4a O 285/07 – Sortierförderer

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1001

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. Januar 2009, Az. 4a O 285/07

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, letztere zu vollziehen an ihren Geschäftsführern,
zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten und in Verkehr zu bringen einen
A) Sortierförderer mit einer umlaufenden Reihe von Trageinheiten für seitlich kippbare Ablegeschalen,
B) die entlang eines Förder-Chassis an einer Ladestation vorbei bewegt werden, um die zu sortierenden Gegenstände zu empfangen,
C) und an einer Reihe von Entlade- und Empfangsstationen, in denen die Ablegeschalen
D) mittels an beiden Seiten angeordneter Betätigungsarme
E) selektiv zum Kippen gebracht werden, um die Gegenstände zu entladen,
F) wobei die Trageinheiten als Wagen bzw. Wageneinheiten ausgebildet sind,
G) die Führungsteile aufweisen, welche mit einem größeren Abstand voneinander in das Förder-Chassis eingreifen,
H) und wobei die Wagen mit länglichen Antriebsteilen versehen sind, die sich in Vorschubrichtung der Einheiten erstrecken und zum Zusammenwirken mit Linearmotoren ausgelegt sind,
I) welche in feststehenden Positionen längs des Förder-Chassis befestigt sind,
J) wobei die Antriebsteile in Längsrichtung unterhalb des zentralen Bereichs der Wagen angeordnet sind,
K) die Wagen horizontale und vertikale Rollen aufweisen,
L) die an Führungsschienen laufen,
M) und die Wagen Traversen aufweisen,
N) die im Bereich beider Enden mit vertikalen Rollen ausgerüstet sind,
O) wobei die Wagen als einachsige Wagen ausgebildet sind,
P) wobei jeder Wagen an seinem vorderen und rückseitigen Ende mit einer Kupplung zur Verkopplung mit einem benachbarten Wagen versehen ist,
Q) wobei die Kupplungen derart ausgeführt sind, dass eine gegenseitige Drehung der Wagen in allen möglichen Richtungen ermöglicht ist,
R) und wobei die Traversen im Bereich ihrer beiden Enden mit horizontalen Rollen ausgerüstet sind,
S) wobei die horizontalen Rollen jeweils einseitig von innen an den Führungsschienen laufen;

2. der Klägerin über den Umfang der in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung der entsprechenden Belege unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen, Artikelnummern sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote unter Einschluss der Angebotsmengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Angebotszeiten, Angebotspreise sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns,
wobei
– die Angaben zu a) bis d) nur für die Zeit seit dem 12. April 1992 zu machen sind;
– die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 24. März 2000 zu machen sind und
– der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder ihrem Eigentum befindlichen, vorstehend in Ziffer I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten.

II. Es wird festgestellt,

1. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die in Ziffer I. bezeichneten und in der Zeit vom 12. April 1992 bis 23. März 2000 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I. bezeichneten, seit dem 24. März 2000 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,– EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Unternehmen mit Sitz in D., ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 40 90 xxx (Klagepatent), auf dessen Grundlage sie die Beklagte auf Unterlassung, Entschädigung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Vernichtung in Anspruch nimmt. Als zuvor eingetragene Inhaber des Klagepatents weist der Registerauszug eine AX A/S sowie eine AXX A/S aus. Die Klägerin ist im Wege der zweifachen Namensänderung aus den genannten Firmen hervorgegangen.
Das Klagepatent geht auf eine PCT-Anmeldung zurück, die unter dem Aktenzeichen PCT/DK90/00047 am 20. Februar 1990 unter Inanspruchnahme einer dänischen Priorität vom 24. Februar 1989 eingereicht wurde. Die PCT-Anmeldung wurde am 07. September 1990 veröffentlicht, in deutscher Sprache am 12. März 1992 (Anlage K5). Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 24. Februar 2000.
Auf einen unter anderem von der Beklagten eingelegten Einspruch hat das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) mit Beschluss vom 19. Oktober 2004 (Anlage K8) das Klagepatent, nachdem es von der eingetragenen Inhaberin im Einspruchsverfahren beschränkt worden war, gemäß dem Hauptantrag der eingetragenen Patentinhaberin aufrecht erhalten. In dieser Fassung macht die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit eine Verletzung des Klagepatents geltend. Gegen die erstinstanzliche Aufrechterhaltung ist eine Einspruchsbeschwerde unter anderem der Beklagten anhängig, über die das Bundespatentgericht bislang noch nicht entschieden hat.

Das Klagepatent betrifft einen Sortierförderer. Sein Anspruch 1 in der im Einspruchsverfahren aufrecht erhaltenen Fassung lautet wie folgt:

Sortierförderer mit einer umlaufenden Reihe von Trageinheiten für seitlich kippbare Ablegeschalen (6), die entlang eines Förder-Chassis (2) an einer Ladestation vorbei bewegt werden, um die zu sortierenden Gegenstände zu empfangen, und an einer Reihe von Entlade- und Empfangsstationen, in denen die Ablegeschalen mittels an beiden Seiten angeordneten Betätigungsarmen (64) selektiv zum Kippen gebracht werden, um die Gegenstände zu entladen, wobei die Trageinheiten als Wagen bzw. Wageneinheiten ausgebildet sind, die Führungsteile aufweisen, welche mit einem größeren Abstand voneinander in das Förder-Chassis eingreifen, und wobei die Wagen mit länglichen Antriebsteilen versehen sind, die sich in Vorschubrichtung der Einheiten erstrecken und zum Zusammenwirken mit Linearmotoren (26) ausgelegt sind, welche in feststehenden Positionen längs des Förder-Chassis befestigt sind, wobei die Antriebsteile (24) in Längsrichtung unterhalb des zentralen Bereichs der Wagen (4) angeordnet sind, die Wagen (4) horizontale und vertikale Rollen aufweisen, die an Führungsschienen (2) laufen und die Wagen (4) Traversen (8) aufweisen, die im Bereich beider Enden mit vertikalen Rollen ausgerüstet sind,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Wagen (4) als einachsige Wagen ausgebildet sind, dass jeder Wagen (4) an seinem vorderen und rückseitigen Ende mit einer Kupplung (28, 30) zur Verkopplung mit einem benachbarten Wagen (4) versehen ist, wobei die Kupplungen (28, 30) derart ausgeführt sind, dass eine gegenseitige Drehung der Wagen (4) in allen möglichen Richtungen ermöglicht ist und dass die Traversen (8) in Bereich ihrer beiden Enden mit horizontalen Rollen ausgerüstet sind, wobei die horizontalen Rollen jeweils einseitig von innen an den Führungsschienen (2) laufen.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Sortierförderer, wie sie beispielsweise zum Sortieren von Kuriersendungen oder von Gepäckstücken auf Flughäfen eingesetzt werden. Die Beklagte stellt her und vertreibt Sortierförderer mit einer umlaufenden Reihe von Trageinheiten, wie sie in dem als Anlage K12 vorgelegten Prospekt „Sortier- und Verteilsysteme“ beschrieben werden. Mit ihrer vorliegenden Klage wendet sich die Klägerin gegen die mechanischen „BX Sorter“ der Beklagten, die alternativ mit einem 2D-Kippelement und einem 3D-Kippelement angeboten werden. Die angegriffenen Ausführungsformen unterscheiden sich ausschließlich in der Kippmechanik. Während der 2D-Sorter lediglich ein zweidimensionales Kippen in einer Verschwenkebene entlang der Förderrichtung ausführen kann, ermöglicht der Kippmechanismus des 3D-Sorters ein längsorientiertes Ausschleusen des zu sortierenden Transportgutes. Insoweit wird auf die Darstellungen der angegriffenen Ausführungsformen insbesondere auf dem Deckblatt und auf Seite 5 des als Anlage K12 vorliegenden Prospektes der Beklagten verwiesen, die nachfolgend auszugsweise wiedergegeben werden:

Als Anlagenkonvolut K13 hat die Klägerin fotografische Darstellungen eines mechanischen 3D-Sorters der Beklagten vorgelegt, die einen von der Beklagten an die CX GmbH & Co. KG in K. gelieferten Sortierförderer zeigen. Auf diese Fotografien wird ebenfalls Bezug genommen.
Die Betätigung des Kippmechanismus bei den angegriffenen Ausführungsformen erfolgt wie in der europäischen Patentanmeldung 0 525 xxx A1 (Anlage K17, Figur 3.2; so bei dem 3D-BX Sorter) bzw. in der europäischen Patentschrift 0 664 262 B1 (Anlage D, Figur 1; so bei dem 2D-BX Sorter) gezeigt. Auf die genannten Schriften wird wegen der Einzelheiten der technischen Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen jeweils verwiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, sowohl der 2D- als auch der 3D-BX Sorter der Beklagten verwirkliche sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß. Im Einspruchsbeschwerdeverfahren werde sich das Klagepatent als rechtsbeständig erweisen.

Die Klägerin beantragt mit ihrer am 28. Dezember 2007 bei Gericht eingegangenen Klage,
wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, ihr – der Beklagten – nachzulassen, die Zwangsvollstreckung „wegen der Kosten“ gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden,
weiter hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegen das Klagepatent anhängigen Einspruchsbeschwerdeverfahrens BPatG 34 W (pat) 7/05 auszusetzen.

Die Beklagte stellt eine Verletzung des Klagepatents durch die angegriffenen Ausführungsformen in Abrede. Diese verwirklichten die – schon im Antrag als solche bezeichneten – Merkmale D und O nicht. Die Mechanik, mit der bei der angegriffenen Ausführungsform 2D-BX Sorter eine Kippbewegung der Ablegeschalen bewirkt werde und die – unstreitig – der Darstellung in der europäischen Patentschrift 0 664 262 B1 (Anlage D) entspricht, stelle allenfalls „Bedienungsstangen“ oder ein „Schubglied“, nicht jedoch „Betätigungsarme“ im Sinne des Merkmals D dar.
Die Wagen beider angegriffenen Ausführungsformen seien nicht als einachsige Wagen gemäß Merkmal O ausgebildet. Dem stehe entgegen, dass die vertikalen Laufrollen – wie im Tatsächlichen unstreitig ist – nicht unmittelbar auf der Traverse gelagert sind, sondern jeweils an einem Fahrgestellarm, der seinerseits eine Schwenkbewegung um eine vertikale Achse an der Traverse vollführen kann (vgl. insbesondere Bild 4 der Anlage K13). Die Wagen der angegriffenen Ausführungsform seien daher zweiachsig ausgebildet.
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Soweit die Klägerin Ansprüche auf Schadensersatz, Entschädigung, Auskunft und Rechnungslegung aus vermeintlichen Benutzungshandlungen in dem Zeitraum bis zum 31. Dezember 2004 bzw. bis zum 31. Dezember 2003 geltend mache, seien diese verjährt. Da die Parteien in einem engen und unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis stehen und sich nahezu ausnahmslos bei jedem Angebotswettbewerb für Hochleistungs-Sortieranlagen vom Typ mit geschlossenem Kreislauf (Loop Sorter) gegenüber stünden, hätte die Klägerin – so die Beklagte – spätestens seit dem Jahre 1996 Kenntnis davon haben müssen, dass die angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland angeboten werden. Dies sei bereits seit 1994 bzw. 1995 der Fall gewesen. Zudem habe die Klägerin aufgrund von Vorträgen, Messeauftritten und schriftlichen Darstellungen der angegriffenen Ausführungsformen in Fachzeitschriften bereits frühzeitig Kenntnis von diesen haben müssen. Eine etwaige Unkenntnis seitens der Klägerin beruhe daher jedenfalls auf grober Fahrlässigkeit. Darüber hinaus erhebt die Beklagte gestützt auf dieselben vorgetragenen Umstände den Einwand der Verwirkung.
Schließlich werde sich das Klagepatent im Einspruchsbeschwerdeverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen, so dass jedenfalls eine Aussetzung der Verhandlung im Verletzungsrechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Einspruchsverfahrens veranlasst sei. Eine ernsthafte Überprüfung des Gegenstandes des Anspruchs 1 in der beschränkten Fassung habe bislang nicht stattgefunden und der mit der Beschwerdebegründung neu vorgelegte Stand der Technik in Gestalt der neuen Entgegenhaltung D2 (US 4,128,163; hier Anlage C/C1) werde dazu führen, dass es dem Klagepatent auch in der eingeschränkten Fassung an der erforderlichen Erfindungshöhe fehlt. Ein vernünftiges Argument für die Annahme erfinderischer Tätigkeit sei angesichts der Kombination von D1 mit D2, die der Fachmann als eine einheitliche Druckschrift mit der D4 ansehe, ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang sei schließlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin über mehrere Jahre – auch noch in Kenntnis des Beschlusses des DPMA vom 19. Oktober 2004 – zugewartet habe, bis sie die vorliegende Patentverletzungsklage erhoben hat.

Die Klägerin tritt sowohl dem Aussetzungsantrag als auch den Einreden der Verjährung und der Verwirkung entgegen. Eine positive Kenntnis oder eine grob fahrlässige Unkenntnis seitens der Klägerin von den Benutzungshandlungen der Beklagten, wie sie der Verjährungseinwand voraussetze, habe die Beklagte bereits nicht schlüssig dargelegt. Sie – die Klägerin – habe der Beklagten auch zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass sie kein Interesse an einer Verfolgung ihrer Rechte aus dem Klagepatent habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Entschädigung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Vernichtung aus §§ 139 Abs. 1 und 2; 9 Satz 2 Nr. 1; 33 Abs. 1; 140a Abs. 1 Satz 1; 140b Abs. 1 und 3 PatG; §§ 242; 259 BGB zu. Die Einreden der Verjährung und der Verwirkung greifen nicht durch. Für eine Aussetzung der Verhandlung nach § 148 ZPO besteht mangels überwiegender Erfolgsaussichten der Einspruchsbeschwerde keine hinreichende Veranlassung.

I.
Das Klagepatent betrifft einen Sortierförderer desjenigen Typs, der eine ringförmige Reihe seitlich kippbarer Trägerplattformen (Transport- oder Ablegeschalen) enthält, die auf beweglichen Trägern an einer Ladestation vorbeigeleitet werden, wo die zu sortierenden Gegenstände auf die Schalen platziert werden, und die dann weiter an einer Reihe von Entlade- oder Empfangsstationen vorbeigeleitet werden, wo die Schalen selektiv gekippt werden können, um die Gegenstände am gewünschten Ort zu entladen.
Im Stand der Technik werden die Schalen regelmäßig mittels einer Antriebsstation angetrieben, die mit einer Kette zusammenwirkt, an der die Träger der Schalen befestigt sind. An diesem Kettenantrieb kritisiert die Klagepatentschrift (Anlage K6, Spalte 1 Zeilen 21-43; weitere Verweise ohne Zusatz beziehen sich im Folgenden auf die Anlage K6), dass er ein Führungssystem und eine Kette mit jeweils sehr engen Toleranzen verlangt und besondere Anforderungen an die Kettenkonstruktion stellt, wenn die Kette in der Lage sein soll, sich sowohl durch horizontale als auch durch vertikale Kurven zu bewegen. Der der technischen Lehre des Klagepatents nächstkommende Stand der Technik in Gestalt der WO 81/01999 (hier Anlage K10) stellt alternativ zu einem Kettenantrieb auch einen Antrieb mit einem elektrischen Linearmotor zur Verfügung, wie er in dem Ausführungsbeispiel nach Figuren 5 und 6 der Anlage K10 gezeigt ist. Der Antrieb der einzelnen Wagen erfolgt hier durch einen elektrischen Linearmotor, dessen Läufer als Stahlbahn ausgebildet ist, über die sich ein Ständer des Wagens in Längsrichtung hinwegbewegt.

Gegenüber diesem Stand der Technik verfolgt das Klagepatent zum einen die Aufgabe (das technische Problem), einen Sortierförderer mit einer Konstruktion zu schaffen, die es erlaubt, die Wagen leicht auszuwechseln und Wagen beliebiger Länge einzusetzen. Zum anderen sollen die Wagen des vorzuschlagenden Sortierförderers gegenüber dem gattungsbildenden Stand der Technik in besserer Weise auch entlang gewundener und/oder geneigter Abschnitte der Schiene oder des Chassis geführt werden können (vgl. Spalte 1 Zeilen 44-52).

Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt Anspruch 1 in der im Einspruchsverfahren erstinstanzlich aufrecht erhaltenen Fassung die Kombination folgender Merkmale vor, wobei sich die Kammer aus Vereinfachungsgründen die Merkmalsgliederung der Klägerin nach Anlage K11 zu eigen macht:

A) Sortierförderer mit einer umlaufenden Reihe von Trageinheiten für seitlich kippbare Ablegeschalen,
B) die entlang eines Förder-Chassis (2) an einer Ladestation vorbei bewegt werden, um die zu sortierenden Gegenstände zu empfangen,
C) und an einer Reihe von Entlade- und Empfangsstationen, in denen die Ablegeschalen
D) mittels an beiden Seiten angeordneten Betätigungsarmen (64)
E) selektiv zum Kippen gebracht werden, um die Gegenstände zu entladen;
F) wobei die Trageinheiten als Wagen bzw. Wageneinheiten ausgebildet sind,
G) die Führungsteile aufweisen, welche mit einem größeren Abstand voneinander in das Förder-Chassis eingreifen;
H) und wobei die Wagen mit länglichen Antriebsteilen (24) versehen sind, die sich in Vorschubrichtung der Einheiten erstrecken und zum Zusammenwirken mit Linearmotoren (26) ausgelegt sind,
I) welche in feststehenden Positionen längs des Förder-Chassis befestigt sind;
J) wobei die Antriebsteile (24) in Längsrichtung unterhalb des zentralen Bereichs der Wagen (4) angeordnet sind,
K) die Wagen (4) horizontale und vertikale Rollen aufweisen;
L) die an Führungsschienen (2) laufen;
M) und die Wagen (4) Traversen (8) aufweisen,
N) die im Bereich beider Enden mit vertikalen Rollen ausgerüstet sind;
O) wobei die Wagen (4) als einachsige Wagen ausgebildet sind;
P) wobei jeder Wagen (4) an seinem vorderen und rückseitigen Ende mit einer Kupplung (28, 30) zur Verkopplung mit einem benachbarten Wagen (4) versehen ist;
Q) wobei die Kupplungen (28, 30) derart ausgeführt sind, dass eine gegenseitige Drehung der Wagen (4) in allen möglichen Richtungen ermöglicht ist;
R) und wobei die Traversen (8) im Bereich ihrer beiden Enden mit horizontalen Rollen ausgerüstet sind,
S) die jeweils einseitig von innen an den Führungsschienen (2) laufen.

Als Vorteile dieser Lösung hebt es die Klagepatentschrift hervor (vgl. Spalte 1 Zeile 64 bis Spalte 2 Zeile 12), dass die einzelnen Einheiten ohne weiteres so eingesetzt werden können, dass sie Glieder einer Kette bilden, aber die Einheiten als Wagen auf einem Chassis laufen können, das weiter voneinander entfernte Führungsschienen besitzen und das aus diesem Grunde ohne die andernfalls erforderlichen engen Toleranzen ausgelegt werden kann, die für Ketten erforderlich sind, wenn sie ohne Verklemmen, Festfressen oder übermäßige Abnutzung angetrieben werden sollen. Auch hinsichtlich der Längenabmessungen der Wagen können diese mit verhältnismäßig großen Toleranzen gebaut werden. Nach der geschützten technischen Lehre ist es ohne operative Bedeutung, ob die Wagen eine annähernd gleichmäßige Länge besitzen.
Eine Verkopplung der Wagen – so erläutert die Beschreibung weiter – könne sehr einfach erreicht werden, etwa durch eine Kugelgelenkverbindung, die es den gekoppelten Wagen ermöglicht, gegenseitige Drehungen in allen möglichen Richtungen auszuführen, wie es für einen Antrieb durch horizontale oder vertikale Kurven erforderlich ist (Spalte 2 Zeilen 12-31). Bei dergestalt verkoppelten Wagen sei es möglich, dass jeder Wagen nur an seinem vorderen oder rückseitigen Ende mit Laufrädern ausgerüstet ist, während das andere Ende zentral und drehbar mit dem die Räder tragenden Ende des benachbarten Wagens verbunden ist. Hierdurch können die Wagen auch gewundene Abschnitte des Chassis durchfahren, zum Beispiel wenn die Wagen in eine seitlich geneigte Position bewegt werden, wenn horizontale Kurven mit hoher Geschwindigkeit durchlaufen werden sollen.
Schließlich lassen sich die Wagen sehr leicht Stück für Stück entfernen, falls sie ausgewechselt werden müssen, sie können unterschiedliche Länge aufweisen und zu Zügen mit beliebiger Länge zusammengekoppelt werden (Spalte 2 Zeilen 35-39).

II.
Während eine Verwirklichung der Merkmale A bis C, E bis N und P bis S durch die angegriffenen Ausführungsformen zwischen den Parteien unstreitig ist, stellt die Beklagte in Abrede, dass die Merkmale D und O wortsinngemäß (wie von der Klägerin allein angenommen) verwirklicht werden. Insbesondere bedarf es daher näherer Untersuchung, was das Klagepatent unter „an beiden Seiten angeordneten Betätigungsarmen“ (Merkmal D) und unter einem „einachsigen Wagen“ (Merkmal O) versteht.

1.
Merkmal D
Die Beklagte meint, die angegriffenen Ausführungsformen wiesen einen Betätigungsmechanismus auf, der keinen „Betätigungsarm“ im Sinne des Klagepatents darstelle, sondern allenfalls eine „Betätigungsstange“, wie sie in Figur 1 der Klagepatentschrift und in zweifacher Ausführung in deren Figur 2 gezeigt werde. Im Verhandlungstermin hat die Beklagte dies zu Recht nur noch im Hinblick auf den 2D-BX Sorter erörtert. Unter einem Betätigungsarm könne nur ein mechanisches Bauteil bzw. Getriebeelement verstanden werden, das analog zum menschlichen Arm an einem Punkt im Wesentlichen drehbar (schwenkbar) gelagert ist und bei dem an einem anderen Punkt die Einleitung einer Kraft oder eines Weges vorgesehen ist, um in der Regel an einem anderen Punkt des Bauteils eine in der Regel anders gerichtete Kraft bzw. einen Weg (oder ein Moment oder einen Winkel) in ein weiteres Bauteil oder Getriebeteil überzuleiten. Ein Betätigungsarm im Sinne der technischen Lehre müsse eine abwärts und nach außen gerichtete Schwenkbewegung vollführen können, um den Kippvorgang auszulösen, wie dies in Figuren 3 ff. der Klagepatentschrift gezeigt sei.
In diesem engen Verständnis von der technischen Lehre des Klagepatents ist der Beklagten nicht zu folgen. Eine Beschränkung des Betätigungsarms auf einen „Schwenkarm“ im Sinne des in den Figuren 3 ff. dargestellten Ausführungsbeispiels ist nicht gerechtfertigt.
Im Rahmen der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten technischen Lehre sollen die Betätigungsarme gemäß Merkmal D an beiden Seiten der Trageinheiten angeordnet sein. Sie dienen dazu, die Ablegeschalen selektiv zum Kippen zu bringen, um die Gegenstände gezielt an der jeweils gewünschten Entlade- bzw. Empfangsstation zu entladen (vgl. Merkmale C und E, in deren Kontext Merkmal D steht). Bei einem Arm handelt es sich gemeinhin und bei allgemeinem technischem Verständnis um ein längliches, von anderen Bauteilen abstehendes Element. Der Betätigungsarm im Sinne des Klagepatents dient dazu, den erwünschten Kippmechanismus zu betätigen. Klagepatentanspruch 1 verhält sich hingegen nicht darüber, wie der Arm als längliches, abstehendes Element seinerseits betätigt werden soll, um den selektiven Kippvorgang der Ablegeschalen zu bewirken.
Bei der Auslegung, was das Klagepatent unter einem „Betätigungsarm“ versteht, ist ausgehend vom Anspruchswortlaut auf die Beschreibung und die Zeichnungen abzustellen, wobei die allgemeine technische Lehre nicht auf Ausführungsbeispiele, die lediglich besondere technische Ausgestaltungen der allgemeinen Lehre illustrieren sollen, beschränkt werden darf (BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Der Beschreibung des Klagepatents ist eine über dieses generelle technische Verständnis hinausgehende allgemeine Definition des Begriffs des Betätigungsarms, insbesondere der Art und Weise der „Betätigung“ der Arme zur Bewirkung des Kippvorgangs, nicht zu entnehmen. Die Beschreibung, die den Begriff „Betätigungsarm“ an keiner Stelle explizit verwendet, enthält keine Hinweise darauf, dass es für das Vorliegen eines solchen Elements auf eine konkrete Ausgestaltung ankommt.
Die Beschreibung und die Zeichnungen erläutern und zeigen zwei Ausführungsbeispiele, deren erstes in Figuren 1 und 2 in zwei unterschiedlichen Varianten gezeigt wird. Figur 1 enthält als den Kippvorgang bewirkendes Element pro Transportwageneinheit eine Betätigungsstange 20, die am oberen Ende die Trägerplatte 18 aufweist, über ein Schwenklager mit dem Oberteil 16 des Transportwagens 4 verbunden ist (Spalte 3 Zeilen 17-19) und mittig unterhalb des Oberteils 16 nach unten hervorragt (vgl. Figur 1). Durch ein geeignetes seitliches Verschieben der unteren Enden der Betätigungsstangen 20 lassen sich die Ablegeschalen 6 verkippen (Spalte 3 Zeilen 20-22). Die Beschreibung merkt weiter an, dass diese Anordnung der Betätigungsstange 20 in der Praxis gewisse Nachteile aufweise, weshalb es sich bei Figur 1 nur um ein „Anschauungs-Beispiel“ handele (Spalte 3 Zeilen 22-24), während es an anderer Stelle der Beschreibung (Spalte 2 Zeilen 62 f.) heißt, Figur 1 zeige „eine perspektivische Teilansicht eines erfindungsgemäßen Sortierförderers“. Ob Figur 1 angesichts dieser scheinbar widersprüchlichen Beschreibungsstellen nun eine verschlechterte Ausführungsform zeigt, kann dahinstehen, da die unter dem Transportwagen mittig gelegene Betätigungsstange 20 jedenfalls der Anforderung des Merkmals D nicht genügt, dass die Betätigungsarme an beiden Seiten angeordnet sein sollen. Demgegenüber ist die zweite Variante, die in Figur 2 dargestellt wird, verbessert (vgl. Spalte 3 Zeilen 35 ff.). Bei ihr sind die Betätigungsstangen 20, von denen dieses Ausführungsbeispiel tatsächlich zwei pro Wageneinheit aufweist (Figur 2 lässt aus Gründen der perspektivischen Darstellung nur eine erkennen), nicht unterhalb des mittleren Bereiches der Transportwagen 4, sondern paarweise nahe den jeweiligen Seiten der Wagen angeordnet, um die Ablegeschalen 6 in die eine bzw. andere Richtung zu kippen (Spalte 3 Zeilen 39-43). Zumindest die Betätigungsstangen 20 des Ausführungsbeispiels nach Figur 2 stellen Betätigungsarme im Sinne der klagepatentgemäßen Lehre dar; sie sind an beiden Seiten der Trageinheiten angeordnet (Merkmal D) und dienen dazu, die Ablegeschalen an gewünschter Stelle an einer bestimmten Entlade- oder Empfangsstation (Merkmal C) selektiv zum Kippen zu bringen, um die Gegenstände zu entladen (Merkmal E). Der Klagepatentschrift lassen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, aus welchem Grund nicht zumindest die Betätigungsstangen 20 nach Figur 2, wo sie als längliche, von übrigen Bauteilen abstehende Elemente an beiden Seiten der Trageinheiten angeordnet sind, als Betätigungsarme im Sinne der geschützten technischen Lehre anzusehen sind. Dass die Beschreibung zu Figur 2 sie nicht mit dem im Anspruch 1 wiedergegebenen Bezugszeichen „64“ aus den nachstehend zu erörternden Ausführungsbeispielen der Figuren 3 bis 5 (Betätigungsarme 64) belegt, ist für die Auslegung des Patentanspruchs anerkanntermaßen irrelevant. Denn Bezugszeichen im Patentanspruch, beispielsweise Ziffern oder Buchstaben aus einer Zeichnung der Patentschrift, sind kein Hinweis dafür, dass nur die konkreten, im gezeigten Ausführungsbeispiel beschriebenen Baumittel durch das Patent geschützt seien (BGH, GRUR 1963, 563, 564 – Aufhängevorrichtung). Allein ihretwegen darf eine einschränkende Auslegung des Patentanspruchs nicht vorgenommen werden (Benkard/Scharen, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 10. Auflage 2006, § 14 PatG Rn. 16).
Das zweite in der Beschreibung des Klagepatents erläuterte Ausführungsbeispiel gemäß Figuren 3 bis 5 zeigt demgegenüber einen – wie die Beschreibung formuliert – „als Bedienungsarm dienenden Schwenkarm“ (Spalte 3 Zeile 54). Diese Formulierung unterstreicht, dass es sich insoweit um ein weiteres erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel für die Ausgestaltung des patentgemäßen Betätigungsarmes handelt. Die Beschreibung zu Figuren 3 bis 5 verwendet allerdings gleichfalls den Begriff des Betätigungsarmes nicht explizit, sondern spricht insoweit von einem „Bedienungsarm“. Der Klagepatentschrift sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass darunter Unterschiedliches zu verstehen sein sollte. Bedienungs- oder Betätigungsarm ist dasjenige Element des geschützten Sortierförderers, dem die Funktion zukommt, die Kippeinrichtung (die in der Beschreibung zu Figuren 3 bis 5 ab Spalte 3 Zeilen 48 ff. vorrangig beschrieben wird) zu bedienen bzw. zu betätigen. Im Zusammenhang mit beiden Begrifflichkeiten soll es sich jedoch um einen „Arm“ handeln. Der Fachmann erkennt unschwer, dass der Bedienungs- oder Betätigungsarm nicht auf den in Figuren 3 bis 5 dargestellten Schwenkarm reduziert werden darf, denn dieser „dient“ im bevorzugten Ausführungsbeispiel lediglich als Bedienungsarm (Spalte 3 Zeile 54). Auf diese Weise macht die Klagepatentschrift hinreichend deutlich, dass sie den Bedienungsarm (synonym zum allein im Anspruch so genannten Betätigungsarm) unter funktionalen Gesichtspunkten als den Oberbegriff versteht, der praktisch (das heißt in konkret konstruktiver Hinsicht) sowohl als beidseitig angeordnete Betätigungsstange nach Art der zweiten Variante des ersten Beispiels (Figur 2) als auch als Schwenkarm nach Art des zweiten Ausführungsbeispiels (Figuren 3 bis 5) ausgestaltet sein kann. Der Schwenkarm stellt damit lediglich eine alternative Konstruktion gegenüber den beidseitig vorgesehenen Betätigungsstangen nach Figur 2 dar. Keinesfalls kann der anspruchsgemäße Betätigungsarm auf den Schwenkarm nach Maßgabe des zweiten Ausführungsbeispiels beschränkt werden. Wenn die weitere Beschreibung dieses Ausführungsbeispiels sodann nur noch von dem „Schwenkarm 64“ spricht (der als Bedienungsarm dient), erkennt der Fachmann, dass die Figuren 3 bis 5 zwar eine konkrete, gegebenenfalls auch bevorzugte Ausführungsform des Bedienungs- oder Betätigungsarms in Gestalt eines Schwenkarms offenbaren, die allgemeine technische Lehre zur Betätigung des Betätigungsarmes hierauf jedoch nicht beschränkt werden darf. Ein Schwenkarm stellt nur eine Möglichkeit dar, den erfindungsgemäß vorgesehenen Betätigungsarm zu realisieren.
Ein Betätigungsarm im Sinne der geschützten Lehre zum technischen Handeln ist mithin ein längliches, von anderen Bauteilen abstehendes Element, dem die Funktion zukommt, bei Betätigung das Kippen der ihm zugeordneten Ablegeschalen auszulösen. Auf eine Verschwenkbarkeit des Betätigungsarms kommt es hingegen nicht an. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sämtliche in der Klagepatentschrift dargestellten erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiele (sowohl die Betätigungsstange 20 nach Figur 2 als auch der Schwenkarm 64 nach Figuren 3 bis 5) einen Betätigungsarm zeigen, der gegenüber sonstigen Bauteilen der Trageinheiten verschwenkbar ausgestaltet ist, denn nicht nur der Schwenkarm 64 ist (natürlich) in einer besonderen und in Spalte 3 Zeile 49 bis Spalte 6 Zeile 9 der Klagepatentschrift ausführlich beschriebenen Weise schwenkbar, sondern auch die Betätigungsstange 20 nach dem ersten Ausführungsbeispiel ist „über ein Schwenklager mit dem Oberteil 16 verbunden“ (vgl. Spalte 3 Zeilen 18 f.). Die Verschwenkbarkeit eines Betätigungsarms im Sinne des Klagepatentanspruchs zu fordern, fände jedoch keinen hinreichenden Anhaltspunkt im Anspruchswortlaut, der Ausgangspunkt für die Auslegung ist und dessen Wortsinn die Grenze der Auslegung bildet. Im technischen Sinne muss auch ein „Arm“, mittels dessen ein Mechanismus ausgelöst („betätigt“) werden soll, nicht zwingend schwenkbar sein, so dass der Vergleich mit einem menschlichen Arm nicht trägt. Für die erwünschte (mechanische) Betätigung des Kippmechanismus ist es vollkommen ausreichend, wenn ein Bauteil mit dieser Funktion gegenüber anderen Bauteilen der Trageinheiten in geeigneter Weise vorsteht, um die gewünschte Betätigung an gewünschter Stelle auslösen zu können, wenn die Ablegeschalen an einer Reihe von Entlade- und Empfangsstationen vorbei bewegt werden. Mit dem Postulat einer drehbaren Lagerung des Betätigungsarms, über die eine Kraft bzw. ein Weg in ein anderes Element eingeleitet werden kann, verkürzt die Beklagte die technische Lehre in nicht gerechtfertigter Weise (BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung) auf ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel.
Beide angegriffenen Ausführungsformen genügen diesen Anforderungen des Merkmals D an einen patentgemäßen Betätigungsarm.
Bei dem 2D-BX Sorter befinden sich an beiden Seiten der Tragsäule des Kippelements Betätigungsarme, die ein selektives Kippen der Ablegeschalen bewirken können. Diese Betätigungsarme sind in den beiderseits vom Trägergestell abstehenden, die Verriegelungsbolzen 21 tragenden Enden des Schubgliedes 17 zu sehen (vgl. Figur 1 der Anlage D). Da das Klagepatent eine Schwenkbewegung des Betätigungsarmes nicht voraussetzt, ist es nicht gerechtfertigt, in dem Kippmechanismus dieser angegriffenen Ausführungsform mit der Beklagten lediglich ein „reines Schubelement“ realisiert zu sehen, weil die technische Lehre des Klagepatents für eine solche Differenzierung zwischen einem verschwenkbaren oder verschieblichen Element nichts hergibt. Wie der Figur 1 der EP 0 664 262 B1 (Anlage D, isoliert und koloriert auch Anlage E) zu entnehmen ist, gerät zum Zwecke der gewünschten Auslösung des ausschließlich seitlich wirkenden Kippmechanismus einer der beidseitig angeordneten Verriegelungsbolzen (Stößel) 21 mit seinem verdickten Kopf 24 in eine lineare Führung des Grundkörpers 13, eine in seinem Bewegungspfad befindliche Weiche 10. Dies geschieht dann, wenn das Entriegelungsmittel 22 an der vorgesehenen Abgabestelle in den Bewegungspfad des Verriegelungsmittels 11 bewegt ist und den Verriegelungsbolzen 21 von unten anhebt und in eine Entriegelungsposition versetzt. Der Kopf 24 des Verriegelungsbolzens 21 wird sodann von der Weiche 10 formschlüssig horizontal nach außen geführt und nimmt das horizontal verschiebliche Schubglied 17 in derselben Richtung mit. Da mit dem Schubglied 17 das untere Ende der Tragsäule 9, die ihrerseits im Drehpunkt 5 drehbar gelagert ist, verbunden ist, wird die Tragsäule 9 und mit ihr das Tragelement 6 in der gewünschten Weise zu einer der Seiten geneigt (vgl. die strichpunktiert angedeutete Verschwenkung in Anlage E, die allerdings nur bei einer Verschiebung des Schubgliedes 17 nach rechts eintritt, die zeichnerisch in Figur 1 der EP 0 664 262 B1 nach Anlage D nicht dargestellt ist). Dieser Betätigungsmechanismus rechtfertigt es, in den im Schubglied 17 beidseitig jeweils vertikal geführten Verriegelungsbolzen 21 in Verbindung mit den sie tragenden Querführungen des Schubgliedes 17 (das heißt den beidseitig horizontal vorstehenden Enden des Schubgliedes 17) Betätigungsarme im Sinne des Klagepatents zu sehen.
Auch der 3D-BX Sorter, dessen Kippmechanismus sowohl in der schematischen Darstellung in Anlage K12 (Seite 5 unten, Mitte) als auch in der europäischen Patentanmeldung 0 525 xxx A1 (Anlage K17, insbesondere Figuren 3.2 und 5) dargestellt ist, verwirklicht Merkmal D. Die Schwenkbewegung der Ablegeschale (der Tragfläche 3) wird durch einen Hebel 30 ausgelöst, der an einer horizontalen Schwenkachse 31 angelenkt ist. Mit seinem seitlich vorstehenden freien Ende, an dem die Rolle 32 angebracht ist, gelangt der Hebel 30 in eine an der gewünschten Abgabestation aktivierbare Zwangsführung, fährt auf eine Rampe auf, wird um die Schwenkachse 31 hochgeschwenkt und entriegelt das Verriegelungsmittel 29 (vgl. Anlage K17, Seite 9 Zeilen 31-36). Unstreitig weist diese angegriffene Ausführungsform auf beiden Seiten des Kippförderelementes einen Hebel 30 auf, der beiderseits der Förderstrecke an einer Abgabestation zwecks Entriegelung des Entriegelungsmittels betätigt werden kann (vgl. Anlage K17, Seite 9 Zeilen 36-39). Selbst wenn man mit der Beklagten eine Schwenkbewegung eines patentgemäßen Betätigungselements fordern wollte, entspräche die angegriffene Ausführungsform 3D-BX Sorter den Anforderungen des Merkmals D.

2.
Merkmal O
Nach Merkmal O sollen die Wagen des geschützten Sortierförderers als einachsige Wagen ausgebildet sein. Hierunter sind aus fachmännischer Sicht solche Wagen zu verstehen, bei denen sämtliche vertikalen Rollen (Laufrollen) bei einer Seitenansicht des Wagens in Bezug auf die Bewegungsrichtung im Wesentlichen auf gleicher Höhe vorgesehen sind.
Die Beklagte meint hingegen, der in Merkmal O enthaltene Begriff der „Achse“ dürfe nicht mit „Traverse“ im Sinne des Merkmals M gleichgesetzt werden. Der Begriff der Achse sei in technischer Hinsicht im Bereich des Maschinenbaus eindeutig definiert und dahingehend zu verstehen, dass es sich um ein Maschinenelement handele, das zum Tragen und Lagern von Rädern und Rollen dient. In diesem Sinne dürften die Rollen der Wagen nur auf einer Achse gelagert sein. Die angegriffenen Ausführungsformen lagerten die vertikalen Rollen jedoch auf voneinander getrennten „Achsen“. Wie sich Bild 4 der Anlage K13 entnehmen lässt, sind die Rollen 10 nicht unmittelbar auf der Traverse befestigt, sondern in einem seinerseits um eine vertikale Schwenkachse drehbaren Element gelagert. Dieses Element kann mithin um seine vertikale Schwenkachse eine Bewegung vollführen, die im Betrieb dazu führt, dass sich die „Achsen“ der vertikalen Laufrollen bei Kurvenfahrt zueinander verschieben und nicht mehr deckungsgleich sind. Zur Veranschaulichung kann insoweit auf Blatt 2 der Anlage I der Beklagten verwiesen werden, die dies anschaulich macht. In tatsächlicher Hinsicht ist die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen, die sich im Hinblick auf Merkmal O nicht voneinander unterscheiden, zwischen den Parteien unstreitig.
Dem von der Beklagten vertretenen Verständnis des Merkmals O ist nicht zu folgen. Dabei kann zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass sich ihr Rückgriff auf das allgemeine maschinenbautechnische Verständnis (tatsächliche Lagerung der Rollen auf einer „Drehachse“) nur auf die vertikalen Laufrollen 10, nicht jedoch auch auf die horizontalen Stütz- und Führungsrollen 11 bezieht. Würde man die von Merkmal K ebenfalls vorausgesetzten horizontalen Rollen von diesem Verständnis nicht ausklammern, müssten sich Merkmale K und O gegenseitig ausschließen, weil die „Drehachsen“ (im maschinenbautechnischen Sinne) der vertikalen und der horizontalen Rollen zwingend verschieden sein müssen. Für das zutreffende Verständnis der technischen Lehre des Klagepatents entscheidend ist jedoch nicht ein allgemeines maschinenbautechnisches Verständnis einer „Achse“, wenngleich dieses auch den Ausgangspunkt des fachmännischen Herangehens an das Klagepatent darstellen mag, sondern das sich aus der Klagepatentschrift selbst ergebende Verständnis, und zwar unter Berücksichtigung der Beschreibung, der Zeichnungen und – unter funktionalen Gesichtspunkten – der vom Klagepatent verfolgten Vorteile gegenüber dem Stand der Technik.
Merkmal O ist in Zusammenhang mit den Merkmalen P und Q zu lesen, denn diese Merkmale realisieren im Zusammenwirken die erfindungsgemäß angestrebte streckenführungsunabhängige Einsatzfähigkeit, insbesondere Kurvengängigkeit, der Sortierförderanordnung, die das Klagepatent im Stand der Technik vermisst. Der nächstkommende Stand der Technik in Gestalt der WO 81/01999 (Anlage K10) schützt einen Verteilförderer für Stückgut mit Wagen, deren Räder 6 beidseitig auf einer Mehrzahl von Achsen hintereinander angeordnet sind (vgl. Anlage K10, Figuren 1, 2, 3 und 5). Die Räder sind an den Enden zweier Traversen angeordnet, die sich am vorderen und am hinteren Ende des Wagens befinden und sich quer zur Bewegungsrichtung erstrecken. Gegenüber diesem Stand der Technik will das Klagepatent einen Sortierförderer mit einer Konstruktion vorschlagen, die es erlaubt, die Wagen leicht auszuwechseln und Wagen beliebiger Länge einzusetzen (Spalte 1 Zeilen 44-48). Außerdem soll der vorgeschlagene Sortierförderer dahingehend verbessert sein, dass die Wagen entlang gewundener und/oder geneigter Abschnitte der Schiene oder des Chassis geführt werden können (Spalte 1 Zeilen 49-52).
Im Zusammenhang der Vorteilsangaben zur technischen Lehre hebt die Beschreibung hervor (Spalte 2 Zeilen 15 ff.), dass die durch Merkmale P und Q beschriebene Koppelbarkeit der Wagen untereinander den Vorteil bietet, bei verkoppelten Wagen jeden einzelnen nur an einem, das heißt seinem vorderen oder rückseitigen Ende mit Laufrädern ausrüsten zu müssen, während das andere Ende zentral und drehbar mit dem die Räder tragenden Ende des benachbarten Wagens verbunden ist (Spalte 2 Zeilen 22-27). Dies ist wichtig für den Antrieb durch horizontale und/oder vertikale Kurven (Spalte 2 Zeilen 20 f.). Damit verbindet sich der in der Beschreibung ausdrücklich hervorgehobene Vorteil, dass die Wagen auch durch gewundene Abschnitte des Chassis hindurch passieren können (Spalte 2 Zeilen 27 ff.). Der Fachmann auf dem Gebiet des Klagepatents erkennt, dass auf diese Weise (d.h. durch die Koppelbarkeit und die einachsige Ausbildung der Wagen) die Kurvengängigkeit der Wagen verbessert wird, wobei die Einzelmaßnahmen nach Merkmalen O, P und Q gemeinsam zu betrachten sind. Gerade dadurch, dass jeder Wagen an seinem vorderen und rückseitigen Ende mit einer Kupplung zur Verkopplung mit einem benachbarten Wagen versehen ist (Merkmal P), wird an einem Ende des Wagens eine eigene Achse (Traverse) mit Laufrollen entbehrlich. Denn der Wagen kann sich mit diesem Ende, das keine Achse (Traverse) mit Laufrollen aufweist, mittels der Kupplung auf dem benachbarten Wagen „abstützen“, und zwar auf dem Ende dieses Wagens, an dem sich dessen Achse mit Laufrädern befindet. Auf diese Weise reduziert sich die Zahl der Achsen von im Stand der Technik zweien auf eine. Dadurch, dass die Kupplungen anspruchsgemäß eine gegenseitige Drehung der Wagen in allen möglichen Richtungen gestatten sollen (Merkmal Q), wird die Kurvengängigkeit des Wagenverbundes weiter verbessert. Es erschließt sich dem Fachmann daraus unschwer, dass in diesem Zusammenhang auch der Verzicht auf eine der beiden aus dem nächstkommenden Stand der Technik (Anlage K10) bekannten Traversen zu sehen ist, den Merkmal O mit einer Ausbildung der Wagen „als einachsige Wagen“ beschreibt.
Merkmal O des Klagepatents ist daher vor dem Hintergrund des vom Klagepatent verfolgten Vorteils und aufgrund des Zusammenhangs mit den Merkmalen P und Q dahin zu verstehen, dass der Wagen nur an seinem vorderen oder hinteren Ende mit Laufrollen versehen sein soll, die sich notwendigerweise an den seitlichen Enden einer Traverse befinden müssen, wie sie in Merkmal M erwähnt ist (wohl nur mit Rücksicht auf den nächstkommenden Stand der Technik im Plural, „Traversen“). Unabhängig von einem maschinenbautechnischen Verständnis einer Achse muss der Wagen in der Seitenansicht sämtliche vertikalen Rollen (wie sie im vorangehenden Merkmal N genannt sind) optisch „hintereinander“, also bezogen auf die Bewegungsrichtung auf annähernd gleicher Höhe nebeneinander angeordnet aufweisen, was Merkmal O zusammenfassend als „Einachsigkeit“ beschreibt. Dem Fachmann auf dem Gebiet des Klagepatents erschließt sich dies in Abgrenzung zum Stand der Technik ohne Weiteres, so dass der von der Beklagten hervorgehobene Aspekt der Rechtssicherheit keine andere Auslegung gebietet.
Bei den angegriffenen Ausführungsformen liegen sämtliche vertikalen Rollen bei der Seitenansicht des Wagens in Bezug auf die Bewegungsrichtung im Wesentlichen auf gleicher Höhe. Beide bei ihnen pro Wagen vorhandenen vertikalen Rollen sind vermittels eines ihnen zugeordneten Trägerelements auf ein und derselben Traverse angeordnet, wie Bild 4 der Anlage K13 erkennen lässt. Eine durch die Anordnung der Rollen auf gesonderten, gegenüber der Traverse individuell um eine vertikale Achse drehbaren Elementen bei Kurvenfahrt entstehende „Mehrachsigkeit“ (vgl. die zeichnerische Darstellung in Anlage I, Blatt 2) führt aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht hinaus, sondern stellt lediglich eine auf dessen technischer Lehre beruhende Weiterentwicklung dar. Sie steht der Verwirklichung des Merkmals O jedoch nicht entgegen. Denn mit Merkmal O will sich dieses lediglich gegenüber der Mehrachsigkeit gemäß dem Stand der Technik (eine durch eine Traverse gebildete Achse vorne am Wagen, eine weitere hinten am Wagen) abgrenzen.

III.
Aus der Verwirklichung der technischen Lehre ergeben sich, da die Beklagte zur Benutzung des Klagepatents nicht berechtigt ist (§ 9 Satz 2 Nr. 1 PatG), die tenorierten Rechtsfolgen. Da die Beklagte widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht hat, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet (§ 139 Abs. 1 PatG).
Die Beklagte hat der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten (§ 139 Abs. 2 PatG). Denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für den Offenlegungszeitraum schuldet die Beklagte der Klägerin außerdem eine angemessene Entschädigung (§ 33 Abs. 1 PatG).
Die genaue Entschädigungs- und Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach hier anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242; 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 140b PatG. Die nach Absatz 3 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Auskunft und Rechnungslegung vorzunehmen sind. Dabei umfasst der Anspruch der Klägerin auch die Vorlage von Belegen, beispielsweise in Form von Bestellungen und Rechnungen, § 140d PatG.
Gemäß § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG ist die Beklagte zur Vernichtung der patentverletzenden Gegenstände verpflichtet.

IV.
Die von der Beklagten erhobenen Einreden der Verjährung (§ 141 Satz 1 PatG in Verbindung mit §§ 214 Abs. 1; 195; 199 Abs. 1 BGB) und der Verwirkung (§ 242 BGB) greifen nicht durch.

1.
Die von der Beklagten für die Ansprüche auf Entschädigung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung erhobene Einrede der Verjährung (gegen den Unterlassungsanspruch richtet sie sich richtigerweise nicht, da die Beklagte selbst nicht vorträgt, die Verletzungshandlungen spätestens mit Beginn des nichtverjährten Zeitraums vollständig eingestellt zu haben) steht ihr nicht zu. Die Beklagte hat die subjektiven Voraussetzungen der Verjährung im Hinblick auf den Beginn der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nicht schlüssig dargelegt.
Gemäß §§ 195; 199 Abs. 1 BGB beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Die den Anspruch begründenden Umstände stellen diejenigen Tatsachen dar, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Bei den mit der Klage geltend gemachten Ansprüchen wegen Verletzung des Klagepatents durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Sortierförderer 2D- und 3D-BX Sorter durch die Beklagte entscheidet daher Kenntnis oder auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis seitens der Klägerin bezüglich der Verwirklichung sämtlicher Merkmale des Klagepatents durch die angegriffenen Ausführungsformen über den Erfolg der Verjährungseinrede. Im Falle der Klägerin als juristischer Person ist für die Frage der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis grundsätzlich auf das Organ abzustellen, dem die Vertretung im Prozess obliegt (MüKoBGB/Grothe, 5. Auflage 2006, § 199 Rn. 31). Allerdings muss sich ein arbeitsteilig organisiertes Unternehmen wie die Klägerin das Wissen oder grob fahrlässige Nichtwissen derjenigen Personen zurechnen lassen, die unternehmensintern mit der Erledigung bestimmter Aufgaben betraut sind und von denen bei ordnungsgemäßer Organisation der unternehmensinternen Kommunikation eine Information des Vertretungsorgans erwartet werde kann (MüKoBGB/Grothe, a.a.O., § 199 Rn. 31). Für die Frage der Kenntniserlangung ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem ein nach der betrieblichen Organisation im Allgemeinen zur Entgegennahme entsprechender Informationen zuständiger Sachbearbeiter Kenntnis gewonnen hat oder gewonnen hätte. Eine spezifische innerbetriebliche Zuständigkeit gerade zur Bearbeitung des gegebenen Falls ist hingegen nicht vorauszusetzen (MüKoBGB/Grothe, a.a.O., § 199 Rn. 34).
Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt (wie der entsprechende Terminus bei § 852 Abs. 1 BGB a.F.) voraus, dass der Gläubiger die tatsächlichen Umstände kennt, die etwa eine schuldhafte Pflichtverletzung (bzw. hier eine Verletzung des Klagepatents) als naheliegend und eine darauf gestützte Klage mithin als so aussichtsreich erscheinen lassen, dass dem Gläubiger die Klageerhebung zugemutet werden kann (BGH, NJW 2008, 830, 833). Die von der Beklagten erstmals in der Replik vorgetragenen Umstände lassen den Schluss, die bei der Klägerin mit der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Klagepatent betrauten Personen hätten vor dem 31. Dezember 2003 (die vorliegende Klage ging am 28. Dezember 2007 bei Gericht ein, so dass eine erst mit dem Schluss des Jahres 2004 beginnende dreijährige Verjährungsfrist gehemmt worden wäre, §§ 204 Abs. 1 Nr. 1; 209 BGB) von den Verletzungshandlungen der Beklagten positive Kenntnis erlangt, nicht zu. Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass die Klägerin die patentgemäße, sämtliche Merkmale des Klagepatents wortsinngemäß verwirklichende Ausgestaltung der beiden angegriffenen Ausführungsformen positiv gekannt haben muss. Soweit sich die Beklagte zur Begründung positiver Kenntnis der Klägerin darauf beruft, sie – die Beklagte – habe seit 1994 bzw. 1995 bis Ende des Jahres 2003 international über 80 Anlagen mit Kippschalensortern ausgeliefert, und zwar auch an gemeinsame Kunden der Parteien in Deutschland, erlaubt dies nicht die Annahme, die Klägerin habe davon positive Kenntnis erlangt. Es ist nicht allgemein davon auszugehen, dass Mitbewerber vom Inhalt konkurrierender Angebote auch hinsichtlich der näheren technischen Ausgestaltung der angebotenen Vorrichtung Kenntnis erlangen. Üblicherweise sind die Konkurrenzangebote den Mitbewerbern nicht frei zugänglich; dass dies bei einzelnen Angeboten der angegriffenen Vorrichtungen in Deutschland im Einzelfall anders gewesen sei, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
Gleiches gilt im Hinblick auf Anlagen der Beklagten, die bei Kunden aufgestellt sind, an die auch die Klägerin ihre Sortierförderer geliefert haben mag. Die Klägerin hat bereits in der mündlichen Verhandlung bestritten, dass ihr Wartungspersonal Zugang zu den Anlagen der Beklagten bei gemeinsamen Kunden habe, was einer positiven Kenntnis von der Ausgestaltung der Konkurrenzprodukte bereits entgegensteht. Die Beklagte hat ihren Vortrag in der Replik zur Frage eines „wechselseitigen Zutritts“ nicht unter Beweis gestellt, so dass dahinstehen kann, ob auch die Wartungsmitarbeiter der Klägerin intern gehalten sind, Konkurrenzprodukte in Augenschein zu nehmen und über sie zu berichten.
Inwieweit sich aus der von der Beklagten vorgetragenen Zusammenarbeit der Parteien gegen Patentanmeldungen Dritter eine positive Kenntnis der Patentanmeldung EP 0 525 xxx A1 der Beklagten (Anlage K17, betreffend den 3D-BX Sorter) bei der Klägerin bzw. den maßgeblichen Mitarbeitern der Klägerin ergeben soll, hat die Beklagte nicht schlüssig dargelegt. So lässt sich ihrem Vorbringen in der Replik schon nicht entnehmen, dass einem Mitarbeiter der Klägerin diese Patentanmeldung zugänglich gemacht worden sei; selbst wenn dem jedoch so sein sollte, versteht es sich nicht von selbst, dass die Beklagte eine der Patentanmeldung entsprechende Vorrichtung tatsächlich auch in Deutschland herstellt, anbietet und vertreibt. Den Schluss auf eine positive Kenntnis seitens der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen lässt dies daher nicht zu.
Soweit die Beklagte auf Veröffentlichungen ihrer Mitarbeiter in Fachzeitschriften verweist, in denen der „DX-Sorter“ bekannt gemacht worden sei (etwa Anlage M), würde eine dadurch begründete Kenntnis auf Seiten der Klägerin nicht nur voraussetzen, dass die Publikation die Verwirklichung sämtlicher Merkmale des Klagepatents durch die beschriebene Vorrichtung hinreichend deutlich erkennen lässt, sondern auch dass die maßgeblichen Mitarbeiter auf Seiten der Klägerin den Artikel tatsächlich zur Kenntnis genommen haben. Dem Vortrag der Beklagten, die für die Voraussetzungen der Verjährungseinrede darlegungs- und beweisbelastet ist, lassen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, weshalb die relevanten Mitarbeiter der Klägerin den Aufsatz tatsächlich zur Kenntnis genommen haben sollten.
Gleiches gilt für die Darstellung des angegriffenen 3D-Sorters in der Unterlage gemäß Anlage N, die die Beklagte auf der Fachmesse „IHSE (International Handling & Storage Exhibition)“ 1997 in B. verteilt habe. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz bestritten hat, sie bzw. ihre Vorgängerin AX A/S sei auf dieser Messe überhaupt vertreten gewesen, hätte die Beklagte zum Beleg positiver Kenntnis seitens der Klägerin darlegen und unter Beweis stellen müssen, dass Mitarbeiter der Klägerin, die mit der Verfolgung von Verletzungen des Klagepatents betraut sind, die angegriffene Ausführungsform mit allen ihren das Klagepatent verletzenden Einzelheiten zur Kenntnis genommen haben. An derartigem Vortrag fehlt es ebenso wie an entsprechenden Beweisantritten der Beklagten.
Hinsichtlich eines weiteren Zusammentreffens der Parteien auf einer Messe hat die Beklagte auf die Messe „Post Tech 1995“ im Oktober 1995 in S. verwiesen, auf der der streitgegenständliche „2D-Kippsorter“ ausgestellt worden sei. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass sie in Wahrheit den in Anlage P erkennbaren 3D-Kippsorter meint, lässt dies nicht den Schluss zu, mit der Verfolgung von Patentverletzungen betraute Mitarbeiter der Klägerin hätten diese Vorrichtung in allen ihren das Klagepatent verletzenden Einzelheiten zur Kenntnis genommen. Ungeachtet der Frage, ob die auf der Messe anwesenden Mitarbeiter der Klägerin nach der internen Aufgabenverteilung bei der Klägerin für die Verfolgung von Patentverletzungen zuständig waren, was die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz bestritten hat, ist aus dem Vorbringen der Beklagten auch nicht ersichtlich, inwiefern anhand der auf der Messe ausgestellten Modelle (vgl. Anlagen P und R; die Abbildung Q gibt nur das ausgestellte Sortermodell als solches wieder) die Verwirklichung sämtlicher Merkmals ersichtlich sein sollte. Dies begegnet insbesondere im Hinblick auf die Merkmale K, R und S (Rollen) einerseits und Merkmale P und Q (Kupplung) andererseits Bedenken. Für die Klägerin müsste anhand der ausgestellten Vorrichtungen mit der für eine zumutbare Klageerhebung erforderlichen Sicherheit ersichtlich gewesen sein, dass die Wagen an den Enden der Traverse nicht nur vertikale (Lauf-) Rollen, sondern auch horizontale (Führungs- oder Stütz-) Rollen aufweisen, die jeweils einseitig von innen an den Führungsschienen laufen. Selbst der Wagen in der Abbildung nach Anlage Q lässt Letzteres nicht erkennen; inwieweit dies bei den gemäß Anlagen P und R ausgestellten Modellen der Fall gewesen sein sollte, bei dem der Wagen mit dem die Rollen aufweisenden Ende anders als bei Anlage Q nicht am Ende der quer geschnittenen Führungsschienen dargestellt ist, erscheint aufgrund des Vortrags der Beklagten nicht schlüssig.
Soweit die Beklagte schließlich auf wissenschaftliche Tagungen wie die Tagung „Sorter im logistischen Prozess“, K., 24. September 2003 (Anlage S), verweist, auf der ihr Mitarbeiter Dr. E einen Vortrag über die „Bedeutung der Endstellen an Hochleistungssortern“ gehalten und einen Kippschalensorter der hier angegriffenen Art im Querschnitt gezeigt habe, ist klägerseits bestritten worden, dass Letzteres geschehen sei. Die Klägerin stellt in Abrede, dass auf dieser Tagung ein „Querschnitt durch einen Kippschalensorter (…) einschließlich der interessierenden Kippelemente, so wie sie nunmehr den Klagegrund bilden“, gezeigt worden sei. Der von der Beklagten zum Beweis ihrer Behauptung allein vorgelegten Anlage S lässt sich dies nicht entnehmen, da auch der in Bild 3 der Anlage S (letztes Blatt) gezeigte Kippschalensorter eine mechanische Betätigung des Kippmechanismus mittels an beiden Seiten angeordneter Betätigungsarme (Merkmal D) nicht erkennen lässt. Eine Kenntnis sämtlicher die Ansprüche wegen Patentverletzung begründenden Umstände hat die Beklagte daher auch mit diesem Vortrag nicht schlüssig belegt.
Das Vorbringen der Beklagten lässt auch nicht den Schluss zu, die Klägerin habe sich aufgrund grober Fahrlässigkeit in Unkenntnis über die Patentverletzung befunden. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis lediglich deshalb fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder dasjenige nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 141 PatG Rn. 5; vgl. zuletzt auch BGH, WM 2008, 2155). Dem Anspruchsinhaber müssen sich die anspruchsbegründenden Umstände im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB förmlich aufgedrängt haben und er darf die Kenntnis auch nicht aus leicht verfügbaren Informationsquellen haben gewinnen können, die er nicht genutzt hat (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Auflage 2009, § 199 Rn. 36). Dabei ist der Gläubiger grundsätzlich nicht verpflichtet, eigene Initiativen zu entfalten, um Kenntnis über den Schadenshergang und die Person des Schuldners zu erlangen und damit letztlich dem Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist Rechnung zu tragen (BGH, NJW 2001, 1721, 1722). Die anspruchsbegründenden Umstände müssen daher mühelos und ohne erheblichen Aufwand zugänglich sein, wenn sich der Gläubiger dem Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis aussetzen soll (MüKoBGB/Grothe, a.a.O., § 199 Rn. 28). Eine allgemeine Marktbeobachtungspflicht, die den Schutzrechtsinhaber im Sinne einer Obliegenheit zwingen könnte, jedem bloßen Verdacht einer Schutzrechtsverletzung nachzugehen, um sich nicht dem Einwand grober Fahrlässigkeit und der darauf gestützten Einrede der Verjährung auszusetzen, ist nicht gerechtfertigt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt das Vorbringen der Beklagten nicht den Schluss zu, die Klägerin habe sich – wenn sie schon nicht von den seit Mitte der 1990er Jahre begangenen Patentverletzungen Kenntnis hatte, so doch jedenfalls – aufgrund grober Fahrlässigkeit in Unkenntnis über die Patentverletzungen der Beklagten befunden. Im Zusammenhang mit der Frage der positiven Kenntnis wurde bereits ausgeführt, dass die gleichzeitige Teilnahme beider Parteien an Ausschreibungen die Klägerin nicht dazu befähigte, von der technischen Ausgestaltung des Produktes der Beklagten Kenntnis zu erlangen. Unter diesen Umständen war sie auch nicht (im Sinne einer Obliegenheit) verpflichtet, aufgrund des Markterfolges der Produkte der Beklagten andere Erkenntnismöglichkeiten zu erschließen, etwa indem sie sich Zugang zu bei Kunden errichteten Anlagen, an die auch die Klägerin ihre Produkte geliefert hat, verschafft.
Soweit sich die Beklagte darauf beruft, gemeinsam mit der Klägerin Patentanmeldungen Dritter bekämpft zu haben, ist schon nicht ersichtlich, wie sich daraus eine Obliegenheit der Klägerin ergeben sollte, Patentanmeldungen der Beklagten zu recherchieren und zu überprüfen, ob sie ihnen entsprechende Produkte in Deutschland anbietet, die das Klagepatent verletzen.
Im Hinblick auf Aufsätze in Fachzeitschriften ist ohne das Vorliegen besonderer Umstände – die hier nicht ersichtlich sind – von der Klägerin nicht zu verlangen, dass die bei ihr mit der Feststellung und Verfolgung von Patentverletzungen betrauten Mitarbeiter sämtliche in diversen regelmäßig erscheinenden Fachzeitschriften enthaltenen Publikationen zur Kenntnis und zum Anlass nehmen, die dort etwa beschriebenen Produkte darauf zu untersuchen, ob sie technische Schutzrechte der Klägerin verletzen. Was den konkreten Aufsatz nach Anlage M betrifft, bestehen darüber hinaus Bedenken, ob der dort dargestellte 3D-Sorter der Beklagten sämtliche Merkmale des Klagepatents zumindest in einer solchen Weise erkennen lässt, dass die Klägerin gehalten gewesen wäre, weitere Erkundigungen einzuholen, sofern ihr dies ohne erheblichen Aufwand möglich gewesen wäre. Die in Anlage M offenbarten technischen Details lassen nicht deutlich werden, dass der dargestellte 3D-Sorter an beiden Seiten über Betätigungsarme verfügt (Merkmal D; in der Abbildung ist nur einer auf der linken Seite zu erkennen), dass die Wagen neben den sichtbaren vertikalen Rollen auch horizontale Rollen aufweisen (Merkmale K und R), die jeweils einseitig von innen an den Führungsschienen laufen (Merkmal S), und dass jeder Wagen an seinem vorderen und seinem rückseitigen Ende Kupplungen zur Verkopplung mit einem benachbarten Wagen aufweist, die eine gegenseitige Drehung der Wagen in allen möglichen Richtungen gestatten (Merkmale P und Q). Im Übrigen wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, schlüssig vorzutragen, in welcher Weise die Klägerin bei dem Verdacht auf eine Patentverletzung seitens der Beklagten in der Lage hätte sein sollen, in zumutbarer Weise weitere Erkundigungen zur Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen einzuholen. Dass ihr die bei gemeinsamen Kunden stehenden Anlagen der Beklagten nicht ohne weiteres zur Einsicht bereit standen, hat die Beklagte nicht widerlegt.
Gleiches gilt im Ergebnis für gemeinsame Messeauftritte, etwa auf der Messe im Oktober 1995 in S.. Der Vorwurf grober Fahrlässigkeit wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn auf der Messe Mitarbeiter der Klägerin zugegen gewesen wären, die nach der internen Aufgabenverteilung mit der Feststellung und Verfolgung von Patentverletzungen betraut waren. Hierfür hat die Beklagte jedoch keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen. Auch der am 24. September 2003 in K. gehaltene Vortrag des Herrn Dr. E musste der Klägerin keine Veranlassung bieten, sich um weitere Informationen aus leicht zugänglicher Quelle zu bemühen, denn eine Darstellung des angegriffenen Sortierförderers lässt sich der Anlage S bereits nicht entnehmen.

2.
Der auf § 242 BGB gestützte Einwand der Verwirkung, der sich gegen sämtliche mit der Klage geltend gemachten Ansprüche richtet, setzt voraus, dass der Berechtigte sein Recht über einen längeren Zeitraum hinweg nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Neben dem rein zeitlichen Aspekt setzt Verwirkung ein Umstandsmoment voraus, das dem Berechtigten zuzurechnen ist und eine nunmehr erfolgende Durchsetzung seiner Rechte als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließe. Im Falle der Klägerin ist nicht ersichtlich, durch welches Verhalten sie der Beklagten hier Veranlassung gegeben haben sollte, davon auszugehen, sie werde ihre Ansprüche aus dem Klagepatent nicht mehr geltend machen. Es fehlt damit jedenfalls am Umstandmoment.

V.
Für eine nach § 148 ZPO grundsätzlich mögliche Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits bis zum rechtskräftigen Abschluss des Einspruchsbeschwerdeverfahrens besteht keine hinreichende Veranlassung.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dass ein Widerruf oder eine Vernichtung eines Patents mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, kann in der Regel dann nicht gesagt werden, wenn die Argumente, auf die der Einspruch oder die Nichtigkeitsklage gestützt werden, bereits im Erteilungsverfahren oder im bisherigen Verlauf des Nichtigkeits- oder Einspruchsverfahrens von den dort tätigen sachkundigen Stellen geprüft und für nicht patenthindernd angesehen worden sind.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht keine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits, denn die Erfolgsaussichten der Einspruchsbeschwerde erreichen nicht die für eine Aussetzung erforderliche Höhe.
Die Entgegenhaltung D1 (die WO 81/01999, hier Anlage K10; im Einspruchsverfahren noch Entgegenhaltung (2)), die den dem Gegenstand der Klagepatents nächstkommenden Stand der Technik bildet, nimmt den Gegenstand von Patentanspruch 1 in der aufrecht erhaltenen Fassung nicht neuheitsschädlich vorweg. Die Einspruchsabteilung des DPMA hat dies mit ihrem Beschluss vom 19. Oktober 2004 (Anlage K8) trotz des dort wohl schlicht irrtümlich gewählten Tenors, die Einsprüche würden „als unzulässig verworfen“, nach sachlicher Prüfung festgestellt. Dies ist der Begründung des Beschlusses unschwer zu entnehmen. Im Ausgangspunkt ist somit davon auszugehen, dass das Klagepatent in seiner eingeschränkten Fassung erstinstanzliche Bestätigung durch die sachkundig besetzte Einspruchsabteilung gefunden hat. Nicht offenbart sind jedenfalls die Merkmale D und O bis S. Dass die Einspruchsabteilung – anders als jedenfalls nunmehr von der Beklagten vertreten – die kreisförmige Antriebsscheibe 15 (vgl. Anlage K10, Figur 3) mit ihren sich zu beiden Seite erstreckenden Hälften nicht „funktionsmäßig als zwei Betätigungsarme angesehen“ hat, ist sachlich nicht zu beanstanden. Versteht man wie hier (vgl. zu Ziffer II. 1. der Entscheidungsgründe) unter einem Betätigungsarm ein längliches und über die übrigen Bauteile vorstehendes Element, um die selektive Kippbewegung am gewünschten Ort auszulösen, handelt es sich bei der Antriebsscheibe 15 der Entgegenhaltung D1 nicht um einen beidseitig angeordneten Betätigungsarm. Ob darüber hinaus auch die Merkmale H und J in der Entgegenhaltung D1 nicht offenbart sind, weil gemäß ihrer Figur 6 die Stahlbahn 19 (der Läufer des Linearmotors) der Fahrbahn zugeordnet ist und sich die Erregerwicklung im wagenseitigen Ständer 20 befindet, kann offen bleiben. Bei der Entgegenhaltung D1 sind die Antriebsteile nicht gemäß Merkmal J in Längsrichtung unterhalb des zentralen Bereichs der Wagen angeordnet und wirken nicht mit Linearmotoren zusammen, die sich (wie Merkmal H belegt) nach der Vorstellung des Klagepatents an dem Förder-Chassis befinden sollen. Um hinsichtlich dieser Merkmale zum Gegenstand des Klagepatents zu gelangen, müsste der Fachmann lediglich eine kinematische Umkehr vornehmen, indem er den Linearmotor dem Förder-Chassis und die Antriebsteile den Wagen zuordnet. Ob er diese Umkehrung ohne eine erfinderische Tätigkeit vornehmen würde, bedarf hier keiner Klärung. Denn selbst dann, wenn man dies bejahen wollte, bedürfte es erfinderischer Tätigkeit, die D1 mit der D2 und der D4 zu kombinieren, um zum Gegenstand des eingeschränkten Patentanspruchs 1 zu gelangen. Dies gilt selbst dann, wenn man mit der Beklagten annimmt, der Fachmann sehe die D2 und die D4 wegen des ausdrücklichen Verweises in der D2 auf die D4 als eine Entgegenhaltung an und müsse daher nicht drei, sondern lediglich zwei Entgegenhaltungen miteinander kombinieren.
Mit der Beklagten wird man zwar noch davon ausgehen können, dass die Entgegenhaltungen D2 und D4 nicht bloße Transport-, sondern gattungsgemäße Sortiervorrichtungen beschreiben (vgl. den in D2, ab Spalte 6 Zeilen 25 ff. beschriebenen Abgabevorgang an einer bestimmten Stelle und das von einer zentralen Steuerung gesteuerte Leitelement 170, D2 Figuren 6 und 7). Durchgreifende Bedenken bestehen jedoch dagegen, ob der Fachmann ausgehend von der Entgegenhaltung D1 die Entgegenhaltung D2 tatsächlich herangezogen hätte, um Kupplungen aufzufinden, mit denen die erfindungsgemäß verbesserte Kurvengängigkeit erzielt wird. Merkmale P und Q setzen insoweit patentgemäß voraus, dass jeder Wagen an seinem vorderen und seinem rückseitigen Ende eine Kupplung zur Verkopplung mit einem benachbarten Wagen aufweist, die eine gegenseitige Drehung der Wagen in allen möglichen Richtungen erlaubt. Diese Bedenken gegen eine Kombination der Entgegenhaltung D1 mit den Entgegenhaltungen D2 und D4 finden ihre Grundlage zunächst darin, dass die Entgegenhaltung D2 nicht von einem Antriebssystem ausgeht, wie es im Oberbegriff der technischen Lehre nach Anspruch 1 des Klagepatents beschrieben ist. Vielmehr offenbart die Druckschrift nach Anlage C/C1 (Entgegenhaltung D2) ein Antriebssystem, bei dem die einzelnen Wagen an unterseitig angeordneten U-förmigen Profilen mit Reibbandoberflächen ausgestattet sind, die mit einem kontinuierlichen Antriebsband zusammenwirken (vgl. die Reibflächen, friction belt surfaces, 53 und 54, Figuren 2 und 3 der Anlage C und die Beschreibung in Spalte 2 Zeilen 62 ff. unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entgegenhaltung D4, Anlage G1, Figur 11, Antriebsband zu Bezugszeichen 171). Dieses Antriebssystem setzt voraus, dass die Antriebsbänder 171 flächig an den Reibflächen der Wagen anliegen, so dass diese nur in nicht kurvig verlaufenden Abschnitten ihres Fahrweges angetrieben werden können und im Übrigen, das heißt jedenfalls in den Abschnitten mit horizontal oder vertikal kurvigem Bahnverlauf, alleine weiterlaufen müssen. Bei Anordnung in einer Kurve können die in den Entgegenhaltungen D2 und D4 offenbarten Antriebssysteme keine Wirkung entfalten. Darüber hinaus (und dies korrespondiert mit dem grundlegend abweichenden Antriebskonzept) ist der Offenbarungsgegenstand der Entgegenhaltung D2 auf verhältnismäßig geringe Geschwindigkeiten von etwa 75 m/min ausgelegt (vgl. Anlage C, Spalte 7 Zeilen 45 f.: „250 feet per minute“), während es dem Klagepatent gerade um die Kurvengängigkeit bei hohen Geschwindigkeiten geht (vgl. Spalte 2 Zeilen 22-31). Ausgehend von dem nächstkommenden Stand der Technik nach Entgegenhaltung D1 (Anlage K10) erscheint es damit äußerst zweifelhaft, ob der Fachmann überhaupt zu den Entgegenhaltungen D2 und D4 greifen würde. Dass die Entgegenhaltung D2 selbst sagt, man könne jedes beliebige Antriebssystem wählen (vgl. Anlage C, Spalte 1 Zeilen 45 ff. mit dem Verweis auf die Entgegenhaltung D4), kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zunächst einmal um die Frage geht, ob der Fachmann ausgehend von der Entgegenhaltung D1 überhaupt zur Entgegenhaltung D2 gelangen kann, ohne erfinderisch tätig zu sein. Weiterverweise innerhalb der Entgegenhaltung D2 sind dafür nicht aussagekräftig.
Unabhängig davon erscheint es der Kammer auch zweifelhaft, ob der Fachmann dem allgemeinen Verweis in der Entgegenhaltung D2 auf die Entgegenhaltung D4 entnommen hätte, dass er die Kupplungen bei einem Antriebssystem gemäß der Entgegenhaltung D1 entsprechend dem Merkmal Q (in allen möglichen Richtungen drehbar) ausgestalten sollte. Denn die Frage der Gestaltung der Kupplungen stellt sich hier in anderer Weise als bei einem reibschlüssig wirkenden Antriebssystem, wie es den Entgegenhaltungen D2 und D4 zugrunde liegt. Bei der Entgegenhaltung D2 wirkt die Kupplungsklaue 76 (Anlage C, Figur 2) nach fachmännischem Verständnis mit einem Kupplungsstift und einer Kupplungszunge des jeweils benachbarten Wagens zusammen, was die Entgegenhaltung D2 (Anlage C, Spalte 3 Zeilen 30-39) als „universal-type connection“ beschreibt. Einen Schluss auf eine Drehbarkeit in alle möglichen Richtungen gestattet allein die Beschreibung (in Anlage C, Spalte 2 Zeilen 32 f.) als „pivotally connected“. Der Fachmann müsste dann schon weiter auf die Entgegenhaltung D4 (Anlage G1/G2) schauen und entdecken, dass dort (Anlage G1, Spalte 5 Zeilen 6-11) ebenfalls von „pivotal connectors“, beispielhaft einer Kugelverbindung („such as ball and socket joints“) die Rede ist. Offenbart wird diese Kugelverbindung allerdings nicht im Zusammenhang mit einer verbesserten Kurvengängigkeit der Wagen, sondern allein im Kontext einer alternativen Entleerungsweise der Wagen, indem die von ihnen transportierte Ware nicht herausgeschoben sondern durch Kippen des gesamten Wagens aufgrund der Schwerkraft entleert wird (Anlage C, Spalte 5 Zeilen 52 ff.).
Die Annahme der Beklagten, der Fachmann kombiniere den nächstkommenden Stand der Technik nach Anlage K10 mit den Entgegenhaltungen D2 und D4, dürfte vor diesem Hintergrund auf einer rückschauenden Betrachtung beruhen und bietet daher keine Grundlage für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der Einspruchsbeschwerde der Beklagten.
Gleiches gilt im Hinblick auf die mit der Replik im Einspruchsbeschwerdeverfahren (Anlage F) erstmals geltend gemachten Einspruchsgründe der unzureichenden Offenbarung und der unzulässigen Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 PatG). Die Beklagte meint, Merkmal G, wonach die Führungsteile des Wagens „mit größerem Abstand voneinander“ in das Förderchassis eingreifen, sei nicht ursprünglich offenbart, weil die Übersetzung (Anlage K5) der ursprünglichen Anmeldung dänischen Ursprungs (PCT/DK90/00047) aus einem „großen“ bzw. „erheblichen gegenseitigen Abstand“ „weiter voneinander entfernte Führungsschienen“ (Spalte 1 Zeile 68), „in einem größeren Abstand voneinander befestigte Führungsschienen“ (Spalte 3 Zeilen 3-5) bzw. den Wortlaut des Merkmals G gemacht habe. Inwieweit sich daraus eine unzulässige Erweiterung ergeben soll, hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Gleichfalls nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Fachmann nicht in der Lage sein sollte, die Angabe in Merkmal G praktisch umzusetzen. Die Beklagten meint insoweit, es fehle ihm an einem Maßstab für den „größeren“ Abstand (größer als was?). Dem kann nicht gefolgt werden. Der Fachmann wird unschwer erkennen, dass es nicht etwa auf einen Vergleich des Abstands mit des Breite des Wagens ankommt (der vor dem Hintergrund des vom Klagepatent verfolgten Zwecks ohne Belang ist), sondern dass sich der „größere“ Abstand, mit dem die Führungsteile in das Förder-Chassis eingreifen, letztlich aus der Länge des Wagens ergibt, der ja anspruchsgemäß nur eine Achse mit vertikalen Rollen aufweisen soll.
Vor dem Hintergrund der – wie ausgeführt – unter jedem der vorgebrachten Gesichtspunkte zweifelhaften Erfolgsaussichten der Einspruchsbeschwerde kann dahinstehen, ob in die Aussetzungsentscheidung zu Lasten der Klägerin auch eingestellt werden kann, dass diese selbst in Kenntnis des Beschlusses vom 19. Oktober 2004 noch drei Jahre bis zur Erhebung der vorliegenden Verletzungsklage zugewartet hat. Da es in der Sache an einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Einspruchsbeschwerde fehlt, ist dieser Gesichtspunkt allein für eine Aussetzung nicht tragfähig.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1; 108 ZPO. Dem Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten, der offenbar nur irrtümlich auf eine Verurteilung „wegen der Kosten“ beschränkt war und den die Kammer so versteht, dass er sich auf die Verurteilung der Beklagten insgesamt bezieht, war nicht nachzukommen. Die Beklagte hat die Voraussetzungen eines Vollstreckungsschutzes nach § 712 ZPO weder substantiiert vorgetragen noch in der erforderlichen Weise (§ 714 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht.

Der Streitwert wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.