4a O 269/08 – Tintenpatrone (2) VI

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1295

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Dezember 2009, Az. 4a O 269/08

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollstrecken an den jeweiligen Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten, zu unterlassen,

Tintenpatronen zur Verwendung in einem Tintendrucker, welche einen Patronenhauptkörper aufweisen mit einer Frontfläche, einer der Frontfläche gegenüberliegenden Rückfläche, wenigstens einer Seitenfläche, welche die Frontfläche mit der Rückfläche verbindet, einer Bodenfläche, welche die Frontfläche, die Rückfläche und die Seitenfläche verbindet und einer der Bodenfläche gegenüberliegenden oberen Fläche, welche die Frontfläche, die Rückfläche und die Seitenfläche verbindet,

im Geltungsbereich des deutschen Gebrauchsmusters 20 2006 020 XXX anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen der Patronenhauptkörper an seiner Rückfläche ein Tintenzuführungsventil und an einer Grenze zwischen der Seitenfläche und der Bodenfläche eine Eingriffsnut aufweist, die sich in Längsrichtung des Patronenhauptkörpers von der Rückfläche bis zu einer unmittelbar benachbart zur Frontfläche ausgebildeten Endfläche der Eingriffsnut erstreckt,

wobei diese Eingriffsnut einen Nutteil mit einer geringen Tiefe, der an der Rückfläche ausmündet, einen Grenznutteil, der sich an den Nutteil mit der geringen Tiefe anschließt und sich allmählich in vertikaler Richtung vergrößert, und einen tiefen Nutteil, der sich an den Grenznutteil anschließt, aufweist, sowie eine obere Nut aufweist, die an der Grenze der Seitenfläche und der Oberseite ausgebildet ist und sich in Längsrichtung des Patronenhauptkörpers von der Frontfläche bis zur Rückfläche erstreckt.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. bezeichneten Handlungen seit dem 19.07.2008 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses sowie unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnung) sowie aufgeschlüsselt nach den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, der Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten (einschließlich Bezugspreisen) und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat,

wobei der Beklagten auf Antrag vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften ihrer privaten Abnehmer und sämtlicher Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. bezeichneten, seit dem 19.07.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz und/oder Eigentum befindlichen Tintenpatronen gemäß Ziffer I. zu vernichten und – soweit sie sich im Besitz Dritter befinden – aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird, und endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 600.000,00 EUR.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen einer von ihr behaupteten Verletzung ihres Gebrauchsmusters 20 2006 020 XXX.2 (Klagegebrauchsmuster) in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagegebrauchsmusters, das aus der Europäischen Patentanmeldung 1 790 XXX A1 abgezweigt wurde. Es nimmt den Anmeldetag dieser Anmeldung – den 23.06.2006 – und japanische Prioritäten vom 28.11.2005, 30.11.2005, 28.12.2005 und 23.03.2006 in Anspruch. Das Klagegebrauchsmuster wurde am 19.06.2008 eingetragen, der Hinweis auf die Eintragung am 24.07.2008 bekannt gemacht. Das Klagegebrauchsmuster steht in Kraft. Die Beklagte stellte mit Schriftsatz vom 01.07.2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) hinsichtlich des Klagegebrauchsmusters Löschungsantrag, über den bislang noch nicht entschieden wurde.

Das Klagegebrauchsmuster bezieht sich unter anderem auf eine Tintenpatrone. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters lautet wie folgt:

Tintenpatrone (63) zur Verwendung in einem Tintendrucker, welche aufweist: einen Patronenhauptkörper (111) mit
1. einer Frontfläche (117);
2. einer der Frontfläche (117) gegenüberliegenden Rückfläche (114);
3. wenigstens einer Seitenfläche (112, 113), welche die Frontfläche (117) mit der Rückfläche verbindet;
4. einer Bodenfläche, welche die Frontfläche (117), die Rückfläche (114) und die Seitenfläche (112, 113) verbindet;
5. einer der Bodenfläche gegenüberliegenden oberen Fläche (122), welche die Frontfläche (117), die Rückfläche (114) und die Seitenfläche (112, 113) verbindet;
6. einem an der Rückfläche (114) vorgesehenen Tintenzuführungsventil (115);
7. einer Eingriffsnut (116), die an einer Grenze zwischen der Seitenfläche (112, 113) und der Bodenfläche ausgebildet ist und sich in Längsrichtung des Patronenhauptkörpers (111) von der Rückfläche (114) bis zu einer unmittelbar benachbart zur Frontfläche (117) ausgebildeten Endfläche (121) der Eingriffsnut (116) erstreckt, wobei die Eingriffsnut (116) aufweist
7.1 einen Nutteil (118) mit einer geringen Tiefe, der an der Rückfläche (114) ausmündet;
7.2 einen Grenznutteil (119), der sich an den Nutteil (118) mit der geringen Tiefe anschließt und sich allmählich in Vertikalrichtung vergrößert; und
7.3 einen tiefen Nutteil (120), der sich an den Grenznutteil (119) anschließt und
8. einer oberen Nut (149), die an der Grenze der Seitenfläche (112, 113) und der Oberseite (122) ausgebildet ist und sich in Längsrichtung des Patronenhauptkörpers (111) von der Frontfläche (117) bis zur Rückfläche (114) erstreckt.

Nachfolgend sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung abgebildet, welche aus der Gebrauchsmusterschrift stammen. In Figur 13 ist eine erfindungsgemäße Tintenpatrone in der Seitenansicht abgebildet. Figur 6 und 8 zeigen Querschnittsansichten einer Nachfülleinheit mit Tintenpatrone, einmal mit geschlossener und einmal bei geöffneter Klappe.

Die Beklagte vertreibt Tintenpatronen, die zu den Druckern verschiedener Hersteller passen. Unter anderem bietet sie im Rahmen ihres Internetauftritts unter der Artikelnummer 361XXX eine Tintenpatrone an (angegriffene Ausführungsform), die zu einem von der Klägerin angebotenen Drucker passt und eine der von der Klägerin angebotenen Patronen ersetzen soll. Auf diese Funktion wird auf der Tintenpatrone mit der Aufschrift „Replaces A“ hingewiesen. Die in diesem Verfahren angegriffene Ausführungsform unterscheidet sich von der im Parallelverfahren 4a O XXX/XX beanstandeten Tintenpatrone unter anderem dadurch, dass die in der oberen Fläche vorhandene V-förmige Aussparung verdeckt ist und der an der Rückfläche befindliche Vorsprung für einen Tintenerfassungssensor eine längliche Quaderform aufweist, statt im unteren Bereich in Form eines Prismas spitz zuzulaufen. Nachfolgend sind verschiedene Ansichten eines Musters einer angegriffenen Ausführungsform abgebildet. Die Bezifferung stammt von der Antragstellerin

Die Klägerin hält das Klagegebrauchsmuster für rechtsbeständig. Sie ist außerdem der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Schutzanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie geschehen und

der Klägerin die Befugnis zuzusprechen, das Urteil auf Kosten der Beklagten öffentlich bekannt zu machen,

a) mit folgenden Angaben:
– Bezeichnung des erkennenden Gerichts,
– Aktenzeichen,
– Datum des Verkündungstermins,
– Parteien des Rechtsstreits unter Angabe ihres Sitzes,
– Wiedergabe des Urteilstenors (vollständig oder auszugsweise),
– namentliche Bezeichnung der angegriffenen Ausführungsformen mit dem optisch hervorgehobenen Zusatz, dass es sich um Verletzungsformen handelt, die von dem Urteilstenor erfasst werden,

b) in folgenden Printmedien:
– Financial Times Deutschland,
– Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ),
– Handelsblatt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise Vollstreckungsschutz.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass das Klagegebrauchsmuster nicht schutzfähig sei. Dem Schutzanspruch 1 fehle die Technizität, da sich die schutzbeanspruchte Lehre in der Wechselwirkung zwischen einer Tintenpatrone einerseits und dem Hauptkörper andererseits erschöpfe, ohne aber den Hauptkörper selbst zum Gegenstand des Schutzanspruchs zu machen. Abgesehen davon sei die Lehre des Schutzanspruchs 1 weder neu, noch erfinderisch. Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, durch die angegriffene Ausführungsform werde das Klagegebrauchsmuster nicht wortsinngemäß verletzt. Diese weise keine Eingriffsnut auf, da unter einer Nut eine längliche Vertiefung oder Rille mit einem rechteckigen oder trapezförmigen Querschnitt zu verstehen sei. Abgesehen davon sei dadurch, dass die Klägerin Nachfülleinheiten im Sinne der Schutzansprüche 8 bis 10 des Klagegebrauchsmusters in Verkehr gebracht habe, auch hinsichtlich der Tintenpatronen Erschöpfung eingetreten sei, weil es sich beim Ersatz der Tintenpatronen nicht um eine Neuherstellung oder Reparatur, sondern um eine bestimmungsgemäße Verwendung der Gesamteinheit handele. Schließlich wendet die Beklagte ein, das Verhalten der Klägerin, den Vertrieb erfindungsgemäßer Tintenpatronen verbieten zu wollen, stelle sich als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und bis auf den Antrag auf Veröffentlichung des Urteils begründet.

A
Die Klage ist zulässig.

Der Klage steht nicht der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit aus § 261 Abs. 3 S. 1 ZPO im Hinblick auf das Verfahren 4a O XXX/XX entgegen. Eine anderweitige Rechtshängigkeit ist nur dann gegeben, wenn die Streitgegenstände beider Verfahren identisch sind. Der Streitgegenstand bestimmt sich nach dem Klageantrag und dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl.: Einl. Rn 82 ff). Bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen im gewerblichen Rechtsschutz wird der Lebenssachverhalt durch den „Kern“ des vom Antragsteller geltend gemachten Rechtsverstoßes bestimmt, der regelmäßig durch die konkrete Verletzungsform beschrieben wird (Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl.: Einl. Rn 76a; vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG 10. Aufl.: § 139 Rn 35a zum Parallelfall der Rechtskraftwirkung). Im vorliegenden Fall scheidet die Annahme einer anderweitigen Rechtshängigkeit aus, weil dieser Rechtsstreit und das Verfahren 4a O XXX/XX unterschiedliche angegriffene Ausführungsformen zum Gegenstand haben. Die Anträge sind zwar in beiden Verfahren – abgesehen von der Beschreibung des an der Rückseite befindlichen Vorsprungs für den Tintenerfassungssensor – identisch, jedoch unterscheidet sich der den Anträgen zugrunde liegende Lebenssachverhalt. Die in diesem Rechtsstreit angegriffene Patrone unterscheidet sich von der im Verfahren 4a O XXX/XX streitgegenständlichen Patrone durch die Form des an der Tintenpatrone befindlichen Vorsprungs für einen Tintenerfassungssensor und die Abdeckung der V-förmigen Aussparung in der oberen Fläche.

B
Die Klage ist überwiegend begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Ansprüche aus §§ 24 Abs. 1 und 2, 24a Abs. 1 und 2, 24b Abs. 1 und 3 GebrMG, §§ 242, 259 BGB auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Schadensersatz dem Grunde nach, Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen. Denn der Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters ist schutzfähig, und mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform macht die Beklagte von der technischen Lehre dieses Schutzanspruchs wortsinngemäß Gebrauch. Hingegen hat die Klägerin keinen Anspruch darauf, ihr die Befugnis auszusprechen, das Urteil auf Kosten der Beklagten öffentlich bekannt zu machen. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 24e GebrMG.

I.
Das Klagegebrauchsmuster schützt im Anspruch 1 eine Tintenpatrone.

In der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters wird ausgeführt, dass Tintenpatronen im Stand der Technik bekannt sind. Sie werden in Tintenstrahl-Aufzeichnungsgeräten eingesetzt und speichern Tinte, die dem Aufzeichnungskopf des Gerätes zugeführt wird. Im Allgemeinen ist die Tintenpatrone in einem Gehäuse aufgenommen, das in der Tintenstrahl-Aufzeichnungsvorrichtung montiert ist. Die Tintenpatrone und das Gehäuse bilden eine Einheit, die in der Gebrauchsmusterschrift als Nachfülleinheit bezeichnet wird.

Das Gehäuse der Nachfülleinheit weist im Allgemeinen eine Klappe auf. Außerdem ist in ihrem Inneren eine Tintenzuführnadel angeordnet. Wenn die Tintenpatrone im Gehäuse aufgenommen ist, ist die Tintenzuführnadel in die Tintenpatrone eingeschoben und die Klappe geschlossen, um die Patrone sicher im Gehäuse zu halten. Geht die Tinte zur Neige, muss die Tintenpatrone ausgetauscht werden. Dies wird zum Beispiel in den japanischen Patentoffenlegungsschriften 11-348XXX, 10-109XXX, 2004-345XXX, 2005-219XXX und 2005-96XXX beschrieben. Für den Austausch der Patrone wird die Klappe geöffnet und die Tintenpatrone aus dem Gehäuse entnommen. Dies wird zum Beispiel in der japanischen Offenlegungsschrift 6-106XXX beschrieben.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagegebrauchsmuster die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, eine Nachfülleinheit, einen in der Nachfülleinheit verwendeten Hauptkörper für eine Nachfülleinheit und eine Tintenpatrone für die Nachfülleinheit zur Verfügung zu stellen, die ein einfaches Einsetzen/Entfernen der Tintenpatrone in/aus ein(em) Gehäuse durch einen Anwender ermöglichen.

Dies soll durch den Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

1. Tintenpatrone (63) zur Verwendung in einem Tintendrucker;
2. die Tintenpatrone (63) weist einen Patronenhauptkörper (111) auf;
2.1 der Patronenhauptkörper (111) hat eine Frontfläche (117);
2.2 der Patronenhauptkörper (111) hat eine der Frontfläche (117) gegen-überliegende Rückfläche (114);
2.3 der Patronenhauptkörper (111) hat wenigstens eine Seitenfläche (112, 113), welche die Frontfläche (117) mit der Rückfläche verbindet;
2.4 der Patronenhauptkörper (111) hat eine Bodenfläche, welche die Frontfläche (117), die Rückfläche (114) und die Seitenfläche (112, 113) verbindet;
2.5 der Patronenhauptkörper (111) hat eine der Bodenfläche gegenüberliegende obere Fläche (122), welche die Frontfläche (117), die Rückfläche (114) und die Seitenfläche (112, 113) verbindet;
2.6 der Patronenhauptkörper (111) hat ein an der Rückfläche (114) vorgesehenes Tintenzuführungsventil (115);
2.7 der Patronenhauptkörper (111) weist eine Eingriffsnut (116) auf;
2.7.1 die Eingriffsnut (116) ist an einer Grenze zwischen der Seitenfläche (112, 113) und der Bodenfläche ausgebildet;
2.7.2 die Eingriffsnut (116) erstreckt sich in Längsrichtung des Patronenhauptkörpers (111) von der Rückfläche (114) bis zu einer unmittelbar benachbart zur Frontfläche (117) ausgebildeten Endfläche (121) der Eingriffsnut (116)
2.7.3 die Eingriffsnut (116) weist einen Nutteil (118) mit einer geringen Tiefe aus, der an der Rückfläche (114) ausmündet,
2.7.4 einen Grenznutteil (119), der sich an den Nutteil (118) mit der geringen Tiefe anschließt und sich allmählich in Vertikalrichtung vergrößert, und
2.7.5 einen tiefen Nutteil (120), der sich an den Grenznutteil (119) anschließt;
2.8 der Patronenhauptkörper (111) hat eine obere Nut (149),
2.8.1 die an der Grenze der Seitenfläche (112, 113) und der Oberseite (122) ausgebildet ist und
2.8.2 sich in Längsrichtung des Patronenhauptkörpers (111) von der Frontfläche (117) bis zur Rückfläche (114) erstreckt.

II.
Wird eine Tintenpatrone mit den vorstehend aufgeführten Merkmalen in einem Gehäuse untergebracht, dessen Ausgestaltung in der Klagegebrauchsmusterschrift als Bestandteil der in den Ansprüchen 8 bis 10 genannten Nachfülleinheit näher beschrieben ist, so wird sie zum Herausnehmen beim Öffnen einer Zugklappe an der Frontseite des Gehäuses durch ein an der Klappe angebrachtes Zugelement auf die Öffnung hin nach vorn gezogen, so dass der Benutzer die Patrone besser ergreifen und aus der Öffnung herausnehmen kann. Beim Einsetzen in den Aufnahmeabschnitt des Gehäuses wird die neue Patrone vom Zugelement getragen und beim Einsetzen in den Aufnahmeabschnitt von ihm geführt (vgl. Absätze [0011], [0015] und [0019]; in diesem Abschnitt II. stammen Textstellen ohne Bezugsangabe aus der Klagegebrauchsmusterschrift, Anlage K 1). Das Zusammenwirken der Patrone mit einem solchen Gehäuse ist nicht nur Gegenstand von Unteransprüchen, sondern wird, soweit die Tintenpatrone mit dem besagten Zugelement der Gehäuseklappe zusammenwirken soll, auch im allgemeinen Teil der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters erörtert (Abs. [0019]). Auch wenn Schutzanspruch 1 der Gebrauchsmusterschrift nur die Tintenpatrone und weder den Hauptkörper für eine Nachfülleinheit noch die beim Austausch mit der Patrone zusammenwirkenden Funktionsteile des Gehäuses beschreibt, müssen die Merkmale des Schutzanspruchs 1 nach dem Verständnis des angesprochenen Durchschnittsfachmanns so ausgelegt werden, dass die beanspruchte Tintenpatrone mit einem solchen Gehäuse und insbesondere mit einem Zugelement der Gehäuseklappe beim Einsetzen und Entnehmen in der beschriebenen Weise zusammenwirken kann. Ob es solche Gehäuse oder Hauptkörper gibt, ob die in Schutzanspruch 1 beschriebene Patrone darin eingesetzt wird oder in ein anders gestaltetes Gehäuse, bei dem es zu dem vom Klagegebrauchsmuster vorausgesetzten Zusammenwirken der Patrone mit dem Zugelement nicht kommt, ist für die erfindungsgemäße Lehre unerheblich.

Aus diesem Wirkungszusammenhang ergibt sich zugleich, dass die Zuordnung der Patronenflächen keineswegs beliebig ist, sondern dass sich die Flächenbezeichnungen auf die Position der Patrone in Montageausrichtung beziehen, in der das in der Gebrauchsmusterschrift dargestellte Zusammenwirken von Patrone und Halterung beziehungsweise Führung stattfindet.

Der Fachmann wird die Seite der Tintenpatrone, die beim Einbau in Einführungsrichtung vorausläuft, als Rückfläche im Sinne des Schutzanspruchs ansehen, weil das dort nach Merkmal 2.6 vorgesehene Tintenzuführungsventil im Allgemeinen an einer Fläche angebracht ist, die in Montagerichtung vorausläuft, damit gleichzeitig beim Einschieben die Tintenzuführungsnadel in das Tintenzuführungsventil einstechen kann. Da die hier in Rede stehende Tintenpatrone horizontal eingesetzt wird, muss die Rückfläche senkrecht zur Montagerichtung stehen. Dies gilt auch für die Frontfläche, die der Rückfläche gegenüberliegt (Merkmal 2.2) und nach dem Einsetzen der Tintenpatrone dem Anwender zugewandt ist. Daraus folgt zwangsläufig, dass die die Rückfläche und die Frontfläche verbindenden Flächen die Seitenflächen, die Bodenfläche und die obere Fläche bilden, wobei sich die beiden letzteren gegenüber liegen und mit den Seitenflächen in Verbindung stehen (Merkmal 2.3 bis 2.5). Eine eindeutige Bestimmung, welche Fläche der Tintenpatrone Seitenfläche, Bodenfläche und obere Fläche bildet, ergibt sich durch die Merkmalsgruppen 2.7 und 2.8. Die in der Merkmalsgruppe 2.7 beschriebene Eingriffsnut befindet sich an der Grenze zwischen der Seitenfläche und der Bodenfläche (Merkmal 2.7.1), während die obere Nut zwischen der Seitenfläche und der Oberseite ausgebildet ist. Über die Eingriffsnut soll die Tintenpatrone mit dem Zugelement der Öffnungsklappe des Gehäuses zusammenwirken können. Da sich das Zugelement regelmäßig nicht am freien Ende der Öffnungsklappe, sondern an dem mit der Schwenkachse versehenen Ende der Klappe befindet, kann als Bodenfläche nur die in Montagerichtung waagerechte Fläche angesehen werden, an deren Grenze sich die Eingriffsnut befinden soll.

Der Schutzanspruch 1 nennt zwar konkret kein Funktionsteil, mit dem die Eingriffsnut zusammenwirken muss. Aber dem angesprochenen Durchschnittsfachmann ist aus den Erörterungen der Beschreibung im Hinblick auf das Zusammenwirken der Tintenpatrone mit der Öffnungsklappe des Gehäuses und den übrigen Funktionsteilen des Aufnahmeabschnitts klar, dass die Eingriffsnut zwei Funktionen hat. Zum einen soll im Bereich der Seitenflächen und des Bodens Freiraum geschaffen werden, um die Tintenpatrone an Vorsprüngen im Aufnahmeabschnitt des Hauptkörpers der Nachfülleinheit vorbeiführen zu können. Das in der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters beschriebene Trennwandteil 137 (Abs. [0088] und Fig. 15 bis 17) stellt beispielsweise einen solchen Vorsprung dar. Zum anderen dient die Eingriffsnut dazu, die Patrone beim Einsetzen und Herausnehmen an den Haken des Zugelements vorbeizuführen. Die Zugelemente der Gehäuseklappe werden in der Eingriffsnut aufgenommen, so dass sie nicht aus der Tintenpatrone hervorstehen. Mit Hilfe der Eingriffsnut wird die Tintenpatrone beim Einsetzen und Herausnehmen entlang des Zugelements geführt und gehalten (vgl. beispielsweise Abs. [0010] f, [0013], [0015] f, [0018] f).

Diesen Zwecken dient im Wesentlichen der im Merkmal 2.7.3 beschriebene Nutabschnitt geringer Tiefe. Der sich daran anschließende Grenznutteil (Merkmal 2.7.4) hat die Aufgabe, im weiteren Verlauf des Einführungsvorgangs ein weiteres Absenken des in Einschubrichtung hinteren Teils der Patrone zu ermöglichen und hierbei auch die Abstützung durch die Haken des Zugelements möglichst aufrecht zu erhalten. Diese Funktionen sind der Grund dafür, dass sich der Grenznutteil allmählich in Vertikalrichtung vergrößern und nicht stufenartig und übergangslos die Nuttiefe erweitern soll. Der sich an den Grenznutteil anschließende tiefe Nutteil (Merkmal 2.7.5) hat den Zweck, bei eingesetzter Tintenpatrone Raum für die Aufnahme des Zugelements zu bieten, das sich an der Gehäuseklappe befindet und sich in dieser Position um die Schwenkachse der Gehäuseklappe drehen können muss, wenn diese geöffnet oder geschlossen wird. Die Klappe und das Zugelement sind nach der Vorstellung des Klagegebrauchsmusters so konfiguriert, dass beim Öffnen der Klappe die Tintenpatrone zumindest teilweise in Richtung Öffnung herausgezogen wird, indem die Klappe und mit ihr ein hakenförmiges Zugelement um eine Schwenkachse gedreht wird und dabei das Hakenteil die im Merkmal 2.7.2 erwähnte Endfläche und mit ihr die gesamte Tintenpatrone aus der Öffnung des Gehäuses herausdrückt (Abs. [0088], [0090] und [0097]).

Bereits der Begriff „Endfläche“ macht deutlich, dass die Eingriffsnut nicht die Frontfläche durchbricht, sondern an einer Fläche parallel zur Frontfläche endet. Da diese Endfläche „unmittelbar benachbart“ zur Frontfläche ausgebildet sein soll, darf der Abstand nicht beliebig sein. Es gibt zwar keine konkrete Abstandsvorgabe für die Entfernung der Endfläche von der Frontfläche. Aber aus dem Wortlaut und bei funktionaler Betrachtung dieses Anspruchsmerkmals erschließt sich dem Fachmann, dass der Abstand möglichst gering sein soll. Denn über die Endfläche als Angriffsfläche für das Hakenteil des Zugelements wird die Tintenpatrone beim Öffnen der Gehäuseklappe aus der Nachfülleinheit gezogen. Bei einem zunehmend größeren Abstand der Endfläche von der Frontfläche muss auch die Position des Hakenteils im Verhältnis zur Öffnungsklappe verändert werden. Bei gleichbleibender Schwenkachse der Gehäuseklappe ist mit der veränderten Schwenkbewegung des Hakenteils ein höherer Platzbedarf verbunden, der im tiefen Nutteil geschaffen werden muss. Dies ist nicht beliebig möglich, weil ein zu großes Hakenteil schon beim Öffnen der Klappe in einem so weiten Radius verschwenkt, dass es an den Nutboden der Eingriffsnut stößt und die Tintenpatrone anhebt. Um diese dem Gehäuse entnehmen zu können, bedarf es dann einer Anpassung der oberen Gehäuseführung. Statt einer Verlagerung des Hakenteils ist ebenso eine Verlagerung der Schwenkachse der Gehäuseklappe weiter von der Gehäusefront weg nach innen beziehungsweise unter den Boden des Gehäuses denkbar. Dadurch wird jedoch die Konstruktion der Klappe und des unteren Gehäusebereichs komplizierter, weil nun die Klappe mit einem größeren Radius verschwenkt.

Die obere Nut hat die Aufgabe, am oberen Ende der Seitenflächen des Patronenhauptkörpers Freiräume zu bilden, die es ermöglichen, die Patrone beim Einsetzen und Entnehmen an korrespondierenden Vorsprüngen des Gehäuses entlang zu führen und so für eine exakte Ausrichtung in senkrechter Richtung parallel zur Einsetzebene zu sorgen.

Aufgrund der dargestellten Funktionen der Eingriffsnut und der oberen Nut kann der Auffassung der Beklagten, der Fachmann verstehe unter einer Nut nur solche länglichen Vertiefungen oder Rillen, die einen rechteckigen oder trapezförmigen Querschnitt aufweisen, nicht gefolgt werden. Eine Nut im Sinne der Lehre des Klagegebrauchsmusters muss nicht durch einen Nutboden und zwei gegenüberliegende Wandungen begrenzt sein. Eine solche Einschränkung enthält der Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters nicht. Vielmehr ist aus den Ausführungsbeispielen der Gebrauchsmusterschrift und den zugehörigen Abbildungen ersichtlich, dass die Eingriffsnut auch durch eine Aussparung oder Vertiefung am Rand der Bodenfläche und der Seitenfläche mit nur einer seitlichen Wandung ausgebildet werden kann (vgl. Figur 13). Eine solche Gestaltung liegt auch deswegen nahe, weil beide Nuten im Grenzbereich zwischen Seiten- und Bodenfläche beziehungsweise Seiten- und oberer Fläche und damit im Eckbereich der Patrone liegen sollen.

III.
Der Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters ist schutzfähig. Es bestehen keine Zweifel am Rechtsbestand des Klagegebrauchsmusters, so dass auch eine Aussetzung gemäß § 19 GebrMG nicht geboten erscheint.

1. Die Technizität der technischen Lehre, für die mit dem Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters 1 Schutz beansprucht wird, ist entgegen der Auffassung der Beklagten gegeben. Mit der erfindungsgemäßen Lehre soll das problemlose Einsetzen und Herausnehmen der Tintenpatrone in verhältnismäßig kurzer Zeit ermöglicht werden. Die Lösung besteht in einer Tintenpatrone, die die Merkmale des Schutzanspruchs 1 vorsieht. Insbesondere handelt es sich bei der in den Merkmalsgruppen 2.7 und 2.8 beschriebenen Eingriffsnut und oberen Nut nicht nur um ästhetische Gestaltungen. Die Eingriffsnut dient vielmehr dazu, dass die Tintenpatrone auf dem Zugelement der Gehäuseklappe geführt werden kann, wobei die die Eingriffsnut abschließende Endfläche zugleich als Angriffsfläche für das Hakenteil des Zugelements dient.

2. Der von der Beklagten vorgetragene Stand der Technik ist nicht neuheitsschädlich.

a) Die EP 0 478 XXX B2 (MBP X7) verwirklicht nicht die Merkmalsgruppe 2.7. und das Merkmal 2.8.2. Die Patrone weist im Grenzbereich zwischen der oberen Fläche und den Seitenflächen abgeschrägte Flächen auf, durch die der Nutzer gehindert werden soll, die Patrone irrtümlich mit der Rückseite zuerst oder mit der Unterseite nach oben in das zugehörige Gehäuse einzusetzen (Sp. 11 Z. 59 bis Sp. 12 Z. 15 der Anlage MBP X7). Die abgeschrägten Flächen entsprechen nicht den Anforderungen an eine obere Nut im Sinne der geschützten Lehre, weil sie sich nicht in Längsrichtung von der Frontfläche bis zur Rückfläche erstrecken (Merkmal 2.8.2). Erst Recht erfüllen die abgeschrägten Flächen nicht die Anforderungen an eine erfindungsgemäße Eingriffsnut. Abschnitte mit unterschiedlichen Nuttiefen und eine unmittelbar benachbart zur Frontfläche ausgebildete Endfläche der Nut fehlen (Merkmale 2.7.2 bis 2.7.5).

b) Die Entgegenhaltung US 6.062.XXX (Anlage MBP X9) offenbart ebenfalls keine Nuten im Sinne des Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters. Statt Nuten weist die Tintenpatrone an den Seitenwänden zwei vorspringende Leisten auf. Abgesehen davon, dass ein Zusammenwirken einer Endfläche mit einem Zugelement nicht gelehrt wird, enden die Zwischenräume zwischen den Leisten (falls man diese als Nut ansehen wollte) in erheblichem Abstand von der Frontfläche und bilden daher keine Endfläche unmittelbar benachbart zur Frontfläche aus (Merkmal 2.7.2). Ebenso wenig werden die drei unterschiedlich tiefen Abschnitte der Eingriffsnut beschrieben (Merkmal 2.7.3 bis 2.7.5). Vielmehr endet einfach die obere Leiste, so dass sich die Seitenfläche stufenförmig und übergangslos zur unteren Leiste erweitert.

c) Weiterhin sieht die Beklagte den Erfindungsgegenstand durch die US 2004/0135XXX (Anlage MBP X10) neuheitsschädlich vorweggenommen. Sie vertritt die Ansicht, im Beschreibungsteil der Entgegenhaltung MBP X10 werde vorgeschlagen, an einer Tintenpatrone die unterschiedlichsten Arten von Führungsnuten oder Führungsvorsprüngen auszubilden. Eine Beschreibung in dieser Allgemeinheit ist jedoch nicht geeignet, die einzelnen Merkmale der mit dem Klagegebrauchsmuster geschützten Lehre zu offenbaren. Auch der Hinweis auf die Absätze [0169] bis [0172] der Entgegenhaltung MBP X10 hilft nicht weiter. In dieser Textstelle wird zwar die Verwendung von Vorsprüngen, Stegen oder Nuten im Allgemeinen vorgeschlagen. Der Vorschlag für eine solche Gestaltung bezieht sich aber nur auf das vorspringende Bauteil (112), das die elektrischen Kontakte für die Tintenpatrone aufnimmt und dementsprechend sicher und fest mit dem Gehäuse der Nachfülleinheit verbunden sein muss. Eine Aussage über die Gestaltung des Patronenhauptkörpers im Übrigen ist damit nicht verbunden.

d) Schließlich führt die Beklagte die WO 01/49XXX (MBP X11) als neuheitsschädlich an. Diese Entgegenhaltung beschreibt jedoch ebenfalls keine Nuten im Sinne der Merkmalsgruppen 2.7 und 2.8 des geltend gemachten Schutzanspruchs. Die Nut an der Grenze zwischen der Seitenfläche und der Bodenfläche der in der Entgegenhaltung MBP X11 offenbarten Tintenpatrone erstreckt sich nicht von der Rückseite bis zu einer unmittelbar zur Frontseite benachbarten Endfläche. Sie ist vielmehr genau umgekehrt angeordnet, weil sich der die Endfläche bildende Vorsprung benachbart zu der Fläche befindet, mit der die Patrone zuerst in den Drucker eingesetzt wird und die somit die Rückfläche bildet. Eine obere Nut (Merkmalsgruppe 2.8) ist gar nicht vorhanden.

3. Die Lehre des Schutzanspruchs des Klagegebrauchsmusters war im Prioritätszeitpunkt des Schutzrechts am 28.11.2005 nicht durch den Stand der Technik nahegelegt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die erfinderische Tätigkeit nicht mit der Begründung verneint werden, der Gegenstand des geltend gemachten Schutzanspruchs 1 beziehe sich lediglich auf eine quaderförmig ausgebildete Tintenpatrone mit an gegenüberliegenden Seiten angeordneten Führungsnuten, deren Zweck allein darin bestehe, eine Fehlmontage auszuschließen. Nach der eingangs dargestellten Auslegung des Schutzanspruchs bestehen die Funktionen der Eingriffsnut und der oberen Nut darin, im Grenzbereich der Seitenflächen und der Boden- beziehungsweise oberen Fläche Freiraum für Vorsprünge im Aufnahmeabschnitt des Hauptkörpers zu schaffen und die Patrone beim Einsetzen und Herausnehmen an den Haken des Zugelements vorbeizuführen. Dabei müssen die Eingriffsnut und die sie begrenzende Endfläche so gestaltet sein, dass das an der Gehäuseklappe befindliche Zugelement ungehindert um die Schwenkachse verschwenkt werden kann und zugleich über die als Angriffsfläche dienende Endfläche die Tintenpatrone teilweise aus dem Gehäuse herausziehen kann. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht nur darauf an, die Bodenfläche einer Patrone mit einer bestimmten Kontur zu versehen, damit sie in einen Drucker passt. Denn die konstruktive Gestaltung der Eingriffsnut und der oberen Nut ist alles andere als beliebig.

a) Die technische Lehre des geltend gemachten Schutzanspruchs wird durch keine Kombination der hier genannten Entgegenhaltungen EP 0 478 XXX B1 (MBP X7), US 6.062.XXX (MBP X9), US 2004/0135XXX (MBP X10) und WO 01/49XXX (MBP X11) nahegelegt.

Die Entgegenhaltung MBP X7 zeigt keine Eingriffsnut mit den Eigenschaften der Merkmalsgruppe 2.7. Auch aus den übrigen Entgegenhaltungen erhält der Fachmann keinen Hinweis darauf, die Nut so auszugestalten, dass sie sich von der Rückfläche bis zu einer unmittelbar zur Frontfläche benachbarten Endfläche erstreckt und zudem das in den Merkmalen 2.7.4 bis 2.7.5 beschriebene Profil aufweist. Aus diesem Grund besteht auch kein Anlass, die beiden anderen Entgegenhaltungen MBP X10 oder X11 mit der MBP X7 zu kombinieren. Die in diesen beiden Druckschriften offenbarten Tintenpatronen weisen keine Gestaltung auf, die einer Eingriffsnut im Sinne des Klagegebrauchsmusters gleichkäme.

Mit dieser Begründung ist es auch zu verneinen, dass der Fachmann eine der anderen Entgegenhaltungen MBP X9, X10 oder X11 als Ausgangspunkt wählt und mit den jeweils anderen Entgegenhaltungen kombiniert. Es fehlt regelmäßig eine Endfläche der Eingriffsnut, die unmittelbar benachbart zur Frontfläche angeordnet ist. Eine Kombination dieser Entgegenhaltungen ist auch deswegen nicht veranlasst, weil keine der Druckschriften ein Zusammenwirken der Endfläche und der Eingriffsnut mit einem an einer Gehäuseklappe befindlichen Zugelement lehrt.

b) Die Lehre des Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters wird schließlich nicht durch die EP 1 541 XXX A1 (Anlage MBP X12) in Kombination mit der EP 1 080 XXX A1 (MBP X13) nahegelegt. Es ist bereits fraglich, ob der Fachmann beide Entgegenhaltungen kombinieren würde, denn die EP 1 541 XXX A1 beschreibt eine Tintenpatrone, die in horizontaler Richtung in das Gehäuse eingesetzt wird, während die EP 1 080 XXX A1 eine Tintenpatrone zum Gegenstand hat, die vertikal einzusetzen ist. Aber selbst wenn man davon ausginge, dass der Fachmann jedenfalls die in der Entgegenhaltung EP 1 541 XXX A1 offenbarte Tintenpatrone mit der in der EP 1 080 XXX A1 beschriebenen Gehäuseklappe verbinden würde, folgt daraus noch nicht, dass die mit dem Klagegebrauchsmuster geschützte technische Lehre des Schutzanspruchs 1 nahegelegt ist. Denn der Fachmann muss weiterhin den Schritt vollziehen, den in der EP 1 541 XXX A1 auf der Oberseite der Tintenpatrone angeordneten Vorsprung an der Bodenfläche vorzusehen und entsprechend die Schwenkachse der Gehäuseklappe auf der Höhe der Bodenfläche der Tintenpatrone anzuordnen. Die in der EP 1 541 XXX A1 beschriebene Anordnung des Vorsprungs an der Oberseite der Tintenpatrone legt jedoch eine Konstruktion nahe, auch die Gehäuseklappe so anzuordnen, dass die Zugelemente an dem dort befindlichen Vorsprung angreifen. Ungeachtet all dessen fehlt es an der Unterseite einer solchen horizontal einzusetzenden Tintenpatrone an einer Eingriffsnut mit den drei unterschiedlich tiefen Abschnitten, wie sie vom Klagegebrauchsmuster gefordert sind.

4. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das Europäische Patentamt (EPA) habe im Zuge des Recherche- und Prüfungsverfahrens hinsichtlich der Patentanmeldung EP 1 790 XXX A1, aus dem das Klagegebrauchsmuster abgezweigt wurde, wiederholt mitgeteilt, dass die angemeldeten Patentansprüche einschließlich der Unteransprüche nicht schutzfähig seien (vgl. Recherchebericht vom 08.11.2006, Anlage MBP X4, und Prüfbescheid vom 07.04.2008, Anlage MBP X6). Das Patent EP 1 790 XXX A1 wurde mittlerweile erteilt. Dessen Patentanspruch 1 stimmt mit dem hier geltend gemachten Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters überein, so dass der Verfahrensablauf kein Indiz für die fehlende Schutzfähigkeit des Klagegebrauchmusters sein kann.

IV.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des geltend gemachten Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß Gebrauch.

Die Beklagte bestreitet lediglich, dass die angegriffene Ausführungsform eine Eingriffsnut aufweise (Merkmal 2.7). Dem kann ausgehend von den Ausführungen im Abschnitt II. nicht gefolgt werden. Im Bereich zwischen den Seitenflächen und der Bodenfläche ist ausweislich der abgebildeten Muster eine Aussparung ausgebildet, die sich von der Rückfläche bis zu einer wenige Millimeter von der Frontfläche beabstandeten, zu dieser parallelen Endfläche erstreckt. Dabei weist die Aussparung in vertikaler Richtung drei unterschiedlich tiefe Abschnitte auf, wobei sich der mittlere Abschnitt – der Grenznutteil – in vertikaler Richtung vom hinteren zum vorderen, tieferen Abschnitt vergrößert. Sind die in der Merkmalsgruppe 2.7 genannten Abschnitte einer Eingriffsnut räumlich-körperlich vorhanden und kann die Tintenpatrone infolge dieser Ausgestaltung mit einem Gehäuse zusammenwirken, wie es in der Klagegebrauchsmusterschrift beschrieben wird, wird die Lehre des geltend gemachten Schutzanspruchs wortsinngemäß verwirklicht. Tatsächlich können die beanstandeten Tintenpatronen mit einem solchen Gehäuse der Klägerin zusammenwirken, da sie eigens als Ersatz für die entsprechenden Patronen der Klägerin angeboten werden.

V.
Da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des geltend gemachten Schutzanspruchs wortsinngemäß Gebrauch macht, ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung aus § 24 Abs. 1 GebrMG. Mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform hat die Beklagte den Erfindungsgegenstand im Sinne von § 11 Abs. 1 GebrMG unmittelbar benutzt. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es komme lediglich eine mittelbare Schutzrechtsverletzung in Betracht, weil die Tintenpatrone nur in Kombination mit dem Hauptkörper der Nachfülleinheit technischen Sinn ergebe. Der geltend gemachte Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters hat eine Tintenpatrone zum Gegenstand, so dass der Vertrieb einer Tintenpatrone, die alle Merkmale dieses Anspruchs verwirklicht, eine unmittelbare Benutzung des Erfindungsgegenstands darstellt. Da eine solche Benutzung im vorliegenden Fall ohne Berechtigung erfolgte, ist die Beklagte entsprechend zur Unterlassung verpflichtet.

2. Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 24 Abs. 2 GebrMG, weil die Beklagte die Gebrauchsmusterverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte sie die Schutzrechtsverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagegebrauchsmusters durch die unberechtigte Benutzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

3. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus § 24b Abs. 1 und 3 GebrMG, §§ 242, 259 BGB im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 24b Abs. 1 GebrMG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 24b Abs. 3 GebrMG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus den §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, da sie über diese ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte wird durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4. Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Vernichtung der angegriffenen Ausführungsformen aus § 24a Abs. 1 GebrMG. Die für den Vernichtungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 GebrMG liegen vor. Darüber hinaus hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt, zumindest im Besitz der beanstandeten Tintenpatronen zu sein. Dies liegt bereits deswegen nahe, da die Beklagte die Patronen selbst vertreibt.

5. Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückruf und Entfernung der beanstandeten Tintenpatronen aus den Vertriebswegen gemäß § 24a Abs. 2 GebrMG, da die Beklagte mit der angegriffenen Ausführungsform den Erfindungsgegenstand benutzt hat, ohne dazu berechtigt zu sein. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit des Rückrufs sowie der endgültigen Entfernung aus den Vertriebswegen im Sinne von § 24a Abs. 3 GebrMG.

6. Hingegen hat die Klägerin keinen Anspruch darauf, ihr die Befugnis zuzusprechen, das Urteil auf Kosten der Beklagten öffentlich bekannt zu machen. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 24e GebrMG. Denn die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung dieses Urteils nicht dargelegt. Da § 24e GebrMG nicht allein eine Bestrafung durch öffentliche Bloßstellung will, sondern auch auf die Beseitigung eines fortdauernden Störungszustandes durch Information abzielt, setzt ein berechtigtes Interesse im Sinne dieser Regelung voraus, dass die Bekanntmachung des Urteils zur Beseitigung des Störungszustandes nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung objektiv geeignet ist und in Anbetracht des mit der Bekanntmachung verbundenen Eingriffs in den Rechtskreis der Beklagten und eines etwaigen Aufklärungsinteresses der Allgemeinheit erforderlich ist (Kühnen/Geschke: Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Aufl.: Rn 628). Die Klägerin hat schon nicht dargelegt, dass auch bei Einhaltung des der Beklagten auferlegten Unterlassungsgebots ein fortdauernder Störungszustand besteht, der durch eine entsprechende Urteilsveröffentlichung beseitigt werden kann. Der Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, beide Seiten hätten in einschlägigen Branchenzeitschriften zu dem Ergebnis des diesem Rechtsstreit vorausgehenden Verfügungsverfahrens Pressemitteilungen veröffentlicht, insbesondere hätte die Beklagte über ihr Geschäftsmodell informiert, genügt dafür nicht. Grundsätzlich wird ein weitergehender Störungszustand nicht dadurch begründet, dass über das Verfügungsverfahren, in dem die Klägerin selbst obsiegte, oder über das Geschäftsmodell der Beklagten berichtet wird. Abgesehen davon, ginge eine Veröffentlichung dieses Urteils in der Financial Times Deutschland, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und im Handelsblatt über den Störungszustand hinaus, der durch eine Veröffentlichung in den einschlägigen Branchenzeitschriften entstanden ist. Welche Branchenblätter im Einzelnen über die Streitigkeiten zwischen den Parteien berichteten, ist nicht vorgetragen.
VI.
Die Auffassung der Beklagten, die Klägerin könne sich auf ihr Schutzrecht nicht berufen, weil hinsichtlich des Vertriebs der beanstandeten Tintenpatronen Erschöpfung eingetreten sei, greift nicht durch. Die Beklagte begründet ihre Ansicht damit, dass mit dem klägerseitigen Inverkehrbringen von Nachfülleinheiten im Sinne der Schutzansprüche 8 bis 10 des Klagegebrauchsmusters sei auch hinsichtlich der Tintenpatronen Erschöpfung eingetreten sei, weil es sich beim Ersatz der Tintenpatronen nicht um eine Neuherstellung oder Reparatur, sondern um eine bestimmungsgemäße Verwendung der Gesamteinheit handele. Diese Argumentation geht bereits deshalb ins Leere, weil die Klägerin nicht die Schutzansprüche 8 bis 10, sondern den Schutzanspruch 1 geltend macht, der lediglich eine Tintenpatrone zum Gegenstand hat. Abgesehen davon behauptet die Beklagte nicht, dass die Klägerin mit dem Inverkehrbringen von Tintenpatronen zugleich ihr Einverständnis damit zum Ausdruck gebracht habe, der Erwerber dürfe zur Deckung seines Ersatzbedarfs auch Patronen von Wettbewerbern verwenden.

VII.
Ebenso wenig greift der Einwand des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gemäß Art. 82 EG durch. Denn gewerbliche Schutzrechte sind gerade darauf gerichtet, ihrem Inhaber eine Ausschließlichkeitsposition zu vermitteln, die er dann selbstverständlich auch durchsetzen können muss (vgl. EuGH GRUR 2005, 524, 526 – IMS/Health; Benkard/Rogge, PatG 10. Aufl.: § 24 PatG Rn 16). Insoweit gibt es zwischen Patenten und sich als schutzfähig erweisenden Gebrauchsmustern keinen Unterschied. Der Klägerin kann auch nicht mit Erfolg vorgehalten werden, sie handele missbräuchlich, weil sie das Klagegebrauchsmuster mit dem geltend gemachten Schutzanspruch 1 habe eintragen lassen und gegen die Beklagte geltend mache. Der Schutzanspruch 1 beschreibt eine neue technische und schutzfähige Entwicklung, die nicht deshalb vom Ausschließlichkeitsschutz ausgenommen ist, weil Wettbewerbern für die Geltungsdauer des Schutzrechts der Vertrieb übereinstimmend ausgebildeter Patronen untersagt ist. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes führt eine marktbeherrschende Stellung des Schutzrechtsinhabers äußerstenfalls zu dessen Verpflichtung, Zwangslizenzen an seine Wettbewerber zu vergeben (EuGH GRUR 2005, 524, 525 ff – IMS/Health; BGH GRUR 2004, 966 – Standard-Spundfass; Schulte/Kühnen, PatG 8. Aufl.: § 24 Rn 47 ff). Auch dazu bedarf es außergewöhnlicher Umstände. Beispielsweise muss die Weigerung der Benutzungsgestattung durch den Schutzrechtsinhaber das Auftreten eines neuen Erzeugnisses verhindern, nach dem eine mögliche Nachfrage besteht, sie darf nicht gerechtfertigt sein und muss geeignet sein, jeglichen Wettbewerb auf einem abgeleiteten Markt auszuschließen (EuGH GRUR 2005, 524, 526 – IMS/Health). Dass diese Voraussetzungen in vorliegenden Fall gegeben sind, lässt der Vortrag der Beklagten nicht erkennen. Insbesondere ist – worauf auch die Klägerin zutreffend hingewiesen hat – nicht dargetan, dass für Druckermodelle der Klägerin geeignete Tintenpatronen (falls diese den relevanten Markt bilden sollten) nur unter Verletzung des Klagegebrauchsmusters hergestellt, angeboten und in den Verkehr gebracht werden können.

VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1 und 2, 711 ZPO. Dem von der Beklagten hilfsweise geltend gemachten Vollstreckungsschutzantrag war nicht stattzugeben, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt, noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.

Streitwert: 600.000,00 EUR