4b O 209/06 – Elektronenstrahl-Therapiegerät

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 701

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. August 2007, Az. 4b O 209/06

I.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu 1) zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

ein Elektronenstrahltherapiesystem, welches mobil ist und ein Gehäuse, eine Elektronenerzeugungseinrichtung zum Erzeugen eines Elektronenstrahls, wobei die Elektronenerzeugungseinrichtung in dem Gehäuse angeordnet ist, einen Linearbeschleuniger, welcher in dem Gehäuse und relativ zu der Elektronenerzeugungseinrichtung derart angeordnet ist, dass der erzeugte Elektronenstrahl den Linearbeschleuniger kolinear in Richtung der Elektronenbahn in dem Linearbeschleuniger verlässt, und vor dem Eingang des Linearbeschleunigers ein Magnet derart angeordnet ist, dass der Elektronenstrahl vor dem Eintritt in den Linearbeschleuniger eine Ablenkung von 0° bis 5,2° erfährt, eine Applikatoreinrichtung, welche in dem Elektronenstrahlaustrittsbereich des Gehäuses zum Festlegen der Behandlungsfeldgröße angeordnet ist, aufweist,

in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr zu bringen,

wobei der durch die Elektronenerzeugungseinrichtung erzeugte Elektronstrahl einem geradlinigem Pfad zu der Applikatoreinrichtung folgt und wobei eine Einrichtung zum Positionieren des Gehäuses derart vorgesehen ist, dass die Applikatoreinrichtung den Elektronenstrahl zu einer vorbestimmten Stelle bei der Patientenbehandlung richtet;

2.
der Klägerin in geordneter Form schriftlich darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie – die Beklagte zu 1) – die unter 1. bezeichneten Handlungen seit dem 13.04.1996 begangen hat, und zwar unter Angabe

a)
der Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotspreisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

b)
der Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c)
von Art und Umfang der betriebenen Werbung,

d)
der einzelnen Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

w o b e i

– die Angaben zu d) lediglich für die Zeit seit dem 17.11.2001 zu machen sind;

– der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte zu 1) dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist,

1.
der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 13.04.1996 bis zum 16.11.2001 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.
der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 17.11.2001 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Beklagten zu 2) und 3) werden verurteilt,

1.
es bei Meidung der unter I.1. bezeichneten Ordnungsmittel, die hinsichtlich der Beklagten zu 2) an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollziehen sind, zu unterlassen,

a)
ein Elektronenstrahltherapiesystem der unter I.1. bezeichneten Art in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen;

b)
ein Elektronenstrahltherapiesystem, welches mobil ist und ein Gehäuse, eine Elektronerzeugungseinrichtung zum Erzeugen eines Elektronstrahls, wobei die Elektronenerzeugungseinrichtung in dem Gehäuse angeordnet ist, einen Linearbeschleuniger, welcher in dem Gehäuse derart relativ zu der Elektronenerzeugungseinrichtung angeordnet ist, dass der erzeugte Elektronenstrahl den Linearbeschleuniger kolinear in Richtung der Elektronenbahn in dem Linearbeschleuniger verlässt, eine Applikatoreinrichtung, welche in dem Elektronenstrahlaustrittsbereich des Gehäuses zum Festlegen der Behandlungsfeldgröße angeordnet ist, aufweist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen,

wobei der durch die Elektronenerzeugungseinrichtung erzeugte Elektronenstrahl einem geradlinigen Pfad zu der Applikatoreinrichtung folgt und wobei eine Einrichtung zum Positionieren des Gehäuses derart vorgesehen ist, dass die Applikatoreinrichtung den Elektronenstrahl zu einer vorbestimmten Stelle bei der Patientenbehandlung richtet;

2.
der Klägerin in geordneter Form schriftlich darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie – die Beklagten zu 2) und 3) – die unter 1. bezeichneten Handlungen seit dem 13.04.1996 begangen haben, und zwar unter Angabe der unter I.2. a) bis d) bezeichneten Einzelangaben,

w o b e i

– in Bezug auf das Therapiegerät gemäß 1.a) lediglich die Einzeldaten zu I.2.a) und b) geschuldet sind, allerdings ohne Lieferzeiten und Lieferpreise;

– der Beklagte zu 3) sämtliche Angaben und die Beklagte zu 2) die Angaben zu d) nur für die Zeit seit dem 17.11.2001 zu machen haben;

– den Beklagten zu 2) und 3) ein Wirtschaftsprüfervorbehalt gemäß Ziffer I.2. eingeräumt wird.

IV.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu III.1. bezeichneten, seit dem 17.11.2001 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

V.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) darüber hinaus verpflichtet ist, der Klägerin für die zu III.1. bezeichneten, in der Zeit vom 13.04.1996 bis zum 16.11.2001 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

VI.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

VII.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1) zu jeweils 1/6, die Beklagten zu 2) und 3) zu jeweils 1/3. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 1) 1/6 und tragen die Beklagten zu 2) und 3) jeweils 1/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) fallen der Klägerin zur Hälfte zur Last. Eine weitergehende Kostenausgleichung findet nicht statt.

VIII.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 1.000.000,00 € und für die Beklagte zu 1) wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 7.500,00 € vorläufig vollstreckbar.

IX.
Der Streitwert wird für die Zeit bis zum 31.07.2007 auf 1.000.000,00 € und für die Zeit danach auf 850.000,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 700 xxx, das eine Unionspriorität vom 30.03.1993 in Anspruch nimmt und dessen Verfahrenssprache Englisch ist. Die zugrundeliegende Anmeldung wurde am 13.10.1994 veröffentlicht, der Hinweis auf die Patenterteilung am 17.10.2001 bekannt gemacht. Der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Patentanspruch 1 hat in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut:

„Therapiesystem mit beweglichem Elektronenstrahl, aufweisend ein Gehäuse (18), eine Elektronenerzeugungseinrichtung (12), die in dem Gehäuse zum Erzeugen eines Elektronenstrahls angeordnet ist, einen Linearbeschleuniger (14, 16), der in dem Gehäuse relativ zu der Elektronenerzeugungseinrichtung (12) derart angeordnet ist, dass der erzeugte Elektronenstrahl den Linearbeschleuniger kolinear in Richtung der Elektronenbahn in dem Beschleuniger verlässt, und eine Applikatoreinrichtung (19), die in dem Elektronenstrahlaustrittsbereich des Gehäuses (18) zum Festlegen der Behandlungsfeldgröße angeordnet ist,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,

dass der durch die Elektronenerzeugungseinrichtung (12) erzeugte Elektronenstrahl einem geradlinigen Pfad zu der Applikatoreinrichtung (19) folgt und dass eine Einrichtung (50) zum Positionieren des Gehäuses (18) derart vorgesehen ist, dass die Applikatoreinrichtung (19) den Elektronenstrahl zu einer vorbestimmten Stelle bei der Patientenbehandlung richtet.“

Die nachfolgend eingeblendeten Abbildungen (Figuren 1 und 2b der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Über eine gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage vom 21.06.2007 (Anlage B 7) ist derzeit noch nicht entschieden.

Die in Italien ansässige Beklagte zu 1) befasst sich mit der Herstellung von Elektronenstrahl-Therapiegeräten, welche sie in Italien, aber auch – unter anderem unter Vermittlung der Beklagten zu 2) – in der Bundesrepublik Deutschland vertreibt. Zur Angebots- und Lieferpalette gehört ein mobiler Beschleuniger für die intraoperative Bestrahlung (IORT) mit der Bezeichnung „A“, welchen die Beklagte zu 2) in ihrem Internetauftritt (Anlage K 17) wie folgt bewirbt:

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagten das „A“-Gerät in einer Version an die Universitätsklinik Heidelberg geliefert haben, wie sie aus der nachfolgend wiedergegebenen schematischen Darstellung (Anlage B 1) ersichtlich ist.

Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Elektronenerzeugungseinrichtung gegenüber dem Linearbeschleuniger um etwa 5° geneigt und zwischen beiden Bauteilen ein Umlenkmagnet angeordnet ist, der dafür sorgt, dass der erzeugte Elektronenstrahl kolinear zur Längsmittelachse des Linearbeschleunigers in diesen eingespeist wird.

In Italien – nach den Behauptungen der Klägerin auch in Deutschland – hat die Beklagte zu 1) außerdem eine Vorgängerversion vertrieben, bei der der Elektronenerzeuger und der Linearbeschleuniger exakt kolinear zueinander ausgerichtet waren. Eigenem Vorbringen zufolge hat die Beklagte zu 1) die betreffenden Geräte im Rahmen fälliger Wartungs- oder Reparaturmaßnahmen nach und nach im Sinne der oben angesprochenen „geneigten“ Version verändert. Grund hierfür sei gewesen, dass sich alsbald nach der Markteinführung des „A“-Gerätes herausgestellt habe, dass die Kathode des Elektronenerzeugers durch eine kolineare Anordnung vorzeitig Schaden nehme. Dass die Umrüstung in Italien zwischenzeitlich vollständig abgeschlossen ist, tragen die Beklagten nicht vor. Sie haben auch der im Verhandlungstermin vom 31.07.2007 erörterten Annahme nicht widersprochen, dass es sich bei dem am IEO in Mailand (Professor B) im Einsatz befindlichen „A“-Gerät nach wie vor um eine Ausführungsform mit kolinear zueinander angeordnetem Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger handelt.

Dass die ursprüngliche „A“-Version von den Merkmalen des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht, stellen die Beklagten nicht in Abrede. Die Klägerin ist der Auffassung, dass darüber hinaus auch die weiter entwickelte, „geneigte“ Ausführungsvariante die Merkmale des Klagepatents dem Wortsinn nach, zumindest aber äquivalent verwirkliche.

Mit ihrer Klage hat sie die Beklagten deshalb wegen beider Geräteversionen auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie Feststellung ihrer Entschädigungs- und Schadenersatzpflicht in Anspruch genommen. Im Verhandlungstermin vom 31.07.2007 hat die Klägerin ihre Klage sodann – mit Zustimmung der Beklagten – insoweit zurückgenommen, als gegenüber der Beklagten zu 1) irgendwelche und gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) Ansprüche auf Rechnungslegung, Entschädigung und Schadenersatz wegen Inverkehrbringens der ursprünglichen Version des „A“-Gerätes erhoben worden sind. Die Klägerin hat ferner den weitergehenden, auf die „geneigte“ Ausführungsform gestützten Entschädigungsanspruch einschließlich des korrespondierenden Rechnungslegungsanspruches, soweit er gegen den Beklagten zu 3) gerichtet war, zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt,

im Wesentlichen wie erkannt, jedoch ohne Wirtschaftsprüfervorbehalt und mit der Maßgabe, dass sie eine Entschädigung und begleitende Rechnungslegung auch für Benutzungshandlungen in der Zeit vom 13.03.1996 bis 12.04.1996 begehrt. Wegen der genauen Antragsfassung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 9.07.2007 (GA II 267-287) sowie Anlage 1 zum Sitzungsprotokoll vom 31.07.2007 (GA II 415) verwiesen.

Die Beklagten beantragen,

1.
die Klage abzuweisen;

2.
hilfsweise, das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen den deutschen Teil des Klagepatents anhängigen Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen.

Die Beklagten zu 2) und 3) bitten außerdem um Vollstreckungsschutz.

Die Beklagten bestreiten den Vorwurf der Patentverletzung. Geräte mit kolinear zueinander ausgerichtetem Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger seien in der Bundesrepublik Deutschland weder angeboten noch in Verkehr gebracht worden. Die weiterentwickelte „geneigte“ Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Wegen der vorhandenen Neigung zwischen Elektronenerzeugungseinrichtung und Beschleuniger könne keine Rede davon sein, dass beide Bauteile derart zueinander angeordnet seien, „dass der erzeugte Elektronenstrahl den Linearbeschleuniger kolinear in Richtung der Elektronenbahn in dem Beschleuniger verlässt“ und „der durch die Elektronenerzeugungseinrichtung erzeugte Elektronenstrahl einem geradlinigen Pfad zu der Applikatoreinrichtung folgt“. Die besagten Anspruchsmerkmale würden – nicht zuletzt wegen der Verwendung eines gesonderten Umlenkmagneten zwischen Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger – auch nicht äquivalent verwirklicht. In jedem Fall – so meinen die Beklagten – werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Patentanspruch 1 sei gegenüber der Ursprungsanmeldung unzulässig erweitert und beruhe überdies nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Eine persönliche Haftung des Beklagten zu 3) scheide ohnehin deshalb aus, weil er beim Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen nicht in eigener Person, sondern lediglich als Organ der Beklagten zu 2) gehandelt habe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage hat – abgesehen von geringfügigen Abstrichen beim Entschädigungs- und begleitenden Rechnungslegungsanspruch und abgesehen davon, dass den Beklagten von Amts wegen ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen war – auch in der Sache Erfolg.

Die Beklagten zu 2) und 3) haben in der Bundesrepublik Deutschland die – unstreitig patentverletzende – Ursprungsversion des „A“-Gerätes angeboten. Die weiter entwickelte „geneigte“ Ausführungsform benutzt ebenfalls – teils wortsinngemäß, teils äquivalent – die Merkmale des Klagepatents. Wegen beider Ausführungsvarianten sind die Beklagten der Klägerin deswegen im zuerkannten Umfang zur Unterlassung, zur Rechnungslegung, zur Entschädigung und zum Schadenersatz verpflichtet. Anlass, den Verletzungsrechtsstreit im Hinblick auf die anhängige Nichtigkeitsklage einstweilen auszusetzen, besteht nicht.

I.

Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur intraoperativen Bestrahlungstherapie.

Nach den Erläuterungen der Klagepatentschrift ist es zur Behandlung einer Vielzahl von Krebsformen bekannt, Strahlen aus hochenergetischen Elektronen während des chirurgischen Eingriffs direkt am Tumorort einzusetzen. Im Unterschied zu einer postoperativen Bestrahlungstherapie liegt der Vorteil eines derartigen Vorgehens darin, dass die Strahlendosis gezielt auf das vom Krebs befallene Gewebe gerichtet werden kann, so dass gesundes Gewebe weitestgehend von einer Strahlungsdosis unbelastet bleibt.

Für ein gebräuchliches intraoperatives Bestrahlungsgerät verweist die Klagepatentschrift auf die US-A 4 987 309, deren Figur 1 nachstehend wiedergegeben ist.

Das Therapiesystem umfasst einen Behandlungstisch (4) für den Patienten sowie die eigentliche Bestrahlungsvorrichtung. Sie verfügt über eine Elektronenspritze (10), von der aus Elektronen in einen Linearbeschleuniger (9) eingespeist werden. Der hoch beschleunigte Elektronenstrahl wird am Ausgang des Beschleunigers (9) mit Hilfe eines Umlenkmagneten (11) in Richtung auf den Strahlerkopf (3) dirigiert, mit dessen Hilfe die therapeutische Anwendung geschieht.

Als Nachteile eines derartigen Systems führt die Klagepatentschrift die Größe und das Gewicht der Bestrahlungseinrichtung auf. Die Anlage – so heißt es – umfasse einen 5 bis 10 Tonnen schweren, an einem Rollgerüst gelagerten Linearbeschleuniger, der in einem speziell konstruierten Behandlungsraum mit starker Strahlungsabschirmung und statisch belastbarem Boden untergebracht sei. Neben dem hieraus resultierenden hohen Kapitaleinsatz bemängelt die Klagepatentschrift vor allem die Notwendigkeit, den zu behandelnden Patienten während des chirurgischen Eingriffs von dem eigentlichen Operationssaal zum onkologischen Bestrahlungsraum zu transportieren, was das Risiko für eine Infektion steigere und die Anforderungen nicht nur an die Anästhesie, sondern auch an das Behandlungsmanagement erhöhe.

Als Aufgabe formuliert die Klagepatentschrift demgemäß, ein intraoperatives Elektronenstrahltherapiesystem bereit zu stellen, das in einem oder mehreren existierenden chirurgischen Räumen eingesetzt werden kann, ohne dass zusätzlich eine aufwendige Strahlungsabschirmung und eine strukturelle Abstützung des Operationsraumes erforderlich ist.

Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 des Klagepatents die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Therapiesystem mit beweglichem Elektronenstrahl.

(2) Das Therapiesystem weist auf:

(a) ein Gehäuse (18),

(b) eine Elektronenerzeugungseinrichtung (12) zum Erzeugen eines Elektronenstrahls,

(c) einen Linearbeschleuniger (14, 16),

(d) eine Applikatoreinrichtung (19) und

(e) eine Einrichtung (50) zum Positionieren des Gehäuses (18).

(3) In dem Gehäuse (18) sind angeordnet:

(a) die Elektronenerzeugungseinrichtung (12),

(b) der Linearbeschleuniger (14, 16), und zwar

o relativ zu der Elektronenerzeugungseinrichtung (12) derart, dass der erzeugte Elektronenstrahl den Linearbeschleuniger (14, 16) kolinear in Richtung der Elektronenbahn in dem Beschleuniger (14, 16) verlässt,

(c) die Applikatoreinrichtung (19), und zwar

o in dem Elektronenstrahlaustrittsbereich des Gehäuses (18) zum Festlegen der Behandlungsfeldgröße.

(4) Der durch die Elektronenerzeugungseinrichtung (12) erzeugte Elektronenstrahl folgt einem geradlinigem Pfad zu der Applikatoreinrichtung (19).

(5) Die Einrichtung (50) zum Positionieren des Gehäuses (18) ist derart vorgesehen, dass die Applikatoreinrichtung (19) den Elektronenstrahl zu einer vorbestimmten Stelle bei der Patientenbehandlung richtet.

Zu den Vorteilen einer solchen Anordnung führt die Klagepatentschrift aus, dass der Elektronenstrahl erfindungsgemäß einen geradlinigen Weg von der Elektronenerzeugungseinrichtung zu der Applikatoreinrichtung nimmt, wodurch der stark biegende Magnet entfallen kann, der beim vorbekannten Stand der Technik zwischen dem Beschleuniger und der Applikatoreinrichtung vorgesehen ist. Dies wiederum – so heißt es – führe zu einer Verringerung des Gesamtgewichts des Elektronenstrahltherapiesystems, was es erlaube, ein mobiles (transportables) Gerät zu schaffen, das im Bedarfsfall in dem betreffenden Operationssaal zum Einsatz gebracht werden kann. Die Notwendigkeit für besondere statische Abstützungsmaßnahmen entfalle ebenso wie das Bedürfnis für weitreichende Strahlungsabschirmungen.

II.

Von der technischen Lehre des Klagepatents haben die Beklagten widerrechtlich Gebrauch gemacht.

1.
Dass die ursprüngliche Version des „A“-Gerätes, bei der der Elektronenerzeuger und der Linearbeschleuniger kolinear zueinander positioniert sind, das Klagepatent verletzt, steht zwischen den Parteien – zu Recht – außer Streit. Auch bedarf es für die rechtliche Beurteilung keiner Entscheidung, ob die Beklagten zu 2) und 3) ein derartiges Therapiesystem in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebracht haben. Der Internetauftritt der Beklagten zu 2) (Anlage K 17) trägt in jedem Fall die Feststellung, dass die Beklagten zu 2) und 3) „A“-Geräte der Ursprungsversion im Inland angeboten haben, was im Hinblick auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zugleich die Begehungsgefahr für einen dem Angebot nachfolgenden Vertrieb begründet. Die Nebenansprüche auf Rechnungslegung, Entschädigung und Schadenersatz hat die Klägerin im Verhandlungstermin vom 31.07.2007 auf die Benutzungsform des Anbietens beschränkt, weswegen sich auch insoweit eine Sachverhaltsaufklärung dahingehend erübrigt, ob die ursprüngliche Geräteversion Gegenstand von Vertriebshandlungen der Beklagten zu 2) und 3) in der Bundesrepublik Deutschland gewesen ist.

Das Anbieten als eigenständiger Benutzungstatbestand verlangt eine im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert das Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereit stellt (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Die Verteilung eines Werbeprospektes wird diesen Anforderungen regelmäßig genauso gerecht wie ein Internetauftritt, dessen sich vorliegend auch die Beklagten zu 2) und 3) bedienen. In solchen Fällen müssen sich aus der Werbeankündigung, z.B. einer dort enthaltenen Darstellung des zum Erwerb angebotenen Gegenstandes, nicht sämtliche Merkmale des Klagepatents ergeben, sofern deren Vorliegen aus sonstigen objektiven Gesichtspunkten für den Adressaten zuverlässig geschlossen werden kann (BGH, GRUR 2005, 665 – Radschützer). Dies ist zu bejahen, wenn der fragliche Gegenstand bereits existiert und den von dem Angebot angesprochenen Verkehrskreisen entweder bekannt ist oder für sie (z.B. anhand der Artikelbezeichnung oder der Abbildung) ermittelbar ist. An dem solchermaßen identifizierbaren Gegenstand ist alsdann zu verifizieren, ob das beworbene Produkt – über dasjenige, was aus dem Werbematerial selbst hervorgeht – über sämtliche Merkmale des Klagepatents verfügt.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist im Streitfall von entscheidender Bedeutung, dass die Beklagten zu 2) und 3) in ihrer Internetwerbung im Anschluss an eine allgemein gehaltene Beschreibung des „A“-Gerätes

– „entsprechend der Größe des Bestrahlungsfeldes und der Strahlrichtung wird ein Tubus ausgewählt, in das Operationsgebiet eingesetzt und dort gehalten. Mit der motorischen Steuerung wird der Beschleuniger an den Tubus herangefahren, ausgerichtet und über elastische Klammern mit ihm verbunden. Dank der freien Beweglichkeit des Beschleunigers in drei Achsen ist dies schnell und unkompliziert möglich. Auf das Behandlungsgebiet besteht gute Sicht durch die transparenten gassterilisierbaren Kunststofftuben.“ –

selbst fortfahren:

– „Seine hohe Zuverlässigkeit beweist der A täglich unter anderem am IEO in Mailand (Professor B), wo er seit langem störungsfrei für mehrere hundert Bestrahlungen eingesetzt wurde.“ –

Der Interessent versteht die letztgenannte Bemerkung nicht nur – wie die Beklagten meinen – als bloßen Referenzhinweis auf die Person von Professor B. Im Mittelpunkt der zitierten Aussage steht zweifelsfrei die hohe Zuverlässigkeit des von den Beklagten zu 2) und 3) beworbenen „A“-Gerätes, zu deren Beleg lediglich auf den langen störungsfreien Betrieb am IEO in Mailand verwiesen wird. Der Adressat wird die Werbung deshalb naheliegend so verstehen, dass ihm von den Beklagten zu 2) und 3) eine genau solche Strahlentherapievorrichtung angeboten wird, wie sie mit hoher Zuverlässigkeit bei Professor B im klinischen Einsatz ist. Denn ersichtlich ist auch dem inländischen Adressaten (den Betreibern von Kliniken mit onkologischer Abteilung) an einem Maß an Zuverlässigkeit gelegen, das einen möglichst fortdauernden und reibungslosen Einsatz im klinischen Betrieb erlaubt. Es ist deswegen aus der objektivierten Empfängersicht nicht nur zulässig, sondern geradezu geboten, die nähere Beschaffenheit des mit der Internetwerbung angebotenen Gegenstandes anhand desjenigen Therapiegerätes zu beurteilen, auf dessen Störungsfreiheit und hohe Verlässlichkeit die Beklagten zu 2) und 3) selbst abheben. Ohne dass die Beklagten zu 2) und 3) dem entgegen getreten sind, hat die Klägerin jedoch vorgetragen, dass am IEO in Mailand nach wie vor die ursprüngliche Version des „A“-Gerätes im Einsatz ist. Mit dem Internetauftritt der Beklagten zu 2) und 3) wird dem inländischen Verkehr daher ein eben solches – unstreitig patentverletzendes – Gerät angeboten.

Die Beklagten zu 2) und 3) können dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass Therapiegeräte der fraglichen Art ständig weiter entwickelt werden, die kolineare Anordnung von Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger zum Zeitpunkt der Internetwerbung bereits zugunsten einer geringfügig geneigten Positionierung mit zwischengeschaltetem Umlenkmagneten aufgegeben gewesen sei und einem Interessenten deshalb nicht mehr die ursprüngliche, sondern die weiter entwickelte Version des „A“-Gerätes geliefert worden sei. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass in der Weiterverwendung von Artikelnummern oder bildlichen Darstellungen eines Verletzungsgegenstandes in der Werbung auch dann ein Angebot der ursprünglichen, schutzrechtsverletzenden Ausführungsform liegen kann, wenn das beworbene Produkt tatsächlich technisch abgeändert worden ist, möglicherweise sogar in einer Form, dass es von dem Klagepatent keinen Gebrauch mehr macht. Das gilt insbesondere dann, wenn die vorgenommene Änderung aus den Abbildungen nicht ersichtlich ist, weil diese gleichermaßen mit der früheren patentverletzenden wie mit der abgewandelten, gegebenenfalls sogar nicht mehr schutzrechtsverletzenden Ausführungsform in Übereinstimmung zu bringen sind. Unter solchen Umständen wird der angesprochene Verkehr, namentlich derjenige Abnehmer, dem die ursprüngliche, patentverletzende Ausführungsform bekannt ist, angesichts der ihm für das patentverletzende Erzeugnis geläufigen Abbildungen zu der Annahme verleitet, dass mit der Werbung weiterhin das frühere, schutzrechtsverletzende Produkt angeboten wird. Eine abweichende Beurteilung ist nur dann angebracht, wenn in der Werbung entweder auf die vorgenommene technische Änderung hingewiesen wird oder diese den beteiligten Kreisen ansonsten allgemein bekannt gemacht worden ist (BGH, GRUR 2005, 665 – Radschützer). Im Streitfall fehlt ein derartiger Hinweis auf die geänderte Positionierung von Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger. Ebenso wenig haben die Beklagten zu 2) und 3) geltend gemacht, dass der inländische Verkehr, der potentiell als Abnehmer von Therapiegeräten in Betracht zu ziehen ist, darüber informiert worden oder gewesen ist, dass die aktuelle Geräteversion über eine geänderte Positionierung von Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger verfügt.

2.
Als Patentverletzung stellen sich auch Angebot und Vertrieb der fortentwickelten „geneigten“ Version des „A“-Gerätes dar.

Dass die Merkmale (1) bis (3a), (3c) und (5) wortsinngemäß verwirklicht werden, stellen die Beklagten mit Recht nicht in Abrede. Hinsichtlich der Merkmale (3b) und (4) ist den Beklagten zwar darin zu folgen, dass eine wortsinngemäße Benutzung nicht vorliegt, weil Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger geneigt zueinander angeordnet sind und der von der Elektronenerzeugungseinrichtung generierte Elektronenstrahl mit einer Umlenkung von circa 5° in den Linearbeschleuniger eingespeist wird. Hinsichtlich der Merkmale (3b) und (4) liegen allerdings die Voraussetzungen einer äquivalenten Patentbenutzung vor.

a)
Merkmal (3b) besagt, dass der Linearbeschleuniger relativ zu der Elektronenerzeugungseinrichtung derart angeordnet ist, das der erzeugte Elektronenstrahl den Linearbeschleuniger kolinear in Richtung der Elektronenbahn in dem Beschleuniger verlässt. Bemerkenswert an dieser Anweisung ist, dass erfindungsgemäß eine konstruktive Maßnahme am Beginn des Elektronenstrahlweges – nämlich die Positionierung des Elektronenerzeugers zum Linearbeschleuniger – eine gewünschte Wirkung am Ausgang des Beschleunigers – nämlich ein den Beschleuniger auf dessen Mittellängsachse verlassender Elektronenstrahl – hervorrufen soll. Mit der zu dieser Wirkung führenden relativen Anordnung von Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger kann – wie die Beklagten zu Recht geltend machen – nur gemeint sein, dass beide Vorrichtungsteile – Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger – kolinear zueinander positioniert werden. Nur dann nämlich ist durch die im Merkmal (3b) vorgesehene Anordnungs- und Ausrichtungsmaßnahme sichergestellt, dass der Elektronenstrahl auf der Mittellängsachse in den Beschleuniger eintritt und infolgedessen den Beschleuniger auch auf eben dieser – erfindungsgemäß gewünschten – Mittellängsachse verlassen kann. Würde der Elektronenstrahl demgegenüber unter einem Winkel in den Linearbeschleuniger eingespeist, was der Fall wäre, wenn Elektronenerzeugungseinrichtung und Linearbeschleuniger nicht kolinear, sondern geneigt zueinander positioniert werden, so würde der Elektronenstrahl gegen die Innenwände des Beschleunigers geraten, so dass am Beschleunigerausgang kein Elektronenstrahl mehr zur Verfügung stünde, der sich – wie vom Klagepatent vorgesehen – kolinear in Richtung der Elektronenbahn in dem Beschleuniger bewegt.

Dieses Verständnis vom Inhalt des Merkmals (3b) stimmt nicht nur mit dem gattungsbildenden Stand der Technik nach der US-A 4 987 309 (= EP 0 371 303) überein, der den Oberbegriff von Patentanspruch 1 einschließlich des Merkmals (3b) bildet und in dessen Figur 1 exakt eine derartige kolineare Ausgestaltung gezeigt ist, bei der der Elektronenerzeuger (= Elektronenspritze 10) und der Linearbeschleuniger (9) auf derselben Mittelängsachse nebeneinander positioniert sind. Eine weitere Bestätigung ergibt sich aus dem kennzeichnenden Merkmal (4), welches vorsieht, dass der durch die Elektronenerzeugungseinrichtung generierte Elektronenstrahl einem geradlinigen Pfad zu der Applikatoreinrichtung folgt. Mit der Bezugnahme auf den „durch die Elektronenerzeugungseinrichtung erzeugten“ Elektronenstrahl bringt das Merkmal (4) nicht nur zum Ausdruck, durch welches Vorrichtungsteil der Elektronenstrahl bereitgestellt wird. Dass hierzu die Elektronenerzeugungseinrichtung vorgesehen ist, ergibt sich für den Fachmann ohne weiteres bereits aus der Begrifflichkeit als solcher und ist darüber hinaus schon im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 (Merkmal 2b) klargestellt. Mit seiner Bezugnahme auf den „durch die Elektronenerzeugungseinrichtung erzeugten“ Elektronenstrahl, der einem geradlinigen Pfad zur Applikatoreinrichtung folgen soll, bringt das Merkmal (4) vielmehr zum Ausdruck, dass der geradlinige Strahlenverlauf am Ort der Erzeugung, d.h. bei der Elektronenerzeugungseinrichtung, beginnen und sich bis zur Applikatoreinrichtung fortsetzen soll. Patentanspruch 1 besagt damit, dass der Elektronenstrahl nicht nur – wie aus dem gattungsbildenden Stand der Technik bekannt – auf seinem ersten Weg vom Elektronenerzeuger in und durch den Linearbeschleuniger geradlinig verlaufen soll, sondern dass sich der Elektronenstrahl – neuerungsgemäß – auch und abweichend vom vorbekannten Stand der Technik im Anschluss an den Beschleuniger bis hin zum Applikator in gleicher Weise, d.h. gerade und ohne Umlenkung, fortsetzen soll. Exakt in diesem Sinne hält auch der allgemeine Beschreibungstext des Klagepatents den Erfindungsgedanken wie folgt fest:

„In Übereinstimmung mit der vorliegenden Erfindung folgt der Elektronenstrahl einem geradlinigen Pfad bzw. Weg von der Elektronenerzeugungseinrichtung zu der Applikatoreinrichtung, wodurch der stark biegende Magnet entfallen kann, der beim Stand der Technik zwischen dem Beschleuniger und der Applikatoreinrichtung verwendet wird.“

Bei der angegriffenen Ausführungsform sind Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger geneigt und deshalb relativ nicht so zueinander angeordnet, dass – allein aufgrund der Positionierungsmaßnahme – der erzeugte Elektronenstrahl den Linearbeschleuniger kolinear in Richtung der Elektronenbahn in dem Beschleuniger verlässt. Diesem Ergebnis kann die Klägerin nicht entgegen halten, der zwischen Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger vorgesehene Umlenkmagnet sei Teil der Elektronenerzeugungseinrichtung. Das Klagepatent selbst definiert im Merkmal (2b) den Begriff der „Elektronenerzeugungseinrichtung“ durch den ihre Wirkung kennzeichnenden Zusatz „zum Erzeugen eines Elektronenstrahls“. Bauteile, die auf den bereits „fertigen“ Elektronenstrahl einwirken, können schon deswegen nicht als Teil der Elektronenerzeugungseinrichtung angesehen werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Unteransprüche 2 und 3 des Klagepatents eine Mikrowellenquelle und einen Impulstransformator als fakultative Teile der Elektronenerzeugungseinrichtung vorsehen. Beide genannten Bauteile tragen – im Gegensatz zu einem hinter der Erzeugungseinrichtung vorgesehenen Umlenkmagneten – zur Erzeugung eines gerichteten „Elektronenstrahls“ bei, der eine gewisse Bündelung und eine gewisse Beschleunigung voraussetzt. Sie wird bevorzugt mit Hilfe von Mikrowellen erreicht, was einerseits eine HF-Quelle und andererseits einen diese Quelle steuernden Impulsgenerator verlangt bzw. sinnvoll macht.

b)
Die bei dem streitbefangenen „A“-Gerät getroffene Maßnahme, den Elektronenerzeuger nicht kolinear, sondern mit einer geringen Neigung zum Linearbeschleuniger anzuordnen und den Elektronenstrahl mit Hilfe eines klein dimensionierten Umlenkmagneten in den Beschleuniger auf dessen Mittellängsachse einzufädeln, stellt jedoch eine in den Schutzbereich des Klagepatents eingreifende äquivalente Benutzung dar:

Die geringfügige Neigung des Elektronenerzeugers gegenüber dem Linearbeschleuniger erzielt in Verbindung mit dem zwischen beiden angeordneten Umlenkmagneten zunächst dieselbe technische Wirkung, die das Klagepatent mit der im Merkmal (3b) enthaltener Anweisung zur kolinearen Positionierung verfolgt. Sinn und Zweck der Kolinearität ist es, zu gewährleisten, dass der generierte Elektronenstrahl auf der Mittellängsachse des Linearbeschleunigers in diesen eingefädelt wird, damit sichergestellt ist, dass auch am Ausgang des Linearbeschleunigers ein kolinear in Richtung der Elektronenbahn in dem Beschleuniger angeordneter Elektronenstrahl vorliegt, der – im Sinne von Merkmal (4) – seinen geradlinigen Weg zu der Applikatoreinrichtung fortsetzen kann. Auch die Beklagten stellen nicht in Abrede, dass trotz der geringfügigen Neigung des Elektronenerzeugers gegenüber dem Linearbeschleuniger dank des Umlenkmagneten dasselbe Resultat erzielt wird, nämlich ein Elektronenstrahl, der den Beschleuniger auf dessen Mittellängsachse verlässt (und sich deswegen geradlinig zur Applikatoreinrichtung weiter bewegt). Es mag – wie die Beklagten einwenden – sein, dass die bei der angegriffenen Ausführungsform vorgenommene Abwandlung ein gewisses Maß an zusätzlichem Montage- und Justageaufwand verursacht, weil der Umlenkmagnet in einer solchen Weise angebracht und in seiner Feldstärke eingerichtet werden muss, dass der die Elektronenerzeugungseinrichtung unter einem Winkel von etwa 5° verlassende Elektronenstrahl zuverlässig so umgelenkt wird, dass der Elektronenstrahl exakt auf der Mittellängsachse in den Linearbeschleuniger eingespeist wird. Dieser Sachverhalt rechtfertigt es jedoch nicht, die erforderliche Gleichwirkung zu verneinen. Das Klagepatent wendet sich nicht schlechthin gegen jede Art von Umlenkmagnet, sondern lediglich gegen solche aus dem Stand der Technik bekannten Anordnungen, bei denen der Umlenkmagnet dem Linearbeschleuniger nachgeordnet ist. Auch die Beklagten räumen ein, dass ein solcher zwischen Beschleunigerausgang und Applikatoreinrichtung angeordnete Umlenkmagnet (einschließlich Abschirmeinrichtung) um ein Vielfaches größer und schwerer dimensioniert werden muss als ein Umlenkmagnet, der zwischen Elektronenerzeuger und Beschleunigereingang vorgesehen wird. Die Ursache hierfür liegt zum einen darin, das am Ausgang des Linearbeschleunigers ein hochenergetischer Elektronenstrahl vorliegt, zu dessen gezielter Ablenkung ein wesentlich größeres Magnetfeld erforderlich ist als für die Einwirkung auf einen hinter dem Elektronenerzeuger noch nicht beschleunigten Elektronenstrahl benötigt wird. Die Größe des zur Verfügung zu stellenden Magnetfeldes wiederum bedingt eine entsprechende Dimensionierung des Umlenkmagneten sowie unterschiedlich weitreichende Abschirmmaßnahmen, die bei der Ablenkung eines hochbeschleunigten Elektronenstrahls wegen der bei der Umlenkung entstehenden (Röntgen-)Streustrahlung notwendig sind. Die Klagepatentschrift selbst führt in diesem Zusammenhang aus, dass die vorbekannten, mit einem dem Linearbeschleuniger nachgeschalteten Umlenkmagneten versehenen Systeme ein Gewicht bis in den zweistelligen Tonnenbereich aufweisen, welches eine stationäre Anbringung des Bestrahlungsgerätes in einem speziellen, statisch belastbaren und gegen starke Strahlung abgeschirmten Raum bedingt. Angesichts dieser Erläuterungen versteht der Fachmann ohne weiteres, dass das Klagepatent nicht jeden Umlenkmagneten ablehnt, sondern nur solche, die mit den besagten größen- und gewichtsmäßigen Nachteilen für die Therapieeinrichtung verbunden sind. Hinsichtlich des zwischen dem Elektronenerzeuger und dem Eingang des Linearbeschleunigers angeordneten Umlenkmagneten geben die Beklagten dessen Größe selbst mit 5 cm x 5 cm x 5 cm und dessen Gewicht mit weniger als 1 kg an. Es ist evident, dass mit einer derartigen Magneteinrichtung schlechterdings nicht diejenigen Nachteile verbunden sein können, um deren Vermeidung es dem Klagepatent geht. Größe und Gewicht des von den Beklagten verwendeten Umlenkmagneten sind – im Gegenteil – so gering, dass sich aus seiner Verwendung keine im Hinblick auf die Mobilität der Therapieeinrichtung irgendwie nennenswerte andere Konstruktion ergibt als sie gegeben wäre, wenn Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger kolinear zueinander positioniert wären. Dass der Umlenkmagnet, um den generierten Elektronenstrahl zuverlässig auf der Mittellängsachse in den Linearbeschleuniger einzufädeln, in der richtigen Weise angeordnet und betrieben werden muss, ist von vornherein deshalb unbeachtlich, weil sich das Klagepatent mit derartigen Montagegesichtspunkten nicht befasst. Abgesehen davon besteht für die Kammer kein Zweifel daran, dass die zutreffende Anordnung und Steuerung des Umlenkmagneten hinter dem Elektronenerzeuger im geläufigen Fachwissen liegt und keinen irgendwie erwähnenswerten Aufwand verlangt. Soweit die Beklagten schließlich darauf verweisen, dass mit der von ihnen verwirklichten Abwandlung – Neigung des Elektronenerzeugers gegenüber dem Linearbeschleuniger und Verwendung eines Umlenkmagneten – besondere Vorteile insofern verbunden sind, dass die Kathode des Elektronenerzeugers vor einer Beschädigung geschützt werde, ändert auch dies nichts an der festgestellten Gleichwirkung. Dass die Abwandlung vom Anspruchswortlaut besondere Vorzüge hat, hat schon denkgesetzlich nichts mit der im Rahmen der Äquivalenzbetrachtung allein zu beantwortenden Frage zu tun, ob die Abwandlung diejenigen Vorteile gleichwirkend erzielt, die das Klagepatent mit dem betreffenden Merkmal beabsichtigt.

Die vorstehenden Erwägungen belegen zugleich, dass der Durchschnittsfachmann bei Orientierung am Patentanspruch, d.h. der dort beschriebenen und vor dem Hintergrund des Inhalts der übrigen Patentschrift verstandenen technischen Lehre, ohne erfinderisches Bemühen dazu kommen konnte, die bei der angegriffenen Ausführungsform gegebene Abwandlung vom Anspruchswortlaut aufzufinden. Der fachkundige Leser, der vor die Frage gestellt ist, wie er die erfindungsgemäße Lehre jenseits des Wortsinns der Patentmerkmale mit Erfolg verwirklichen kann, wird unmittelbar erkennen, dass der geradlinige Verlauf des Elektronenstrahls vom Ausgang des Linearbeschleunigers zur Applikatoreinrichtung unverzichtbar ist, weil erst er groß und schwer dimensionierte Umlenkmagneten überflüssig und damit die Ausbildung eines mobilen Strahlentherapiegerätes möglich macht. Einen tauglichen Ansatzpunkt für die Umgehung des Anspruchswortlauts wird der Fachmann hingegen unschwer bei denjenigen Merkmalen erkennen, die sich – wie das Merkmal (3b) – damit befassen, dass der Weg des Elektronenstrahls auch zwischen dem Elektronenerzeuger und dem Eingang des Linearbeschleunigers geradlinig verläuft. Es gehört zum trivialen Fachwissen des Durchschnittsfachmannes, dass an dieser Stelle eine Umlenkung des Elektronenstrahls problemlos und ohne die Vorteile der Erfindung irgendwie in Frage zu stellen möglich ist, weil zwischen Elektronenerzeuger und Linearbeschleuniger ein noch nicht hochenergetischer Strahl vorliegt, der mit äußerst geringem Aufwand, nämlich einem klein und leicht dimensionierten Umlenkmagneten, beeinflusst werden kann. Vor dem Hintergrund dieser dem einschlägigen Fachmann allgegenwärtigen Erkenntnis drängt es sich geradezu auf, dass die technische Lehre des Klagepatents außerhalb des Anspruchswortlauts problemlos dadurch verwirklicht werden kann, dass der Elektronenerzeuger und der Linearbeschleuniger nicht – wie gefordert – kolinear zueinander positioniert werden, sondern eine gewisse Neigung in Kauf genommen wird, die mit Hilfe eines relativ kleinen und für die Zwecke der Erfindung gänzlich unschädlichen Umlenkmagneten ausgeglichen werden kann. Das gilt um so mehr, als bei den gattungsgemäßen Therapiesystemen seit jeher Umlenkmagneten – wenn auch an einem anderen Ort – verwendet wurden, so dass der Fachmann für sein Austauschmittel nicht mehr heranziehen musste als die für das Klagepatent gattungsbildende Druckschrift.

III.

Da die Beklagten somit widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht haben, sind sie der Klägerin im zuerkannten Umfang zur Unterlassung verpflichtet (Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG). Die Beklagten trifft ein mindestens fahrlässiges Verschulden. Bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätten sie die Verletzung des Klagepatents erkennen und – angesichts der klaren Verletzungslage – vermeiden können. Die Beklagten haften der Klägerin deshalb gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG auch auf Schadenersatz. Da die genaue Schadenshöhe derzeit noch nicht fest steht, weil die Klägerin keine genauen Kenntnisse über den Umfang der Verletzungshandlungen hat, besteht ein hinreichendes Interesse daran, die Schadenersatzhaftung der Beklagten zunächst dem Grunde nach festzustellen (§ 256 ZPO). Gleiches gilt im Hinblick auf die Beklagten zu 1) und 2) für Benutzungshandlungen während des Offenlegungszeitraumes, welche zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung verpflichten (Art. II § 1a IntPatÜG). Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Entschädigungs- und Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet. Hinsichtlich der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger ist den Beklagten allerdings ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (OLG Düsseldorf, IntGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger). Für die besagten Ansprüche ist der Beklagte zu 3) als verantwortlicher Geschäftsführer der Beklagten zu 2) auch persönlich haftbar (OLG Hamburg, GRUR-RR 2006, 182 – Mes 17).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 709, 108 ZPO. Vollstreckungsschutz ist den Beklagten zu 2) und 3) nicht einzuräumen. Sie haben weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass ihnen die Vollstreckung des Urteils einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde (§ 712, 714 Abs. 2 ZPO).

V.

Es besteht gleichfalls keine Veranlassung, den Verletzungsprozess bis zum (erstinstanzlichen oder rechtskräftigen) Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen (§ 148 ZPO).

Das Vorbringen der Beklagten lässt eine Vernichtung des Klagepatents nicht in einem solchen Maße wahrscheinlich erscheinen, dass es unter Berücksichtigung der Belange der Klägerin gerechtfertigt wäre, vor einer Verurteilung die Nichtigkeitsentscheidung abzuwarten. Dies gilt schon deshalb, weil die maßgeblichen Entgegenhaltungen (Anlage NK 8, US-PS 4 726 046 und Anlage B 16) auflagenwidrig ebenso wenig in deutscher Übersetzung vorgelegt sind wie die Ursprungsanmeldung WO 94/23439, im Hinblick auf die die Beklagten eine unzulässige Erweiterung geltend machen. Darüber hinaus hat die Kammer auch in der Sache durchgreifende Zweifel, dass das Klagepatent vernichtet werden wird. Was zunächst den Einwand der unzulässigen Erweiterung betrifft, so hat der in der Ursprungsanmeldung verwendete Begriff „Elektronenkanone“ keinen anderen Inhalt als der im Patentanspruch statt dessen gebrauchte Begriff „Elektronenerzeugungseinrichtung“. Zu beiden gehört – wie oben dargelegt – ein dem Elektronenerzeuger nachgeordneter Umlenkmagnet nicht. Hinsichtlich der Streufolie (46) räumen die Beklagten die Notwendigkeit ihrer Verwendung selbst ein, weil der hochbeschleunigte Elektronenstrahl vor einer Anwendung am Patienten „aufgefächert“ werden muss. Eine Streufolie (46) ist nicht nur Inhalt der Ursprungsanmeldung gewesen, sondern auch Gegenstand von Figur 1 sowie der erläuternden Beschreibung des Klagepatents. Vor diesem Hintergrund besagt der in Merkmal (4) vorgesehene „geradlinige Verlauf“ des Elektronenstrahls nicht mehr, als dass eine Umlenkung hinter dem Linearbeschleuniger nicht stattfinden soll. Eine medizinisch notwendige Streuung des (nicht umgelenkten) Strahls ist damit nicht ausgeschlossen.

Die Angriffe der Beklagten gegen die erfinderische Tätigkeit besitzen ebenfalls keine überwiegende Erfolgsaussicht. Keine der eingangs genannten Entgegenhaltungen zeigt – soweit ersichtlich – ein mobiles, d.h. transportables (ii und aus einem Operationssaal fahrbares) Bestrahlungsgerät. Dies gilt auch für die Druckschriften nach Anlagen NK 8 und NK 9, wie insbesondere die Abbildung in Anlage NK 9 neu, Seite 136, Figur 12 belegt. Sämtliche Entgegenhaltungen können dem Fachmann schon deswegen keine Anregung bei der Suche nach einem mobilen Therapiegerät geben. Indiziell wird dies dadurch bestätigt, dass seit der Veröffentlichung der Entgegenhaltungen mehr als 5 bzw. 10 Jahre bis zur Anmeldung des Klagepatents vergangen sind.