4b O 348/06 – Wassernebelsystem zur Brandbekämpfung III

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 732

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. August 2007, Az. 4b O 348/06

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahren und zu vollziehen an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern ihrer Komplementärgesellschaft, zu unterlassen,

Brandbekämpfungsanlagen um ein Objekt von länglicher Form zu löschen,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen

zur Anlage eine erste Sprühdüse und eine zweite Sprühdüse gehören;

die Düsen von der Bauart sind, dass sie Sprühnebel aus Wasser in einer Weise erzeugen, dass in der unmittelbaren Nähe der Sprühdüsen ein Luftunterdruck entsteht;

wobei

die erste Sprühdüse gegen die zweite Sprühdüse gerichtet ist;

die zweite Sprühdüse gegen die erste Sprühdüse gerichtet ist;

und

sowohl die erste als auch die zweite Sprühdüse im Wesentlichen in der Längsrichtung des länglichen Objektes ausgerichtet sind, um einen durchgehenden Sprühweg zu erzeugen; und

der Sprühweg die Ströme enthält, die sich zumindest im Wesentlichen in entgegengesetzten Richtungen entlang der gesamten Länge des länglichen Objekts ausbreiten;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26. Juni 2002 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, mit der Maßgabe, dass die Fix- und variablen Gemeinkosten, die ausnahmsweise den vorstehend zu Ziffer 1. bezeichneten Brandbekämpfungsanlagen unmittelbar zuzuordnen sind, gesondert ausgewiesen werden,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Empfänger eines Angebots in der Rechnungslegung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 26. Juni 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

V.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

VI.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.000.000,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist seit dem 26.06.2002 eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 850 xxx, das unter Inanspruchnahme einer Unionspriorität vom 14.06.1996 als PCT-Anmeldung am 12.06.1997 angemeldet wurde. Die Patenterteilung wurde am 10.10.2001 durch das Europäische Patentamt veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift wurde am 25.07.2002 unter der Registernummer 697 07 xxx vom Deutschen Patentamt im Patentblatt veröffentlicht (Klagepatent, Anlage KD 1b).

Der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Anspruch 13 hat in seiner deutschen Übersetzung folgenden Wortlaut:

Die nachfolgend wiedergegebene Figur 3 des Klagepatents veranschaulicht den Gegenstand der Erfindung anhand einer bevorzugten Installation für eine eingehauste Turbine:

Die Beklagte bietet an und vertreibt Wassernebelsysteme zur Brandbekämpfung, bei denen Wasser bei einem Druck von 80 bis 200 Bar vernebelt wird. Diese Feuerlöschsysteme werden je nach Bedarf mit verschiedenen Sprühköpfen ausgestattet, von denen beispielhaft vier verschiedene Ausführungen nachfolgend wiedergegeben werden (Anlage KD 6, Seite 6):

Der in der vorstehend wiedergegebenen Abbildung als zweites von links dargestellte Sprühkopf wird von der Beklagten – je nach dem, mit welchen Sprühdüsen dieser Sprühkopf ausgestattet ist – unter der Produktbezeichnung DK 7-12/02-O-VA bzw. DK 7-12/04-O-VA angeboten und vertrieben. Sprühköpfe dieser Art versandte die Beklagte im Oktober 2005 aufgrund vorangehender Bestellung an die Firma A mit Sitz in Großbritannien.

Dieser Lieferung war eine umfangreiche Begleitdokumentation beigefügt, die unter anderem die Planzeichnungen für die vorgesehene Anwendung enthielt, von denen nachfolgend eine Zeichnung (Anl. KD 8, Kap. 8, drittletzte Seite) wiedergegeben wird:

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die von der Beklagten angebotenen und vertriebenen Brandbekämpfungsanlagen mit den vorstehend näher bezeichneten Sprühköpfen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch machen. Insbesondere verursache die gewählte Anordnung der Sprühdüsen eine Sogwirkung, die dafür verantwortlich sei, dass die einzelnen Sprühstrahlen miteinander verbunden würden und hierdurch ein konzentriertes Strömungsmuster entstehe. Die Anordnung der Sprühköpfe bewirke, dass diese Sprühstrahlen aufgrund der Größe der Wassertröpfchen von der Sogwirkung des jeweils anderen Sprühkopfes angezogen und mit deren Sprühstrahl mitgezogen würden. Sowohl der Internetauftritt der Beklagten, wie auch deren werbende Aussagen in dem als Anlage KA 7 zur Akte gereichten Prospekt stellten Angebotshandlungen für solche Feuerlöschinstallationen dar, die die technische Lehre des Klagepatents verwirklichten. Sie habe die Beklagte auch in Verkehr gebracht, indem sie aus der Bundesrepublik Deutschland heraus eine Anlage der bezeichneten Art an die Firma A geliefert habe. Die Klägerin nimmt die Beklagte daher auf Unterlassung, Rechnungslegung und Auskunftserteilung sowie Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte sinngemäß wie erkannt zu verurteilen, wobei sie hinsichtlich der geltend gemachten Rechnungslegungs- und Auskunftsansprüche sowie des Schadenersatzzeitraumes die Verpflichtung der Beklagten jeweils ab dem 10.11.2001 begehrt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, mit den von ihr vertriebenen Sprühköpfen könne die technische Lehre des Klagepatents nicht verwirklicht werden. Entgegen der Anforderung des Klagepatents würden sich die einzelnen Sprühstrahlen der in den Sprühköpfen angeordneten Sprühdüsen allein aufgrund der Geometrie der Anordnung der Düsen miteinander verbinden. Die Klägerin habe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass auch bei den angegriffenen Ausführungsformen eine Sogwirkung für die Verbindung der einzelnen Sprühstrahlen verantwortlich sei. Hierdurch bedingt werde auch nicht die vom Klagepatent geforderte Ansaugung des zweiten Sprühstrahls verursacht, was letztlich den geschlossenen Sprühweg herstellen solle. Schließlich stellten die von der Klägerin herangezogenen Handlungen kein Anbieten solcher Feuerlöschgeräte im Sinne des Klagepatents dar, da es hierfür bereits an den für solche Löschgeräte erforderlichen Branddetektionssystemen sowie der Antriebs- oder Speichereinheiten für die Feuerlöschflüssigkeit fehle. Die Lieferung an die Firma A stelle kein Inverkehrbringen in der Bundesrepublik Deutschland dar, da das zur Lieferung gehörende Flaschensystem –wie unstreitig ist– von der Herstellerfirma in Großbritannien direkt an die Abnehmerin in Großbritannien geliefert worden sei, ohne dass dieses Flaschensystem jeweils bei der Beklagten gewesen sei.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist auch ganz überwiegend begründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte wegen Verletzung des Klagepatents die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadenersatzfeststellung zu, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 PatG, §§ 140 b PatG, 242 BGB, 256 ZPO. Der Abweisung unterliegt sie nur insoweit, als die Klägerin erst seit dem 26.6.2002 eingetragene Inhaberin des Schutzrechtes ist und für eine Abtretung oder sonstige Übertragung der für vor diesem Zeitpunkt entstandene Ansprüche keine Anhaltspunkte vorliegen.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und – für den vorliegenden Rechtsstreit allein von Interesse – ein System, um ein längliches Objekt zu löschen.

In dem in der Klagepatentschrift gewürdigten Stand der Technik sind solche Verfahren und Systeme bereits zum Löschen von Turbinenbränden, beispielsweise in Schiffen und Kraftwerken, oder auch zum Löschen von Bränden von Dieselmotoren und daran angeschlossenen Generatoren bekannt gewesen. Auch dem Klagepatent geht es insbesondere um diese Kategorie von „länglichen Brandobjekten“.

Die vorbekannten Verfahren bei Turbinenbränden zeichneten sich durch die Verwendung von Halon- oder Kohlendioxydgasen aus. Eine neuere Entwicklung stellt die Verwendung von Systemen mit Wassersprühnebeln dar. Hierbei wurden mehrere Sprühköpfe in Abstand zu dem Turbinengehäuse befestigt und auf dieses ausgerichtet. Als nachteilig kritisiert das Klagepatent daran, dass die Sprühnebel das Turbinengehäuse sehr stark und ungleichmäßig abkühlen, so dass es wegen der auftretenden thermischen Spannungen zu Verformungen kommt.

Hinsichtlich der auftretenden Brände bei Dieselmotoren mit angeschlossenen Generatoren bestand bei solchen aus dem Stand der Technik bekannten Lösungen das Problem darin, dass das Löschen des Brandes nicht ausreichend effizient und rasch erfolgte.

Vor diesem Hintergrund stellt das Klagepatent sich die Aufgabe, eine neue Brandbekämpfungsanlage zum Löschen von Turbinen und sonstigen länglichen Objekten zu schaffen, die erheblich wirkungsvoller arbeitet als die aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren, obwohl die Zahl der verwendeten Sprühköpfe geringer ist.

Zur Verwirklichung dieser Aufgabe sieht der allein interessierende Patentanspruch 13 eine Brandbekämpfungsanlage, um ein Objekt von länglicher Form zu löschen, mit den folgenden Merkmale vor:

(a) Zur Anlage gehört eine erste Sprühdüse (1, 1′, 1“, 1“‘) und eine zweite Sprühdüse (2, 2′, 2“, 2“‘).

(b) Die Düsen sind von der Bauart, dass sie Sprühnebel aus Wasser in einer Weise erzeugen, dass in der unmittelbaren Nähe der Sprühdüsen ein Luftunterdruck entsteht.

(c) Die erste Sprühdüse ist gegen die zweite Sprühdüse gerichtet.

(d) Die zweite Sprühdüse ist gegen die erste Sprühdüse gerichtet.

(e) Sowohl die erste als auch die zweite Sprühdüse sind im Wesentlichen in der Längsrichtung des länglichen Objektes ausgerichtet, um einen durchgehenden Sprühweg zu erzeugen.

(f) Der Sprühweg enthält die Ströme (1a, 2a, 3a, 4a), die sich zumindest im Wesentlichen in entgegengesetzten Richtungen entlang der gesamten Länge des länglichen Objekts ausbreiten.

Die Erfindung macht sich dabei die Erkenntnis zu Nutze, dass gleichmäßige Sprühstrahlen, die ineinander versprüht werden, sich gegenseitig verstärken können, wenn deren Tröpfchengröße gering ist. Sofern die Tröpfchengröße ausreichend klein ist, ist ein Sprühstrahl in der Lage, einen anderen umzulenken. Dies ermöglicht es, im Falle von länglichen Objekten mittels einer geringen Zahl von Sprühköpfen eine sehr wirkungsvolle Brandbekämpfung zu erreichen. Hierdurch verkürzt sich die für das Löschen benötigte Zeit – im Vergleich zum Stand der Technik – auf ein Drittel. Die Zahl der Sprühköpfe kann halbiert oder sogar bis auf ein Fünftel verringert werden.

II.
Die angegriffene Ausführungsform Anlage macht von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch.

Aus der zur Akte gereichten Begleitdokumentation für die Lieferung an die Firma A gemäß Anlage KD 8 ist ersichtlich, dass diese – was von der Beklagten ausdrücklich zugestanden wird – für den Einsatz in der Behausung einer Gasturbine bestimmt war. Bei dieser Gasturbine handelt es sich, wie aus den Planzeichnungen gemäß Kapitel 8 der Anlage KD 8 ersichtlich ist, um Objekte, die eine längliche Form haben. Es handelt sich auch, ohne dass in dem Lieferumfang an die Abnehmerin ein Branddetektionssystem enthalten gewesen wäre, um eine Brandbekämpfungsanlage im Sinne des Klagepatents.

Zu dieser Anlage gehören entsprechend dem Merkmal a) des Anspruchs 13 eine erste und eine zweite Düse, die bestimmungsgemäß in Bodennähe installiert werden sollen. Dass zu dieser von der Beklagten ausgelieferten Anlage auch noch vier weitere Sprühköpfe gehörten, ist für die Verwirklichung dieses Merkmals ohne Belang, da ein Mehr an Sprühköpfen von dem Klagepatent nicht ausgeschlossen wird, sondern sich vielmehr aus den Beschreibungen der bevorzugten Ausführungsformen ergibt, dass die Hinzufügung weiterer Sprühköpfe vorteilhafte Wirkungen erzielen kann. Dass bei den in Bodennähe zu installierenden Sprühköpfen des Typs DK7-12/04-UVA es sich um solche handelt, die entsprechend dem Merkmal b) einen Sprühnebel aus Wasser in einer Weise erzeugen, dass in der unmittelbaren Nähe des Sprühkopfes ein Luftunterdruck entsteht, ergibt sich offensichtlich aus den von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgeführten Videodokumentationen der von ihr durchgeführten Versuche mit den aus der Lieferung an die Firma A stammenden Sprühköpfen dieser Bauart so, wie dies auch in Ablichtung von der Klägerin in der Klageschrift zur Akte gereicht wurde (Bl. 81 d.A) und wie dies nachfolgend eingeblendet wird.

Dass es sich bei den in dieser Videodokumentation gezeigten Sprühköpfen nicht um die aus der von der Klägerin dargelegten Lieferung stammenden Sprühköpfe handelt, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrecht erhalten.

Dass die beiden Sprühköpfe, die in Bodennähe installiert werden sollen, der Planung der Beklagten entsprechend gegeneinander gerichtet sind, ergibt sich ebenfalls aus den Zeichnungen gemäß Anlage KD 8, Kapitel 8, auf den viert- bis vorletzten Seiten, die nachfolgend verkleinert (die vorletzte Seite nur ausschnittsweise) wiedergegeben sind und die insoweit auch mit der in der Begleitdokumentation enthaltenen Genehmigungsbescheinigung für die in Rede stehende Anlage gemäß Anlage KD 8, Kapitel 1, entspricht.

Aus der Verwirklichung des Merkmals c) ergibt sich zwangsläufig auch die Verwirklichung des Merkmals d) des Anspruches 13, wonach die zweite Sprühdüse gegen die erste Sprühdüse gerichtet sein soll.
Nach Merkmal e) sollen die erste und die zweite Sprühdüse im Wesentlichen in der Längsrichtung des länglichen Objektes ausgerichtet sein, um einen durchgehenden Sprühweg zu erzeugen. Den vorstehend wiedergegebenen Zeichnungen der Begleitdokumentation ist zu entnehmen, dass die Planung der Beklagten für die von der Firma A bestellten Brandbekämpfungsanlage vorsah, dass die beiden in Bodennähe installierten Sprühköpfe im Wesentlichen in der Längsrichtung des länglichen Objektes ausgerichtet werden sollten. Bei dieser planmäßigen Anordnung bewirkt diese Ausrichtung in Längsrichtung des länglichen Objektes auch, dass hierdurch ein durchgehender Sprühweg erzeugt wird. Erfindungswesentlich ist das Umlenken des Sprühstrahls um das längliche Objekt herum. Dieses Umlenken wird bewirkt durch den Unterdruck an den Sprühköpfen im Betrieb und ermöglicht durch die geringe Größe der Wassertropfen. Diese Umlenkung stellt den durchgehenden Sprühweg her. Dass bei der angegriffenen Ausführungsform auch eine solche Umlenkung erreicht wird, die dafür sorgt, dass ein durchgehender Sprühstrahl um das längliche Objekt herumgeleitet wird, ist durch die in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin vorgeführte Videodokumentation der von ihr durchgeführten Versuche erwiesen. Die Videoaufnahmen der verwendeten Wärmebildkamera haben offensichtlich gemacht, dass die von den Sprühköpfen ausgehenden Sprühstrahlen zunächst in länglicher Richtung entlang dem dort aufgestellten länglichen Objekt gestrahlt werden, bevor sie durch die Sogwirkung der an der entgegengesetzten Wand angebrachten Sprühdüsen umgelenkt und dann mit dem von dieser zweiten Düse ausgehenden Sprühstrahl mitgerissen werden. Hierdurch wird der von dem Klagepatent geforderte durchgehende Sprühweg erzeugt.

Die Klägerin hat zudem nachvollziehbar dargelegt, dass es für die Wirkungsweise nicht darauf ankommt, welche Form das längliche Objekt hat und ob die von der Beklagten vorgegebenen Abmessungen exakt eingehalten werden. Insbesondere hat sie dargelegt, dass das Prinzip der Umlenkung der Sprühstrahlen auch dann funktionieren würde, wenn das längliche Objekt vollständig entfernt würde. Für die Richtigkeit dieses Vortrages spricht bereits, dass der Genehmigungsbescheinigung, die in Kapitel 1 der Anlage KD 8 von der Beklagten beigefügt wurde, auf Seite 13

lediglich ein leerer Raum mit einer Größe von bis zu 270 cbm dargestellt wird. Zudem haben die Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen, dass es für die Erzeugung der Umlenkung der Sprühstrahlen maßgeblich lediglich auf die Anordnung der Düsen entlang des Objektes ankomme. Es sei zwar nicht völlig beliebig, welche Rahmenbedingungen ansonsten gewählt würden, im Wesentlichen komme es aber nicht auf die strenge Einhaltung vorgegebener Abmessungen oder der Positionierung des länglichen Objektes in dem Raum an, da es sich bei dem zu beobachtenden Effekt der Umlenkung um einen makroskopischen Effekt handele, der keine peinlich genaue Einhaltung der Abmessungen erfordere. Diesem Vortrag der Klägerin ist die Beklagte nicht erheblich entgegengetreten. Es hätte ihr im Hinblick auf den substantiierten Vortrag der Klägerin oblegen, darzutun, dass die von ihr ausgelegte Brandbekämpfungsanlage für die Lieferung an die Firma A nicht in der Lage gewesen wäre, einen solchen Umlenkeffekt zu erzeugen. Das einfache Bestreiten ist im Hinblick auf die Substantiierung des Vortrages der Klägerin nicht ausreichend.

Der Videodokumentation des durchgeführten Strömungsversuches der Klägerin war gleichzeitig zu entnehmen, dass mit der angegriffenen Ausführungsform auch Merkmal f) wortsinngemäß verwirklicht wird, da durch die Verwendung der Wärmebildkamera die einzelnen Ströme sichtbar gemacht wurden und auf diese Art und Weise offenkundig war, dass der durchgehende Sprühweg die (umgelenkten) Ströme enthält, da durch die Sogwirkung an den Sprühköpfen die umgelenkten Sprühstrahlen mit dem von diesem Sprühkopf ausgehenden Sprühstrahl mitgerissen werden.

III.
1.
Da die Beklagte den Gegenstand des Klagepatents mit der angegriffenen Ausführungsform rechtswidrig benutzt hat, ist sie der Klägerin insoweit zur Unterlassung verpflichtet, Artikel 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG. Es besteht auch die für den Ausspruch der Unterlassungsverpflichtung erforderliche Besorgnis, dass es künftig zu Patentverletzungen kommen wird, denen mit dem Unterlassungsanspruch begegnet werden soll. Mit der Klage wurde begehrt, der Beklagten für die Zukunft patentverletzende Handlungen in Form von Angebot und Inverkehrbringen zu untersagen. Sind bereits Verletzungshandlungen für diese Handlungsalternativen vorgefallen, so ergibt sich aus ihnen ohne weiteres die Gefahr, dass in Zukunft weitere Rechtsverletzungen stattfinden werden. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die patentverletzenden Gegenstände sowohl angeboten wie auch in Verkehr gebracht.

a)
Beim Anbieten handelt es sich um eine eigenständige Benutzungshandlung im Sinne des Patentgesetzes. Verstanden wird hierunter jede im Inland begangene Angebotshandlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert das Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Es ist unerheblich, ob der Anbietende den Gegenstand selbst herstellt oder ob er ihn – zum Teil – von dritter Seite bezieht. Das „Angebot“ muss keine gemäß § 145 BGB rechtswirksame Vertragsofferte enthalten. Aus dem Angebot, also etwa einem Werbeprospekt mit einer Darstellung des Gegenstandes, müssen sich nicht einmal sämtliche Merkmale der geschützten Lehre ergeben, sofern deren Vorliegen aus sonstigen, objektiven Gesichtspunkten zuverlässig geschlossen werden kann (BGH, GRUR 2005, 665 – Radschützer). Wenn das Angebot als solches im Inland geschieht, kommt es nicht darauf an, ob die spätere Lieferung im Inland oder im schutzrechtsfreien Ausland erfolgen soll (OLG München, InstGE 5 – 15, Messeangebot im Ausland II).

Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend kein Zweifel daran bestehen, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Feuerlöschsysteme im Sinne des Patentgesetzes angeboten hat. Sowohl die Internet-Auftritte gemäß Anlage KD 2 – KD 4 wie auch der Prospekt nach Anlage KD 6 stellen eindeutige Angebotshandlungen für Feuerlöschgeräte dar, die über Sprühköpfe verfügen. Diese Sprühköpfe weisen mehrere Düsen auf, aus denen Feuerlöschmittel im Brandfall austreten. Vorliegend tritt als weiteres hinzu, dass die Klägerin mit Anlage KD 7 Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich die Abwicklung eines Geschäftes der Beklagten mit der Firma A ergibt. Als zeitlich erstes Dokument hat sie eine „modifizierte Auftragsbestätigung“ vom 07.09.2005 eingereicht. Aus der gewählten Begrifflichkeit folgt bereits, dass es zuvor schon eine Auftragsbestätigung (nicht modifizierte) gegeben haben muss. Dies und die Lebenserfahrung sprechen dafür, dass diesem Kauf-/Werklieferungsvertrag Angebotshandlungen vorausgegangen sein müssen, denn solche Anlagen werden von den Abnehmern nicht auf „gut Glück“ bestellt. Dass der Angebotsempfänger im Ausland residiert, ist unerheblich, da das diesem Geschäft zugrunde liegende Angebot von der Beklagten jedenfalls aus der Bundesrepublik Deutschland heraus abgesandt wurde.

b)
Die Beklagte hat die angegriffene Ausführungsform auch in Verkehr gebracht. Das Inverkehrbringen setzt das Verschaffen der Verfügungsgewalt über das Erzeugnis voraus. Ein mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteiltes europäisches Patent ist bereits dann verletzt, wenn die fragliche Handlung wenigstens teilweise im Inland vorgenommen wird und sie, soweit sie im Inland vorgenommen wird, den Tatbestand einer der dem Patentinhaber allein vorbehaltenen, in § 9 PatG genannten Benutzungshandlungen erfüllt. Beim Inverkehrbringen ist der Absendeort genauso wichtig wie der Zugangsort (Benkard/Scharen, Patentgesetz, 10. Auflage, § 9 Rdnr. 10). Unstreitig ist der Verkauf der Anlage an die Firma A gemäß Anlage KD 7 erfolgt. Der Einwand, dass in dieser Lieferung keine Branddetektionssysteme enthalten waren, ist unbehelflich, denn das Klagepatent befasst sich mit solchen Brandmeldeeinrichtungen nicht. Die Beklagte selber weist zudem in ihrem Prospekt auf Seite 7 der Anlage KD 6 darauf hin, dass eine Anbindung an bestehende Brandmeldeanlagen erfolgen kann. Auch der weitere Einwand, die Flaschensysteme seien direkt vom Hersteller an die Kundin geliefert worden, ist in dem vorliegenden Verfahren unerheblich, da das Klagepatent sich mit dem Flaschensystem nicht befasst. Zudem hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass es sich auch bei der Lieferung der Flaschensysteme um eine Lieferung der Beklagten gehandelt hat. Diese hat lediglich den Vorteil ausgenutzt, dass die Herstellerfirma der von ihr, der Beklagten, vertriebenen Flaschen in Großbritannien sitzt und der Lieferweg dadurch abgekürzt werden konnte. Der Absender für die an die Firma A veräußerten Feuerlöschanlagen war ausweislich der mit dem Anlagenkonvolut KD 7 zur Akte gereichten Speditionsdokumente die Beklagte, so dass der Absendeort der streitgegenständlichen Anlage – mit Ausnahme der aus Großbritannien direkt angelieferten Flaschensysteme – die Bundesrepublik Deutschland war.

c)
Zutreffend geht die Klägerin auch gegen die Beklagte wegen unmittelbarer Patentverletzung vor, denn die Lieferung von Einzelteilen und einer entsprechenden Begleitdokumentation – wie sie von der Klägerin als Anlage KD 8 zur Akte gereicht wurde – stellt jedenfalls dann eine unmittelbare Benutzungshandlung dar, wenn der Erfindungsgedanke bis auf selbstverständliche und wirtschaftlich sinnvolle Ergänzungen verwirklicht ist. In der Begleitdokumentation wird dem Empfänger genauestens angegeben, wie die Installation der Feuerlöschanlage zu erfolgen hat. Er kann dieser Begleitdokumentation auch die für die Installation erforderlichen Abmessungen entnehmen. Um eine unmittelbare Verletzungshandlung feststellen zu können, muss es bei wertender Betrachtung als unerheblich erscheinen, ob der letzte für die erfinderische Leistung bedeutungslose Akt der Herstellung der Gesamtvorrichtung von Dritten vorgenommen wird ( vgl. LG Düsseldorf, GRUR-RR 2001, 201 – Cam-Carpet). Vorliegend hat die Beklagte alle für die Installation erforderlichen Teile geliefert. Dies hat auch – wie vorstehend bereits ausgeführt – für das Flaschensystem zu gelten, das zudem in der modifizierten Auftragsbestätigung, in der Rechnung und in der Begleitdokumentation der Beklagten gemäß Anlage KD 8 enthalten ist. Des weiteren waren alle Ingenieurleistungen mit der Begleitdokumentation erbracht, so dass die Abnehmerin nur noch – entsprechend den Vorgaben der Beklagten – einen weisungsgetreuen Zusammenbau der ihr gelieferten Gegenstände vornehmen musste. Eine solche nur noch handwerklich vorzunehmende Tätigkeit ist für die Frage der unmittelbaren Patentverletzung bei der gebotenen wertenden Betrachtung aber irrelevant.

2.
Die Beklagte hat infolge der patentverletzenden Handlungen der Klägerin außerdem dem Grunde nach Schadenersatz zu leisten, Artikel 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentbenutzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Außerdem ist die Beklagte zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch beziffern zu können, § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Gemäß § 140 b PatG hat die Beklagte schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

3.
Abzuweisen war die Klage lediglich insoweit, als die Klägerin Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadenersatz bereits ab dem Zeitpunkt von einem Monat nach Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatentes begehrt hat. Sie hat hierbei außer Betracht gelassen, dass sie erst zu einem späteren Zeitpunkt, dem 20. Juni 2002, materiell-rechtlich berechtigte Inhaberin des Klagepatents geworden ist. Dass ihr irgendwelche Ansprüche des ursprünglichen Patentinhabers und Erfinders des Klagepatentes übertragen bzw. abgetreten worden seien, ist von ihr nicht dargetan worden.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
Das Unterliegen der Klägerin hinsichtlich des kurzen Zeitraums zwischen Veröffentlichung der Patenterteilung und ihrer Eintragung als Patentinhaberin ist nur geringfügig und hat keine weiteren Kosten verursacht.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 709 und 108 ZPO.