angemeldet und dessen Erteilung am 18.01.1996 veröffentlicht wurde. Das Patent steht in Kraft.Das Klagepatent bezieht sich auf ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Sägen von Papierrollen. Patentanspruch 1, auf den sich die Vorrichtungsansprüche 5 bis 9 rückbeziehen, lautet:
Patentanspruch 1
Verfahren zum Sägen von Papierrollen (16) mit einer Tragwalzen-Rollensäge (10), dadurch gekennzeichnet, dass man die Tragwalzen (14) derart einstellt, dass die Papierrolle (16) gegen einen festen Anschlag (18) an einem axialen Ende getrieben wird, und dass man den in bezug auf den Anschlag (18) jenseits des Sägeschnittes (24) liegenden Abschnitt (28) der Papierrolle während des Sägevorgangs in die dem Anschlag (18) entgegengesetzte Richtung drückt oder zieht.

Der von der Klägerin hilfsweise in Kombination mit Patentanspruch 1 geltend gemachte Patentanspruch 2 lautet:
Patentanspruch 2
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man an der Stelle des Sägeschnittes (24) mindestens eine Spaltkeilrolle (30) radial in die Schnittfuge vorspannt, um die beiderseits des Sägeschnittes (24) liegenden Abschnitte (26, 28) der Papierrolle (16) auseinander zu drücken.

Die von der Klägerin in Kombination mit Patentanspruch 1 geltend gemachten Patentansprüche 5 bis 7 des Klagepatents lauten wie folgt:
Patentanspruch 5
Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, mit einer Tragwalzen-Rollensäge (10) mit paarweise angeordneten waagerechten, annähernd parallel verlaufenden Tragwalzen (14) zur drehbaren Abstützung der Papierrolle (16) und mit einem im wesentlichen von oben in die rotierende Papierrolle (16) einschneidenden Sägeblatt (22), dadurch gekennzeichnet, das an einem Ende des Tragwalzenpaares ein fester Anschlag (18) für die Papierrolle (16) vorgesehen ist und dass die Tragwalzen (14) zumindest in einem an den Anschlag (18) angrenzenden axialen Abschnitt derart angestellt sind, dass sie in Richtung auf den Anschlag V-förmig auseinanderlaufen oder etwas abfallen.
Patentanspruch 6
Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass zwei durchgehende, auf ganzer Länge V-förmig angestellte Tragwalzen (14) vorgesehen sind und dass ein Trennmechanismus (30; 32) vorgesehen ist, der den jenseits des Sägeschnittes (24) liegenden Abschnitt (28) der Papierrolle (16) in Axialrichtung von dem Sägeblatt (22) fernhält.
Patentanspruch 7Vorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Trennmechanismus aus mindestens einer Spaltkeilrolle (30) besteht, die die Form einer Linse oder eines Doppelkegels hat und an der Stelle des Sägeschnittes (24) radial in die Schnittfuge eindrückbar ist.

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 1 zeigt eine Seitenansicht einer Tragwalzen-Rollensäge, mit der das erfindungsgemäße Verfahren durchführbar ist. Figur 2 zeigt eine Querschnittsdarstellung zu Figur 1. Figur 3 zeigt einen schematischen Grundriss einer Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens.

Die Beklagte stellt Rollensägen her. Im Jahre 2005 lieferte sie an die A Ltd. & Co. KG sowie an die Papierverarbeitung B GmbH & Co. in Hamburg je eine von ihr hergestellte Tragwalzenrollensäge. Eine weitere Tragwalzenrollensäge lieferte die Klägerin an die C GmbH in.
Die Tragwalzenrollensägen haben die nachfolgend wiedergegebene Gestalt:

Das nachfolgende Lichtbild zeigt eine Papierrolle, in die von rechts oben das Sägeblatt eingebracht wird:

Die auf dem vorstehenden Bild links erkennbare Metallrolle wird nachfolgend aus unmittelbarer Nähe gezeigt:

Die Metallrolle ist gemäß der von der Beklagten vorgelegten und von der Klägerin nicht bestrittenen Skizze folgendermaßen aufgebaut:

Folgende Lichtbilder zeigen, wie eine Tragwalze auf dem Maschinenbett befestigt ist:

Bereits im Jahr 1998 hatte die Beklagte an eine “Firma D“ eine Tragwalzenrollensäge geliefert. Daraufhin hatte die Klägerin, vertreten durch ihre Patentanwälte, die Beklagte abgemahnt.
Die Klägerin ist der Ansicht, die gelieferten Maschinen verletzten das Klagepatent. Dass die Tragwalzen V-förmig auseinanderliefen, ergebe sich daraus, dass Stellschrauben zur Lagerverschiebung der Tragwalzen vorgesehen seien. Ohne eine V-förmige Anordnung oder ein Abfallen der der Tragwalzen lasse sich im Übrigen ein millimetergenauer Schnitt nicht ausführen. Eine Spaltkeilrolle, die die Papierrollenteile in der Schnittfuge auseinanderdrücke, sei vorhanden. Die Rolle sei zu diesem Zweck auch dicker ausgebildet als das Sägeblatt.

Die Klägerin beantragt,

I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Einwands des Fortsetzungszusammenhangs in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
eine Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens zum Sägen von Papierrollen mit einer Tragwalzen-Rollensäge mit Tragwalzen, die derart eingestellt sind, dass die Papierrolle gegen einen festen Anschlag an einem axialen Ende getrieben wird, und bei dem man den in Bezug auf den Anschlag jenseits des Sägeschnittes liegenden Abschnitt der Papierrolle während des Sägevorgangs in die dem Anschlag entgegengesetzte Richtung drückt oder zieht, mit paarweise angeordneten waagerechten, annähernd parallel verlaufenden Tragwalzen zur drehbaren Abstützung der Papierrolle und einem im Wesentlichen von oben in die rotierende Papierrolle einschneidenden Sägeblatt
gewerbsmäßig herzustellen und/oder anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen,
welche dadurch gekennzeichnet ist, dass an einem Endes des Tragwalzenpaares ein fester Anschlag für die Papierrolle vorgesehen ist und dass die Tragwalzen zumindest in einem an den Anschlag angrenzenden axialen Abschnitt derart angestellt sind, dass sie in Richtung auf den Anschlag V-förmig auseinander laufen und dass zwei durchgehende, auf ganzer Länge V-förmig angestellte Tragwalzen vorgesehen sind und dass es einen Trennmechanismus gibt, der den jenseits des Sägeschnittes liegenden Abschnitt der Papierrolle in Axialrichtung von dem Sägeblatt fernhält, wobei der Trennmechanismus aus mindestens einer Spaltkeilrolle besteht, die die Form einer Linse oder eines Doppelkegels hat und die an der Stelle des Sägeschnitts radial in die Schnittfuge eindrückbar ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den Handlungen gemäß Ziffer I. für die Zeit ab dem 18.02.1996 entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Beklagte wird verurteilt,
1. der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I. bezeichneten Handlungen seit dem 18.02.1996 begangen hat und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Angebote der Vorrichtungen entsprechend vorstehend I. aufgeschlüsselt nach Inhalten, Leistungsentgelten sowie unter Einschluss der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
b) der einzelnen Lieferungen von Vorrichtungen unter Angabe der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferzeiten, Lieferpreise und Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der Gestehungskosten unter Nennung der einzelnen Kostenfaktoren sowie des erzielten Gewinns,

2. der Klägerin Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von Verletzungsgegenständen zu erteilen, die die Beklagte nicht selbst hergestellt hat, und zwar durch Übersendung einer Aufstellung über die Menge der bestellten und erhaltenen Gegenstände unter Angabe der Namen und Adressen der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
wobei der Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und ihrer Angebotsempfänger nur einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie diesen ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

hilfsweise
I.
Die Beklagte hat es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Einwands des Fortsetzungszusammenhangs in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
anderen als zur Benutzung der Erfindung gemäß dem deutschen Patent DE 44 39 xxx C 1 (Ansprüche 1 und 2) berechtigten Personen Tragwalzen-Rollensägen anzubieten oder zu liefern, die bestimmt und geeignet sind, ein Verfahren zum Sägen von Papierrollen mit einer Tragwalzenrollensäge anzuwenden,
welches dadurch gekennzeichnet ist, dass die Tragwalzen derart eingestellt sind, dass die Papierrolle gegen einen festen Anschlag an einem axialen Ende der Tragwalzen getrieben wird und man den – bezogen auf den Anschlag – jenseits des Sägeschnittes liegenden Abschnitt der Papierrolle während des Sägevorganges in die dem Anschlag entgegengesetzte Richtung drückt oder zieht und an der Stelle des Sägeschnittes mindestens eine Spaltkeilrolle radial in die Schnittfuge vorspannt, um die beiderseits des Sägeblattes liegenden Abschnitte der Papierrolle auseinander zu drücken;

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den Handlungen gemäß Ziffer I. entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Beklagte wird verurteilt,
der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I. bezeichneten Handlungen seit dem 18.02.1996 begangen hat und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Angebote der Vorrichtungen entsprechend vorstehend I. aufgeschlüsselt nach Inhalten, Leistungsentgelten sowie unter Einschluss der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
b) der einzelnen Lieferungen von Vorrichtungen unter Angabe der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferzeiten, Lieferpreise und Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der Gestehungskosten unter Nennung der einzelnen Kostenfaktoren sowie des erzielten Gewinns.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die Lehre des Klagepatents nicht. Bei der angegriffenen Ausführungsform würde die Papierrolle nicht gegen einen festen Anschlag an einem axialen Ende der Tragwalzen getrieben im Sinne des Merkmals 3 (vgl. unten stehende Merkmalsgliederung). Vielmehr werde die Papierrolle lediglich vor dem Sägevorgang von einer Transportvorrichtung an den Anschlag geführt. Weiter ergebe sich aus den von der Klägerin vorgelegten Lichtbildern nicht, dass die Tragwalzen – wie die Merkmale 12 und 13 des Vorrichtungsanspruchs es erforderten – V-förmig ausgestellt seien. Zudem sei kein Trennmechanismus im Sinne der Merkmale 4, 14 bis 17 vorhanden, der an der Stelle des Sägeschnittes radial in die Schnittfuge eindrückbar sei und der den jenseits des Sägeschnittes liegenden Abschnitt der Papierrolle von dem Sägeblatt fernhalte. Bei der auf Bild 4 und 14 der Anlage K 4 sichtbaren Rolle handele es sich nicht um eine Spaltkeilrolle, sondern um eine Zentrierrolle. Diese diene dazu, die Absaughaube zu zentrieren, die beim Sägevorgang über die Sägeschnittstelle angeordnet werde, um entstehenden Papier- und Feinstaub abzusaugen. Die Zentrierrolle sei schmaler als das Sägeblatt ausgestaltet und es sei nicht vorgesehen, dass die Zentrierrolle Druck auf einen der Papierrollenabschnitte ausübe. Würde dies passieren, würden vielmehr das Papier und auch die Zentrierrolle selbst beschädigt. Die Rolle habe auch nicht die Form eines Doppelkegels. Die Beklagte beruft sich im Übrigen auf Verwirkung und Verjährung, da der Klägerin angebliche Verletzungshandlungen bereits im Jahr 1998 bekannt gewesen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadensersatz aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 9 Nr. 1, 140a, b PatG; §§ 242, 259 BGB nicht zu. Die Klägerin hat nicht hinreichend dargetan, dass die angegriffene Ausführungsform alle Merkmale der in Kombination geltend gemachten Patentansprüche 1, 5, 6 und 7 des Klagepatents verwirklicht.

I.
Das Klagepatent schützt in den Patentansprüchen 1 und 2 ein Verfahren zum Sägen von Papierrollen; in den in Kombination geltend gemachten Patentansprüchen 5, 6 und 7 ist eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens geschützt.

Insbesondere in der Druckindustrie ist es nach der Beschreibung des Klagepatents erforderlich, auf Rollen geliefertes Papier auf eine verarbeitungsfähige Breite zu bringen. Im Stand der Technik war bekannt, die Papierbahn von der Rolle abzuziehen, durch eine Schneidstation zu führen und schließlich die so gewonnenen schmaleren Bahnen auf Rollen aufzuwickeln. Dieses Verfahren kritisiert das Klagepatent als sehr zeitraubend und kostspielig.
Es sei daher die Möglichkeit erörtert worden, die Papierrolle im aufgerollten Zustand mit einer Tragwalzen-Rollensäge zu zersägen. Dabei liege die Papierrolle auf zwei parallel nebeneinander liegenden Tragwalzen auf. Die Papierrolle werde um ihre Längsachse gedreht, während ein Sägeblatt langsam von oben in die rotierende Rolle einschneide.
Allerdings bestehe bei dieser Vorgehensweise die Gefahr, dass das Sägeblatt beim Sägevorgang beschädigt werde oder verklemme. Komme harzgetränktes Papier zum Einsatz, so könne das Sägeblatt sogar verkleben.
Als weiteren Stand der Technik erwähnt das Klagepatent die DE-GM 77 17 683, die eine Maschine zum Durchtrennen von Hülsen beschreibt. Dabei wird die Hülse auf eine Welle gesteckt. Um sicherzustellen, dass die Hülse auch während des Schneidvorgangs in ihrer Position bleibt, wird sie mittels eines über einen Aufspannknopf an der Welle befestigten Zugseils gegen den festen Anschlag getrieben. Allerdings sei diese Vorrichtung nicht zum Sägen von Papierrollen geeignet, die wegen ihres großen Gewichts während des Sägevorgangs auf Tragwalzen abgestützt werden müssten.

Das Klagepatent beschreibt es vor diesem Hintergrund als das Problem der Erfindung, ein Verfahren zum Sägen von Papierrollen mit einer Tragwalzen-Rollensäge anzugeben, bei dem eine Beschädigung oder ein Verklemmen des Sägeblatts zuverlässig verhindert werden kann.

Dies soll durch die klagepatentgemäßen Verfahrens- und Vorrichtungsansprüche erreicht werden, die folgende Merkmale aufweisen:
1. Verfahren zum Sägen von Papierrollen (16)
2. mit einer Tragwalzen-Rollensäge (10), das dadurch gekennzeichnet ist,
3. dass man die Tragwalzen (14) derart einstellt, dass die Papierrolle (16) gegen einen festen Anschlag (18) an einem axialen Ende getrieben wird, und
4. dass man den in bezug auf den Anschlag (18) jenseits des Sägeschnittes (24) liegenden Abschnitt (28) der Papierrolle während des Sägevorgangs in die dem Anschlag (18) entgegengesetzte Richtung drückt oder zieht.
Anspruch 1
5. und dass man an der Stelle des Sägeschnittes (24) mindestens eine Spaltkeilrolle (30) radial in die Schnittfuge vorspannt,
6. um die beiderseits des Sägeschnittes (24) liegenden Abschnitte (26, 28) der Papierrolle (16) auseinander zu drücken.
Anspruch 2
7. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1
8. mit einer Tragwalzen-Rollensäge (10),
9. mit paarweise angeordneten waagerechten, annähernd parallel verlaufenden Tragwalzen (14) zur drehbaren Abstützung der Papierrolle (16) und
10. mit einem im wesentlichen von oben in die rotierende Papierrolle (16) einschneidenden Sägeblatt (22);
11. an einem Ende des Tragwalzenpaares ist ein fester Anschlag (18) für die Papierrolle (16) vorgesehen;
12. die Tragwalzen (14) sind zumindest in einem an den Anschlag (18) angrenzenden axialen Abschnitt derart angestellt, dass sie in Richtung auf den Anschlag V-förmig auseinanderlaufen oder etwas abfallen;
Anspruch 5
13. es sind zwei auf ganzer Länge V-förmig angestellte Tragwalzen (14) vorgesehen;
14. es ist ein Trennmechanismus (30; 32) vorgesehen, der den jenseits des Sägeschnittes (24) liegenden Abschnitt (28) der Papierrolle (16) in Axialrichtung von dem Sägeblatt (22) fernhält;
Anspruch 6
15. der Trennmechanismus besteht aus mindestens einer Spaltkeilrolle (39);
16. die Spaltkeilrolle hat die Form einer Linse oder eines Doppelkegels und
17. die Spaltkeilrolle ist an der Stelle des Sägeschnittes (24) radial in die Schnittfuge eindrückbar.
Anspruch 7
II.
Der Hauptantrag, mit dem die Klägerin eine Verletzung des auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Anspruchs 5 in Kombination mit den Ansprüchen 6 und 7 geltend macht, ist unbegründet.

Dabei kann dahinstehen, ob die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 3, 12 und 13 verwirklicht, nach denen die Papierrolle durch eine V-förmige Ausgestaltung der Tragwalzen gegen einen festen Anschlag getrieben werden muss.

Denn jedenfalls hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan, dass die Merkmale 4, 14, 15 und 17 bei der angegriffenen Ausführungsform erfüllt sind. Nach diesen Merkmalen muss eine Spaltkeilrolle vorgesehen sein, die an der Stelle des Sägeschnitts radial in die Schnittfuge eindrückbar ist und die den jenseits des Sägeschnitts liegenden Abschnitt der Papierrolle in Axialrichtung von dem Sägeblatt fernhält.

Der Spaltkeilrolle kommt nach der Klagepatentschrift die Funktion zu, den vom Anschlag entfernten Abschnitt der Papierrolle von dem Sägeblatt fernzuhalten. Damit soll erreicht werden – wie in der Klagepatentschrift mehrfach betont wird -, dass der Papierrollenabschnitt nicht gegen das Sägeblatt drückt, so dass dieses verklemmen könnte (Spalte 2, Zeilen 8-14; Zeilen 33-38; Spalte 3, Zeilen 36-48). Eine solche Vorrichtung zum Fernhalten der Papierrolle vom Sägeblatt ist insbesondere deshalb erforderlich, weil die Papierrolle bei dem erfindungsgemäßen Verfahren als Ganzes in Richtung des Anschlags gedrückt wird. Auch der jenseits des Sägeblatts liegende Abschnitt würde daher in diese Richtung tendieren, wenn er hiervon nicht durch eine Trennvorrichtung abgehalten würde. Daraus folgt, dass die Trennvorrichtung derart beschaffen sein muss, dass sie geeignet ist, mit der Papierrolle im Sägebetrieb in Berührung zu kommen und einen Gegendruck auf diese auszuüben. Denn schließlich muss die Spaltkeilrolle einen Abschnitt der Papierrolle, der sich in eine Richtung, nämlich in Richtung des Anschlages, bewegt, aus dieser Richtung zurückdrängen.

Die Beklagte hat bestritten, dass es sich bei der auf Lichtbild 8 und 9 der Anlage K 4 gezeigten Eintrichtung um eine Spaltkeilrolle handelt, die dazu geeignet ist, mit der Papierrolle in Berührung zu kommen und diese zur Seite zu drängen. Die Beklagte hat vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung näher ausgeführt, dass es sich vielmehr um eine Zentrierrolle handele, die schmaler sei als das Sägeblatt und deshalb nicht geeignet sei, einen Gegendruck auf die Papierrolle auszuüben. Die Zentrierrolle diene dazu, die Absaughaube, die den beim Sägevorgang erzeugten Papier- und Feinstaub aufsaugen solle, an den Sägespalt heranzuführen. Die Absaughaube, von der – wie auf dem Lichtbild der Anlage K 6, 2. Seite unten zu erkennen sei – ein Schlauch wegführe, sei durch einen schmalen Arm mit der Sägevorrichtung verbunden. Bei dem Sägevorgang werde die Sägevorrichtung und damit auch die Absaughaube unweigerlich in Schwingungen versetzt. Um dennoch eine zentrale Positionierung der Absaughaube über dem Sägespalt durchgehend zu gewährleisten, werde die Zentrierrolle eingesetzt. Die Absaughaube werde in einem gewissen Abstand zu der Papierrolle gehalten, indem die Flächen C (Anlage B 3) der Zentrierrolle auf den Papierrollen abliefen. Zudem werde durch die Zentrierrolle verhindert, dass sich die Absaughaube seitlich wegbewege. Bei seitlichen Bewegungen würde die Zentrierrolle links und rechts gegen Papierrollen stoßen und dadurch die Absaughaube zurückhalten. Allerdings sei die Zentrierrolle nicht derart stabil, dass sie – ohne selbst beschädigt zu werden oder die Papierrolle zu beschädigen – einen Gegendruck auf die Papierrolle ausüben könne, also einen Abschnitt der Papierrolle zur Seite drängen könne im Sinne des Klagepatents.

Durch diesen in sich schlüssigen Vortrag hat die Beklagte die Behauptung der Klägerin, wonach die auf den Lichtbildern sichtbare Metallrolle als eine Trennvorrichtung im Sinne des Klagepatents fungiere, ausreichend konkret bestritten. Auf diesen Vortrag hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert erwidert, so dass sie ihrer sekundären Darlegungslast gemäß § 138 Abs. 2 ZPO nicht genügt hat.

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie selbst bei der angegriffenen Ausführungsform eine tatsächliche Feststellung hat treffen können, wonach die auf Lichtbild 14 der Anlage K 4 sichtbare Scheibe bei der angegriffenen Ausführungsform als Trennmechanismus (Spaltkeilrolle) im Sinne der Merkmale 4 und 14 arbeitet. Die Klägerin beruft sich in Bezug auf diesen Punkt vielmehr lediglich darauf, dass jedenfalls die von der Beklagten beschriebene Funktion der Metallrolle nicht nachvollziehbar sei: wenn es nur darum ginge, die Absaughaube zu zentrieren, so wäre es – so die Klägerin – sinnvoller, jeweils kleine Rollen links und rechts vom Sägeschnitt anzubringen. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, weshalb überhaupt eine millimetergenaue Positionierung der Absaughaube erforderlich sein solle. Da es aber dem Schutzrechtsinhaber im Verletzungsprozess obliegt, den Tatbestand der Schutzrechtsverletzung darzulegen, genügt es nicht, wenn er lediglich den Vortrag der Gegenseite als unplausibel darstellt. Vielmehr muss er die Verwirklichung eines jeden Merkmals positiv darlegen. Im Übrigen sind aber die Ausführungen der Beklagtenseite auch nicht unplausibel. Da die Absaughaube nur über einen schmalen, langen Verbindungsarm mit der Sägevorrichtung verbunden ist und weil die Sägevorrichtung beim Sägevorgang erheblichen Schwingungen ausgesetzt ist, liegt es durchaus nahe, dass die freischwebende Absaughaube sich aus ihrer Position verschwenken würde, wenn sie nicht durch eine Vorrichtung über dem Sägespalt zentriert würde. Der Metallrolle kommt danach eine sinnvolle Funktion zu.

Des weiteren hat sich die Klägerin darauf berufen, es sei aus den Lichtbildern von der Rolle erkennbar, dass diese eine ausreichende Stabilität für eine Trennfunktion aufweise. Wenn die Klägerin allein aus den Lichtbildern die Eignung der Rolle herleitet, die zwei Papierrollenabschnitte auseinander zu drücken, obwohl die Beklagte konkret vorgetragen hat, dass die Zentrierrolle sich selbst und der Papierrolle Schaden zufügen würde, wenn sie Druck ausüben würde, dann ist dies nicht ausreichend. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass sie alles ihr Zumutbare unternommen hat, um tatsächliche Feststellungen zur Eignung der Rolle als Trennmechanismus zu treffen, es ihr aber gleichwohl nicht möglich gewesen ist.

Von einer Verwirklichung der Merkmale 4, 14, 15 und 17 konnte daher nicht ausgegangen werden.

III.
Auch der Hilfsantrag, mit dem die Klägerin eine Verletzung des Patentanspruchs 1 in Kombination mit Patentanspruch 2 geltend macht, ist nicht begründet. Denn auch diese Ansprüche setzen mit den Merkmalen 4, 5 und 6 voraus, dass eine Spaltkeilrolle vorhanden ist, die die beiderseits des Sägeblatts liegenden Abschnitte der Papierrolle auseinander drückt. Dies ist aber nach den vorstehenden Ausführungen bei der angegriffenen Ausführungsform nicht ersichtlich. Um eine Verletzung der in Kombination geltend gemachten Verfahrensansprüche 1 und 2 des Klagepatents festzustellen, wäre im Übrigen – insoweit noch weitergehend als bei den Vorrichtungsansprüchen 5, 6 und 7 in Verbindung mit Anspruch 1 des Klagepatents – erforderlich, dass die Metallrolle tatsächlich aktuell als trennende Spaltkeilrolle eingesetzt wird, was die Klägerin erst recht nicht dargetan hat. Nicht ausreichend ist im Rahmen dieses Verfahrensanspruchs die Feststellung, dass die Metallrolle hierzu lediglich geeignet ist.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709, 108 Abs. 1 ZPO.

Streitwert: 1.100.000,00 EUR.