4a O 134/09 – Seilzugvorrichtung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1286

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Dezember 2009, Az. 4a O 134/09

Rechtsmittelinstanz: 2 U 16/10

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es zu unterlassen,

Seilzugvorrichtungen mit einer in einem Gehäuse gelagerten, angetriebenen und am Umfang eine Seilrille aufweisenden Treibscheibe und mit einem durchlaufenden Seil, dessen Lasttrum durch eine Gehäuseeintrittsöffnung in den Gehäuseinnenraum eintritt, die Treibscheibe umschlingt und am Umschlingungswinkel von mindestens einem Andruckelement in die Seilrille der Treibscheibe gedrückt wird,

herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen im Gehäuseinnenraum eine wenigstens zwei drehbare Rollen und einen Schalter aufweisende Überlastsicherung angeordnet ist, wobei eine der Rollen eine am Lasttrum anliegende und vertikal zu ihrer Drehachse verschiebbare Abtastrolle bildet, die an einem Kipphebel gelagert ist, der einen hohlen Profilquerschnitt aufweist und durch den der Lasttrum längs hindurchgeführt ist, und durch deren Verschiebebewegung im Überlastfall der Schalter zum Abschalten des Antriebs bestätigt wird, und wobei die andere Rolle die Treibscheibe ist,

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 31.01.2008 begangen haben und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten sowie der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu a) und b) Rechnungen und Auftragsbestätigungen vorzulegen haben und

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt,

1. die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen und seit dem 01.09.2008 in den Verkehr gelangten Erzeugnisse

a) zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Gebrauchsmusters DE 200 07 XXX erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagte zu 1) unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des ggf. bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird,

b) aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagte zu 1) die Erzeugnisse entweder wieder an sich nimmt oder deren Vernichtung beim jeweiligen Besitzer veranlasst,

2. die in ihrem unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 31.01.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

IV. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.713,60 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2009 zu zahlen.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

VII. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

VIII. Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das in Ziffer I. 1. enthaltene Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, angedroht.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des Gebrauchsmusters DE 200 07 XXX (im Folgenden: Klagegebrauchsmuster) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen, Vernichtung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Zudem streiten die Parteien über die Erstattung außergerichtlich entstandener Patentanwaltskosten.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagegebrauchsmusters, das am 29.04.2000 angemeldet und am 09.11.2000 eingetragen wurde. Die Bekanntmachung erfolgte am 14.12.2000. Das Klagegebrauchsmuster steht in Kraft.

Das Klagegebrauchsmuster bezieht sich auf eine Seilzugvorrichtung. Der von der Klägerin geltend gemachte Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters lautet wie folgt:

Seilzugvorrichtung mit einer in einem Gehäuse (5) gelagerten, angetriebenen und am Umfang eine Seilrille (21) aufweisenden Treibscheibe (20) und mit einem durchlaufenden Seil (1), dessen Lasttrum (2) durch eine Gehäuseeintrittsöffnung (6) in den Gehäuseinnenraum (4) eintritt, die Treibscheibe (20) umschlingt und am Umschlingungswinkel von mindestens einem Andruckelement (25, 26) in die Seilrille (21) der Treibscheibe (20) gedrückt wird, dadurch gekennzeichnet, dass im Gehäuseinnenraum (4) eine wenigstens zwei drehbare Rollen (40) und einen Schalter (70) aufweisende Überlastsicherung angeordnet ist, wobei eine der Rollen (40) eine am Lasttrum (2) anliegende und vertikal zu ihrer Drehachse (D) verschiebbare Abtastrolle (40) bildet, durch deren Verschiebebewegung im Überlastfall der Schalter (70) zum Abschalten des Antriebs bestätigt wird, und wobei die andere Rolle die Treibscheibe (20) ist.

Der ebenfalls geltend gemachte Unteranspruch 7 lautet:

Seilzugvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Abtastrolle (40) an einem Kipphebel (50) gelagert ist, der vorzugsweise einen hohlen Profilquerschnitt aufweist und durch den der Lasttrum (2) längs hindurchgeführt ist.

Wegen des Wortlauts der in Form von „insbesondere“-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 2, 8, 9, 10, 11, 13, und 14 wird auf die Gebrauchsmusterschrift (Anlage rop1) Bezug genommen.

Die nachfolgende Abbildung (Figur 1 des Klagegebrauchsmusters) stellt eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung dar. Gezeigt wird der die Überlastsicherung enthaltende Abschnitt der Seilzugvorrichtung mit abgenommenem Gehäusedeckel in Seitenansicht.

Die Überlastsicherung besteht aus der Seileinlaufrolle (30), der Treibscheibe (20) und der Abtastrolle (40), die an dem Hebel (50) schwenkbar um die Achse (S) gelagert ist und das Seil (1) im Normalzustand leicht ablenkt. Überschreitet der am Lasttrum, also dem unter Last stehenden Teil des Seiles, wirkende Zug die erwünschte bzw. zulässige Nutzlast, gibt die entsprechend eingestellte Feder (60) unter dem über die Abtastrolle (40) auf den Hebel (50) übertragenen Druck nach, wodurch der Schalter (70) betätigt und der Antrieb elektrisch abgeschaltet wird.

Die Beklagte zu 1), die am 31.01.2008 gegründet wurde und dessen Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, stellt her und vertreibt unter den Produktbezeichnungen „A“ und „B“ Seilzugvorrichtungen (nachfolgend: Angegriffene Ausführungsform). Die Seilzugvorrichtungen werden auf der Internetseite der Beklagten beworben und angeboten (vgl. Anlage rop8). Nachfolgend wird zur Veranschaulichung ein Foto einer geöffneten Seilzugvorrichtung wiedergegeben, das von der Klägerin mit Bezugsziffern versehen wurde (Anlage rop11).

Der Aufbau der angegriffenen Ausführungsform wird desweiteren durch eine von den Beklagten zur Verfügung gestellte Konstruktionszeichnung verdeutlicht, die nachstehend wiedergegeben wird (als Anlage rop 10 von der Klägerin koloriert; als Anlage B3 von den Beklagten koloriert):

Im Lieferumfang der angegriffenen Ausführungsform ist ein Tragseil nicht enthalten. Dieses kann bei den Beklagten separat bestellt werden. In der als Anlage rop9 zur Akte gereichten „Original-Betriebs- und Montageanleitung“ heißt es hierzu, dass die angegriffene Ausführungsform ausschließlich mit dem von den Beklagten angebotenen „original dual lift Drahtseil“ verwendet werden darf (Anlage rop9 S. 4) und dass die Verwendung dieses Seiles „zum problemlosen und sicheren Arbeiten … zwingend notwendig“ sei (Anlage rop9 S. 5). Sodann wird beschrieben, wie das Tragseil in der Vorrichtung anzubringen ist (Anlage rop9 S. 11). Jedenfalls eine Seilzugvorrichtung wurde bei der Beklagten zu 1) zusammen mit dem Tragseil bestellt und an den Kunden ausgeliefert.

Die Klägerin hat die Beklagten mit patentanwaltlichem Schreiben vom 01.04.2009 abgemahnt und unter Fristsetzung bis zum 09.04.2009 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufgefordert. Diesbezüglich macht sie mit der vorliegenden Klage unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 500.000,00 EUR und einer 1,8 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale Patentanwaltskosten in Höhe von 5.412,80 € geltend.

Die Beklagten haben zuletzt mit Schreiben vom 03.07.2009 (Anlage rop13) eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters verneint und zur Begründung ihrer Auffassung auf ein patentanwaltliches Gutachten vom 04.05.2009 (Anlage rop14) verwiesen.

Die Klägerin ist der Auffassung, das Klagegebrauchsmuster sei jedenfalls in der geltend gemachten Kombination aus dem Schutzanspruch 1 mit dem Unteranspruch 7 schutzfähig, da der in Unteranspruch 7 aufgeführte Kipphebel mit hohlem Profilquerschnitt in den von den Beklagten angeführten Entgegenhaltungen nicht offenbart sei. Im Übrigen sei aber auch bereits der Schutzanspruch 1 für sich genommen schutzfähig, da der Fachmann keinen Anlass gehabt habe, bekannte externe Überlastsicherungen in den Gehäuseinnenraum einer Seilzugvorrichtung zu integrieren.

Weiter vertritt die Klägerin die Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß Gebrauch. Selbst wenn das Tragseil in den von der Beklagten angebotenen und gelieferten Seilzugvorrichtungen noch nicht eingelegt sei, sei es zur Anwendung der Seilzugvorrichtung zwingend erforderlich. Insofern sei für die Annahme einer unmittelbaren Gebrauchsmusterverletzung ausreichend, dass der letzte Akt des Zusammenfügens der Gesamtvorrichtung Dritten überlassen bleibe. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche auch die anderen Merkmale der Schutzansprüche 1 und 7. Insbesondere sei die Treibscheibe Bestandteil der Überlastsicherung. Dass zwischen der Treibscheibe und der Abtastrolle eine weitere kleine Rolle vorgesehen sei, hindere diese Annahme nicht.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen, wobei sie die Ansprüche auf Vernichtung und Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen auch gegenüber dem Beklagten zu 2) geltend macht und die Erstattung vorprozessualer Patentanwaltskosten in Höhe von 5.412,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit begehrt.

Die Beklagte beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise ihnen zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden.

Sie sind der Ansicht, das Klagegebrauchsmuster sei nicht schutzfähig. Die erfindungsgemäße Lehre habe sich am Prioritätstag in nahe liegender Weise aus einer Kombination der DE 35 09 XXX D2 (Anlage rop2) und der DD 54XXX (Anlage rop3) ergeben, wobei die Lehre der DD 54XXX weitgehend mit einer auf „12/97“ datierten französischen Schrift („fiche technique“; Anlage B10) übereinstimme. Für den Fachmann sei es generell naheliegend, eine Vorrichtung einerseits und ein funktionell verbundenes Bauteil andererseits in einem gemeinsamen Gehäuse anzuordnen. Dies gelte vorliegend umso mehr, weil der Antrieb der Winde mit dem Schalter der externen Sicherung elektrisch verbunden sein müsse.

Im Übrigen werde das Klagegebrauchsmuster durch die angegriffene Ausführungsform nicht wortsinngemäß verletzt. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Treibscheibenwinden – insoweit unstreitig – ohne eingelegtes Tragseil angeboten und geliefert werden. Daher komme allenfalls eine mittelbare Gebrauchsmusterverletzung in Betracht. Auch diese sei aber nicht gegeben, da die Treibscheibe bei der angegriffenen Ausführungsform allein die Funktion des Seilantriebs habe, jedoch kein Bestandteil der Überlastsicherung sei. Funktional bestehe die Überlastsicherung allein aus der Abtastrolle und zwei weiteren Rollen. Die Treibscheibe könne entfernt werden, ohne dass dies die Funktionsfähigkeit der Überlastsicherung in irgendeiner Weise beeinflusse. Dies zeige sich unter anderem daran, dass die Treibscheibe verschoben werden könne, ohne dass dies den Umschlingungswinkel des Tragseils an der Abtastrolle beeinflusse. Auch könne die Überlastsicherung ohne weiteres aus dem Gehäuse ausgelagert werden, ohne dass hierdurch ihre oder die Funktion der Seilzugvorrichtung beeinträchtigt werde. Schließlich sei die Abtastrolle bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht vertikal zur Drehachse verschiebbar, sondern verschwenke in einer horizontalen Bewegung.

Desweiteren berufen sich die Beklagten auf fehlendes Verschulden. Sie seien davon ausgegangen, dass in der angegriffenen Ausführungsform die Treibscheibe nicht Bestandteil der Überlastsicherung sei. In dieser Annahme seien sie durch die Stellungnahme des Herrn Patentanwaltes C (Anlage rop14) bestärkt worden.

Schließlich machen die Beklagten – auch vor dem Hintergrund ihrer Ausführungen im Hinblick auf die Frage des Verschuldens – geltend, der Rückruf und die Vernichtung der von ihnen hergestellten und ausgelieferten Seilzugvorrichtungen würden sich als unverhältnismäßig darstellen, weil die integrierte Überlastsicherung auf einfache Weise (etwa durch Trennen des elektrischen Schalters) deaktiviert und durch eine externe Überlastsicherung ersetzt werden könne. Letzteres sei binnen einer halben Stunde durchführbar. Im Übrigen könnten sie im Rahmen des Rückrufs nicht zur Erstattung des (vollen) Kaufpreises verpflichtet werden, es müsse zumindest ein Abzug für die zwischenzeitlich erfolgte Nutzung vorgenommen werden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die ausländischen Abnehmer keine Schutzrechtsverletzer seien und nur durch Zahlung überhöhter Rücknahmepreise zur Rückgabe veranlasst werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2009 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die Klägerin kann von beiden Beklagten Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz gemäß den §§ 24 Abs. 1 und 2, 24b Abs. 1 und 3 GebrMG, §§ 242, 259 BGB verlangen. Außerdem hat sie gegen die Beklagte zu 1) Anspruch auf Rückruf und endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen sowie Vernichtung gemäß § 24a Abs. 1 und 2 GebrMG. Soweit die Klägerin den Anspruch auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen auch gegenüber dem Beklagten zu 2) geltend gemacht hat, ist ihre Klage unbegründet. Vorprozessuale Patentanwaltskosten kann sie lediglich in Höhe eines Betrages von 3.713,60 € und nicht, wie beantragt, in Höhe eines Betrages von 5.412,80 € verlangen.

I.
Das Klagegebrauchsmuster betrifft eine Seilzugvorrichtung mit einer Treibscheibe und einem durchlaufenden Seil, welches von der Treibscheibe angetrieben wird. Solche Seilzugvorrichtungen, die auch als Durchlaufwinden bezeichnet werden, werden bevorzugt zum Ziehen und Heben von Lasten verwendet. (Anlage rop1 S. 1 erster u. zweiter Absatz)

Eine gattungsgemäße Seilzugvorrichtung war der Gebrauchsmusterbeschreibung zufolge aus der Patentschrift DE 35 09 XXX C2 bekannt. Aufgrund von Sicherheitsbestimmungen in verschiedenen Ländern wie etwa Deutschland müssen solche Seilzugvorrichtungen mit einer Sicherung ausgestattet werden, durch die der Antrieb automatisch abgeschaltet wird, wenn die zu befördernde Last ein bestimmtes Gewicht überschreitet. (Anlage rop1 S. 2 erster und zweiter Absatz)

Zu diesem Zweck wurden separate Überlastsicherungen entwickelt. So beschreibt die Gebrauchsmusterschrift ein 3-Rollen-Messsystem als bekannt, bei dem das Tragseil über zwei feststehende Rollen geführt wird. Eine dritte Rolle ist in der Mitte der beiden feststehenden Rollen senkrecht beweglich angeordnet und wird durch zwei eingebaute Federn gegen das Seil gedrückt. Die Federkraft ist durch eine veränderliche Spannvorrichtung einstellbar. Wird das Seil gespannt, so wird die dritte Rolle in Abhängigkeit von der Seilspannung und der einstellbaren Federkraft angehoben und der Schalter bei einer bestimmten Belastung des Zugseils abgeschaltet (Anlage rop1 S. 2 letzter Absatz bis S. 3 erster Absatz). Ein solches 3-Rollen-Messsystem wird auch in der Patentschrift DD 54XXX (Anlage rop3) beschrieben. Zur Veranschaulichung der Funktionsweise wird nachstehend verkleinert die dort wiedergegebene Figur abgebildet.

Die Klagegebrauchsmusterschrift benennt die Aufgabe (das technische Problem), eine Seilzugvorrichtung zu schaffen, die den gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen hinsichtlich der Überlastsicherung genügt, zuverlässig bei Überlast abschaltet und einfach zu montieren ist (Anlage rop1 S. 3 zweiter Absatz).

Dies soll durch eine Vorrichtung nach Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters erreicht werden, der – unter Einbeziehung des von der Klägerin in Kombination geltend gemachten Unteranspruchs 7 – wie folgt gegliedert werden kann:

Seilzugvorrichtung
1. mit einer Treibscheibe (20), die
1.1 in einem Gehäuse gelagert ist,
1.2 angetrieben ist und
1.3 am Umfang eine Seilrille (21) aufweist,
2. und mit einem Seil (1),
2.1 das durchlaufend ist und
2.2 dessen Lasttrum (2)
2.2.1 durch eine Gehäuseeintrittsöffnung (6) in den Gehäuse-innenraum (4) eintritt,
2.2.2 die Treibscheibe (20) umschlingt und
2.2.3 am Umschlingungswinkel von mindestens einem Andruckelement (25, 26) in die Seilrille (21) der Treibscheibe (20) gedrückt wird,
3. wobei eine Überlastsicherung im Gehäuseinnenraum (4) angeordnet ist, die
3.1 wenigstens zwei drehbare Rollen (20, 40) und
3.2 einen Schalter (70) aufweist,
4. wobei eine der Rollen (40) eine Abtastrolle(40) bildet,
4.1 die am Lasttrum (2) anliegt,
4.2 die vertikal zu ihrer Drehachse (D) verschiebbar ist,
4.3 durch deren Verschiebebewegung im Überlastfall der Schalter (79) zum Abschalten des Antriebs betätigt wird und
4.4 die an einem Kipphebel (50) gelagert ist, der einen hohlen Profilquerschnitt aufweist und durch den der Lasttrum (2) längs hindurchgeführt ist,
5. und wobei die andere Rolle die Treibscheibe (20) ist.

Der Klagegebrauchsmusterschrift zufolge ist die erfindungsgemäße Lehre gegenüber den im Stand der Technik beschriebenen Lösungen in mehrfacher Hinsicht vorteilhaft. So könne durch die Integration der Überlastsicherung in den Gehäuseinnenraum auf zusätzliche Aufhängungen und Befestigungsprofile für die Überlastsicherung verzichtet werden. Zugleich bestehe ein Schutz gegen Fehlbedienung, da durch den Systemaufbau verhindert werde, dass die Überlastsicherung versehentlich nicht von dem Seil umschlungen sei. Als besonderen Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung hebt die Gebrauchsmusterschrift hervor, dass die Treibscheibe selbst eine der Rollen der Überlastsicherung bilde. Dies ermögliche es, die Überlastsicherung in die vorhandenen Gehäuse einzubauen, ohne deren Abmessungen verändern zu müssen. Ferner könne der Ablenkungswinkel zwischen Abtastrolle und Treibscheibe nahezu beliebig groß gewählt werden, insbesondere deutlich größer als bei den im Stand der Technik bekannten Lösungen. Hierdurch könnten die Querschnittsschwankungen im Seil besser kompensiert und die durch die gesetzlichen Bestimmungen vorgegebene Abweichungsspanne (25%) für den Überlastfall wesentlich besser und präziser berücksichtigt werden. (Anlage rop1 S. 4 zweiter Absatz)

II.
Im Hinblick auf den streitigen Vortrag der Parteien bedürfen insbesondere die Merkmale 3 bis 5 der vorstehend wiedergegebenen Merkmalsgliederung der Auslegung.

1.
Merkmal 3 sieht eine Überlastsicherung im Gehäuseinnenraum vor, die nach Merkmal 3.1 wenigstens zwei drehbare Rollen aufweist. Dem Wortlaut („wenigstens“) lässt sich entnehmen, dass mehr als zwei Rollen vorgesehen werden können. Die Klagegebrauchsmusterschrift selbst beschreibt eine bevorzugte Ausführungsform, bei der als dritte Rolle zwischen der Abtastrolle und der Gehäuseeintrittsöffnung eine Seileinlaufrolle vorgesehen ist, die die Seileintrittslage und die Seileintrittsrichtung definiert (Anlage rop1 S. 4 letzter Absatz). Soweit in Unteranspruch 3 eine Anordnung beschrieben wird, bei der sich zwischen der Abtastrolle und der Treibscheibe keine weiteren Rollen befinden, betrifft dies lediglich eine bevorzugte Ausführungsform, die den Schutzanspruch 1 nicht einzuschränken vermag. Vielmehr ergibt sich aus Unteranspruch 3 im Umkehrschluss, dass sich nach dem (weiteren) Schutzanspruch 1 grundsätzlich auch zwischen der Abtastrolle und der Treibscheibe weitere Rollen befinden können.

2.
Eine der in Merkmal 3.1 genannten Rollen bildet nach Merkmal 4 eine Abtastrolle. Diese liegt am belasteten Teil des Seiles an (Merkmal 4.1) und ist vertikal zu ihrer Drehachse verschiebbar (Merkmal 4.2). Diese Anordnung ermöglicht es, dass durch eine Verschiebebewegung der Abtastrolle im Überlastfall der Schalter zum Abschalten des Antriebs betätigt wird (Merkmal 4.3). Die vertikale Verschiebbarkeit der Abtastrolle zu ihrer Drehachse bedeutet, dass die Rolle in einer Ebene rechtwinkelig zu ihrer Drehachse beweglich sein soll (vgl. Anlage rop1 S. 8 zweiter Absatz). Von der Gebrauchsmusterschrift nicht vorgegeben ist eine bestimmte Richtung innerhalb dieser Ebene. Funktional bedeutsam ist aber insbesondere die Beweglichkeit der Abtastrolle vertikal zur Laufrichtung des Tragseiles, um dieses in einem bestimmten Winkel ablenken zu können.

3.
Nach Merkmal 5 übernimmt die Treibscheibe die Funktion der zweiten Rolle der Überlastsicherung. Der Gebrauchsmusterschrift zufolge hat dies unter anderem den Vorteil, dass der Ablenkungswinkel des Tragseiles vergrößert werden kann. Hierdurch können Messungenauigkeiten, die etwa durch eine Abnutzung des Tragseils mit dadurch bedingter Querschnittsverringerung entstehen können, verringert und die Präzision der Überlastsicherung verbessert werden. Eine größere Ablenkung des Tragseiles durch die Abtastrolle hat aber zugleich höhere Rückstellkräfte zur Folge, die von der Überlastsicherung aufgenommen werden müssen. Dies kann durch die Integration der Treibscheibe in das System der Überlastsicherung gewährleistet werden. Denn die Treibscheibe ist ohnehin darauf ausgelegt, das gesamte Gewicht der Arbeitsbühne und ggf. der zu befördernden Personen zu tragen. Sie ist daher in der Lage, große Kräfte aufzunehmen und die Überlastsicherung zu stabilisieren.

Der Wortlaut von Patentanspruch 1 gibt keine bestimmte Position der Treibscheibe im Verhältnis zur Abtastrolle vor. Insbesondere verlangt er nicht, dass sich Treibscheibe und Abtastrolle auf derselben Seite des Tragseiles befinden. Dies ist aber – wie sich unter anderem aus Figur 1 des Klagegebrauchsmusters ergibt – ohne weiteres möglich. Ebenso wenig, wie die Gebrauchsmusterschrift im Hinblick auf die Position der Treibscheibe im Verhältnis zur Abtastrolle zwingende Vorgaben macht, setzt sie voraus, dass die Position der Treibscheibe den Ablenkungswinkel des Tragseiles bestimmt. Soweit es in der Gebrauchsmusterbeschreibung als Vorteil beschrieben wird, dass „der Ablenkungswinkel zwischen Abtastrolle und Treibscheibe“ wesentlich größer gewählt werden kann als bei den im Stand der Technik bekannten Lösungen (vgl. rop1 S. 4 zweiter Absatz), bezieht sich diese Formulierung auf einen Aufbau, bei dem zwischen Abtastrolle und Treibscheibe keine weiteren Rollen angeordnet sind. Dies ist hingegen – wie vorstehend unter Ziffer II. 1. ausgeführt – nach der erfindungsgemäßen Lehre keineswegs zwingend. So führt auch die Klagegebrauchsmusterschrift im Weiteren aus, dass der erfindungsgemäße Vorteil in einem „größeren, möglichen Ablenkungswinkel des Seiles an der Abtastrolle“ liegt (Anlage rop1 S. 4 zweiter Absatz). Entscheidend ist also nicht der Ablenkungswinkel des Seiles im Verhältnis zur Position der Treibscheibe, sondern vielmehr der Ablenkungswinkel im Verhältnis zu der Ursprungsposition des Seiles. Insofern ist für die erfindungsgemäße Lehre unerheblich, ob sich eine Positionsänderung der Treibscheibe auf den Ablenkungswinkel des Seiles auswirkt oder ob dies durch die Anordnung einer weiteren (das Seil abstützenden) Rolle zwischen der Abtastrolle und der Treibscheibe verhindert wird.

III.
Die von der Klägerin geltend gemachte Kombination der Ansprüche 1 und 7 des Klagegebrauchsmusters ist schutzfähig. Insbesondere hat sich die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters am Prioritätstag – entgegen der Auffassung der Beklagten – für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus einer Kombination der DE 35 09 XXX C2 (Anlage rop2) mit der DD 54XXX (Anlage rop3; vgl. auch Anlage B10) ergeben. Die Annahme, dass eine Integration der aus der DD 54XXX bekannten Überlastsicherung in das Gehäuse der aus der DE 35 09 XXX C2 bekannten Seilzugvorrichtung für den Fachmann naheliegend war, stößt bereits deshalb auf Bedenken, weil die technische Lehre der DE 35 09 XXX C2 bereits seit dem Jahr 1986 und die technische Lehre der DD 54XXX sogar schon seit dem Jahr 1967 bekannt waren, während das Klagegebrauchsmuster erst am 29.04.2000 angemeldet wurde. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die im Stand der Technik bekannten Überlastsicherungen aufgrund ihrer Größe nicht ohne weitere technische Veränderungen in das Gehäuse der bekannten Seilzugvorrichtungen integriert werden konnte. Hierauf deutet ein Vergleich der Dicke des Tragseils in den Figuren der DE 35 09 XXX C2 und der DD 54XXX hin, was besonders anschaulich wird anhand der von den Beklagten als Anlage B2 vorgelegten Montage der Figur 1 der DE 35 09 XXX C2 mit der einzigen Figur aus der DD 54XXX. Dem dahingehenden Vortrag der Klägerin ist die Beklagte im Übrigen nicht substantiiert entgegengetreten.

Unter Berücksichtigung der praktischen Probleme einer Integration des aus der DD 54XXX vorbekannten 3-Rollen-Messsystems in das Gehäuse der aus der DE 35 09 XXX C2 vorbekannten Seilzugvorrichtung hätte der Fachmann dies nur dann in Erwägung gezogen, wenn er zugleich die hiermit verbundenen Vorteile erkannt hätte. Der Lehre des Klagegebrauchsmusters liegt insofern unter anderem die Erkenntnis zugrunde, dass durch die Einbeziehung der Treibscheibe in das System der Überlastsicherung letztere in der Lage ist, wesentlich größeren Kräften standzuhalten, was deshalb vorteilhaft ist, weil in diesem Fall der Ablenkungswinkel des Tragseiles wesentlich größer gewählt werden kann als bei dem bekannten (externen) 3-Rollen-Messsystem. Dass der Fachmann dies dem vorbekannten Stand der Technik ohne weiteres, d.h. ohne erfinderische Tätigkeit, entnehmen konnte, ist nicht ersichtlich. Insofern stellte es sich für ihn keineswegs als naheliegend dar, die DD 54XXX mit der DE 35 09 XXX C2 dergestalt zu kombinieren, dass die Überlastsicherung in das Gehäuse der Seilzugvorrichtung integriert wird.

Im Übrigen ist durch die vorgenannten Schriften der nach Unteranspruch 7 unter Schutz gestellte Kipphebel mit einem hohlen Profilquerschnitt nicht offenbart, so dass jedenfalls an der Schutzfähigkeit der von der Klägerin geltend gemachten Kombination der Ansprüche 1 und 7 keine Zweifel bestehen. Etwas anderes haben die Beklagten auch nicht im Hinblick auf den von ihnen erstmals in der mündlichen Verhandlung angeführten Stand der Technik behauptet, der eine als Einrollensystem ausgestaltete Überlastsicherung mit der Bezeichnung X 2000 betreffen soll. Unterlagen zu dieser Vorrichtung haben die Beklagten nicht vorgelegt, so dass der Kammer eine Überprüfung insoweit auch nicht möglich ist.

IV.
Die angegriffene Ausführungsform macht unmittelbar wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters Gebrauch.

Die Verwirklichung der Merkmale 1 (einschließlich 1.1 bis 1.3) und 3 (einschließlich 3.1 und 3.2) durch die angegriffene Ausführungsform ist nicht nur offensichtlich, sondern steht zwischen den Parteien auch außer Streit, so dass es hierzu keiner weiteren Ausführungen bedarf.

1.
Soweit die Beklagten geltend machen, im Lieferumfang der angegriffenen Ausführungsform sei ein Tragseil nicht enthalten, steht dies einer unmittelbaren wortsinngemäßen Verwirklichung von Merkmal 2 des Schutzanspruchs 1 nicht entgegen.

Eine unmittelbare Gebrauchsmusterverletzung liegt auch dann vor, wenn zwar nur ein Teil der geschützten Gesamtvorrichtung geliefert wird, in diesem Teil aber der in der geschützten Raumform zum Ausdruck gekommene Erfindungsgedanke bis auf selbstverständliche und wirtschaftlich sinnvolle Ergänzungen verwirklicht wird (BGH, GRUR 1977, 250 – Kunststoffhohlprofil). In diesem Fall ist es gleichgültig, ob der letzte, für die erfinderische Leistung bedeutungslose Akt der Herstellung der Gesamtvorrichtung von Dritten vorgenommen wird (BGH, GRUR 1977, 250 – Kunststoffhohlprofil; BGH, GRUR 1982, 165 – Rigg). Entsprechendes gilt auch dann, wenn alle Teile einer Vorrichtung (einzeln) verkauft werden, um sie dann zu der geschützten Vorrichtung zusammenzubauen (OLG Düsseldorf, GRUR 1984, 651 f. – abschnittsweiser Einzelteilekauf).

Hiernach sind die Voraussetzungen einer unmittelbaren Verletzung des Klagegebrauchsmusters im Hinblick auf das streitige Merkmal 2 erfüllt. Der in der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters zum Ausdruck kommende Erfindungsgedanke besteht in der Integration der Überlastsicherung in das Gehäuse der Seilzugvorrichtung unter Einbeziehung der Treibscheibe in das System der Überlastsicherung. Die Verwendung eines Tragseiles ist hierbei selbstverständlich und für die Benutzung der Seilvorrichtung zwingend. Die Beklagte selbst verweist in ihrer Montage- und Bedienungsanleitung darauf, dass die angegriffene Ausführungsform nur mit dem „original dual lift Drahtseil“ verwendet werden darf (Anlage rop9, S. 4 lit. i) und S. 5 Ziffer 2.3). Sodann wird ausführlich erläutert, wie das Tragseil in der Seilzugvorrichtung zu installieren ist, bevor diese in Betrieb genommen werden kann (Anlage rop9, S. 11). Dass Angebot und Vertrieb von Seilzugvorrichtung und Tragseil ggf. in unterschiedlichen Verkaufsgeschäften erfolgen, hindert die Annahme einer unmittelbaren Patentverletzung nicht. Die Beklagten bestreiten darüber hinaus nicht, (zumindest einmal) an einen Abnehmer die angegriffene Seilzugvorrichtung zusammen mit dem dual lift Tragseil geliefert zu haben. Nach der Montage des Tragseils in der Seilzugvorrichtung verwirklicht die angegriffene Ausführungsform unstreitig sämtliche Merkmale 2.1 bis 2.2.3.

2.
Auch Merkmal 4 (einschließlich der Merkmale 4.1 bis 4.4) wird von der angegriffenen Ausführungsform wortsinngemäß verwirklicht. Insofern ist zwischen den Parteien unstreitig und zudem offensichtlich, dass die angegriffene Ausführungsform eine Abtastrolle aufweist (Merkmal 4), die am Lasttrum anliegt (Merkmal 4.1) und an einem Kipphebel gelagert ist, der einen hohlen Profilquerschnitt aufweist, durch den der Lasttrum längs hindurchgeführt wird (Merkmal 4.4). Dem Einwand der Beklagten, die Abtastrolle werde bei der angegriffenen Ausführungsform nicht in vertikaler Richtung, sondern in horizontaler Richtung verschoben, kann nicht gefolgt werden. Wie vorstehend unter Ziffer II. 2. ausgeführt verlangt Merkmal 4.2 eine Verschiebbarkeit der Abtastrolle in einer vertikal zur Drehachse liegenden Ebene. Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform gegeben. Insbesondere ist die Abtastrolle in erfindungsgemäßer Weise vertikal zur Laufrichtung des Tragseiles verschiebbar, so dass im Überlastfall der Schalter zum Abschalten des Antriebs betätigt werden kann (Merkmal 4.3).

3.
Entgegen der Auffassung der Beklagten wird auch Merkmal 5 von der angegriffenen Ausführungsform wortsinngemäß verwirklicht. Denn die Treibscheibe bildet allein durch die Anordnung der Überlastsicherung im Gehäuse der Seilzugvorrichtung eine der Rollen der Überlastsicherung. Es wurde bereits ausgeführt, dass der Schutzanspruch 1 auch solche Anordnungen erfasst, bei denen zwischen der Gehäuseeintrittsöffnung und der Abtastrolle bzw. zwischen der Abtastrolle und der Treibscheibe weitere Rollen vorhanden sind. Dies hindert nicht, den Ablenkungswinkel des Tragseiles zu vergrößern. Denn auch wenn sich zwischen der Abtastrolle und der Treibscheibe eine weitere Rolle befindet, trägt die Treibscheibe zur Stabilisierung der Überlastsicherung bei, indem sie die durch die Vergrößerung des Ablenkungswinkels des Tragseiles bedingten Rückstellkräfte aufnimmt. Die zwischen der Abtastrolle und der Treibscheibe angeordnete zusätzliche Rolle lenkt die entstehenden Kräfte dabei lediglich um und leitet sie an die Treibscheibe weiter.

Soweit die Beklagten geltend machen, durch eine Verschiebung der Treibscheibe werde bei der angegriffenen Ausführungsform der Ablenkungswinkel nicht verändert, weil die zwischen Abtastrolle und Treibscheibe angeordnete zusätzliche Rolle die Position des Tragseiles bestimme, führt dies nicht aus dem Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters heraus. Denn weder setzt der Wortlaut von Schutzanspruch 1 eine Abhängigkeit des Ablenkungswinkels des Tragseils von der Position der Treibscheibe voraus, noch ist eine solche Abhängigkeit funktional erforderlich, um die mit der erfindungsgemäßen Lehre bezweckten Vorteile zu erreichen. Insofern wird auf die Ausführungen unter Ziffer II. 3. verwiesen.

V.
Da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des geltend gemachten Schutzanspruchs 1 unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch macht, ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.

1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung aus § 24 Abs. 1 GebrMG. Mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform benutzen die Beklagten den Erfindungsgegenstand im Sinne von § 11 Abs. 1 GebrMG unmittelbar. Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, es komme lediglich eine mittelbare Schutzrechtsverletzung in Betracht, weil die Seilzugvorrichtung nur in Kombination mit dem Tragseil technischen Sinn ergebe. Insofern wird auf die Ausführungen unter Ziffer IV. 1. verwiesen. Da die Benutzung im vorliegenden Fall ohne Berechtigung erfolgte, sind die Beklagten entsprechend zur Unterlassung verpflichtet.

2.
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 24 Abs. 2 GebrMG, weil die Beklagten die Gebrauchsmusterverletzung schuldhaft begingen. Aus der Feststellung des Verletzungstatbestandes kann in der Regel ohne das Vorliegen weiterer Umstände auf ein Verschulden geschlossen werden (BGH, GRUR 1977, 250, 252 – Kunststoffhohlprofil). Bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt hätten die Beklagten erkennen können und müssen, dass das Klagegebrauchsmuster in einem Umfang, der den Verletzungstatbestand einschließt, als schutzfähig anerkannt werden würde, und dass sich die angegriffene Ausführungsform als schutzrechtsverletzend darstellt (§ 276 BGB). Die Beklagten traf insofern eine eigene Prüfungspflicht. Insbesondere durften sie nicht ohne weiteres auf die gutachterliche Stellungnahme des Herrn Patentanwalts C vertrauen. Die Begründung des Gutachtens ist ersichtlich unzureichend, um den Verletzungsvorwurf zu verneinen. Als Fachunternehmen, das sich auf Seilzugvorrichtungen spezialisiert hat, war die Beklagte zu 1) durchaus in der Lage und verpflichtet, die patentanwaltliche Stellungnahme kritisch zu hinterfragen. Ein Verschulden der Beklagten ist daher schon darin zu sehen, dass sie darauf vertrauten, sich mit ihrer Rechtsauffassung durchsetzen zu können, und die angegriffene Seilzugvorrichtung weiter vertrieben, bevor die Rechtslage endgültig geklärt war (vgl.: BGH, GRUR 1968, 33 – Elektrolackieren; BGH, GRUR 1987, 564 – Taxi-Genossenschaft).

Soweit die Klägerin hinsichtlich der patentanwaltlichen Abmahnung vom 01.04.2009 (Anlage rop12) Kosten in Höhe von 5.412,80 € geltend macht, besteht ein Anspruch auf Schadensersatz lediglich in Höhe von 3.713,60 €. Denn der Wert des Streitgegenstandes ist nicht mit 500.000,00 €, sondern lediglich mit 250.000,00 € zu beziffern. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) erst am 31.01.2008 gegründet wurde und die Restlaufzeit des Klagegebrauchsmusters begrenzt ist (April 2010). Unter Zugrundelegung eines Gegenstandwertes von 250.000,00 € errechnet sich eine 1,8 Geschäftsgebühr in Höhe von 3.693,60 €. Zuzüglich der Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € ergibt sich ein erstattungsfähiger Betrag von 3.713,60 €, den die Beklagten gemäß § 291 BGB ab Rechtshängigkeit mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen haben.

Im Übrigen ist die Klägerin derzeit nicht in der Lage, den konkreten Schaden zu beziffern. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagegebrauchsmusters durch die unberechtigte Benutzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

3.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus § 24b Abs. 1 und 3 GebrMG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 24b Abs. 1 GebrMG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 24b Abs. 3 GebrMG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus den §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, da sie über diese ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4.
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Vernichtung der angegriffenen Seilzugvorrichtung aus § 24a Abs. 1 GebrMG und auf Rückruf und Entfernung derselben aus den Vertriebswegen gemäß § 24a Abs. 2 GebrMG.

Diese Ansprüche bestehen allerdings nur gegen die Beklagte zu 1), nicht auch gegen den Beklagten zu 2). Hinsichtlich des Vernichtungsanspruches ergibt sich dies daraus, dass allein die Beklagte zu 1) im Besitz der beanstandeten Seilzugvorrichtung ist. Ein etwaiger Besitz des Beklagten zu 2) würde der Beklagten zu 1) zugerechnet (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn 795). Der Rückrufanspruch verlangt zwar keinen Besitz, er dient aber dazu, Verletzungsgegenstände, die den Betrieb des Verletzers bereits verlassen haben und deswegen – mangels aktuellen Eigentums/Besitzes – dem Vernichtungsanspruch nicht mehr unterliegen, zum Verletzer zurückzuholen, um die Vernichtungsvoraussetzungen wieder zu schaffen (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn 821). Er ist daher eine Vorstufe zu dem nachfolgenden Vernichtungsanspruch. Da der Geschäftsführer dem Vernichtungsanspruch mangels Besitzes regelmäßig nicht unterliegt, rechtfertigt sich ihm gegenüber auch nicht die Annahme eines Rückrufanspruches (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn 821). Dieser kann vielmehr nur gegen die Gesellschaft selbst geltend gemacht werden.

Gegenüber der Beklagten zu 1) sind sowohl der Vernichtungsanspruch als auch der Anspruch auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen gerechtfertigt. Denn sie benutzt mit der angegriffenen Ausführungsform den Erfindungsgegenstand, ohne dazu berechtigt zu sein. Eine Unverhältnismäßigkeit im Sinne von § 24a Abs. 3 GebrMG ist nicht gegeben.

Soweit die Beklagte zu 1) geltend macht, die integrierte Überlastsicherung sei einfach deaktivierbar bzw. in etwa 30 Minuten gegen eine externe Überlastsicherung austauschbar, ist zu berücksichtigen, dass die beanstandete Seilzugvorrichtung nach Durchführung dieser Maßnahmen auf ebenso einfache Weise wieder in einen patentverletzenden Zustand zurückversetzt werden kann. Hiermit muss bereits deshalb gerechnet werden, weil die Integrierung der Überlastsicherung in das Gehäuse der Seilzugvorrichtung diverse – in der Klagegebrauchsmusterschrift im Einzelnen beschriebene – Vorteile gegenüber der Verwendung einer externen Sicherung bietet. Im Übrigen trägt die Klägerin vor, dass die angegriffene Ausführungsform für den Betrieb mit einer externen Überlastsicherung nicht ausgelegt sei. Insbesondere würden Befestigungsvorrichtungen für eine externe Überlastsicherung fehlen. Die Beklagte zu 1) ist diesem Vortrag nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere legt sie nicht dar, auf welche Weise eine externe Überlastsicherung befestigt werden könnte. Die Kammer vermag vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen, auf welche Weise eine Umrüstung der angegriffenen Ausführungsform erfolgen könnte, die eine Rückführung in einen patentverletzenden Zustand sicher ausschließt.

Der Anspruch auf Vernichtung und Rückruf sowie Entfernung aus den Vertriebswegen ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Laufzeit des Klagegebrauchsmusters am 29.04.2010 endet. Denn es gilt zu verhindern, dass der Verletzer aus seinen rechtswidrigen Benutzungshandlungen ungerechtfertigte Vorteile behält, was den Schutz des Gebrauchsmusters zum Ende seiner Laufzeit hin faktisch entwerten würde (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn 807).

Besondere Umstände, die eine Unverhältnismäßigkeit begründen könnten, sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere kann sich die Beklagte zu 1) nicht auf eine besonders geringe Schuld berufen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zu Ziffer V. 2. verwiesen. Auch ein besonders geringer Schaden ist nicht anzunehmen. Denn nach dem eigenen Vortrag der Beklagten wurden die beanstandeten Seilzugvorrichtungen zu einem Stückpreis von 2.500,00 € bis 3.400,00 € veräußert.

Im Rahmen des Rückrufanspruches hat die Beklagte zu 1) ihren Abnehmern den vollen Kaufpreis zurückzugewähren. Auf eine etwaige Abnutzung und dadurch bedingte Wertminderung der vertriebenen Seilzugvorrichtungen kann sie sich schon deshalb nicht berufen, weil ihr Vortrag nicht erkennen lässt, welcher Betrag in Abhängigkeit von der jeweiligen Benutzungsdauer „angemessen“ sein soll. Hierauf wurde die Beklagte zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2009 hingewiesen, ohne dass eine entsprechende Konkretisierung erfolgt wäre. Im Übrigen erscheinen im Hinblick darauf, dass die Beklagte zu 1) erst am 31.01.2008 gegründet wurde, sich ihre Produkte demnach erst seit kurzem auf dem Markt befinden, allenfalls geringfügige Wertverluste denkbar.

Gegenüber ihren ausländischen Abnehmern ist die Beklagte zu 1) in gleicher Weise zum Rückruf verpflichtet wie gegenüber ihren inländischen Abnehmern. Dass diese ggf. nicht selbst Schutzrechtsverletzer sind, ist für die Verpflichtung der Beklagten zu 1), alle ihre Abnehmer um Rückgabe der gelieferten Seilzugvorrichtungen zu bitten, unerheblich. Dabei ist die Beklagte zu 1) allerdings nicht verpflichtet, ihren ausländischen Abnehmern überhöhte Rücknahmepreise anzubieten. Sie muss lediglich die Rückzahlung des Kaufpreises sowie die Übernahme sämtlicher mit der Rückgabe verbundener Kosten anbieten.

VI.
Soweit der Beklagte sich unter dem 05.12.2009 persönlich geäußert hat, hatte dieses Schreiben bereits deshalb unberücksichtigt zu bleiben, weil es entgegen der Vorschrift des § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht durch den anwaltlichen Vertreter der Beklagten eingereicht wurde.

Aber auch der Schriftsatz des anwaltlichen Vertreters der Beklagten vom 10.12.2009 konnte keine Berücksichtigung finden, da er entgegen § 296a ZPO nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte und die Bewilligung einer Schriftsatzfrist zugunsten der Beklagten nicht veranlasst war. Zwar hat der anwaltliche Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2009 die Bewilligung einer Schriftsatzfrist zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Klägerin vom 13.11.2009 beantragt, der Schriftsatz der Klägerin ist dem Vertreter der Beklagten aber bereits am 16.11.2009 und damit außerhalb der Wochenfrist des § 132 Abs. 1 S. 1 ZPO zugegangen. Er enthielt auch nicht in dem Maße neues Vorbringen, dass dem Vertreter der Beklagten eine schriftsätzliche Erwiderung bis zum Verhandlungstermin unmöglich gewesen wäre. Dies zeigt sich bereits daran, dass die Beklagten unter dem 26.11.2009 erwidert haben. Soweit sie darüber hinaus Ergänzungsbedarf sahen, bestand in der Verhandlung vom 01.12.2009 ausreichend Gelegenheit, mündlich vorzutragen.

Ungeachtet dessen enthalten weder das anwaltliche Schreiben vom 10.12.2009 noch das Schreiben des Beklagten zu 2) vom 05.12.2009 entscheidungserheblichen neuen Vortrag, der in der Sache eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte.

VII.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 709 Satz 1, 108 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 S. 1 ZPO liegen nicht vor. Der besondere Schuldnerschutz nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass dem Schuldner bei Durchführung der Vollstreckung ein unersetzlicher Nachteil entsteht und im Rahmen der Interessenabwägung dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers kein Vorrang gebührt. Soweit die Beklagten sich zur Begründung ihres Vollstreckungsschutzantrags auf die geringe Restlaufzeit des Klagegebrauchsmusters, auf ihr Interesse an dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen sowie auf einen nur geringen Schaden der Klägerin berufen, rechtfertigt dies eine Anordnung nach § 712 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht. Denn das Klagegebrauchsmuster genießt noch bis zum 29.04.2010 Schutz und es besteht gerade in dieser Restlaufzeit des Gebrauchsmusters ein verstärktes Interesse der Klägerin an der vorläufigen Vollstreckung. Auskunftserteilung und Rechnungslegung schulden die Beklagten im Übrigen unabhängig von der Laufzeit des Gebrauchsmusters jedenfalls für die Vergangenheit. Dass hierdurch ggf. Kundenbeziehungen der Beklagten offenbart werden müssen, ist der Auskunftspflicht immanent und kann keinen besonderen Schutz begründen. Dass der zu erwartende Schaden der Klägerin – wie von den Beklagten vorgetragen – allenfalls marginal sei, vermag die Kammer angesichts der Stückpreise für die angegriffenen Seilzugvorrichtungen von 2.500,00 € bis 3.400,00 € nicht zu erkennen. Vor diesem Hintergrund ist ein überwiegendes Interesse der Beklagten an einer Anordnung nach § 712 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht anzunehmen.

Der Streitwert wird auf 250.000,- EUR festgesetzt.