4b O 418/06 – Gabelfräskopf

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 743

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. August 2007, Az. 4b O 418/06

I.
Die Beklagten werden verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Vorrichtungen, die aus einem getriebelosen, direkt angetriebenen Zweiachsen-Drehkopf und einer Spindelbaugruppe bestehen, wobei der Drehkopf folgende Merkmale umfaßt:

– Eine um eine erste Achse drehbar angeordnete Gabel, die ein Paar voneinander beabstandeter Gabelarme aufweist, wobei die Spindelbaugruppe drehbar zwischen den Gabelarmen für eine Drehbewegung um eine zweite Achse angeordnet ist;

– eine erste Motoreinrichtung zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Gabel um die erste Achse;

– einen Tragarm, an dem die Gabel angebracht ist, wobei der Tragarm ein Gehäuse für die erste Motoreinrichtung und eine drehbare Hülse enthält, die mit der ersten Achse konzentrisch ist und mit der Gabel funktionell verbunden ist, um sich mit ihr zu drehen;

– und eine zweite Motoreinrichtung zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Spindelbaugruppe um die zweite Achse

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

– wobei die erste Motoreinrichtung einen drehmomentstarken Servomotor umfaßt, der in dem Gehäuse des Tragarms montiert ist und die Hülse umgibt, die mit der ersten Achse konzentrisch ist, wobei der Servomotor einen Stator und einen Rotor enthält, wobei der Rotor mit der Hülse zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Hülse um die erste Achse verbunden ist;

– wobei die zweite Motoreinrichtung wenigstens einen drehmomentstarken Servomotor umfaßt, der konzentrisch mit der zweiten Achse in einem hohen zylindrischen Element in dem Gabelarm montiert ist, das Innen- und Außenflächen und dazwischen eine zylindrische Innenfläche enthält, die ein hohles Gehäuse für den Servomotor definiert, wobei der Servomotor einen Stator und einen Rotor enthält, wobei der Rotor um die zweite Achse drehbar und konzentrisch ist und direkt mit einer der Seiten der Spindelbaugruppe zum Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Spindelbaugruppe um die zweite Achse verbunden ist;

– wobei die Spindelbaugruppe eine längliche, motorgetriebene Spindel umfaßt, die in einem Spindelgehäuse montiert ist, wobei der Motor in der Spindel ein Fräswerkzeug dreht, das in einem Werkzeughalter gehalten wird, der in dem distalen Ende der Spindel angebracht ist;

2.
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 15. April 2004 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,

b) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten oder anderer Vorbesitzer,

c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermenge, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern und -medien, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinnes, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den unter Ziffer I.1 genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,

w o b e i

o die Beklagten die Angaben zu lit. b) und c) durch Vorlage der zugehörigen Bestellschreiben, Lieferscheine und Rechnungen in Kopie zu belegen haben;

o den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3.
als Gesamtschuldner an die Klägerin 1.050,– € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. April 2007 zu zahlen.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1 bezeichneten, seit dem 15. April 2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 300.000,– € vorläufig vollstreckbar.

V.
Der Streitwert wird auf 300.000,– € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des in englischer Verfahrenssprache abgefassten, am 13. Juni 1996 u.a. für die Bundesrepublik Deutschland angemeldeten europäischen Patents EP 0 885 xxx B1 (Klagepatent), dessen Erteilung am 12. September 2001 bekannt gemacht wurde. Das Klagepatent, das eine US-amerikanische Priorität vom 12. Juni 1995 beansprucht, ist in einem inzwischen rechtskräftig abgeschlossenen Einspruchsbeschwerdeverfahren beschränkt aufrechterhalten und mit Wirkung zum 15. April 2004 auf die Klägerin übertragen worden. Es betrifft eine Vorrichtung mit einem direktangetriebenen, entlang mehrer Achsen beweglichen Fräskopf, wobei der im vorliegenden Rechtsstreit vornehmlich interessierende Patentanspruch 1 in seiner geltenden Fassung – in deutscher Übersetzung – folgenden Wortlaut hat:

„Vorrichtung, die aus einem getriebelosen, direkt angetriebenen Zweiachsen-Drehkopf (10) und einer Spindelbaugruppe (22) besteht, wobei der Drehkopf (10) Folgendes umfaßt:

eine um eine erste Achse (C) drehbar angeordnete Gabel (14), die ein Paar voneinander beabstandeter Gabelarme (18, 20) aufweist, wobei die Spindelbaugruppe (22) drehbar zwischen den Gabelarmen (18, 20) für eine Drehbewegung um eine zweite Achse (A) angeordnet ist;

eine erste Motoreinrichtung (30) zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Gabel (14) um die erste Achse (C);

einen Tragarm (32), an dem die Gabel (14) angebracht ist, wobei der Tragarm (32) ein Gehäuse (48) für die erste Motoreinrichtung (30) und eine drehbare Hülse (36) enthält, die mit der ersten Achse (C) konzentrisch ist und mit der Gabel (14) funktionell verbunden ist, um sich mit ihr zu drehen; und

eine zweite Motoreinrichtung (90) zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehbewegung der Spindelbaugruppe (22) um die zweite Achse (A);

wobei die erste Motoreinrichtung (30) einen drehmomentstarken Servomotor (31) umfaßt, der in dem Gehäuse (48) des Tragarmes (32) montiert ist und die Hülse (36) umgibt, die mit der ersten Achse (C) konzentrisch ist, wobei der Servomotor (31) einen Stator (66) und einen Rotor (70) enthält, wobei der Rotor (70) mit einer Hülse (36) zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Hülse (36) um die erste Achse (C) verbunden ist;

wobei die zweite Motoreinrichtung (90) wenigstens einen drehmomentstarken Servomotor (92, 94) umfaßt, der konzentrisch mit der zweiten Achse (A) in einem hohlen zylindrischen Element (96, 98) in den Gabelarmen (18, 20) montiert ist, das Innen- und Außenflächen (99, 100) und dazwischen eine zylindrische Innenfläche (101) enthält, die ein hohles Gehäuse für den Servomotor (92, 94) definieren, wobei der Servomotor (92, 94) einen Stator (120) und einen Rotor (126) enthält, wobei der Rotor (126) um die zweite Achse (A) drehbar und konzentrisch ist und direkt mit einer der Seiten der Spindelbaugruppe (22) zum Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Spindelbaugruppe (22) um die zweite Achse (A) verbunden ist;

wobei die Spindelbaugruppe (22) eine längliche, motorgetriebene Spindel (24) umfaßt, die in einem Spindelgehäuse (26) montiert ist, wobei der Motor in der Spindel (24) ein Fräswerkzeug (28) dreht, das in einem Werkzeughalter gehalten wird, der in einem distalen Ende der Spindel (24) angebracht ist.“

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1, 3, 4 und 6 der Klagepatentschrift) veranschaulichen den Erfindungsgegenstand anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Die Beklagte zu 1), deren alleinige Geschäftsführerin die Beklagte zu 2) ist, stellt her und vertreibt unter der Typenbezeichnung „X …-Y“ direkt angetriebene Gabelfräsköpfe. Deren nähere Ausgestaltung und Funktionsweise erschließt sich aus den als Anlagen K 7, K 7a, B 3 und B 4 vorliegenden Zeichnungen, einem Verkaufsprospekt (K 8) sowie einem Auszug aus der Homepage der Beklagten (K 9). Nachfolgend ist die Bildfolge nach Anlagen B 3, B 4 eingeblendet.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Fräsköpfe des Typs „X…-Y“ wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Sie nimmt die Beklagten deshalb aus dem Gesichtspunkt der Patentverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch. Letzteren beziffert die Klägerin in Höhe auf die gerichtliche Verfahrensgebühr nicht anrechenbarer patentanwaltlicher Abmahnkosten von 1.050,– €. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Schriftsatz vom 5. April 2007 (Seite 11, GA 47) verwiesen. Die Klägerin stützt sich außerdem auf eine Kostenrechnung der Patentanwälte der Klägerin vom 14. Juni 2006 (Anlage K 12), die über 1.050,– € netto lautet und auf die die Klägerin unwidersprochen 1.050,– € gezahlt hat.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf und leugnen den Vorwurf der Patentverletzung. Die Beklagte zu 2) ist ferner der Auffassung, dass jedenfalls sie keine Verantwortlichkeit treffe, weil sie unternehmensintern für technische Belange nicht zuständig (gewesen) sei.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit Ihnen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom 18. Juni 2007 ist für die Beklagte zu 1) ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und zusätzlich angeordnet worden, dass Verfügungen der Gesellschaft nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

I.

Der Rechtsstreit ist, soweit er die Beklagte zu 1) betrifft, nicht durch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters unterbrochen worden. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1999, 2822) ist die eine Verfahrensunterbrechung anordnende Vorschrift des § 240 Satz 2 ZPO nicht einschlägig, wenn dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot, sondern lediglich ein Zustimmungsvorbehalt im Sinne von § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO auferlegt wird und deshalb die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Genau so liegt der Sachverhalt hier.

Das angerufene Landgericht Düsseldorf ist für die Entscheidung des Rechtsstreits auch örtlich zuständig. Angesichts der bestimmungsgemäß bundesweit abrufbaren Internetwerbung der Beklagten für die angegriffenen Fräsköpfe ist im Hinblick auf sämtliche Klageansprüche der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) gegeben.

II.

Die Klage ist gerechtfertigt, weil der streitbefangene Fräskopf der Beklagten wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht.

1.
Das Klagepatent betrifft einen direkt angetriebenen, entlang mehrerer Achsen bewegbaren Fräskopf.

Wie die Klagepatentschrift einleitend erläutert, ist aus der US-A 5 257 883 eine mehrfunktionelle Werkzeugmaschine (beispielsweise eine Fräsmaschine) bekannt, wobei von der Frässpindel und dem Spindelkopf entfernt angeordnete Motoren deren mehrachsige Bewegung und Drehung steuern. Hierzu sind die Motoren einzeln oder in Kombination über Synchronriemen, Schneckenantriebe und Räder, Kegelgetriebe und Stirnrädergetriebe oder Kegelgetriebe verbunden, die funktionell mit der Spindel und dem Spindelkopf (zu deren Rotation) um zwei Achsen gekoppelt sind.

Die JP 63-295 143 A offenbart ferner eine Vorrichtung mit einem Zweiachsen-Drehkopf und einer Spindelbaugruppe, bei der der Fräskopf eine um eine erste Achse drehbare Gabel zum Verschwenken der Frässpindel um eine zweite Achse umfasst. Ein erster Antriebsmotor ist an einem Flansch angeordnet und verdreht die Gabel, welche ihrerseits an einem Tragarm angeordnet ist, der ein Gehäuse mit einem zweiten Antrieb zum Verschwenken des Spindelkopfes umfasst.

Schließlich zeigt die US 4 425 818 einen mit mehreren Gelenken versehenen Manipulator, der in der Industrie für Montage-, Schweiß- und ähnliche Arbeiten einsetzbar ist. An wenigstens einem Gelenk zwischen zwei Abschnitten ist ein getriebeloser Direktantriebs-Servomotor vorgesehen. Dessen Rotor ist einem Abschnitt und der Stator einem anderen Abschnitt zugeordnet.

Nach den Ausführungen der Klagepatentschrift sind Fräsmaschinen insbesondere in der Luft- und Raumfahrttechnik in einem bestimmten Winkel zur bearbeitenden Fläche angeordnet. Die Achsantriebsgeschwindigkeit der Fräse ist in den letzten Jahren gestiegen, was bei sich abrupt ändernden Linearachsen oder Konturen der Werkstückoberflächen Qualitätsmängel verursachen kann. Beim Ausfräsen eines kastenförmigen Aufsatzes auf einer Oberfläche muss die Fräsmaschine z.B. an den Ecken des zu fräsenden Kastens um 90° verdreht werden, was eine Korrekturbewegung der Drehachse erfordert, wobei der Winkel zwischen Fräskopf und Oberfläche beibehalten und die Fräsgeschwindigkeit möglichst nicht herabgesetzt werden soll. Getriebespindelköpfe erfüllen diese Anforderung nur bedingt.

Ausgehend hiervon liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, einen Arbeitsspindelkopf bereitzustellen, der mit hohen Geschwindigkeiten als Reaktion auf abrupte und kontinuierliche Änderungen in der Kontur einer zu bearbeitenden Oberfläche gedreht werden kann, so dass die erforderliche Winkelbeziehung zwischen Spindelkopf und einer solchen Oberfläche (und die Fräsgeschwindigkeit) beibehalten wird.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Vorrichtung, die besteht aus

(a) einem getriebelosen, direkt angetriebenen Zweiachsen-Drehkopf (10)

u n d

(b) einer Spindelbaugruppe (22).

(2) Die Spindelbaugruppe (22) umfaßt eine längliche, motorgetriebene Spindel (24), die in einem Spindelgehäuse (26) montiert ist, wobei der Motor in der Spindel (24) ein Fräswerkzeug (28) dreht, das in einem Werkzeughalter gehalten wird, der in einem distalen Ende der Spindel (24) angebracht ist.

(3) Der Drehkopf (10) umfaßt folgende Merkmale:

(a) eine um eine erste Achse (C) drehbar angeordnete Gabel (14), die ein Paar voneinander beabstandeter Gabelarme (18, 20) aufweist, wobei die Spindelbaugruppe (22) drehbar zwischen den Gabelarmen (18, 20) für eine Drehbewegung um eine zweite Achse (A) angeordnet ist;

(b) eine erste Motoreinrichtung (30) zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Gabel (14) um die erste Achse (C);

(c) wobei die erste Motoreinrichtung (30) einen drehmomentstarken Servomotor (31) umfaßt, der in dem Gehäuse (48) des Tragarmes (32) montiert ist und eine Hülse (36) umgibt, die mit der ersten Achse (C) konzentrisch ist, wobei der Servomotor (31) einen Stator (66) und einen Rotor (70) enthält, wobei der Rotor (70) mit der Hülse (36) zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Hülse (36) um die erste Achse (C) verbunden ist;

(d) einen Tragarm (32), an dem die Gabel (14) angebracht ist, wobei der Tragarm (32) ein Gehäuse (48) für die erste Motoreinrichtung (30) und eine drehbare Hülse (36) enthält, die mit der ersten Achse (C) konzentrisch ist und mit der Gabel (14) funktionell verbunden ist, um sich mit ihr zu drehen;

(e) eine zweite Motoreinrichtung (90) zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehbewegung der Spindelbaugruppe (22) um die zweite Achse (A);

(f) wobei die zweite Motoreinrichtung (90) wenigstens einen drehmomentstarken Servomotor (92, 94) umfaßt, der konzentrisch mit der zweiten Achse (A) in einem hohlen zylindrischen Element (96, 98) in den Gabelarmen (18,20) montiert ist, das Innen- und Außenflächen (99, 100) und dazwischen eine zylindrische Innenfläche (101) enthält, die ein hohles Gehäuse für den Servomotor (92, 94) definieren, wobei der Servomotor (92, 94) einen Stator (120) und einen Rotor (126) enthält, wobei der Rotor (126) um die zweite Achse (A) drehbar und konzentrisch ist und direkt mit einer der Seiten der Spindelbaugruppe (22) zum Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Spindelbaugruppe (22) um die zweite Achse (A) verbunden ist.

Gegenstand der Erfindung ist demnach ein getriebeloser, direkt angetriebener Zweiachsen-Drehkopf für eine Werkzeugmaschinenspindel mit einem kardanischen Aufbau, an dem eine Spindel zur Rotation um zwei Achsen angeordnet ist. Des Weiteren umfasst der Zweiachsen-Drehkopf eine Anordnung von Motoren, die mit dem Kardanaufbau und der Spindel zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehung des Kardanaufbaus und der Spindel um die beiden Achsen gekoppelt ist. Vorteilhaft werden hierbei Direktantriebe verwendet, die herkömmliche Getriebe und Synchronriemen ersetzen. Diese sind direkt mit der Spindel gekoppelt und ermöglichen im Vergleich zum Stand der Technik eine schnelle Drehung der Spindel auch bei hohen Geschwindigkeiten als Reaktion auf abrupte und kontinuierliche Änderungen in der Kontur der zu bearbeitenden Oberfläche. Der Winkel zwischen Oberfläche und Spindelkopf kann so beibehalten werden, ohne die Geschwindigkeit herabsetzen zu müssen. Vorteilhaft erhöht sich auch die Werkzeugsteifigkeit und wird zusätzlich der Energieverlust reduziert, der auftritt, wenn Energie über das Getriebe übertragen wird.

2.
Zwischen den Parteien ist zu Recht unstreitig, dass der angegriffene Fräskopf von der technischen Lehre des Klagepatents im Umfang der Anspruchsmerkmale (1), (2), (3a), (3b) und (3e) Gebrauch macht. Weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich deshalb.

Zu Unrecht bestreiten die Beklagten jedoch, dass auch die übrigen Merkmale (3c), (3d) und (3f) dem Wortsinn nach verwirklicht werden. Ihre Argumentation stellt in unzulässiger Weise auf einen Vergleich der angegriffenen Ausführungsform mit derjenigen Erfindungsvariante ab, die – lediglich beispielhaft – in den Figuren der Klagepatentschrift gezeigt ist. Maßgeblich für die Schutzbereichsbestimmung ist demgegenüber der technisch verstandene Anspruchswortlaut (Art 69 EPÜ), der zwar die gezeigten Ausführungsbeispiele einschließt, der über sie jedoch hinausreicht, weil er daneben vielfältige andere konstruktive Ausgestaltungen ebenfalls erfasst. Der Sachvortrag der Beklagten erschöpft sich im Wesentlichen darin, die bei der angegriffenen Ausführungsform gewählte Konstruktion zu beschreiben, anstatt sich im Einzelnen argumentativ damit auseinander zu setzen, welche (Teil-)Merkmale des Patentanspruchs genau aus welchen an der technischen Funktion des betreffenden Anspruchsmerkmals anknüpfenden Gründen nicht vorliegen sollen.

a)
Merkmal (3d) verlangt einen Tragarm (32),

d 1) an dem eine Gabel (14) angebracht ist,

d 2) wobei der Tragarm (32) ein Gehäuse (48) für die erste Motoreinrichtung (30) und eine drehbare Hülse (36) enthält, welche

d 2 a) mit der ersten Achse (C) konzentrisch und

d 2 b) mit der Gabel (14) funktionell verbunden ist, um sich mit ihr (14) zu drehen.

Die genannten Merkmale lassen für den Durchschnittsfachmann keinen vernünftigen Zweifel daran, was Sinn und Zweck des erfindungsgemäßen „Tragarms“ ist. Wie die Bezeichnung („Tragarm“) bereits deutlich macht, besteht seine vordringliche Aufgabe darin, die Gabel (14) – die am Tragarm angebracht ist (Merkmal e1) – zu halten. Gemäß dem Merkmal (3b) soll die Gabel (14) mittels einer ersten Motoreinrichtung (30) in Drehung um die erste Achse (C) versetzt werden. Auch in dieser Hinsicht sind dem Tragarm notwendige Funktionen zugewiesen: Er hat zunächst – als Antriebsbauteil für die Gabel (14) – eine drehbare Hülse (36) zu enthalten, die mit der Gabel (14) funktionell verbunden sein soll, damit sich die Gabel (14) mit der Hülse (36) um die erste Achse (C) dreht (Merkmal d2b). Der Tragarm soll ferner die erste Motoreinrichtung (30) – welche über die Hülse (36) die Gabel (14) antreibt (Mekmal 3c) – aufnehmen, weswegen vorgesehen ist, dass der Tragarm ein Gehäuse für die besagte Motoreinrichtung aufweist (Merkmal d2). Abgesehen von den erörterten Funktionen verhält sich Patentanspruch 1 nicht näher dazu, wie der Tragarm kontruktiv ausgestaltet sein soll. Alle diesbezüglichen Einzelheiten (z.B. ein- oder mehrteilige Bauweise, Baulänge, Positionierung) sind vielmehr dem freien Belieben des Fachmanns überlassen, weswegen jedwede Anordnung als „Tragarm“ anzusehen ist, die a) die Motoreinrichtung für die Drehung der Gabel (14) gehäuseartig aufnimmt und b) eine Antriebshülse (36) bereitstellt, die mit der Gabel (14) in einer Weise gekoppelt ist, dass eine Rotation der Hülse die Gabel in Drehung versetzt.

Vor dem Hintergrund dieses Auslegungsergebnisses ist der Klägerin Recht in ihrer Auffassung zu geben, dass bei dem streitbefangenen Fräskopf die Einheit aus den in Anlage B 3 als „Trägerplatte mit Stator des Synchronmotors“ (genauer: deren oberer horizontaler Bund), „Gehäusebuchse“, „Formteil“ und „Klemmring“ bezeichneten Vorrichtungsteile einen patengemäßen Tragarm bilden. Sie zusammen formen nämlich einen gehäuseartigen Aufnahmeraum für den Antriebsmotor, bestehend aus „Rotor“ und „Stator“, und sie stellen in Gestalt des „Klemmrings“ eine (Antriebs-)Hülse bereit, die von der Motoreinrichtung in Drehung versetzt wird und die Rotationsbewegung an die Gabel weitervermittelt. Genau zu diesem Zweck ist der „Klemmring“ – Erstens – drehbar und – Zweitens – an die Gabel drehmomentenschlüssig angebunden. Dass diese Verbindung mit der Gabel einstückig ist, spielt für die Merkmalsverwirlichung keine Rolle, weil der Patentanspruch 1 jede funktionelle Verbindung (wie immer sie konstruktiv aussehen mag) genügen lässt, die das Ziel erreicht, dass sich die Gabel mit der angetriebenen Hülse dreht. Der „Klemmring“, der hülsenformig ausgebildet ist, leistet derartiges zweifellos.

Soweit die Beklagten darauf abheben, dass Figur 3 der Klagepatentschrift eine untere Endplatte als Gehäusebegrenzung zeigt, handelt es sich ersichtlich um eine bloß fakultative Maßnahme, die darauf beruht, dass sich der Tragarm unterhalb der Motoreinrichtung noch um ein beträchtliches Maß fortsetzt. Da solches – wie Figur 1 beweist – nicht notwendig ist, kann das Fehlen einer unteren Endplatte nicht aus dem Verletzungstatbestand herausführen. Entscheidend ist vielmehr, dass der Tragarm als Gehäuse Schutzfunktionen für die von ihm beherbergten Bauteile (Motoreinrichtung, Hülse) zu erfüllen hat und dass ein nicht nur hinreichender, sondern sogar umfassender Schutz bei dem streitbefangenen Fräskopf schon dadurch bereitgestellt wird, dass Motor und Hülse – wie beschrieben – nach oben und radial nach außen hin abgeschirmt sind.

b)
Merkmal (3c) verlangt, dass die erste Motoreinrichtung (30) einen drehmomentstarken Servomotor umfasst,

c 1) der in dem Gehäuse (48) des Tragarms (32) montiert ist und

c 2) die Hülse (36) umgibt, die mit der ersten Achse (C) konzentrisch ist,

c 3) wobei der Servomotor (31) einen Stator (66) und einen Rotor (70) enthält,

c 4) wobei der Rotor (70) mit der Hülse (36) zum direkten Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Hülse (36) um die erste Achse (C) verbunden ist.

Aus den vorstehenden Ausführungen unter a) ergibt sich, dass von den Vorgaben der Merkmalsgruppe (3c) ebenfalls Gebrauch gemacht wird: Der Prospekt gemäß Anlage K8 gibt Schwenkmomente verschiedener Modelle der „X…Y“ – Baureihe an, die unstreitig drehmomentstark sind. Ebenso ist unstreitig ein Servomotor vorhanden. Im Zusammenhang mit dem Merkmal (3d) wurde bereits das Gehäuse (welches aus dem oberen horizontalen Bund der „Trägerplatte“, der „Gehäusebuchse“ und dem „Formteil“ besteht) beschrieben. Darin ist der Servomotor montiert (Merkmal d1), der einen Rotor und einen Stator aufweist (Merkmal d3). In Gestalt des „Klemmrings“ ist auch eine Hülse vorhanden, die mit der ersten Achse (C) konzentrisch ist (Merkmal d2). Der Motor umgibt die Hülse (scil.: den „Klemmring“), weil Rotor und Stator einen größeren Durchmesser als der „Klemmring“ aufweisen. Der Rotor ist schließlich auch mit der Hülse (scil.: dem „Klemmring“) verbunden, denn der Rotor kann die Gabel über den „Klemmring“ verdrehen. Dabei steuert der Rotor über seine Geschwindigkeit die Drehung der Hülse (scil.: des „Klemmrings“) um die erste Achse (C).

c)
Merkmal (3f) verlangt, dass die zweite Motoreinrichtung (90) wenigstens einen drehmomentstarken Servomotor (92, 94) umfasst,

f 1) der konzentrisch mit der zweiten Achse (A) in einem hohlen zylindrischen Element (96, 98) in den Gabelarmen (18, 20) montiert ist, wobei das zylindrische Element

f 1 a) Innen- und Außenflächen (99,100)

f 1 b) und dazwischen eine zylindrische Innenfläche (101) enthält, die ein hohles Gehäuse für den Servomotor (92, 94) definieren,

f 2) wobei der Servomotor (92, 94) einen Stator (120) und einen Rotor (126) enthält,

f 2 a) wobei der Rotor (126) um die zweite Achse (A) drehbar und konzentrisch ist und

f 2 b) direkt mit einer der Seiten der Spindelbaugruppe (22) zum Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Spindelbaugruppe (22) um die zweite Achse (A) verbunden ist.

Sämtliche Teilmerkmale werden durch den streitbefangenen Fräskopf verwirklicht. Unstreitig handelt es sich bei der zweiten Motoreinrichtung um einen Servomotor. Dieser ist gemäß Merkmal f1) konzentrisch mit der zweiten Achse (A) in einem hohlen zylindrischen Element in den Gabelarmen montiert. Anlage 4 zeigt insofern einen durch Innen- und Außenflächen sowie eine dazwischen angeordnete zylindrische Innenfläche gebildeten hohlen zylindrischen Raum zur Aufnahme der Motoreinheit aus Rotor und Stator. Der Servomotor ist dabei konzentrisch zur A-Achse angeordnet. Ob der Servomotor in der Aufnahme verstiftet und vergossen ist, hat für die Verwirklichung der Merkmalsgruppe (3f) keinerlei Bedeutung, weil sich der Patentanspruch mit diesen Details nicht befasst, sondern sie dem Belieben des Fachmanns überlässt. Aus Anlage B 4 ergibt sich, dass die Servomotoren innerhalb der Gabel, genauer in den dort vorhandenen zylindrischen Elementen, untergebracht sind. In Übereinstimmung mit Merkmal f2) umfasst der Servomotor unstreitig einen Stator und einen Rotor, wobei der Rotor nach Maßgabe des Merkmals f2a) um die zweite Achse (A) drehbar und konzentrisch zu ihr ausgebildet ist. Die Spindelbaugruppe ist zwischen den Gabelarmen dergestalt angeordnet, dass die Gabelarme links und rechts der Spindelbaugruppe bzw. des Gabelfräskopfs liegen. Die Gabeln sind gemäß Merkmal f2b) direkt mit einer der Seiten der Spindelbaugruppe zum Antrieb und zur Steuerung der Drehung der Spindelbaugruppe um die zweite Achse (A) verbunden. Sinn und Zweck der Servomotoren ist es gerade, den Fräskopf bzw. die Spindelbaugruppe um die A-Achse zu verdrehen.

III.

Da der angegriffene Fräskopf nach allem widerrechtlich die Lehre des Klagepatents benutzt, sind die Beklagten der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet (Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG). Den Beklagten fällt ein zumindest fahrlässiges Verschulden zur Last, weil sie die vorgefallene Schutzrechtsverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt hätten erkennen und vermeiden können. Sie haften der Klägerin deswegen auf Schadenersatz (Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG). Aufzukommen haben die Beklagten zunächst für die nicht anrechenbaren Kosten der patentanwaltlichen Abmahnung. Soweit die Klägerin diese auf 1.050,– € beziffert, begegnet die Forderung keinerlei Bedenken. Gegen den zugrunde gelegten Streitwert von 300.000,- € erheben die Beklagten keine substantiierten Einwände; auch eine 2,0-Geschäftsgebühr ist angesichts der technischen Schwierigkeit der Angelegenheit keinesfalls unangemessen (vgl. Kammer, InstGE 6, 37 – Abmahnkostenerstattung bei Patentverletzung). Wegen der Einzelheiten der Honorarberechnung kann deswegen auf den Schriftsatz der Klägerin vom 5. April 2007 (S. 11; GA 47) verwiesen werden. Der auf den Erstattungsbetrag bezogene Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Weil die Klägerin im Übrigen derzeit mangels näherer Kenntnis über den Umfang der Verletzungshandlungen außerstande ist, ihren Schadenersatzanspruch zu beziffern, hat sie ein rechtliches Interesse daran, dass die Schadenersatzhaftung der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird (§ 256 ZPO). Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Schadenersatzanspruch zu berechnen, haben die Beklagten außerdem im zuerkannten Umfang Rechnung über ihre Verletzungshandlungen zu legen (§§ 242, 259 BGB) und Auskunft zu erteilen (§ 140b PatG), wobei der zuletzt genannte Anspruch die Vorlage der betreffenden Belege umfasst (OLG Düsseldorf, InstGE 5, 249 – Faltenbalg) und den Beklagten ein Wirtschaftprüfervorbehalt einzuräumen war (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger).

Die persönliche Haftung der Beklagten zu 2) für die Klageansprüche ergibt sich daraus, dass sie als gesetzliche Vertreterin der Beklagten zu 1) deren Handeln im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat. Ihr oblag es deshalb als eigene Pflicht, Vorsorge dafür zu treffen, dass es bei der gewerblichen Tätigkeit der Beklagten zu 1) nicht zu einer Verletzung fremder (insbesondere technischer) Schutzrechte kommt. Sollte die Beklagte zu 2) trotz ihrer technischen Ausbildung zu dieser Prüfung nicht in der Lage gewesen sein, so hatte sie vor Aufnahme der betreffenden Geschäftstätigkeit (hier: der Herstellung, dem Angebot und dem Vertrieb der streitbefangenen Fräsköpfe) eine sachkundige Prüfung nach entgegenstehenden Rechten Dritter entweder durch geeignetes eigenes Personal oder durch externe Sachkundige (z.B. einen in Verletzungssachen erfahrenen Patentanwalt) zu veranlassen. Derartiges getan zu haben, behauptet die Beklagte zu 2) indessen nicht. Jedenfalls aus diesem Gesichtspunkt trifft deswegen auch sie eine eigene Verantwortlichkeit und ein zumindest fahrlässiges Verschulden.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 108 ZPO.