21 O 24892/05 – Zahnärztlicher Pulverstrahler

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 781

Landgericht München I
Urteil vom 21. März 2007, Az. 21 O 24892/05

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
und folgenden Beschluss:
Der Streitwert des Verfahrens wird auf € 500.000,– festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob ein von den beiden Beklagten unter der Bezeichnung „XY“ angebotenes zahnärztliches Handstück zur Erzeugung eines Pulverstrahls, das europäische Patent der Klägerin EP 0 870 xxx verletzt.
Die Klägerin ist eingetragene, alleinige und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des europäischen Patentes EP 0 870 xxx (Klagepatent), angemeldet am 27.3.1989, Anmeldung veröffentlicht am 14.10.1998, Hinweis auf die Patenterteilung bekannt gemacht am 28.2.2001. Das Klagepatent (Patentschrift siehe Anlage K2) steht im Bereicht der Bundesrepublik Deutschland in Kraft.
Das Patent betrifft ein zahnärztliches Handstück zur Prophylaxebehandlung von kariösen Zähnen mit einem mit Luft vermischten Pulver und Wasser. Derartige Vorrichtungen waren aus dem Stand der Technik bereits bekannt. Die Klagepatentschrift bezieht sich insbesondere auf die US-Patentschrift 4,648,840:

[0002] Bei einem aus der US 4 648 040 bekannten Handstück der vorgenannten Art ist an dem rückwärtigen Ende einer Griffhülse ein integrierter Pulverbehälter angeordnet, der eine für die Zahnbehandlung vorbestimmte Pulvermenge bevorratet. Der Pulverbehälter ist als ein zylindrischer Topf ausgebildet, dessen Achse im wesentlichen senkrecht zu der Griffhülse ausgerichtet ist. Dieser zylindrische Topf weist an seinem offenen Ende eine Schraubverbindung mit der Griffhülse auf. An dieser Schraubverbindung sind in der Griffhülse das gegen den Boden des Topfes ausgerichtete Einlaßende einer Zuleitung für Druckluft und unmittelbar daneben das Auslaßende einer Überführungsleitung für Pulver im Gemisch mit Luft jeweils als achsparallele Anschlußbohrungen dieser beiden Leitungen ausgebildet. Ein in dem Pulverbehälter gebildetes Pulver-Luft-Gemisch wird über die Überführungsleitung an eine Mehrfach-Düsenanordnung überführt, die an einem vorderen Sprühkopf des Handstückes vorhanden ist. Mit dieser Düsenanordnung ist auch eine Zuleitung für Wasser verbunden, damit zum Zeitpunkt einer Zahnbehandlung eine gemeinsame Abgabe mit dem Pulver-Luft-Gemisch erhalten wird. Die Zuleitung von Druckluft erfolgt gemeinsam mit einer Zuleitung von Wasser über eine an dem rückwärtigen Ende der Griffhülse vorgesehene Turbinen-Schnellkupplung eines Versorgungsan-. Schlusses für Luft und Wasser.
Die Klagepatentschrift kritisiert an dieser Vorrichtung:

[0003] Durch die topfförmige Ausbildung des Pulverbehälters und die dafür vorgesehenen Anschlösse der Zuleitung für die Druckluft und der Überführungsleitung für das Pulver-Luft-Gemisch können sich während einer Zahnbehandlung ungünstige Mischungsverhältnisse der Luft mit dem Pulver ergeben. Damit die Prophylaxe-Behandlung nicht unnötig benachteiligt wird, erfordert daher das bekannte Handstück ein vermehrtes Geschick des behandelnden Zahnarztes, wobei er auch das unterschiedliche Schwereverhalten des Handstük-kes einbeziehen muß, welches sich aus der bei anderen Handstöcken seiner täglichen Praxis nicht vorhandenen Anordnung des Pulverbehälters in dar unmittelbaren Nähe der Turbinen-Schnellkupplung des Versorgungsanschlusses für Luft und Wasser ergibt.
Hiervon ausgehend formuliert das Klagepatent die Aufgabe, die mit der Erfindung gelöst werden soll wie folgt:
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein zahnärztliches Handstück zur Prophylaxe-Behandlung von kariösen Zähnen mit einem mit Luft vermischten Pulver und Wasser bereitzustellen, bei welchem die Vermischung des Pulvervorrates innerhalb des integrierten Pulverbehälters einer Griffhülse mit der aus einem Versorgungsanschluß über eine Turbinen-Schnellkupplung zugeleiteten Druckluft weniger kritisch abläuft und bei welchem der Zahnarzt für die Dauer einer Zahnbehandlung eine größere Freiheit bei der Handhabung
die Handstückes erhält,
und umschreibt die Lösung der Aufgabe wie folgt:
[0005] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß bei einem zahnärztlichen Handstück mit integriertem Pulverbehälter dieser Pulverbehälter als ein geschlossener und räumlich nach allen Richtungen als eine Wirbelkammer wirksamer Rotationshohlkörper ausgebildet ist, bei welcher die Auslaß- und Einlaßenden der Druckluft-Zuleitung und der Überführungslei-tung für das Pulver-Luft-Gemisch im wesentlichen in der geometrischen Mitte dieses Rotationshohlkörpers angeordnet sind.
[0006] Der für den Pulverbehälter vorgesehene Rotationshohlkörper ergibt mit seinem Hohlraum Strömungsverhältnisse für die zugeleitete Druckluft, die unabhängig von jedem willkürlichen Halten des Handstük-kes eine optimale Vermischung der Luft mit dem Pulver sicherstellen. Damit wird auch eine gleichbleibende Konsistenz des gebildeten Luft-Pulver-Gemisches und dessen sichere Überführung an die Düsenanordnung des Sprühkopfes gewährleistet. Für die Vermischung der Luft mit dem Pulver können dabei die Verhältnisse einer nahezu idealen Wirbelkammer insbesondere dann erhalten werden, wenn der Rotationshohlkörper als eine Hohlkugel ausgebildet ist. Ebenso optimale Strömungsverhältnisse sind jedoch auch erreichbar mit der Ausbildung des Rotationshohlkörpers als ein hohles Rotationsellipsoid, dessen Hauptachse in der Längsrichtung der Griffhülse verläuft. Dabei können auch geeignete Prallflächen in dem Hohlraum des Rotationshohlkörpers vorgesehen sein, um eine Verwirbelung des Pulver-Luft-Gemisches noch vor seiner Überführung in die Überführungsleitung noch weiter zu begünstigen. Eine ebenso günstige Beeinflussung der Verhältnisse beim Vermischen der Luft mit dem Pulver kann auch damit erhärten werden, daß der Rotationshohlkörper etwa auf halber Länge der Griffhülse angeordnet wird, um so mit dem integrierten Pulverbehälter im wesentlichen den Schwerebereich des Handstückes auszubilden. Mit einer solchen Anordnung des PuIverbehälters kann nämlich das Handstück nach dem Diktat der gewünschten Zahnbehandlung willkürlich manipuliert werden bei ständiger Sicherstellung von optimalen Verhältnissen für die Vermischung der zugeleiteten Druckluft mit dem bevorrateten Pulver. Die beabsichtigte Prophylaxe-Behandlung kann daher entsprechend optimal ausgeführt werden.

Der Patentschrift sind drei Zeichnungen beigefügt, die nachfolgend wiedergegeben werden:

Die Beschreibung vermerkt hierzu:
[0007] Weitere Merkmale und Vorteile des erfindungsgemäßen Handstückes ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung eines in der Zeichnung schematisch dargestellten Ausführungsbeispieles. Es zeigt
Fig. 1 eine Perspektivansicht in teilweise auseinandergezogener Darstellung des Handstückes mit einem integrierten Pulverbehälter in der Ausbildung einer Hohlkugel,
Fig. 2 eine teilweise geschnittene Gesamtansicht
des Handstückes und
Fig. 3 eine Schnittdarstellung der mit Rohrstücken ausgebildeten Auslaß- und Einlaßenden der Druckluft-Zuleitung und der Überführungsleitung für das Pulver-Luft-Gernisch bei dem
Handstück der Fig. 1 und 2.
und speziell zur Ausgestaltung des Rotationshohlkörpers und der darin befindlichen Rohrstücke:

[0011] Die Ausbildung des Pulverbehälters 2 als ein geschlossener Rotationshohlkörper bevorzugt in der Form einer Hohlkugel mit einer Anordnung im wesentlichen im Schwerebereich des Handstückes 1 ergibt für die Vermischung des in dem Pulverbehälter bevorrateten Pulvers mit der Druckluft nahezu ideale Mischungsverhältnisse. Eine solche Hohlkugel kann nämlich hinsichtlich der in ihr vorherrschenden Strömungsverhältnisse als eine räumlich nach allen Richtungen wirksame Wirbelkammer angesehen werden. Die besonderen Strömungsverhältnisse innerhalb der Hohlkugel werden primär damit optimiert, daß die Druckluft gemäß der Darstellung in Fig. 2 über ein Rohrstück 13 in den Innenraum der Hohlkugel zugeleitet wird. Das Rohrstück 13 bildet dabei das Auslaßende der Zuleitung für Druckluft, die über die vorerwähnte Schnellkupplung an den gemeinsamen Versorgungsanschluß für Luft und Wasser angeschlossen ist. Das Rohrstück 13 ist in die mit der Griffhülse 5 gemeinsame Wand 14 der einen Kugelhälfte 3 so eingesetzt, daß mit diesem Rohrstück eine im wesentlichen auf die Kugelmitte ausgerichtete Anordnung erhalten wird. Zu dem Auslaßende des Rohrstückes 13 ist andererseits das Einlaßende einer zu der Mehrfach-Düsenanordnung 11 des Sprühkopfes 10 führenden Überführungsleitung 15 für Pulver im Gemisch mit Luft unmittelbar benachbart angeordnet. Auch dieses Einlaßende der Überführungsleitung 15 ist mit einem Rohrstück 16 ausgebildet, welches wie das Rohrstück 13 im wesentlichen auf die Mitte der mit den beiden Kugelhälften 3 und 4 gebildeten Hohlkugel ausgerichtet ist. Auch das Rohrstück 16 ist in die mit der einen Kugelhäifte 3 gemeinsame Wand 14 der Griffhülse 5 eingesetzt.

[0015] Aus der Fig. 2 ist weiterhin ableitbar, daß die beiden Rohrstücke 13 und 16 bei einer Ausbildung des Pulverbehälters 2 in der Form einer Hohlkugel unter einem Winkel von etwa 130° bis 135° schräg zueinander verlaufen. Mit dieser Ausrichtung der beiden Rohrstücke werden optimale Strömungs- und Mischungsverhältnisse in dem Innenraum der Hohlkugel angestrebt, sobald Druckluft über das eine Rohrstück 13 für eine intensive Vermischung mit dem in dem Pulverbehälter bevorrateten Pulver zugeleitet wird. Wenngleich bereits mit der Formgebung der Hohlkugel sichergestellt ist, daß der für die Vermischung der Luft mit dem Pulver genutzte Hohlraum als eine Wirbelkammer zur Verfügung steht, die räumlich nach allen Richtungen wirksam ist, kann die damit erreichte Durchwirbelung des Pulver-Luft-Gemisches noch weiter durch das Vorsehen von Prallflächen begünstigt werden, wie bspw. einer Prallfäche 19, die für die eine Kugelhälfte 3 mit einer mit der Wand 14 einstückigen Ausbildung gezeigt ist. Die räumliche Wirkung nach allen Richtungen dieser Wirbelkammer kann weiter dadurch begünstigt werden, daß das Auslaßende des Rohrstückes 13 gemäß der vergrößerten Darstellung in Fig. 3 mit einem perforierten Kranz von Luft-Auslaßöffnungen 20 stromaufwärts von einer endseitigen Verschlußplatte 21 versehen ist, die dabei unter einem Winkel von etwa 45° bis 60° schräg zu der Achse des Rohrstückes 13 ausgerichtet sein kann. [0013] Durch die schräg zueinander verlaufende Anordnung der beiden Rohrstücke 13 und 16 wird andererseits auch die Überführung des in dem Innen räum des Pulverbehälters gebildeten Pulver-Luft-Gemisches hin zu der Mehrfach-Düsenanordnung 11 an dem vorderen Sprüh köpf 10 der Griffhülse 5 begünstigt. Die Überführung kann dabei durch die ebenfalls in Fig. 3 vergrößert dargestellte Ausbildung des Auslaßendes der Überführungsleitung 15 begünstigt werden, nämlich mit der Ausbildung ebenfalls eines perforierten Kranzes von Einlaßöffnungen 22 stromabwärts von einem eine mittige Einlaßbohrung 23 aufweisenden endseitigen Düsenstück 24, welches wie das Verschlußstück 21 des Rohrstückes 13 für das Ende des Rohrstückes 16 vorgesehen ist. Um die Einströmverhältnisse an dem Einlaßende der Überführungsleitung 15 für das Pulver-Luft-Gemisch zu optimieren, kann dabei noch zweckmäßig vorgesehen sein, daß die Rohrstücke 13 und 16 zwischen einer kantenseitigen Berührungsstellung der Verschlußplatte 21 und des Düsenstückes 24 und einem kantenseitigen Abstand bis maximal etwa 1.0 bis 1.5 mm relativ zueinander verstellbar sind. Diese Verstellmöglichkeit wird dabei zweckmäßig mit einer relativ verstellbaren Anordnung der beiden Rohrstöcke in der Wand 14 dar Griffhülse 5 erhalten. Für die Wand 14 ist im übrigen in Fig. 2 noch eine Bohrung 25 gezeigt, mit welcher eine Teillänge der zu der Mehrfach-Düsenanordnung 11 des Sprühkopfes 10 führenden Zuleitung von Wasser ausgebildet ist. Diese Zuleitung von Wasser ist über die Turbinen-Schnellkupplung am rückwärtigen Ende der Griffhülse 5 an den Versorgungsanschluß für Luft und Wasser angeschlossen.
Zur Befüllung der Hohlkugel und der Demontionierung der Auslassöffnungen vermerkt die Patentbeschreibung:
[00181 Für eine mit dem Handstück beabsichtigte Einmalbehandlung kann dabei die Hohlkugel mit einem Volumen von etwa 50 cm3 ausgeführt sein und zu etwa einem Drittel mit dem Pulver gefüllt werden, wobei dafür bspw. Natrimbicarbonat als Hauptbestandteil oder auch andere Schleifkörner mit einer Korngröße bis maximal etwa 100 um verwendet werden. Bei diesen Werten weist jede Auslaßöffnung 20 am Auslaßende des Rohrstückes 13 einen Durchmesser von bspw. 0.4 mm auf, während jede Einlaßöffnung 22,23 am Einlaßende des Rohrstückes 16 dann einen Durchmesser von bspw. 0.0 mm aufweist.

Das Klagepatent beansprucht dementsprechend als Patentanspruch 1:
1. Zahnärztliches Handstück (1) zur Prophylaxe-Behandlung von kariösen Zähnen mit einem mit Luft vermischten Pulver und Wasser, mit
– einer Griffhülse (5);
– einem mit der Griffhülse (5) integrierten Pulverbehälter (2), der eine für die Zahnbehandlung vorbestimmte Pulvermenge bevorratet;
– einer mit dem Pulverbehälter (2) verbundenen
Zuleitung (13) für Druckluft;
– einer zwischen dem Pulverbehälter (2) und einer Mehrfach-Düsenanordnung (11) an einem vorderen Sprühkopf (10) der Griffhülse (5) verlaufenden Überführungsleitung (15) für Pulver im Gemisch mit Luft, deren behälterseitiges Einlaßende zu dem behälterseitigen Auslaßende der Druckluft-Zuleitung (13) benachbart angeordnet ist;
– einer mit der Mehrfach-Düsenanordnung (11) verbundenen Zuleitung (25) für Wasser; und
– einer am rückwärtigen Ende der Griffhülse (5) vorgesehenen Kupplungshäffte (12) einer Turbinen-Schnellkupplung eines Versorgungsanschlusses für Luft und Wasser;
dadurch gekennzeichnet, daß
– der Pulverbehälter (2) als ein geschlossener und räumlich nach allen Richtungen als eine Wirbelkammer wirksamer Rotationshohlkörper (3, 4) ausgebildet ist und
– die Auslaß- und Einlaßenden der Druckluft-Zuleitung (13) und der Überführungsleitung (15) für das Pulver-Luft-Gemisch im wesentlichen in der geometrischen Mitte dieses Rotationshohlkörpers (3, 4) angeordnet sind.

Die Beklagten bieten jedenfalls seit April 2005 über die Fachpresse (Anlage K3 und Anlage K5), per Messeauftritt (Prospekt Anlage K4) und über das Internet (Anlage K6) zahnärztliche Handstücke an, deren konstruktive Details teilweise der Fotostrecke Anlagenkonvolut K7, besser aber den Schnittzeichnungen (Anlagen B1 a bis c) entnommen werden können. Der Radius des kugelförmig ausgeformten Hohlkörpers beträgt 19 mm (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 26.5.2006 Seite 6, Blatt 40 der Akte). Die äußerste Streckung des auf den Zeichnungen B 1a bis c rechts angeordneten Lufteinlassrohres ist vom geometrischen Mittelpunkt der Kugel gut 7,5 mm entfernt, derjenige der beiden Lufteinlassschlitze in diesem Rohr, der näher zur Mitte hin angeordnet ist, ist von dieser 11 mm entfernt (siehe Klageerwiderung vom 26.6.2006, Seite 6, Blatt 40 der Akte).
Die Parteien streiten im wesentlichen darum, ob die Merkmale „deren behältersei-tiges Einlassende zu dem behälterseitigen Auslassende der Druckluft- Zuleitung benachbart angeordnet ist“ und „die Auslass- und Einlassenden der Druckluft-Zuleitung und der Überführungsleitung für das Pulver-Luft-Gemisch sind im wesentlichen in der geometrischen Mitte dieses Rotationskörpers angeordnet“ wortsinngemäß oder zumindest äquivalent erfüllt werden.
Die Klägerin ist insoweit der Auffassung, bei der Bestimmung des Auslassendes der Druckluftzuleitung sei auf den am weitesten in den Hohlkörper hineinragenden Punkt des Zuleitungsrohrs abzustellen. Dieser liege, bei Betrachtung der Queransicht (Y-Z-Ebene) 7,52 mm vom geometrischen Mittelpunkt des Hohlkörpers entfernt, was für eine Erfüllung des Merkmals „im wesentlichen in der geometrischen Mitte“ noch ausreiche (vgl. Anlage K10a). Umso mehr müsse dies gelten, als bei Betrachtung des Hohlkörpers in der Aufsicht (X-Y-Ebene) und der Frontalansicht (X-Z-Ebene) jeweils festzustellen sei, dass das Röhrchen der Druckluftzuleitung exakt mittig auf der Y- bzw. Z-Achse angeordnet sei. Aus einer Mittelung der somit von ihr angenommenen Werte von 60 %, 100 % und 100 % Nähe zur Mitte in den drei Ebenen errechnet die Klägerin eine gemittelte Nähe von 83,33 %.
Vor diesem Hintergrund seien die beiden Enden der Druckluftzuleitung und der Überführungsleitung auch noch als benachbart anzusehen, so dass insgesamt eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents anzunehmen sei.
Selbst wenn man das Auslassende der Druckluftzuleitung nicht mehr als im wesentlichen in der geometrischen Mitte liegend ansehen würde, sei dieses jedenfalls noch soweit mittig angeordnet, dass das Pulver jedenfalls innerhalb des Rotationshohlkörpers optimal vermischt werde. Da das Einlassende der Überführungsleitung fast exakt in der geometrischen Mitte des Rotationshohlkörpers angeordnet sei, werde dessen Wirkungsweise identisch übernommen, da dort das optimale Gemisch an Luft und Pulver sicher abgeführt werde. Durch die Anordnung der Auslass- und Einlassenden des Verletzungsgegenstandes würden damit nicht nur die zwei wesentlichen Aufgaben des Klagepatents erfüllt, sondern auch die zwei wesentlichen Vorteile erzielt, nämlich einerseits einer optimaler Vermischung von Luft und Pulver und andererseits eine sichere Abführung des optimalen Luft-Pulver-Gemisches unabhängig von der Handhaltung des Zahnarztes zu erreichen. Dies sei als Gleichwirkung anzusehen, die die Klägerin auch im Versuch bestätigen könne. Zu den Einzelheiten wird auf Seite 12 ff. der Replik vom 18.10.2006 (Blatt 64 bis 66 der Akte) und die Anlage K12 verwiesen. Es habe sich dabei gezeigt, dass das Pulver über den gesamten Versuchszeitraum, bei dem das Handstück auf einer Waage gelagert gewesen sei, gleichmäßig verbraucht worden sei. Der gleiche Effekt habe auch beobachtet werden können, als das wandseitige zweite Auslassende der Druckluftzuleitung vor Versuchsbeginn verschlossen worden sei. Für die Wirkungsweise des Verletzungsgegenstands sei daher das andere, näher zur Mitte des Rotationshohlkörpers hin angeordnete Auslassende der Druckluftzuleitung, das für eine gleichmäßige und optimale Verwirbelung des Pulvers Sorge, verantwortlich. Eine geringfügige Lageänderung der Druckluftzuleitung aus der geometrischen Mitte des Hohlkörpers beeinträchtige somit die patentgemäße Wirksamkeit nicht. Dies habe der Fachmann im Prioritätszeitpunkt angesichts der idealen Strömungsverhältnisse in einem Rotationshohlkörper auch offensichtlich erkennen können; er habe eine solche gleichwertige Lösung daher auch ohne weiteres in Betracht ziehen können.
Die Klägerin beantragt daher:
I. Die Beklagten werden verurteilt, [es I. die Beklagten zu verurteilen], es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgelds von € 5,00 bis € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung Ordnungshaft bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft der Beklagten an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen“ ist‘,
zu unterlassen,
im deutschen territorialen Geltungsbereich des europäischen Patents EP 0 870 xxx, zahnärztliche Handstücke zur Prophylaxe-Behandlung von kariösen Zähnen mit einem mit Luft vermischten Pulver und Wasser, mit
– einer Griffhülse;
– einem mit der Griffhülse integrierten Pulverbehälter, der eine für die Zahnbehandlung vorbestimmte Pulvermenge bevorratet;
– einer mit dem Pulverbehälter verbundenen Zuleitung für Druckluft;
– einer zwischen dem Pulverbehälter und einer Mehrfach-Düsenanordnung an einem vorderen Sprühkopf der Griffhülse verlaufenden Überführungsleitung für Pulver im Gemisch mit Luft, deren behälterseitiges Einlassende zu dem behälterseitigen Auslassende der Druckluft-Zuleitung benachbart angeordnet ist;
– einer mit der Mehrfach-Düsenanordnung verbundenen Zuleitung für Wasser; und
– einer am rückwärtigen Ende der Griffhülse vorgesehenen Kupplungshälfte einer Turbinen-Schnellkupplung eines Versorgungsanschlusses für Luft und Wasser;
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei dem
– der Pulverbehälter als ein geschlossener und räumlich nach allen Richtungen als eine Wirbelkammer wirksamer Rotationshohlkörper ausgebildet ist und
– die Auslass- und Einlassenden der Druckluft- Zuleitung und der Überführungsleitung für das Pulver-Luft-Gemisch im Wesentlichen in der geometrischen Mitte dieses Rotationshohlkörpers angeordnet sind.
und hilfsweise:
(Urteilsformel und Merkmale aus dem Stand der Technik wie oben) …
herstellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei dem
– der Pulverbehälter als ein geschlossener und räumlich nach allen Richtungen als eine Wirbelkammer wirksamer Rotationshohlkörper ausgebildet ist und
– die Auslass- und Einlassenden der Druckluftzuleitung und der Überführungsleitung für das Pulver-Luft-Gemisch in mindestens zwei von drei

sich im geometrischen Zentrum des Rotationshohlkörpers ortogonal sich schneidenden Eben mittig und in der dritten Ebene etwa mittig zwischen dem geometrischen Zentrum und der Wandung des Rotationshohlkörpers angeordnet sind,
wie aus den drei nachfolgenden Schnittzeichnungen (.Queransicht, Aufsicht Frontalansicht) ersichtlich:

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, der Klägerin für die unter I bezeichneten Handlungen
1. in der Zeit vom 14.11.1989 bis zum 27.03.2001 eine angemessene Entschädigung zu bezahlen,
2. allen Schaden zu ersetzen, der ihr seit dem 28.03.2001 entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und
Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter I bezeichneten Handlungen seit dem 28.03.2001 begangen haben unter Vorlage eines verbindlichen und vollständigen Verzeichnisses, dass die folgenden Angaben zu enthalten hat:
1. Die einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer.
2. Die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger.
3. Die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.
4. Die Gestehungskosten, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kostenfaktoren und des erzielten Gewinns, wobei nur diejenigen Gemeinkosten zu berücksichtigen sind, die den Handlungen gemäß Ziffer I unmittelbar zuzuordnen sind, wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigen und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
IV. Die Beklagten werden verurteilt, die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen, rechtswidrig hergestellten und/oder zur rechtswidrigen Benutzung und/oder zum rechtswidrigen in Verkehr Bringen bestimmten Erzeugnisse gemäß Ziffer I an einen von der Klägerin beauftragten Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung herauszugeben.
Die Beklagten beantragen:
Klageabweisung
und hilfsweise
das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des europäischen Patents 0 870 xxx (Klagepatent) erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.
Die Beklagten vertreten die Ansicht, dass es bei der Betrachtung nicht auf die Enden der Rohrstücke, sondern die Punkte, an denen die in den Rohren befindlichen Leitungen tatsächlich in den Rotationshohlkörper münden, ankomme. Schon beim Einlassende der Überführungsleitung sei dieser Punkt 4 mm von der geometrischen Mitte beabstandet. Beim näher zur Mitte gelegenen Auslassende der Druckluftzuleitung betrage dieser Abstand 11,5 mm, so dass der Auslass nur noch 7,5 mm von der Wandung der Wirbelkammer entfernt sei. In beiden Fällen stelle sich die Frage, ob Auslass bzw. Einlass noch „im wesentlichen in der geometrischen Mitte“ liegen würden; im Falle des Auslasses sei dies klar zu verneinen.
Da auch zwischen Einlass und Auslass ein Abstand von 15 mm zu messen sei, könne bei einem Radius der Wirbelkammer von 19 mm auch nicht mehr die Rede davon sein, dass beide Enden benachbart zueinander angeordnet seien.
Schließlich sei auch unter dem Gesichtspunkt der von der Klägerin eingeführten nach den drei Ebenen im. Raum getrennten Betrachtung keine andere Einschätzung veranlasst. Denn zwei Punkte innerhalb einer Kugel oder auf dem Umfang einer Kugel, deren Verbindungslinie durch den Mittelpunkt der Kugel verlaufe, seien immer in zwei Richtungen (X-, Y-, Z-Dimensionen) der Kugel mittig angeordnet, unabhängig davon, welchen Abstand sie in der dritten Richtung (Dimension) voneinander hätten. Dies treffe sogar auf zwei am Umfang der Kugel, das heißt, an deren Wandung angeordnete Punkte zu, deren Verbindungslinie durch den Mittelpunkt der Kugel verlaufe. Diese Punkte seien daher im Bezug auf die erste Richtung (beispielsweise Z-Richtung) zu 100 % zentrisch angeordnet und ebenfalls im Bezug auf die zweite Richtung (beispielsweise X-Richtung) zu 100 % zentrisch angeordnet. Im Bezug auf die dritte Richtung (beispielsweise Y-Richtung) wiesen sie einen Abstand voneinander auf, der dem Durchmesser der Kugel entspreche. Selbst in diesem extremen Beispiel würde die Klägerin mit ihrer Mittelung der drei beobachteten Ebenen noch zu einem Zentrierungsgrad von 66,66 % und damit weit über 50 % kommen, obwohl die Punkte in Y-Richtung den größtmöglichen Abstand, der überhaupt in einer Kugel möglich sei, hätten. Es komme daher insoweit auch nicht mehr darauf an, dass die Klägerin sich zudem verrechnet habe und ihre Rechnung nicht zu einem Mittelwert von 83,33 %, sondern zu einem solchen von 79,66 % führen müsste.
Eine äquivalente Verletzung scheide aus. Die Ausführungsform der Beklagten stelle gerade nicht eine die Funktion der Merkmale „benachbart angeordnet“ und „im wesentlichen in der geometrischen Mitte angeordnet“ ersetzende Anordnung dar. Insbesondere rage das Auslassende der Druckluftzuleitung nicht in jeder Stellung des Handstücks über den empfohlenen Pulverfüllstand von 1/3 hinaus. Es sei daher gerade nicht bei jedem willkürlichen Halten des Handstücks eine optimale Vermischung der Luft mit dem Pulver hergestellt. Bei der Ausführungsform der Beklagten komme es zudem gar nicht darauf an, dass das Auslassende der Druckluftzuleitung den Pulverstand in der Wirbelkammer überrage. Dies zeige sich auch an dem dort vorgesehen zweiten Auslassende, welches unmittelbar benachbart zur Wandung der Hohlkugel liege und somit sehr häufig von Pulver bedeckt sei. Es sei gezielt keine mittige Lage des Auslassendes der Druckluft zur Leitung vorgesehen worden, sondern eine mehr der Wandung zugewandte Lage, um auf diese Weise mit Hilfe der Auslassenden (Düsenschlitze) eine Luftströmung im Wesentlichen tangential zur Wirbelkammerwand zu erzeugen. Durch die doppelten Auslassenden werde zudem ein zweifacher Luftstrom erzeugt, welcher tangential gegeneinander gerichtet sei. Mit dem Handstück der Beklagten werde daher ein optimaler Verwirbelungseffekt erreicht, ohne eine im Wesentlichen zentrische Lage des Austrittendes der Druckluftzuleitung zu benötigen.
An dem von der Klägerin beschriebenen Versuch zur Feststellung der Gleichwirkung bemängelt die Beklagten zudem die statische Lage des Handstückes während des Versuchsablaufs. Damit könne gerade nicht belegt werden, dass das Handstück (wie von der Klägerin für ihre Erfindung in Anspruch genommen) in allen sechs Freiheitsgraden bewegt werden könne, ohne dass sich die Vermischung von Luft und Pulver verändere.

Die Beklagte hat gegen das Klagepatent auch Nichtigkeitsklage zum Bundespatentsgericht erhoben. Hinsichtlich der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 26.6. und 29.11.2006 mit Anlagen sowie den klägerischen Schriftsatz vom 29.9.2006 verwiesen.
Auch im Übrigen haben die Parteien sich in der mündlichen Verhandlung ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze bezogen, § 137 III ZPO.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das von den Beklagten vertriebene Handstück macht von der Lehre des Klagepatents weder wortsinngemäß noch äquivalent Gebrauch.
I. Der streitrelevante Patentanspruch 1. lässt sich im Sinne einer Merkmalsanalyse wie folgt gliedern:
1. zahnärztliches Handstück (1) zur Prophylaxe-Behandlung von kariösen Zähnen mit einem mit Luft vermischten Pulver und Wasser, mit
2. einer Griffhülse (5);
3. einem mit der Griffhülse (5) integrierten Pulverbehälter,
a. der eine für die Zahnbehandlung vorbestimmte Pulvermenge bevorratet;
4. einer mit dem Pulverbehälter (2).verbundenen Zuleitung (13) für Druckluft;
5. einer Überführungsleitung (15)
a. für Pulver im Gemisch mit Luft,
b. zwischen dem Pulverbehälter (2) und einer Mehrfach-
Düsenanordnung (11) verlaufend
c. [Mehrfach-Düsenanordnung (11)], an einem vorderen Sprühkopf
(10) der Griffhülse (5)
d. deren behälterseitiges Einlassende zu dem behälterseitigen Auslas
sende der Druckluft-Zuleitung (13) benachbart/angeordnet ist;
6. einer mit der Mehrfach-Düsenanordnung (11) verbundenen Zuleitung (25) für Wasser; und
7. einer Kupplungshälfte (12)
a. einer Turbinen-Schnellkupplung eines Versorgungsanschlusses für
Luft und Wasser;
b. am rückwärtigen Ende der Griffhülse (5) vorgesehen;
8. der Pulverbehälter (2) ist als ein Rotationshohlkörper (3, 4) ausgebildet,
a. dieser ist geschlossen und räumlich nach allen Richtungen als eine Wirbelkammer wirksam;
9. die Auslass- und Einlassenden der Druckluft-Zuleitung (13) und der Überführungsleitung (15) für das Pulver-Luft-Gemisch sind im Wesentlichen in der geometrischen Mitte dieses Rotationshohlkörpers (3, 4) angeordnet.
II. Die angegriffene Ausführungsform der Beklagten macht von Merkmal 9 keinen wortsinngemäßen Gebrauch. Das Auslassende der Druckluft-Zuleitung liegt weder unmittelbar noch im Wesentlichen in der geometrischen Mitte der kugelförmig ausgebildeten Wirbelkammer.
1. Der Bereich des „Auslassendes“ der Druckluft-Zuleitung, der für die Lagebestimmung im Sinne des Merkmals 9 maßgeblich ist, wird durch die Auslassöffnung des in den Hohlkörper ragenden Rohrstücks bestimmt.
Welcher Teil der in den Figuren 1 bis 3 beispielhaft dargestellten Rohrstücke 13 bzw. 16 als Auslass- bzw. Einlassende aufzufassen ist, wird von der Patentschrift nicht genau definiert. In Abschnitt [0011] der Beschreibung wird das gesamte Rohrstück in Bezug genommen, ohne hier näher zu differenzieren:
„Das Rohrstück 13 bildet dabei das Auslassende der Zuleitung für Druckluft, die …“.
In Abschnitt [0015] wird als weitere Ausführungsmöglichkeit eine besondere Ausbildung des „Auslassendes“ beschrieben, die erkennen lässt, dass – entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch – hiermit derjenige Bereich gemeint ist, an dem die Luft tatsächlich ausströmt:
„Die räumliche Wirkung nach allen Richtungen dieser Wirbelkammer kann weiter dadurch begünstigt werden, dass das Auslassende des Rohrstücks 13 gemäß der vergrößerten Darstellung in Fig. 3 mit einem perforierten Kranz von Luft-Auslassöffnungen 20 stromaufwärts von einer endseitigen Verschlussplatte 21 versehen ist, die …“.
Eine vergleichbare Aussage findet sich in Abschnitt [0016] zur Ausbildung des Auslassendes (richtig eigentlich: „Einlassendes“) der Überführungsleitung 15, wobei dort zusätzlich zu dem „perforierten Kranz von Einlassöffnungen 22″ im Rohr auch dessen „endseitiges Düsenstück“ auch eine mittige „Einlassbohrung 23″ aufweisen soll.
Der mit der Herstellung patentgemäßer und vergleichbarer Handstücke betraute Fachmann wird nach Lektüre der Patentschrift die Begriffe somit funktional verstehen und auf diejenigen Abschnitte der Rohrstücke abstellen, an denen tatsächlich der Auslass der Zuluft aus der Druckluft-Zuleitung (13) bzw. der Einlass des Pulver-Luft-Gemischs in die Überführungsleitung (15) erfolgt. In diesem Sinne werden die Begriffe auch sowohl von der Beklagten (Schriftsatz vom 26.06.2006, Seite 3 ff. = Bl. 37 ff. d.A.) als auch teils von der Klägerin, die zwischen den beiden „Auslassenden“ der Druckluft-Zuleitung (das eine in der Nähe der Wand, das andere im wesentlichen in der Mitte des Rotationshohlkörpers) unterscheidet (Schriftsatz vom 18.10.2006, Seite 13 = Bl. 65 d.A.), verwendet. Dieses funktionale Verständnis erscheint auch einleuchtend: Wäre bei der Ausführungsform der Beklagten nur die eine, nahe zur Wand hin angeordnete Öffnung vorgesehen worden, könnte der dann funktionslos, weil ohne weitere Öffnung in den Hohlkörper hineinragende Rohrstumpf schwerlich mehr als „Auslassende“ bezeichnet werden.
Unabhängig von der Frage, ob als „Auslassende“ des Rohrstücks im weiteren Sinne dessen gesamter Bereich um den eigentlichen Zuluftauslass verstanden werden kann, kommt es für die Bestimmung der Frage, ob dieses noch „im wesentlichen in der geometrischen Mitte des Rotationshohlkörpers“ angeordnet ist, allein auf den funktionellen Auslass der Zuluft und nicht etwaige funktionslose Teile des Rohrstücks an.
2. Liegt der Zuluftauslass im Bereich derjenigen Hälfte des Kugelradius, der näher zur Wand als zum Mittelpunkt der Kugel angeordnet ist, kann das Merkmal „im wesentlichen in der geometrischen Mitte“ nicht mehr wortlautgemäß erfüllt sein.
a) Die geometrische Mitte einer Kugel lässt sich angesichts ihrer nach allen Richtungen symmetrischen Form eindeutig durch ihren Mittelpunkt bestimmen, von dem alle Punkte der Kugeloberfläche (bei Betrachtung einer kugelförmigen Hohlkammer: Kugelwand) im selben Abstand liegen. Dieser Abstand bestimmt den Radius der Kugel.
b) Angesichts dieser einfachen Form, die auch für den dreidimensionalen Raum ohne weiteres allein durch Mittelpunkt und Radius beschrieben werden kann, bedarf es der von der Klägerin angestellten Betrachtungen von drei, jeweils senkrecht zueinander stehenden zweidimensionalen Ebenen, die durch den Kugelkörper gelegt werden, nicht mehr.
Derartige Betrachtungen können einerseits für die Beschreibung eines dreidimensionalen Körpers immer nur Hilfsüberlegungen darstellen. Andererseits sind die von der Klägerin angestellten prozentualen Berechnungen auch deswegen nicht zielführend, weil ihr Ergebnis von vornherein von der Frage abhängt, wie genau die drei (Hilfs-)Ebenen durch den dreidimensionalen Körper gelegt werden. Da diese sich in einem Punkt, dem Ursprung des durch sie gebildeten Koordinatensystems, schneiden, um den das System der drei Ebenen in alle Richtungen geschwenkt werden kann, gibt es unendlich viele Möglichkeiten, drei Ebenen durch einen dreidimensionalen Gegenstand zu legen. Hat dieser zudem um eine in alle Richtungen symmetrischen Form wie die Kugelform, gibt es auch keinen Anhaltspunkt, welcher dieser willkürlich wählbaren Möglichkeiten der Vorzug zu geben wäre. Ebenso wie die Klägerin die Ebenen (ausgehend von einem Längsschnitt durch das gesamte Handstück wie in Fig. 2) so legen konnte, dass zwei von ihnen durch das irgendwo zwischen Kugelmitte und Kugelwand liegende Rohrende (von ihr mit Auslassende gleichgesetzt) schneiden, wäre eine Anordnung möglich gewesen, bei der dieses auf keiner der drei Ebenen liegt. Hierzu hätte das Koordinatensystem nur leicht um dessen (auf den Mittelpunkt der Kugel gelegten) Ursprung bzw. der betrachtete Gegenstand nur leicht um den Kugelmittelpunkt geschwenkt werden müssen. Der von der Klägerin als Ergebnis präsentierte Durchschnittswert der – in den drei zweidimensionalen Betrachtungen ermittelten – Abweichungen von der Mitte sähe dann jeweils ganz anders aus.
c) Der Fachmann wird bei Lektüre der Patentschrift erkennen, dass die Ortsangabe in Merkmal 9 nicht nur einen Punkt, sondern einen ganzen Bereich umfasst. Dies ergibt sich allein schon aus der Tatsache, dass zwei verschiedene Gegenstände (Einlass- und Auslassende) sich an diesem Ort befinden sollen, zum anderen aber auch aus der erweiternden Angabe „im wesentlichen in der geometrischen Mitte angeordnet“.
d) Ebenso klar erschließt sich für den Fachmann aber auch, dass der beschriebene Bereich sich nicht uferlos erstrecken kann. Er wird daher nach Anhaltspunkten suchen, die eine Einschätzung ermöglichen, bis zu welcher Sphäre innerhalb der Hohlkugel der „im wesentlichen“ der Mitte zuzuschreibende Bereich sich erstreckt. Aus den Patentansprüchen erhält er hierzu den Anhaltspunkt, dass ein großer Abstand zwischen den beiden in diesen Bereich anzuordnenden Teilen (Einlass- und Auslassende) nicht erforderlich ist. Diese sollen vielmehr „benachbart angeordnet“
sein (Merkmal 5 d) von Anspruch 1), wobei sich die beiden zueinander nächstliegenden Bauteile dieser Teile Verschlussplatte 21 und Düsenstück 24, bei idealer Anordnung entweder berühren oder einen Abstand haben von
„maximal etwa 1,0 bis 1,5 mm“
(Unteranspruch 13). Auch wenn es sich hinsichtlich des letztgenannten Merkmals um ein solches einer bevorzugten Ausführungsform handelt, kann der Fachmann hieraus und den hierzu ergänzenden Angaben in der Beschreibung der Patentschrift entnehmen, dass ein großer Abstand der beiden Teile von der geometrischen Mitte der Hohlkugel oder voneinander weder erforderlich noch zur Lösung der dem Erfinder gestellten technischen Aufgabe nahegelegt wird. So heißt es im Gegenteil in der Beschreibung unter Abschnitt [0011]:
„Das Rohrstück 13 ist in die mit der Griffhülse 5 gemeinsam e Wand 14 der einen Kugelhälfte 3 so eingesetzt, dass mit diesem Rohrstück eine im wesentlichen auf die Kugelmitte ausgerichtete Anordnung erhalten wird. Zu dem Auslassende des Rohstückes 13 ist andererseits das Einlassende einer zu de Mehrfach-Düsenanordnung 11 des Sprühkopfes 10 führende Überführungsleitung 15 für Pulver im Gemisch mit Luft unmittelbar benachbart angeordnet.“
(Hervorhebungen hinzugefügt)
Ein gewisses Indiz, wieweit die beiden erwähnten Teile in die Kugel reichen müssen, lässt sich auch noch der Angabe in Abschnitt [0018] entnehmen, wonach die Hohlkugel bei der Behandlung „zu einem Drittel mit dem Pulver gefüllt werden“
könne. Dieser Füllstand würde damit eine Höhe erreichen, die zwei Drittel des Abstandes zwischen Wand und Mittelpunkt der Kugel (Radius) entspricht.
e) Wenn der Fachmann somit schon aus der Patentschrift keine Anhalts
punkte entnehmen kann, die für eine extensive Auslegung des Merkmals
„im wesentlichen in der Mitte“ sprechen, so weiß er andererseits aufgrund
seines allgemeinen Fachwissens, dass der Bereich um die Mitte jeden
falls dann verlassen wird, wenn der Abstand zur Mitte dem Abstand zur
Wandung der Kugel gleichkommt oder diesen gar übersteigt. Der Bereich
„im wesentlichen in der Mitte“ kann sich also (bei der gebotenen dreidimensionalen Betrachtung) maximal bis zu der Sphäre erstrecken, deren Radius gerade noch kleiner ist als der halbe Radius der Hohlkugel. Die Sphären, die durch einen Radius größer als der halbe Kugelradius gekennzeichnet sind, bilden die Peripherie der Kugel, und können daher
nicht mehr als im Wesentlichen in deren Mitte liegend bezeichnet werden.
f) Da der näher zur Mitte liegende Auslass des Rohrs 13 bei der angegriffenen Ausführungsform der Beklagten von der Mitte ca. 11 mm entfernt ist, der Kugelradius aber nur 19 mm beträgt, ist der Bereich „im wesentlichen in der Mitte“ vorliegend klar verlassen. Die Tatsache, dass das Rohr 13 mit seiner äußersten, dort aber funktionslosen, Ausdehnung dem Mittelpunkt bis zu einem Abstand von gut 7,5 mm nahekommt, steht dieser Einschätzung nach dem oben 1) Ausgeführten nicht entgegen. Auch nach den Grundsätzen der Entscheidungsfamilie des BGH vom 12. 3. 2003 (so etwa GRUR 2003, 523, 525 – Custodiol I) ist das Auslassende der Druckluft- Zuführungsleitung somit nicht mehr im wesentlichen in der geometri-
sehen Mitte des Rotationshohlkörpers angeordnet, sondern deutlich näher an der Wand.
III. Die angegriffene Ausführungsform der Beklagten macht von Merkmal 9 auch keinen äquivalenten Gebrauch.
Eine äquivalente Verletzung scheidet aus, da nicht ersichtlich ist, dass eine besondere, die Funktion des genannten Merkmals ersetzende Anordnung vorläge. Die Anordnung des Auslasses jenseits des halben Radius, also in der Peripherie, stellt keine besondere sonstige Anordnung dar, sondern die genaue Alternative zu der vom Patent vorgeschlagenen Anordnung im Bereich der Mitte der Hohlkugel.
Die Argumentation der Klägerin, auch bei einer Lage außerhalb der Mitte, wie sie die Beklagte bei ihrem zweiten, näher zur Mitte gelegenen Auslassende der Druckluft-Zuleitung gewählt hat, würden die erfindungsgemäß angestrebten Vorteile (optimale Vermischung und sichere Abführung des Luft-Pulver-Gemischs) erreicht, läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass es nicht darauf ankomme, ob die Zuführungsleitung im wesentlichen in oder – wie in der Anlage B 1 dargestellt – deutlich außerhalb der geometrischen Mitte angeordnet ist. Hiermit wird bei Heranziehung der Grundsätze der Batteriekastenschnur-Entscheidung des BGH (GRUR 1989, 903) die Äquivalenzprüfung verlassen und es wird der Schutz einer – nach allgemeiner Meinung nur in einem hier ebenfalls nicht erkennbaren Ausnahmefall im Schutzbereich liegenden – Unterkombination geltend gemacht.
IV. Es kann somit dahinstehen, dass die angegriffene Ausführungsform der Beklagten darüber hinaus auch von Merkmal 5 d) weder wortsinngemäß noch äquivalent Gebrauch macht.
Der Begriff „benachbart“ kann nur relativ zu der Gesamterstreckung der Hohlkugel, deren Radius 19 mm beträgt, bestimmt werden. Liegen Auslassende und Einlassende soweit entfernt, dass der Abstand zwischen Auslass und Einlass (ca. 15 mm) den Abstand zwischen Auslass und Wand (ca. 8 mm) weit übersteigt und demjenigen zwischen Wand und Einlass (ca. 15,5 mm) in etwa gleich kommt, kann schon vom allgemeinen Sprachgebrauch her nicht mehr von einer „benachbarten“ Lage gesprochen werden. Erst recht wird der Fachmann zu dieser Einschätzung bei Berücksichtigung der Anhaltspunkte kommen, die er den Patentansprüchen und der Patentbeschreibung (siehe hierzu oben ll.2.b) entnehmen kann. Diese deuten, ebenso wie die dem Patent beigefügten Zeichnungen des Ausführungsbeispiels auf eine erheblich nähere Lage zwischen Einlass- und Auslassende der beiden Leitungen hin, die im Bereich von jedenfalls deutlich unter 10 mm anzunehmen ist.
Auch insoweit laufen die von der Klägerin angestellten Äquivalenzbetrachtungen im Ergebnis darauf hinaus, dass trotz nicht mehr benachbarter Lage die patentgemäße Aufgabe gelöst wird, so dass das Merkmal 5 d) insgesamt überflüssig wäre.
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V. Nebenentscheidungen
1. Kosten: §91 ZPO
2. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 1, 2 ZPO
3. Streitwert: §§ 3 ff. ZPO, 3, 49 GKG