4a O 279/07 – Subgingivales Pulverstrahlen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1019

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. Januar 2009, Az. 4a O 279/07

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren,
zu unterlassen,
Mittel für die Pulverstrahlreinigung von subgingivaler Zahnhartsubstanz
[nur die Beklagte zu 3): herzustellen,] anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
die unter Verwendung feinkörniger Pulver bzw. Pulvergemische hergestellt sind, wobei die Pulver eine mittlere Korngröße von nicht mehr als 45 µm und eine Dichte von nicht mehr als 2,0 g/cm3 aufweisen und als Pulver bzw. Pulvergemische Glycin eingesetzt wird;

2. der Klägerin für die Zeit ab dem 23. Dezember 2005 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der vorstehend zu I. 1. bezeichneten Erzeugnisse zu erteilen, und zwar unter Angabe der Namen und Anschriften des Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber, soweit es sich nicht um von der Klägerin rechtmäßig bezogene Erzeugnisse handelt;

3. der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu I. 1. bezeichneten und seit dem 19. Januar 2002 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung von Rechnungen und Lieferscheinen in Kopie zu den Angaben nach lit. a) und b) für Benutzungshandlungen seit dem 19. Januar 2002 und unter Beifügung der Belege zu sämtlichen Angaben für Benutzungshandlungen seit dem 29. April 2006, unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
– von der Klägerin rechtmäßig bezogene Erzeugnisse von der Rechnungslegungspflicht ausgenommen sind,
– von den Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 23. Dezember 2005 zu machen sind,
– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

4. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen, nicht von der Klägerin bezogenen Erzeugnisse entsprechend vorstehend I. 1. an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

II. Es wird festgestellt,

1. dass die Beklagten gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin für die zu I. 1. bezeichneten und in der Zeit vom 19. Januar 2002 bis einschließlich 22. Dezember 2005 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen, soweit es sich nicht um rechtmäßig von der Klägerin bezogene Erzeugnisse handelt;

2. dass die Beklagten gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten und seit dem 23. Dezember 2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, soweit es sich nicht um rechtmäßig von der Klägerin bezogene Erzeugnisse handelt.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 500.000,- vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene, alleinige und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patents 1 162 xxx mit dem Titel „subgingivales Pulverstrahlen“ (nachfolgend: Klagepatent). Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme der Priorität aus der DE 199 10 xxx vom 10. März 1999 in deutscher Verfahrenssprache am 09. März 2000 angemeldet. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 19. Dezember 2001, die Erteilung des Klagepatents am 23. November 2005 veröffentlicht und bekannt gemacht. Die B1-Fassung des Klagepatents liegt als Anlage K1 vor. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft.
Über einen von der Beklagten zu 3) eingelegten Einspruch gegen das Klagepatent wurde am 06. Dezember 2007 vor der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes (EPA) mündlich verhandelt. In dieser Verhandlung hat die Einspruchsabteilung des EPA das Klagepatent im Umfang des „Hilfsantrages 1“ der Patentinhaberin aufrechterhalten (vgl. Anlage K2, begründete Entscheidung Anlage B2). Gestützt auf diese Anspruchsfassung macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage eine Verletzung des Klagepatents durch die Beklagten geltend. Mit Schriftsatz vom 25. März 2008 hat die Einsprechende, die Beklagte zu 3), Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung eingelegt, mit der sie beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Klagepatent im gesamten Umfang zu widerrufen. Eine Entscheidung der Beschwerdekammer liegt noch nicht vor.

Die Einspruchsverfahren aufrechterhaltene Fassung des Klagepatentanspruchs 1 lautet wie folgt, wobei die von der Klägerin im Einspruchsverfahren aus dem eingetragenen Unteranspruch 4 in der Hauptanspruch 1 hinaufgezogene Anspruchsteile kursiv hervorgehoben sind:

Verwendung feinkörniger Pulver bzw. Pulvergemische zur Herstellung eines Mittels für die Pulverstrahlreinigung von subgingivaler Zahnhartsubstanz, wobei die Pulver eine mittlere Korngröße von nicht mehr als 45 µm und eine Dichte von nicht mehr als 2,0 g/cm3 aufweisen, wobei als Pulver bzw. Pulvergemische Aminosäuren und/oder organische Säuren sowie deren Salze, insbesondere die Alkali-, Erdalkali- und/oder Ammoniumsalze eingesetzt werden.

Die Beklagte zu 1), ein in der Schweiz ansässiges Unternehmen, vertreibt in Deutschland gemeinsam mit der Beklagten zu 2), ihrer für den Vertrieb in Deutschland zuständigen Tochtergesellschaft, die Pulverstrahlreinigungsmischung „A“ (angegriffene Ausführungsform). Diese dient zur Entfernung von bakterieller Plaque, die in Gestalt eines Biofilmes Zahnfleischtaschen besiedelt und dort Parodontalerkrankungen hervorrufen kann. Zur Vorbeugung gegen marginale Parodontitis ist es hilfreich, die bakterielle Plaque und Zahnstein (das Mineralisationsprodukt abgestorbener bakterieller Plaque) von allen Zahnoberflächen zu entfernen, sowohl oberhalb des Zahnfleisches (supragingival) als auch unterhalb des Zahnfleischsaumes (subgingival). Bis zum Ende des Jahres 2006 bezogen die Beklagten zu 1) und 2) der technischen Lehre des Klagepatents entsprechende Erzeugnisse von der Klägerin.
Die in Deutschland ansässige Beklagte zu 3) ist Herstellerin der Grundsubstanz der angegriffenen Ausführungsform und liefert diese den Beklagten zu 1) und 2) als Bulkware zu. Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um eine Pulverstrahlreinigungsmischung zur Reinigung von Parodontaltaschen, die auf der Basis von Glycin hergestellt ist. Sie enthält zu 99 Prozent Glycin (auch Glycocol oder Glykokol genannt), eine Substanz, bei der es sich um eine Aminosäure handelt und die eine mittlere Dichte von 1,16 g/cm3 aufweist. Zu ca. einem Prozent besteht die angegriffene Ausführungsform aus amorpher Kieselsäure als Flussmittel. Amorphe Kieselsäure besteht zu 99 Prozent aus Siliciumdioxid. Amorphes Siliciumdioxid hat eine mittlere Dichte von 2,2 g/cm3.

Die Klägerin behauptet, das zur Herstellung der angegriffenen Ausführungsform verwendete Pulver (Glycin) verfüge über eine mittlere Korngröße von unter 45 µm und eine Dichte von nicht mehr als 2,0 g/cm3. Für die von Merkmal 3 vorausgesetzte Dichte verlange Anspruch 1 des Klagepatents lediglich, dass die abrasiven Bestandteile eines Mittels für die Pulverstrahlreinigung von subgingivaler Zahnhartsubstanz eine Dichte von nicht mehr als 2,0 g/cm3 aufweisen. Soweit dem Mittel zur Pulverstrahlreinigung weitere Stoffe etwa als Flussmittel zur schnelleren Förderung der abrasiven Bestandteile zugesetzt würden, müssten diese die Anforderungen der Merkmale 2 ff. des (Verwendungs-) Anspruchs 1 nicht erfüllen. Bezogen auf die angegriffene Ausführungsform sei es daher hinreichend, dass das Glycinpulver als Aminosäure eine mittlere Korngröße von unter 45 µm und eine Dichte von nicht mehr als 2,0 g/cm3 aufweise. Auf die mittlere Korngröße und die Dichte weiterer pulverförmiger Bestandteile komme es demgegenüber patentgemäß nicht an.
In der Einspruchsbeschwerde werde sich das Klagepatent in der auf den Einspruch aufrecht erhaltenen Fassung als rechtsbeständig erweisen.

Die Klägerin beantragt,
im Wesentlichen wie erkannt, wobei sie die Angaben zu I. 2. jedoch nur „insbesondere“ verlangt.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Verhandlung bis zu Entscheidung des Europäischen Patentamtes über die Einspruchsbeschwerde der Beklagten zu 3) auszusetzen.

Sie bestreiten „mit Nichtwissen“, dass die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent verletze. Nach den Erklärungen der Klägerin im Einspruchsverfahren setze die klagepatentgemäße Lehre voraus, dass nicht nur ein einheitliches Pulver die patentgemäßen Bedingungen zu mittlerer Korngröße und Dichte erfüllen muss, sondern auch jedes einzelne in einer Pulvermischung enthaltene Pulver. Hinsichtlich des Bestandteils amorpher Kieselsäure sei dies bei der angegriffenen Ausführungsform angesichts der Dichte dieses Pulvers nicht der Fall.
Die Beklagten meinen, das Klagepatent werde sich auch mit der hier geltend gemachten, von der Einspruchsabteilung gebilligten Anspruchsfassung im Einspruchsbeschwerdeverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Neben den bereits im Einspruchsverfahren geltend gemachten Nichtigkeitsgründen fehlender Neuheit und fehlender Erfindungshöhe, an denen die Beklagten festhalten, sei der Gegenstand des Klagepatents nicht ausreichend offenbart, die Erfindung auch für den Fachmann nicht ausführbar und der Gegenstand des Klagepatents sei unzulässig erweitert.

Die Klägerin, die dem Aussetzungsantrag im hiesigen Verfahren entgegentritt, widerspricht im Einspruchsbeschwerdeverfahren der Geltendmachung der Widerrufsgründe, die von der Beklagten zu 3) erstmals in der Beschwerdeinstanz vorgebracht wurden, und beantragt dort, diese Widerrufsgründe als verspätet zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist auch in der Sache begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Entschädigung (dem Grunde nach), Auskunft und Rechnungslegung sowie Vernichtung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 2; 140a Abs. 1; 140b Abs. 1 und 3; 140d Abs. 1 PatG; §§ 242; 259 BGB und Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG zu. Eine nach § 148 ZPO mögliche Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung über die Einspruchsbeschwerde der Beklagten zu 3) ist nicht veranlasst.

I.
Das Klagepatent betrifft die Verwendung feinkörniger Pulver bzw. Pulvergemische in einem Verfahren zur Reinigung von Zahnwurzeloberflächen (Anlage K1, Abschnitt [0001]; weitere Verweise ohne Zusatz beziehen sich jeweils auf Anlage K1).
Die Beschreibung der Klagepatentschrift schildert zunächst (in Abschnitt [0002]) Verbreitung, Ursachen und Folgen von Parodontalerkrankungen. Diese werden von Bakterien verursacht, die sich an den Zahn anlagern, dort einen als bakterielle Plaque bezeichneten Biofilm bilden und auch die Zahnfleischtaschen besiedeln. Zahnstein ist zwar für sich betrachtet nicht pathogen, wird jedoch in der Regel von einer lebenden bakteriellen Plaque bedeckt. Unbehandelt führen marginale Parodontitiden nicht selten zum Zahnverlust.
Um die progrediente Zerstörung des Zahnhalteapparates durch Parodontal-erkrankungen aufzuhalten, müssen bakterielle Plaque und Zahnstein von allen Zahnoberflächen oberhalb (supragingival) und – soweit zugänglich – auch unterhalb des Zahnfleischsaumes (subgingival) entfernt werden. Auch eine vollständige Reinigung subgingival gelegener Zahnwurzelareale führt jedoch nur zu einer kurzfristigen Heilung der parodontalen Gewebe, da es auch bei adäquater Mundhygiene innerhalb weniger Monate zur fast vollständigen bakteriellen Rekolonisation der parodontalen Taschen kommt. Bei einer unterstützenden Parodontitistherapie, in der die neu gebildete Plaque in drei- bis sechsmonatigen Abständen professionell entfernt wird, kommen im Stand der Technik hauptsächlich Küretten, Schall- oder Ultraschallscaler zum Einsatz. Die Anwendung dieser Instrumente ist für den Behandler technisch anspruchsvoll und wird von den Patienten meist als unangenehm empfunden. Bei wiederholter Reinigung kommt es kumulativ zu einem klinisch relevanten Wurzelabtrag, der zu Hypersensibilität und Schwächung der Wurzel bis hin zu einer Perforation des Wurzelkanalsystems und Frakturgefährdung führen kann (Abschnitt [0003]).
Für supragingivale Flächen ist es bekannt, dass sich diese sehr effizient mit einem Pulver-Luft-Wasser-Strahl (PLW-Strahl) reinigen lassen. Das hier bisher verwendete Strahlmittel Natriumhydrogencarbonat ist hinsichtlich seiner Abrasivität für die Reinigung des Zahnschmelzes unkritisch, führt jedoch bei Anwendung auf der Wurzel schon in kurzer Zeit zu klinisch relevantem Substanzabtrag. Da bei marginalen Parodontitiden die Zahnwurzel frei liegt, ist der PLW-Strahl unter Verwendung der bisher üblichen Strahlmittel bei der unterstützenden Parodontitistherapie nur eingeschränkt einsatzfähig (Abschnitt [0004]).
In der GB 1 480 594 (der Entgegenhaltung D4 im Einspruchsverfahren, hier Anlage B14) wird ein Verfahren zur Zahnreinigung unter Verwendung eines Wasserstrahls offenbart, bei dem der Wasserstrahl Teilchen einer Härte enthält, die eine Zerstörung der Zahnhartsubstanz (Enamel) vermeidet. Als nachteilig an diesem Verfahren erwähnt es die Klagepatentschrift, dass die offenbarten Substanzen sich nicht in jedem Fall zur Reinigung subgingivaler Zahnhartsubstanz eignen (Abschnitt [0005]).

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik verfolgt das Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem), einfache und schonende Mittel und Wege für die Reinigung von Zahnwurzeloberflächen, das heißt subgingivaler Zahnhartsubstanz, zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinne ist auch die subjektive Aufgabenstellung in Abschnitt [0007] der Klagepatentbeschreibung formuliert.

Zur Lösung schlägt Anspruch 1 in der aufrecht erhaltenen Fassung eine Kombination folgender Merkmale vor:

1. Verwendung feinkörniger Pulver bzw. Pulvergemische zur Herstellung eines Mittels für die Pulverstrahlreinigung von subgingivaler Zahnhartsubstanz;
2. das Pulver hat eine mittlere Korngröße von nicht mehr als 45 µm;
3. das Pulver hat eine Dichte von nicht mehr als 2,0 g/cm3;
4. als Pulver bzw. Pulvergemisch werden eingesetzt Aminosäuren und/oder organische Säuren sowie deren Salze, insbesondere die Alkali-, Erdalkali- und/oder Ammoniumsalze.

Wie die Klagepatentschrift ausführt, besitzen diese Pulver bzw. Pulvergemische eine Abrasivität, die zu einem um mindestens 50 % geringeren Abtrag an Wurzeldentin führt als solche Pulver bzw. Pulvergemische auf der Basis von beispielsweise Natriumhydrogencarbonat mit einer mittleren Korngröße von etwa 55 µm, wie sie üblicherweise zur Reinigung von supragingivalen Zahnflächen eingesetzt werden (Abschnitt [0008]). Bei der Erfindung nach dem Klagepatent sei überraschenderweise gefunden worden, dass sich die geschützten Pulver bzw. Pulvergemische in hervorragender Weise zur Reinigung von Wurzeldentin eignen, ohne dabei merkliche Mengen an gesunder Zahnwurzelsubstanz abzutragen (Abschnitt [0009]).
Das Mittel für die Pulverstrahlreinigung wird in der Weise eingesetzt, dass ein Pulverstrahl auf die zu reinigende Stelle gerichtet und durch kurzes Abstrahlen der erreichbaren Wurzeldentinoberfläche die Reinigung durchgeführt wird. Vorteilhafterweise dringt der Pulverstrahl einige Millimeter tief in die betroffene Zahntasche ein, so dass es nicht notwendig wird, das Zahnfleisch zuvor operativ zu eröffnen, um die subgingival gelegenen Zahnwurzelbereiche zugänglich zu machen. Dies bedeutet für den Behandler eine erhebliche Zeitersparnis und für den Patienten eine deutlich geringere Belastung (Abschnitt [0010]).
Als entscheidendes Kriterium für die Eignung von Pulvern bzw. Pulvergemischen zur geschützten Verwendung ist ihre Abrasivität gegenüber Wurzeldentin, das heißt subgingivaler Zahnhartsubstanz, anzusehen. Da der Zeitbedarf für die Reinigung einer Zahnwurzeloberfläche im Rahmen einer Parodontalbehandlung unter Verwendung der geschützten Pulver bzw. Pulvergemische ca. eine Minute beträgt, sollte innerhalb dieser Zeitspanne kein wesentlicher Abtrag von Wurzeldentin erfolgen (Abschnitt [0016]). Bei Versuchen – so die Klagepatentbeschreibung weiter – hätten die Erfinder der geschützten technischen Lehre überraschend gefunden, dass bestimmte Pulver bzw. Pulvergemische bei der soeben beschriebenen Vorgehensweise eine deutlich geringere Abrasivität aufweisen, die aber dennoch hoch genug ist, um unerwünschte Beläge auf dem Wurzeldentin zu entfernen und somit eine effiziente Pulverstrahlreinigung von Zahnwurzeloberflächen zu ermöglichen (Abschnitt [0018]).

II.
Im Hinblick auf die von den Beklagten bestrittene Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents bedarf dieses insbesondere hinsichtlich der Merkmale 2 und 3 einer näheren Erläuterung.
Die Beklagten vertreten die Auffassung, im Falle eines anspruchsgemäßen Pulvergemisches, wie es bei der angegriffenen Ausführungsform als Mischung des Glycinpulvers (99 Prozent) und amorpher Kieselsäure (ca. 1 Prozent) ihrer Meinung nach vorliege, müsse jedes einzelne in dem Pulvergemisch enthaltene Pulver auch für sich betrachtet die Dichteanforderungen des Merkmals 3 sowie die Anforderungen an die mittlere Korngröße nach Merkmal 2 erfüllen. Dies entspreche auch dem Verständnis der Klägerin als Patentinhaberin, wie diese es in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes (vgl. Anlage B1, Seite 2 unten) vertreten habe. Für die Patentverletzung erheblich wäre vor allem ein derartiges Verständnis des Merkmals 3. Denn das mit einem Anteil von einem Prozent an der angegriffenen Ausführungsform beteiligte Flussmittel (amorphe Kieselsäure), das seinerseits zu 99 Prozent aus amorphem Siliciumdioxid besteht, weist (unstreitig) eine Dichte oberhalb des anspruchsgemäßen Grenzwertes von 2,0 g/cm3 auf, weil sich amorphes Siliciumdioxid durch eine mittlere Dichte von 2,2 g/cm3 auszeichnet. Auf der Auslegungsebene stellt sich jedoch sowohl für Merkmal 3 als auch für Merkmal 2 gleichermaßen die Frage, ob sämtliche in dem beanspruchten Mittel enthaltenen Pulver diese „im Gleichlauf“ formulierten Merkmale erfüllen müssen, wie die Beklagten meinen, oder ob dies nur für das bzw. die Pulver gilt, das/die eine abrasive Wirkung auf die in der Anwendung zu entfernende Plaque entfalten soll/sollen.
Den Beklagten kann bereits auf der Auslegungsebene nicht darin zugestimmt werden, ein jedes in dem Mittel für die Pulverstrahlreinigung von subgingivaler Zahnhartsubstanz enthaltene Pulver müsse seinerseits den Anforderungen an eine bestimmte Dichte nach Merkmal 3 genügen (bzw. dürfe die maximal zulässige mittlere Korngröße nach Merkmal 2 nicht überschreiten). Ausgehend vom Wortlaut des Anspruchs, der zu Merkmal 1 feinkörnige Pulver bzw. Pulvergemische nebeneinander nennt und in Merkmalen 2 und 3 ohne nähere Eingrenzung oder Differenzierung nur „das Pulver“ erwähnt, kann lediglich festgestellt werden, dass in Merkmalen 2 und 3 nur ein Pulver nach Merkmal 1 gemeint sein kann. Der Wortlaut ist jedoch nicht ergiebig zu der hier entscheidenden Frage, ob zwingend ein jedes zur Herstellung des Mittels zur Pulverstrahlreinigung subgingivaler Zahnhartsubstanz verwendete Pulver den Anforderungen der Merkmale 2 und 3 genügen muss.
Festzuhalten ist jedoch bereits ausgehend vom Anspruchswortlaut, dass es sich bei Anspruch 1 des Klagepatents um einen Verwendungsanspruch handelt, der die Verwendung feinkörniger Pulver oder Pulvergemische zur Herstellung eines Mittels für die Pulverstrahlreinigung von subgingivaler Zahnhartsubstanz betrifft. Dies hat zur Folge, dass sich die Anforderungen an die mittlere Korngröße (Merkmal 2), die Dichte (Merkmal 3) und die Stoffeigenschaft der verwendeten Stoffe (Merkmal 4) nicht auf das Mittel, sondern auf die zu seiner Herstellung verwendeten Pulver bzw. Pulvergemische beziehen, durch welche die Entfernung der zu beseitigenden bakteriellen Plaque bewirkt werden soll. Diese Pulver bzw. Pulvergemische müssen die erforderlichen abrasiven Eigenschaften gegen Plaque aufweisen, um eine effiziente Pulverstrahlreinigung von Zahnwurzeloberflächen zu ermöglichen, ohne jedoch zugleich in unerwünschter Weise auf die subgingivale Zahnhartsubstanz selbst abrasiv einzuwirken. Der Fachmann erkennt aus der Beschreibung in der Klagepatentschrift, dass die zur Reinigung supragingivaler Zahnflächen bekannten Pulver bzw. Pulvergemische jedenfalls nicht geeignet sind, die subgingivale Zahnhartsubstanz hinreichend zu schonen, also eine schädigende abrasive Wirkung auf diese zu vermeiden (vgl. Abschnitte [0004] und [0018]). Als Lösung schlägt Anspruch 1 vor, dass die zu verwendenden Pulver bzw. Pulvergemische eine geringere Dichte aufweisen als bislang eingesetzte Pulver bzw. Pulvergemische, die für die supragingivale Zahnreinigung verwendet wurden (vgl. Abschnitt [0021], Merkmal 3), und dass sie über eine geringere mittlere Korngröße verfügen als diese, also deutlich feiner gemahlen sind (vgl. Abschnitt [0022], Merkmal 2).
Die Beschreibung des Klagepatents, die der Fachmann zur Auslegung des Inhalts der Patentansprüche heranzieht, um den Schutzbereich des Patents zu bestimmen (Art. 69 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit dem Protokoll über die Auslegung des Artikels 69), unterscheidet zwischen drei verschiedenen Kategorien von Pulvern bzw. feinteiligen Substanzen, und zwar (1.) Pulvern mit abrasiver Wirkung (die in den Beschreibungsabschnitten [0012] bis [0022] behandelt werden), (2.) „weiteren, sehr feinteilig vorliegenden Pulvern“ (Abschnitte [0023] und [0024]) und schließlich (3.) „anderen feinteiligen Substanzen“ (Abschnitt [0025]). Ausschließlich im Zusammenhang mit der ersten Kategorie (Pulver mit abrasiver Wirkung) erläutert die Beschreibung die Anforderungen an eine mittlere Korngröße (Abschnitte [0013], [0014] und [0022]) und an eine maximale Dichte (Abschnitte [0015] und [0021]) sowie die überraschend gefundene deutlich geringere Abrasivität, die jedoch noch hoch genug sei, um unerwünschte Beläge auf dem Wurzeldentin zu entfernen und so eine effektive Pulverstrahlreinigung von Zahnwurzeloberflächen zu ermöglichen (Abschnitt [0018]). Ebenfalls ausschließlich im Hinblick auf die abrasiv wirkenden Pulver der ersten Kategorie erläutert die Beschreibung in Abschnitt [0020], dass für den beschriebenen Zweck auch Pulvergemische aus mindestens zwei solchen Pulvern mit grundsätzlich beliebigem Mischungsverhältnis geeignet seien. Den Begriff des „Pulvergemisches“, den auch Anspruch 1 enthält, verwendet die Beschreibung damit ausschließlich im Zusammenhang mit abrasiv wirkenden Pulvern, wie sie in den Beschreibungsabschnitten [0012] bis [0022] behandelt werden.
Als zweite Kategorie beschreiben Abschnitte [0023] und [0024], dass „die zuvor genannten Pulver“ vorteilhafter Weise mit „weiteren, sehr feinteilig vorliegenden Pulvern“ vermischt werden können, bevor sie (das heißt die zuvor behandelten Pulver mit abrasiver Wirkung) als Reinigungsmittel für Zahnwurzeloberflächen verwendet werden (Abschnitt [0023]). Die weiteren, sehr feinteilig vorliegenden Pulver sollen etwa die Funktion erfüllen, die dabei entstehenden Pulvermischungen mit herkömmlichen Pulverstrahlgeräten besser und schneller fördern zu können (Abschnitt [0023]). Es handelt sich bei den Pulvern der zweiten Kategorie mithin um aus dem Stand der Technik bekannte Flussmittel. Beispielhaft können als Flussmittel hochdisperse Kieselsäuren oder Aerosile Verwendung finden, wobei die zusetzbare Menge bezogen auf die Gesamtmasse des Pulvers 5 Prozent nicht übersteigen soll (Abschnitt [0024]). Zu bemerken ist, dass die Beschreibung für die Kombination eines abrasiv wirkenden Pulvers mit einem Flussmittel in Abschnitt [0023] (Seite 3 Zeile 36) den Begriff „Pulvermischung“ – nicht „Pulvergemisch“ wie in Abschnitt [0020] für eine Mischung mehrerer abrasiv wirkender Pulver und zugleich in den Ansprüchen – verwendet.
An dritter Stelle nennt die Beschreibung des Klagepatents in Abschnitt [0025] die Zumischung von „anderen feinteiligen Substanzen“, denen verschiedene unterstützende Funktionen zugedacht sein können. Beispielhaft nennt die Beschreibung Bleichmittel, fluoridfreisetzende Substanzen, Analgetika, Bakterizide oder Geschmacksstoffe. Je nach zugemischter Substanz kann der Anwendungsbereich der beschriebenen Pulver erhöht werden (Abschnitt [0026]). Auch insofern soll die zusetzbare Menge bezogen auf die Gesamtmasse des Pulvers 5 Prozent nicht übersteigen (Abschnitt [0025]). In den Unteransprüchen 2 und 3 bezeichnet das Klagepatent mit einem „weiteren feinteiligen Stoff“ zusammenfassend sowohl die weiteren, sehr feinteilig vorliegenden Pulver der zweiten Kategorie als auch die anderen feinteiligen Substanzen der dritten Kategorie, wie die Aufzählung in Unteranspruch 3 zeigt.
Der Fachmann entnimmt dem Klagepatent bei verständiger Würdigung seiner Beschreibung, dass nach der technischen Lehre ausschließlich die Pulver der ersten Kategorie, welche die abrasive Wirkung auf Plaque entfalten sollen, den Merkmalen 2 bis 4 genügen müssen, während dies für weitere, dem anspruchsgemäßen Pulver bzw. dem aus mehreren abrasiven Pulvern bestehenden Pulvergemisch zugesetzte Pulver (bzw. feinteilige Substanzen) der zweiten oder dritten Kategorie, die etwa als Flussmittel oder Geschmacksstoffe zugesetzt werden, nicht gelten soll, mögen übliche Flussmittel auch zumindest Merkmal 2 mit einer deutlich unter dem Grenzwert liegenden durchschnittlichen Korngröße von etwa 0,07 µm (vgl. die Wertangabe in Abschnitt [0024]) unproblematisch verwirklichen. Dies ist für den Fachmann auf dem Gebiet des Klagepatents ohne weiteres daraus ersichtlich, dass nur mit einem solchen Verständnis die durchweg als erfindungsgemäß gekennzeichneten Beispiele (Abschnitt [0031] bis [0037]) die technische Lehre des Klagepatents erfüllen können. Richtig ist zwar, dass dies für die Beispiele V und VII in der Tat schon deshalb nicht gilt, weil die in Tabelle 1 für sie genannte Dichte von 2,16 g/cm3 den Anforderungen des Merkmals 3 nicht genügt, weshalb die Beispiele V und VII im Einspruchsverfahren als „Referenz“ gekennzeichnet werden mussten (vgl. Anlagen K2 und B1). Der Fachmann entnimmt der Beschreibung der Beispiele im Übrigen jedoch, dass bei ihnen allen dem einen abrasiv wirkenden Pulver, durch das sich die Beispiele voneinander unterscheiden, ein Flussmittel „B“ in variierender Menge zugesetzt wurde. Bei B handelt es sich, wie dem Fachmann geläufig ist, um einen Stoff zur schnelleren Förderung des Mittels für die Pulverstrahlreinigung; Angaben zur Dichte dieses Flussmittels lassen sich der Klagepatentschrift nicht entnehmen. Es weist jedoch, wie zwischen den Parteien nicht umstritten ist, eine Dichte auf, die wie bei der angegriffenen Ausführungsform größer als die in Merkmal 3 genannten 2,0 g/cm3 ist, nämlich 2,2 g/cm3 beträgt. Wollte man patentgemäß verlangen, dass auch weitere, sehr feinteilig vorliegende Pulver wie Flussmittel die nach Merkmal 3 maximal zulässige Dichte nicht überschreiten, bliebe von den Ausführungsbeispielen keine einzige „erfindungsgemäße Pulvermischung“ mehr übrig. Einer solchen Auslegung, bei der kein einziges angegebenes Ausführungsbeispiel der technischen Lehre entsprechen kann, wird ein Fachmann kaum ernsthaft zuneigen. Jedenfalls im Hinblick auf (das hier allein interessierende) Merkmal 3 muss daher ein Flussmittel den (Dichte-) Anforderungen des Klagepatents erfindungsgemäß nicht entsprechen.
Dabei verkennt die Kammer nicht, dass in sämtlichen Beispielen der Klagepatentschrift die Mischung aus abrasiv wirkendem Pulver und Flussmittel nochmals über ein 60 µm-Sieb gesiebt wurde, obwohl das gemahlene abrasive Pulver vor seiner Mischung mit dem Flussmittel bereits über einem 40 µm-Sieb gesiebt worden war. Die Beklagten meinen, dem erneuten Sieben nach der Zugabe des Flussmittels entnehmen zu können, dass die Korngröße auch für die „weiteren, sehr feinteilig vorliegenden Pulver“ der zweiten Kategorie von Relevanz sein müsse, da es sonst keines erneuten Siebvorgangs mit einem größeren Sieb bedurft hätte. Abgesehen davon, dass dies allenfalls Rückschlüsse für Merkmal 2 (maximale mittlere Korngröße) zuließe, nicht jedoch für das hier entscheidungserhebliche Merkmal 3 (maximale Dichte), ist der von den Beklagten gezogene Schluss auch für Merkmal 2 nicht tragfähig. Denn die Beschreibung des Klagepatents erwähnt für die als Beispiele für die weiteren, sehr feinteilig vorliegenden Pulver genannten Flussmittel hochdisperse Kieselsäuren oder Aerosile eine vorteilhafte durchschnittliche Korngröße von ca. 0,07 µm (Abschnitt [0024]). Dass es im Hinblick auf die Korngröße des Flussmittels in den Beispielen eines erneuten Siebens mit einem größeren, 60 µm-Sieb bedurft hätte, ist daher nicht plausibel.
Der im Zusammenhang mit den Ausführungsbeispielen in Abschnitten [0031] ff. und in Tabelle 1 verwendete Begriff der „Pulvermischung“ deckt sich im Übrigen mit der in der allgemeinen Beschreibung verwendeten Begrifflichkeit: Mit „Pulvermischung“ bezeichnet das Klagepatent wie in Abschnitt [0023] (Seite 3 Zeile 36) eine Mischung aus einem abrasiv eingesetzten Pulver und einem Flussmittel, während eine Mischung mehrerer abrasiv wirkender Pulver ohne Zusatz weiterer Substanzen der zweiten oder dritten Kategorie von der Klagepatentschrift ausschließlich mit dem Begriff „Pulvergemisch“ belegt wird (vgl. Abschnitt [0020], Seite 3 Zeile 26). Nur konsequent ist es in diesem Zusammenhang auch, wenn die Tabelle 1 mit Rückbezug auf die Beispiele I bis VII in der Überschrift und in Spalte 1 von „Pulvermischung“ spricht und damit – wie in Abschnitten [0031] ff. im Einzelnen beschrieben – die Mischung jeweils eines einzigen abrasiven Pulvers mit dem Flussmittel B meint. Nimmt der Fachmann dann noch die Information aus Spalte 2 der Tabelle zur Dichte hinzu, kann für ihn kein Zweifel mehr daran bestehen, dass die Dichte ausschließlich auf das abrasiv wirkende Pulver bezogen ist, obwohl die Tabellenüberschrift etwas missverständlich von der „verwendeten Pulvermischung bzw. deren Dichte“ (Hervorhebung hier) spricht: Die beispielsweise zu Pulvermischung I (abrasives Pulver: Glycin, vgl. Abschnitt [0031]) mit 1,16 g/cm3 angegebene Dichte entspricht exakt der lexikalisch bekannten Dichte des Glycins, wie sich etwa aus dem als Anlage K6 vorgelegten Ausschnitt aus dem „Römpp – Chemielexikon, 9. Auflage“ entnehmen lässt. Der Fachmann, dem dies geläufig ist, erkennt daher, dass die patentgemäße Dichte nach Merkmal 3 nur für das abrasiv wirkende Pulver (erste Kategorie), jedenfalls nicht auch für ein Flussmittel der zweiten Kategorie verlangt wird. Auch für die weiteren Beispiele klärt Abschnitt [0040] im Anschluss an die Tabelle den Fachmann darüber auf, dass die Dichte der verwendbaren Pulver den in herkömmlichen Nachschlagewerken angegebenen Werten entspreche. Dies belegt, dass auch über das Beispiel 1 hinaus die erfindungsgemäß verlangte Dichte nur auf das abrasiv wirkende Mittel bezogen sein kann, nicht jedoch auch auf weitere, dem abrasiven Pulver bzw. dem Gemisch aus abrasiven Pulvern zugesetzte Flussmittel oder andere feinteilige Substanzen wie Geschmacksstoffe bezogen werden darf.
Sollte der Fachmann unter diesen Umständen noch Zweifel daran hegen (was die Kammer nicht erkennen kann), ob ein den Merkmalen 2 und 3 nicht entsprechendes Flussmittel nicht insgesamt eine schädigende abrasive Wirkung auf Zahnwurzeloberflächen zu entfalten droht, wenn es etwa mit einem zu großen Anteil am Mittel für die Pulverstrahlreinigung subgingivaler Zahnhartsubstanz beteiligt ist, wird er durch die allgemeine Beschreibung und die Angaben zu Ausführungsbeispielen eines Besseren belehrt. Jedenfalls aus der Beschreibung erfährt er – wenn es denn nicht schon seinem allgemeinen Fachwissen entspricht -, dass die Beimengung weiterer, sehr feinteilig vorliegender Pulver (zweite Kategorie) oder anderer feinteiliger Substanzen (dritte Kategorie) zu den abrasiv wirkenden Pulvern/Pulvergemischen der ersten Kategorie über eine geringe Menge von maximal 5 Gewichtsprozent, bevorzugt nicht mehr als 0,1 Gewichtsprozent der Gesamtmasse des Pulvers nicht hinausgehen soll (vgl. Abschnitte [0024] und [0025]). Unter diesen Umständen ist offensichtlich ein signifikant abrasiver Effekt der beigemengten Substanzen nicht zu befürchten. Den Vorgaben in Abschnitten [0024] und [0025] entsprechen auch sämtliche Ausführungsbeispiele, bei denen zu jeweils 100 g des abrasiv wirkenden Pulvers eine Menge von maximal 0,9 g des Flussmittels zugegeben wurde (so im Beispiel VI). Jedenfalls die Beschreibung lässt für den Fachmann damit hinreichend deutlich werden, dass es erfindungsgemäß ausschließlich für die abrasiv wirkenden Pulver darauf ankommt, dass ihre Dichte unter 2,0 g/cm3 liegt (Merkmal 3) und dass ihre mittlere Korngröße 45 µm nicht überschreitet (Merkmal 2). Zumindest Flussmittel (allein insoweit bedarf das Klagepatent im Hinblick auf die bestrittene Verwirklichung seiner Merkmale der Auslegung) wie die auch bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene amorphe Kieselsäure müssen den Vorgaben der Merkmale 2 und 3 hingegen nicht entsprechen, wenn sie nicht mit einer Menge von mehr als 5 Gewichtsprozent an der Gesamtmasse der pulverförmigen Bestandteile des Mittels beteiligt sind. Unter „Pulver“ im Sinne der Merkmale 2 und 3 ist damit lediglich das abrasiv wirkende Pulver bzw. sind sämtliche abrasiv wirkenden Pulver zu verstehen, aus denen sich das abrasiv wirkende Pulvergemisch zusammensetzt.
An dieser Stelle soll lediglich angemerkt werden, dass es für die Auslegung des Klagepatents, die sich nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit dem Auslegungsprotokoll zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ am Inhalt der Ansprüche unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen zu orientieren hat, auf Vorgänge im Erteilungs- oder Einspruchsverfahren nicht ankommt. Es kann daher dahin stehen, ob die Klägerin in der Verhandlung vor der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts (EPA) – wie die Beklagten vortragen – die Ansicht vertreten hat, dass nicht nur ein einheitliches Pulver die patentgemäßen Bedingungen von Korngröße und Dichte erfüllen muss, sondern auch jedes einzelne in einem Pulvergemisch enthaltene Pulver, wie sich nach Auffassung der Beklagten aus dem Sitzungsprotokoll (Anlage B1, Seite 2 unter 5.2) ergebe. Anerkannt ist lediglich, dass sich ein Wechsel in der Argumentation des Patentinhabers ausnahmsweise als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben darstellen kann, wenn und soweit der Patentinhaber im Verletzungsprozess auf eine Beschaffenheit der angegriffenen Ausführungsform abstellt, die er im Erteilungs- oder Einspruchsverfahrens noch als nicht patentgemäß bezeichnet hatte. Wäre dies der Fall, änderten sich zwar Auslegungsmaßstäbe und Auslegungsergebnis nicht, der Patentinhaber wäre jedoch unter Umständen nach § 242 BGB an der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Schutzrecht gehindert. Derartiges ist hier jedoch nicht ersichtlich. Die in der Einspruchsverhandlung protokollierte Aussage (vgl. Anlage B1, Seite 2, unter 5.2: „In Bezug auf die Pulver und Pulvergemische argumentierte die Patentinhaberin, dass die Pulver die angegebenen Eigenschaften haben sollten und dass die Pulvergemische sich aus diesen Pulvern zusammensetzten.“) beschreibt vielmehr lediglich den Sachverhalt, dass mehrere Pulver, aus denen sich ein anspruchsgemäßes Pulvergemisch (nach der insoweit stringenten Begrifflichkeit des Klagepatents, anders als eine „Pulvermischung“) zusammensetzt und die für sich genommen eine anspruchsgemäße Dichte und mittlere Korngröße aufweisen, selbstverständlich auch ein Pulvergemisch ergeben, das ebenfalls den Anforderungen an Dichte und mittlere Korngröße genügt. Aussagen zu weiteren feinteiligen Stoffen im Sinne der Unteransprüche 2 und 3 werden damit erkennbar nicht getroffen.

III.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale des erstinstanzlich aufrecht erhaltenen Anspruchs 1 des Klagepatents und ist sinnfällig hergerichtet, zu dem geschützten Zweck, das heißt zur Pulverstrahlreinigung subgingivaler Zahnhartsubstanz, verwendet zu werden (Merkmal 1).
Das Mittel der angegriffenen Ausführungsform besteht, wie zwischen den Parteien im Tatsächlichen nicht umstritten ist, zu 99 Prozent aus Glycin und zu einem Prozent aus amorpher Kieselsäure, die als Pulver im Sinne eines Flussmittels dem Glycinpulver zur schnelleren Förderung des Mittels beigefügt wird. Glycin stellt eine Aminosäure dar (vgl. Anlage K6), wie es Merkmal 4 verlangt. Soweit die Beklagten die Verwirklichung der technischen Lehre in der Klageerwiderung „mit Nichtwissen“ bestritten haben, steht dies einer Verwirklichung des Merkmals 2 nicht entgegen, und zwar ungeachtet der Frage, ob die Beklagten die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform prozessual überhaupt mit Nichtwissen bestreiten durften. Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf Messungen an der angegriffenen Ausführungsform, die nach dem in Fachkreisen anerkannten CILAS-Verfahren durchgeführt wurden (vgl. Anlagen K8 und K9), substantiiert vorgetragen, dass die in der angegriffenen Ausführungsform verwendeten Pulver (Glycin und sonstige Substanzen) insgesamt eine mittlere Korngröße von deutlich unter und damit jedenfalls nicht mehr als 45 µm aufweisen. Dabei sind bei Proben aus verschiedenen Chargen des angegriffenen Produkts mittlere Korngrößen von 34,45 µm (Anlage K8) und 26,80 bzw. 26,96 µm (Anlage K9) ermittelt worden. Selbst wenn man dabei in Rechnung stellt, dass diese Messergebnisse die mittlere Korngröße sämtlicher Pulver und anderer feinteiliger Stoffe, aus denen sich das angegriffene Mittel insgesamt zusammensetzt, wiedergeben, während sich Merkmal 2 allein auf das bei der Herstellung des Mittels verwendete abrasive Pulver als solches bezieht (vgl. die Ausführungen unter II.), ist mit der Klägerin der Schluss gerechtfertigt, dass das in der angegriffenen Ausführungsform zu 99 Prozent enthaltene Glycin auch für sich genommen eine mittlere Korngröße von jedenfalls unter 45 µm aufweisen muss. Dies folgt bereits aus dem mit nur etwa einem Prozent äußerst geringen Anteil an amorpher Kieselsäure und den deutlich unter 45 µm liegenden mittleren Korngrößen, die es als zusammen betrachtet ausgeschlossen erscheinen lassen, dass das Glycinpulver für sich betrachtet eine mittlere Korngröße von mehr als 45 µm hat. Dass die von der Klägerin mit der Replik vorgelegten Messergebnisse diesen Schluss angesichts des nur einprozentigen Anteils der amorphen Kieselsäure am angegriffenen und untersuchten Mittel zulassen, haben die Beklagten mit der Duplik trotz ihrer dortigen Ausführungen zur Verletzungsfrage und in der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt.
Auf der Grundlage des unter II. dargelegten fachmännischen Verständnisses des Merkmals 3, wonach sich die beanspruchte Dichte allein auf das abrasive Pulver bzw. die Pulver bezieht, aus denen sich das abrasiv wirkende Pulvergemisch zusammensetzt, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die angegriffene Ausführungsform auch im Hinblick auf Merkmal 3 sinnfällig zu einer Verwendung im Sinne des Klagepatents hergerichtet ist. Wie die Klägerin durch Vorlage des Lexikonauszugs nach Anlage K6 dargelegt hat und von den Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, weist Glycin eine Dichte von 1,16 g/cm3 und damit nicht mehr als 2,0 g/cm3 auf. Andere abrasiv wirkende Pulver, für die es einer Darlegung der Dichte durch die Klägerin bedurft hätte, enthält die angegriffene Ausführungsform nicht; das mit einem Anteil von etwa einem Prozent enthaltene Flussmittel ist kein Pulver im Sinne des Merkmals 3. Insoweit kann auf die Ausführungen unter II. verwiesen werden.

IV.
Aus der Verletzung des Klagepatents ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.
Da die Beklagten widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet (Art. 64 EPÜ; § 139 Abs. 1 Satz 1 PatG). Die von der Beklagten zu 3) in Deutschland hergestellten und von sämtlichen Beklagten im mittäterschaftlichen Zusammenwirken im Inland angebotenen und vertriebenen Mittel zur Pulverstrahlreinigung von subgingivaler Zahnhartsubstanz sind für die in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellte Verwendung sinnfällig hergerichtet.
Die Beklagten haben der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten (Art. 64 EPÜ; § 139 Abs. 2 PatG). Denn als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für den Offenlegungszeitraum schulden die Beklagten der Klägerin außerdem eine angemessene Entschädigung (Art. II § 1 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG). Die Klägerin kann für Benutzungshandlungen, die von Anspruch 1 des Klagepatents Gebrauch gemacht haben und die in der Zeit vom 19. Januar 2002 (einen Monat nach Veröffentlichung der Anmeldung des Klagepatents) bis einen Monat nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents, also bis zum 22. Dezember 2005, vorgenommen worden sind, eine angemessene Entschädigung verlangen (Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG). Die genaue Entschädigungs- und Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzverpflichtung dem Grund nach hier anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242; 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 140b Abs. 1 und 3 PatG, wobei die Kammer den Antrag zu I. 2. sprachlich dahingehend konkretisiert hat, dass die genannten Angaben nicht lediglich „insbesondere“, sondern abschließend verlangt werden.
Schließlich kann die Klägerin von den Beklagten im tenorierten Umfang die Vorlage von Belegen verlangen. Dieser Anspruch folgt im Hinblick auf die Angaben zu lit. a) und b) unmittelbar aus § 140b PatG (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG GebrMG, 10. Auflage 2006, § 139 PatG Rn. 89a, § 140b PatG Rn. 8). Während sich der Anspruch auf Belegvorlage hinsichtlich der Angaben zu lit. c) bis lit. e) für den Zeitraum ab dem 01. September 2008 unmittelbar aus § 140d Abs. 1 PatG in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 07. Juli 2008 (BGBl. I, S. 1191) ergibt, steht der Klägerin ein solcher Anspruch für die Zeit vor dem 01. September 2008 lediglich ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Umsetzungsfrist der Enforcement-Richtlinie aus § 259 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 6 Abs. 2 der Enforcement-Richtlinie zu. Diese war bis zum 29. April 2006 in nationales Recht umzusetzen. Danach räumen die Mitgliedsstaaten im Falle einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung den zuständigen Gerichten die Möglichkeit ein, in geeigneten Fällen auf Antrag einer Partei die Übermittlung von in der Verfügungsgewalt der gegnerischen Partei befindlichen Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen anzuordnen, soweit der Schutz vertraulicher Informationen gewährleistet ist. Diese Rechtsfolge lässt sich bei richtlinienkonformer Auslegung auch aus § 259 Abs. 1 BGB herleiten. Entsprechend sieht § 140d Abs. 1 PatG in Umsetzung der Enforcement-Richtlinie nunmehr einen Anspruch auf die Vorlage von Belegen ausdrücklich vor.
Gemäß § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG sind die Beklagten zur Vernichtung der patentverletzenden Gegenstände verpflichtet, die sich in Deutschland in ihrem mittelbaren oder unmittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befinden.

V.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung bis zum Abschluss des Einspruchsbeschwerdeverfahrens besteht keine hinreichende Veranlassung.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dass ein Widerruf oder eine Vernichtung eines Patents mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, kann in der Regel dann nicht gesagt werden, wenn die Argumente, auf die der Einspruch oder die Nichtigkeitsklage gestützt werden, bereits im Erteilungsverfahren oder im bisherigen Verlauf des Nichtigkeits- oder Einspruchsverfahrens von den dort tätigen sachkundigen Stellen geprüft und für nicht patenthindernd angesehen worden sind.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht keine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits. Das Klagepatent ist durch die sachkundig besetzte Einspruchsabteilung des EPA mit Entscheidung vom 30. Januar 2008 (Anlage B2) in erster Instanz für schutzfähig in dem hier geltend gemachten Umfang erachtet worden. Es kann auch angesichts der von der Beklagten zu 3) als der einzigen Einsprechenden eingelegten Einspruchsbeschwerde nicht davon gesprochen werden, dass sich die Entscheidung, das Klagepatent im hier geltend gemachten Umfang aufrecht zu erhalten, als unvertretbar darstellen würde. Allein unter diesen Umständen könnte davon gesprochen werden, dass mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf des Klagepatents im Einspruchsbeschwerdeverfahren zu erwarten ist. Sämtliche von den Beklagten vorgebrachten Widerrufsgründe (und zwar sowohl in dem Umfang, in dem sie noch nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Einspruchsentscheidung waren, als auch die von der Einspruchsabteilung bereits geprüften) sind nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit geeignet, einen Widerruf des Klagepatents in der Beschwerdeinstanz zu rechtfertigen. Im Einzelnen:

1.
Mangelnde Offenbarung / fehlende Ausführbarkeit (Art. 100 lit. b) EPÜ)
Einen eigenständigen Widerrufsgrund stellt eine mangelnde Offenbarung nicht dar. Während der Einspruchsgrund des Art. 100 lit. b) EPÜ (fehlende Ausführbarkeit) auf die ausführbare Offenbarung im (erteilten) europäischen Patent abstellt, verlangt Art. 83 EPÜ, dass die Erfindung in der europäischen Patentanmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Allerdings wird Art. 100 lit. b) EPÜ so ausgelegt, dass im Einspruchsverfahren zu prüfen ist, ob bereits die Patentanmeldung (hier Anlage B5, Prioritätsdokument: Anlage B6) die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart hat, dass ein Fachmann sie am Anmeldetag ausführen konnte (vgl. Günzel in Singer/Stauder, EPÜ, 4. Auflage 2007, Art. 100 Rn. 6). Dies legt im vorliegenden Zusammenhang eine gemeinsame Betrachtung beider Aspekte nahe.
Die Beklagten (die hier wie nachfolgend gemeinsam genannt werden sollen, obschon nur die Beklagte zu 3) das Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren führt) vermissen eine Offenbarung sowohl in der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung (Anlage B5) als auch im Prioritätsdokument (Anlage B6), die der im ursprünglich beanspruchten Patentanspruch 1 genannten maximalen Pulverdichte von 2,0 g/cm3 entspricht. Eine Dichte des Pulvers sei in Anspruch 1 der Anlage B5 nicht offenbart. Dort sei nur von einer Dichte „der Pulver“ die Rede. Die sieben als angeblich erfindungsgemäß beschriebenen Beispiele enthielten – so die Beklagten – sämtlich Pulvergemische, die zudem teilweise (und zwar in den Beispielen V und VII) mit einer höheren Dichte (2,16 g/cm3) genannt seien. Auch die Überschriften der Tabelle 1 sowie zu deren Spalte 1 sprächen nur von Pulvermischungen und deren Dichte. Da die Abschnitte [0013] und [0015] der B1-Fassung des Klagepatents, die Pulver und Pulvergemische gleichberechtigt nebeneinander nennen, im Einspruchsverfahren gestrichen wurden, weil die Einspruchsabteilung insoweit von einer fehlenden Offenbarung in der ursprünglichen Anmeldung ausging (vgl. Anlage B2, Seite 9 unter 5.), erfahre der angesprochene Fachmann auch durch sie nicht, ob die beanspruchte Dichte (1.) bei den einzelnen Pulvern, (2.) der gesamten Pulvermischung oder aber (3.) bei den einzelnen Pulvern innerhalb der Pulvermischung vorliegen müsse. Durch die widersprüchlichen Angaben in Tabelle 1 zu den angeblich erfindungsgemäßen Beispielen V und VII könne der Fachmann nicht erkennen, wie er durch Mischung zweier Pulver mit einer Dichte von bis zu 2,0 g/cm3 zu einer Pulvermischung mit insgesamt darüber liegender Dichte gelangen sollte. Mit anderen Worten: Der Fachmann werde in der Anmeldung (Anlage B5) damit konfrontiert, dass die verwendeten Pulver eine Dichte von nicht mehr als 2,0 g/cm3 aufweisen sollen, die Pulvermischungen gleichwohl Dichten von mehr als 2,0 g/cm3 haben können. Das sei nicht ausführbar.
In formeller Hinsicht bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob die Beklagte zu 3) an einer Geltendmachung dieses Einspruchsgrundes im Beschwerdeverfahren nicht schon deshalb gehindert ist, weil sie ihn (unstreitig) nicht bereits vor der Einspruchsabteilung vorgebracht hat. Die Beklagten machen diesen wie den nachfolgend zu behandelnden Einspruchsgrund der unzulässigen Erweiterung (Art. 100 lit. c) EPÜ) ausdrücklich „unter Berufung auf Regel 81 (1) Satz 2 EPÜ 2000“ geltend. Ungeachtet der zeitlichen Frage, ob die vom Verwaltungsrat des EPA am 12. Dezember 2002 angenommene und mit Beschluss vom 07. Dezember 2006 geänderte Ausführungsordnung zum EPÜ 2000 tatsächlich schon (wie von den Beklagten meinen) am 01. Dezember 2007 und nicht erst am 13. Dezember 2007 und damit nach der mündlichen Vorhandlung vor der Einspruchsabteilung (06. Dezember 2007) in Kraft trat, ist auch in inhaltlicher Hinsicht nicht recht nachvollziehbar, was die Beklagten mit ihrer Berufung auf Regel 81 (1) Satz 2 EPÜ 2000 im Hinblick auf die Berücksichtigungsfähigkeit neuer Einwendungen in der Einspruchsbeschwerdeinstanz erreichen wollen. Regel 81 betrifft die „Prüfung des Einspruchs“ durch die Einspruchsabteilung. Nach Regel 81 (1) Satz 2 EPÜ 2000 kann die Einspruchsabteilung neben den vom Einsprechenden geltend gemachten Einspruchsgründen von Amts wegen auch solche Einspruchsgründe prüfen, die von dem Einsprechenden nicht geltend gemacht werden, wenn diese der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegenstehen würden. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der neuen Regel 81 EPÜ 2000 eine Änderung der Spruchpraxis der Beschwerdekammern im Hinblick auf die Zulassung oder Zurückweisung neuer Einspruchsgründe unter Verspätungsgesichtspunkten verbunden sein sollte. Nach bisheriger Spruchpraxis der Beschwerdekammern ist die Einspruchsabteilung nicht verpflichtet, in jedem Fall alle Einspruchsgründe des EPÜ von Amts wegen zu prüfen (Entscheidung der großen Beschwerdekammer, Az. G10/91; Amtsblatt EPA 1993, 420). Nur ausnahmsweise kann die Einspruchsabteilung in Anwendung des Art. 114 EPÜ auch andere Einspruchsgründe prüfen, die prima facie der Aufrechterhaltung des europäischen Patents ganz oder teilweise entgegenzustehen scheinen. Im Beschwerdeverfahren dürfen neue Einspruchsgründe hingegen weiterhin nur mit dem Einverständnis des Patentinhabers geprüft werden; es ist nicht erkennbar, inwiefern die neue Regel 81 EPÜ 2000 daran etwas geändert haben sollte. Da die Klägerin der Zulassung der neuen Einspruchsgründe im Einspruchsbeschwerdeverfahren ausdrücklich widerspricht, wäre die Beklagte zu 3) mit den Einspruchsgründen der fehlenden Ausführbarkeit und der unzulässigen Erweiterung (dazu nachfolgend unter 2.) wegen Verspätung zurückzuweisen. Der vor der mündlichen Verhandlung eingetretene Vertreterwechsel dürfte daran nichts ändern.
Doch auch ungeachtet der formellen Bedenken sind die Einspruchsgründe nicht schlüssig dargetan. Der Fachmann erkennt bei der Lektüre schon der Anmeldung des Klagepatents (Anlage B5), dass sich die Angabe einer bestimmten Dichte auf alle diejenigen Pulver und Pulvergemische gleichermaßen beziehen muss, die eine abrasive Wirkung zeitigen sollen. So erwähnt Anspruch 1 der Anmeldung Pulver und Pulvergemische eingangs völlig gleichberechtigt nebeneinander. Er spricht des Weiteren davon, „die Pulver“ (im Plural) müssten eine Dichte von nicht mehr als 2,0 g/cm3 aufweisen. In gleicher Weise geht Unteranspruch 2 der Anmeldung hinsichtlich der mittleren Korngröße vor. Wie bereits unter II. ausgeführt wurde, entspricht die in Tabelle 1 der Anmeldung zur „Pulvermischung I“ angegebene Dichte exakt der Dichte des dort als abrasives Pulver verwendeten Glycins. Unter diesen Umständen ist nicht anzunehmen, der Fachmann lasse sich dadurch in die Irre leiten, dass in der Anmeldung nicht ausdrücklich auch von einer Dichte des Pulvergemisches die Rede ist, weil sich mit einer Wahl der anspruchsgemäßen Dichte bei den einzelnen Pulvern unschwer auch ein Pulvergemisch mit der beanspruchten Dichte herstellen lässt. Dies ist dem Fachmann geläufig. Dass er für die Pulvergemische mehrere (abrasiv wirkende) Pulver verwenden kann, ist der Beschreibung der Anmeldung (Anlage B5), Seite 5 Zeilen 13/14 ohne Weiteres zu entnehmen, wonach („Selbstverständlich“) auch Pulvergemische aus mindestens zwei Pulvern für den beschriebenen Zweck geeignet sind.
Dass die Tabelle 1 der Anmeldung, die die Beispiele „erfindungsgemäßer Pulvermischungen“ aufgreift, durchweg nur „Pulvermischungen im Sinne des Klagepatentanspruchs“ bezeichne, wie die Beklagten meinen, trifft nicht zu. Wie bereits unter II. ausgeführt wurde, beschreiben die Beispiele durchweg Pulvermischungen bestehend aus jeweils einem abrasiv wirkenden Pulver und einem Flussmittel, was die Klagepatentschrift sprachlich konsequent als „Pulvermischung“ bezeichnet. Mit einem (anspruchsgemäßen) „Pulvergemisch“ meint die Klagepatentschrift hingegen eine Mischung mehrerer abrasiv wirkender Pulver ohne weitere Bestandteile wie Flussmittel oder Geschmacksstoffe. Beispiele V und VII sind nur insoweit nicht erfindungsgemäß, als die Dichte des abrasiv wirkenden Pulvers in beiden Fällen größer als 2,0 g/cm3 ist. Da der Fachmann jedoch schon der Anmeldung entnimmt, dass Pulver im Sinne des Klagepatents nur ein solches ist, das als abrasiv wirksames Pulver eingesetzt wird (vgl. auch Unteranspruch 3 der Anmeldung, Anlage B5), erschließt es sich ihm zugleich, dass die Bezeichnung der Beispiele als „Pulvermischungen“ kein Pulvergemisch im Sinne des Anspruchs meint, sondern eine zusammenfassende Bezeichnung für die Mischung aus einem anspruchsgemäßen (abrasiv wirksamen) Pulver und einem „weiteren feinteiligen Stoff“ (vgl. Unteranspruch 3), etwa einem Flussmittel. Nimmt der Fachmann sodann noch die Anweisung des Anspruchs 1 der Anmeldung ernst, wonach „die Pulver“ eine Dichte von nicht mehr als 2,0 g/cm3 haben sollen, fällt es ihm nicht schwer zu erkennen, dass die Beispiele V und VII mit einer Dichte von 2,16 g/cm3 keine Pulvergemische darstellen können, weil es schlechterdings nicht möglich wäre, mit zwei Pulvern anspruchsgemäßer Dichte ein Pulvergemisch zu bilden, das eine höhere Dichte als 2,0 g/cm3 aufweist.

2.
Unzulässige Erweiterung (Art. 100 lit. c) EPÜ)
Auch hinsichtlich dieses Einspruchsgrundes erscheint es der Kammer zweifelhaft, ob die Beklagte zu 3) an seiner Geltendmachung in der Einspruchsbeschwerdeinstanz nicht bereits aus formalen Gründen gehindert ist. Dies bedarf jedoch an dieser Stelle keiner abschließenden Klärung, weil das Vorbringen der Beklagten eine unzulässige Erweiterung jedenfalls in inhaltlicher Hinsicht nicht mit der hinreichend hohen Wahrscheinlichkeit trägt.
Die Beklagten machen eine Erweiterung des erteilten und aufrecht erhaltenen Patents hinsichtlich des Begriffes „subgingivale Zahnhartsubstanz“ (Anspruch 1) gegenüber dem in der Anmeldung als Verwendungsziel genannten Begriff „Zahnwurzeloberflächen“ (Anlage B5) geltend. Während das unter Verwendung der näher gekennzeichneten Pulver bzw. Pulvergemische hergestellte Mittel nach der Anmeldung für die Pulverstrahlreinigung von „Zahnwurzeloberflächen“ dient, ist es nach dem erteilten Anspruch für die Pulverstrahlreinigung von „subgingivaler Zahnhartsubstanz“ vorgesehen. Eine Erweiterung wäre damit nur dann verbunden, wenn es sich um ein Aliud handeln oder „subgingivale Zahnhartsubstanz“ mehr bezeichnen würde als der Begriff der „Zahnwurzelsubstanz“, wie die Beklagten annehmen. Sie argumentieren unter Bezug auf den in Anlage B4 (Beschwerdebegründung) enthaltenen Wikipedia-Auszug und die dort enthaltene schematische Schnittdarstellung eines Zahnes, „Zahnhartsubstanz“ sei in der Zahnmedizin der gemeinsame Oberbegriff für (1.) den Zahnschmelz, (2.) Dentin (Zahnbein) und (3.) den Wurzelzement. Beansprucht werde mit der erteilten Fassung daher die Verwendung feinkörniger Pulver mit der beanspruchten Dichte zur Herstellung eines Mittels für die Pulverstrahlreinigung von Zahnschmelz, Dentin (Zahnbein) und Wurzelzement, soweit diese Zahnbestandteile subgingival, das heißt unterhalb des Zahnfleischsaumes liegen. Wenn die Anmeldung hingegen nur von „Zahnwurzeloberfläche“ spricht, erfasse sie denjenigen Bereich des Zahnschmelzes nicht, der sich unterhalb des Zahnfleischsaums befindet, während das zahnmedizinische Begriffsverständnis von „subgingivaler Zahnhartsubstanz“ auch diesen Bereich des Zahnschmelzes umfasse. Die Anmeldung beziehe sich mithin konkret nicht auf die in der Skizze nach Wikipedia in Anlage B4 erkennbaren Abschnitte des Zahnschmelzes, die sich unterhalb der beklagtenseits eingefügten Trennlinie zwischen „supragingival“ und „subgingval“ befinden. Die maximale Dichte des Pulvers bzw. der Pulvermischung von 2,0 g/cm3 sei für eine Anwendung zur Pulverstrahlreinigung des subgingivalen Zahnschmelzes daher ursprünglich nicht offenbart, der Schutzbereich insoweit unzulässig erweitert.
Die Beklagten berücksichtigen bei ihrer Argumentation nicht hinreichend den gesamten Offenbarungsgehalt der Anmeldung (Anlage B5), der nicht bei der Formulierung des Anspruchswortlauts stehen bleiben darf. Über den Anspruch hinaus nimmt der Fachmann auch die Beschreibung in den Blick, die ihn auf Seite 3 in Zeilen 11-13 darüber informiert, dass mit der „Reinigung von Zahnwurzeloberflächen“ die „Reinigung subgingivaler Zahnhartsubstanz“ gemeint ist. So formuliert die Beschreibung a.a.O. wörtlich:
„Reinigung von Zahnwurzeloberflächen, d.h. subgingivaler Zahnhartsubstanz“.
Dass es der Anmeldung um die Pulverstrahlreinigung subgingivaler Zahnoberflächen geht, belegt auch Unteranspruch 2 der PCT-Anmeldung, der diesen Terminus anstelle der „Zahnwurzeloberflächen“ in Anspruch 1 verwendet. Ob mit „subgingivaler Zahnhartsubstanz“ ein „Weniger“ gegenüber der Anmeldung erteilt wurde oder ob die verwendeten Begriffe in ihrem Bedeutungsgehalt schlicht gleichgesetzt werden können, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Klärung. Denn jedenfalls handelt es sich bei dem Gegenstand des erteilten Schutzrechts nicht um ein „Mehr“ oder um ein „Aliud“ gegenüber der Anmeldung.
Unter Berücksichtigung der Problemstellung des Klagepatents, die sich daraus ergibt, dass Mittel zur Pulverstrahlreinigung des (vergleichsweise harten, supragingivalen) Zahnschmelzes nicht ohne weiteres für eine Reinigung der (im Vergleich zum supragingivalen Zahnschmelz weniger harten, subgingivalen) Zahnwurzeloberflächen geeignet sind, ist auch unter funktionalen Gesichtspunkten das Anwendungsgebiet „Zahnwurzeloberfläche“ mit dem der „subgingivalen Zahnhartsubstanz“ gleichzusetzen. Für den kleinen subgingivalen Teil des Zahnschmelzes (vgl. die Darstellung bei Wikipedia, in Anlage B4) bedarf es eines besonders schonenden Pulvers für die Pulverstrahlreinigung nicht, da er sich in seiner Härte nicht von dem supragingivalen Zahnschmelz unterscheidet, anders als die Zahnwurzeloberfläche. Der reine Begriffswechsel von der Anmeldung zur erteilten Fassung begründet somit keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs des Klagepatents vorliegt.

3.
Fehlende Neuheit (Artt. 100 lit a); 54 EPÜ)
Vor dem Hintergrund der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 30. Januar 2008 (Anlage B2) besteht keine die Aussetzung rechtfertigende überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Klagepatent im Einspruchsbeschwerdeverfahren mangels Neuheit widerrufen wird. Während die Einspruchsabteilung die Neuheit des erteilten Anspruchs 1 angesichts des nächstkommenden Standes der Technik nach Entgegenhaltung D1 (für die hier als D1c die US 6,126,444, Anlage B7, vorliegt, deren Prioritätsdokument D1a am 22. Juli 1997 veröffentlicht wurde) verneint hat, ist sie sowohl von der Neuheit als auch von der Erfindungshöhe des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 1 ausgegangen. Bei D1 handele es sich – so die Einspruchsabteilung – um den nächstkommenden Stand der Technik, weil diese Entgegenhaltung die gleiche Verwendung betreffe wie das Klagepatent. Dieser Würdigung ist seitens der Kammer nicht entgegenzugetreten. Im Hinblick auf die Entgegenhaltung D1 und den hier allein interessierenden Anspruch 1 in der durch Merkmal 4 eingeschränkten Fassung des Hilfsantrags 1 macht die Beklagte zu 3) auch im Einspruchsbeschwerdeverfahren keine Neuheitsschädlichkeit mehr geltend. Die D1 soll insoweit lediglich in Kombination mit weiteren Entgegenhaltungen der Erfindungshöhe entgegenstehen.
Allerdings vertreten die Beklagten die Auffassung, die GB 2 026 359 A (Entgegenhaltung D2, hier Anlage B9, veröffentlicht am 06. Februar 1980) nehme den Gegenstand des aufrechterhaltenen Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg, obwohl die Einspruchsabteilung dies schon im Hinblick auf den erteilten Anspruch (Merkmale 1 bis 3) verneint hat (vgl. Anlage B2, Seite 6 unter 2.2). Dieser Einschätzung der Beklagten vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung stellt sich vielmehr auch unter allen von den Beklagten angesprochenen Gesichtspunkten als jedenfalls vertretbar dar.
In der Entgegenhaltung D2 wird gemäß der Würdigung durch die Einspruchsabteilung weder das Merkmal 2, mit dem eine maximale mittlere Korngröße von 45 µm festgelegt wird, noch der Verwendungszweck des geschützten Mittels zur Pulverstrahlreinigung von subgingivaler Zahnhartsubstanz (Teil des Merkmals 1) offenbart. Die D2 gibt für die Korngröße auf Seite 5 der Beschreibung in der linken Spalte (Zeilen 15 f.) lediglich einen Partikelgrößenbereich von 15-100 µm an. Insoweit vertreten die Beklagten zwar nach wie vor die Auffassung, dies offenbare zumindest implizit auch eine für Merkmal 2 allein entscheidende mittlere Korngröße von nicht mehr als 45 µm. Dieser Einschätzung hat die Einspruchsabteilung (Anlage B2, Seite 6 unter 2.2 im zweiten Absatz) jedoch eine klare Absage erteilt, wenn sie (a.a.O.) ausführt:
„ (…) vom offenbarten Partikelgrößenbereich 15-100 µm (Seite 5, Spalte 1, Zeile 15-16) kann keinesfalls auf eine eindeutige (implizite) Offenbarung der mittleren Korngröße des Streitpatentes (nicht mehr als 45 µm) geschlossen werden, u.a. da Korngrößenverteilungen über einen Partikelgrößenbereich von sehr unterschiedlicher Natur sein können – keinesfalls liegen z.B. grundsätzlich Gaußsche Normalverteilungen vor – und somit auch die resultierende mittlere Korngröße sich an den unterschiedlichsten Punkten dieses Bereiches befinden kann.“
Dieser sachverständigen Einschätzung ist aus Sicht der Kammer allenfalls hinzuzufügen, dass die D2 die Korngröße ausdrücklich als nicht entscheidend bezeichnet (Seite 5, linke Spalte, Zeile 11: „… the particle size is not critical, …“).
Nicht zu beanstanden erscheint der Kammer auch die Würdigung der Einspruchsabteilung, wonach die D2 dem Fachmann nicht ausreichend deutlich offenbart, dass er das dort vorgeschlagene Mittel zur Pulverstrahlreinigung auch für die Reinigung subgingivaler Zahnhartsubstanz verwenden kann. Neue Aspekte, die in diesem Punkt zu einer abweichenden Beurteilung Anlass geben könnten, haben die Beklagten nicht aufgezeigt. Die D2 erwähnt die Reinigung der Zähne von Zahnstein zwischen den Zähnen und umgebendem weichem Gewebe lediglich in Bezug auf Dokumente aus dem Stand der Technik (so etwa Seite 1, linke Spalte, Zeilen 18-48, insbesondere Zeilen 42-46: „… the calculus deposits tend to accumulate in pockets between the teeth and the surrounding soft tissues“). Im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Reinigungsmethoden spricht die Entgegenhaltung hingegen allgemein von der Entfernung von Plaque und Zahnstein, ohne den Zahnschmelz einer übermäßigen Abrasion auszusetzen (Anlage B9, Seite 1, rechte Spalte, Zeilen 86-90: „… the abrasive and water form a slurry which effectively and quickly removes stains and plaque, without excessive abrasion of the tooth enamel“). Wie die Einspruchsabteilung überzeugend zugrunde gelegt hat, handelt es sich bei „tooth enamel“ nicht um subgingivale Zahnhartsubstanz, sondern um die vergleichsweise harte, oberhalb des Zahnfleischsaums liegende Zahnhartsubstanz, den Zahnschmelz. Dem ist aus Sicht der Kammer nicht entgegenzutreten.
Soweit die Entgegenhaltung D2 von „predontal pockets“ und Bereichen unterhalb des Zahnfleischsaumes („below the gingival margin“) spricht (Anlage B9, Seite 1, rechte Spalte, Zeilen 105-112), rechtfertigt dies keine abweichende Würdigung der Entgegenhaltung. Diese Angaben erfolgen lediglich, um deutlich zu machen, dass die Verwendung wasserlöslichen Pulvers nach der Entgegenhaltung D2 dazu beiträgt, Ablagerungen im (insofern besonders sensiblen) subgingivalen Bereich zu vermeiden. Sie können hingegen nicht als Hinweis darauf angesehen werden, dass das in der D2 vorgeschlagene Pulver für die Pulverstrahlreinigung subgingivaler Zahnhartsubstanz Verwendung finden könnte. Insoweit ist der Ort, wo schädliche Pulverablagerungen vermieden werden sollen (die Zahnfleischtaschen), vom Anwendungsbereich des Pulvers zur Pulverstrahlreinigung, der supragingivalen Zahnhartsubstanz („the tooth enamel“, Seite 1, rechte Spalte, Zeilen 91 f.) strikt zu unterscheiden. Ein direktes Einstrahlen des Pulvers in den subgingivalen Bereich wird in D2 nicht offenbart, da die Entgegenhaltung ausdrücklich die Reinigung „breiter Bereiche des Zahnes“ von Zahnstein betrifft (vgl. Anlage B9, Seite 1, rechte Spalte, Zeilen 69-79: „… fully effective with respect to stain and plaque, and even with very thin layers of salivary calculus on broad areas of the tooth“). Auch dieser Aspekt hat in der Entscheidung der Einspruchsabteilung (Anlage B2, Seite 6, unter 2.2, vierter Absatz) bereits ausdrücklich Berücksichtigung gefunden; ergänzende Ausführungen seitens der Kammer sind nicht veranlasst.
Ausreichende Anhaltspunkte dafür, die D2 könne im Einspruchsbeschwerdeverfahren für neuheitsschädlich erkannt werden, sind damit nicht dargetan.

4.
Fehlende Erfindungshöhe (Artt. 100 lit. a); 56 EPÜ)
Da es sich bei der Entgegenhaltung D1 um den nächstkommenden Stand der Technik handelt (vgl. bereits zu 3.), hängt der Einspruchsgrund fehlender Erfindungshöhe maßgeblich davon ab, ob eine Kombination der D1 (der es an einer Offenbarung des Merkmals 4 fehlt) mit der D2 (Anlage B9), der D4 (Anlage B14), der D5 (Anlage B15) oder der D8 (Anlage B16) den Gegenstand des Klagepatents für den Fachmann nahe legt. Dies ist vor dem Hintergrund der beschränkten Aufrechterhaltung des Klagepatents in der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 30. Januar 2008 (Anlage B2) nicht zu erkennen. Diese Entscheidung ist vielmehr auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Beklagten zu 3) jedenfalls vertretbar.

a)
Ausgehend vom nächsten Stand der Technik, der D1 (Anlage B7), besteht für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt keine Veranlassung, die in Merkmal 4 des Klagepatents genannten und der D2 zu entnehmenden Stoffe als abrasives Pulver bzw. Pulvergemisch zu verwenden. Die D1 verwendet insofern den Stoff C. Auf der Grundlage des vom Klagepatent zu lösenden Problems, ein Pulver bzw. Pulvergemisch bereitzustellen, das eine schonende und zeitsparende Reinigung von subgingivaler Zahnhartsubstanz ermöglicht, erhält der Fachmann aus der Entgegenhaltung D1 selbst keinen Anstoß, den Stoff C durch einen der Stoffe nach Merkmal 4 zu ersetzen.
Zu erwägen wäre dies allenfalls dann, wenn man mit den Beklagten die ausgehend von D1 objektiv zu lösende Aufgabe dahin formulieren wollte, ein Material für das Pulver anzugeben, das sich nach der Behandlung leicht aus dem Mund entfernen lässt bzw. sich im Mund auflöst und nicht in Zahnlücken oder Zahnfleischtaschen zurückbleibt, wie es bei Zellulosepulver zu befürchten ist, und dort ggf. Entzündungen hervorruft; diese objektive Aufgabenstellung formulieren die Beklagten in ihrer Einspruchsbeschwerdeschrift (Anlage B4, Seite 19). Eine derartige Aufgabenstellung findet jedoch keine Grundlage im Klagepatent und beruht ausschließlich auf einer rückschauenden Betrachtung in Kenntnis des auch Merkmal 4 umfassenden Klagepatents. Hinzu tritt der Umstand, dass Merkmal 4 ohnehin nicht auf wasserlösliche Salze beschränkt ist (wie die Einspruchsabteilung im ersten vollständigen Absatz auf Seite 9 der Entscheidung nach Anlage B2 ausdrücklich feststellt), also gar nicht in der Lage wäre, die solchermaßen formulierte Aufgabe zu lösen. Gegen diese von der sachkundig besetzten Einspruchsabteilung vertretene Einschätzung haben die Beklagten nichts Substantielles vorgebracht. Dass nach der Spruchpraxis des EPA nach der objektiven Aufgabe zu suchen ist, die sich aus dem im nächstkommenden Stand der Technik noch nicht bekannten Merkmal ergibt, selbst wenn diese Aufgabenstellung in der Patentschrift ausdrücklich gar nicht als solche genannt wird, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es irgendeinen Anhalt für die objektive Aufgabenstellung in der Patentschrift geben muss. Daran fehlt es hier, denn die Frage der Löslichkeit der verwendeten Pulver im Mund wird an keiner Stelle der Klagepatentschrift auch nur andeutungsweise erwähnt.
Der in Gestalt der Stoffe nach Merkmal 4 gefundenen Alternativlösung zur D1 kann die Erfindungshöhe schon deshalb nicht abgesprochen werden, weil sich die verbesserte Reinigungswirkung mit den geschützten Stoffen gegenüber dem nach der D1 verwendeten Stoff C als unerwartet und überraschend darstellt. Dies ist durch die von der Klägerin im Einspruchsverfahren vorgelegte Versuchsbeschreibung (hier Anlage B13) hinreichend belegt. Diese dokumentiert, dass im Versuch verwendete Rinderzähne durch ein Verfahren unter Verwendung eines C vergleichbaren Zellulosepulvers mit einer mittleren Korngröße von 28,8 µm bestenfalls eine geringfügige Reinigung erfahren haben, während sich unter patentgemäßer Verwendung von Glycin gute Reinigungsergebnisse erzielen ließen. Wie die Einspruchsabteilung festgestellt hat (Anlage B2, Seite 8, erster vollständiger Absatz), ist diese verbesserte Reinigungswirkung als unerwartet anzusehen. Die Beklagten treten den Vergleichsversuchen zwar mit dem Einwand entgegen, die Versuchsbeschreibung sei zum Nachweis vergleichbarer Reinigungsergebnisse „völlig ungeeignet“. Die Klägerin habe nicht ein und denselben Bereich zuerst mit einem C M25 (dem Pulverstoff der D1) vergleichbaren Zellulose-Pulver und sodann noch mit Glycin bestrahlen dürfen, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass nach der Anwendung von C (bzw. einem ähnlichen Pulver) nur noch eine sehr dünne Kontrastschicht vorhanden war, die sodann von Glycinpulver innerhalb kürzester Zeit abgetragen werden konnte. Die Klägerin habe vielmehr – so die Beklagten – verschiedene Bereiche bestrahlen müssen, wie sich aus Anlage S6 des Beschwerdeverfahrens (hier Anlage B12) ergebe. Dieser Einwand überzeugt schon wegen der deutlich differierenden Anwendungszeiten nicht: Wenn nach 20 Sekunden Bestrahlung mit C (bzw. einem ähnlichen Pulver) noch nahezu kein Reinigungseffekt eingetreten ist, sodann aber nach nur 10 Sekunden Glycinpulver-Bestrahlung eine sehr gute Reinigungsleistung beobachtet werden konnte, spricht dies klar gegen die von den Beklagten postulierten Zufälligkeiten. Das als Anlage S6 (hier B12) vorgelegte Dokument kann eine Sachwidrigkeit (Ungeeignetheit) einer Bestrahlung desselben Bereiches schon deshalb nicht belegen, weil es sich mit der Abrasionswirkung von Natriumhydrogencarbonat auf Füllungsmaterialien, nicht auf die Zahnwurzeloberfläche befasst. Dass – wie die Beklagten weiter meinen – durch die Einwirkung des Zellulose-Pulvers und des Wassers der Zahnbelag „aufgeweicht“ worden sei, so dass die anschließende Reinigung mit Glycin problemlos den Restbelag ablösen konnte, überzeugt ebenfalls nicht. Wäre Zahnbelag wasserlöslich und könnte er mittels Wasser „eingeweicht“ werden, ließe sich der Reinigungseffekt auch ohne abrasives Pulver, nur unter Einsatz von Wasser erreichen. Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, dass die von der Einspruchsabteilung herangezogenen Vergleichsuntersuchungen der Klägerin unverwertbar sind, um eine unerwartete Reinigungswirkung des patentgemäßen Glycins zu belegen.
Dem weiteren Argument der Beklagten, eine erfinderische Tätigkeit könne der Kombination von D1 mit der D2 schon deshalb nicht beigemessen werden, weil aus der alternativen Verwendung von Aminosäuren und/oder organischen Säuren sowie deren Salzen kein technischer Effekt resultiere, ist bereits die Einspruchsabteilung entgegengetreten (vgl. Anlage B2, Seite 8, dritter und vierter Absatz). Sie sieht in der Versuchsbeschreibung der Klägerin (hier Anlage B13) einen ausreichend klaren Anhaltspunkt für das Vorliegen eines technischen Effekts, weil auf diese Weise klar gezeigt worden sei, dass eine Pulverstrahlreinigung mit Glycin Verschmutzungen, die das Zellulose-Pulver nicht entfernen konnte, zu beseitigen vermochte. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, weist die Einspruchsabteilung darauf hin (Anlage B2, Seiten 8 und 9 übergreifender Absatz), dass eine Alternativlösung auch ohne einen feststellbaren technischen Effekt erfinderisch im Sinne des Art. 56 EPÜ sein könne, sofern sie nur – wie im vorliegenden Fall – nicht offensichtlich ist.
Es stellt sich damit jedenfalls nicht als unvertretbar dar, der Kombination der D1 mit der D2 mit der Einspruchsabteilung eine ausreichend Erfindungshöhe zuzubilligen. Eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits kann sich auf den Einspruchsgrund fehlender Erfindungshöhe angesichts dieser Kombination nicht stützen.

b)
Entsprechendes gilt für die weiteren Kombinationen der D1 mit den Entgegenhaltungen D4, D5 und D8.
Die Entgegenhaltung D4 (GB 1 480 594, veröffentlicht am 20. Juli 1977, hier Anlage B14) wurde bereits im Erteilungsverfahren des Klagepatents berücksichtigt und ist in dessen Beschreibung gewürdigt (vgl. Abschnitt [0005]). Die in ihr offenbarten Substanzen mögen zwar denen nach Merkmal 4 entsprechen, die D4 enthält jedoch keinerlei Hinweis auf Dichte und/oder Partikelgröße des Pulvers bzw. der Pulvermischung. Auch ist nicht erkennbar, dass das offenbarte Pulver zur Reinigung subgingivaler Zahnhartsubstanz verwendet werden kann, weil auch in der D4 nur auf den Zahnschmelz („tooth enamel“) abgehoben wird.
Die D5 (US 5,538,705, veröffentlicht am 25. Oktober 1994, hier Anlage B15) offenbart allenfalls Mittel, die für die Reinigung im Oralbereich geeignet sind und zum Mundklima „kompatibel“ sind. Als geeignete Anwendungsformen nennt sie allerdings nicht die Pulverstrahlreinigung, sondern nur weit entfernte Anwendungen in Gestalt von Zahnpasta, Mundwasser, Mundspray, Gelen, Kaugummi und Lutschtabletten. Es ist daher nicht ansatzweise erkennbar, weshalb der Fachmann die D5 zur einer Weiterentwicklung der D1 hätte heranziehen sollen.
Gleiches gilt im Ergebnis für die D8 (DE 2 335 762 A2, veröffentlicht am 04. April 1974, hier Anlage B16), die eine Verwendung der Aminosäure Glycocol in Verbindung mit einem pulsierenden Flüssigkeitsstrom zur Beseitigung von Fleckenbelägen offenbart. Glycocol wird hier lediglich in einer in Flüssigkeit gelösten Form, nicht jedoch als Pulver eingesetzt, so dass der Fachmann nicht zur D8 greifen würde, um ein Mittel zur Pulverstrahlreinigung von subgingivaler Zahnhartsubstand (D1) fortzubilden.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz); 100 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf EUR 500.000,00 festgesetzt.