4a O 43/09 – Pressring

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1090

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. März 2009, Az. 4a O 43/09

Rechtsmittelinstanz: 2 U 52/09

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 09.03.2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Zwangsvollstreckung der Antragsgegner durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegner wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 0 627 xxx B1 (Verfügungspatent) im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch. Eingetragener Inhaber des Verfügungspatents ist Herr A. Dieser schloss mit der Antragstellerin einen Lizenzvertrag, mit dem der Antragstellerin die Nutzung der mit dem Verfügungspatent geschützten Erfindung gewährt wurde. Mit Vereinbarung vom 06.03.2009 ermächtigte er darüber hinaus die Antragstellerin, bestehende Unterlassungsansprüche aus dem Verfügungspatent gegen die Antragsgegner gerichtlich im eigenen Namen geltend zu machen.

Das Verfügungspatent wurde am 10.04.1991 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 12.04.1990 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet. Der Hinweis auf die Erteilung des Verfügungspatents wurde am 13.01.1999 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft. Die Antragsgegnerin zu 1), damals noch handelnd unter der Bezeichnung C GmbH & Co. KG, erhob im März 2008 Nichtigkeitsklage mit dem Antrag, das Verfügungspatent für nichtig zu erklären. Daraufhin wurde das Verfügungspatent mit Urteil des Bundespatentgerichts vom 05.03.2009 teilweise für nichtig erklärt.

Das Verfügungspatent bezieht sich auf Presswerkzeuge. Der Patentanspruch 1 des Verfügungspatents lautet in der vom Bundespatentgericht aufrechterhaltenen und hier von der Antragstellerin geltend gemachten Fassung wie folgt:

1. Kombination aus Presswerkzeug (91, 92) einerseits sowie Kupplungswerkstück (101) und Rohrende (108) als Werkstücke (101, 108) andererseits mit mehr als zwei Pressbacken (94, 95, 110, 111), welche unter Bildung eines Pressrings (93, 109) gelenkartig miteinander verbunden sind und mit Hilfe wenigstens einer Antriebseinrichtung (103) im Wesentlichen radial nach innen bewegbar sind, wobei der Pressring (93, 109) für den Verpressvorgang um die Werkstücke (101, 108) herumlegbar und dann schließbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass die Geometrie von Pressring (93, 109) und Werkstücken (101, 108) derart aneinander angepasst ist, dass einerseits die Werkstücke (101, 108) von dem Pressring (93, 109) nach dem Herumlegen um diese nicht vollständig umschließbar sind und dass andererseits durch Schließen des Pressrings (93, 109) eine Verpressung mit plastischer Verformung bewirkbar ist, und dass die zumindest eine Antriebseinrichtung (103) so ausgebildet ist, dass mit ihr der Pressring (93, 109) aus der Stellung nach dem Herumlegen um die Werkstücke (101, 108) in die Schließstellung bewegbar ist, wobei die Antriebseinrichtung(en) (103) von dem Pressring (93, 109) trennbar ist bzw. sind und die Antriebseinrichtung(en) (103) und der Pressring (93, 109) Kupplungselemente (102, 105, 118) aufweisen, über die die Antriebseinrichtung(en) (103) mit den freien Enden des Pressrings (93, 109) in Wirkverbindung bringbar sind, und wobei zumindest ein Teil der Pressbacken (94, 95; 111) in Pressbackenträgern (97; 113) relativ zu diesen in Umfangsrichtung (K, M) bewegbar geführt ist.

Nachfolgend werden in leicht verkleinerter Form aus der Verfügungspatentschrift stammende zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung abgebildet. Figur 1 zeigt jeweils hälftig zwei verschiedene Presswerkzeuge in der Offenstellung. In Figur 2 sind die beiden Presswerkzeuge aus Figur 1 in der Schließstellung dargestellt.

Die Antragsgegnerin zu 1) und die Antragsgegnerin zu 4), deren Geschäftsführer die Antragsgegner zu 2) und 3) sind, stellen her und vertreiben in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung B Pressring (PR) Pressringe mit so genannten Zwischenzangen (angegriffene Ausführungsform). Die technische Zeichnung eines solchen angegriffenen Pressrings mit der dazugehörigen Zwischenzange ist nachfolgend abgebildet, einmal in einer dreidimensionalen Ansicht und einmal in einer Konstruktionszeichnung mit der von der Antragstellerin vorgenommenen Beschriftung.

Nach einem ersten Schriftwechsel im Jahr 2003 kam es im Februar und März 2007 zu einem weiteren Schriftwechsel zwischen den Parteien über eine mittelbare Verletzung und die Frage der Schutzfähigkeit des Verfügungspatents. Die Antragsgegner bestritten, auf der Messe ISH in Frankfurt im März 2007 ein Presswerkzeug vorgestellt zu haben, das vom Verfügungspatent Gebrauch machte. Da die Antragstellerin den Nachweis für Angebots- und Lieferhandlungen im Inland nicht führen konnte, wurde die Korrespondenz zunächst nicht fortgesetzt. Im März 2008 entdeckte die Antragstellerin, dass die Antragsgegner Presswerkzeuge auf einer Messe in Mailand ausstellten. Sie ging davon aus, dass diese Werkzeuge das Verfügungspatent verletzten, konnte aber wiederum nicht nachweisen, dass Angebots- und Lieferhandlungen in der Bundesrepublik Deutschland begangen wurden. Im Februar 2009 stellte die Antragstellerin erstmals fest, dass die Antragsgegner die angegriffene Ausführungsform auch in der Bundesrepublik Deutschland mit dem als Anlage ASt 13 vorgelegten Katalogauszug anboten.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Verfügungspatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Nach der patentgemäßen Lehre werde keine direkte gelenkige Verbindung zwischen den Pressbacken verlangt, so dass auch eine Verbindung über die Pressbackenträger wie bei der angegriffenen Ausführungsform ausreichend sei. Weiterhin könne die im Verfügungspatentanspruch erwähnte „geführte“ Bewegung in gleicher Weise durch eine Schwenkbewegung vorgenommen werden. Diese erfolge bei den Pressbacken der angegriffenen Ausführungsform auch in Umfangsrichtung. Betrachte man bei einer Verschwenkung der Pressbacke um den Verbindungsbolzen mit dem Pressbackenträger einzelne Punkte auf der Innenkontur der Pressbacken, enthalte die resultierende Bewegung im Wesentlichen immer auch eine Komponente in Umfangsrichtung, weil die Schwenkbewegung auf wenige Winkelgrade beschränkt sei.
Im Übrigen bestehe auch ein Verfügungsgrund, weil die Antragstellerin erstmals im Februar 2009 Kenntnis von Angebotshandlungen der Antragsgegner in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe. Vorher sei ihr ein Vorgehen gegen die Antragsgegner nicht möglich gewesen, weil der Nachweis von Angebotshandlungen im Inland nicht habe geführt werden können. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei auch im Hinblick auf das noch anhängige Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht nicht früher zumutbar gewesen.
In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin ergänzend die Ansicht vertreten, dass es nicht erforderlich sei, die Bewegung der Pressbacke in Bezug auf die Pressbackenträger zu betrachten. Eine Bewegung in Umfangsrichtung sei bereits dann gegeben, wenn der Spalt zwischen der beweglichen und der oberen Pressbacke im Zuge des Pressvorgangs geschlossen werde. Dies sei bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Insofern finde auch eine Schiebeführung der Pressbacken in Bezug auf den oberen Pressbackenträger statt.

Die Antragstellerin beantragt,

den Antragsgegnern es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an den Antragsgegnern zu 2) und 3), zu untersagen
Presswerkzeuge mit mehr als zwei Pressbacken, welche unter Bildung eines Pressrings gelenkartig miteinander verbunden sind und mit Hilfe wenigstens einer Antriebseinrichtung im Wesentlichen radial nach innen bewegbar sind, wobei der Pressring für den Verpressvorgang um eine ineinander geschobene Kombination von Pressfitting und Rohrende herumlegbar und dann schließbar ist,
im Geltungsbereich des deutschen Teils DE 591 09 xxx.2 des europäischen Patents 0 627 xxx ohne Zustimmung der Antragstellerin zur Herstellung von Rohrverbindungen, bei denen rohrförmige Werkstücke, nämlich ein Kupplungswerkstück und jeweils ein Rohrende, in radialer Richtung mittels Presswerkzeugs plastisch verformt werden, anzubieten oder zu liefern oder anbieten oder liefern zu lassen,
hilfsweise in der Zeit vom 10.03. bis zum 14.03.2009 auf der Messe ISH auf dem Gelände der Messe Frankfurt in Frankfurt am Main auszustellen, anzubieten oder zu liefern,
bei denen die Geometrie von Pressring und Werkstücken derart aneinander angepasst ist, dass einerseits die Werkstücke von dem Pressring nach dem Herumlegen um diese nicht vollständig umschließbar sind und dass andererseits durch Schließen des Pressrings eine Verpressung mit plastischer Verformung bewirkbar ist, und bei denen die zumindest eine Antriebseinrichtung so ausgebildet ist, dass mit ihr der Pressring aus der Stellung nach dem Herumlegen um die Werkstücke in die Schließstellung bewegbar ist, wobei die Antriebseinrichtung(en) von dem Pressring trennbar ist bzw. sind und die Antriebseinrichtung(en) und der Pressring Kupplungselemente aufweisen, über die die Antriebseinrichtung(en) mit den freien Enden des Pressrings in Wirkverbindung bringbar sind, und bei denen zumindest ein Teil der Pressbacken in Pressbackenträgern relativ zu diesen in Umfangsrichtung bewegbar geführt ist.

Die Antragsgegner beantragen,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie sind der Ansicht, durch die angegriffene Ausführungsform werde das Verfügungspatent nicht wortsinngemäß verletzt. Entgegen der Lehre des Verfügungspatentanspruchs seien die Pressbacken der angegriffenen Ausführungsform nicht gelenkig miteinander verbunden. Vielmehr seien die Pressbacken an dreieckförmigen Ringabschnitten befestigt, die ihrerseits gelenkig miteinander verbunden seien. Außerdem seien die Pressbacken nicht relativ zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung beweglich geführt. Die Bewegung in Umfangsrichtung sei von der ebenfalls im Verfügungspatentanspruch erwähnten Radialbewegung der Pressbacken zu unterscheiden. Die Pressbackenträger der angegriffenen Ausführungsform seien lediglich schwenkbar um eine Achse gelagert, über die sie auch mit dem zugehörigen Ringabschnitt verbunden seien. Diese Schwenkbewegung stelle keine Bewegung in Umfangsrichtung dar. Dies werde auch aus dem Begriff „geführt“ deutlich, der eine Schiebebewegung und keine Schwenkbewegung verlange.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, aber unbegründet.

A
Der Antrag ist zulässig.

Die Antragstellerin ist prozessführungsbefugt. Sie selbst ist zwar nicht eingetragene Inhaberin des Verfügungspatents, ist aber gleichwohl befugt, die Rechte des Patentinhabers A im eigenen Namen geltend zu machen. Der Antragstellerin wurde vom Patentinhaber A eine Lizenz für die Nutzung der patentierten Erfindung eingeräumt. Es kann dahinstehen, ob es sich dabei um eine ausschließliche Lizenz handelt. Denn jedenfalls hat Herr A die Antragstellerin im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft ermächtigt, den ihm zustehenden Unterlassungsanspruch im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Die schriftliche Prozessführungsermächtigung erfolgte am 06.03.2009. Das eigene Interesse der Antragstellerin an der Prozessführung ergibt sich aus dem Umstand, dass sie hinsichtlich des Verfügungspatents eine Lizenz innehat und Verletzungshandlungen auch den Umsatz der Antragstellerin betreffen. Berechtigte Interessen der Antragsgegner stehen der gewillkürten Prozessstandschaft nicht entgegen.

B
Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Antragstellerin keinen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Der von der Antragstellerin gegen die Antragsgegner im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG.

I.
Das Verfügungspatent schützt im Patentanspruch 1 ein Presswerkzeug.

In der Beschreibung des Verfügungspatents wird ausgeführt, dass zur Verbindung von Rohrenden metallene, plastisch verformbare Kupplungshülsen verwendet werden, die radial zusammengepresst werden, so dass ihre Innenfläche an der Mantelfläche der Rohrenden anliegt. Das radiale Zusammenpressen geschieht mittels Presswerkzeugen. Ein solches Presswerkzeug wird in der Patentschrift DE 21 36 782 beschrieben. Es weist zwei jeweils zweiarmig ausgebildete Klemmbacken auf, von denen wenigstens eine schwenkbar an dem Presswerkezug gelagert ist. Die Pressbacken haben Kreisbogenabschnitte bildende oder anderweitig konturierte Pressflächen mit gleichen Radien, die einen Pressraum einschließen. Die Pressbacken können über vom Pressraum entfernt liegende Arme gegeneinander bewegt werden.

Eine Weiterentwicklung dieses Presswerkzeugs wird in der Offenlegungsschrift DE 34 23 283 beschrieben. Bei diesem Werkzeug sind zwei Pressbacken vorgesehen, die jeweils an einem Antriebshebel schwenkbar gelagert sind. Werden die Antriebshebel mittels eines Arbeitszylinders gespreizt, bewegen sich die Pressbacken aufeinander zu. Dabei sind die Pressbacken zusätzlich in Kulissen geführt, damit sie beim Verschwenken der Antriebshebel in Öffnungsrichtung um ihre Anlenkpunkte an den Antriebshebeln aufgeschwenkt werden. Dadurch entsteht zwischen den Stirnseiten der Pressbacken eine weite, maulartige Öffnung, die die Aufnahme der zu verbindenden Rohrenden beziehungsweise einer Kupplungshülse erleichtert. Beim Verschwenken der Antriebshebel in umgekehrter Richtung werden die Klemmbacken wieder so verschwenkt, dass die Mittelsenkrechten auf ihre Bogenabschnitte in etwa ineinander fallen und die Klemmbacken beim weiteren Verschwenken der Antriebshebel parallel gegeneinander verschoben werden. Währen des Pressvorgangs werden die Klemmbacken weiter gegeneinander bewegt, bis sie schließlich eine Kreisfläche einschließen und dabei die Rohrenden beziehungsweise die Kupplungshülse verformt haben.

Die Verfügungspatentschrift führt dazu aus, dass sich das soeben dargestellte Presswerkzeug bewährt habe, wenn eine nicht zu große Durchmesserverkleinerung beziehungsweise Einpresstiefe gefordert werde. Bei größeren Einpresstiefen, beispielsweise wenn das Rohr höheren Innendrücken standhalten solle, sei es erforderlich, mehr als zwei Pressbacken vorzusehen, damit sich zwischen den Stirnseiten der Pressbacken keine nach außen vorstehenden Stege ausbilden, die ein vollständiges Schließen der Pressbacken verhinderten. Solche Presswerkzeuge mit drei Pressbacken werden unter anderem in der DE 21 18 782, DE 35 13 129, DE 25 11 942 und DE 19 07 956 beschrieben. Bei diesen Presswerkzeugen sind die Pressbacken beweglich und in radialer Richtung geführt. Damit geht nach der Beschreibung des Verfügungspatents der Nachteil einher, dass aufwendige Führungen und Antriebseinrichtungen erforderlich seien, wodurch die Presswerkzeuge schwer, schlecht handhabbar und auch teuer seien.

Dem Verfügungspatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe zu Grunde, ein Presswerkzeug so zu gestalten, dass es trotz der Anordnung von mehr als zwei Pressbacken möglichst einfach und damit leicht handhabbar ausgebildet sowie kostengünstig herzustellen ist.

Dies soll durch den Verfügungspatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

Kombination aus Presswerkzeug (91, 92) einerseits sowie Kupplungswerkstück (101) und Rohrende (108) als Werkstücke (101, 108) andererseits
1. mit mehr als zwei Pressbacken (94, 95, 110, 111),
a) welche unter Bildung eines Pressrings (93, 109) gelenkartig miteinander verbunden sind und
b) mit Hilfe wenigstens einer Antriebseinrichtung (103) im Wesentlichen radial nach innen bewegbar sind,
2. wobei der Pressring (93, 109) für den Verpressvorgang um die Werkstücke (101, 108) herumlegbar und dann schließbar ist.
3. wobei die Geometrie von Pressring (93, 109) und Werkstücken (101, 108) derart aneinander angepasst ist,
a) dass einerseits die Werkstücke (101, 108) von dem Pressring (93, 109) nach dem Herumlegen um diese nicht vollständig umschließbar sind und
b) dass andererseits durch Schließen des Pressrings (93, 109) eine Verpressung mit plastischer Verformung bewirkbar ist, und
4. wobei die zumindest eine Antriebseinrichtung (103) so ausgebildet ist, dass mit ihr der Pressring (93, 109) aus der Stellung nach dem Herumlegen um die Werkstücke (101, 108) in die Schließstellung bewegbar ist,
5. wobei die Antriebseinrichtung(en) (103) von dem Pressring (93, 109) trennbar ist bzw. sind und
6. die Antriebseinrichtung(en) (103) und der Pressring (93, 109) Kupplungselemente (102, 105, 118) aufweisen,
7. über die Kupplungselemente sind die Antriebseinrichtung(en) (103) mit den freien Enden des Pressrings (93, 109) in Wirkverbindung bringbar, und
8. zumindest ein Teil der Pressbacken (94, 95; 111) ist in Pressbackenträgern (97; 113) relativ zu diesen in Umfangsrichtung (K, M) bewegbar geführt.

II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Verfügungspatentanspruchs nicht wortsinngemäß Gebrauch, da keine der Pressbacken in den Pressbackenträgern relativ zu diesen in Umfangsrichtung bewegbar geführt ist (Merkmal 8).

1. Aus dem Wortlaut des Verfügungspatentanspruchs wird deutlich, dass die Bewegung der Pressbacken in Bezug auf die Pressbackenträger in Umfangsrichtung erfolgen soll. Es ist also unbeachtlich, in welche Richtung sich die Pressbacken mit den Pressbackenträgern im Laufe des Pressvorgangs bewegen. Maßgeblich ist eine Bewegbarkeit in Relation zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung. Mit dem Umfang ist der durch die Pressbacken gebildete Pressring gemeint (vgl. Merkmal 1a). Diese Auslegung wird durch die Merkmalsgruppe 1 gestützt. Demnach sind die Pressbacken unter Bildung eines Pressrings gelenkartig miteinander verbunden und durch eine Antriebseinrichtung im Wesentlichen radial nach innen bewegbar. Die Merkmalsgruppe 1 beschreibt also die für alle Presswerkzeuge der vorliegenden Art erforderliche radiale Bewegung der Pressbacken. Von dieser Bewegung in Richtung Zentrum des Pressrings ist die in Merkmal 8 beschriebene Bewegung in Umfangsrichtung relativ zu den Pressbackenträgern zu unterscheiden.

Die Beschreibung des Verfügungspatents, die gemäß Art. 69 EPÜ ebenso wie die Zeichnungen zur Auslegung des Verfügungspatentanspruchs heranzuziehen ist, zeigt ebenfalls, dass die Pressbacken – unabhängig von der in der Merkmalsgruppe 1 beschriebenen Radialbewegung – in Bezug auf die Pressbackenträger in Umfangsrichtung bewegbar sein müssen. Zum Stand der Technik führt die Verfügungspatentschrift aus, dass Kupplungshülsen zur Verbindung von Rohrenden mittels Presswerkzeugen radial zusammengepresst werden (Sp. 1 Z. 9-22; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Verfügungspatentschrift, Anlage ASt1). Darüber hinaus gab es bereits im Stand der Technik Presswerkzeuge, deren Pressbacken neben der erforderlichen Radialbewegung „zusätzlich in Kulissen“ geführt sind (Sp. 1 Z. 52 f). Ebenso waren Presswerkzeuge mit mehr als zwei Pressbacken bekannt, die jedoch nur in radialer Richtung geführt sind (Sp. 2 Z. 25-27). Die patentgemäße Lehre grenzt sich vom Stand der Technik insofern ab, als sie ebenfalls drei Pressbacken vorsieht, von denen aber ein Teil – über die Radialbewegung hinaus – relativ zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung bewegbar ist.

Genau diese Beweglichkeit in Umfangsrichtung wird auch in den Ausführungsbeispielen erläutert. Im ersten Ausführungsbeispiel sind die unteren Pressbacken (95) in Umfangsrichtung K verschieblich an den Zugbändern (97) geführt (Sp. 3 Z. 44 f). Werden die Zugbänder beim Pressvorgang zusammengezogen, verschieben sich die unteren Pressbacken selbsttätig in Umfangsrichtung – die linke im Uhrzeigersinn, die rechte entgegen dem Uhrzeigersinn (Sp. 4 Z. 35-47). Ähnlich funktioniert auch die im zweiten Ausführungsbeispiel beschriebene Ausführung. Hier sind ebenfalls die beiden unteren Pressbacken (111) in Umfangsrichtung M verschieblich an Pressbackenträgern (113) geführt (Sp. 4 Z. 51-57). Über Druckfedern drücken in den Pressbackenträgern eingelassene Stifte die beiden unteren Pressbacken in Umfangsrichtung aufeinander zu (Sp. 5 Z. 5-11). Werden die Pressbackenträger über die Antriebsbolzen zusammengezogen, werden die unteren Pressbacken nach innen verschwenkt und selbsttätig in Umfangsrichtung verschoben – die rechte entgegen dem Uhrzeigersinn und die linke im Uhrzeigersinn (Sp. 5 Z. 38-45). Diese Bewegungen sind nur möglich, wenn die Pressbacken in Bezug auf die Pressbackenträger in Umfangsrichtung bewegbar geführt sind.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass die Bewegung der Pressbacken in Umfangsrichtung nicht in Relation zu den Pressbackenträgern betrachtet werden dürfe. Vielmehr komme es ausgehend von einer funktionalen Betrachtung lediglich darauf an, dass der zwischen zwei Pressbacken befindliche Spalt (z.B. in den Ausführungsbeispielen die Spalte 99 und 119) im Verlauf des Pressvorgangs geschlossen und dadurch die Ausbildung von Stegen in den Rohrenden beziehungsweise Kupplungsstücken vermieden werde. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, weil sie sich über den Wortsinn des Verfügungspatentanspruchs hinwegsetzt und die Anordnung in Merkmal 8 außeracht lässt, dass die Pressbacken relativ zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung bewegbar geführt sein müssen. Eine Aufgliederung dieser Anordnung in Einzelmerkmale, wie es die Antragstellerin anschaulich in der Anlage ASt 24 gemacht hat, kann der Auffassung der Antragstellerin nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Feststellung, welchen Sinngehalt der angesprochene Fachmann den Merkmalen des Patentanspruchs entnimmt, hat stets den Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs in den Blick zu nehmen. Feststellungen zum Inhalt einzelner Merkmale dienen nur dazu, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruchs als einer Einheit zu ermitteln (BGH GRUR 2004, 845, 846 – Drehzahlermittlung). Infolgedessen führt eine Aufspaltung des Merkmals 8 in eine Bewegbarkeit der Pressbacken relativ zu den Pressbackenträgern einerseits und eine Bewegbarkeit in Umfangsrichtung andererseits (vgl. Anlage ASt 24) nicht weiter. Nach dem Wortsinn des Verfügungspatentanspruchs ist zumindest ein Teil der Pressbacken in ihren jeweiligen Pressbackenträgern bewegbar geführt. Die Bewegung wird dahingehend näher beschrieben, dass die Pressbacken in Bezug zu den sie haltenden Pressbackenträgern („relativ zu diesen“) bewegbar geführt sind und zwar nicht in eine beliebige Richtung, sondern „in Umfangsrichtung.“

Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass in der Beschreibung des Verfügungspatents nicht immer ausdrücklich erklärt wird, dass die Führung der Pressbacken in Umfangsrichtung in Bezug auf die Pressbackenträger zu betrachten ist (vgl. Sp. 4 Z. 40 f für das erste und Sp. 5 Z. 40 ff für das zweite Ausführungsbeispiel). Dies rechtfertigt aber keine andere Auslegung des Verfügungspatentanspruchs. Denn zum einen wird durch den Patentanspruch ausdrücklich angeordnet, dass die Pressbacken relativ zu den sie aufnehmenden Pressbackenträgern in Umfangsrichtung beweglich geführt sind. Zum anderen wird zu den beiden Ausführungsbeispielen ausdrücklich beschrieben, dass die Pressbacken relativ zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung verschieblich geführt sind, so dass es im weiteren Verlauf der Erläuterung der Ausführungsbeispiele einer ausdrücklichen Erwähnung der Bewegungsrichtung in Bezug auf die Pressbackenträger nicht mehr bedurfte. Das in der linken Hälfte der Figur 1 dargestellte erste Ausführungsbeispiel wird dahingehend beschrieben, dass die unteren Pressbacken 95 in Umfangsrichtung K verschieblich an den Zugbändern 97 geführt sind (Sp. 3 Z. 44 f). Dies entspricht exakt dem Merkmal 8 des Verfügungspatentanspruchs, weil es sich bei den Zugbändern um die Pressbackenträger handelt. Ebenso wird zum zweiten Ausführungsbeispiel dargestellt, dass die beiden unteren Pressbacken 111 in Umfangsrichtung verschieblich an Pressbackenträgern 113 geführt sind (Sp. 4 Z. 52-55).

Auch die Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.03.2009 und in den Entscheidungsgründen des als Anlage ASt27 eingereichten Urteils des Bundespatentgerichts vom 05.03.2009 rechtfertigen keine andere Auslegung des Verfügungspatentanspruchs. Die Anweisung, dass die Pressbacken relativ zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung geführt sind, hat nach den Ausführungen des Bundespatentgerichts den Zweck, die Werkstücke mit gleichmäßiger Rundheit der Pressverbindung trotz Einleitung der Presskraft im Wesentlichen in nur einer Hauptrichtung zu verpressen. Durch die Bewegung eines Teils der Pressbacken in Umfangsrichtung könne eine „Zentrierung“ der Werkstücke zwischen den Pressbacken während des Pressens erfolgen. Diese Ausführungen des Bundespatentgerichts widersprechen der hier vorgenommenen Auslegung nicht. Dem Bundespatentgericht kann durchaus darin zugestimmt werden, dass Merkmal 8 die Funktion hat, die Herstellung einer möglichst runden Pressverbindung ohne Spalte zwischen den Pressbacken zu ermöglichen und dadurch die Ausbildung von Stegen zu verhindern. Diese Funktion wird aber gerade dadurch erfüllt, dass die Pressbacken relativ zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung bewegbar geführt sind. Etwas anderes lässt sich auch dem Urteil des Bundespatentgerichts nicht entnehmen. Die funktionsorientierte Betrachtung einzelner Merkmale darf nicht dazu führen, dass sich die Auslegung eines Patentanspruchs über seinen Wortlaut hinwegsetzt. Das ist aber der Fall, wenn man mit der Antragstellerin jede Ausführung als erfindungsgemäß ansähe, die unabhängig von den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung bewegbar geführte Pressbacken aufwiese und dadurch beim Pressvorgang eine in sich geschlossene, runde Pressverbindung bilden könnte.

2. Ausgehend von dieser Auslegung des Verfügungspatentanspruchs macht die angegriffene Ausführungsform von der erfindungsgemäßen Lehre keinen Gebrauch. Das Merkmal 8 nach der obenstehenden Merkmalsgliederung wird nicht verwirklicht. Keine der Pressbacken ist in Bezug auf die Pressbackenträger in Umfangsrichtung bewegbar geführt. Vielmehr sind die Pressbacken mittels Bolzen an den Pressbackenträgern beweglich gelagert. Die Bewegung erfolgt aber nicht in Richtung des durch den Pressring gebildeten Umfangs. Mit anderen Worten: es findet keine in etwa kreisförmige Bewegung um den (gedachten) Mittelpunkt des Pressrings statt. Vielmehr vollführen die Pressbacken in Bezug auf die Pressbackenträger eine Kreisbewegung um den Bolzen, mit dem die Pressbacken an den Pressbackenträgern beweglich gelagert sind. Dieser Bolzen liegt aber außerhalb des Pressrings, so dass allein dadurch eine Bewegung in Umfangsrichtung ausgeschlossen ist.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass sich die Kreisbewegung der Pressbacken in eine Bewegung in Umfangsrichtung und eine (Rest-)Bewegung in eine dazu senkrechte Richtung aufspalten lasse. Da sich die Kreisbewegung der Pressbacken auf wenige Grad beschränke, bestehe im Wesentlichen eine Bewegung in Umfangsrichtung. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Betrachtung der Antragstellerin beschränkt sich lediglich auf einzelne Punkte der Pressbacken und deren Lage nach einer geringfügigen Drehung (vgl. Anlage ASt 21). Werden beispielsweise die äußersten Randpunkte der Innenkontur der beiden Pressbacken betrachtet, kann zwar ebenfalls die stattfindende Kreisbewegung in eine Umfangsrichtung und eine dazu senkrechte (Rest-)Bewegung aufgespalten werden. Die Kreisbewegung besteht dann aber im Wesentlichen aus einem Bewegungsanteil etwa in Richtung auf den Mittelpunkt des Pressrings beziehungsweise von diesem weg. Ein vernachlässigbar geringer Anteil entfällt hingegen auf die Bewegung in Umfangsrichtung. Gerade dieses Beispiel macht deutlich, dass es sich bei der Kreisbewegung eben nicht um eine Bewegung in Umfangsrichtung bezogen auf die Pressbackenträger handelt. Vielmehr bleiben bei einer Kreisbewegung um den Bolzen einzelne Punkte der Pressbacken je nach Entfernung vom Bolzen mehr oder weniger stationär, andere bewegen sich in Richtung auf den Mittelpunkt des Pressrings zu, andere bewegen sich von ihm weg. Von einer Bewegung relativ zu den Pressbackenträgern in Umfangsrichtung kann insofern keine Rede sein.

Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf die Anlagen ASt 25 und ASt 26 weiterhin darauf hingewiesen, dass sich beim Pressvorgang eine Bewegung der Pressbacken in Umfangsrichtung daran erkennen lasse, dass der Spalt zwischen den beweglichen Pressbacken der angegriffenen Ausführungsform einerseits und der feststehenden Pressbacke andererseits geschlossen werde. Es finde eine Schiebeführung der beweglichen Pressbacken in Umfangsrichtung relativ zum oberen Pressbackenträger statt, so dass auch Merkmal 8 des Verfügungspatentanspruchs verwirklicht sei. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zunächst handelt es sich bei der Schiebeführung nicht um eine Bewegung in Umfangsrichtung, sondern um eine annähernd lineare Verschiebung, die in den Anlagen ASt 25 und ASt 26 durch den mit „Bewegungsrichtung der Pressbacke aufgrund der Schiebeführung“ bezeichneten Pfeil kenntlich gemacht ist. Aber selbst wenn man davon ausginge, dass diese Bewegung in Umfangsrichtung erfolgt, so handelt es sich gleichwohl um eine aus zwei Drehungen kombinierte Bewegung, zum einen der Drehung des Pressbackenträgers um den Verbindungsbolzen mit dem oberen Pressbackenträger und zum anderen der Drehung der Pressbacke um den Verbindungsbolzen mit dem Pressbackenträger. Eine Bewegung der Pressbacke in Umfangsrichtung relativ zu dem unteren Pressbackenträger findet nicht statt, weil es sich dabei um eine Drehung um den Verbindungsbolzen handelt. Zur näheren Begründung wird auf die Ausführungen im vorherigen Absatz verwiesen. Auf die Bewegung der Pressbacke zum oberen, feststehenden Pressbackenträger kommt es nicht an. Denn nach der Lehre des Verfügungspatentanspruchs muss die Pressbacke relativ zu dem Pressbackenträger, von dem die Pressbacke gehalten wird, in Umfangsrichtung bewegbar geführt sein. Die Anweisung im Verfügungspatentanspruch, wonach ein Teil der Pressbacken in Pressbackenträgern relativ zu diesen in Umfangsrichtung geführt ist, ist insofern eindeutig.

C
Auch der Hilfsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Abgesehen davon, dass die Messe ISH bereits im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 17.03.2009 beendet war, wäre auch der Erlass einer einstweiligen Verfügung nur für die Dauer der Messe nicht in Betracht gekommen, da es an einem Verfügungsanspruch fehlt. Zur Begründung wird auf den Abschnitt der B der Entscheidungsgründe verwiesen.

D
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Streitwert: 500.000,00 EUR