4a O 29/09 – G-CSF

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1165

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 9. Juni 2009, Az. 4a O 29/09

I. Die Antragsgegnerinnen werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Antragsgegnerinnen zu vollziehen ist, zu unterlassen,

eine Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid und Sorbitol als isotonisierendes Mittel, wobei die Formulierung einen pH-Wert zwischen 4,1 und 4,3 aufweist und abgefüllt in einer Fertigspritze, Durchstichflasche oder Ampulle vorliegt,

in der Bundesrepublik Deutschland gewerbsmäßig sinnfällig für eine Verwendung zur Behandlung von Indikationen, bei denen die Förderung der Differenzierung und Proliferation von hämatopoetischen Vorläuferzellen und die Aktivierung von reifen Zellen des hämatopoetischen Systems durch die Verabreichung von G-CSF vorteilhaft ist, herzurichten oder eine derartig hergerichtete Formulierung anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

2. der Antragstellerin innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Zustellung der einstweiligen Verfügung Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg der Erzeugnisse gemäß Ziffer I. 1. für seit dem 11.12.2008 begangene Handlungen zu erteilen, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer der Erzeugnisse sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und

b) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

3. die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen Erzeugnisse nach Ziffer I. 1.,

und zwar insbesondere die Arzneimittel B und
C,

zur Sicherung des Vernichtungsanspruchs der Antragstellerin nach § 24a GebrMG vorläufig an den Gerichtsvollzieher zur Verwahrung herauszugeben.

II. Die Kosten des Verfahrens werden den Antragsgegnerinnen als Gesamtschuldner auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Antragstellerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2007 018 xxx U1 (im Folgenden: Verfügungsgebrauchsmuster). Das Verfügungsgebrauchsmuster wurde unter Inanspruchnahme der inneren Priorität der DE 10 2006 009 xxx.x vom 01.03.2006 am 01.03.2007 angemeldet und am 11.12.2008 in das Gebrauchsmusterregister eingetragen. Die Bekanntmachung der Eintragung des Verfügungsgebrauchsmusters im Patentblatt erfolgte am 15.01.2009. Das Verfügungsgebrauchsmuster wurde aus der europäischen Patentanmeldung EP 07 71 23xx.x abgezweigt. Mit Eingabe vom 05.02.2009 hat die Antragstellerin neue, eingeschränkte Schutzansprüche eingereicht, wobei der ursprüngliche Unteranspruch 2 nunmehr in den Hauptanspruch gezogen wurde. Das Verfügungsgebrauchsmuster steht in Kraft. Die Antragsgegnerinnen haben mit Schriftsatz vom 09.04.2009 die Löschung des Verfügungsgebrauchsmusters beantragt, wobei über diesen Antrag bisher nicht entschieden wurde.

Das Verfügungsgebrauchsmuster trägt die Bezeichnung „A“. Die Antragstellerin macht folgende, mit Hilfe der Gebrauchsmusterbeschreibung eingeschränkte Fassung einer Kombination der eingetragenen Schutzansprüche 1 und 2 geltend:

„Verwendung einer Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid und Sorbitol als isotonisierendes Mittel, wobei die Formulierung einen pH-Wert zwischen 4,1 und 4,3 aufweist und abgefüllt in einer Fertigspritze, Durchstichflasche oder Ampulle vorliegt, zur Behandlung von Indikationen, bei denen die Förderung der Differenzierung und Proliferation von hämatopoetischen Vorläuferzellen und die Aktivierung von reifen Zellen des hämatopoetischen Systems durch die Verabreichung von G-CSF vorteilhaft ist.“

Bei den Antragsgegnerinnen handelt es sich um deutsche Generika-Hersteller. Sie vertreiben seit Ende November / Anfang Dezember 2008 die Arzneimittel

– B 30 Mio. I.E./0,5 ml Injektions- oder Infusionslösung
– B 48 Mio. I.E./0,8 ml Injektions- oder Infusionslösung
– Antragsgegnerin zu 1) –

– C 30 Mio. I.E./0,5 ml Injektions- oder Infusionslösung
– C 48 Mio. I.E./0,8 ml Injektions- oder Infusionslösung
– Antragsgegnerin zu 2) –

Unstreitig entspricht die Zusammensetzung der angegriffenen Ausführungsformen Anspruch 10 der DE 20 2007 018 629 U1 (Anlage ASt 16), einer Gebrauchsmusteranmeldung der D AG, einer hundertprozentigen Tochter der Antragsgegnerin zu 1). Schutzanspruch 10 dieser Gebrauchsmusteranmeldung weist folgende Fassung auf:

„Arzneimittel nach einem der Ansprüche 1 bis 9 als Injektions- oder Infusionslösung, bestehend aus humanem, nicht glykolisiertem methionyl-G-CSF in einer Konzentration von 0,6 mg/ml und Sorbitol in einer Konzentration von 5 % (w/v), Polysorbat 80 in einer Konzentration von 0,06 mg/ml, und Acetat in einer Konzentration von 10 mM als Puffersubstanz bei einem pH von 4,2.“

Der durch Schutzanspruch 10 in Bezug genommene Schutzanspruch 1 lautet:

„Arzneimittel zur Behandlung von Krebs, Nebenwirkungen aufgrund zytotoxischer Chemotherapie, zur begleitenden Therapie von Krankheiten, in der eine periphere Blutvorläuferzell-Mobilisierung vonnöten ist, zur Behandlung von schwerer chronischer Neutropenie (SCN), HIV-Infektion oder neurologischer Indikationen wie Schädigung des Zentralnervensystems nach beispielsweise akutem Schlaganfall, wobei das Arzneimittel eine stabile, wässrige, Flüssigformulierung von G-CSF enthält, bestehend aus G-CSF und einem Zuckeralkohol, einem Tensid in einer Konzentration von 0,04-0,06 mg/ml, Acetat in einer Konzentration von 5-20 mM als Puffersubstanz bei einem pH von 4,1 – 4,4, und gegebenenfalls Aminosäuren und/oder Glycerin und/oder Kohlenhydraten und/oder Konservierungsmittel.“

Nach Auffassung der Antragstellerin machen die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Verfügungsgebrauchsmusters in der nunmehr geltend gemachten eingeschränkten Fassung wortsinngemäß Gebrauch.

Die Antragstellerin beantragt daher,

zu erkennen wie geschehen;

hilfsweise: zu erkennen wie geschehen, jedoch mit der Maßgabe, dass die Formulierung einen pH-Wert von 4,2 – 4,3 aufweist.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 19.02.2009 kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie machen im Wesentlichen geltend, die durch die Antragstellerin vorgenommene Aufnahme der Merkmale 3 und 4 in den Schutzanspruch sei unzulässig, da diese Merkmale für den Fachmann nicht als zu der durch das Verfügungsgebrauchsmuster unter Schutz gestellten technischen Lehre zugehörig erkennbar gewesen seien. Des Weiteren werde die durch die Antragstellerin nunmehr geltend gemachte technische Lehre im Stand der Technik neuheitsschädlich vorweg genommen. Insbesondere finde sich in der WO 2005/039620 A1 (= PCT/EP 2004/011874; im Folgenden: E4) folgende Tabelle:

Die unter Ziffer 3 dieser Tabelle offenbarte Formulierung nehme alle Merkmale des nunmehr geltend gemachten eingeschränkten Schutzanspruchs vorweg. Darüber hinaus werde die nunmehr beanspruchte technische Lehre auch durch die WO 2005/042024 A1 (im Folgenden: E5) neuheitsschädlich offenbart. So beschreibe diese Entgegenhaltung auf den Seiten 14 – 16 (in deutscher Übersetzung):

„Beispiel 1: Stabilitätstests

Die folgenden pharmazeutischen Zusammensetzungen mit G-CSF wurden hergestellt:

[…]

B-1e-2 (0,6) 0,6 mg/ml G-CSF, 2,5 mM Essigsäure, 8 % (w/v) Sorbitol, 0,004 % K, pH mit einer verdünnten NaOH-Lösung auf 4,4 eingestellt.“

Ferner finde sich auf Seite 24 der Entgegenhaltung E5 (in deutscher Übersetzung):

„A (S16-1.5ACT): Bulk-Konzentrat von G-CSF wurde fünffach mit einem auf pH 4,0 eingestellten Puffer aus 1,875 mM Essigsäure, mit einer verdünnten NaOH-Lösung, 6,25 % (w/v) Sorbitol und 0,005 % (w/v) K verdünnt. Der pH-Wert der Endzusammensetzung betrug 4,0 +/- 0,1.“

Darüber hinaus könnten sich die Antragsgegnerinnen auch auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen. Die D AG habe spätestens im Mai 2003 in Gestalt der Formulierung „E“ Erfindungsbesitz erlangt, wobei sie sich für eine Formulierung mit folgender Zusammensetzung entschieden habe:

„5% Sorbitol und 10 mM Essigsäure (beide konstant), pH 4,0 – 4,3, und 0,004 – 0,006 % Polysorbat 80“

Mit dieser Formulierung, deren Zusammensetzung bis heute nicht verändert worden sei, seien die klinischen Versuche (Phase I und III) durchgeführt worden.

Ihren Erfindungsbesitz habe die D AG durch zahlreiche, durch die Antragsgegnerinnen im Einzelnen dargelegte Maßnahmen betätigt, wobei hinsichtlich der Einzelheiten auf den Schriftsatz der Antragsgegnerinnen vom 25.05.2009 Bezug genommen wird. Insbesondere seien Prüfmuster (Fertigspritzen mit der auch heute noch verwendeten Formulierung) physisch nach Deutschland importiert, hier freigegeben und dann wieder in die Prüfzentren nach Litauen ausgeführt worden. Die Abfertigung des importierten Klinikmaterials sei über den Zoll in Frankfurt am Main erfolgt. Da die D AG nicht selbst über eine sachkundige Person im Sinne von § 14 AMG verfügt habe, sei das Studienmaterial im Auftrag der D AG von Dr. F (sachkundige Person der mit der Antragsgegnerin zu 1) und der D AG verbundenen G GmbH) besichtigt und freigegeben worden. Danach sei es wieder ausgeführt und über das Zentral-Depot in Litauen in die Studienzentren verteilt worden.

Schließlich habe die D AG die Formulierung „E“ auf der Grundlage eines Einzelauftrages vom März 2003 im Auftrag der Antragsgegnerin zu 1) entwickelt. Die Antragsgegnerin zu 1) habe sämtliche Entwicklungs- und Vermarktungsrisiken tragen und dementsprechend die Projektherrschaft haben sollen, weshalb die Entwicklung der Antragsgegnerin zu 1) zuzurechnen sei. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin zu 1) der mit ihr verbundenen Antragsgegnerin zu 2) auch für die streitgegenständlichen Arzneimittel bereits am 01.01.2005 ein Nutzungsrecht an der Zulassung eingeräumt. Dafür sei eine zweite Zulassung (Dublette) unter dem Namen „C“ beantragt und der Antragsgegnerin zu 2) überlassen worden.

Die Antragstellerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat in der Sache Erfolg. Die Antragstellerin hat sowohl das Bestehen eines Verfügungsanspruchs als auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes glaubhaft gemacht. Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der technischen Lehre des Verfügungsgebrauchsmusters, dessen Rechtsbestand hinreichend gesichert ist, Gebrauch. Da die Antragsgegnerinnen den Gegenstand des Verfügungsgebrauchsmusters rechtswidrig benutzen, sind sie der Antragstellerin zur Unterlassung verpflichtet, § 24 Abs. 1 GebrMG. Darüber hinaus haben die Antragsgegnerinnen im tenorierten Umfang einen Anspruch auf Auskunftserteilung aus § 24 b Abs. 2 und 7 GebrMG. Schließlich haben die Antragsgegnerinnen die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen und das Verfügungsgebrauchsmuster verletzenden Erzeugnisse zur Sicherung des Vernichtungsanspruchs nach § 24 a GebrMG vorläufig an einen Gerichtsvollzieher zur Verwahrung herauszugeben.

I.
Das Verfügungsgebrauchsmuster betrifft nach der Gebrauchsmusterbeschreibung lagerstabile Flüssigformulierungen von G-CSF.

G-CSF (granulocyte colony stimulating factor) ist ein natürlich vorkommender Wachstumsfaktor, der zur Familie der Cytokine im weiteren Sinne und hier zur Gruppe der kolonie-stimulierenden Faktoren gehört. G-CSF spielt eine entscheidende Rolle bei der Hämatopoese (Blutbildung) und fördert die Proliferation und Differenzierung von hämatopoetischen Vorläuferzellen und die Aktivierung von Neutrophilen. Aufgrund dieser Eigenschaften hat G-CSF in verschiedenen medizinischen Bereichen Verwendung gefunden. So wird G-CSF beispielsweise bei der Rekonstruktion normaler Blutzellpopulationen nach der Chemotherapie oder Bestrahlung sowie zur Stimulation der Immunantwort gegenüber infektiösen Pathogenen verwendet. Darüber hinaus wird G-CSF in der Klinik hauptsächlich bei der Tumorbekämpfung und insbesondere zur Behandlung von Neutropenie als Folge der Chemotherapie eingesetzt und findet ferner auch bei Knochenmarktransplationen und bei der Behandlung von Infektionskrankheiten Verwendung (vgl. Anlage ASt 1, Abschnitt [0002]).

Nach der Beschreibung des Verfügungsgebrauchsmusters wurde die Herstellung von G-CSF in der Patentliteratur erstmals 1987 in der WO-A-87/01132 beschrieben. Das erste kommerzielle G-CSF-Präparat auf der Basis von rekombinantem G-CSF wurde in Deutschland 1991 zugelassen und unter dem Handelsnamen H von J hergestellt und vertrieben. Das Produkt H (Fertigspritzen) besteht laut Arzneimittelverzeichnis ROTE LISTE 2005 aus folgenden Bestandteilen: G-CSF in einer Konzentration von 600 μg/ml oder 960 μg/ml, Natriumacetat, Sorbitol, Polysorbat 80 und Wasser (vgl. Anlage ASt 1, Abschnitte [0003]f.).

Als weiteren Stand der Technik erwähnt das Verfügungsgebrauchsmuster die EP-A-0 373 679, in welcher Formulierungen von G-CSF beschrieben werden, in denen das Protein durch die Anwesenheit einer Säure, einem sauren pH-Wert und einer niedrigen Leitfähigkeit der Formulierung stabilisiert wird. Darüber hinaus führt das Verfügungsgebrauchsmuster die DE-A 37 23 781 an, welche allgemein die Verwendung von G-CSF in Kombination mit einem pharmazeutisch verträglichen grenzflächenaktiven Mittel, Saccharid, Protein oder einer pharmazeutisch verträglichen hochmolekularen Verbindung betrifft. Ferner erwähnt das Verfügungsgebrauchsmuster die WO-A-94/14465, in welcher die Verwendung von G-CSF in Kombination mit einem pharmazeutisch verträglichen grenzflächenaktiven Mittel, Saccharid, Protein oder einer pharmazeutisch verträglichen hochmolekularen Verbindung beschrieben wird. Darüber hinaus nennt das Verfügungsgebrauchsmuster die WO-A-94/14466, in welcher G-CSF enthaltende Zubereitungen offenbart werden, die eine Tensidmenge, die kleiner als die eingesetzte Menge an G-CSF ist, und eine Puffersubstanz enthalten. Außerdem führt das Verfügungsgebrauchsmuster die WO-A-93/03744 an, welche G-CSF-haltige Formulierungen beschreibt, die ein Konservierungsmittel enthalten, bei dem es sich um Chlorbutanol, Benzylalkohol oder Benzalkonium handelt. Des Weiteren offenbart die EP-A-0 988 861 nach der Gebrauchsmusterbeschreibung G-CSF-haltige Formulierungen, die als Puffersubstanz HEPES, TES oder Tricin enthalten. Schließlich zeigt die WO-A1-2005/042024 pharmazeutische Zubereitungen von G-CSF mit einem pH-Wert von über 4,0, die eine Säure enthalten und frei von Tensiden sind (vgl. Anlage Ast 1, Abschnitte [0004] – [0010]).

Das Verfügungsgebrauchsmuster verfolgt die Aufgabe (das technische Problem), eine G-CSF-Zubereitung bereitzustellen, die in flüssiger Form für längere Zeit gelagert werden kann und ohne stabilisierende Zusatzstoffe wie HSA, Aminosäuren oder Konservierungsmittel auskommt. Auf diese Weise soll eine lagerstabile A bereitgestellt werden, die möglichst jedes Risiko für die Verträglichkeit der Formulierung vermeidet (vgl. Anlage Ast 1, Abschnitt [0011]).

Dies geschieht gemäß der eingetragenen Schutzansprüche 1 und 2 des Verfügungsgebrauchsmusters in der durch die Antragstellerin geltend gemachten eingeschränkten Fassung durch eine Kombination der folgenden Merkmale:

1. Flüssigformulierung von G-CSF, enthaltend
1.1. G-CSF als Wirkstoff,
1.2. Acetat als Puffer,
1.3. Polysorbat 80 als Tensid, und
1.4. Sorbitol als isotonisierendes Mittel.
2. Die Formulierung weist einen pH-Wert zwischen 4,1 und 4,3 auf.
3. Die Formulierung liegt abgefüllt in einer Fertigspritze, Durchstichflasche oder Ampulle vor.
4. Verwendung der Formulierung zur Behandlung von Indikationen, bei denen die Förderung der Differenzierung und Proliferation von hämatopoetischen Vorläuferzellen und die Aktivierung von reifen Zellen des hämatopoetischen Systems durch die Verabreichung von G-CSF vorteilhaft ist.

Das Verfügungsgebrauchsmuster beansprucht im hiesigen Verfahren somit Schutz für die Verwendung einer Flüssigformulierung von G-CSF mit den im Schutzanspruch in der nunmehr geltend gemachten Fassung genannten Merkmalen. Im Hinblick auf den Begriff der „Flüssigformulierung“ verlangt das Verfügungsgebrauchsmuster, dass die G-CSF-Formulierung zusammen mit den anderen, in der Formulierung enthaltenen Stoffen in keiner Phase des Herstellungsprozesses, also weder vor noch während oder nach dem Mischen der Stoffe, lyophilisiert wird. Des Weiteren muss die Formulierung für die intravenöse oder subkutane Applikation als Injektions- oder Infusionslösung bestimmt sein (vgl. Anlage Ast 1, Abschnitt [0058]).

Dabei entnimmt der Fachmann der Gebrauchsmusterbeschreibung, dass flüssige Zusammensetzungen, die Acetat als Puffersubstanz und Polysorbat 20 und/oder Polysorbat 80 (Polyoxyethylen-sorbitan-monooleat) als Tensid enthalten und einen pH-Wert zwischen 4,1 und 4,4 aufweisen, auch bei Abwesenheit von HSA, Aminosäuren oder polymeren Stabilisierungsmitteln in flüssiger Form über längere Zeit stabil gelagert werden können, ohne dass es zu signifikanten Stabilitätsverlusten kommt (vgl. Anlage Ast 1, Abschnitte [0013] f.]).

III.
Die Antragstellerin ist berechtigt, das Verfügungsgebrauchsmuster auch in einer gegenüber den Schutzansprüchen eingeschränkten Fassung geltend zu machen.

1.
Ein Rechtssatz des Inhalts, dass der Gebrauchsmusterinhaber im Verletzungsstreit nur dann einen eingeschränkten Schutz geltend machen kann, wenn eingeschränkte Schutzansprüche beim Patentamt eingereicht worden sind, besteht nicht. Wer wegen Verletzung eines Gebrauchsmusters in Anspruch genommen wird, kann nicht nur in einem gesonderten behördlichen Verfahren, sondern auch im Verletzungsstreit geltend machen, dass Gebrauchsmusterschutz nach § 11 GebrMG durch die Eintragung nach § 13 Abs. 1 GebrMG nicht begründet worden ist. Dabei dient das weitgehend an das Patentnichtigkeitsverfahren angelehnte Gebrauchsmusterlöschungsverfahren ähnlich wie jenes der allgemeinverbindlichen Klärung der Rechtsbeständigkeit des Gebrauchsmusters. Mit der Berufung auf die fehlende Begründung von Gebrauchsmusterschutz nach
§ 13 Abs. 1 GebrMG im Verletzungsstreit ist dem aus dem Gebrauchsmuster in Anspruch Genommenen demgegenüber ein einfaches Mittel an die Hand gegeben, sich im Prozess unmittelbar auf einen Sachverhalt zu berufen, den er an sich auf aufwendigere Weise auch im Löschungsverfahren geltend machen könnte. Diese Möglichkeit dient damit allein der Verteidigung im Verletzungsrechtsstreit, anders als das Löschungsverfahren aber nicht einer – im Umfang der Löschung – allgemeinverbindlichen Klärung der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Gebrauchsmusterschutz besteht. Deshalb bestehen kein Anlass und keine Notwendigkeit, die Prüfung der Rechtsbeständigkeit des Gebrauchsmusters im Verletzungsstreit über das für die Sachentscheidung Erforderliche hinaus auszudehnen. Es genügt deshalb zu prüfen, ob sich der Gebrauchsmusterinhaber auf eine durch die maßgebliche ursprüngliche Offenbarung gestützte und im Rahmen der der Gebrauchsmustereintragung zu Grunde liegenden Schutzansprüche liegende Fassung des Schutzbegehrens zurückgezogen hat, die die angegriffene, Dritten nach § 11 Abs. 1 S. 2 GebrMG verbotene Handlung erfasst. Dagegen besteht für die Entscheidung des Verletzungsstreits keine Notwendigkeit, den Gebrauchsmusterinhaber in Form einer wie auch immer gearteten, gegenüber der Allgemeinheit verbindlichen Erklärung darauf festzulegen, wieweit er das Gebrauchsmuster verteidigen will. Will der als Verletzer in Anspruch Genommene – etwa aus Gründen einer über den Einzelfall hinausgehenden Rechtssicherheit – das erreichen, so steht es ihm frei, von sich aus das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren zu betreiben; ist andererseits der Gebrauchsmusterinhaber daran interessiert, gegenüber der Allgemeinheit von sich aus zu erklären, wieweit er das Gebrauchsmuster verteidigen will, so kann er sich hierfür der von der Praxis entwickelten Instrumente bedienen. Maßstäbe dafür, welche Verhaltensweisen dem Gebrauchsmusterinhaber auf die Geltendmachung mangelnder Rechtsbeständigkeit im Verletzungsprozess zur Verfügung stehen, lassen sich hieraus nicht ableiten (vgl. BGH GRUR 2003, 867, 868 – Momentanpol).

2.
Den sich hiernach für die Geltendmachung eingeschränkten Schutzes ergebenden Anforderungen hat die Antragstellerin dadurch genügt, dass sie ihren Anträgen eine eingeschränkte Anspruchsfassung zugrunde gelegt hat, die neben den durch die eingetragenen Schutzansprüche 1 und 2 geforderten Merkmalen zusätzliche Anforderungen enthält, welche sowohl in der Gebrauchsmusterbeschreibung als auch in der PCT-Anmeldung WO 2007/099145, aus welcher die europäische Patentanmeldung EP 1 988 913 A1 hervorgegangen ist, ihre Grundlage finden. Soweit Merkmal 3 verlangt, dass die Formulierung abgefüllt in einer Fertigspritze, Durchstichflasche oder Ampulle vorliegt, wird dies in Abschnitt [0054] der Verfügungsgebrauchsmusterschrift ausdrücklich offenbart („Schließlich wird die fertige Flüssigformulierung in ein geeignetes Behältnis abgefüllt, in dem die Applikation gelagert wird. Bei dem Behältnis handelt es sich insbesondere um Fertigspritzen, Durchstichflaschen oder Ampullen.“, vgl. auch Anlage Ast 18, S. 12, Z. 15 – 17 und S. 14, Z. 7 f.). Darüber hinaus entnimmt der Fachmann Abschnitt [0035] der Verfügungsgebrauchsmusterbeschreibung, dass das erfindungsgemäße G-CSF in der Lage ist, die Differenzierung von hämatopoetischen Vorläuferzellen zu fördern und die Aktivierung von reifen Zellen des hämatopoetischen Systems zu bewirken (vgl. Anlage Ast 1, Abschnitt [0035], vgl. auch Anlage ASt 1, Abschnitt [0002], Anlage ASt 18, S. 1, Z. 14 – 24 und S. 7, Z. 18 – 22).

3.
Ohne Erfolg berufen sich die Antragsgegnerinnen demgegenüber darauf, die Aufnahme der Merkmale 3 und 4 in den geltend gemachten Schutzanspruch widerspreche den durch den Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Spleißkammer“ (BGH GRUR 1990, 432, 433) dargestellten Anforderungen für die Aufnahme weiterer Merkmale in den Schutzanspruch. Es trifft zu, dass nach dieser Entscheidung die Einfügung eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in den Schutzanspruch dann nicht zulässig ist, wenn es in der Beschreibung zwar erwähnt, in seiner Bedeutung für die im Anspruch umschriebene Erfindung jedoch nicht zu erkennen ist (vgl. BGH GRUR 1977, 598, 599 – Autoscooter-Halle). Das Merkmal muss somit in der Beschreibung als zu der im Schutzanspruch unter Schutz gestellten Lehre gehörig zu erkennen sein, andernfalls würde sich der Schutz dann nicht mehr nur auf die ursprünglich beanspruchte Erfindung beziehen, sondern auf ein davon wesensverschiedenes „aliud“, was vor allem mit dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nicht vereinbar wäre (vgl. auch BGH GRUR 1988, 287, 288 f. – Abschlussblende).

Diesen Anforderungen hat die Antragstellerin jedoch mit der Aufnahme der Merkmale 3 und 4 hinreichend genügt. Die Antragstellerin hat den ursprünglich geltend gemachten, jede Art der Verwendung erfassenden Erzeugnisanspruch nunmehr auf eine konkrete Art der Verwendung eingeschränkt. Dass die Antragstellerin wie von den Antragsgegnerinnen behauptet insoweit keine spezifische Indikation, sondern einen (inhärenten) Wirkmechanismus in den Anspruch aufgenommen hat, steht dem nicht entgegen. Es trifft zu, dass die eingetragenen Schutzansprüche ein Erzeugnis schützen, während der durch die Antragstellerin nunmehr geltend gemachte Schutzanspruch eine Verwendung beansprucht. Jedoch ist die Umstellung eines Erzeugnisanspruchs in einen Verwendungsanspruch grundsätzlich zulässig. Ein auf ein Erzeugnis gerichteter Schutzanspruch gewährt einen umfassenden Schutz insoweit, als der Antragstellerin grundsätzlich sämtliche Verwendungsmöglichkeiten des im Schutzanspruch beschriebenen Erzeugnisses vorbehalten waren (BGH GRUR 1059, 125 – Textilgarn; BGH GRUR 1979, 149, 151 – Schießbolzen). Demgegenüber ist der Schutzanspruch nunmehr lediglich auf eine bestimmte Verwendung der A gerichtet, das heißt gegenüber dem ursprünglichen, grundsätzlich alle Verwendungsmöglichkeiten umfassenden Erzeugnisanspruch auf diese eine Verwendung beschränkt (vgl. BGH GRUR 1988, 287, 288 – Abschlussblende). Dass die nunmehr beanspruchte Verwendung der G-CSF-haltigen Formulierung zur Behandlung von Indikationen, bei denen die Förderung der Differenzierung und Proliferation von hämatopoetischen Vorläuferzellen und die Aktivierung von reifen Zellen des hämatopoetischen Systems durch die Verabreichung von G-CSF vorteilhaft ist, Verwendung finden kann, entnimmt der Fachmann jedoch sowohl den Abschnitten [0002] und [0035] der Verfügungsgebrauchsmusterschrift als auch S. 1, Z. 14 – 24 sowie S. 7, Z. 18 – 22 der als Anlage ASt 18 vorgelegten internationalen Patentanmeldung.

Der Geltendmachung des durch die Antragstellerin formulierten Verwendungsanspruchs steht auch die durch die Antragsgegnerinnen in der mündlichen Verhandlung zitierte Entscheidung „Arzneimittelgebrauchsmuster“ (BGH GRUR 2006, 135 ff.) nicht entgegen. Es trifft zu, dass danach durch § 2 Nr. 3 GebrMG die Eintragung eines Gebrauchsmusters für die Verwendung bekannter Stoffe im Rahmen einer medizinischen Indikation nicht ausgeschlossen ist. Gleichwohl hindert dies die Geltendmachung des durch die Antragstellerin nunmehr formulierten Verwendungsanspruchs nicht. Auch wenn die Verwendung von G-CSF-haltigen Formulierungen für die in Merkmal 4 näher beschriebenen Indikationen allgemein bekannt war, schließt dies die Geltendmachung eines auf ein Gebrauchsmuster gestützten Verwendungsanspruchs nicht aus. Wie in der in der Entscheidung „Arzneimittelgebrauchsmuster“ beschriebenen Fallkonstellation richtet sich der Anspruch auch hier maßgeblich auf eine bestimmte, dem Stoff innewohnende Eigenschaft, welche für einen bestimmten medizinischen Einsatzzweck Verwendung findet.

Schließlich erkennt der Fachmann aus der Beschreibung des Verfügungsgebrauchsmusters auch Merkmal 3 als der Erfindung zugehörig. Zum einen findet sich in Abschnitt [0054] der Verfügungsgebrauchsmusterschrift, dass die fertige Flüssigformulierung in ein geeignetes Behältnis abgefüllt wird, wobei es sich bei diesem Behältnis insbesondere um Fertigspritzen, Durchstichflaschen oder Ampullen handelt (vgl. auch Anlage ASt 18, S. 12, Z. 15 – 17 sowie S. 14, Z. 7 – 9). Zum anderen soll mit Hilfe der Erfindung eine G-CSF-Zubereitung hergestellt werden, die in flüssiger Form über längere Zeit gelagert werden kann und die ohne stabilisierende Zusätze wie HSA, Aminosäuren oder Konservierungsmittel auskommt. Auf diese Weise soll eine lagerstabile A bereitgestellt werden, die möglichst jedes Risiko für die Verträglichkeit der Formulierung vermeidet (vgl. Anlage Ast 1, Abschnitt [0011]). Diese Lagerstabilität kommt nunmehr in Merkmal 3 zum Ausdruck. Die beanspruchte Erfindung soll derart lagerstabil sein, dass sie in Fertigspritzen, Durchstichflaschen oder Ampullen abgefüllt werden und dort bis zur Applikation gelagert werden kann.

IV.
Der Gegenstand des Verfügungsgebrauchsmusters erweist sich gegenüber dem von den Antragsgegnerinnen entgegengehaltenen Stand der Technik als schutzfähig, § 1 Abs. 1 GebrMG. Keine der von den Antragsgegnerinnen vorgebrachten Druckschriften nimmt die durch eine Kombination der durch die eingetragenen Schutzansprüche 1 und 2 beanspruchte technische Lehre in der hier geltend gemachten eingeschränkten Fassung neuheitsschädlich vorweg, §§ 1 Abs. 1, 3 GebrMG. Auch haben die Antragsgegnerinnen nicht aufgezeigt, aufgrund welcher Überlegungen die durch die mittels der Beschreibung des Verfügungsgebrauchsmusters eingeschränkten Schutzansprüche 1 und 2 unter Schutz gestellte Lehre durch den genannten Stand der Technik für den Fachmann zum Zeitpunkt der Anmeldung des Verfügungsgebrauchsmusters naheliegend war, so dass auch ein erfinderischer Schritt gegeben ist, § 1 Abs. 1 GebrMG.

1.
Die durch eine Kombination der eingetragenen Schutzansprüche 1 und 2 in der nun geltend gemachten eingeschränkten Fassung beanspruchte technische Lehre wird durch den durch die Antragsgegnerinnen entgegengehaltenen Stand der Technik nicht neuheitsschädlich vorweg genommen, §§ 1 Abs. 1, 3 GebrMG.

a)
Soweit sich die Antragsgegnerinnen zunächst darauf berufen, der Verfügungsantrag sei bereits deshalb zurückzuweisen, weil aufgrund der mehrfachen Änderungen der Schutzansprüche Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Verfügungsgebrauchsmusters bestünden, überzeugt dies nicht. Anders als in der durch die Antragsgegnerinnen zitierten Entscheidung des OLG Karlsruhe (GRUR 1988, 900, 901) hat die Antragstellerin nicht eingeräumt, dass die zunächst geltend gemachte Fassung des Schutzanspruchs nicht schutzfähig ist. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Verfügungsgebrauchsmuster nicht um ein kompliziertes Schutzrecht, dessen Erfassung und Durchdringung erhebliche Fachkenntnisse erfordert, welche sich die Kammer kaum ohne ein technisches Sachverständigengutachten einholen kann. Vielmehr haben die Antragsgegnerinnen in der Antragserwiderung selbst eingeräumt, dass das Verfügungsgebrauchsmuster eine denkbar einfache Formulierung beansprucht (vgl. Schriftsatz vom 09.04.2009, S. 1).

b)
Bei der Beurteilung der Rechtsbeständigkeit des Verfügungsgebrauchsmusters gilt es weiterhin zu berücksichtigen, dass das Europäische Patentamt in dem als Anlage ASt 20 vorgelegten Bescheid vom 22.01.2009 angekündigt hat, das europäische Patent, von welchem das Verfügungsgebrauchsmuster abgezweigt wurde, zu erteilen, wobei der dortige Patentanspruch 1 weiter als der nunmehr durch die Antragstellerin geltend gemachte Anspruch gefasst ist. Beansprucht wird dort eine Flüssigformulierung von G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 20 und/oder Polysorbat 80 als Tensid und optional pharmazeutisch annehmbare Hilfsstoffe, wobei die Formulierung einen pH-Wert zwischen 4,1 und 4,4 aufweist. Dabei wird in der Patentanmeldung als Stand der Technik auch die WO 2005/042024 A1 und damit die Entgegenhaltung E5 zitiert, welche damit bereits im parallelen Patenterteilungsverfahren Berücksichtigung gefunden hat und durch den sachkundigen Prüfer nicht als neuheitsschädlich angesehen wurde.

c)
Darüber hinaus nimmt die WO 2005/042024 A1 (E5) die durch das Verfügungsgebrauchsmuster in der nunmehr geltend gemachten eingeschränkten Fassung beanspruchte technische Lehre auch in der Sache nicht neuheitsschädlich vorweg. Die Entgegenhaltung beansprucht zunächst eine stabile G-CSF-Verbindung, bei welcher der pH-Wert über 4,0 liegt und welche frei von Tensiden (vgl. E 5, Anspruch 1: „free of surfactants“) ist. Damit fehlt es zumindest an einer Offenbarung von Merkmal 1.3, nach welchem die A Polysorbat 80 als Tensid enthalten soll. Dass es nach der in der Entgegenhaltung offenbarten Lehre maßgeblich darauf ankommt, dass die G-CSF-Formulierung frei von Tensiden ist, erkennt der Fachmann auch aus der Beschreibung der Entgegenhaltung. Danach sollen Tenside – anders als dies im Stand der Technik der Fall ist – bei der in der Entgegenhaltung beanspruchten G-CSF-Formulierung möglichst vermieden werden, da diese lokale Irritationen verursachen und giftige Bestandteile enthalten können. Darüber hinaus können nach der Beschreibung der Entgegenhaltung einzelne Tenside Proteine zerstören (vgl. E5, S. 3, untere Hälfte). Im Übrigen sei auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Verzicht auf Tenside geboten (vgl. E5, S. 8 oben, vgl. zum Verzicht auf Tenside i.Ü. auch E5, S. 4f.). Dass die E5 lediglich G-CSF-Formulierungen, die frei von Tensiden sind, beansprucht, zeigt im Übrigen auch die DE 20 2007 018 629 U1. Dort wird dem Fachmann im Rahmen der Erörterung des Standes der Technik offenbart, die E5 lehre Zusammensetzungen von G-CSF, die frei von Tensiden sind (vgl. Anlage Ast 16, Abschnitt [0015]).

Ohne Erfolg berufen sich die Antragsgegnerinnen demgegenüber auf das Beispiel B-1e-2 (0,6) (vgl. E5, S. 15 oben). Zwar enthält die dort offenbarte Formulierung „K“ und damit Polysorbat 80 als Tensid. Jedoch wird der pH-Wert auf 4,4 eingestellt, so dass dieser nicht wie von Merkmal 2. gefordert zwischen 4,1 und 4,3 liegt. Grundsätzlich bestimmt und begrenzt eine eindeutige Zahlenangabe den geschützten Gegenstand jedoch abschließend, so dass ihre Über- oder Unterschreitung in der Regel nicht mehr unter den Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltung fällt (vgl. BGH GRUR 2002, 511, 512 – Kunststoffrohrteil; Schulte/Kühnen, Patentgesetz mit EPÜ, 8. Auflage, § 14 Rz. 31). Dass der Fachmann die Abweichung gleichwohl als mit dem technischen Sinngehalt der Zahlenangabe vereinbar ansieht, haben die Antragsgegnerinnen weder substantiiert dargelegt, noch ist dies ersichtlich.

Schließlich führt auch das Beispiel A (S16-1,5ACT) (E5, S. 24 unten) zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen wird der pH-Wert dort auf 4,0 ±0,1 und damit auf einen Bereich von 3,9 bis 4,1 eingestellt, so dass der pH-Wert lediglich am Rand innerhalb des durch Merkmal 2. beanspruchten Bereiches von 4,1 – 4,3 liegt. Darüber hinaus handelt es sich jedoch auch nicht um eine durch die E5 gelehrte Formulierung, sondern um eine pharmazeutische Referenzlösung („reference pharmaceutical compositions“). Dass diese Referenzlösung abgefüllt in einer Fertigspritze, Durchstichflasche oder Ampulle vorliegt (Merkmal 3) und zur Behandlung von Indikationen, bei denen die Förderung der Differenzierung und Proliferation von hämatopoetischen Vorläuferzellen und zur Aktivierung von reifen Zellen des hämapoetischen Systems Verwendung findet (Merkmal 4), offenbart die E5 nicht.

d)
Auch in der WO 2005/039620 (E4) wird die durch das Verfügungsgebrauchsmuster in der nunmehr geltend gemachten Fassung beanspruchte technische Lehre nicht neuheitsschädlich offenbart. Die Entgegenhaltung lehrt eine wässrige G-CSF-haltige Zusammensetzung, welche als Puffersubstanz Succinat und/oder Tartrat enthält und bei welcher der pH-Wert zwischen 3,5 und 6,0, besonders bevorzugt zwischen 4,5 und 5,5, liegt (vgl. E4, S. 5, Z. 22 – 26; S. 8, Z. 28 – 31 sowie S. 14, Z. 6 – 10). Damit enthält die durch die E4 beanspruchte Formulierung Succinat und/oder Tartrat, nicht aber Acetat als Puffer.

Soweit die Antragsgegnerinnen demgegenüber auf die Angaben in Tabelle 10 (E4, S. 25) verweisen, trifft es zu, dass dort eine Formulierung offenbart wird, die 10 mM Acetatpuffer, 0,004 % (w/v) K sowie 5 % (w/v) D-Sorbit enthält. Jedoch handelt es sich dabei um eine Referenzlösung, welche dazu dient, die Vorteile des Einsatzes von Succinat und/oder Tarnat als Puffer darzustellen. Es soll nachgewiesen werden, dass mit succinathaltigen Formulierungen der pH-Wert auf 5,0 gesteigert werden kann, ohne dass es zu einem wesentlichen Rückgang des Monomergehaltes kommt, während der Gehalt an monomerem G-CSF in einer acetathaltigen Formulierung bereits bei einem pH-Wert von 4,2 drastisch abnimmt (vgl. E4, S. 26, Z. 16 – 19 sowie S. 26, 9 – 14). Dies wird dem Fachmann anhand der in Tabelle 10 dargestellten Werte verdeutlicht. Während dort bei den Succinat als Puffer enthaltenden Formulierungen der Restmonomergehalt selbst bei einem pH-Wert von 5,0 bei 100  2 bzw. 99  2 liegt, beträgt der Restmonomergehalt bei dem Einsatz von Accetat lediglich 50  5. Nach der Offenbarung der Entgegenhaltung E4 weisen Formulierungen, bei denen Acetat als Pufffer Verwendung findet, demnach keine hinreichende Stabilität auf. Entsprechend entnimmt der Fachmann der Entgegenhaltung auch nicht, dass die in der Entgegenhaltung offenbarte acetathaltige Referenzlösung abgefüllt in einer Fertigspritze, Durchstichflasche oder Ampulle vorliegt und zur Behandlung von Indikationen, bei denen die Förderung der Differenzierung von hämatopoetischen Vorläuferzellen und die Aktivierung von reifen Zellen des hämatopoetischen Systems durch die Verabreichung von G-CSF vorteilhaft ist, Verwendung findet (Merkmale 3 und 4). Soweit die Entgegenhaltung beschreibt, dass die Formulierung in Ampullen abgefüllt werden kann (vgl. E4, S. 5, Z. 14 – 16), bezieht sich dies allein auf succinathaltige und/oder tartrathaltige Substanzen. Gerade das Succinat und/oder das Tartrat verhindere eine unerwünschte Aggregatbildung oder andere Nebenreaktionen des G-CSF-Proteins und damit Aktivitätsverluste (vgl. E4, Z. 18 – 20). Demgegenüber geht die Entgegenhaltung, insbesondere in den Beispielen, davon aus, dass Formulierungen, bei denen Acatat als Puffer eingesetzt wird, keine hinreichende Stabilität aufweisen (vgl. E4, S. 26, Z. 9 – 14). Dies erkennt der Fachmann insbesondere auch aus der in der Entgegenhaltung offenbarten Tabelle 10 selbst, nach welcher der Restmonomergehalt bei dem Einsatz von Acetat als Puffer deutlich geringer als beim Einsatz von Succinat ist.

2.
Die durch das Verfügungsgebrauchsmuster beanspruchte Lehre in der durch die Antragstellerin geltend gemachten eingeschränkten Fassung beruht auch auf einem erfinderischen Schritt.

a)
Für die Beurteilung des Vorliegens eines erfinderischen Schrittes kann bei Berücksichtigung der Unterschiede, die sich daraus ergeben, dass der Stand der Technik im Gebrauchsmusterrecht hinsichtlich mündlicher Beschreibungen und hinsichtlich von Benutzungen außerhalb des Geltungsbereichs des Gebrauchsmustergesetzes in § 3 GebrMG abweichend definiert ist, auf die im Patentrecht entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Zwischen den Kriterien des „erfinderischen Schritts“ im Gebrauchsmusterrecht und der „erfinderischen Tätigkeit“ im Patentrecht besteht kein Unterschied. Es handelt sich um ein qualitatives und nicht etwa um ein quantitatives Kriterium. Dies bedeutet, dass es allein auf das Können und das Wissen des Fachmanns ankommt und damit letztlich auf dessen Verstandestätigkeit (Nirk, Anmerkung zu BGH GRUR 2006, 842 ff. in GRUR 2006, 848, 849). Es verbietet sich mithin, Naheliegendes etwa unter dem Gesichtspunkt, dass der Fachmann nicht bereits auf der Grundlage seines allgemeinen Fachkönnens und bei routinemäßiger Berücksichtigung des Stands der Technik ohne Weiteres finden könne, als auf einem erfinderischen Schritt beruhend zu bewerten (vgl. BGH GRUR 2006, 842 – Demonstrationsschrank).

b)
Von diesen Überlegungen ausgehend beruht die durch das Verfügungsgebrauchsmuster beanspruchte technische Lehre auch auf einem erfinderischen Schritt. Insbesondere wird die erfindungsgemäße technische Lehre nicht durch eine Kombination der E4 mit der E5 nahegelegt. Die E4 offenbart den Einsatz von Succinat und Tartrat als Puffer, da ein Acetatpuffer keine hinreichende Stabilität aufweise. Somit führt die Offenbarung der E4 von der erfindungsgemäßen Lehre weg. Des Weiteren lehrt die E5 Formulierungen unter Verzicht des Einsatzes von Tensiden und damit auch von Polysorbat 80, so dass auch die E5 von der erfindungsgemäßen Lehre wegführt. Es ist weder erkennbar noch durch die Antragsgegnerinnen dargelegt, dass der Fachmann gleichwohl die E4 mit der E5 kombiniert und sowohl Acetat als Puffer als auch Polysorbat 80 als Tensid einsetzt.

V.
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen die durch eine Kombination der durch die eingetragenen Schutzansprüche 1 und 2 des Verfügungsgebrauchsmusters in der hier geltend gemachten eingeschränkten Fassung unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß.

Zurecht haben die Antragsgegnerinnen nicht in Abrede gestellt, dass es sich bei den angegriffenen Ausführungsformen um Flüssigformulierungen von G-CSF, enthaltend G-CSF als Wirkstoff, Acetat als Puffer, Polysorbat 80 als Tensid und Sorbitol als isotonisierendes Mittel (Merkmalsgruppe 1) handelt, welche einen pH-Wert zwischen 4,1 und 4,3 aufweisen (Merkmal 2). Des Weiteren werden die angegriffenen Ausführungsformen, wie sich aus den als Anlagen Ast 13 sowie Ast 14 a und b vorgelegten Produktblättern ergibt, als Fertigspritzen angeboten (Merkmal 3). Schließlich finden die angegriffenen Ausführungsformen bei der Behandlung von Indikationen, bei denen die Förderung der Differenzierung und Proliferation von hämatopoetischen Vorläuferzellen und die Aktivierung von reifen Zellen des hämatopoetischen Systems vorteilhaft ist, Verwendung (Merkmal 4). Wie der Fachmann der allgemeinen Beschreibung des Verfügungsgebrauchsmusters entnimmt, spielt das in den angegriffenen Ausführungsformen enthaltene G-CSF eine entscheidende Rolle bei der Hämatopoese und fördert die Proliferation und Differenzierung von hämatopoetischen Vorläuferzellen und die Aktivierung von Neutrophilen (vgl. Anlage Ast 1, Abschnitt [0002]). Dass diese allgemeinen Wirkungen von G-CSF auch bei den angegriffenen Ausführungsformen eintreten, erschließt sich aus den als Anlagen Ast 13 sowie Ast 14a und Ast 14b vorgelegten Produktblättern. Danach werden die angegriffenen Ausführungsformen zur Verkürzung der Dauer von Neutopenien sowie zur Verminderung der Häufigkeit neutropenischen Fiebers verwendet. Darüber hinaus finden sie Verwendung, um die Anzahl von neutrophilen Granulozyten zu erhöhen und die Häufigkeit und Dauer von infektionsbedingten Symptomen zu vermindern.

VI.
Ohne Erfolg haben sich die Antragsgegnerinnen auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen, § 13 Abs. 3 GebrMG i.V.m. § 12 Abs. 1 PatG.

Nach dem Vortrag der Antragsgegnerinnen befanden sich nicht sie selbst im Prioritätszeitpunkt im Erfindungsbesitz, sondern die D AG. Es kann dahinstehen, ob diese den Erfindungsbesitz im Prioritätszeitpunkt tatsächlich erlangt und diesen durch Veranstaltungen zur alsbaldigen Inbenutzungnahme hinreichend betätigt hat. Insbesondere braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, ob die durch die durch die D AG gefassten Beschlüsse zum Eintritt in die Phase I- bzw. Phase III-Studien oder die durch Dr. F als sachkundige Person erfolgte Besichtigung und formelle Freigabe auf dem Flughafen Frankfurt/Main hinreichende Veranstaltungen zur alsbaldigen Inbenutzungnahme in Deutschland darstellen. Jedenfalls haben die Antragsgegnerinnen nicht hinreichend dargelegt, dass die Veranstaltungshandlungen der D AG bzw. von Dr. F den Antragsgegnerinnen zuzurechnen sind.

Grundsätzlich entsteht das Vorbenutzungsrecht in der Person dessen, der sich im Erfindungsbesitz befindet und diesen betätigt, es handelt sich um die Zuordnung tatsächlicher Vorgänge und nicht um vertrags- oder deliktsrechtliche Fragen (BGH GRUR 1993, 460 – Wandabstreifer). Zu Recht weisen die Antragsgegnerinnen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gleichwohl die Kenntnis und Tätigkeit des weisungsgebundenen Gehilfen dem Geschäftsherrn zugerechnet werden. Dass jedoch die D AG tatsächlich bei der Entwicklung der nach dem Vortrag der Antragsgegnerinnen das private Vorbenutzungsrecht begründenden Formulierung mit der Bezeichnung „E“ als Gehilfin der Antragsgegnerinnen tätig geworden ist, erschließt sich aus dem Vorbringen der Antragsgegnerinnen nicht. Es mag sein, dass die Antragsgegnerin zu 1) nach den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Rahmenverträgen, insbesondere über ihre Mitgliedschaft im paritätisch besetzten Steering Commitee, ein Mitspracherecht bei der Entwicklung dieser Formulierung hatte. Dass die D AG demgegenüber als Gehilfin und damit weisungsgebunden gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) tätig war, erschließt sich daraus nicht. Vielmehr sieht der hier maßgebliche und durch die Antragsgegnerinnen in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläuterte Rahmenvertrag vom 07.02.2002 ebenso wie der Rahmenvertrag vom 22.12.2004 unter Ziffer 1.2.3. ausdrücklich vor, dass die D AG im Rahmen des Vertragsgegenstandes eine umfassende und ausschließliche Zuständigkeit und Entscheidungskompetenz hinsichtlich aller die biotechnologische Entwicklung von Generika betreffenden Sachfragen hat. Der darüber hinaus vorgelegte Dienstleistungsvertrag (Auslegungsvereinbarung zum Rahmenvertrag vom 22.12.2004) wurde demgegenüber erst am 04.07.2007 und damit deutlich nach den hier streitgegenständlichen Vorbenutzungshandlungen geschlossen, so dass dieser nicht entscheidungserheblich ist. Im Übrigen findet sich in dem als Anlage AG 11 vorgelegten Einzelauftrag zur Entwicklung von G-CSF, welcher den zwischen der Antragsgegnerin zu 1) und der D AG bestehenden Rahmenvertrag ergänzt, eine Bestimmung, wonach die D AG die Patentgarantie für den Vertrieb in Europa übernimmt. Weitere Bestimmungen zur näheren Ausgestaltung des Auftragsverhältnisses zwischen der Antragsgegnerin zu 1) als Auftraggeberin und der D AG als Auftragnehmerin enthält dieser Einzelauftrag über die Beteiligung eines Steering Committees hinaus ebenfalls nicht. Jedenfalls wurde dies von den Antragsgegnerinnen nicht vorgetragen.

Im Übrigen kommt es für die Frage der Zurechnung der Veranstaltungen des Herrn Dr. F und der D AG an die Antragsgegnerinnen nicht auf die vertraglichen Beziehungen der Beteiligten zueinander, sondern auf deren praktische Umsetzung bei der Entwicklung, Erprobung und Freigabe der nach dem Vortrag der Antragsgegnerinnen das Vorbenutzungsrecht begründenden Formulierung „E“ an. Es mag sein, dass die Veranstaltungshandlungen des Herrn Dr. F von der G GmbH der D AG zugerechnet werden können. Demgegenüber erschließt sich weder aus dem Vorbringen der Antragsgegnerinnen noch aus den vorgelegten Unterlagen, dass die D AG im Rahmen der Entwicklung, Erprobung und Freigabe der Formulierung „E“ tatsächlich weisungsgebunden als Gehilfin der Antragsgegnerinnen tätig war.

Zunächst fasst der als Anlagen AG 4 und AG 4a vorgelegte Bericht der L vom 27.05.2003 die Daten der Bewertung einer Serie von Flüssigformulierungen für E-Arzneimittel zusammen, wobei der Bericht auf eine Vereinbarung zwischen der D AG und der L Bezug nimmt. Auf der Basis dieses Berichtes hat sich die D AG ausweislich des als Anlage AG 8 vorgelegten Protokolls vom 24.09.2003 für eine Formulierung mit einem pH-Wert zwischen 4,0 und 4,3 entschieden, wobei der pH-Wert mittels Natriumhydroxid (NaOH) auf einen Wert von 4,2 eingestellt werden sollte. Des Weiteren hat die D AG mit Unternehmensbeschluss vom 11.11.2003 (Anlage AG 6) den Eintritt in die klinische Erprobung für Phase I-Studien und entsprechend mit Unternehmensbeschluss vom 13.12.2004 den Eintritt in die Phase III-Studien beschlossen (vgl. Anlage AG 7). Darüber hinaus findet sich auf dem als Anlagen AG 9 und AG 9a vorgelegten Freigabezertifikat, dass das Prüfpräparat von M, Toluca, Mexiko hergestellt, von Ropack Packaging, Ville d’Anjou, Kanada, verpackt und durch die G GmbH, Ulm, importiert und freigegeben wurde.

Schließlich bestätigt auch Herr Dr. O in der als Anlage AG 5 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung, dass die D AG im Auftrag der Antragsgegnerin zu 1) ein G-CSF-haltiges Arzneimittel entwickelt hat, wobei die eigentliche Entwicklung durch die L erfolgt sei. Da die Formulierung von L als hinreichend stabil bewertet worden sei, habe die D AG am 11.11.2003, nachdem bereits am 31.07.2003 die Entscheidung zugunsten der von L empfohlenen Formulierung gefallen gewesen sei, beschlossen, mit dieser Formulierung in die regulatorisch vorgeschriebene Phase I-Studie zur Erlangung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung einzutreten. Die Phase I-Studie sei ab Ende 2003 durchgeführt worden. Am 13.12.2004 sei daraufhin der Unternehmensbeschluss gefasst worden, mit der Formulierung Phase III-Studien durchzuführen. Schließlich seien die Prüfmuster für die Phase III-Studien aus Kanada kommend nach Frankfurt am Main importiert worden und dort von Herrn Dr. F, einer sachkundigen Person der mit der D AG verbundenen G GmbH, für die D AG untersucht worden.

Soweit sich die Antragsgegnerinnen im Hinblick auf eine Zurechnung an die Antragsgegnerin zu 2) im Übrigen darauf berufen, die Antragsgegnerin zu 1) habe der Antragsgegnerin zu 2) bereits am 01.01.2005 auch für die streitgegenständlichen Arzneimittel ein Nutzungsrecht eingeräumt und dafür eine zweite Dublette unter dem Namen „C“ beantragt, welche der Antragsgegnerin zu 2) überlassen worden sei, vermag dies auch unter Berücksichtigung des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lizenzvertrages ein Vorbenutzungsrecht der Antragsgegnerin zu 2) nicht zu begründen. Insoweit ist bereits nicht erkennbar, dass die D AG als Gehilfin der Antragsgegnerin zu 2) tätig war.

VII.
Die Antragstellerin hat auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes glaubhaft gemacht.

1.
Die hierfür erforderliche Dringlichkeit ist dann zu verneinen, wenn der Verletzte ohne einleuchtenden Grund mit dem Vorgehen gegen die Gebrauchsmusterverletzung längere Zeit zugewartet hat (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Auflage, § 139 Rz. 153 c). Sobald der Antragsteller Kenntnis des mutmaßlich gebrauchsmusterverletzenden Erzeugnisses erlangt hat, ist es seine Pflicht, anhand des ihm vorliegenden Produkts den Verletzungstatbestand aufzuklären, genauso wie es seine Obliegenheit ist zu klären, welche Schutzrechte bei der gegebenen Ausgestaltung gegeben sein können (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Auflage, Rz. 676).

Diesen Anforderungen hat die Antragstellerin durch ihr Verhalten entsprochen. Das Verfügungsgebrauchsmuster wurde erst am 11.12.2008 eingetragen. Nachdem die Antragstellerin am 05.02.2009 die daraufhin bei Prof. P in Auftrag gegebenen Gutachten zum pH-Wert der angegriffenen Ausführungsformen erhalten hat (vgl. Anlagen Ast 17a und Ast 17b), hat die Antragstellerin am 19.02.2009 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Damit hat die Antragstellerin nach Eintragung des Verfügungsgebrauchsmusters die Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht unangemessen hinausgezögert. Die Antragstellerin hat durch ihr vorgerichtliches Verhalten insbesondere nicht zu erkennen gegeben, auf eine vorläufige Regelung nicht angewiesen zu sein. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin die Abzweigung des Verfügungsgebrauchsmusters ohne sachlichen Grund hinausgezögert hat, bestehen nicht.

2.
Angesichts der glaubhaft gemachten Verletzung des Verfügungsgebrauchsmusters sowie des hinreichend gesicherten Rechtsbestandes streitet im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung für den Erlass einer einstweiligen Regelung der Umstand, dass der Antragstellerin durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil entsteht. Die Antragsgegnerinnen erzielen durch ihr gebrauchsmusterverletzendes Verhalten fortlaufend Gewinne und sind des Weiteren in der Lage, sich fortlaufend Marktanteile zu Lasten der Antragstellerin zu sichern. Dies gilt umso mehr, da die Antragstellerin derzeit noch nicht mit einem eigenen Filgrastim-Biosimilar auf dem Markt ist, dies aber – was die Antragsgegnerinnen nicht bestreiten – in Zukunft beabsichtigt. Dafür hat die Antragstellerin unstreitig bereits Investitionen in der Gesamthöhe eines zweistelligen Millionenbetrages getätigt. Damit besteht für die Antragstellerin die dringende Gefahr, dass der Markt durch den vorzeitigen Markteintritt der Antragsgegnerinnen zwischenzeitlich aufgeteilt ist und die Antragstellerin damit keine realistische Möglichkeit mehr besitzt, einen angemessenen Marktanteil zu erhalten und ihre Investitionen zu amortisieren. Soweit die Antragsgegnerinnen demgegenüber mit Nichtwissen bestreiten, dass die Antragstellerin einen Zulassungsantrag für ein wie im Verfügungsgebrauchsmuster formuliertes Arzneimittel eingereicht oder gar schon eine Zulassung erhalten hat, kommt es darauf für das Vorliegen eines berechtigten Interesses der Antragstellerin an der durch sie begehrten einstweiligen Verfügung ebensowenig an wie auf die Tatsache, dass es am Markt bereits mehrere G-CSF-haltige Arzneimittel gibt. Bereits die Tatsache, dass die Antragstellerin in Zukunft beabsichtigt, mit einem eigenen Filgrastim-Biosimilar auf den Markt zu kommen, begründet unter Berücksichtigung der durch die Antragstellerin bereits getätigten Investitionen in der Gesamthöhe eines zweistelligen Millionenbetrages deren berechtigtes Interesse am Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung. Demgegenüber bietet § 945 ZPO in Verbindung mit tenorierten Sicherheitsleistung für den Fall der vorläufigen Vollstreckung dieses Urteils den Antragsgegnerinnen hinreichenden Schutz.

VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.

Im Hinblick auf die angeordnete Sicherheitsleistung hat die Kammer von dem ihr nach § 938 ZPO eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Die Sicherheitsleistung ist geboten, um zu gewährleisten, dass der Unterlassungsausspruch nicht unter geringeren Bedingungen (nämlich ohne Sicherheitsleistung) vollstreckbar ist als bei einem erstinstanzlichen Hauptsacheurteil, dessen vorläufige Vollstreckbarkeit gemäß § 709 ZPO regelmäßig von der Leistung einer Sicherheit abhängt (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Auflage, Rz. 667).

Der Streitwert wird auf 5.000.000,- EUR festgesetzt.